Maggie

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Из серии: Liebesromanzen in Cornwall #1
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Bettina Reiter

Maggie

Zum Henker mit Cornwall

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Vorwort

Liebe Leserinnen und Leser!

Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

Liste der Musiktitel

Impressum neobooks

Vorwort

© Bettina Reiter

Überarbeitetes E-Book 2022/Das Buch wurde 2020

mit dem Titel „Ein fast perfekter Herbst in St. Agnes“ veröffentlicht.

Copyright der Originalausgabe/Copyright der überarbeiteten Neuausgabe 2022: © Bettina Reiter

Lektorat: Edwin Sametz, Titelbildgestaltung: © Bettina Reiter

Titelbild-Motiv: Adobe Stock, ©Kaspars Grinvalds - stock.adobe.com

Weitere Grafiken/Buch: Pixabay.com - Oberholster Venita

Website der Autorin: www.bettina-reiter-autorin.com

Alle Rechte liegen bei der Autorin.

Sämtliche Texte sowie das Cover sind urheberrechtlich geschützt.

Eine Nutzung in jeglicher Form (Fotokopie, Mikrofilm, Verbreitung, Textauszug, Vervielfältigung oder anderes)

ist ohne die schriftliche Genehmigung des Rechteinhabers/Urhebers nicht zulässig und daher strafbar.

Mit dem Kauf des Buches erwirbt man das Leserecht. Eine Weitergabe an Dritte, in welcher Form auch immer,

ist nicht zulässig und gilt als Diebstahl geistigen Eigentums!

Alle handelnden Personen sind, wie in meinen Büchern üblich, frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen wären reiner Zufall. Und obwohl reale Örtlichkeiten (Lokale usw.) in meinem Buch vorkommen, sind die

Szenen sowie die dort handelnden Personen ebenfalls frei erfunden.

.

Für meinen Mann


Die Liebe

Jede Liebe hinterlässt Spuren.

Wunden und Wunder.

Ernst Ferstl

Liebe Leserinnen und Leser!

Da stehen wir nun erneut: In der Trevaunance Bucht, mit Blick auf das türkisblaue Meer. Schäumende Wellen rollen auf uns zu und das warme Wasser umspült unsere nackten Füße. Möwen erheben sich von der wilden Klippenlandschaft, wie die Kraniche, die majestätisch durch die Luft gleiten. Und da ist das kleine Küstendörfchen St. Agnes, über dem sich der azurblaue Himmel spannt. Ja, wir sind endlich wieder in Cornwall. Im Land der tausend Erzählungen und Geheimnisse. Ein Ort wie geschaffen für Maggies Reise durch die Höhen und Tiefen des Lebens.

Ich wünsche Ihnen jedenfalls ein paar schöne Lesestunden und freue mich wie immer über Rückmeldungen, lichst, Ihre Bettina Reiter.


Prolog

19. August 1991, Redruth/Cornwall

Maggie schwitzte sich die Seele aus dem Leib, als sie Alec nachjagte, der einen ziemlichen Vorsprung hatte, und zwischen den Apfelbäumen verschwand.

„Ich habe keine Lust mehr, Alec Campbell!“, rief sie und blieb stehen. Dabei rang sie nach Luft. Was für eine blöde Idee, bei dieser flirrenden Hitze Fangen zu spielen. So etwas konnte nur ihrem besten Freund einfallen.

„Spielverderberin!“, hörte sie Alec, bevor er im Schatten der Bäume auftauchte. Dabei kaute er wie üblich an einem Grashalm herum. Im Gegensatz zu Maggie wirkte ihr um zwei Jahre älterer Freund ausgeruht, als hätte er soeben eine Runde geschlafen.

„Und wenn schon.“ Maggie ging einige Schritte, bis auch sie im Schatten war. Stöhnend ließ sie sich ins hohe Gras fallen und streckte sich der Länge nach aus. Über ihr raschelten die Blätter, irgendwo gackerte ein Huhn und das Summen der Bienen war zu hören.

Als Maggie die Arme hinter dem Kopf verschränkte, roch sie ihren eigenen Schweiß und ahnte, dass ihre Mom sie heute Abend zu einem Bad verdonnern würde. Abgesehen davon, dass sie stank wie ein Iltis, war ihr Blümchenkleid mit Dreck übersät, da sie vorhin beim Teich gespielt hatten. Und wo ihre Schuhe abgeblieben waren, wussten nur die Götter. Doch wer brauchte schon welche? Maggie lief ohnehin am liebsten barfuß herum. Genau wie Alec.

