Luves - Die Magier von Cimala

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Из серии: Luves #1
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»Mit Verlaub und bei allem Respekt, Meister, aber während Kilian über den Büchern hockt, verpasst er wichtige Übungen in den Kampfkünsten. Die wird er als Jäger ebenso sehr benötigen wie die Kenntnisse der Zaubersprüche.«

»Anstatt in der Sonne mit euren Stöcken und Schwertern herumzutollen, solltet ihr lieber Studien betreiben, bis ihr bleich seid wie der Tod.«

Ein zorniges Funkeln lag in den Augen des Alten und Reget zog es vor, die Flucht zu ergreifen.

»Du bist ein fleißiger Bursche«, sagte er zum Abschied zu Kilian. »Vor den Prüfungen brauchst du dich nicht zu fürchten. Alles Notwendige beherrschst du bereits. Glaub einfach nur mehr an dich selbst und hab Vertrauen in die Kräfte der Urmächte.«

Der Junge versuchte ein tapferes Lächeln, auch wenn er die Unsicherheit in seinem Blick nicht verbergen konnte, und nickte. Reget entbot dem Meister einen freundlichen Gruß, doch Luves grinste er nur an und wandte sich dann kopfschüttelnd ab.

»Du kommst mit mir«, sagte Meister Bukov energisch und deutete Luves mit seiner Krücke, ihm zu folgen. »Vertrödele nicht noch mehr Zeit. Du hast einiges vorzubereiten, bevor du aufbrichst.«

»Ich hatte nicht damit gerechnet, so schnell die Stadt verlassen zu müssen«, gestand Luves ein.

»Glaubst du etwa, dass der Faun wartet, bis du irgendwann auftauchst? Diese verdammten Kreaturen sind ständig in Bewegung und man weiß nie, wo sie aufzutreiben sind. Mögen die Urgewalten sie zermalmen.«

Schwerfällig bewegte sich der alte Magier über den Gang auf eine Treppe zu und Luves folgte ihm. Keuchend erklomm Bukov die Stufen und zog sich dabei an dem hölzernen Geländer hoch.

»Dein erster Auftrag«, murmelte er mit vor Anstrengung heiserer Stimme. »Bald bist du ein Jäger und treibst dich genauso in der Welt herum wie Reget.«

»Es ist unsere Aufgabe, Aestra vor den geächteten Wesen zu schützen«, erklärte Luves nicht ohne Stolz.

»Humbug! Durch die Gegend reiten, große Reden schwingen und mit den Schwertern herumfuchteln. Das ist es, was die Jäger machen«, schimpfte der Alte. »Die vier Mächte sind meine Zeugen. Ich hoffe, du wirst dich nicht in dieser Weise entwickeln.«

»Ich werde mir alle Mühe geben, Meister.«

»Du begleitest Meister Friebert?«

Luves bejahte und Bukov seufzte bedauernd.

»Mögen die Urgewalten deiner Seele gnädig sein, mein Junge. Ich hätte dir einen angenehmeren Weggefährten gewünscht, aber du wirst es schon überleben.«

Sie erreichten die obere Etage, wo die Regale und Schränke mit Landkarten und Stadtplänen gefüllt waren. Verstohlen warf Luves einen sehnsüchtigen Blick auf die Holzdecke. Direkt über ihm befand sich die verbotene Abteilung der Bibliothek, zu der nur die Veteres und die Meister Zugang hatten. Sobald er den Status eines Jägers erreichen würde, durfte auch er die dort lagernden geheimen Schriften studieren. Bukov ging an ihm vorbei auf eines der Regale zu und entnahm ihm zwei Pergamentrollen, die er Luves reichte. Auf einem großen Tisch aus dunklem Holz entrollte der die Landkarten. Sorgfältig strich Luves sie glatt.

»Ah … die Sommerfelder.« Der alte Magier hielt inne und ein versonnenes Lächeln zeichnete sich auf seinem faltigen Gesicht ab. »Man nennt die Gegend auch die Kornkammer von Aestra. Sehr idyllische Umgebung, hübsche Frauen und gutes Bier. Du wirst dich dort prächtig amüsieren, mein Junge.«

»Meister, ich habe dort einen Auftrag zu erledigen«, stammelte Luves verlegen.

