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La San Felice

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Ehe sie noch den äußersten Rand desselben erreicht hatten, wurden sie von einer, sich auf dem Sande brechenden Woge mit Schaum bedeckt.

Luisa stieß einen lauten Schrei aus.

Der Chevalier faßte sie in seine Arme und drückte sie an sein Herz. Dann rief er Michele durch einen Wink herbei.

»Warte,« sagte er zu Luisa. »Ich steige zuerst in das Boot, und dann wollen wir, Michele und ich, Dir beim Einsteigen behilflich sein.«

Luisa war in jenem Stadium des Schmerzes angelangt, welches der vollständigen Vernichtung der Kräfte vorangeht und kaum noch dem Willen die Fähigkeit läßt, sich auszudrücken.

Sie sank daher, beinahe ohne es zu bemerken, aus den Armen des Chevalier in die ihres Milchbruders.

Der Chevalier näherte sich entschlossen dem Boot, und in dem Augenblick, wo zwei Ruder es mit Hilfe eines langen Hakens, wenn auch nicht unbeweglich, doch wenigstens dem Strande so nahe als möglich hielten, sprang er hinein und rief:

»Vorwärts!«

»Und die kleine Dame?« fragte der Bootführer.

»Die bleibt,« entgegnete San Felice.

»Allerdings ist auch heute kein Wetter, um Frauen einzuschiffen,« entgegnete der Bootführer. »Vorwärts, Jungens! Frisch und flink!«

Binnen einer Seeunde war das Boot schon zehn Klafter weit von dem Gestade hinweg.

Alles dies war so rasch geschehen, daß Louisa nicht Zeit gehabt hatte, den Entschluß ihres Gatten zu errathen, und folglich auch nicht, ihn zu bekämpfen. Als sie das Boot sich entfernen sah, stieß sie einen lauten Schrei aus.

»Und ich! und ich!« rief sie, indem sie sich Micheles Armen zu entreißen suchte, um ihrem Gatten zu folgen; »und ich! Du verlässest mich also?«

»Was wurde dein Vater sagen, dem ich versprochen habe, Dich zu behüten, wenn er sähe, daß ich Dich einer solchen Gefahr aussetze?« entgegnete San Felice, die Stimme erhebend.

»Aber ich kann nicht in Neapel bleiben!« rief Luisa die Hände ringend. »Ich will fort! Ich will mit Dir gehen. Nimm mich mit, Luciano! Wenn ich bleibe, so bin ich verloren.«

Der Chevalier war schon weit hinweg. Ein Windstoß trug die Worte ans Land.

»Michele, ich vertraue sie Dir an.«

»Nein, nein,« rief Luisa verzweiflungsvoll. »Niemanden als Dir will ich mich anvertrauen, Luciano! Du weißt es also nicht! Ich liebe ihn!«

Und indem sie dem Chevalier diese letzten Worte zuwarf, in welche sie ihre ganze noch übrige Kraft gelegt, schien ihre Seele sie zu verlassen. Sie ward ohnmächtig.

»Luisa! Luisa!« rief Michele, indem er vergebens bemüht war, sie ins Leben zurückzurufen.

»Anankè!«, murmelte eine Stimme hinter Michele.

Der Lazzarone drehte sich herum.

Eine Frau stand hinter ihm und bei dem grellen Scheine eines Blitzes erkannte er die Albaneserin Nanno, welche, als sie den Chevalier nach Sicilien gehen und Luisa in Neapel bleiben sah, auf griechisch jenes geheimnißvolle und furchtbare Wort aussprach, welches wir diesem Capitel zur Ueberschrift gegeben: Verhängniß.

In demselben Augenblicke verschwand das Boot, welches den Chevalier hinwegtrug, hinter den düstern, gewaltigen, massiven Mauern des Castell's d'Uovo.

Viertes Capitel.
Gottes Gerechtigkeit

Am 22. Dezember Morgens, das heißt am Tage nach dem, wo die von uns soeben erzählten Ereignisse stattgefunden, standen zahlreiche Gruppen schon von Tagesanbruch an vor den mit dem königlichen Wappen versehenen Proclamationen, welche während der Nacht an die Mauern, von Neapel angeschlagen worden.