Nur wenige Sekunden später lag er neben ihr und blickte selbstvergessen nach oben. Über ihnen verzweigten sich die knorrigen Äste der Apfelbäume, die schwer an den Früchten zu tragen hatten. Dunkelrot und saftig hoben sie sich vom dichten Blätterwerk ab, durch das der blassblaue Himmel blitzte. Plötzlich tauchte ein Flugzeug in Maggies Blickfeld. Winzig, wie ein Spielzeug. Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, wer darin saß. So klein war doch kein Mensch! Dasselbe galt für das alte Radio. Gestern hatte sie es in alle Einzelteile zerlegt, um zu schauen, ob sich jemand darin versteckte. Immerhin hörte man Stimmen aus dem Gerät.

Ihre Mom war wegen dem demolierten Radio ziemlich aus der Fassung geraten, da sie ihre geliebten Kassetten von ABBA nicht mehr abspielen konnte, die sie besonders beim Nähen gerne hörte, wobei sie lautstark mitsang. Dancing Queen und When All Is Said And Done waren ihre absoluten Favoriten. Maggie konnte die Lieder mittlerweile auswendig.

„Mein Pa sagt, dass das Wetter bald umschlagen wird“, ließ Alec verlauten, der die Beine anzog und sich heftig am Knie kratzte. „Diese verdammten Mücken!“ Er schien die kleinen Blutsauger förmlich anzuziehen und sah aus, als hätte er in regelmäßigen Abständen kleine Maulwurfshügel am knochigen Körper.

„Du darfst nicht kratzen“, ermahnte Maggie ihn.

„Das weiß ich selber, du Neunmalklug.“

„Was heißt das?“, fragte sie. „Dass man neunmal klug ist?“

„So in etwa.“

Pah, der hatte doch selbst keine Ahnung! „Neunmal klüger als der andere?“, ließ sie nicht locker und grinste breit.

„Bilde dir bloß nichts ein.“ Alec spuckte den Grashalm aus, der prompt auf seinem T-Shirt mit der Aufschrift: I’m the King landete. Besser gesagt konnte man die Worte gerade noch entziffern. Die feuchte Erde am Teich hatte auch in seiner Kleidung Spuren hinterlassen. „Als Farmer braucht man ohnehin nichts im Kopf zu haben, sagt mein Pa. Es genügt, wenn man Muskeln hat.“ Mit stolzer Miene klopfte er sich auf die Hühnerbrust. „Um die harte Arbeit zu schaffen. Außerdem ist Schule doof.“

Alec hasste alles, was nur im Entferntesten damit zu tun hatte und schrieb eine schlechte Note nach der anderen. Im Gegensatz zu Maggie. Sie ging gerne zur Schule und lernte fleißig. Schließlich betonte ihre Mom häufig, dass nur ein schlauer Kopf die Welt verändern könne. Und das wollte Maggie eines Tages tun, wobei das Wie noch in den Sternen stand. Vielleicht würde sie etwas erfinden? Oder auf den Mond fliegen? Immerhin hatte die Mutter ihr erzählt, dass Frauen alles sein konnten, was sie wollten. Emanztruation hatte sie es genannt – oder so ähnlich.

„Pa sagt übrigens auch …“, abrupt richtete sich Alec auf und schaute zu Maggie herunter, wobei er die stahlblauen Augen zusammenkniff, „dass jeder Farmer eine Frau braucht. Falls ich keine finde, musst du mich heiraten, Mag’.“

„Spinnst du?“ Sie tippte sich vielsagend an die Schläfe, obwohl sie im Inneren wie gelähmt war. Hatte Alec ihr gerade einen Heiratsantrag gemacht? Kurz sah Maggie im Geiste Robin Hood und Marian bei deren Vermählung vor sich. Der Film, Robin Hood – König der Diebe, war zwar erst ab zwölf, aber ihre Mom – die sich in der örtlichen Videothek gerne die neuesten Filme auslieh – hatte Maggie trotzdem mitschauen lassen. Allerdings hätte die Mutter sie ruhig vorwarnen können! Robin Hood und Marian hatten wie die Wilden geknutscht! Wie eklig!

„War nur eine Frage“, fauchte Alec, dem die Enttäuschung förmlich ins Gesicht geschrieben stand. „Für den Fall, dass mich keine will. Pa predigt nämlich ständig, dass man vorsorgen muss und da ich eines Tages die Farm übernehmen soll, hab ich’s eben versucht.“ Mit puterrotem Kopf sprang er hoch und sauste davon.