»Der Auftrag, der dich zum Jäger macht und dir Ruhm und Ehre einbringen soll.« Der Alte lachte krächzend und klopfte ihm auf die Schulter. »Mit euch Jungspunden ist es immer dasselbe. Erst tut ihr so pflichtbewusst, aber sobald ihr die Mauern der Stadt hinter euch gelassen habt, geht euer heißes Blut mit euch durch. Warte nur ab, Luves, dir wird es nicht anders ergehen, wenn dir der Wind um die Nase weht.«

Luves blieb ihm eine Erwiderung schuldig und konzentrierte sich auf das Studium der Karte. Von Cimala aus würden er und Meister Friebert zuerst über die größte Straße, die sich von Norden bis Süden durch ganz Aestra zog, reisen. Erst am Rande des Gebietes der Sommerfelder mussten sie kleinere Nebenstraßen oder Feldwege nutzen, um an ihr Ziel zu gelangen. Meister Bukov tippte auf einen bestimmten Bereich.

»Ungefähr hier soll sich der Faun aufhalten. Ein reisender Händler soll von ihm ausgeraubt worden sein und ist nur knapp mit dem Leben davongekommen. Er hat das Wesen den Wachen gemeldet, konnte ihn allerdings nur unzureichend beschreiben.«

»Wie nennt man diese Gegend?«

Bukov zuckte mit den Schultern und deutete auf eine andere Stelle, wo eine kleine Ansiedlung eingezeichnet war. Ein zierlicher Schriftzug leuchtete auf.

»Das nächstgrößte Dorf heißt Solagri. In diesem Landesteil gibt es praktisch keine Städte und die Dörfer sind lediglich dicht beieinander liegende Bauernhöfe. Ihr werdet euch durchfragen müssen, aber das wird euch schon gelingen. Friebert weiß schließlich, was zu tun ist und wie man diese dummen Bauern zum Reden bringt.«

Mit einem schweren Seufzen ließ Luves sich auf einen Stuhl sinken.

»Das Gebiet ist riesig und es gibt keine Anhaltspunkte, wie er aussehen könnte. Wenn er wenigstens Hörner hätte oder Flügel …«

Mit einem schnarrenden Lachen setzte Bukov sich neben ihn und stützte sich mit den runzeligen Händen auf seine Krücke.

»Benutz deinen Verstand. Wahrscheinlich weißt du aus den Büchern, die du studiert hast, mehr über dieses Wesen als der Händler, der ihm gegenüberstand.«

Nachdenklich lehnte Luves sich zurück und blickte zu der hölzernen Decke über sich auf, während der Meister ihn erwartungsvoll ansah.

»Auf den Bauernhöfen leben seit Generationen die gleichen Familien und man kennt einander gut«, begann er langsam. »Jemand Fremdes, wie ein fahrender Händler oder eine umherstreunende Person, würde ihnen sofort auffallen.«

»Diese Bauern sind ein eigenbrötlerisches Volk und werden nur ungern mit jemandem reden, den sie nicht kennen. Doch es gibt genug Wirtshäuser, in denen sich die Männer nach getaner Arbeit versammeln, um zu zechen. Das lockert ihre Zungen. Hör ihnen aufmerksam zu und achte auf jede Kleinigkeit.«

»Ein Faun wirkt wie ein normaler Mensch, aber man sagt, dass er von besonderer Schönheit ist und jeden verzaubert, der ihn trifft«, fuhr Luves fort.

»Deswegen solltest du ihm nicht zu nahe kommen. Darf ich dir einen gutgemeinten Rat mit auf den Weg geben?«

»Natürlich. Ich bin für jeden Hinweis dankbar, der mir diese Aufgabe erleichtert.«

»Es sind hinterhältige Kreaturen voller Arglist und Mordlust. Am besten spaltest du ihm mit einem Blitz den Schädel, sobald du ihn siehst, und schickst ihn durch die erste Pforte der neun Höllen!«

Luves lachte gezwungen auf, doch der Meister behielt seine ernste Miene.

»Halt die Ohren und die Augen offen, dann wird dir deine Mission gelingen und du wirst die wundersamsten Dinge erleben. Alle Zauber, die du benötigst, sind dir bekannt und was du noch benötigst, bekommst du von Meister Riudan in den Werkstätten der Kesselrührer. Du solltest dich jedoch beeilen, denn der alte Schwätzer wird dich ewig aufhalten. Am Ende findest du dich noch zu spät zu den Gebeten in deiner Gilde ein. Das würde deinem Ausbilder sicherlich missfallen.«

Luves nickte und rollte schnell die Landkarte zusammen, um sie zurück in das Regalfach zu legen. Aufmunternd klopfte der Alte ihm auf die Schulter.

