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Olympia von Clèves

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XXIII.
Das Blatt verschwindet

Doch Alles nutzt sich ab, selbst das Gute, das durch das Böse hervorgebracht wird. Ehe vierzehn Tage vergingen, bemerkte Olympia, daß ihr Geliebter sie mehr als je liebte: aber sie bemerkte auch, daß Banniére mehr Spieler war, als er es je gewesen.

Banniére war, um uns einer ganz modernen Phrase zu bedienen, die wir anwenden, weil sie unsern Gedanken vortrefflich ausdrückt, Banniére war unmöglich geworden.

Kein Theater mehr, keine Konversation mehr. Banniére träumte oder seufzte, wenn er nicht spielte, oder wenn er nicht, um Verzeihung für einen neuen Fehler zu erhalten, mit gefalteten Händen um Liebe bat.

Und während er sich so selbst zu Grunde richtete, warf der Abbé, mit dem Bewusstsein des Übergewichts seiner Stellung, jeden Tag einen Stein in den Garten der schönen Chimären seines Nebenbuhlers.

Olympia fand eines Abends ihr Silberzeug an seinem gewöhnlichen Platze.

Sie konnte sich eines Freudenschreis nicht erwehren; seit drei Tagen wusste sie nicht, wie sie sich in ihrer Philosophie wenden und drehen sollte, um sich an diese Entbehrung zu gewöhnen.

Sie rief Claire, um zu erfahren, wer dieses Silberzeug während ihres Schlafs oder während ihrer Abwesenheit zurückgebracht habe.

Claire wusste nicht, was man sagen wollte,

Sie rief die Coiffeuse.

Die Coiffeuse behauptete, der Kasten mit dem Silberzeug sei nie vom Buffet gekommen.

«Ich habe aber dieses Silberzeug verkauft, an den Juden Jacob verkauft,« entgegnete Olympia.

»Das ist unmöglich, Madame, da es sich an demselben Platze findet, wohin es Madame zu stellen pflegte,« erwiderte die Coiffeuse; »Madame hat es nicht verkauft.«

»Jacob,« sagte ganz leise Banniére, »derjenige, an welchen ich die Juwelen und den Ring verkauft habe, der gewöhnliche Handelsmann des Herrn Abbé d'Hoirac?«

Ein Schauer und ein Verdacht liefen mit einander über das Herz von Banniére, doch er hielt seine Einbildungskraft, welche umherzuschweifen bereit war, zurück, da er sich nicht der ganzen Bitterkeit seiner Vermutungen hingeben wollte.

»Olympia hatte einiges Geld verborgen, mit dem sie das Silberzeug wieder erkauft haben wird,« dachte er. »Wer sagt sogar, daß sie es verkauft hat? Kann sie mir nicht mit diesem Opfer bange gemacht haben? Es liegt im Charakter der Frauen, sich beklagen zu lassen.«

Und dieses Sophisma genügte, nicht um den Argwohn von Banniére einzuschläfern, doch um ihn zu betäuben.

Diesen Abend kam der Abbé, wie gewöhnlich, um seine Partie Triktrak und seine Partie am Musikpulte zu machen.

Der Abbé wurde von Herrn und Madame Banniére sehr gut aufgenommen.

Es war ein herrlicher Mann, der immer einen frischen Gedanken hatte, dieser Abbé d'Hoirac. Unfähig, bei etwas stehen zu bleiben, ohne einen großen natürlichen Geist zu haben, fand er durch beständiges Suchen diesen Geist, den er nicht hatte.

Er besaß überdies reizende Mittel für Alles; war ihm eine Promenade als Thema gegeben, so fand er Haltepunkte, um Erfrischungen dahin bringen zu lassen; er fand Spiele, Tänzerinnen, Bärenführer, Schaukeln, Wahrsager. Er wusste, wie man einen Fisch in allen Ländern der Erde zurichtet; er hatte achtzehn Mittel, um die Eier sieden zu machen; er roch auf eine Meile den guten Wein und das gute Lager; er gab eine Blume nicht, wie ein Anderer sie gegeben hätte; er würzte sie immer mit irgend einem Geschenke, das die Blume kostbar machte; er würde, hätte er zur Zeit von Augustus gelebt, die Strauß-Etuis erfunden haben, welche die römischen Damen als Scheide den Blumen gaben, die Lucullus aus Asien zurückgebracht hatte, und deren milchartiger, ätzender fast die patrizischen Hände gelb machte.

