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Ich weiß nicht, ob in der Gemütsverfassung, in der die Königin sich befand, der Tod ihres Bruders Leopold ihr sehr schmerzlich war. Trotz des Vertrags von Pillnitz, trotz der äußerlichen Kriegsrüstungen behauptete man leise, es bestünde zwischen dem französischen Minister Delmare und dem Kabinett von Wien ein geheimes Einverständnis zur Aufrechterhaltung des Friedens. In seiner Eigenschaft als Philosoph liebte Leopold den Krieg nicht und war auch übrigens nicht bereit, einen zu führen.



Der Kaiser Franz dagegen, der Neffe der Königin, welcher seinem Vater folgte, repräsentierte die Konterrevolution vollkommen und war ganz der Mann, wie Marie Karoline für ihre Pläne ihn brauchte.



Sofort nach dem Tode des Kaisers Leopold war der Gesandte Frankreichs in Wien, Herr von Noailles, fast Gefangener in seinem eigenen Palaste.



Was Preußen betraf, so war man dieses Staates sicher. Unter seinem Schutze manövrierten die Emigrierten und bei einer öffentlichen Audienz hatte der König Friedrich Wilhelm Herrn von Sègur, dem Gesandten Ludwig des Sechzehnten oder vielmehr der Nationalversammlung, den Rücken zugekehrt und den Gesandten von Coblenz, das heißt der französischen Prinzen, gefragt, wie sich der Graf von Artois befände.



Die Ermordung Gustavs von Schweden war allerdings ein großes Verbrechen, aber kein großes Unglück, wenigstens nicht für die Sache der Könige. Erstens nahm man ganz unrichtigerweise an, Gustav sei von den Revolutionären ermordet wurden. Dies war nicht der Fall, gleichwohl aber fand dieses Gerücht Glauben und brachte ein Verbrechen mehr auf Rechnung unserer Feinde. Allerdings hatte man ihn als den künftigen Oberanführer der Gegner der Revolution bezeichnet, aber war er wohl sehr zu fürchten? Man glaubte, er hasse Frankreich, wie ein Mann eine treulose Geliebte haßt, und sein Hauptgedanke, als er starb, war, zu missen, was Frankreich von seinem Tode denken würde.



»Was wird Brissot sagen?« murmelte er, indem er seinen letzten Seufzer aushauchte.



Was die Kriegserklärung Frankreichs an Österreich betraf, so ward sie, weil augenscheinlich das Girondistenministerium, aber nicht der König diesen Krieg erklärte, und dieser Erklärung übrigens ein Ultimatum des Kaisers Franz zu Grunde lag, welches Frankreich unmöglich annehmen konnte, und weil endlich dieser Krieg alle Wünsche der Königin erfüllte, eher als eine gute denn als eine schlimme Nachricht aufgenommen.



Die doppelte Trauer, welche man in Neapel wegen des Todes des Kaisers von Österreich und der Ermordung des Königs von Schweden trug, war daher nach meiner Ansicht mehr eine Hof- als eine Herzenstrauer.



Achtes Capitel

Zu der Zeit, wo ich bei meiner Rückkehr von Wien mit Sir William und Lord Nelson, also 1801, durch Deutschland reiste, sah ich den Mann in der Verbannung, welcher 1792 den König Ludwig den Sechzehnten zu dem Entschlusse bewogen, Österreich den Krieg zu erklären.



Dieser Mann war Charles François Dumouriez, der zu unserem Unglück Frankreich bei Balmy und Jemappes rettete.



Ich hatte am Hofe von Neapel so viel von ihm sprechen hören, daß ich ihn mit der größten Aufmerksamkeit betrachtete und mir kein Wort von dem Gespräch, welches er mit Mylord führte, entgehen ließ. Wenn ich bei dieser Epoche meines Lebens angekommen sein werde, werde ich den Eindruck schildern, den er auf mich machte.



