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Olympia von Clèves

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LXXXVII
Die Heirat

Olympia war, wie gesagt, aus dem Theater am Arme von Banniére weggegangen, während Richelieu noch aus dem Fußtritte seiner Karosse stand.

Bor der Thür waren Beide in einen Fiacre gestiegen, den die Coiffeuse für sie geholt hatte.

Banniére hatte diese Vorsicht gebraucht. Sogleich nach seiner Erklärung mit Olympia, welche eine so gute Wendung für ihn genommen, hatte Banniére seine Maßregeln getroffen: das war ein Junge, der, wenn es Noth tat, die Ereignisse und die ungezähmten Pferde zu lenken wusste.

Der Fiacre hatte zum Voraus seine Instruktionen erhalten. Er führte sie geraden Weges nach der Kapelle Notre-Dame-de-Lorette, welche beim Bureau des Porcherons lag.

Nur war ein großer Unterschied zwischen der Notre-Dame-de-Lorette von 1730 und der von 1852.

Diese Kapelle, eine Beikirche von Saint-Eustache, hatte ihre Facade gegen einen schmalen Platz, der am Kreuzwege der Straße von Montmartre, der Rue des Porcherons und der Rue Notre-Dame-de-Lorette lag.

In dem Augenblick, wo die Liebenden diese Pilgerfahrt begannen, umhüllte die Nacht, welche schon die Hälfte ihres Laufes gemacht hatte, mit ihrem dichtesten Schatten den Kirchhof von Saint-Eustache, der einige Schritte von der Kapelle entfernt war, und die großen zwischen dem Boulevard und Montmartre liegenden Wiesen.

Die Rue Notre-Dame-de-Lorette, heute eine der zierlichsten Straßen der Hauptstadt, war um jene Zeit eben so wenig gebaut, als der Weg von Montmartre gepflastert war.

Mehr noch, da das Bauamt diesem Quartier keine Laternen bewilligt hatte, so war es die Wüste mit der Finsternis.

Abgesehen von dem Gemurmel des kotigen Wassers im großen Graben und dem Rauschen der Rohre und der Weiden in den Sümpfen, begleitete kein Getöse das mühsame Rollen des Fiacre, der die holperige und aufsteigende Chaussee hinanfuhr.

Ein wenig Mond, etwas wie ein verirrter durch zwei Wolken gleitender Strahl versilberte die kleine Halle der Kapelle und warf einen oft verschleierten Schein durch die am Himmel schwebenden Dünste aus die F»e, ade der zwei mageren Pavillons, welche rechts und links an dieser Kapelle angebracht wären. Doch an einem der Fenster des Pfarrhauses glänzte hinter einer Scheibe des Erdgeschosses ein schwaches Licht, und Olympia erblickte in der Helle dieser armseligen Leuchte den Schatten eines Mannes, der hinter einem Vorhange stand und wartete.

Der Fiacre hielt an, der Schlag wurde geöffnet. Banniére sprang zuerst zu Boden, empfing Olympia in seinen Armen, zog sie mit sich fort und klopfte an die kleine Thür des Pavillon unter dem erleuchteten Fenster.

Man öffnete diese Thür sogleich.

Der Mann, welcher wartete, war Champmeslé..

Er ließ die zwei Liebenden eintreten, schloß die Thür hinter ihnen, und führte sie durch eine Seitenverbindung in den Chor der kleinen Kapelle.

Hier befand man sich plötzlich im Lichte.

Der Altar glänzte geschmückt mit sechs großen an, gezündeten Kerzen, und Blumen, welche alle Vasen füllten, gaben der Kapelle ein gewisses festliches Aussehen.

Auf ein Zeichen von Champmeslé setzte sich Banniére mit Olympia dem Altar gegenüber.

Der ehemalige Schauspieler schaute einen Augenblick diese schöne Frau an, welche bleich und zitternd, da sie sich in Gegenwart Gottes fand, um sich durch ihr Herz und ihre Reue von ihren Fehlern zu reinigen.

