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Sechstes Capitel

Der Krieg, in den Ferdinand gewilligt, war eine Sache, die ernster behandelt werden mußte. Man mußte den König dahin bringen, daß er sich an die Spitze seiner Armee stellte, und den Krieg persönlich mitmachte.

Der König war, wie ich bereits gesagt, weit entfernt, tapfer zu sein, und wenn ich auch lange in bezug auf die Königin blind gewesen bin, so bin ich es doch hinsichtlich des Königs nie gewesen, besonders da Karoline immer Sorge trug, mich ihren Gemahl immer in seinem wahren Licht sehen zu lassen.

Die Unterhandlungen dauerten lange, aber die Königin und Sir William machten bei Ferdinand geltend, daß es sich für ihn nicht nur darum handelte, die Franzosen zu bekämpfen und die Legitimität aufrecht zu erhalten, sondern auch, wenn er einmal in den römischen Staaten wäre, zu sehen, was bei der Teilung des Erbe des heil. Petrus auf seinen Anteil kommen würde.

Der König willigte endlich ein.

Da man nur auf diese Einwilligung gewartet, so wurde die Armee sogleich in drei Korps geteilt; zweiundzwanzigtausend Mann wurden nach San-Germano geschickt, sechzehntausend in die Abruzzen, achttausend in die Festung Gaëta, und einige Transportschiffe hielten sich bereit, unter Begleitung von Nelsons Geschwader, zehntausend Mann nach Toskana zu bringen.

Diese zehntausend Mann waren bestimmt, den Franzosen den Rückzug abzuschneiden, wenn General Mack sie geschlagen haben würde.

Es ist sonderbar, daß diese drei Armeekorps unter das Kommando von drei Ausländern gestellt wurden. Mack war Oberbefehlshaber, und Micheroux und Damas waren Divisionsgeneräle. Ersterer war, wie man weiß, ein Österreicher, die beiden andern waren Franzosen.

Einundfünfzigtausend Mann waren bereit, in die römischen Staaten einzurücken.

Im übrigen war, wie Admiral Nelson richtig beurteilt hatte, der Augenblick gut gewählt, um die Franzosen anzugreifen.

Das Direktorium, welches durch den Bürger Garat von den feindlichen Absichten des Hofes von Neapel unterrichtet worden, hatte alle Mittel aufgeboten, diesem Angriffe entgegenzutreten. Es hatte soviel Mann, als es nur konnte, von der Armee der zisalpinischen Republik abgesondert, sie nach Rom geschickt und hier das Kommando dem General Championnet übertragen.

Championnet hatte bis dahin nur Unterkommandos gehabt, und war daher noch wenig geschätzt und bekannt. Sein Kommando über Rom, seine Eroberung Neapels machten ihn erst berühmt.

Man versichert, daß im Augenblicke, wo er Frankreich verließ, und wo er, zur Belohnung seiner früheren Dienste, dieses neue Kommando empfing, der Direktor Barras ihm seine Hand auf die Schulter legte und sagte:

»Geh' nach Italien, General, und ich gebe dir mein Wort, daß du beauftragt sein wirst, den ersten König zu entthronen, der sich den Zorn der Republik zuzieht.«

Championnet reiste von Paris ab und kam in dieser Hoffnung nach Rom.

In Rom aber fand er die französische Armee in dem Zustande, den ich schon beschrieben, ohne Brot, Schuhe, Kleidung und Sold. Sie besaß nur neun Kanonen und hundertachtzigtausend Stück Patronen.

Mit der Verstärkung, welche die Armee aus dem zisalpinischen Italien erhalten, bestand sie aus vierzehn- bis fünfzehntausend Mann.

Den 22. November schleuderte der König das berühmte Manifest, welches vom Fürsten Pignatelli Belmonte unterzeichnet und an den Chevalier Priocca, Minister des Königs von Piemont, Carl Emanuel des Zweiten, gerichtet war.

Wie alle Aktenstücke, die vom König ausgingen, war auch dieses von der Königin, dem Generalkapitän Acton und Sir William verfaßt worden.

Heute, wo eine Zeit von zehn Jahren verflossen, das Vorurteil verschwunden und der Haß erloschen ist, erscheint dieses Aktenstück in seinem wahren Charakter. Es ist gleichsam ein Aufruf zum Meuchelmord, und doch rief ich wie die andern diesem Manifeste Beifall zu, als es in Caserta am 20. November 1798 an meinen Augen vorüberging.

Nachdem diese Brandfackel geschleudert war, hatte man weiter nichts mehr zu tun, als ins Feld zu rücken.

