Бесплатно

Der Chevalier von Maison-Rouge

Текст
0
Отзывы
iOSAndroidWindows Phone
Куда отправить ссылку на приложение?
Не закрывайте это окно, пока не введёте код в мобильном устройстве
ПовторитьСсылка отправлена

По требованию правообладателя эта книга недоступна для скачивания в виде файла.

Однако вы можете читать её в наших мобильных приложениях (даже без подключения к сети интернет) и онлайн на сайте ЛитРес.

Отметить прочитанной
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

XXIII.
Die Göttin Vernunft

Man suchte den ganzen Tag im Hof, im Garten und in der Umgegend das kleine Papier, das all diesen Lärmen verursachte, und, wie man nicht bezweifelte, ein ganzes Complott enthielt.

Man befragte die Königin, nachdem man sie von ihrer Schwägerin und ihrer Tochter getrennt hatte; doch Sie antwortete nur, sie habe, aus der Treppe eine junge Frau mit einem Strauße getroffen, diese junge Frau habe ihr den Strauß angeboten, doch sie habe sich begnügt, nur eine Blume daraus zu pflücken, und auch dies sei mit der Einwilligung des Municpal Maurice geschehen.

Sie hatte nichts Anderes zu sagen; es war die Wahrheit in ihrer ganzen Einfachheit und in ihrer ganzen Kraft.

Alles wurde Maurice mitgetheilt, als die Reihe an ihn kam, und er bestätigte die Aussage der Königin als offen und genau.

»Aber es bestand ein Complott?« sagte der Präsident.

»Das ist nicht möglich,« entgegnete Maurice, »ich habe der Bürgerin Dirmer, als ich bei ihr zu Mittag speiste, den Vorschlag gemacht, ihr die Königin zu zeigen, die sie noch nicht gesehen hatte. Doch es war nichts in Beziehung auf den Tag oder das Mittel bestimmt.«

»Aber man hatte sich mit Blumen versehen,« sagte der Präsident, »dieser Strauß war zum Voraus gemacht worden?«

»Keines Wegs, ich habe diese Blumen einem Sträußermädchen abgekauft, das uns dieselben an der Ecke der Rue des Vieilles-Handriettes anbot.«

»Doch dieses Sträußermädchen hat ihr den Strauß wenigstens dargereicht?«

»Nein, Bürger, ich habe ihn selbst aus zehn der zwölf ausgewählt; allerdings wählte ich den schönsten.«

»Aber man konnte das Billet unter Weges hinein stecken?«

»Unmöglich, Bürger, ich habe die Bürgerin Dirmer nicht einen Augenblick verlassen, und um eine solche Operation bei jeder von den Blumen vorzunehmen, denn bemerkt wohl, jede von den Blumen mußte, wie Simon behauptet, ein ähnliches Billet enthalten, hätte man ein, halben Tag gebraucht.«

»Konnte man denn nicht zwischen diese Blumen zwei bereitgehaltene Billets gesteckt haben?«

»In meiner Gegenwart hat die Gefangene eine Nelke auf den Zufall genommen, nachdem sie den ganzen Strauß ausgeschlagen.«,

»Deiner Ansicht nach waltet also kein Complott ob,« Bürger Lindey?

»Doch wohl, es waltet ein Complott ob,« erwieden Maurice, »und ich bin der Erste, der nicht nur daran glaubt, sondern der es bestätigt; nur rührt dieses Complott nicht von meinen Freunden her. Da jedoch die Nation keiner Furcht preisgegeben sein darf, so biete ich ein Caution an und stelle mich als Gefangener.«

»Keines Wegs,« antwortete Santerre: »verfährt man so gegen Erprobte, wie Du bist? Stellst Du Dich als Gefangener, um für Deine Freunde zu stehen, so würde ich mich als Gefangener stellen, um für Dich zu stehen. So ist die Sache einfach, nicht wahr, es liegt keine positive Anzeige vor? Niemand wird erfahren, was sich ereignet hat. Verdoppeln wir unsere Wachsamkeit, Du besonders, und es wird uns gelingen, den Grund der Dinge kennen zu lernen, indem wir die Oeffentlichkeit vermeiden.«