 

Na bravo! Jetzt hatte sie womöglich ihren besten Freund verloren. „Ja, ich will!“ Maggie erhob sich in Windeseile, während Alec wie von einer plötzlichen Bö erfasst zu ihr herumwirbelte. Das dunkelbraune Haar glänzte in der Sonne und durch seinen Körper ging ein Ruck, als hätte ihn soeben ein Schnellzug erfasst.

„Du willst?“, hakte er leichenfahl nach.

„Klar. Du bist mein bester Freund.“ Abwartend schaute Maggie ihn an und verdrängte die Kussszene zwischen Robin und Marian. „Du knutscht mich aber jetzt nicht ab, oder?“

„Igitt!“ Alec spuckte aus und schüttelte sich. Maggie atmete tief durch. Diese unappetitliche Angelegenheit war ein Erwachsenending und etwas, das sie niemals tun würde! Eher würde sie sich den Mund zunähen. „Du bist erst neun, Higgins! Nur alte Menschen küssen sich“, fand Alec seine Stimme wieder und Maggie freute sich, dass er sie beim Nachnamen nannte. Das tat er meistens, wenn er sie necken wollte und bedeutete wohl, dass ihre Freundschaft gerettet war.

„Gehen wir zu den Lämmchen?“, schlug sie vor.

„Gute Idee.“ Alec grinste von einem Ohr zum anderen, wobei sich eine Zahnlücke zeigte. Bis der Schneidezahn nachgewachsen war, würde sie ihn sowieso nicht heiraten. Demnach hatte sie Zeit genug …

1. Kapitel


Ein denkwürdiger Spätsommertag, dessen Erinnerung in den folgenden Jahren nie zur Gänze verblasste. Als Teenager machten sich Maggie und Alec häufig lustig darüber. Ihre Bedenken des Kusses wegen schwieg Maggie allerdings aus, da sie dieser Sache mit zunehmendem Alter nicht mehr gänzlich negativ gegenüberstand. Immerhin gab es da einen neuen Schüler, der ihr aufgefallen war: Blake O’Connor. Dennoch klebten Alec und sie wie Pech und Schwefel zusammen. Vielleicht lag es daran, dass sie Einzelkinder waren und nur einen Steinwurf voneinander entfernt wohnten. Etwas außerhalb von Redruth, einem gemütlichen kleinen Städtchen, in dem jeder jeden kannte. Aber nirgends war es so schön wie auf der Farm der Campbells.

Alecs Eltern, Polly und Hank, hatten sich einen Namen als Schafzüchter gemacht. Nebenbei liebte Polly Pferde und brachte ihr das Reiten bei. Fest im Sattel erkundete Maggie alsbald mit Alec das Hinterland. Ackerflächen tauschten sich mit saftigen grünen Wiesen ab. Manchmal erinnerte die Landschaft an ein Schachbrett und allerorts stieß man auf verwitterte Monumente aus grauer Vorzeit. Gerne rasteten sie beim Schloss Carn Brea, das auf einem Felsbrocken errichtet war, der einen Teil des Fundaments bildete. Auch beim Cup and Saucer Rock neben dem Basset-Denkmal vertrieben sie sich die Zeit. In jungen Jahren mit Karten oder Verstecken spielen, jetzt, da sie älter waren, saßen sie oft schweigend nebeneinander und blickten den Hügel hinunter. Meistens mit einer Zigarette in der Hand und dem Gefühl, fürchterlich erwachsen zu sein.

Für Alec galt das allemal. Aus der Bohnenstange inklusive Zahnlücken wurde mit sechzehn der begehrteste Junge der Schule. Bis zum Umfallen trieb er Sport, war großgewachsen, muskulös und im Sommer braungebrannt, was seine Augen besonders gut zur Geltung brachte. Die zotteligen Haare wichen einem modernen Schnitt. An den Seiten kurz, oben länger und mit Gel durcheinandergewirbelt, was ihn lässiger machte. Vom Bartwuchs ganz zu schweigen, den er eher aus Faulheit ein paar Tage sprießen ließ, bevor er zum Rasierer griff.