Es fehlte in diesem Augenblick dem Gesicht von Champmeslé weder an einer gewissen Poesie, noch an einem Gefühl von Feierlichkeit.

Olympia und Banniére betrachteten ihn mit einem sanften mit Ehrfurcht gemischten Lächeln.

»Madame,« sprach Champmeslé zu Olympia, »dieser Mann hier,« und er deutete Banniére, »dieser Mann liebt Sie dergestalt, daß er für Sie seinen Leib und seine Seele dem Verderben überantwortet. Ach! So jung ich auch im religiösen Leben bin, ich weiß doch, welche Verwüstungen die Leidenschaften im Herzen der Menschen anrichten können . . . Ich weiß auch, wie wichtig es ist, Gott, wenn nicht das ganze Herz und den ganzen Geist, was sehr schwierig, doch wenigstens so viel als möglich von dem einen und dem anderen zu erhalten . . Damit Banniére fromm gegen Gott leben kann, um es zu versuchen, wie die Taube der Arche, zwischen Sie Beide den Ölzweig zu bringen, – damit er fortan das Recht habe, für Sie zu beten, indes er zu gleicher Zeit für sich beten wird. – Damit jedes von seinen Gebeten ein Dank sei, habe ich ihn mit meiner ganzen Macht unterstützt, als es sich für ihn darum handelte, Sie wieder aufzufinden und mit Ihnen zusammenzukommen.

»Sie Madame, erwägen Sie, in welchem Grade Ihr kurzes Leben bewegt gewesen ist.

»Sagen Sie, wohin geht diese Seele, welche die Missgeschicke und die Leidenschaften umherwerfen, wie es die Winde und die Wellen mit einem armen Schiffe tun? Nicht wahr, Sie wissen es selbst nicht? Wohl! Suchen Sie einen Hafen, flüchten Sie sich in den Schoß Gottes, der dann Ihre Liebe segnen wird. Werden Sie eine redliche Frau: machen Sie sich verbindlich durch einen Gott geleisteten Eid, den einzigen Eid, welchen auf dieser Welt die Frauen nicht zu verletzen berechtigt sind.«

Olympia erhob sich majestätisch, und, noch bleicher als gewöhnlich, sprach sie mit einer so weichen Stimme, daß die Bögen der Kirche darüber bebten, als ob sie von den Vibrierungen einer Harfe berührt worden wären:

«Mein Herr, Sie haben sehr wohl daran gethan, mich durch das Gesetz Gottes zu fesseln, um mich zu mir selbst zurückzurufen. Ich wusste nicht, was Ich lieben sollte, aber ich werde fortan wissen, daß Ich nur Banniére lieben soll, und mein Gattintitel wird für mich eine heilige Schwelle sein, welche ich nie zu überschreiten schwöre.

»Aber der Dienst, den Sie mir leisten, ist noch viel größer in Beziehung auf die Andern, als in Beziehung aus mich. Die Andern, mein Herr, haben in mir eine von den Menschen verlassene Frau gesehen, – oh! ich mache Niemand Vorwürfe, – und sie haben über mich die Gewalt geübt, die ihnen eine gewisse Macht ans dieser Welt und meine eigene Schwäche, das traurige Resultat meines Stolzes, verliehen. Fortan, da sie sehen, daß ich einen Arm habe, um mich daraus zu stützen, da sie sehen, daß ich mit dem Titel einer legitimen Frau bewaffnet bin, werden sie mir weder mehr gefährlich, noch feindlich sein.

Ich danke Ihnen also, mein Herr, und ich. bitte Gott, meinen Schwur zu Empfangen; nie werde ich einen geleistet haben, der mir süßer und leichter zu halten ist.«

Bei diesen Worten wandte sich Olympia gegen Banniére um, und mit einem unausprechlich zärtlichen Blicke legte sie in seine Hände eine schauernde, kalte Hand. All ihr Blut floss gegen ihr Herz.