Nie trat der Abbé in eine Gesellschaft, welche es auch war, ein, ohne eine Neuigkeit zu bringen oder einen Vergnügens plan zu entwickeln.

An diesem Abend gewann er Olympia einen Louis d'or ab, und er sagte zu ihr:

»Das macht nur noch hundert und neun und neunzig Louis d'or, Madame Banniére.«

»Was wollen Sie damit sagen?« fragte Olympia.

»Ja, Herr Abbé,« versetzte Banniére, »was verstehen Sie unter diesen hundert und neun und neunzig Louis d'or?«

»Ich will damit sagen,« erwiderte der Abbé, seiner Gewohnheit gemäß auf die Füße von Banniére tretend, »ich werde Ihnen am Montag, wenn Sie den Louis d'or, den Sie so eben verloren, behalten, hundert und neun und neunzig weitere Louis d'or zu bringen haben.«

»Wie beliebt?« fragte Olympia errötend.

»Wie beliebt?« fragte Banniére erbleichend.

»Ah! es ist wahr, Sie wissen nicht!« sagte der Abbé.

»Was?« fragten gleichzeitig die zwei jungen Leute.

»Sie wissen nicht, daß ich eine Benefice Vorstellung aus nächsten Sonntag veranstaltet habe,« fuhr der Abbé ruhig fort.

»Wie so?« rief Olympia ganz erstaunt.

«Ah! hören Sie. Baron kommt in dieser Woche nach Chalons. Ich habe ihm durch meinen Intendanten schreiben lassen, um ihn zu bitten, bis nach Lyon zu reisen und zu Ihrem Benefize zu spielen.«

»Nun?« fragte Olympia.

»Nun! er hat geantwortet, er werde sehr gern mit Ihnen und für Sie spielen, Madame.«

»Dies Alles sagt mir aber nicht, wie Sie mir Montag gerade zweihundert Louis d'or schuldig sein werden.«

»Warten Sie doch.»

Das Gesicht von Banniére erheiterte sich wieder, das von Olympia blieb allein sorglich.

»Sobald ich die Antwort von Baron gehabt habe, habe ich eine Spekulation gemacht,« fuhr der Abbé fort.

»Eine Spekulation! Sie!« rief Olympia; »oh! Sie sehen mir gerade aus wie ein Spekulant!«

»Es ist aber, wie ich Ihnen zu sagen die Ehre habe, Madame.«

Olympia schüttelte den Kopf, doch der Abbé, welcher kurzsichtig war, gewahrte die Bewegung nicht.

Er fuhr fort:

»Urteilen Sie, ob ich richtig vorhergesehen habe. Ich fing damit an, daß ich den ganzen Saal mietete, und zwar um einen sehr niedrigen Preis, denn man wusste nicht, was ich damit machen wollte. Beim ersten Wort, das ich in der Gesellschaft in Betreff dieser außerordentlichen Vorstellung sagte, hat man von mir dreimal so viel Logen und Plätze verlangt, als der Saal enthält. Ich habe die Preise verdreifacht, – nichts Anderes. Das sind vierhundert Louis d'or, welche die Vorstellung eintragen wird. Da ich den ersten Gedanken dieses Benefize gehabt habe, so werde ich es mit Ihnen teilen. Das ist arabisch, das ist türkisch, das ist mohrisch, das ist genuesisch, das ist jüdisch, ich weiß dies Alles wohl; aber hören Sie doch, derjenige, welcher die Idee findet, verdient auch wohl Etwas. Ich schätze nun dieses Etwas zur Hälfte, und da die Idee vierhundert Louis d'or wert ist, so werden zweihundert Louis d'or für mich und zweihundert für Sie sein.«

Olympia bewunderte und überlegte.

Banniére hörte nur das, was man ihm sagte.

Er klatschte in die Hände und umarmte den Abbé.

»Ich wette,« sagte dieser, während er ihm abermals die Füße zerquetschte, »ich wette. . . verzeihen Sie, lieber Herr Banniére. . . Madame Banniére verdunkelt Baron, und Baron wird machen, daß man sie bei der Comédie-Francaise engagiert, so daß wir Alle Millionen in der Hauptstadt gewinnen werden.«

»Oh! Schmeichler!« rief Olympia.