Jedenfalls liefen ihm die Mädchen in Scharen hinterher, verglichen ihn kreischend mit Mel Gibson und waren neidisch, wenn er mit Maggie und seinen Eltern in den Ferien an die Küste fuhr. In St. Agnes besaßen die Campbells ein Cottage auf einem Hochplateau, von wo aus man einen herrlichen Blick über das Meer hatte. Der über zweihundert Jahre alte Granitsteinbau war der einzige Luxus, den sich Polly und Hank gönnten. Als kleines Mädchen war Maggie stets über die Weihnachtstage mitgefahren. Irgendwann reisten die Campbells ausschließlich im Spätsommer dorthin, da sie einen guten Vorarbeiter beschäftigten, auf den sie sich verlassen konnten. Obwohl sich Alecs Dad trotzdem eher grollend fügte, da er sich nur schwer von der Farm loseisen konnte. Aber in der Hinsicht blieb Polly hart. Sie war ein Sommermensch und wollte diese Jahreszeit genießen.

Es waren herrliche Tage, in denen Alec und Maggie von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang im Wasser planschten oder Sandburgen bauten. Als Teenies lernten sie Surfen und Alec probierte sich im Tauchen. Das war Maggie nicht geheuer, die – wie auch beim Drachenfliegen – lieber am Strand blieb und sich sonnte. An den Abenden gingen sie häufig auf Muschelsuche. Alec beteiligte sich nur mit mäßiger Freude daran und bekam einen regelrechten Lachanfall, als sie eine schillernde Perlmuttmuschel in Herzform aus dem Sand zog und sich kaum beruhigen konnte. Wütend über Alecs Reaktion warf sie das gute Stück in hohem Bogen fort. Jungs konnten sowas von dämlich sein!

Allerdings blieben ihr Alecs draufgängerische Art und die zunehmende Männlichkeit nicht verborgen. Sogar in der Schule strengte er sich plötzlich an und entwickelte ziemlichen Ehrgeiz, da er plötzlich Tierarzt werden wollte. Den Ausschlag dafür gab das kleine Lämmchen, dem sie gemeinsam an einem kalten Sonntagmorgen auf die Welt geholfen hatten. Leider war es in ihren Armen gestorben. Beide hatten sie wie die Schlosshunde geheult und sich tagelang mit ihrem schlechten Gewissen herumgeplagt, da sie Alecs Eltern nicht geweckt hatten. Zwar versicherten diese, dass das Lamm auch mit deren Hilfe keine Chance gehabt hätte, trotzdem fühlten sie sich schuldig. Seitdem hatte sich Alec geschworen, dass ihm so etwas nie wieder passieren würde. Darum die neuen Zukunftspläne. Aber von nichts kam nichts, weshalb er sich jede gute Note hart erarbeitete. Hank verfolgte diese Wandlung jedoch mit Argusaugen, da er befürchtete, dass die Schafzucht mit ihm sterben würde. Bis Alec ihm versicherte, die Farm trotz seiner beruflichen Absicht übernehmen zu wollen und dass sein Engagement nur kurzzeitig dem Lämmchen gegolten habe. Vielmehr läge es an Doris Witterspoon, bei der Alec Nachhilfe nahm. Eine Vorzeigeschülerin, die sich auch sonst sehen lassen konnte. Dennoch verbrachte Alec nach wie vor die meiste Zeit mit Maggie. Nicht zuletzt, weil ihr Vater kurz vor Ostern einem Herzinfarkt erlag. Nun waren ihre Mom und sie alleine. Es dauerte Monate, bis Maggie mit diesem Verlust einigermaßen umgehen konnte, da sie sehr an ihrem Dad gehangen hatte.

Alec war die ganze Zeit über für sie da gewesen und irgendwann nahm sie wieder am Leben teil. Am Wochenende gingen sie ins Kino oder zum Line-Dance ins Texas. Standesgemäß mit Cowboyhut und Cowboystiefeln. Es machte unheimlich Spaß, zu Country-Liedern zu tanzen. Alec schwärmte ohnehin von Kindesbeinen an für diese Musik und weiterhin für Doris. Trotzdem hörte er sich geduldig Maggies Jammern wegen Blake an, der sie geflissentlich übersah. Bis er es eines Tages nicht mehr tat. Mit Ende sechzehn verlor sie schließlich ihre Unschuld. Leider stellte sich bald heraus, dass der Quarterback des American-Football-Teams mehr Schein als Sein war. Alec ging es mit Doris ähnlich und so teilten sie ihre Erfahrungen, um danach ihr einstiges Versprechen zu belachen. Doch das Lachen sollte zumindest Maggie vergehen, denn kurz vor ihrem achtzehnten Geburtstag änderte sich alles.