Schwankend unter diesem geliebten Gewichte, sagte Banniére kein Wort zum würdigen Champmeslé. Er blieb einige Zeit stumm und sterbend, als ob ihm sein Herz entschwunden wäre.

Da holte Champmeslé aus der benachbarten Stube des Pfarrhauses einen Chorknaben, der auf einer hölzernen Bank schlief, und er begann sein Amt in dem Augenblicke, wo ein neuer Tag begonnen hatte, daß heißt, als die Glocke ein Uhr des Morgens schlug.

Nie wurde eine Feierlichkeit mit mehr Religion und Inbrunst vollzogen. Die zwei Gatten vergossen Tränen der Freude und der Liebe, und sie fragten, warum, da die ewige Verbindung so süß und wonnig sei, die unglücklichen Menschen ihr so oft die Freiheit, welche so viel Schmerzen verursacht, vorziehen?

Champmeslé war so sehr gerührt, daß er sich nicht enthalten konnte, die Braut zu umarmen und, indem er sie umarmte, zu ihr zu sagen:

»Ich begreife, Madame, daß es Sie bei dem Talente, welches Sie hatten, und beider Schönheit, die Sie haben, viel Überwindung kosten muss, auf das Theater zu verzichten; doch das ist ein Opfer, das Sie Ihrem Seelenheile zu bringen haben.«

Die zwei jungen Leute schauten Champmeslé erstaunt an.

»Aber,« wandte Banniére schüchtern ein, »Sie dürfen nicht vergessen, mein lieber Abbé, daß wir arm sind, und daß wir folglich das Theater nicht entbehren können.«

»Ei! mein Gott!« rief Champmeslé, »gibt es denn keine andere Laufbahn in der Welt?«

»Bedenken Sie,« sagte Olympia lächelnd, »er hat nicht mehr das Mittel, Abbé zu werden, wie Sie.«

»Mir scheint,« sprach Banniére, »man kann Schauspieler und ehrlicher Mensch sein, Herr von Champmeslé, und Sie sind, Gott sei Dank, der lebendige Beweis von dem, was ich behaupte.«

»Ich leugne das nicht,« erwiderte Champmeslé, »aber hören Sie wohl, mein lieber Banniére, und möchte die Heiligkeit des Ortes, wo ich bin, machen, daß mir meine profanen Worte verziehen werden, denn ich will als Mensch mit Ihnen reden, was sage ich? als Schauspieler und nicht als Priester.«

»Sprechen Sie, wir hören,« sagte Banniére lächelnd.

»Wohl! wenn das Theater nicht für Sie ein Ort der Verderbnis in Beziehung auf Gott ist, so ist es ein Ort der Verderbniß in Beziehung auf Sie selbst.»

»Ich verstehe Sie nicht,« erwiderte Banniére, der im Gegenteil nur zu gut verstand und zum Voraus schauerte bei der Saite, die der Abbé zu berühren im Begriffe war.

»Ja, in Beziehung aus Sie selbst,« fuhr Champmeslé fort, »denn Sie werden zu sehr leiden, wenn Sie Ihre Frau beständig wegen ihres Talentes und ihrer Anmut von Schmeicheleien, von Weihrauch, von Huldigungen umgeben sehen.

Olympia machte eine Bewegung.

»Ei! mein Gott!« fuhr Champmeslé fort, »ich sage nicht, es werden sich nicht alle diese Verführungen an der Tugend und der Liebe von Madame Banniére brechen, die ein edler Charakter ist; aber. . .é

»Aber?« versetzte Banniére unruhig.

»Vollenden Sie, mein lieber Abbé,« rief Olympia.

»Oh! Sie haben mich begriffen, Madame,« erwiderte Champmeslé, »und so ist unnötig, daß ich vollende. Sie wissen wohl, daß diejenigen, welchen es auf eine redliche Art bei einer Frau vom Theater nicht geglückt ist, zuweilen ihre Zuflucht zur Gewalt und zu Verrat nehmen.«

 

»Ja, wie ein gewisser vornehmer Herr, nicht wahr, Herr Abbé?« sprach Banniére, die Stirne faltend.