»Mach dir keine Sorgen. Ich bin überzeugt, dass du diese Prüfung mit Leichtigkeit bestehen wirst. Du bist nicht auf den Kopf gefallen und von guter Gesundheit. Was soll dir da schon geschehen?«

»Ich danke Euch für Eure guten Wünsche«, sagte Luves und deutete eine respektvolle Verbeugung vor dem Meister an.

»Wenn du zurückkehrst, musst du mir von deinen Abenteuern berichten. Auf meine alten Tage sehe ich nicht mehr viel von der Welt.«

»Ich verspreche es. Mein erster Weg wird mich zu Euch führen, um Bericht zu erstatten.«

Bukov lachte und stieß ihn mit der Krücke an.

»Du sollst mir nicht Bericht erstatten, sondern mir von deinen Abenteuern erzählen, du Holzkopf. Verschwinde jetzt, sonst mach ich dir Beine!«

Kapitel 4

Eilig lief er die Treppen hinab in das Erdgeschoss und ging auf den Ausgang zu. Zu seinem Erstaunen erwartete Reget ihn, der sich an den Türrahmen lehnte.

»Gehst du zurück zur Anlage der Gilde?«, fragte er und deutete in die ungefähre Richtung des Stadttores.

»Erst muss ich bei Meister Riudan vorsprechen und die Amulette abholen, die er für mich vorbereitet hat.«

Reget stutzte und sah Luves skeptisch an.

»Hat man dir etwa deinen ersten Auftrag erteilt?«

Luves nickte bejahend. Der Jäger reichte ihm mit einem anerkennenden Lächeln die Hand, um ihm zu gratulieren.

»Ich soll in den Sommerfeldern einen Faun stellen.«

»Das dürfte sich nicht allzu schwierig gestalten. Ein Faun leistet kaum Gegenwehr. Mein erstes Ziel war ein Troll. Ich kann dir gar nicht sagen, wie mühsam es war, ihn einzufangen. Reist du alleine?«

»Nein, Meister Friebert begleitet mich. Wir brechen morgen früh auf.«

»Friebert?« Reget lachte laut auf. »Die Mächte mögen dir beistehen! Sprich ihn bloß nicht unaufgefordert an, ansonsten wird er ziemlich ungemütlich. Er kann es nicht ausstehen, wenn man redet, sich in seiner Nähe aufhält, existiert oder atmet. Versuch also, all das zu vermeiden.«

»Ich werde mir Mühe geben.« Luves seufzte schwer und Reget klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schulter.

 

»Das wird schon. Du hast ihn nur für ein paar Tage am Hals und musst dich danach nie wieder mit ihm herumärgern«, versuchte der Jäger ihn aufzumuntern.

Gemeinsam verließen sie die Bibliothek und traten hinaus auf den Marktplatz. Rund um die gewaltige Säule sammelte sich eine große Gruppe Jungen. Alle waren nicht älter als fünf Jahre und trugen die Uniform der Schüler mit ihren langen Umhängen. Nachdenklich ließ Reget seinen Blick über sie wandern, als sie sich unsicher umsahen und sich dichter zusammendrängten. Sie schienen den Schutz der Gruppe zu suchen wie eine Schar Küken, die sich um die Glucke sammelte. Sie verteilten sich nach den Anweisungen der Meister um die gewaltige Säule und knieten sich auf den Boden. Die gebieterische Stimme von Meister Zudu schallte zu ihnen herüber. Zaghaft wiederholten die zukünftigen Schüler die Gebetsformeln. Die dünnen Stimmen, die jetzt noch so unsicher klangen, würden in einigen Wochen weitaus kräftiger erklingen. Die unsteten Blicke würden voller Stolz und Selbstsicherheit auf die Säule aus schwarzem Marmor gerichtet sein, die für die Macht und die Fähigkeiten eines jeden Einzelnen stand und das Symbol für die Einigkeit der vier Elemente war.

»Bilde ich es mir ein, oder werden die neu angeworbenen Schüler immer jünger?«, fragte er Luves gedankenverloren.