Die Königin hatte für ihren Gemahl eine prächtige Generalsuniform machen lassen, und wir besuchten hintereinander die Lager von Sessa und San-Germano, um den König seinen Soldaten vorzustellen.

Diese militärischen Spaziergänge, das Geschrei, welches sich dabei erhob, die Ausrufe: »Es lebe der König! Tod den Franzosen!« verdrehten dem König Ferdinand vollends den Kopf und er verließ uns, indem er der Königin alle Arten kriegerischer Versprechen gab.

Ich muß der Wahrheit die Ehre geben und sagen, daß die Königin trotz dieser Versprechungen wenig davon überzeugt war, und doch, wie schlecht auch ihre Meinung von ihrem Gemahl war, so war sie doch weit entfernt, die Überraschung zu ahnen, welche die Zukunft ihr aufbewahrte.

Wir kehrten nach Caserta zurück, und der König rückte an der Spitze seiner Armee gegen die römische Grenze vor.

Am 24. marschierte die Armee auf drei Punkten in das päpstliche Gebiet ein.

Der rechte Flügel, der sich am adriatischen Meere hinzog, überschritt den Tronto, jagte einen schwachen französischen Vortrab, der hier aufgestellt war, aus Ascoli und schlug die Richtung nach Pontedi in Fermo ein.

Der mittelste Teil der Armee kam die Apenninen über Aquila herab und rückte auf Rieti vor.

Der linke Flügel endlich, bei dem Mack und der König waren, überschritt den Garigliano in drei Kolonnen – bei Isola, bei Ceprano, bei Sant' Agata, und marschierte durch die pontinischen Sümpfe über Valmontone und Frascati unmittelbar gegen Rom.

An demselben Tage, wo die neapolitanische Armee die Grenze der römischen Staaten erreichte, erhielt General Championnet vom Direktorium einen Befehl, der ihm dreitausend Mann nahm, um die Garnison von Korfu zu verstärken.

Vielleicht hätte Championnet diesem Befehl nicht zu gehorchen gebraucht, da die dringende Notwendigkeit denselben unzweckmäßig erscheinen ließ.

Er gab aber die dreitausend Mann und hatte nur noch ungefähr zwölftausend.

Aber zur selben Zeit ließ er die Lärmkanone auf der Engelsburg abfeuern, in der ganzen Stadt Generalmarsch schlagen und traf schnell alle Maßregeln, um einer Gefahr zu begegnen, die sich mit der Schnelligkeit einer Lawine gegen ihn heranwälzte.

Wir erhielten täglich Nachrichten vom König und diese Nachrichten hielten uns über seinen Triumphmarsch unterrichtet.

In der Nacht des 30. November erhielten wir die Nachricht, daß der König den Tag vorher unter wahnsinnigem Jubel seinen Einzug in Rom gehalten. Man hatte seinen Wagen ausgespannt, und das Volk hatte ihn gewissermaßen in seinen Armen bis an den Palast Farnese getragen.

Der Brief des Königs meldete uns, daß der General Championnet Rom verlassen habe, nachdem er fünfhundert Mann in der Engelsburg zurückgelassen und dem Offizier, der sie befehligte, verboten hatte, sich unter irgendeiner Bedingung zu ergeben. Gleichzeitig hatte er ihm sein Wort gegeben, noch vor zwanzig Tagen wieder in Rom zu sein.

Dieses Versprechen machte dem König und besonders dem General Mack großen Spaß.

Ferdinand fügte in einer Nachschrift hinzu, daß das Volk die Patrioten erwürge und ihre Häuser plündere. Er selbst habe zwei Neapolitaner, die Gebrüder Corona, erschießen lassen, von welchen der eine Minister der römischen Republik gewesen.

So ging alles aufs beste.

Auch die Königin befahl, daß ein Te Deum in allen Kirchen Neapels gesungen, die Kanonen als Siegeszeichen gelöst, und die Stadt illuminiert werde.

Zum Lobe der Neapolitaner muß man es sagen, daß diese Befehle mit Begeisterung entgegengenommen und ausgeführt wurden.

Man erinnert sich, daß eine Truppenabteilung von acht- bis zehntausend Mann unter dem Kommando des Generals Naselli auf Transportschiffen nach Livorno abgehen sollte.

Am 22. November verließ wirklich diese Abteilung den Hafen von Neapel unter dem Schutze des »Vanguard«, auf welchem Nelson sich befand, des »Culloden«, des »Minotaurus«, der »Alliance«, des Kutters »Flora«, sowie des portugiesischen Geschwaders.