»Mein Herr,« sagte Olympia mit sanftem Tone, jedoch ohne etwas von ihrer Heiterkeit zu verlieren, »denken Sie nicht schlecht von den Abwesenden.«

»Ach! entgegnete Banniére, »eine schlechte Eingebung kann in einem Momente des verletzten Stolzes den besten Menschen zum Schlimmen fortreißen.«

»Ich habe also Recht,« sprach Champmeslé. »Nun lassen Sie mich für einen Augenblick in Ihre Angelegenheiten eindringen, mit Ihnen die Zahlen erörtern, und Ihnen beweisen . . .«

»Hier?« fragte Olympia lächelnd.

»Nein, verlassen wir dieses Heiligtum,« antwortete Champmeslé, »gehen wir in die kleine Stube des Pfarrhauses und danken wir dem vortrefflichen Manne, der die Güte gehabt hat, mir heute Nacht seinen Platz abzutreten, damit ich berechtigt sei, Sie auf immer glücklich zu machen.«

»Warten Sie,« sagte Olympia. »Ehe ich mich entferne, erlauben Sie mir, in diesen Opferstock zu werfen, was unser Glück seinen Armen spenden will.«

»Einen Augenblick Geduld!« rief Champmeslé, die kleine Hand von Olympia zurückhaltend, in deren Fingern ein doppelter Louis d'or glänzte.

»Warum?« fragte Olympia.

»Weil es verschiedene Arme gibt,« sagte Champmeslé. »Kommen Sie in die Stube und lassen Sie uns sprechen.«

Er führte sie dahin, entließ den Chorknaben mit einem Geldstücke, das er ihm in die Hand drückte, schloß die Verbindungsthüre, die sie von der Kapelle trennte, hieß jedes auf einem eichenen, durch das Alter polierten Schemel Platz nehmen, setzte sich ihnen gegenüber, ergriff von Jedem die Hand und sprach:

»Nun, da wir unter uns sind, – und glauben Sie mir, daß ich meine Gründe habe, Ihnen zu sagen, was Ich Ihnen sagen werde, – zählen wir Ihre Reichtümer. Das ist an Sie allein gerichtet, Madame, denn was Banniére betrifft: die seinigen kenne ich.«

»Ja, zehn Thaler, die ich Ihnen schuldig bin,« versetzte Banniére dem würdigen Abbé zulächelnd.

»Ich habe auch gesagt, ich wende mich nur an Fräulein von Clèves,« erwiderte Champmeslé.

»Mein Herr und lieber Freund,« sprach Olympia, »ich besitze ungefähr hundert Louis d'or in Juwelen und zweihundert in Kleidern, Weißzeug und Meubles, welche zu verkaufen sind.«

»Werden Sie dieselben verkaufen?'

»Sicherlich.«

»Und warum?«

«Weil es die Absicht von meinem Manne und mir ist, nicht in Paris zu bleiben; wir sind hier zu sehr gefährdet, und das Leben ist zu teuer.«

»Sie gehen also . . .«

»Nach Lyon, wo mein Name bekannt ist; nach Lyon, dessen Quellen ich kenne: nach Lyon, wo ich. wenn ich spiele, sehr anständig leben werde, ohne daß ich nötig habe, anderswo, als aus dem Theater, Schauspielerin zu sein.«

»Um nach Lyon zu gehen, werden Sie jedes zehn Louis d'or ausgeben, das sind schon zwanzig Louis d'or. Dadurch verringert sich Ihr Schatz . . . Warten Sie. das ist noch nicht Alles. Sind Sie in Lyon angekommen, so werden wohl zwei Monate vergehen, ehe Sie ein Engagement abgeschlossen haben, und während dieser Zeit müssen Sie leben.«

»Ei! mit zweihundert Livres monatlich wird man zusehen,« sagte Banniére.