Wir haben gesagt, daß nach dem Schwure, den man der Verfassung geleistet, eine Art Frieden sich zwischen der Versammlung, welche die Nation, und dem König, welcher das göttliche Recht repräsentierte, gebildet hatte, aber wider seinen Willen und den der Königin fortgerissen, hatte der König sich zum Vorkämpfer der revolutionären Prinzipien von 89 gemacht. Wir hätten sagen sollen, es sei ein Waffenstillstand gewesen.



Bei der ersten besten Gelegenheit, sollte dieser Waffenstillstand gebrochen werden.



Diese Gelegenheit bot sich bei der Entlassung der Minister, welche den Krieg hatten erklären lassen.



Zu Ende des Juni erfuhren wir durch einen Brief der Königin Marie Antoinette selbst den Sturm auf die Tuilerien durch die Faubourgs Saint-Antoine und Saint-Marceau, unter der Anführung des berüchtigten Santerre, der, wie Cromwell, erst gewesen, aber, da ihm das Genie des Protektors fehlte, auf dem dritten Teil des Weges, den der Abgesandte der Universität von Cambridge durchlief, innehalten mußte. Dieser Brief war der vorletzte Verzweiflungsschrei Marie Antoinette's. Wir hörten nicht den letzten, den sie am 10. August ausstieß. Vom 1. Juli 1792 an erhielt die Königin Karoline nur indirekte Nachrichten über ihre Schwester und man sah von dem, was in Frankreich vorging, nicht mehr, als wie man zuweilen einen Blitz durch Gewitterwolken hindurchsieht.



Der Brief der Königin Marie Antoinette war lang, er erklärte, wie Ludwig der Sechzehnte in den Krieg mit Österreich eingewilligt und wie er denselben der Nationalversammlung zuerst vorgeschlagen.



Marie Karoline vermutete wohl, daß ihr Schwager diesen Schritt nur widerstrebend getan, sie kannte aber nicht genau die Lage, in welcher er sich befand. Der Brief ihrer Schwester schilderte ihr dieselbe in aller ihrer Klarheit.



Der König, den die Jakobiner, vor allem Robespierre, beschuldigten, er wolle den Krieg, wollte ihn in Wirklichkeit weniger als sonst jemand. Er hatte allerdings in einem Kriege alles zu verlieren, und die Königin erklärte das sehr gut. Ein Sieg Lafayette's oder irgend eines anderen Generals richtete den Thron nur wieder auf, um ihn unter Vormundschaft zu stellen; auf der anderen Seite erbitterte eine Niederlage ganz Paris, führte Aufruhr in den Straßen herbei und trieb ihn von den Straßen bis in die Tuilerien, wo er noch nicht hingedrungen war, denn natürlich würde der König beschuldigt werden, diese Niederlage vorbereitet zu haben, oder sich doch wenigstens darüber zu freuen. Kurz, wenn der König nicht in dem Sturm unterging, wenn das Königtum von Gottes Gnaden triumphierte, zu wessen Nutzen triumphierte es denn? Zum Nutzen Monsieurs und der Emigration, denn Monsieur verbarg seine Absichten nicht länger. Monsieur wollte die Abdankung Ludwig des Sechzehnten und die Regentschaft bis zur Mündigkeit des Dauphin.



Besonders die Königin hatte alles zu fürchten, und obgleich ihr energischer Charakter, der dem Marie Karolinens sehr ähnelte, dazu beitrug, daß sie sich mutig der Gefahr entgegenstellte, verhehlte sie sich doch nicht, daß sie weder in Paris noch im Ausland Freunde hatte.



In Paris hatte man sie abwechselnd Madame Defizit oder Madame Veto genannt und das gesamte Volk war ihr Feind. In Koblenz hatte man beschimpfende Lieder auf sie gedichtet und ihre Todfeinde waren Monsieur und der frühere Minister Calonne, der, nachdem er ihr Diener gewesen, sie jetzt haßte, und den Grafen Artois für sich gewonnen hatte, der ihr ehemals freundlich gesinnt gewesen, jetzt aber zu ihren Feinden übergegangen war.