Diese Proclamationen bestanden in einem Edict, welchem zu Folge der Fürst von Pignatelli zum Vicar des Königreichs und Mack zum Generallieutenant ernannt wurden.

Der König versprach mit mächtiger Waffenhilfe von Sicilien zurückzukehren.

Die furchtbare Wahrheit war nun endlich den Neapolitanern offenbar. Stets feig, verließ der König sein Volk, wie er seine Armee verlassen. Nur beraubte er diesmal die Hauptstadt zugleich sämtlicher seit Jahrhunderten gesammelten Meisterwerke und alles Geldes, welches er in den Kassen gefunden.

Das verzweifelte Volk eilte nach dem Hafen.

Die Schiffe der englischen Flotte konnten wegen des widrigen Windes nicht auslaufen. An dem von der Mastspitze flatternden Wimpel erkannte man das, auf welchem sich der König befand. Es war dies, wie schon gesagt, der »Vanguard«.

Gegen vier Uhr Morgens hatte, wie der Graf von Thurn vorausgesehen, der Wind sich wirklich ein wenig gelegt und das Meer war etwas ruhiger geworden.

Die Flüchtlinge hatten, nachdem sie die Nacht in dem Hause des Hafeninspektors zugebracht, ohne sich jedoch erwärmen zu können, sich wieder aufgemacht und waren mit großer Mühe an Bord des Admiralschiffes gelangt.

Die kleinen Prinzessinnen hatten Hunger gehabt, aber weiter nichts bekommen können als Salzfisch, hartes Brot und Wasser.

Die Prinzessin Antonia, die jüngste der Töchter der Königin, erzählt in einem Tagebuche, welches uns vorliegt, diese Thatsache und schildert ihre Angst, so wie die ihrer Eltern während dieser furchtbaren Nacht.

Obschon das Meer noch außerordentlich hoch ging und der Hafen schlecht geschützt war, so stiegen doch der Erzbischof von Neapel, die Barone, die Magistratspersonen und die angesehensten Männer des Volkes in Boote und gingen, nachdem sie die muthigten Bootführer durch reichen Lohn gewonnen, den König zu bitten, nach Neapel zurückzukehren, indem sie zugleich versprachen, für die Vertheidigung der Stadt Alles, bis auf den letzten Blutstropfen, zu opfern.

Der König verstand sich jedoch nur dazu, den Erzbischof Capece Zurlo zu empfangen, welcher trotz aller Bitten nur die Worte von ihm erlangen konnte:

»Da das Land mich verrathen hat, so vertraue ich mich dem Meere an.«

Mitten unter diesen Booten befand sich eins, welches nur einen einzigen Passagier führte.

Dieser Mann war schwarz gekleidet, stützte die gesenkte Stirn in die Hände und richtete von Zeit zu Zeit sein bleiches Gesicht empor, um mit stierem, hohlem Auge zu sehen, ob man sich dem Schiffe näherte, welches dem König zum Asyl diente.

Das Schiff war, wie wir gesagt haben, von Booten umringt, vor diesem einzelnen Boote und diesem einzigen Manne aber wichen die andern zurück.

Es war jedoch leicht zu sehen, daß dies aus Widerwillen und nicht aus Ehrerbietung geschah.

Das Boot und der Mann gelangten an den Fuß der Fallreepstreppe des »Vanguard«, hier aber stand ein englischer Marinesoldat, welcher instruiert war, Niemanden an Bord steigen zu lassen.

Der Mann im Boot bestand darauf, daß man ihm die allen Andern verweigerte Vergünstigung gewähre. Seine Hartnäckigkeit lockte einen Marineofficier herbei.

»Mein Herr,« rief der Mann, welchem man den Zutritt zum Schiffe verweigerte, »haben Sie die Güte, meiner Königin zu sagen, daß es der Marquis Vanni ist, welcher um die Ehre bittet, von ihr auf einige Minuten empfangen zu werden.«

Ein Murren erhob sich in sämtlichen übrigen Booten.

Wenn der König und die Königin, welche sich weigerten, den Magistrat, die Barone und die Erwählten des Volkes zu empfangen, Vanni vorließen, so war dies eine Beleidigung für alle Anderen.