»Oh! nie wird Madame um diesen Preis für sich allein leben/' erwiderte Champmeslé. »Ich berufe mich auf sie selbst.«

»Olympia von Clèves konnte es nicht,« antwortete die junge Frau, »doch Madame Banniére wird viele Dinge tun, welche Olympia nicht gethan hat.«

»Das ist es gerade, was man vermeiden muß.« sagte Champmeslé. »Madame Banniére muss im Gegenteil glücklicher sein, als es Olympia war, sonst, ist der Zweck von uns Allen verfehlt.«

»Ja, doch der Zweck ist erreicht, wenn wir Beide Komödie spielen,« entgegnete Banniére; »Olympia, die so viel Talent hat, kann sechstausend Livres verdienen. Ich werde zwölf bis fünfzehn hundert verdienen. Ich weiß wohl, daß man sie mir ihretwegen geben wird. Doch man wird sie mir am Ende geben, und mit dieser Summe, das heißt, mit sechstausend Livres für sie und mit fünfzehnhundert für mich werden wir, indem Jedes ausgibt, was es verdient, glücklich sein.«

»Die Ehe ist die Teilung,« sagte Olympia.

»Nun wohl! trotz aller dieser Vernunft, trotz dieser gegenseitigen Liebe und Ergebenheit, beharre ich darauf, daß Ich Sie Beide bitte, nicht mehr zum Theater zurückzukehren,« sprach Champmeslé.

»Dann werden wir Hungers sterben, mein Freund,« versetzte Olympia, »und erlauben Sie mir, Ihnen zu sagen: es kann Gott nicht angenehm sein, daß verheiratete Geschöpfe, die ihn ehren und gerade durch die Reinigung ihrer Liebe verherrlichen . Hungers sterben, das heißt, ihr Leben in dieser Welt verlieren, um ihr Heil in der andern zu sichern.«

»Nein,« erwiderte Champmeslé, aber gerade weil das Gott nicht angenehm sein kann, schickt Gott, merken Sie wohl, denjenigen, welche Hungers sterben, immer seinen Beistand, wenn der Beistand verdient ist, oft auch, wenn er nicht verdient ist.«

»Oh!« machte Banniére mit einer Miene des Zweifels den Kopf schüttelnd.

»Gott ist sehr gut,« sagte Olympia mit demselben Gefühle, »doch er spricht: »»Hilf dir, und der Himmel wird dir helfen.««

»Aber,« rief Champmeslé, den man durch diesen aus der heiligen Schrift gezogenen Beweisgrund für geschlagen hätte halten können, »wären Sie Gott nicht sehr dankbar, wenn er Ihnen, das Mittel gäbe, Ihr Heil zu machen, Indes Sie glücklich leben, mit einander, Hand in Hand, wie Sie es in diesem Augenblicke sind, so lange leben würden, bis Banniére irgend eine ehrenhafte Stellung findet, wie sie ein Mann von seiner Bildung notwendig finden muss, oder bis sich für Sie eines der Ereignisse zuträgt, welche das Angesicht eines Geschickes verändern?«

»Lieber Herr von Champmeslé, wir wären hierdurch in der Tat sehr glücklich,« antwortete Olympia; »wir wären Gott hierfür in der Tat sehr dankbar, aber wo ist das Mittel? Glauben Sie mir, dadurch, daß wir unsere Hände für die Träumerei und die Liebe vereinigt hatten, wie sie es sind, werden wir nicht dazu gelangen, die beglückte Existenz zu erwerben, die Sie uns versprechen.«

»Wer weiß?« versetzte Champmeslé.