So war das siegreiche Frankreich für Marie Antoinette wahrscheinlich die Absetzung. Siegten die Fürsten, so war es noch schlimmer, denn dann blieb ihr nichts übrig, als das Kloster.



Der König von Frankreich hatte am 20. April Österreich den Krieg erklärt. Am 28. hatte bei Quiévrain das erste Treffen stattgefunden. Die Revolutionäre waren geschlagen worden, und hatten in einer Scheune den General Theobald Dillon ermordet, den Bruder des schönen Arthur Dillon, den man für den ersten Geliebten Marie Antoinettens ansah. Ja, der Haß gegen die arme Königin von Frankreich war so groß, daß die Soldaten, welche Theobald mit Arthur verwechselten, diesen aus Haß gegen seinen Bruder umbrachten und über Verrat schrien.



Der andere war noch unglücklicher; er starb 1794 auf dem Schafott.



Unglücklicherweise wußten die Preußen keinen Nutzen aus, diesen ersten Siegen zu ziehen. Sie besaßen ein so großes Selbstvertrauen, daß der Herzog von Braunschweig, an den die Königin geschrieben, um ihren Schwager und ihre Schwester zu empfehlen, ihr antwortete:



»Eure Majestät möge sich beruhigen. Wir sind im Begriff nicht einen Krieg zu führen, sondern einen militärischen Spaziergang zu machen. Unsere Tagemärsche sind im voraus bezeichnet und ungefähr am 15. September werden wir in Paris sein.«



Und wirklich nahm der General Clerfayt am 23. August Longwy nach einem vierundzwanzigstündigen Bombardement und am 2. September nahm der König von Preußen selbst Verdun und rückte gegen Paris.



Vor diesen etwas beruhigenden Nachrichten jedoch hatten wir unheilvolle Mitteilungen erhalten.



Am 10. August waren die Tuilerien mit Sturm genommen und am 13. der König mit der königlichen Familie in den Temple gebracht worden.



Dann kam die Nachricht von dem Blutbad in den Gefängnissen. Im ersten Augenblicke meldete man der Königin, daß alle Gefangenen gemordet worden seien, daß man keine einzige Ausnahme gemacht hätte, und daß der König und die Königin mit den anderen umgekommen seien. Marie Karoline glaubte vor Wut und Schmerz wahnsinnig zu werden.



Zugleich aber erhielt man einen Brief von Herrn v. Breteuil, dem Agenten Ludwig des Sechzehnten, und einen anderen von Herrn v. Mercy-Argenteau, welche die Königin von Neapel in bezug auf diesen Punkt beruhigten, indem sie ihr meldeten, daß der König und die Königin noch lebten, daß man aber davon spräche, gegen den König einen Prozeß einleiten zu wollen.



Herr von Mercy-Argenteau meldete unter anderem in einem Postskriptum, daß die Vendée sich empört hätte. So hatten die Republikaner das Schwert des Auslandes vor den Augen, den royalistischen Dolch in der Flanke.



Zu gleicher Zeit hörten wir von dem Sieg bei Balmy, von der Proklamation der Republik, der Anklage gegen den König und dem wahrscheinlichen Frieden mit Preußen. Der militärische Spaziergang Seiner Majestät des Königs Friedrich Wilhelm hatte sich nicht über die Grenze des Argonnerwaldes ausgedehnt und im Lager von la Lune Halt gemacht.

 



Jetzt entschloß sich Marie Karoline die neapolitanische Regierung mit ins Treffen zu führen.