Auf einmal schlug ihr Herz höher, sobald Alec in Sichtweite kam. Wobei der bloße Gedanke an ihn vollkommen ausreichte, damit ihr Puls raste und sie sich auf nichts mehr konzentrieren konnte. Außer auf den Blick aus ihrem Schlafzimmerfenster, von wo man die Farm teilweise sehen konnte. Alec hatte keine Ahnung, wie oft sie sich zu ihm träumte.

Zweifellos hatte sie sich in ihn verliebt. In ihren besten Freund! Das wurde Maggie endgültig klar, als er sie an ihrem Geburtstag mit seinem neuen Motorrad zum Line-Dance abholte. Es war ein lauer Sommerabend. Die Grillen zirpten und sie hatte die Zusage der örtlichen Schreinerei in der Tasche, dass sie in einer Woche ihre Arbeit als Assistentin des Chefs antreten konnte. Das rückte jedoch in weite Ferne, als sie zögernd auf Alec zuging. Sie, die ansonsten aus dem Haus stürmte, sobald er vor der Türe stand!

Während er den Helm abnahm und ihr ein strahlendes Lächeln schenkte, wurde Maggies Mund trocken und als hätte sie jemand im selben Augenblick aus ihrem bisherigen Leben hinauskatapultiert, betrachtete sie Alec mit den Augen einer erwachsenen Frau. Jede Berührung beim anschließenden Line-Dance fühlte sich wie ein Stromschlag an. Bei Hudson Moores Lied Just Wanna Love You wäre sie am liebsten aus dem Raum gelaufen und brachte den Abend nur mit Mühe hinter sich. Darum schützte sie Kopfschmerzen vor, als Alec sie danach auf einen Drink einladen wollte.

Zuhause lag sie schlaflos im Bett. Übermannt von ihren Gefühlen und voller Angst, was diese Wendung zu bedeuten hatte. Das Ende ihrer Freundschaft? Maggie wurde beinahe übel bei dem Gedanken. Nein, soweit durfte es nicht kommen. Also musste sie sich etwas einfallen lassen!

♥♥♥

Je öfter Maggie in der nächsten Zeit Alecs Anrufe ignorierte oder Ausreden vorschob – um nichts mit ihm unternehmen zu müssen – desto einsilbiger wurde er. Bis sie eines Tages mit ihrem türkisen Fahrrad zum Basset Denkmal fuhr und in sich versunken auf ihrem Stein saß. Mit der nagenden Frage in sich, wie sie ihre Liebe zu Alec unterdrücken konnte. Aber dafür hätte ihr schon jemand das Herz herausreißen müssen. Womöglich liebte sie ihn schon ihr ganzes Leben lang, ohne dass es ihr bewusst gewesen war.

„Sieh an, du hier? Ich dachte, du musst Überstunden machen“, hörte sie plötzlich Alecs beißende Stimme hinter sich und wandte sich erschrocken um. In der gewohnten Lässigkeit sprang er vom Pferd, band die Zügel um einen Weidenstrauch und schritt auf sie zu.

Wie erstarrt blickte Maggie ihm entgegen und verscheuchte das Bild, wie er sie stürmisch in seine Arme riss und küsste. „Ja … äh … ich …“ Weiter kam sie nicht, da er sich neben sie setzte. So dicht, dass sich ihre Schultern berührten. Nicht anders als früher, und doch war alles anders.

„Warum weichst du mir aus?“, kam er ohne Umschweife zur Sache und trieb sie damit in die Enge. Alec hatte nie lange mit Dingen hinter dem Berg gehalten. Gerade das mochte sie an ihm. Diese Geradlinigkeit und seine ehrliche Art. Diesmal hätte sie jedoch gut darauf verzichten können.

„Wie, ausweichen?“, stellte sie sich dumm und fuhr sich fahrig durch das lange brünette Haar.

„Tu nicht so.“ Unvermittelt umfasste Alec ihre Schultern, was Maggies Haut zum Glühen brachte. An jeder verdammten Stelle ihres Körpers und das waren einige! „Was ist los? Bist du verliebt?“ Er verengte die Augen.

„Äh, so… sozusagen.“

„Wusste ich es doch!“, rief Alec aus und ließ sie los. Leider – und Gott sei Dank. Himmel, in ihrem Gehirn schwamm nur noch weiche Masse. „Wer ist der Glückliche?“ Dieselbe Frage hatte er ihr damals bei Blake gestellt. Allerdings um einiges enthusiastischer.