«Oh! Herr von Champmeslé, ich weiß, es gibt viele Schätze in der Liebe Gottes, das sind aber keine zeitliche Schätze. Diese trifft man zuweilen ans Erden. Man findet eine Perle in einer Auster, eine Börse aus der Landstraße, eine Erbschaft in der Schublade eines Notars: doch außerhalb dieser Welt, Herr von Champmeslé, finden arme Liebende wenig, um materiell davon zu leben, und fragen Sie Banniére, ob er nicht so lange als möglich materiell zu leben geneigt ist.«

»Bei meiner Treue, ja; ich bin so glücklich!«

«Wohl denn, hören Sie, »sprach Champmeslé. »Nehmen Sie einen Augenblick an, gerührt von Ihren guten Willen, gewähre Ihnen Gott die Verwirklichung von einem dieser Wunder; nehmen Sie an, Sie finden auf Ihrem Wege, das eine oder das andere, einen von den zeitlichen Schätzen, welche Ihnen mehr zu gefallen scheinen, als die der Gnade. . .«

»Nehmen wir das nicht an, mein lieber Herr an Champmeslé,« erwiderte Banniére, »denn das ist gerade die Annahme, die ich mit mehr Wahrscheinlichkeit des Gelingens gemacht, als ich in diesem Augenblicke habe.«

»Und wann dies?«

»So oft ich Geld von meiner teuren Olympia angenommen habe, um zum Spiele zu gehen. Wenn Gott für mich ein Wunder tun würde, sagte ich, und ich gewänne ein Vermögen. . .«

»Nun?«

»Nun, mein lieber Abbé, Ich habe immer verloren. Was Gott nicht für mich tat, wenn ich mir half, wird er ebenso wenig tun, wenn ich das Glück schlafend erwarte, wie es Herr von La Fontaine, der Mitarbeiter Ihres Großvaters, räth! Oh! hätte ich alle die Summen, die ich wahnsinniger Weise verloren habe!«

»Sie haben sie verloren, mein guter Freund,« entgegnete Champmeslé, dem sichtbar daran lag, Banniére zu überzeugen, »Sie haben sie verloren, weil Gott es nicht liebt, daß man spielt.«

»Aber,« bemerkte Banniére,«diejenigen, welche sie mir abgewannen, spielten auch.«

»Diese haben vielleicht, indem sie gewannen, mehr verloren als Sie. Doch lassen Sie eine Annahme zu.«

»Falls sie zulässig ist, soll es wir ganz lieb sein,« sagte Banniére, »Das Pfeifen bei Mithridates hat mich das Beifallklatschen bei Herodes vergessen lassen.«

»Ich will sie Ihnen also zulässig machen, Kleingläubiger!« sagte lächelnd Champmeslé. »Wie viel brauchen Sie, um glücklich zu sein, Beide ein Jahr lang sehr glücklich?«

»Drei tausend sechs hundert Livres,« antwortete Olympia mit Bestimmtheit; »Jedermann kann mit dieser Summe leben, und wir wie die Anderen. Wir werden eine abgelegene Wohnung nehmen, wir werden Niemand Empfangen, wir werden allein ausgehen, wir werden nicht reisen.«

»Kurz, wir werden sehr glücklich sein,« sprach Banniére, indem er Olympia verliebt anschaute.

»Nun wohl,« fuhr Olympia fort, »diese Summe haben wir für ein Jahr, Ein Jahr, das sind dreihundert und fünfundsechzig Tage für die Verliebten, wie für die Andern. Wollen Sie, daß wir Ihnen für den Dienst, den Sie uns geleistet haben, versprechen, dreihundert fünfundsechzig Tage darauf zu warten, daß Gott ein Wunder für uns tut? wir werden warten: aber am dreihundert und fünfundsechzigsten Tage müssen wir wohl. . .«

Champmeslé schüttelte auch den Kopf.

»Sie müssen nicht so urteilen,« sagte er, »das hat Sie bis jetzt zur Verschwendung geführt und würde Sie abermals dazu führen; eine Krankheit, welche einen zustößt, kostet viel und vermindert die Zeit des Glückes.«

»Ja, allerdings,« versetzte Olympia, »man müsste zwei bis drei Jahre gesichert haben, denn dann.