Kriegs- und Transportschiffe kamen am Nachmittage des 28. Novembers in Livorno an. Die englischen und neapolitanischen Minister machten sogleich ihren Besuch bei dem Admiral. General Naselli forderte die Stadt auf, sich zu ergeben, was um acht Uhr abends geschah.

Diese Aufforderung hatte der General Naselli und der Vize-Admiral Nelson gemeinschaftlich ergehen lassen.

Naselli nahm die Stadt in Besitz, Nelson aber blieb auf seinem Schiffe.

Überdies war Nelson zu verliebt in mich, um lange entfernt von mir zu sein. Darum verließ er Livorno am 30. November und war am 5. Dezember wieder in Neapel.

Am 6. morgens schrieb er dem General-Kapitän Acton einen Brief, in welchem folgender Satz stand, den der Minister sich beeilte, uns lesen zu lassen.

Nelson sah die Dinge in keinem so rosigen Lichte, wie der König von Neapel.

»Hier haben Sie in einigen Worten den Zustand des Landes und die Lage der Dinge,« sagte er. »Die Armee des Königs ist in Rom; Civita-Vecchia ist genommen, aber in der Engelsburg sind noch fünfhundert Mann Franzosen zurückgeblieben. General Championnet steht an der Spitze von dreizehntausend Mann und erwartet die Neapolitaner in einer sehr festen Stellung in Civita-Castellana. General Mack rückt gegen sie mit zwanzigtausend Mann vor. Der Ausgang ist, meiner Meinung nach, zweifelhaft und wird über das Schicksal Neapels entscheiden. Wenn Mack geschlagen wird, so ist das Land in zwanzig Tagen verloren. Der Kaiser hat keinen Mann seiner Armee von der Stelle rücken lassen, und ohne des Kaisers Hilfe kann dieses Land nicht den Franzosen widerstehen. Nur ist es nicht die eigene Wahl, sondern die Notwendigkeit, die den König von Neapel gezwungen hat, aus seinem Reiche zu gehen und nicht zu warten, bis die Franzosen ihre Kräfte gesammelt und ihn binnen einer Woche aus Neapel gejagt hätten.«

 

Zur selben Zeit kamen aus Rom ähnliche Nachrichten; nur der König verkündigte uns das Vorrücken Macks auf Civita-Castellana, aber nicht mit bloß zwanzigtausend, sondern mit vierzigtausend Mann, und es schien uns unmöglich, daß eine solche Überlegenheit der Zahl uns nicht den Sieg sichern sollte.

Überdies war der König seines Erfolges so sicher, daß seine Ruhe uns aller Besorgnis enthob. Seine Briefe waren voll von Beschreibungen von Festen, die man ihm zu Ehren veranstaltet. Wenn er durch die Straßen von Rom schritt, ging er stets auf Teppichen und unter einem Blumenregen. Am Abend herrschte in dem Apollotheater die größte Pracht.

Die Depesche, die uns diese Einzelheiten brachte, war vom 6. Dezember. Wir zeigten sie Lord Nelson, indem wir ihn aufmerksam machten, daß Mack mit nicht nur zwanzigtausend, sondern sogar mit vierzigtausend Mann dem Feind entgegenrückte.

Alles das überzeugte ihn aber nicht. Er hatte gleich bei dem ersten Zusammentreffen mit dem General Mack eine ziemlich schlechte Meinung von diesem gefaßt.

Er verließ uns gegen fünf Uhr abends und wir, die Königin und ich, blieben mit einigen Damen, die unsere gewöhnliche Gesellschaft ausmachten, allein.

Zwischen sieben und acht Uhr, als wir den Tee tranken, hörten wir das Rollen eines Wagens, der unter der Wölbung des Palastes hinfuhr, dann einen großen Lärm von Dienern, welche die Treppen hinabeilten.

Die Königin wurde sehr blaß. Ich sah sie fragend an.

»Ah!« sagte sie zu mir, »ich habe eine Ahnung.«

»Welche, Madame?« fragte ich sie.

»Daß es der König ist, der soeben ankam.«

»Der König? Unmöglich, Madame! Wir haben ja erst diesen Morgen einen Brief von ihm erhalten.«

Die Tür öffnete sich, ein Türsteher meldete:

»Seine Exzellenz der Herzog von Ascoli!«

Der Herzog von Ascoli trat ein. Die Königin und ich stießen einen Ruf des Erstaunens aus. Er trug das Kostüm des Königs. Da er von demselben Wuchse und Alter war wie der König, und da überdies Zwielicht im Zimmer herrschte, so hielten wir ihn auf den ersten Blick wirklich für den König selbst.