„Ist noch … äh, zu frisch … nicht spruchreif.“

„Seit wann sprichst du in halben Sätzen?“, blaffte er sie an. „Wer ist der Typ? Wo hast du ihn kennengelernt?“

Maggie blickte ihm in die Augen, in denen sich der Himmel spiegelte. Alles um sie herum versank auf einmal in Belanglosigkeit. Sie sah nur Alec, der sie schmerzvoll betrachtete. „Bist du etwa … eifersüchtig?“, wisperte Maggie.

„Ja!“, gab er unumwunden zu. Sein Atem berührte ihren Mund. „Weil ich dich liebe, Mag’.“ Er klang beinahe verzweifelt. „Es ist einfach so passiert. Ich kann es mir selbst nicht erklären und ich will es auch nicht.“ Ohne, dass Maggie etwas dagegen tun konnte, sammelten sich Tränen in ihren Augen. Zu unglaublich war sein Geständnis! „Vielleicht liebe ich dich schon mein ganzes Leben lang“, sprach er atemlos weiter, als hätte er Angst vor dem, was er sagte. Oder davor, was er damit laut aussprach. „Toll, du weinst. Das habe ich ja super hingekriegt!“, quälte er sich weiter. „Das war’s wohl mit unserer Freundschaft.“

„Nein, Alec … ich“, Maggie musterte sein geliebtes und so unendlich vertrautes Gesicht, „ich … liebe dich doch auch …“, hauchte sie kaum hörbar.

 

Seine Lippen waren nur wenige Zentimeter von ihren entfernt. Sein Gesicht so unverschämt nahe, in dem sich Verblüffung widerspiegelte, bevor er befreit lächelte. Auch ihm schienen plötzlich jegliche Worte zu fehlen, ehe er sanft ihr Kinn umfasste, und als die rotgoldene Abendsonne das umliegende Land in warmes Licht hüllte, küssten sie sich. Zuerst zaghaft, bis sie von Leidenschaft erfasst wurden. Nie hatte sich Maggie begehrter gefühlt. Sicherer, als in Alecs starken Armen, der ihr zeigte, was wahre Liebe tatsächlich bedeutete. Versteckt hinter dem Castle gab sie sich ihm hin. Schenkte ihm alles, was sie zu geben vermochte und versank in seinen fordernden Berührungen, die ihren Körper zum Lodern brachten. Nie hatte der Sternenhimmel heller gefunkelt. Der Mond klarer geleuchtet, der ihre schweißigen Körper aus dem Dunkeln hob und Zeuge dieser unglaublichen Nacht wurde.

Unter Alecs erfahrenen Händen fühlte sich Maggie wie Wachs, denn er erkundete sie, als wäre sie eine Kostbarkeit. Im nächsten Moment suchte er fiebrig ihre Lippen, die sich ihm bereitwillig öffneten. Die Vertrautheit zwischen ihnen schuf eine völlig neue Welt, in der es keine Tabus gab. Keine Ängste, weder Hemmungen noch Fragen. Mit Alec hier unter freiem Himmel zu schlafen war Antwort genug. Sie liebten sich, im wahrsten Sinne des Wortes.

War es ein Wunder, dass Maggie in den folgenden Tagen wie auf Wolken ging? Am liebsten hätte sie die ganze Welt umarmt und lächelte nachsichtig, wenn andere betonten, es schon immer gewusst zu haben. Auch ihre Mom, Alecs Eltern oder ihre beste Freundin Christin freuten sich wie kleine Kinder, dass sie nun offiziell ein Paar waren und diesen Umstand genoss Maggie in den folgenden Jahren jede Sekunde. Ob am Tag oder in den Nächten voller Leidenschaft.

Als sie eine Fortbildung in London besuchte, verging sie beinahe vor Sehnsucht nach Alec und hatte im Nachhinein keine Erklärung dafür, wie sie es ohne ihn ausgehalten hatte. Aber auch diese zwei Monate waren vorbeigegangen, und jetzt lagen Alec und sie unter einem der Apfelbäume. Zärtlich liebkoste er Maggies Lippen.

„Du machst mich verrückt, weißt du das?“, raunte er mit diesem gewissen Ton in der Stimme, der Maggies Erregung verstärkte. Sie ahnte, dass auch er sie wollte. Hier und jetzt.