Und sie hielt, lächelnd bei einem Gedanken, der sich ihrem Geiste bot, ein.

»Das ist auch meine Ansicht,« sprach Banniére, »doch man hat nur das, was man hat. Ich wiederhole noch einmal, das Theater wird uns diese Schätze von der Landstraße, von denen wir so eben sprachen, ersetzen, und zwar mit dem Vorteil der Regelmäßigkeit.«

»Versprechen Sie mir,« sagte Champmeslé, »das Sie, wenn Sie eine Gewissheit von zwei bis drei Jahren haben, nicht zum Theater zurückkehren werden?«

»Oh! gewiß nicht,« rief Banniére: »nicht wahr, Olympia, wir würden nicht mehr zum Theater zurückkehren?«

»Nein,« sagte diese, »ich kenne in Lyon ein Häuschen an der Saone, es hat eine Mauer gegen den Halleiweg, Bäume verbergen es vor dem andern Ufer, man hört nur das Geräusch der Pferde, welche mühsam das steile Ufer hinansteigen; es ist ein grünes Nest voll Frische und Ruhe. Dieses Häuschen würde fünfhundert Livres jährlich Miethe kosten. Man würde es mit dem vierten Teile meiner Meubles königlich ein, richten; es würden Banniére und mir dreitausendeinhundert Livres jährlich bleiben. Ich habe keine Ausgaben mehr für die Toilette, denn ich besitze Kleider und Spitzen für zehn Existenzen wie die meinige; Banniére würde nur einen Rock von Sammet für den Winter, zwei seidene für den Sommer brauchen; fünfhundert Livres für unsere Wäsche und die Nähereien: bleiben zweitausend fünfhundert Livres; wir würden zwölfhundert Livres für die Nahrung von Herrschaft und Köchin ausgeben; mit dem Lohne von dieser werden dreizehn hundert Livres für unsere Tasche und für unvorhergesehene Ausgaben bleiben.«

»Oh! welche Freude!« rief Banniére. »Drei Jahre dieser Existenz! Man könnte hernach sterben.«

»Man würde nicht sterben,« sagte Olympia.

»Sie haben also unbekannte Quellen, liebe Olympia?« fragte Banniére.

»Ja, die ich Ihnen nennen werde, wenn wir unsere drei Jahre gesichert haben,« erwiderte Olympia.

»Nun wohl,« sagte Champmeslé, der nur den Augenblick zu erwarten schien, um sich zu erklären, »versprechen Sie mir, ein wenig oft an Gott zu denken?«

»So oft wir an unser Glück denken werden, lieber Herr von Champmeslé,« antwortete Olympia.

»Wohl!« sprach Champmeslé mit einem Zittern der Stimme, das alle seine Befürchtungen nannte und alle seine Zögerungen erklärte, »ich habe hier in dieser Tasche eine Börse und ein kleines Portefeuille; sie enthalten sechstausend Livres, die ich den Armen geben wollte, als ich das Gelübde ablegte. Ich hatte mir vorgenommen, sie an dem von mir so sehr ersehnten Tage auszuteilen, wo ich das erste Mal die Messe lesen würde. Das ist heute. Diese Messe, mit welcher meine Laufbahn beginnt, an deren Ende ich das Heil zu finden hoffe, habe ich gelesen. Die Armen fehlen, oder vielmehr, es gibt keine andere Arme hier, als Sie. . . Unterbrechen Sie mich nicht. Sie sind wirklich gute Arme, und ich biete Ihnen meine alten Louis d'or und diese zwei Kassenbilletts an.«

»Ah!« rief Banniére, »unmöglich!«

»Wie, unmöglich!« versetzte Champmeslé; wissen Sie wohl, was Sie da sagen, und haben Sie die Wohltätigkeit ein wenig erwogen, um mir so zu antworten?«

»Sie werden aber tausend Glückliche mit diese, sechstausend Livres machen.«

 

»Ja, Glückliche eines Augenblicks, und nicht mehr, Ihnen dagegen gebe ich das vollständige Glück auf zwei Jahre.«

»Oh! wir werden es nicht annehmen,« erwiderte Banniére, während er Olympia anschaute, um so ihren Augen die Kraft zum Annehmen oder Ausschlagen zu schöpfen.