Der Officier hatte das an ihn gestellte Verlangen dem Admiral Nelson gemeldet und dieser, welcher den Fiscalprocurator wenigstens dem Namen nach kannte und wußte, was für Dienste dem Königthum durch diesen Beamten geleistet worden, setzte die Königin in Kenntniß.

Der Officier erschien wieder auf der Höhe der Treppe und rief auf englisch:

»Die Königin ist unwohl und kann Niemanden empfangen.«

Vanni, der nicht englisch verstand oder sich stellte, als verstünde er es nicht, fuhr fort, sich an die Treppe anzuklammern, von welcher die Schildwache ihn fortwährend hinwegstieß.

Es erschien ein zweiter Officier, der ihm die Weigerung der Königin in schlechtem Italienisch notificirte.

»Dann fragen Sie den König!« rief Vanni. »Es ist unmöglich, daß der König, dem ich so treu gedient, die Bitte, die ich ihm vorzutragen habe, zurückweise.«

Die beiden Officiere beriethen sich mit einander über das, was zu thun sei, als gerade in diesem Augenblick der König selbst, indem er dem Erzbischof das Geleite gab, auf dem Deck erschien.

»Sire! Sire!« rief Vanni, als er den König erblickte, »ich bin es! Ihr treuer Diener!«

Der König küßte, ohne Vanni zu antworten, dem Erzbischof die Hand.

Der Erzbischof stieg die Treppe hinunter und wich, am Fuße desselben angelangt, Vanni so viel als möglich aus, um ihn nicht auch nur mit den Kleidern zu berühren.

Diese übrigens eben nicht sehr christliche Zurückhaltung ward von den Booten bemerkt und erweckte in demselben ein Gemurmel des Beifalls.

Der König erhaschte diese Demonstration im Fluge und beschloß, Nutzen davon zu ziehen.

Es war eine neue Feigheit, in dieser Beziehung aber hatte Ferdinand aufgehört zu rechnen.

»Sire,« wiederholte Vanni mit entblößtem Haupte und die Arme nach dem Könige ausstreckend »ich bin es!«

»Wer? Sie?« fragte der König in jenem näselnden Tone, welcher ihm in seinen possenhaften Anwandlungen so viel Aehnlichkeit mit Polichinell gab.

»Ja, ich, der Marquis Vanni.«

»Ich kenne Sie aber nicht,« sagte der König.

»Sire,« rief Vanni, »Sie kennen Ihren Fiscalprocurator, den Berichterstatter der Staatsjunta, nicht mehr?«

»Ah, ganz recht,« entgegnete der König. »Sie waren es, welcher sagte, es würde nicht eher wieder Ruhe im Königreich, als bis man sämtliche Edelleute, sämtliche Barone, sämtliche Beamte, mit einem Worte sämtliche Jakobiner hinter Schloß und Riegel gesetzt hätte. Sie waren es, der die Köpfe von zweiunddreißig Personen verlangte und Medici Canzano und Teodoro Montecelli foltern lassen wollte.«

Von Vannis Stirn rieselte der kalte Schweiß herab.

»Sire!« murmelte er.

»Ja,« antwortete der König, »ich kenne Sie aber blos dem Namen nach. Ich habe niemals mit Ihnen, oder vielmehr Sie haben niemals mit mir zu thun gehabt. Habe ich Ihnen jemals einen einzigen Befehl ertheilt?«

 

»Nein, Sire, das ist wahr,« sagte Vanni den Kopf schüttelnd, »Alles, was ich gethan, habe ich auf Befehl der Königin gethan.«

»Nun dann,« sagte der König, »wenn Sie etwas wünschen, so wenden Sie sich doch an die Königin und nicht an mich.«

»Sire, an die Königin habe ich mich bereits gewendet.«

»So!« sagte der König, welcher sah, wie sehr seine Weigerung von allen Zuhörern gebilligt ward, und der, indem er durch den Beweis von Undankbarkeit, den er gab, seine Popularität ein wenig wieder gewann, die Unterredung, anstatt sie abzukürzen, zu verlängern suchte; »und?«

»Die Königin hat sich geweigert, mich zu empfangen, Sire.«

»Das ist allerdings unangenehm für Sie, mein armer Marquis; da ich es aber niemals gebilligt habe, daß die Königin Sie empfing, so kann ich sie jetzt nicht tadeln, wenn Sie von ihr nicht empfangen werden.«