„Woanders gerne, aber es ist helllichter Tag, Alec Campbell“, versuchte sie die erotische Stimmung mit einer saloppen Aussage zu verscheuchen. Fehlte noch, dass sie sich ungeniert liebten. Vor den Augen seiner Eltern und den Schafen auf der Weide, wobei sich diese zuletzt daran stören würden.

„Weißt du noch, was ich dich vor Jahren gefragt habe?“ Zärtlich streichelte Alec über Maggies Wange.

Gespielt rollte sie mit den Augen, während ihr ein wohliger Schauer über den Rücken lief. Kam jetzt die Frage aller Fragen? „Wie könnte ich das vergessen?“ Sie lachte, obwohl sie ähnlich angespannt war wie damals. Allerdings hatte sich ihr Bild bezüglich Robin Hood und Marian erheblich geändert. Inzwischen hatte Maggie den Film unzählige Male gesehen und zerfloss jedes Mal aufs Neue angesichts dieser romantischen Liebe. Einer Liebe, die genau so tief war wie die zwischen Alec und ihr. Nichts und niemand würde je etwas daran ändern können, denn das, was sie verband, war mit keinen Worten zu beschreiben und mit nichts zu vergleichen.

„Zu der Zeit bin ich ein Kind gewesen“, wandte Alec ernst ein. „Heute bin ich erwachsen und es gibt keine Frau, mit der ich meine Zukunft lieber verbringen möchte, als mit dir. Das war mir nie klarer, als nach deiner Rückkehr aus London.“

„Also bin ich keine zweite Wahl?“, zog sie ihn auf.

„Du bist die erste, obwohl ich deinen Hang zu Michael Bolton nicht verstehe“, flüsterte er grinsend und küsste sie zärtlich. „Aber in einer Sache hat er recht: Wie soll ich ohne dich leben?“, zitierte Alec eine Zeile aus einem ihrer Lieblingslieder How Am I Supposed To Live Without You. Erwartungsvoll blickte er sie an. Wartete Alec auf ein Lob, da er scheinbar doch aufmerksamer auf den Text gehört hatte, als es bislang den Anschein machte – oder hoffte er auf eine Antwort? Nur, auf welche? Konkret hatte er die Frage X nicht gestellt.

„Äh, und weiter …“, versuchte Maggie ihm zögernd auf die Sprünge zu helfen.

„Wie weiter?“

„Na, Hochzeit und so …“

Erneut grinste er. „Der Antrag kommt erst. Ich möchte, dass es ein besonderer Moment ist.“

„Ich weiß auch so, dass ich dich heiraten will“, erwiderte Maggie enttäuscht. Leider war sie nicht gerade die Geduld in Person und wartete schon lange auf seinen Antrag. Dass dieses Gespräch erneut nicht in die gewünschte Richtung ging, machte ihr zu schaffen. „Vor allem, da dein Schneidezahn nachgewachsen ist“, schob sie murrend nach und musste trotz ihrer Stimmung grinsen, da sie Alec als den kleinen Jungen von damals vor sich sah.

Er runzelte die Stirn. „Muss ich das verstehen?“

„Nein.“ Sie schüttelte lächelnd den Kopf. „Es reicht, wenn ich es tue.“

Zwei Wochen später fuhr Alec mit ihr zum Castle und machte einen ziemlich nervösen Eindruck. Maggie beschlich ein erwartungsvolles Gefühl, das sich bestätigte, als sie auf das Lichtermeer vor dem Castle blickte. Überall brannten Kerzen in bunten Gläsern, die auf jene Stelle zuführten, an der sie sich zum ersten Mal geliebt hatten. Dort lag eine Decke, auf der ein mit vielen Köstlichkeiten gefüllter Picknickkorb stand. Sogar an Pasties hatte Alec gedacht, die niemand besser zubereitete als seine Mom.

Mit gespannter Miene nahm Alec ihre Hände in seine. Maggie spürte ihren Herzschlag bis in die Fingerspitzen. „Du bist mein Leben, Maggie“, flüsterte Alec mit rauer Stimme. „Ich würde alles für dich tun und es wäre noch zu wenig, um dir zu zeigen, was ich für dich empfinde. Aber solltest du je Zweifel an meiner Liebe haben, dann schau mir in die Augen und du wirst wissen, was du mir bedeutest.“ Mit dem Daumen glitt er sanft über Maggies Wange, um die Tränen fortzuwischen, die sie nicht zurückhalten konnte, da Everything I Do von Bryan Adams aus dem kleinen Transistorradio neben dem Picknickkorb erklang. Alec hatte scheinbar die Weckfunktion aktiviert, um nichts dem Zufall zu überlassen. „Robin Hood und Marian“, hörte sie ihn leise sagen, „das sind wir, Mag’. Du und ich, gegen den Rest der Welt, wenn es sein muss.“ Mit wässrig glänzenden Augen zog er sie an seine muskulöse Brust. Maggie schmiegte sich an ihn und als sie engumschlungen unter dem sternenklaren Nachthimmel tanzten, spürte sie seinen schnellen Herzschlag an ihrer Wange.