Das erste Zeichen von Feindseligkeit, welches der König Ferdinand der neuen Republik gab, war die Weigerung, sie in der Person ihres Gesandten, des Bürgers Mackau, anzuerkennen und in Konstantinopel den Bürger Sémonville auf dieselbe Weigerung stoßen zu lassen. Hierauf ließ die Königin durch den General Acton eine Note an Venedig und Sardinien verfassen. Diese Note, welche auf eine italienische Liga hinzielte, war in folgenden Worten abgefaßt:



»In welcher Lage sich die deutschen Truppen am Rhein auch befinden mögen, so ist es doch für Italien sehr wichtig, in den Alpen Kräfte zu haben, die ihm zum Schütze dienen und die Franzosen verhindern, entweder wenn sie an anderen Punkten besiegt werden, eine verzweifelte Diversion zu machen, oder als Sieger bei den Verfolgungen ihrer Feinde die italienischen Staaten zu beunruhigen. Wenn das Königreich Neapel, Sardinien und Venedig sich zu diesem Zwecke verbündeten, würde sich der Papst ganz gewiß der heiligen Sache anschließen, die kleinen Mittelstaaten würden, sie möchten nun wollen oder nicht, der allgemeinen Bewegung folgen und aus diesem Bunde würden eine Menge Kräfte hervorgehen, die fähig wären, Italien zu verteidigen und ihm Einfluß und Gewicht in den Kriegen und Kabinetten Europas zu verleihen. Der Zweck dieser Note ist der, die Gründung einer Konföderation vorzuschlagen, in welcher der König beider Sizilien die größte Verantwortlichkeit übernehmen würde, obgleich er der letzte ist, den die Waffen Frankreichs erreichen können. Er glaubt jedoch die italienischen Fürsten daran erinnern zu müssen, daß die Hoffnung, einzeln der Gefahr eines feindlichen Einfalls zu entschlüpfen, stets der Untergang Italiens gewesen ist.«



Man hatte soeben die Antwort Sardiniens, welches diesen Vorschlag annahm, erhalten und man erwartete die Antwort Venedigs, als am 16. Dezember, als die Minister mit Sir William Rat hielten, und ich soeben das Frühstück mit der Königin eingenommen hatte, die am Fenster stand und zerstreut auf den Scheiben trommelte, sie mich plötzlich rief und mir das Meer zwischen dem Pausilippo und Capri ganz mit Schiffen bedeckt zeigte.



»Was ist denn das?« fragte sie mich.



Ich blickte hin und wußte ebensowenig wie sie. Als das Geschwader aber Neapel in Sicht bekam, hißte man die dreifarbigen Flaggen auf, die in Neapel so verhaßt waren, und man erkannte eine französische Flotte.



In diesem Augenblicke vernahmen wir schnelle Schritte im Vorzimmer, die Tür ward heftig aufgerissen, der König kam sehr bleich und aufgeregt hereingestürzt und indem er sich in einen Lehnstuhl warf, sagte er, indem er auf einige Schiffe zeigte, die mit vollen Segeln daherkamen:



»Sehen Sie, Madame, das ist Ihr Werk!«



Jetzt ward die Königin ebenfalls sehr bleich, aber vor Zorn, ihre Unterlippe verzog sich verächtlich und indem sie ihrem Gemahle ins Gesicht sah, sagte sie mit gerunzelter Stirn:



»Wollen Sie mir die Gnade erweisen, sich zu erklären, denn ich verstehe Sie nicht.«



»Zum Teufel!« schrie der König, »ich dächte doch, das wäre leicht zu verstehen! Sie haben mich bewogen, Monsieur Magot nicht zu empfangen,« der König verunstaltete in seinem neapolitanischen Dialekte, mochte dies nun absichtlich geschehen oder nicht, den Namen des Gesandten der französischen Republik »Sie haben mich bewogen, an meinen guten Freund, den Sultan zu schreiben, den ich niemals gesehen, dessen Beys von Tunis, von Marokko und von Tripolis meine Untertanen rauben und auf ihren Galeeren rudern lassen; Sie haben mich bewogen, sage ich, an meinen Freund, den Sultan zu schreiben, daß auch er Monsieur Semonville nicht empfangen sollte, und er hat nicht unterlassen, sich dieses Vergnügens zu berauben; Sie haben mich an die Spitze einer Konföderation der italienischen Fürsten, von welchen die Hälfte mich in der Gefahr sitzen lassen wird, gestellt, um eine Koalition gegen Frankreich zu bilden. Nun, Frankreich ist entrüstet und schickt mir eine Flotte; wozu das, mag Gott wissen! Vielleicht um Neapel zu bombardieren!«



»Und was dann?« fragte die Königin.