Die Königin bemerkte jedoch diesen Irrtum sehr bald und ihr ehelicher Instinkt ließ sie unter dieser Verkleidung etwas Schmachvolles vermuten.

Sie erhob sich und fragte in strengem Tone:

»Was soll diese Maskerade bedeuten, Herzog?«

»Ach, Madame, nichts Fröhliches!« antwortete der Herzog. »Wenigstens ist sie aber ein Beweis, wie sehr ich dem König ergeben bin.«

»Dem König? Und wo ist er, der König?«

»Hier, Madame.«

Die Königin sah mich an.

»Und wo denn hier?« versetzte sie.

»In seinem Zimmer.«

»Ah, ah! Er wagt nicht, sich vor mir zu zeigen, wie es scheint.«

Und nach einem Augenblicke des Schweigens setzte die Königin hinzu:

»Die Neapolitaner sind geschlagen worden, nicht wahr?«

Der Herzog zögerte mit der Antwort.

»Wohlan,« sagte die Königin, »wenn der König ein Weib ist, so bin ich ein Mann; sagen Sie alles.«

»Vollständig geschlagen, ja, Madame.«

»Braver Nelson!« sagte sie, indem sie sich zu mir wendete. »Du siehst es, sein Instinkt hat ihn nicht getäuscht. Dieser General Mack ist also, wie wir wohl ahnten, wirklich ein Dummkopf?«

»Ich kann Euer Majestät nichts weiter sagen, als daß die neapolitanischen Truppen gänzlich geschlagen worden sind.«

»Sie sind dieser Nachricht gewiß?«

»Wir, der König und ich, haben sie aus dem Munde des Generals Mack selbst.«

Die Königin nahm meine Hände und drückte sie krampfhaft.

»Das Schicksal will, daß ich den Becher der Schmach bis auf den Boden leere,« murmelte sie.

»Aber, mein Herr,« fragte ich den Herzog, während die Königin ihr Taschentuch zwischen den Zähnen zerriß, »können Sie Ihrer Majestät gar keine Einzelheiten mitteilen?«

»Ich kann der Königin weiter nichts sagen, als was ich selbst weiß.«

»So sagen Sie es doch!« rief die Königin, »und machen Sie schnell, denn ich muß gestehen, daß es mich zu wissen drängt, zu welchem Zwecke Sie auf dem Rücken das Kleid und am Halse die Orden des Königs tragen.«

»Wollen Eure Majestät geduldig anhören,« sagte der Herzog von Ascoli, indem er sich verneigte, »sonst werde ich gezwungen sein, zu dem Könige zurückzukehren und ihm zu sagen, daß Sie mich nicht haben anhören wollen.«

»Sie appellieren an meine Geduld, mein Herr. So sei es denn; ich verspreche Ihnen, ruhig zu sein. Sprechen Sie!«

»Nun, Madame, wir waren gestern in der Loge Seiner Majestät im Theater Apollo, als ungefähr gegen neun Uhr abends die Tür hastig aufgerissen ward, und wir den General Mack erscheinen sahen, der ganz mit Staub bedeckt war, wie einer, der einen langen Weg zurückgelegt hat. »Sire,« sagte er, »Sie sehen einen Mann vor sich, der in Verzweiflung ist, Ihnen eine solche Kunde zu bringen. Wir sind auf allen Punkten geschlagen, voneinander getrennt, auf völligem Rückzug oder vielmehr auf vollständiger Flucht, und unsere einzige Hoffnung auf Euer Majestät Rettung besteht darin, daß Sie sogleich nach Neapel abreisen. Wenn ich dann frei von der Sorge bin, die mir Ihr teures Haupt verursacht, werde ich versuchen, die Armee wieder zu sammeln und Rache zu nehmen.«

»Der elende, übermütige Wicht!« murmelte die Königin.

»Sie können, Madame,« fuhr der Herzog fort, »sich die Bestürzung des Königs bei einer solchen Nachricht denken. Er sah Mack ohne zu antworten und mit verstörtem Gesicht an, dann erhob er sich plötzlich und schwankte aus der Loge hinaus. Glücklicherweise hatte man vom Zuschauerraume aus nichts gesehen, und man glaubte, der König sei in dem Zimmer neben seiner Loge. Es durfte nicht das Ansehen der Flucht haben. Die römischen Jakobiner, die sich für die Taten, die der König befohlen, rächen wollten, hatten ihn scharf im Auge und konnten, da Mack geschlagen war, eine rasche Tat versuchen.

Ehe man unsere Abwesenheit bemerkt und sich die Nachricht verbreitet hatte, waren wir im Palast Farnese.