»Sire,« rief Vanni im Tone eines Schiffbrüchigen, welcher die Planke, an die er sich an klammert und auf die er seine letzte Hoffnung gegründet, seinen Händen entschlüpfen fühlt, »Sire! Sie wissen, daß ich nach den Diensten, die ich Ihrer Regierung geleistet, nicht in Neapel bleiben kam. Wenn Sie mir das Asyl verweigern, um welches ich Sie auf einem der Schiffe der englischen Flotte bitte, so verurtheilen Sie mich zum Tode, denn die Jakobiner werden mich aufknüpfen.«

»Gestehen Sie,« sagte der König, »daß Sie dies auch mit Recht verdient haben.«

»O, Sire! Sire! Meinem Unglück fehlte nur noch, daß Eure Majestät mich aufgeben.«

»Meine Majestät, lieber Marquis, ist hier nicht mächtiger als in Neapel. Die wahre Majestät ist, wie Sie recht wohl wissen, die Königin. Die Königin ist es, welche regiert. Ich gehe auf die Jagd und amüsiere mich – obschon nicht gerade in diesem Augenblick, wie ich Ihnen wohl nicht erst zu versichern brauche. Die Königin hat den General Mack kommen lassen und ihn zum Oberbefehlshaber ernannt. Die Königin ist es, welche den Krieg führt; die Königin ist es, welche nach Sicilien will. Jedermann weiß, daß ich für meine Person gern in Neapel geblieben wäre. Besprechen Sie sich also mit der Königin; ich kann mich nicht mit Ihnen beschäftigen.«

Vanni faßte mit verzweifelter Geberde sich mit beiden Händen am Kopfe.

»Ah doch!«, hob der König wieder an; »ich kann Ihnen einen guten Rath geben –«

Vanni richtete den Kopf empor und ein Strahl der Hoffnung zuckte über sein aschenfahles Gesicht.

»Ich kann,« fuhr der König fort, »Ihnen den Rath geben, an Bord der »Minerva«, auf welcher der Herzog von Calabrien und seine Familie sich eingeschifft hat, zu gehen und den Admiral Caracciolo zu bitten, Sie mitzunehmen. Was jedoch mich betrifft, lieber Marquis, so wünsche ich Ihnen guten Tag und glückliche Reise.«

Und der König begleitete diesen Wunsch mit einem grotesken Geräusch, welches er mit dem Munde machte und welches täuschend das nachahmte, welches der Teufel, von welchem Dante spricht, macht, indem er sich seines Schwanzes als Trompete bedient.

Trotz des Ernstes der Situation erhob sich hier und da ein Gelächter; einige Rufe: »Es lebe der König!« wurden gehört, einmüthig aber war das Geheul und Gepfeife, von welchem Vannis Entfernung begleitet war.

So wenig Aussicht in dem von dem König gegebenen guten Rathe auch lag, so war er doch eine letzte Hoffnung. Vanni klammerte sich an dieselbe und befahl seinem Bootsführer, nach der Fregatte »Minerva« zu rudern, welche sich anmuthig in einiger Entfernung von der englischen Flotte schaukelte und an ihrem großen Mast den Wimpel trug, welcher verkündete, daß sie den Kronprinzen an Bord hatte.

Drei auf der Campagne stehende Männer verfolgten mit Fernröhren den Auftritt, welchen wir soeben erzählt.

Es war der Kronprinz, der Admiral Caracciolo und der Chevalier San Felice, dessen Fernrohr sich, wir dürfen dies nicht unerwähnt lassen, öfter nach der Richtung der Mergellina, wo das Haus mit dem Palmbaume stand, als nach der Seite von Sorento wendete, in welcher Richtung der »Vanguard vor Anker lag.

Der Kronprinz sah das Boot, welches auf die »Minerva« zugerudert kam, und da er den darin befindlichen Mann lange mit dem Könige sprechen gesehen, so richtete er sein Fernrohr auf diesen Mann mit ganz besonderer Aufmerksamkeit.

Plötzlich erkannte er ihn.

– »Es ist der Marquis Vanni, der Fiscalprocurator!« rief er.