»Wie, was dann? Was dann, nachdem Neapel bombardiert worden?«



»Neapel wird bombardiert werden, wenn es sich nicht verteidigt.«



»Im Gegenteile, Madame, es wird bombardiert werden, wenn es sich verteidigt.«



»So wollen Sie die Franzosen also in den Hafen kommen lassen, ohne eine Kanone abzufeuern?«



»Das glaube ich wohl! Erstens taugt das Pulver, welches man in Neapel fabriziert, nichts, da zehnmal mehr Kohle als Salpeter darin enthalten ist. Wenn ich mit neapolitanischem Pulver schießen ließe, so würde kein Drittel der Schüsse treffen, und deshalb lasse ich auch mein Pulver aus England kommen.«



»Dann haben Sie also wohl befohlen —«



»Daß man dem Admiralschiffe entgegengehe, um den Kommandanten der Flotte daran zu erinnern, daß ein alter Vertrag nur sechs französischen Kriegsschiffen die Einfahrt in den Kriegshafen gestattet.«



»Nun, das muß ich sagen!« rief die Königin.



»Warten Sie doch! – Um ihm jedoch zu sagen,« fuhr der König fort, »daß es einmal noch keine Gewohnheit ist, und daß ich ihn bitte, mich, ehe ein Offizier der Flotte ans Land steigt, wissen zu lassen, welchem glücklichen Umstande ich die Ehre seines Besuches zu verdanken habe.«



»Du hörst es, Emma!« rief die Königin ungeduldig, indem sie mit dem Fuße stampfte.



Der König tat, als ob er diese Bewegung der Königin nicht bemerkte.



»Und,« sagte er, »der Kapitän François Caracciolo wird in der königlichen Jolle meinen Auftrag ausführen.«



»Ich bewundere Sie!« sagte die Königin spottend. »Sie schicken einen Fürsten zu Republikanern.«



»Madame, da ich voraussetze, daß die französische Republik mir das Beste sendet, was sie hat, so schicke ich auch ihr das Beste, was ich besitze. Sehen Sie diese Halunken von Franzosen! Sie fürchten sich vor nichts, diese Teufel von Jakobinern! Dort wirft das Admiralschiff in halber Schußweite vom Kastell d'Uovo Anker. Sie müssen wissen, daß wir schlechtes Pulver haben, sonst würden sie sich nicht der Gefahr aussetzen, in den Grund gebohrt zu werden.«



»Ach nein,« murmelte die Königin, »das wissen sie nicht; sie wissen aber wahrscheinlich etwas anderes. . . . . «



»Daß ich unfähig bin, aus ihrer Unklugheit Nutzen zu ziehen?« sagte der König in dem spöttischen Tone, welcher machte, daß man nie erraten konnte, ob er spottete oder im Ernste sprach, ob er geistreich war, oder eine Dummheit sagte. »Sie haben recht, jene lieben Sansculotten! Ah, meiner Treu', da, entfaltet sich ja die ganze Flotte in Schlachtordnung; sie manöverieren wundervoll! Und wenn man bedenkt, daß seit acht oder zehn Jahren mein Marineminister, der General Acton, jährlich acht bis zehn Millionen verschlingt, indem er mir eine Flotte verspricht, die, ich niemals erblicke. Mit hundert Millionen sollte ich eine dreifach so große Flotte als diese hier haben. Begeben Sie sich in den Staatsrat, Madame, und teilen Sie diese meine Bemerkung Herrn Jean Acton mit. Dann übt sie vielleicht eine größere Wirkung auf ihn aus, als wenn ich es täte; denn wenn ich, um es kurz zu sagen, eine dreifach so große Flotte als jene dort hätte, so schlecht unser Pulver auch sein möchte, so könnten mir uns verteidigen, während dies rein unmöglich ist, da wir nur schlechtes Pulver und fünf oder sechs armselige Schiffe haben, die hintereinander herfahren!«