»Sprechen Sie, habe ich nicht Recht, Herr Banniére?«

»Hundertmal Recht, Herr Abbé!« erwiderte Banniére mit Begeisterung.

Denn er sah in den zweihundert Louisd'or, welche die Vorstellung eintragen sollte, ein Vierteljahr des Glücks mit Olympia.

»So lange sie nichts wünscht,« sagte Banniére zu sich selbst, »oder so lange sie haben kann, was sie wünscht, bin ich sicher, daß sie mich eben so sehr und sogar mehr als einen Andern lieben wird.«

Ach! der arme Banniére hatte das Ende seiner Qualen noch nickt erreicht.

Von diesem Augenblick an beschäftigte sich der Abbé mit der Vorstellung wie der Director einer Truppe.

Er komponierte das Schauspiel, teilte die Rollen aus, ließ die Schneider und die Sticker arbeiten, ordnete die Inszenierung und fehlte bei keiner Probe.

Nie hatte ein König einen Leibwachmann ähnlich dem, welchen Olympia bis zu diesem seligen Sonntag nach sich schleppte.

Mit Hilfe dieses Leibwachmannes, der zu gleicher Zeit ein mit seinem Stabe bewaffneter Genius zu sein schien, hatte sie nicht einmal einen Wunsch auszusprechen, oder wenn sie einen aussprach, war er aus der Stelle erfüllt.

Eine Folge hiervon war, daß Banniére, als er den Abbé so eifrig um Olympia bemüht sah, wieder eifersüchtig wurde.

Er erlaubte sich verschiedene Kritiken über die Inszenierung und den Geschmack des Abbé.

Doch der Abbé hatte einen äußerst gut gearteten Geist; er nahm ohne irgend einen Ärger die boshaften Bemerkungen von Banniére auf.

Er gab sich den Anschein, als hörte er gar nicht diejenigen, welche die offenbare Absicht hatten, unangenehm zu sein.

«Wie glücklich sind Sie, daß Sie gute Augen haben, mein lieber Herr Banniére,« sagte der Abbé. »Von meinem schlechten Gesicht rührt die Hälfte der Dummheiten her, die ich mache.«

Der Tag der Vorstellung kam endlich.

An diesem Tage machte sich der Abbé zum Anführer der Claqueurs.

Der Abbé war offenbar ein Mann, der zu Allem taugte. Wie Banniére, hatte er seinen Beruf verfehlt, und dennoch standen sein schwarzer Rock, sein Mäntelchen und sein Überschlag so gut zu seinen weißen, fleischigen Händen, zu seiner aufgestülpten Nase, zu seinen Wangen, die so frisch wie die einer Blutpfirsich, daß es Schade gewesen wäre, ihn In einer andern Tracht, als der seinigen, zu sehen.

Er machte sich also zum Anführer der Claqueurs und leitete den Enthusiasmus so, daß Baron zufrieden, Olympia aber entzückt war.

Die Blumen, die Kränze, die Freunde zum wütenden Klatschen mit den Händen und Stampfen mit den Füßen beschäftigten ihn viel mehr, als die Einnahm«.

Aber Banniére bekümmerte sich um diesen Punkt, der, nur Nebensache für den Abbé, dies für ihn nicht war. Vor Allem erhob er von dieser Einnahme zwanzig Louis d'or, die er In seine Tasche steckte, um in die Akademie zu laufen und ein wenig seine Martingale zu versuchen, und zwar immer in der Absicht, ein hunderttausend Livres reinen Gewinn zu machen, während man Olympia dort beklatschte.

 

Doch man kann nicht zugleich aus allen Seiten gewinnen. Die zwanzig Louis d'or währten keine Stunde. Beim zwanzigsten stand er auf und suchte mit den Augen seinen bösen Genius die Katalane.

Zum Glück war sie nicht da, sonst hätte er ihr unfehlbar den Hals umgedreht, um sich einmal ihrer zu entledigen.

Während Banniére mit seinen von der Einnahme erhobenen zwanzig Louis d'or, zum Spiel lief, stürmte der Abbé an der Spitze der Beklatscher und sicherte den Sieg von Olympia über Baron.