»Was will dieser Elende bei mir?« fragte Caracciolo, die Stirn runzelnd. Dann setzte er, sich plötzlich erinnernd, daß Vanni der treue Diener der Königin war, lachend hinzu: »Ich bitte um Verzeihung, Hoheit. Sie wissen, daß Seeleute und Richter nicht eine und dieselbe Uniform tragen. Es ist möglich, daß ein Vorurtheil mich ungerecht macht.«

»Hier handelt es sich um kein Vorurtheil, mein lieber Admiral,« antwortete der Prinz Francesco; »es handelt sich um das Gewissen. Ich verstehe Alles. Vanni fürchtet sich in Neapel zu bleiben. Er will mit uns fliehen. Er hat den König ersucht, ihn an Bord des »Vanguard« aufzunehmen, und da der König sich geweigert hat, so kommt der Unglückliche nun zu uns.«

»Und welcher Meinung sind Euer Hoheit in Bezug auf diesen Menschen?« fragte Caracciolo.

»Wenn er mit einem schriftlichen Befehl von meinem Vater kommt, mein lieber Admiral, so wollen wir, da wir meinem Vater Gehorsam schuldig sind, ihn aufnehmen. Bringt er dagegen keinen schriftlichen Befehl, so sind Sie an Bord Ihres Schiffes unumschränkter Herr und werden thun, was Ihnen beliebt. Komm, San Felice!«

Und der Prinz ging in die Cajüte des Generals, welche dieser ihm überlassen, hinunter, indem er zugleich seinen Secretär mit sich fortzog.

Das Boot näherte sich. Der Admiral ließ einen Matrosen sich auf die letzte Stufe der Treppe stellen, während er selbst mit verschränkten Armen auf der obersten stehen blieb.

»Boot ahoi!« rief der Matrose.

»Wer da?«

»Gut Freund, « antwortete Vanni.

Der Admiral lächelte verächtlich.

»Zurück!« rief der Matrose. »Sprecht mit dem Admiral.«

Die Ruderer, welche wußten, daß Caracciolo in Bezug auf die Disciplin nicht mit sich scherzen ließ, hielten zurück.

»Was wollen Sie?« fragte der Admiral mit seiner rauhen kurzen Stimme.

»Ich bin –«

Der Admiral unterbrach den Antwortenden.

»Ich will nicht wissen, wer Sie sind, mein Herr, denn dies weiß ich so gut wie ganz Neapel. Ich frage Sie nicht, wer Sie sind, sondern: was Sie wollen?«

»Excellenz, da Se. Majestät der König an Bord des »Vanguard« keinen Platz mehr hat, um mich mit nach Sicilien zu nehmen, so schickt er mich zu Ihnen und läßt Sie bitten –«

»Der König bittet nicht, sondern befiehlt. Wo ist der Befehl?«

»Wo der Befehl ist?«

»Ja, ich frage Sie, wo er ist. Ohne Zweifel hat der König, indem er Sie zu mir schickt, Ihnen einen schriftlichen Befehl gegeben, denn er muß wissen, daß ich ohne einen bestimmten Befehl von ihm einen Elenden, wie Sie, nicht in mein Schiff aufnehmen würde.«

»Einen schriftlichen Befehl habe ich nicht,« sagte Vanni bestürzt.

»Nun dann zurück!«

»Excellenz!«

»Zurück!« wiederholte der Admiral.

Dann wendete er sich zu dem Matrosen, der unten an der Fallreepstreppe stand, und setzte hinzu:

»Wenn Du zum dritten Mal »Zurück« gerufen hast und dieser Mensch entfernt sich nicht, so gibst Du Feuer.«

»Zurück!« schrie der Matrose.

Das Boot entfernte sich.

Nun war alle Hoffnung verloren.

Vanni kehrte nach Hause zurück.

Seine Frau und seine Kinder erwarteten nicht, ihn wiederzusehen. Diese Menschenjäger haben Frauen und Kinder wie andere Männer. Ja, man versichert, daß sie zuweilen der Gattenliebe und väterlicher Gefühle fähig sind.

Weib und Kinder eilten ganz erstaunt über seine Rückkehr auf ihn zu.

Vanni zwang sich, ihnen zuzulächeln, und erklärte, er werde mit dem König abreisen; da aber in Folge des widrigen Windes diese Abreise erst in der Nacht erfolgen würde, so sei er gekommen, um wichtige Papiere zu holen, welche er in seiner Eile, Neapel zu verlassen, nicht Zeit gehabt zusammenzusuchen.