Dort stieg der König mit zwölf Offizieren und einigen seiner treuesten Diener, in welche Zahl er die Gnade hatte, mich mit einzuschließen, zu Pferde. Wir ritten durch das Volkstor hinaus und schlängelten uns die Mauern entlang bis an das Tor San Giovanni. Hier angekommen ritt der König mit sieben oder acht Mann Begleitung im Galopp weiter und gegen elf Uhr abends kamen wir in Albano an. Der König erkundigte sich bei dem Postmeister, ob ein Wagen da sei. Der Postmeister hatte aber nur ein Kabriolett. Während man anspannte, nahm mich Seine Majestät beiseite und bat mich, die Kleider mit ihm zu wechseln, was ich augenblicklich tat.«

»Und wozu dies? Warum sollten Sie die Kleider mit ihm tauschen?« fragte die Königin.

»Ich weiß es nicht, Madame,« antwortete der Herzog, »da aber eine Bitte Seiner Majestät so gut wie ein Befehl ist, so gehorchte ich.«

»Ein Befehl, ein Befehl,« wiederholte die Königin, »aber zuletzt hatte dieser Befehl doch einen Zweck!«

Der Herzog verneigte sich, ohne zu antworten.

»O! ich möchte es doch gerne wissen,« sagte die Königin, indem sie ungeduldig mit dem Fuße stampfte, »was der König von dieser Maskerade hoffte.«

»Sie wünschen zu wissen, was ich davon hoffte, Madame?« sagte der König, indem er eintrat und sich in einen Lehnstuhl warf, gerade als ob er von der Jagd käme. »Ich hoffte, daß, wenn wir von den Jakobinern ergriffen werden würden, sie Ascoli und nicht mich aufknüpften.«

»Und? —« fragte die Königin.

»Nun, während man ihn aufgeknüpft, hätte ich mich doch retten können!«

Die Königin hob die Hände zum Himmel und bedeckte sich dann das Gesicht damit.

»O! O!« murmelte sie.

»Aber,« sagte der König, der den Ausruf der Königin nicht ordentlich verstanden, »sie hätten es wirklich gemacht, wie sie es sagten, diese Schurken von Jakobinern.«

»Und Sie hätten Ihren Freund an Ihrer Stelle hängen lassen?« rief Karoline.

»Das denke ich wohl und sogar lieber zwei- als einmal.«

»Und Sie, Herzog, Sie hätten sich wirklich an des Königs Stelle hängen lassen?« sagte die Königin, indem sie sich erhob und auf den Herzog zuging.

»Ist es nicht die Pflicht eines Untertanen, sein Leben für seinen Herrn zu opfern?« sagte der Herzog einfach.

»Ach, mein Herr,« rief die Königin, indem sie sich an ihren Gatten wendete, »Sie sind sehr glücklich, einen solchen Freund zu haben. Schätzen Sie ihn hoch. Es ist sehr wahrscheinlich, daß Sie, wenn Sie ihn verlören, keinen andern fänden.«

Dann sagte sie, nachdem sie sich nach mir herumkehrte:

»Im übrigen habe ich mich nicht zu beklagen, denn ich bin gewiß, daß Emma, wenn es nötig sein würde, für mich täte, was der Herzog bereit war für Sie, Majestät, zu tun.«

Und indem sie den Arm um meinen Hals schlang sagte sie:

»Komm', Emma, komm'. Es ist schön, einen solchen Höfling, aber traurig, einen solchen König zu sehen.«

Siebentes Capitel

Nachdem die Königin in ihr Zimmer zurückgekehrt war, klingelte sie und befahl anspannen zu lassen.

Als ich sie anblickte, um in ihren Gedanken zu lesen, sagte sie zu mir:

»Du verstehst wohl, daß ich diesem Egoisten, der seinen besten Freund an seiner statt gefangennehmen lassen will, die Sorge, über unsere Sicherheit zu wachen, nicht überlassen mag. Er wäre imstande, mit seiner Jagdflinte und seinen Hunden nach Sizilien zu fliehen, ohne sich um uns zu kümmern.«

»Wie, nach Sizilien zu fliehen? Sie glauben, Majestät, daß der König Neapel zu verlassen gedenkt?«

»Und was willst du, was er sonst tun soll? In vierzehn Tagen werden die Franzosen hier sein. Glücklicherweise bleibt uns Nelson. Wie steht es mit ihm? Du hast ihn hoffentlich nicht zur Verzweiflung getrieben.«

»Nelson wird alles tun, was wir wünschen,« antwortete ich lächelnd.