Das ließ sich nicht so leicht durchführen, obgleich um jene Zeit der berühmte Tragiker, nahe daran, nicht nur von der theatralischen Szene, sondern auch von der Szene der Welt zu verschwinden, sieben und siebzig Jahre alt war.

Was ihn nicht abhielt, den Achilles in Iphigenie zu spielen.

Als die Vorstellung beendigt war, setzte Baron, ein Mann von Geist, den Kranz, den man ihm zugeworfen, Olympia auf den Kopf; nur schlug er es aus, bei seiner Genossin zu Nacht zu speisen, indem er seinen schwachen Magen vorschützte.

Olympia ließ Banniére überall suchen.

Sie war unruhig, daß sie ihn nicht sah, unruhig besonders über das Verschwinden der fünfhundert Livres, welches Verschwinden andeutete, daß Banniére, trotz seiner Schwüre, wahrer Spielerschwüre, in die Akademie zurückgekehrt war.

Dieser Verlust von zwanzig Louis d'or war nichts für Olympia, aber der stufenweise Verlust des Zartgefühls ihres Geliebten war viel für sie.

Von Zeit zu Zeit, mitten unter ihrem Triumphe, seufzte sie, als ob sie ein Unglück geahnt hätte.

Wir haben gesagt, Banniére sei aufgestanden, um zu sehen, ob er die Katalane nicht erblicke.

Er erblickte sie nicht, doch er erblickte einen Freund vom Spiele. Der Freund war bei Mitteln und lieh Banniére zwanzig andere Louis d'or.

Banniére fing wieder an nach Herzenslust zu spielen.

XXIV.
Die Serenade

Besser zu Rathe gehalten, währten die zwanzig Louis d'or von Banniére, oder vielmehr von seinem Freunde, diesmal vier Stunden.

Nach Verlauf von vier Stunden, nachdem er zwanzigmal beinahe die hunderttausend Livres gewonnen gehabt hätte, auf die er sein Trachten zu beschränken genötigt war, hatte Banniére die zwanzig Louis d'or verloren.

Er ging wütend weg.

Diese Wut werden wir nicht zu schildern versuchen: sie verdoppelte sich durch alle Leiden der Eitelkeit.

Schon verspottet, schon gedemütigt, schon begnadigt wegen eines ähnlichen Verbrechens, kehrte er mit der Scham eines Spitzbuben zurück, nachdem er geschworen, kein Dieb mehr zu sein.

Die Verzweiflung bemächtigte sich seiner. Als er über eine Brücke kam, hatte er fast Lust, sich zu ertränken.

Doch um sich zu ertränken, war Banniére noch zu sehr verliebt. Bei Banniére beherrschte die Liebe alle Gefühle. Was ist die Ehre für einen Wahnsinnigen?

Banniére ertränkte sich also nicht und kehrte mit langsamen Schritten zu Olympia zurück.

»Arme Frau,« sagte er zu sich selbst, »ich bin der Einzige, der bei ihrem Triumphe gefehlt haben wird; ich bin der Einzige, der sie nicht beklatscht, nicht beglückwünscht haben wird. Sie erwartet mich wie das letzte Mal, sie wird mich Ausschelten, doch ich werde mich unter ihrem Schelten beugen; ich werde mich zu ihren Füßen legen, und sie wird mir abermals verzeihen. Sie wird wohl sehen, daß ich verflucht bin. Und dann, fortan keine Versuche mehr, um aus unserer Not herauszukommen! Nein, sie gelingen zu schlecht. Olympia zeigt mir den Weg: sie arbeitet; ich werde ihr nachahmen. Dieses Glück, das wir verfolgen, und das uns flieht, wird vielleicht kommen, wenn wir es nicht mehr suchen.«

Und er fuhr mit einer eiskalten Hand über seine brennende Stirne.

»Tausend Livres!« rief er; »zwei von unseren Monaten in vier Stunden verbraucht! Oh! diesmal wird mich Olympia wenigstens nicht beschuldigen, ich habe sie zu Grunde gerichtet; denn von den hundert Louis d'or, zu welchen die Einnahme versichert war, habe ich nur zwanzig genommen. Allerdings bin ich zwanzig andere schuldig. Bah! diese zwanzig gebe ich von meinem ersten Gewinn zurück. Man kann nicht immer verlieren.«

Man sieht, in weniger als zehn Minuten schwur Banniére, nicht mehr zu spielen, und gelobte sich, das Geld, das er geborgt hatte, von seinen Spielgewinnen zurückzubezahlen.