»Sie werden nicht annehmen, was ich für den Dienst Gottes tue!« fuhr Champmeslé fort; »Sie werden mir nicht erlauben, zwei Seelen zu retten,«

«Herr von Champmeslé,« sprach Olympia, .ich nehme es an, weil ich den ganzen Wert Ihres Almosens begreife. Ja, Sie haben Recht, mit Geld retten wir Beide unsere Tugend. Ich nehme an.«

Die Augen des würdigen Abbé glänzten vor Freude. Er ergriff die Hand von Olympia, ließ die Börse in das Portefeuille darein gleiten, küsste diese Hand auf eine galante Manier, welche noch an den weltlichen Menschen in seiner Frömmigkeitsbegeisterung erinnerte. Olympia lächelte.

»Und nun, unser würdiger Freund,« sprach sie, »nun muss ich Sie ganz belohnen, ich muss Ihrem Edelmut seinen vollen Preis, Ihrem Zartgefühl seinen ganzen Wert geben. Ohne Ihre sechstausend Livres, . mein lieber Herr von Champmeslé, reisten wir glücklich ab, jedoch ohne Horizont. Heute fehlt unserem Glück nichts. Mit dreitausend sechshundert Livres lebten wir mit Schwierigkeit ein Jahr; mit neuntausend sechshundert Livres werden wir wenigstens vier leben, und in unsrem Alter sind vier Jahre die Ewigkeit. Was ich Ihnen nicht sagte, Banniére, was Sie aber vielleicht wissen, ist, daß ich von Adel bin, daß ich, obgleich enterbt, noch ein paar alte Oheime habe, welche im Stande sind, mir jeder hunderttausend Livres zu hinterlassen, an dem Tage, wo ich, meinen Mann am Arme, mein Kind an der Hand, hingehe und sie lieber Oheim nenne. Nun! drei Jahre warten, ohne etwas von ihnen zu verlangen, das ist viel. Im vierten Jahre werden wir unsere Pilgerfahrt beginnen. Und es müsste sehr unglücklich gehen, wenn unter Dreien nicht Einer wäre, der für mich täte, was für den verlorenen Sohn geschehen ist, der nicht die Thür öffnen und das fette Kalb schlachten würde.«

»Ich hatte also Recht,« rief Champmeslé, »und ich habe dieses Geld, das mir unnütz war, gut angelegt.«

»Aber, lieber Abbé!,« sagte Banniére, »erinnern Sie sich wohl, wenn wir Ihre sechstausend Livres annehmen, so geschieht es, wie bei Ihren zehn Thalern, unter dem Titel einer Darleihe.«

»Die Priester, mein lieber Banniére, sollen nie leihen.«

»Doch Sie haben auch eine Familie?« sagte Olympia.

»Keine.«

»Er wird bis zum Ende Recht behalten,« sprach Olympia mit einem reizenden Lächeln; »es ist aber spät oder vielmehr früh. Nun, da er uns nichts mehr zu geben hat, wollen wir den Schmarotzern der Welt und den Vögeln des Feldes nachahmen: da das Brot gekrümelt und verzehrt ist, so wollen wir entfliegen.«

Hiernach umarmten sich diese drei so guten, so glücklichen Wesen auf das Herzlichste. Banniére wollte Champmeslé durchaus zurückführen, doch dieser schlug es aus. Er hatte sein Bett beim Geistlichen der Kapelle Notre-Dame-de-Lorette. Er war es im Gegenteil, der seine Schützlinge bis zu dem Fiacre geleitete, mit dem sie nach der Wohnung von Olympia fuhren, – und nach Erfüllung eines so guten Werkes kehrte er ins Pfarrhaus zurück und schlief als ein Gerechter.

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