»Gut. Es ist zu spät, um ihm sagen zu lassen, heute Abend noch ans Land zu steigen, aber morgen ganz früh müssen wir uns mit ihm besprechen.«

»Warum wäre es heute Abend zu spät? Zwei Worte von mir werden ihn bewegen, zu jeder beliebigen Nachtstunde hierher zu kommen. Jetzt ist es acht Uhr, halb zehn können wir in Neapel sein; um zehn kann er mein Billett haben; eine halbe Stunde darauf wird er im Palaste sein.«

»So sei es denn. Du wirst ihn empfangen, du wirst ihm alles sagen. Währenddessen werde ich mit Acton sprechen. Nicht wahr, du siehst ein, daß Nelson mit Leib und Seele unser sein muß? Es steht einfach das Leben auf dem Spiele.«

»O, Majestät —«

»Die Jakobiner von Paris haben mit meiner Schwester keine Umstände gemacht. Glaubst du, daß die von hier sich mehr Zwang antun werden? Überdies kann Nelson vom Lord Saint-Vincent einen Befehl erhalten, der ihn von uns entfernt. In diesem Falle aber muß er selbst einem Befehle vom Lord Saint-Vincent, ja sogar einem Befehle von der Admiralität, wenn von daher einer käme, ungehorsam sein.«

»Eintretenden Falls,« antwortete ich der Königin lachend, »werden mir Ew. Majestät sagen, was ich tun muß, damit er ungehorsam sei; ich werde es tun und er wird nicht gehorchen.«

Man hatte soeben gemeldet, daß angespannt sei.

»Komm'!« sagte Karoline.

»Wollen Ew. Majestät es nicht dem Könige melden lassen?«

»Wozu?«

»Wenn er nun Se. Exzellenz den General-Kapitän zu sich ruft?«

»Acton wird erst dann kommen, nachdem er mich gesehen hat. Gehen wir hinunter.«

Wir eilten schnell hinab, ohne jemand davon zu benachrichtigen. Die Königin hüllte sich in einen Kaschemirshawl, denn es regnete in Strömen und es war kalt. Wir sprangen in den Wagen, schlossen die Fenster und der Kutscher fuhr im Galopp davon.

Karoline hatte sich sorgenvoll in den Wagen zurückgeworfen. Man hätte glauben können, sie schliefe, wenn nicht von Zeit zu Zeit nervöse Schauer sie zittern gemacht hätten, und indem sie zitterte, murmelte sie entweder das Wort Geck, welches Mack, oder das Wort Feigling, welches ihrem Gemahl galt. Dann rief sie:

»O Nelson, braver Nelson! Es gibt keine Hoffnung mehr als auf ihn, Emma!«

Und ich drückte ihr die Hand, indem ich sagte:

»Seien Sie unbesorgt, Madame, ich stehe für ihn wie für mich selbst.«

Nach einer und einer halben Stunde nach der Abfahrt von Caserta waren wir in dem königlichen Palast.

Noch ehe wir aus dem Wagen stiegen, fragte die Königin, ob der General-Kapitän Acton im Schlosse sei.

Er war glücklicherweise da.

»Saget ihm, daß ich ihn augenblicklich bei mir erwarte,« sagte Karoline.

Und wir stiegen die Treppe hinauf.

Alle, welche sich zeigten, um der Königin Ihre Dienste anzubieten, Männer sowohl wie Frauen, entfernte sie wieder und antwortete:

»Ich danke.«

Wir traten allein bei ihr ein. Der Diener stellte einen Kandelaber auf einen Tisch und fragte nach den Befehlen der Königin.

 

»Laßt niemanden ein als Mr. Acton, Mylord Nelson und Sir William Hamilton,« antwortete sie mit jener Klarheit des Tones und jener Kürze der Worte, die bei ihr allemal eine heftige Gemütsbewegung verrieten. Sie legte selbst Federn, Papier und Tinte auf einen Tisch.

»Schreibe ihm,« sagte sie dann zu mir.

Ich nahm die Feder und schrieb flüchtig diese wenigen Worte hin:

»Kommen Sie! Wir erwarten Sie im Palast, die Königin und ich, in wichtiger Angelegenheit.

»Emma.«

»Was hast du ihm geschrieben?« fragte die Königin.

»Zu kommen, das ist alles.«

»Wie, alles?«

»Es ist nichts weiter nötig.«

»Emma! Emma!« sagte die Königin, »du wirst ihn entschlüpfen lassen.«

»Bin ich Ihr Lotse? Ja oder nein!«

»Sicherlich, aber«

»Dann mischen Sie sich nicht in die Führung des Schiffes, sondern lassen Sie mich handeln.«

»So handle!«

Während sie aber ihre Einwilligung gab, zuckte sie mit den Achseln, was verriet, daß sie an meiner Stelle anders gehandelt haben würde.