Die Königin, welche die Absicht des Königs wohl verstand, biß sich auf die Lippen, daß sie beinahe bluteten, denn der König, sagte ihr zugleich damit: »Du hast einen Gatten, der ein Feigling, und einen Geliebten, der ein Dieb ist.«



»Sie haben recht, mein Herr,« sagte sie. »Ich werde in den Rat gehen und in dem Sinne sprechen, in welchem Sie es wünschen.«



»O, Sie haben Zeit! Sehen Sie, dort steigt Caracciolo allein an Bord. Sehen Sie nur, wie das gute Volk sich dafür interessiert! Ganz Neapel ist auf den Kais. Das schöne Gemetzel, wenn man sich schlüge! Freilich würde das ganze Gesindel sehr bald Reißaus nehmen.«



»Der unbarmherzige Zyniker!« murmelte die Königin. »Hörst du ihn? Ich glaube, daß er, wenn er niemanden hätte, über den er spotten könnte, sich selbst verspotten würde.«



»Zum Teufel!« sagte der König, »die Unterredung hat nicht lange gedauert; da steigt Caracciolo schon wieder in seine Jolle. Noch vor zehn Minuten wird er hier sein. Erweisen Sie uns die Ehre, dem Rat beizuwohnen, Madame? Sie wissen, daß Sie das Recht dazu haben, seitdem Sie der Krone einen Erben gegeben. Sie haben selbst Tannucci daraus verstoßen, indem Sie von diesem Ihrem Rechte Gebrauch machten. Er war für die französische Politik, und Sie waren für die österreichische. O, wenn er doch hier wäre; er könnte uns einen guten Rat geben!«



Und der König verließ das Zimmer, indem er den Kopf schüttelte und sagte:



»Armer Tannucci!«



Neuntes Capitel.



Ich mußte gestehen, daß ich wie versteinert war. Ich wußte wohl, daß der König von Neapel sich wenig um seine Würde kümmerte, ich glaubte aber nicht, daß er sich so weit vergessen könnte.



Ich sah die Königin an.



»Werden Sie gehen, Madame?« fragte ich sie.



»O gewiß, ja, ich werde gehen,« erwiderte sie. »Und du wirst mich begleiten.«



»Ich, Madame, und mit welchem Rechte?«



»Du wirst mitkommen,« sagte die Königin ungeduldig. »Ich will, daß du Sir William den ganzen Hergang der Dinge erzählen und ihm sagen könnest, wer der Mann ist, ob der König oder die Königin.«



Hierauf gab es keine Antwort; das war keine Einladung, das war ein Befehl. Ich folgte der Königin, und fünf Minuten später traten wir in den Staatsrat. Dieser Rat bestand aus dem General Acton, Carlo von Marco, Ferdinando Corradini, Saverio Simonetti und dem neuen Regenten der Vicaria, Ludovico von Medici. Gewöhnlich präsidierte der König diesem Rat, man weiß jedoch, in welcher Weise. Er erschien nämlich und verschwand.



Ferdinand hatte die Zeit richtig berechnet, in welcher der Kapitän Caracciolo vom französischen Admiralschiff zurückkommen könnte, denn kaum hatte die Königin an dem Tische dem König gegenüber Platz genommen, und kaum hatte ich mich in eine Ecke gesetzt, als die Tür sich öffnete und man den General anmeldete.