Während Banniére diese Gedanken in seinem Geiste hin und her wälzte, ging er immer weiter nach seiner Wohnung.

Die Nacht war finster: es schlug ein Uhr im Carmeliter-Kloster, dessen Thürme die Aussicht vom Balkon von Olympia begrenzten.

Als die letzten Klänge des Erzes in der Luft verstummt waren, horchte Banniére noch fortwährend.

Es kam ihm vor, als folgte ein anderer Ton, welcher nicht der der Glocken war, auf diesen.

Banniére blieb nicht lange im Zweifel.

Es war der Schall von Instrumenten, mit dem sich eine ziemlich harmonische Stimme vermischte.

Banniére hörte die ganze Symphonie, als er in seine Straße gelangte.

Als er die Symphonie gehört hatte, suchte er die Symphonisten.

Sie hatten sich unter den Fenstern des Schlafzimmers von Olympia ausgestellt.

Banniére liebte in diesem Augenblick nicht viel in der Welt, und die Musik noch weniger als das Übrige. Nichts konnte in der Tat seine Nerven unangenehmer reizen, als der schmerzliche und zugleich süßliche Ausdruck der Flöten und der Geigen, welche die Gitarre des Hauptmusikers begleiteten.

Diese Gitarre selbst begleitete die Stimme, welche Banniére beim Eintritt in die Straße bemerkt hatte, eine Stimme, die er schon irgendwo gehört zu haben glaubte. Als er näher kam, erkannte er wirklich im Gitarristen, Sänger und zugleich Orchesterches, als Kavalier gekleidet, den Abbé d'Hoirac, der eine schmachtende Miene angenommen hatte, schmachtende Stellungen affektierte und seinen Hals gegen den Balkon drehte.

Die Arie war lang, schwierig, und, es ist nicht zu leugnen, der Abbé sang sie sehr gut.

Hinter ihrer halb aufgehobenen Jalousie erschien, leicht erkennbar, da sie sich nicht zu verbergen suchte. Olympia, weiß gekleidet, und obgleich Banniére den Ausdruck ihres Gesichts nicht zu unterscheiden vermochte, bezweifelte er doch nicht, sie müsse lächeln.

Die Einbildungskraft und besonders eine eifersüchtige Einbildungskraft ist so mächtig, daß Banniére dieses Lächeln durch die Jalousie sah.

Die Wut drang so rasch in sein Herz ein, als die Harmonie in seine Ohren.

Das schwierige Stück endigte gerade mit den Worten:

Belle Philis, dis moi: Je t'aime!
Et je n'ai plus rien a chauter. 11

Der Abbé d'Hoirac, nachdem er, wie es bei jedem Finale der Gebrauch ist, die zwei letzten Verse ein Dutzend Mal wiederholt hatte, hielt inne und schloß mit einem Orgelpunkte, der Banniére vollends in Verzweiflung brachte.

Er stürzte auf d'Hoirac los und rief mit einer Donnerstimme:

»Ah! Sie haben nichts mehr zu singen! nun, so tanzen Sie!«

Wonach er ihn an der Gurgel packte.

Der Abbé sah nichts und hatte überdies den Nachtheil, daß er überfallen wurde, was ihn indessen, denn er war mutig, nicht abhielt, sich mit seiner Gitarre gegen diesen Feind der Musik zu verteidigen, der so aus dem Boden hervorkam.

Die Symphonisten wollten ihrem Ches Hilfe leisten, allein Banniére hatte hundert Arme wie Briareus; er zerbrach zwei bis drei Geigen, verdrehte fünf bis sechs Flöten, was auf der Stelle alle Musiker in die Flucht schlug, denn im Allgemeinen fürchtet ein Musiker mehr für sein Instrument, als für seine Haut.