Dies war es, was, wie er sagte, ihn noch einmal zurückgeführt hatte.

Vanni küßte seine Frau und seine Kinder, begab sich in ein Cabinet und schloß sich in dasselbe ein.

Er hatte einen furchtbaren Entschluß gefaßt, nämlich den, sich das Leben zu nehmen.

Er ging eine Weile hin und her, begab sich dann aus seinem Cabinet in sein Schlafzimmer, welches unmittelbar daran stieß, und schwankte zwischen den verschiedenen ihm zu Gebote stehenden Todesarten – dem Strick, der Pistole, dem Rasiermesser.

Endlich blieb er bei dem Rasiermesser.

Er setzte sich vor ein Bureau, stellte sich einen kleinen Spiegel gegenüber und legte dann sein Rasiermesser daneben.

Hierauf tauchte er jene Feder, die so oft den Tod eines Nebenmenschen verlangt, in die Tinte und schrieb sich in folgenden Worten sein eigenes Todesurtheil.

»Die Undankbarkeit, deren Opfer ich bin, das Heranrücken eines furchtbaren Feindes, der Mangel an einer Freistätte, haben mich zu dem Entschlusse bewogen, mich dem Leben zu entziehen, welches fortan eine Last für mich ist.

»Man klage Niemanden meines Todes an und möge derselbe den Staatsinquisitoren zum Beispiel dienen.«

Nach Verlauf von zwei Stunden pochte Vannis Gattin, welche allmälig unruhig ward, weil sie das Zimmer ihres Mannes sich nicht wieder öffnen sah und ganz besonders, weil sie kein Geräusch darin hörte, obschon sie mehrmals gehorcht hatte, an die Thür.

Niemand antwortete ihr. Sie rief – abermals blieb Alles stumm.

Man versuchte durch die Thür des Schlafzimmers einzudringen; dieselbe war aber ebenso verschlossen wie die des Cabinets.

Ein Diener erbot sich nun, eine Glasscheibe einzudrücken und durch das Fenster hineinzusteigen.

Man hatte blos dieses Mittel, oder das, die Thür durch einen Schlosser öffnen zu lassen.

Man fürchtete ein Unglück und gab daher dem von dem Diener vorgeschlagenen Mittel den Vorzug.

Die Fensterscheibe ward eingedrückt, das Fenster geöffnet und der Diener stieg hinein.

Er stieß einen lauten Schrei aus und prallte bis an das Fenster zurück.

Vanni hing rückwärts geneigt über die Armlehne seines Sessels. Er hatte sich mit seinem neben ihm auf der Diele liegenden Rasiermesser die Halsschlagadern durchschnitten.

Das Blut war auf den Schreibtisch gespritzt, an welchem so oft Blut verlangt worden; der Spiegel, vor welchem Vanni sich die Arterie geöffnet, war roth davon, der Brief, in welchem er die Ursache seines Selbstmordes erklärte, war damit besudelt.

Er war fast augenblicklich gestorben, ohne Kampf, ohne Schmerz.

Gott, der so streng gegen ihn gewesen, daß er ihm nur das Grab als Zuflucht gelassen, war wenigstens in Bezug auf seinen Todeskampf barmherzig gegen ihn gewesen.

»Aus dem Blute der Gracchen,« sagt Mirabeau, »ward Marius geboren.« Aus dem Blute Vannis erstand Speciale.

Vielleicht wäre es um der Einheit unseres Buches willen besser gewesen, aus Vanni und Speciale eine einzige Person zu machen, die unerbittliche Geschichte aber zwingt uns, zu constatieren, daß Neapel seinem König zwei Foucquier Tinville geliefert hat, während Frankreich der Revolution nur einen lieferte.

Das Beispiel, welches Vanni hätte überleben sollen, ging verloren. Es fehlt zuweilen an Henkern, um Todesurtheile zu vollziehen, niemals aber an Richtern, um dergleichen zu fällen.

Am nächstfolgenden Tage, gegen drei Uhr Nachmittags, als das Wetter sich aufgeheitert hatte und der Wind günstig geworden war, lichteten die englischen Schiffe die Anker, spannten die Segel, stachen in See und verschwanden am Horizont.

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