»Soweit ich weiß, hat sich am Eintrittsalter nichts geändert.«

»Dann täusche ich mich wohl. Für mich wirken sie mit jedem Jahr kleiner und jünger. Weißt du noch, wie es war, in den Gilden aufgenommen zu werden?«

»Das liegt schon so lange zurück, dass ich mich nicht mehr daran erinnere.«

Luves versuchte seine Lüge mit einer gleichgültigen Miene zu überspielen. Gerade der Anblick dieser verängstigten Jungen erinnerte ihn an sich selbst, als er von seiner Mutter zu den Magiern in die Hauptstadt gebracht worden war, um den Gilden beizutreten. Der überwältigende Anblick der Stadt hatte ihn in Furcht versetzt. Eine solch gewaltige Ansammlung von Häusern, Menschen und Gefährten hatte er aus dem kleinen Dorf, aus dem er stammte, nicht gekannt. Es war ihm aufregend erschienen und er hatte es nicht gewagt, die Hand seiner Mutter loszulassen, die ihn zum Hauptquartier der Magier gezogen hatte. Dort hatte sie ihn verlassen und alleine zurückgelassen. Damals hatte er zum ersten Mal in seinem jungen Leben begriffen, was Einsamkeit und Hilflosigkeit bedeuteten. Doch das hätte er Reget gegenüber niemals zugegeben.

Eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander her und verließen den Marktplatz. Sie durchschritten eine schattige Gasse und ließen den Lärm der Menschenmenge hinter sich.

»Eigentlich wollte ich dich nicht grundlos begleiten«, begann Reget. »Vor allem wollte ich mich bei dir entschuldigen, weil ich in der Bibliothek so schlecht über dich geredet habe.«

Luves hielt inne und sah ihn erstaunt an. Reget war ein stolzer Jäger, der niemals freiwillig einen Fehler eingestanden hätte. Schon früher hatte es zwischen ihnen Auseinandersetzungen gegeben. Luves' Strebsamkeit stellte immer wieder einen Angriffspunkt dar und seine Mitschüler zogen ihn gerne damit auf, verhöhnten ihn für jeden seiner Misserfolge. Er war daran gewöhnt, nahm es nicht mehr bewusst wahr, aber diese Entschuldigung traf ihn völlig unvorbereitet. Reget scharrte mit den Sohlen über den Dreck, der das Pflaster bedeckte.

»Ich wollte mich bei dir bedanken, weil du dich um Kilian kümmerst, ihn bei seinen Studien unterstützt und ihm Mut zusprichst. Er bewundert dich sehr und schaut zu dir auf.«

»Wir teilen uns ein Zimmer, seit er zu den Gilden gekommen ist. Ich helfe vielen meiner Mitschüler bei ihren Übungen, also ist es nichts Besonderes.«

»Ich rechne es dir trotzdem hoch an, denn er ist mein Neffe.«

»Du bist mit ihm verwandt? Das wusste ich nicht.«

»Niemand weiß es. In unserem Stammbaum gab es viele Magier, die sich den Gilden anschlossen. Aber innerhalb der drei Häuser ist es unbedeutend, wenn man aus einer Familie stammt. Deshalb bin ich froh, dass du dich seiner angenommen hast, seitdem ich den Jägern beigetreten bin und den Trakt der Schüler verlassen habe.«

»Ich habe ihn nicht ganz freiwillig unter meine Fittiche genommen, sondern er hat sich eher mir zugewandt.«

»Es ist trotzdem nicht selbstverständlich. Du hast es schließlich selbst erfahren, wie die älteren Schüler mit den jüngeren umgehen. Ich war früher auch nicht sonderlich freundlich zu dir.«

Verlegen wich Luves seinem Blick aus und wandte sich von ihm ab. Sie hatten damals dasselbe Zimmer bewohnt, und so wie Kilian nun zu ihm aufschaute, hatte er Reget bewundert. Der Magier galt als der Talentierteste seines Jahrgangs und Luves hatte versucht, ihm nachzueifern. Doch es war egal gewesen, wie sehr er sich auch bemühte. Nie gelang es ihm, dessen Können im Schwertkampf zu erreichen oder die Kraft, die in seinen Zaubersprüchen lag, zu übertreffen. Reget, mit seiner hochgewachsenen, kräftigen Statur und seiner stolzen Haltung, hatte alle übertrumpft. Trotzdem hatte Luves immer wieder versucht, sich mit ihm zu messen und ihn herausgefordert. Die Antwort darauf war, dass man ihm eine Vielzahl an dummen Streichen spielte und ihn verhöhnte, doch das war ihm gleich gewesen.