Am Geschrei von Olympia erkannte der Abbé am Ende Banniére. Er griff ihn mutig mit Gitarrenstreichen an, denn der Abbé war reich genug, um nicht für sein Instrument zu fürchten; doch Banniére entriss die Gitarre seinen Händen und schlug sie ihm aus seinem Kopf entzwei.

»Sie sind sehr glücklich, daß ich keinen Degen habe,« sagte der Abbé, als er den Schlag empfing.

»Oh! daran soll es nicht fehlen,« erwiderte Banniére, »Sie können in zehn Minuten einen haben.«

»Dreifacher Dummkopf!« sagte der Abbé, »dreifacher Tölpel! Sie wissen wohl, daß ich mich nicht mit, Ihnen schlagen werde.«

»Und warum nicht?« brüllte Banniére, »sprechen Sie.«

»Einmal, weil ich Sie tödten würde, so kurzsichtig ich bin, da Sie nie einen Degen geführt haben.«

»Wer hat Ihnen das gesagt?«

»Wahrhaftig! das sieht man an Ihren bäurischen Manieren; und dann, Sie wissen wohl, daß ich Abbé bin, und daß ich folglich nicht das Recht habe, das Kleid zu tragen, unter welchem Sie mich beleidigen, so daß ich, wenn ich Sie tödten oder mir aus eine andere Art Gerechtigkeit verschaffen würde, einer doppelten Verurteilung durch die bürgerliche Behörde und durch die kirchliche Behörde ausgesetzt wäre. In dieser Hinsicht also, Herr Bursche, haben Sie als ein Ungezogener und Feiger gehandelt. Doch seien Sie unbesorgt, ich werde Sie wieder erwischen.«

Banniére sah sein Unrecht ein, und die Drohung fürchtend, so leer sie war, ließ er den Abbé los, wonach dieser entfloh.

Die wenigen Fenster, welche die Häuser gegen die Straße hatten, waren auf den Lärmen, den Banniére gemacht, geöffnet worden. Man zündete Lichter an, man schrie, man schmähte.

Das roch nach Scharwache und Gefängnis.

Man sah in der Tat, aus der in der Ecke der Carmeliter-Kirche angehäuften Finsternis hervorkommend, das Lederwerk der Schützen erscheinen, und Banniére hatte nur noch Zeit, in sein Haus durch die Thür zu schlüpfen, die ihm Olympia ganz erschrocken offen hielt.

Die Scharwache kam nach ihrer merkwürdigen Gewohnheit um zehn Minuten zu spät; sie fand daher auf dem Schlachtfelde nur Geigenstücke, Flötentrümmer und den Hals einer Gitarre. Die ehrenwerten Militäre verwickelten sich in die Darmsaiten, fluchten, und dabei blieb die Sache.

Aber sobald er gerettet, war Banniére nur um so wütender.

Er, der zehn Minuten vorher ein Mittel suchte, um Olympia zu besänftigen, hatte das Mittel gefunden, sie anzuklagen.

Er nahm, als er in seiner Wohnung war, die majestätische Stellung an, die er annehmen konnte, kreuzte die Arme und begann zu verhören.

Olympia, die sich Anfangs zärtlich erkundigt hatte, ob er verwundet sei, wandte ihm, plötzlich in dem Interesse gehemmt, das sie diesem Besessenen bezeigte, den Rücken zu, sobald er den Händelsucher machen wollte.

Banniére ärgerte sich über dieses verächtliche Stillschweigen noch viel mehr, als er sich über eine hitzige Antwort geärgert hätte. Er lief Olympia, die wieder in ihr Zimmer ging, nach und hielt sie ungeschlacht am Arm zurück.

Die junge Frau erbleichte zugleich vor Schmerz und vor Scham und stieß einen Schrei wie eine verwundete Löwin aus, worauf ihre drei Dienerinnen herbeiliefen.

Banniére hätte sein Leben gegeben, um diese drei schwachen, Geschöpfe zu zermalmen, welche vor ihm standen und seiner Wut Trotz bieten zu wollen schienen.

Nach dem Schrei von Olympia trat auf allen Seiten tiefes Stillschweigen ein.

Unter diesem Stillschweigen schlug Olympia den Aermel ihres Nachtgewandes zurück, und man sah über dem Ellenbogen das bläulich rote Mahl von den Fingern von Banniére.