Ich beunruhigte mich aber nicht darüber.

»Nun,« sagte ich zu ihr, »durch wen werden Eure Majestät den Brief forttragen lassen?«

»Das kommt Acton zu. Durch den Kriegshafen ist man in zehn Minuten an Bord des »Vanguard«.

In diesem Augenblick trat Acton ein:

»Irgendein Unglück, nicht wahr, Madame?« sagte er, indem er sich der Königin mit einem Gesichte näherte, in welchem seine Unruhe sich ausprägte.

»Ja,« sagte Karoline, »und zwar ein sehr großes Unglück. General Mack ist geschlagen worden, und der König ist vor zwei Stunden in Caserta angekommen, nachdem er Wunder von Tapferkeit vollbracht hat.«

Und sie brach in ein gellendes, nervöses Gelächter aus, wie es ihr in übergroßer Aufregung eigen zu sein pflegte.

Und als Acton sie mit wachsendem Erstaunen ansah, versetzte sie:

»Sie sollen in einem Augenblicke alles wissen, vor allen Dingen aber lassen Sie dieses Billett Lord Nelson zukommen. Es ist notwendig, daß es den Kriegshafen ohne Hindernisse passiere.«

»Ich werde in den Binnenhafen hinuntergehen,« antwortete der General, »um selbst die Barke, die Mylord holen soll, abzuschicken und dem Offiziere meine Befehle zu erteilen.«

Und der General entfernte sich.

»Er hat wenigstens das Gute, daß er gehorsam ist,« sagte die Königin, indem sie ihm mit den Augen folgte.

»Warum tun Sie ihm nicht die Ehre an, ergeben zu sagen?«

»Weil das ein Wort ist, welches nicht in dem Wörterbuche der Höflinge steht.«

»So! und der Herzog von Ascoli?«

»Dieser ist nicht der Höfling des Königs, sondern sein Freund. Wenn der König glücklich und heiter ist, so ist es Ascoli, der ihm die bittersten Wahrheiten sagt; er ist nicht wie du Schmeichlerin, die du mir deren nie sagst.«

»Ist es mein Fehler, wenn die bittersten Wahrheiten, die man Euer Majestät sagen könnte, nur Lobeserhebungen sind?«

Die Königin küßte mich auf die Stirne und fing an hin und her zu gehen. Von Zeit zu Zeit ging sie nach der Terrasse und warf einen Blick durch die Dunkelheit auf die englische Flotte, von welcher man jedes Schiff an seinen Lichtern erkannte, und jedes Mal murmelte sie:

»O Nelson! unsere einzige Hoffnung steht auf dir!«

Einmal sagte sie, indem sie auf mich zukam: »Begreifst du es? Zweiundfünfzigtausend, mit allem versehene, gut besoldete Neapolitaner lassen sich von zehn- oder zwölftausend Franzosen, die halb nackt, ohne Sold, ohne Brot, ohne Schuhe, ohne Pulvervorrat sind, schlagen! Jetzt sind sie mit allem versehen, außer mit Schuhen, wenn nicht etwa unsere Soldaten die ihrigen weggeworfen haben, um noch schneller fliehen zu können. O! wenn ich ein Mann wäre, wie hätte ich mich unter diese Memmen gestellt! Wie hätte ich allen Offizieren, die nur dazu gut sind, bei der Parade ihre Silberstickerei spiegeln und ihre bunten Federn im Winde flattern zu lassen, die Epauletten heruntergerissen. Es gibt Augenblicke, auf mein Ehrenwort, wo ich Lust habe, zu Pferde zu steigen, wie meine Mutter Maria Theresia, um diesen trägen König zu beschämen. Unglücklicherweise aber habe ich es nicht mit Ungarn, sondern mit Neapolitanern zu tun.«

Unterdessen trat Acton wieder ein.

»Hier bin ich, Madame,« sagte er. »Der Brief ist abgeschickt, und wenn Mylord nur halb so eilig ist, Euer Majestät zu dienen, wie ich es sein würde, so wird er in einer Viertelstunde hier sein. Wollen Euer Majestät mir sagen, um was es sich handelt?«

Die Königin führte ihn in das Zimmer nebenan. Sie wollte mich mit Nelson allein lassen; vielleicht hatte sie auch einige jener geheimen und furchtbaren Befehle zu erteilen, die ich häufig erst kennen lernte, wenn sie schon ausgeführt waren.