»Ich muss gestehen, du warst mir früher etwas unheimlich«, riss der Jäger ihn aus seinen Gedanken.

»Warum war ausgerechnet ich dir unheimlich? Es gibt niemanden, der harmloser ist als ich.«

Ungläubig sah Luves ihn an und zog skeptisch die Augenbrauen zusammen.

»Dein unermüdlicher Ehrgeiz war vielen suspekt. Du hast nie aufbegehrt, egal, was man dir aufgebürdet hat und du hast jede Herausforderung angenommen, auch wenn du wusstest, dass du scheitern würdest. Ich habe mich immer gefragt, was dich dazu antreibt.«

»Du hast dich selbst gefragt, aber nie mich. Ich habe mir ständig neue Ziele gesetzt und daran gearbeitet, sie zu erreichen.«

»Gehörte dazu auch der vorzeitige Erhalt des Siegels?«

»Ich wollte einfach beweisen, dass es möglich ist, diese Prüfungen zu bestehen, auch wenn es nicht dem Alter entspricht.«

»Aber gebracht hat es dir nicht sonderlich viel. Du hast das Mal erhalten und danach ging deine Ausbildung doch nur den üblichen Weg.«

»Ich muss gestehen, damit hatte ich nicht gerechnet. Heute weiß ich nicht mehr, was ich mir davon versprochen habe, aber zumindest hatte ich es hinter mir, ein Brandeisen aufgesetzt zu bekommen.«

Reget lachte kurz und gezwungen auf, rieb sich fahrig über die Stirn.

»Kilian wird die Prüfungen nicht bestehen«, sagte er und sah Luves ernst an.

»Wie kommst du auf diesen Gedanken? Er herrscht über zwei der Elemente. Ein solches Talent gab es zuletzt vor rund hundert Jahren, wenn ich mich recht erinnere. Selbst ich beneide ihn darum. Es ist wahr, dass er unsicher im Gebrauch der Kräfte ist, über die er befiehlt. Alles was er braucht, ist etwas mehr Übung und Selbstvertrauen. Er muss sich besser auf die Sprüche konzentrieren, aber das wäre auch schon alles.«

»Er beherrscht alle erforderlichen Sprüche, aber er will sie nicht einsetzen. Ich habe eingehend mit ihm gesprochen und das nicht nur heute. Sein Talent liegt darin, magische Utensilien wie Amulette oder Zaubertränke zu fertigen und nicht im Kampf. Er ist als Jäger völlig ungeeignet und fürchtet sich geradezu davor«, erklärte Reget.

»Dann könnte man ihn zu den Kesselrührern schicken. Dort wäre er am besten aufgehoben. Er trägt noch nicht das Siegel unserer Gilde. Somit wäre es möglich, dass er zwischen den Häusern wechselt.«

»Das Haus ist bereits gefüllt und sie nehmen keine weiteren Anwärter auf. Ebenso wie die Spruchweber in der Bibliothek. Es gibt einen neuen Beschluss vom Rat, der heute unter den Jägern bekanntgegeben wurde.«

»Warum weiß ich nichts davon?«

»Du bist nur ein Anwärter und kein vollwertiger Jäger. Das bist du erst nach deinem ersten erfüllten Auftrag.«

»Dieser Aufnahmestopp ist doch Unfug. Sollen alle Schüler zukünftig Jäger werden? Das glaube ich dir nicht.«

»Es wird dir nicht gefallen, Luves, aber dieses Vorgehen hat durchaus seine Gründe. Es liegt nicht nur daran, dass die anderen Häuser gefüllt sind. Vielmehr ist es so, dass wir mehr Jäger, also Krieger, brauchen werden. Wenn die vier Mächte es nicht verhüten mögen, dann wird es zukünftig nur noch Schüler in unserer Gilde geben.«

»So viele brauchen wir doch niemals. Oder befürchtet der Rat eine Rückkehr all der Geistwesen, die aus Aestra vertrieben wurden?«

»Es wird bald ein Krieg ausbrechen.«

»Woher weißt du das?«

Reget sah sich vorsichtig um, als ob er fürchtete, belauscht zu werden. Mit einer unauffälligen Geste bedeutete er ihm, leiser zu sein.

»Mach deine Augen auf, Luves«, raunte er ihm zu.