Zwei Menschen, die eins waren. Die schon immer eins gewesen waren und nichts, keine einzige Sekunde mit Alec würde sie je vergessen. Weder was ihre Kindheit betraf noch diesen magischen Abend, an dem sie einander festhielten und sich mit behutsamer Zärtlichkeit küssten, als geschähe es zum ersten Mal. Und als der letzte Ton des Liedes verklungen war, öffnete Alec eine kleine Samt-Schatulle. Darin glänzte ein goldener Ring mit einem roten Rubin. In diesem Moment wusste Maggie, dass sie alles hatte, was sie sich je erträumte. Ihr Leben war perfekt und sie die glücklichste Frau der Welt.

♥♥♥

Ein Jahr später

Maggie warf einen Blick auf ihren Schreibtisch. Das Ablagefach war leer, der PC ausgeschaltet, die Unterschriftenmappe lag in Ernies Büro und alle Rechnungen waren raus. Fein säuberlich hatte sie alles aufgearbeitet, womit dem gemeinsamen Urlaub mit Alec nichts mehr im Weg stand. Gestern hatte er sie mit dem Vorschlag überrascht, mit ihr nach St. Agnes fahren zu wollen. Dabei würden sie bald heiraten! Ihn brachte das natürlich nicht aus der Ruhe, klar, er hatte sich bislang nicht gerade ein Bein für die Hochzeitsplanung ausgerissen. In Maggie herrschte hingegen Panik. Ein Jahr war seit Alecs Antrag vergangen. Genug Zeit, um alles zu planen. Aber auch genug Zeit, um einiges auf die lange Bank zu schieben und nun hatte sie den Salat. Übermorgen wollten sie nach St. Agnes aufbrechen und auf ihrer Liste standen etliche unerledigte Dinge. Natürlich hätte sie Alecs Idee ablehnen können, doch in den letzten Wochen bekam sie ihn kaum zu Gesicht. Ein paar gemeinsame Tage würden ihnen demzufolge guttun. Insbesondere, da sie immer unsicherer wurde, je näher der Hochzeitstermin rückte.

Seufzend schlüpfte Maggie in ihren dunkelblauen Trenchcoat. Regen prasselte monoton gegen die Scheiben. Ähnlich fühlte sich ihr Leben an. Grau in Grau, denn sie vermisste Alec, der sich in seine Arbeit verkroch und wenn sie sich trafen, wirkte er abwesend. Nie hatte sie sich einsamer gefühlt als jetzt. Alec war zwar hier und doch schien er meilenweit fort.

„Na, träumst du schon von eurem großen Tag?“

Maggie schreckte von ihren Gedanken hoch und blickte zu Ernie, der grinsend in der Tür zu seinem Büro stand. Das Hawaii-Hemd spannte sich um den korpulenten Bauch, der sich wiederum über die schwarze Hose wölbte. Die goldene Uhr blitzte auf, als er die behaarten Arme in die Hüften stemmte. Vom Haarwuchs am Körper konnte sein kahler Kopf nur träumen. Selbst auf der Brust und am Rücken zeigte sich ein regelrechtes Fell, was sie beim letzten Betriebsausflug in das örtliche Schwimmbad festgestellt hatte. „Äh, was hast du gefragt, Ernie?“

Lächelnd winkte er ab. „Bist wohl noch blau vom Junggesellinnen-Abschied, was?“

„Meiner ist schon eine Woche her“, mokierte sich Maggie. „Und ich kam nüchtern heim, was ich dir übrigens am Montag erzählt habe.“ Geschweige denn wusste Ernie von ihrer Abneigung gegen Alkohol. Sie vertrug ihn schlichtweg nicht.

„Geschenkt“, tat Ernie ihre Erklärung ab. „Allerdings hast du mir vorenthalten, dass deine Mom und Polly ziemliche Schluckspechte sind. Sie sollen reichlich betrunken gewesen sein.“

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