Die Coiffeuse stürzte sich weinend aus den schönen gequetschten Arm, bedeckte ihn mit Küssen und ergoss sich in Verwünschungen gegen Banniére.

Von Schmerz, Gewissensbissen und Schrecken ergriffen, verschwand Banniére in seinem Zimmer.

Bis am andern Morgen um zehn Uhr herrschte die tiefste Stille im Hause.

Um zehn Uhr klingelte Olympia Claire, und diese eilte in Begleitung der Coiffeuse herbei.

Die Coiffeuse hatte wohl das Haus nach der von uns beschriebenen Szene verlassen, aber sie war am Morgen zurückgekommen.

Claire erhielt den Befehl, das Frühstück bereiten zu lassen.

Die Coiffeuse blieb allein bei ihrer Gebieterin, die sie fragte, was er gemacht habe.

»Oh!« antwortete die Coiffeuse, »er ist schon am frühen Morgen weggegangen.«

Olympia fand, die Antwort der Coiffeuse sei von einer seltsamen Betonung begleitet gewesen, sie habe einen sonderbaren Nachdruck aus dieses er gelegt, und sie dachte vielleicht, dieses er zeige – anzeigendes Fürwort geworden – nicht genug an.

 

»Von wem sprechen Sie?« fragte Olympia trocken, »und wen bezeichnen Sie mit dem er

Die Coiffeuse begriff, daß sie einen falschen Weg einschlug, und daß der Abbé d'Hoirac noch nicht beim er war.

»Ich wollte sagen, der Herr sei ausgegangen,« erwiderte demütig die Coiffeuse, »Aber,« fuhr diese Frau sich belebend fort, »Madame ist bei ihrer Schönheit, bei ihrem Talent, bei ihren Triumphen sehr gut, daß sie sich so unglücklich macht.«

»Wer sagt Ihnen, Ich sei unglücklich, meine Beste?« fragte verächtlich Olympia.

»Ei! Madame, sieht man es nicht?«

»Woran?«

»Daran, daß Sie die ganze Nacht geweint haben.«

»Sie irren sich.«

»Ihre Augen sind halb erloschen, – Augen, welche von der ganzen Stadt bewundert werden.«

Olympia zuckte die Achseln.

»Sie Zweifeln daran, Madame?« fuhr die Versucherin fort.

Olympia antwortete nicht einmal mehr durch eine Gebärde.

»Erfahren Sie also,« sagte die Coiffeuse, »daß es Leute gibt, welche sich tödten ließen, um einen Blick von diesen Augen zu erhalten, denen Sie zu misstrauen scheinen.«

»Oh!« murmelte Olympia, so ausgezeichnet sie war, durch die Schmeichelei oder vielmehr durch das Lob gekitzelt, »oh! ich glaube wenig an an so viel Macht. . .«

Das Lob ist wie der Wohlgeruch; von welcher Seite es kommt, die Frau fühlt es und schätzt es.

»Wenn Sie es versuchen wollten, Sie würden nicht lange daran Zweifeln.«

»Was versuchen?«

»Oh! Madame, überlegen Sie ein wenig; ist es Ihrer würdig, würdig einer Künstlerin von Ihrem Verdienste, einer Frau von Ihrer Schönheit, sich in der Sänfte in das Theater zu begeben, in diesem abgelegenen Quartier zu wohnen, keine Diamanten mehr zu haben, und auf den Tag nach einer Benefize-Vorstellung zu warten, um drei Kleider zu kaufen?«

»Das geht Sie nichts an, meine Werte.«

»So ist es,« rief die Coiffeuse weinend, »machen Sie mir ein Verbrechen daraus, daß ich Sie liebe, und nicht diejenigen liebe, welche sich Ihrem Glücke widersetzen.«

Ach verbiete Ihnen, von diesen Schlimmes zu sagen, hören Sie?«

»Verbieten Sie denselben doch, Ihren schönen Körper zu schwärzen, verbieten Sie denselben, Ihnen Ihr Geld zu stehlen, nicht um es zu verspielen, das wäre nichts, sondern um es, wer weiß mit wem, zu vergeuden.«

Olympia richtete den Kopf auf und fragte:

«Wer belehrt Sie so gut?«

»Wohlunterrichtete Leute, darüber seien Sie unbesorgt, Madame.«

»Nicht wahr, diejenigen, welche ihr Leben geben würden, um einen von meinen Blicken zu erhalten?«