Ich sah den Mann zum ersten Mal, an dessen Tode ich sieben Jahre später einen so grausamen Anteil nehmen sollte. Caracciolo war damals ein Mann von vierzig Jahren mit schwarzen Augen und scharf ausgeprägten Gesichtszügen. Es lag etwas Strenges und Gebieterisches in seinem Wesen, woran man sofort den Patrizier von Geblüt erkennen konnte. Er war wirklich ein Fürst oder stammte vielmehr von den Fürsten Caracciolo ab, deren Vorfahren die berühmten Caraccioli waren, die eine so große Rolle in den Bürgerkriegen von Neapel spielten. Einer von ihnen, Sergiani, war der Geliebte der Königin Johanna II. und ward im Kastell Capuano ermordet, aus Rache für eine Ohrfeige, die er in einem Augenblicke des Zornes seiner königlichen Herrin zu geben gewagt.



Er trat ein, sah sich um, schien mit Erstaunen zwei Frauen, deren eine fremd war, dem Rate beiwohnen zu sehen, verneigte sich tief und blieb stumm.



»Nun?« fragte Ferdinand ungeduldig.



»Befiehlt mir der König zu sprechen?« fragte Caracciolo.



»Bedarfst du denn eines Befehles, um dem König eine Antwort zu geben?«



»Der König war allein, als er mich absandte.«



»Ja,« sagte die Königin, und jetzt ist der König nicht mehr allein. Es scheint mir jedoch, daß Sie die Personen kennen müßten, vor denen Sie stehen.«



»Ich habe die Ehre, Ihre Majestäten und Ihre Exzellenzen zu kennen,« erwiderte Caracciolo mit fester Stimme, »allein ich habe nicht die Ehre, die Dame dort zu kennen.«



»Diese Dame ist meine vertraute Freundin,« sagte die Königin.



»Dieser Titel flößt uns Ehrerbietung ein, Madame,« erwiderte der Fürst, indem er sich verneigte, »da es sich aber um Staatsangelegenheiten handelt —«



»Wollen Sie dem Kapitän Caracciolo befehlen, zu sprechen, General?« sagte die Königin zu dem Minister Acton. »Ihr Befehl übt vielleicht eine mächtigere Wirkung aus, als die Bitte des Königs und die meinige.«



»Also sprich!« befahl der König.



»Sire,« erwiderte Caracciolo, »der Offizier, welcher die französische Flotte befehligt, ist der Admiral von Latouche-Trèville.«



»Wer ist denn dieser Admiral von Latouche-Tréville?« fragte Ferdinand.



»Einer der besten Seeleute der französischen Flotte, Sire. Er war es, der 1781 mit dem Kapitän La Pérouse – La Pérouse befehligte die »Astrée« und er die »Hermione« – einen fünfstündigen Kampf gegen vier Fregatten und zwei englische Korvetten aushielt und trotz der überlegenen Anzahl des Feindes die Palme des Tages davontrug.«



»Und was will er hier?«



»Er hat sich geweigert, mir das zu eröffnen, Sire, aber zugleich gesagt, daß er in einer Stunde seinen Sekundanten senden wolle, der Ihnen in bezug auf diesen Gegenstand Aufklärung geben würde.«

 



»Nun, meine Herren,« sagte der König, »so wollen wir die Erklärung des Herrn – Verzeihung, ich versprach mich des – Bürgers Latouche-Tréville abwarten.«



»Ich fürchte, Sire,« sagte Acton, »daß wir von einer ähnlichen, Szene bedroht werden, wie der Admiral Marin sie zu Anfang der Regierung des erhabenen Vaters Ew. Majestät in dem Hafen von Neapel herbeigeführt, als er in Englands und Österreichs Namen der italienischen Regierung andeutete, daß er die Neutralität in dem italienischen Krieg zu wahren habe.«



»Ja, ja,« sagte Ferdinand, »der Offizier, der beauftragt war, im Namen des Kommodore zu sprechen, war sehr unverschämt. Er zog seine Uhr aus der Tasche, stellte sie nach der Pendule es ist noch heute dieselbe und gab dem König zwei Stunden Zeit, einen Neutralitätsvertrag zu unterzeichnen und einen Befehl an Montemar, mit seinen Truppen in das Königreich zurückzukehren, auszufertigen.«



»Und was tat denn der König, Ihr Vater?« fragte die Königin.