»Die Wesen, die wir jagen, fliehen nicht einfach nur in die freien Lande. Sie sammeln sich dort und warten auf eine Gelegenheit, uns anzugreifen.«

»Hast du dafür Beweise? Weiß der Rat davon?«

»Schau doch nur, wohin wir Jäger ausgesandt werden. Wir bewegen uns nur noch entlang der Grenzen und fangen diejenigen ab, die die Sommerlande verlassen wollen. Vor ein paar Tagen haben wir einen Dämon aus den kleineren Rassen gefangen und verhört. Erst wollte er nicht reden, aber die Folter hat seine Zunge gelockert. Er hat uns keine genauen Pläne verraten, bevor er gestorben ist, aber wir haben genug erfahren, um zu erahnen, was vor sich geht. Die geächteten Wesen bringen in den Städten hinter den Grenzen von Aestra ihre Familien in Sicherheit und jeder, der kämpfen will, scheint sich den aufständischen Truppen anzuschließen. Aber das betrifft nicht nur die Wesenheiten. Es gibt auch großen Unmut innerhalb der Bevölkerung. Die Menschen sind unzufrieden und begehren immer öfter auf. Das merkt man daran, dass sie sich weigern, ihre in der Magie begabten Kinder den Gilden zu übergeben. Du hast selbst auf dem Marktplatz gesehen, wie wenige es nur noch sind. Es ist schon lange keine Ehre mehr, zu den Magiern zu gehören. Sieh dich vor, wenn du auf den Straßen unterwegs bist. Man kann nicht sagen, wie die Dinge sich entwickeln werden.«

Luves blieb stehen und hielt den Atem an. Reget legte ihm die Hand auf die Schulter und sah ihn eindringlich an.

»Die Zeiten haben sich geändert und schon bald wird Aestra nicht mehr das Land sein, das es einmal war. Die Macht der Magier steht auf wackeligen Füßen und bald muss sich jeder entscheiden, auf wessen Seite er steht.«

»Was willst du mir damit sagen? Es klingt, als ob du zu den Aufständischen überlaufen wolltest.«

»Das habe ich nicht behauptet, aber man muss vorsichtig sein, wem man vertraut.«

Reget beschrieb eine hilflose Geste. Hatte er zuvor in der Bibliothek noch überlegen und stolz gewirkt, so war er nun verunsichert und seine Bewegungen fahrig.

»Sieh dich einfach nur vor«, sagte er schnell.

Luves holte tief Luft. Es gab viele Gerüchte darüber, dass besonders die Bevölkerung in den ländlichen Gebieten mit der Herrschaft der Magier unzufrieden war. Niemand in der Hauptstadt nahm ihr Murren und Zetern ernst. Was sollte auch eine Horde Bauern mit ihren Ackergäulen und Mistgabeln gegen Hunderte von gut ausgebildeten und kampferfahrenen Magiern ausrichten? Die Gilden regierten seit Jahrhunderten dieses Land und daran würde sich auch nichts ändern. Trotz dieser Gewissheit beschlich Luves ein mulmiges Gefühl und er nahm sich vor, auf seiner Reise besonders aufmerksam zu sein.

»Ich werde vorsichtig sein und mich umhören«, sagte er.

»Darf ich dir als Jäger einen guten Rat geben?«, fragte Reget versöhnlich.

»Gerne«, sagte Luves, in der Hoffnung von ihm einen hilfreichen Hinweis zu bekommen, wie er vorgehen konnte.

»Sobald du den Faun siehst, brate ihm einen Blitz über den Balg und schick ihn in die Unterwelt.«

Verdutzt sah Luves ihn an. Dann brach er in schallendes Gelächter aus. Er wischte sich die Tränen aus den Augen und erklärte seinem Begleiter, dass Meister Bukov ihm einen sehr ähnlichen Rat gegeben hatte.

»Wenn dir zwei das Gleiche sagen, solltest du dich vielleicht auch daran halten«, sagte der Jäger grinsend.

Er entbot Luves einen letzten schnellen Gruß und wünschte ihm viel Glück für seinen Weg. Misstrauisch sah der Magier ihm nach, als er sich zwischen die Menschen drängelte und rasch von der Menge verschluckt wurde. Luves überlegte, ob er dem Jäger folgen und ihn doch noch zur Rede stellen sollte, denn dessen Andeutungen gaben ihm zu denken. Doch er hatte wichtigere Dinge zu erledigen. Er konnte nur darauf hoffen, Reget später erneut im Haus der Gilde zu treffen, um ihr Gespräch fortzusetzen.

 
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