Wirklich erfuhr ich auch später, daß zwischen der Königin und dem Generalkapitän von dem Kurier Ferrari die Rede gewesen, in dessen Hände man den von Sir William und Acton verfaßten Brief anstatt des von dem Kaiser von Österreich geschriebenen untergeschoben. Man fürchtete, daß Ferrari den Betrug enthülle, und Ferdinand auf diese Weise erführe, daß sein Neffe Franz, anstatt ihn zum Ausrücken aufzufordern, ihm schrieb, er werde sich vor Ankunft der Russen, also vor Monat April oder Mai, nicht von der Stelle rühren.

So wurde denn in dem Augenblicke, wo ich allein war, um auf Nelson zu warten, der Untergang Ferraris beschlossen.

Ich werde zur passenden Zeit und an der geeigneten Stelle den Tod dieses Unglücklichen und die schrecklichen Umstände, welche denselben begleiteten, erzählen.

Ich war kaum seit einer Viertelstunde allein, als der Kammerdiener Lord Nelson meldete, und ich diesen in dem Rahmen der Tür erscheinen sah.

Er war ganz atemlos, denn er hatte die Treppe sehr schnell erstiegen, und sein unruhig aussehendes Gesicht verriet seine Unruhe.

Ehe er noch den Mund geöffnet, hatte ich beide Arme um seinen Hals geschlungen, indem ich zu ihm sagte:

»Teurer Nelson, unsere einzige Hoffnung sind Sie.« Er zog mich an sein Herz, dessen Pochen ich durch die Uniform fühlte, und drückte seine zitternden Lippen auf meine Augen. Als ob er fürchtete, sich auf einer Liebkosung zu ertappen, entfernte er mich wieder sanft von sich, und indem er mich mit leidenschaftlichem Ausdruck ansah, fragte er mich:

»Nun, was gibt es? Sie sprechen mit einem Manne, der sein Leben für die Königin hingeben würde, und —«

Er zögerte.

»Und seine Ehre für Sie,« endete er den Redesatz.

»O teurer Nelson!« rief ich aus, nahm seine Hand und wollte sie küssen.

Bei der Bewegung, die er machte, um sie zurückzuziehen, neigte er den Kopf; ich erhob den meinigen, unsere Lippen begegneten sich.

»O!« rief Nelson, indem er einige Schritte zurücktrat; »Sie machen mich wahnsinnig!«

»Was schadet dies,« sagte ich zu ihm, »wenn ich Sie wieder heile?« Er blickte um sich, um zu sehen, ob wir allein wären. Ich verstand seine Blicke und sagte lächelnd zu ihm: »Die Königin und der Generalkapitän sind da.«

Und ich zeigte auf das Nebenzimmer.

Er seufzte, kam auf mich zu, legte seinen einzigen Arm um meine Taille, und ließ mich neben sich Platz nehmen.

»Sie haben mir geschrieben, daß Sie einen Dienst vor mir zu erbitten hätten,« sagte er. »Ich bin ein Egoist, weil ich Sie nicht zuerst gefragt habe, womit ich Ihnen dienen könne. Ich mache meinen Fehler wieder gut. Später werden wir von meiner Torheit sprechen.«

»Sobald Sie wollen,« sagte ich, mit einem verheißungsvollen Blick, »und wenn Sie zu lange zögern, so werde ich zuerst davon sprechen.«

»Nehmen Sie sich in acht,« sagte er, »Sie sind Parthenope. . . ich aber bin nicht Ulysses.«

Dann fuhr er mit Selbstüberwindung fort:

»Wohlan, Mack ist geschlagen, nicht wahr? Die Armee ist auf der Flucht. Der König hat einen Kurier geschickt?«

»Noch mehr als das, der König ist selbst vor drei Stunden in Caserta angekommen. Alles ist verloren. In vierzehn Tagen werden die Franzosen hier sein. Die Königin beabsichtigt nach Sizilien zu fliehen und rechnet auf Sie, um sie hinzubegleiten.«

»Gehen Sie auch mit?« fragte Nelson.

»Ich verlasse die Königin nicht.«

»Und ich, ich verlasse Sie nicht.«

»Welcher Befehl auch an Sie gelange?«

»Und müßte ich meine Briefe zerreißen, ohne sie zu öffnen!«

»Nelson!« rief ich, und streckte ihm die Arme entgegen. Er warf sich an mein Herz.

»Schon wieder!« sagte er, »schon wieder! Haben Sie doch Mitleid mit mir!«

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