»Zum Teufel!« erwiderte Ferdinand, »er tat, was England forderte.«



»Weil zu dieser Zeit aber,« rief Caracciolo, der ganz vergaß, daß er gar nicht gefragt ward, »weil zu dieser Zeit, Sire, die Stadt ohne Verteidigung, ohne Verschanzungen, ohne Besatzung, ohne Verproviantierung, weil der Hof nicht militärisch war, weil die Minister zaghafte Männer waren, während jetzt —«



»Schweig!« befahl der König, »es hat niemand deine Meinung wissen wollen.«



»Sprechen Sie nur!« sagte die Königin.



»Wir wollen uns belehren lassen.«



Dann wendete sie sich zum König und fragte:



»Sie erlauben es, nicht wahr, Sire?«



»O, Sie wissen recht gut, daß ich alles erlaube,« erwiderte Ferdinand, »was mich aber nicht hindert, nach meinem Kopfe zu handeln,« setzte er hinzu, erhob sich und ging hinaus.



»Sie sagten, mein Herr,« hob die Königin wieder an, indem sie sich an Caracciolo wandte: »Während jetzt —«



»Während jetzt,« begann der Kapitän wieder, »die Stadt reichlich mit Kanonen, Soldaten, Waffen und Munition versehen ist. Mit einem gutgerichteten Feuer vom Castello d'Uovo und vom Castello Nuovo wird man die französische Flotte außer Bombenschußweite halten.«



»Der König behauptet, das Pulver tauge nichts,« sagte die Königin.



»Nun, Madame,« sagte Caracciolo, »dann versucht man zu entern. Wenn ich dreihundert Barken in dem Hafen erhalte, so will ich an der Spitze derselben das Admiralschiff angreifen.«



Der König trat wieder ein, und als er die letzten Worte Caracciolo's vernahm, zuckte er mit den Achseln.



»Ich bitte um Verzeihung, Majestät,« sagte Caracciolo, »die tunesischen und malaischen Korsaren machen es aber nicht anders.«



»Monsieur,« sagte die Königin, »um Gottes willen, schenken Sie dem Gehör, was der Kapitän sagt. Es handelt sich hier um die Ehre ihrer Krone.«



»Überdies, Madame,« sagte Caracciolo, indem er sich zu der Königin wandte, die sich, wie er bemerkte, auf seine Seite neigte, »haben wir jetzt eine Jahreszeit, in welcher der Hafen von Neapel nicht zu behaupten ist. Nach der Kenntnis, die ich von unserem Klima habe,« fuhr er fort, indem er fragend zum Himmel blickte, »wollte ich darauf wetten, daß binnen vierundzwanzig Stunden ein Sturm die französische Flotte zwingt, das Weite zu suchen. Seine Exzellenz der Herr Kriegsminister, der selbst Seemann ist, kann bestätigen, daß ich die Wahrheit sage.«



»Antworten Sie, General,« sagte Karoline.



»Es liegt allerdings viel Wahres in dem, was Signor Caracciolo sagt, allein wir sind in die Enge getrieben.«



»Nein General,« hob der Kapitän wieder an, »denn sobald das erste Segel in Sicht kam, habe ich an Bord meiner Korvette alle Befehle so erteilt, als ob ich überzeugt gewesen wäre, daß dieses Schiff ein feindliches sei, und ich weiß, daß alle meine in dem Hafen stationierten Kameraden es eben so gemacht haben wie ich.«



»Nun, Sire,« fragte die Königin ihren Gemahl, der mit übergeschlagenen Beinen dasaß und seinen Fuß baumeln ließ, »was sagen Sie?«



»Sie sehen es ja, Madame,« erwiderte der König, »ich sage gar nichts.«



»Was tun Sie denn?«



»Ich warte.«



In dem Augenblicke, in welchem der König das sagte, hörte man einen ersten, dann einen zweiten und dann einen dritten Kanonenschuß.



»Ah,« rief die Königin, indem sie sich erhob und an das F

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