»Und die überdies, was noch solider und folglich noch seltener zu finden ist, Madame, monatlich zehn tausend Livres geben würden, um Sie in Behauptung Ihres Ranges zu unterstützen.«

»Zehntausend Livres monatlich,« versetzte Olympia, ihren Ekel verhehlend; »Sie haben mir also Anträge zu machen?«

»Offizielle, ja, Madame,« erwiderte die Coiffeuse, kühn gemacht durch das, was sie für den Anfang einer Kapitulation hielt; »ja, hundert und zwanzig tausend Livres jährlich, und dies zahlbar vierteljährlich; das erste Vierteljahr liegt bereit, ich habe es gesehen.«

Olympia stand auf, zog ihre schönen Haare aus den Händen der Coiffeuse und sagte zu ihr:

»Mademoiselle, man hat Sie mit einem zu zarten und zu wichtigen Austrage betraut, als daß man Ihnen nicht eine schöne Belohnung versprochen haben sollte. Holen Sie dieselbe, ich bitte Sie, und zwar ohne eine Minute zu verlieren. Gehen Siel«

»Wie?« rief die Coiffeuse erstaunt.

»Ich denke, Sie begreifen mich wohl?«

»Nein.«

»Ich sage Ihnen, Sie sollen mein Haus verlassen, Mademoiselle, und keinen Fuß mehr in dasselbe setzen.«

»Aber, Madame,« erwiderte die Dienstfertige mit leiser Stimme, »der Herr ist nicht dort verborgen, der Herr ist ausgegangen.«

»Ah! ja, Sie können nicht begreifen, daß man im Ernste hundert und zwanzig tausend Livres vierteljährlich zahlbar ausschlägt,« sagte Olympia schwermütig. »Für wen halten Sie mich, wenn ich fragen darf?«

»Aber, Madame, wie mir Claire gesagt hat, empfingen Sie doch von Herrn von Mailly. . .«

»Was ich von ihm forderte, Mademoiselle, und ich forderte viel von Herrn von Mailly, weil ich ihn sehr liebe. Und ich schlage viel aus, um Herrn von Banniére zu behalten, weil ich Herrn von Banniére sehr liebe. Lassen Sie sich das gesagt sein, Mademoiselle, und gehen Sie aus meinem Hause.«

Die Coiffeuse suchte sich, ganz bleich vor Zorn, zu verteidigen.

»Unnötig, ich verstehe Sie,« unterbrach sie Olympia.«Was Sie vor Allem in diesem Augenblicke befürchten, ist, Sie könnten die Prämie verlieren, die Ihnen versprochen worden ist. Ich bin Ihnen also etwas als Entschädigung schuldig. Nehmen Sie diese zehn Louis d'or und . . . leben Sie wohl.«

Die Coiffeuse streckte zuerst die Hand aus, um das Gold in Empfang zu nehmen, aber rasch gewann der Zorn die Oberhand, und sie rief:

»Wie viel Tugend bei einer Frau, die vor einem Jahr mit einem Manne durchging, den sie kaum seit einer Stunde kannte!«

»Ja, ich begreife,« sagte Olympia, »ich begreife sehr gut Ihren Ärger, meine Liebe. Man hat Ihnen zwanzigmal so viel angeboten, als ich Ihnen gebe. Doch nehmen Sie immerhin, und da ich sie ausschlage, so bieten Sie Ihre Dienste der Catalane an: sie werden Ihnen mehr Geld mit weniger Schwierigkeit eintragen.«

Die Augen der Coiffeuse entflammten sich plötzlich.

»Ha!« sagte sie, »Du jagst mich fort und gibst mir solche Ideen ein! Es ist gut, ich werde davon Gebrauch machen!«

Und sie warf die zehn Louis d'or aus den Teppich des Boudoir und enteilte zu der Catalane, welche in der Gegend des Theaters wohnte.

Olympia war, als die Coiffeuse weggegangen, glücklich, nicht das geringste Bedauern darüber zu empfinden, daß sie eine schöne Handlung vollführt hatte.

11Schöne Philis, sage mir: »Ich liebe dich!« und ich habe nichts mehr zu fingen.
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