»Ich danke, Commandant,« sprach Maurice, »doch ich antworte Ihnen, was Sie an meiner Stelle antworten würden. Wir dürfen nicht hierbei stehen bleiben, wir müssen die Blumenhändlerin auffinden.«

«Die Blumenhändlerin ist fern, doch sei unbesorgt, man wird sie suchen. Ueberwache Du Deine Freunde, ich werde die Correspondenz des Gefängnisses überwachen.«

Man hatte nicht an Simon gedacht, doch Simon hatte seinen Plan.

Er kam gegen das Ende der von uns mitgetheilten Sitzung, um Kunde zu verlangen, und erfuhr die Entscheidung der Gemeinde.

»Ah! es bedarf, um die Sache abzumachen, einer regelmäßigen Anzeige,« sagte er, »wartet fünf Minuten und ich bringe sie.«

»Was gibt es denn?« fragte der Präsident.

Der Schuhflicker erwiderte:

»Die muthige Bürgerin Tison denuncirt die heimlichen Ränke und Schliche des Parteigängers der Aristokratie Maurice, sowie auch die Verzweigungen eines anderen ihm befreundeten, falschen Patrioten Namens Lorin.«

»Nimm Dich in Acht, nimm Dich in Acht, Simon,« sprach der Präsident. »Dein Eifer für die Nation fuhrt Dich vielleicht irre; Maurice Lindey und Hyacinth Lorin sind Erprobte.«

»Man wird das vor dem Tribunal sehen,« erwiderte Simon.

»Bedenke wohl, Simon, das würde ein ärgerlicher Proceß für alle gute Patrioten werden.«

»Aergerlich oder nicht, was macht das mir? Fürchte ich etwa das Aergerniß? Man wird wenigstens die volle Wahrheit über die Verräther erfahren.«

»Du bestehst also darauf, im Namen der Frau Tison Deine Anzeige zu machen?«

«Ich werde selbst diesen Abend bei den Cordeliers denunciren, und zwar Dich mit den Andern, Bürger Präsident, wenn Du nicht die Verhaftung des Verräthers Maurice decretirst.«

»Wohl, es sei,« sprach der Präsident, der, nach der Gewohnheit jener unglücklichen Zeit, vor demjenigen zitterte, welcher am Lautesten schrie. »Wohl, es sei, man wird ihn verhaften.«

Während diese Entscheidung gegen ihn gegeben wurde, war Maurice nach dem Temple zurückgekehrt, wo ihn ein Billet mit folgenden Worten erwartete:

»Da unsere Wache mit Gewalt unterbrochen worden ist, so werde ich Dich aller Wahrscheinlichkeit nach nicht vor morgen früh wiedersehen können: komm zu mir zum Frühstück und setze mich wahrend des Frühstücks in Kenntniß über alle die Ränke und Verschwörungen, welche Meister Simon entdeckt hat. Er behauptet nämlich, alles Unglück sei einer Nelke zuzuschreiben. Ich meinerseits will eine Rose fragen, wo der Grund der Unthat zu suchen?

»Und morgen werde ich Dir meinerseits sagen, was mir Arthemise geantwortet hat.

Dein Freund

Lorin.«

»Nichts Neues,« antwortete Maurice, »schlafe in: Frieden diese Nacht und frühstücke morgen ohne mich, insofern ich wegen der Vorfälle des heutigen Tages wahrscheinlich nicht vor Mittag ausgehen werde.

»Wie gern möcht ich Dir der Zephir sein, um das Recht zu haben, der Rose von der Du sprichst, einen Kuß zu schicken.

Dein Freund

Maurice.

N. S. Ich glaube übrigens, daß die Verschwörung nur ein falscher Lärmen war.«

Lorin war wirklich gegen elf Uhr in Folge der ungeschlachten Motion des Schuhflickers mit seinem ganzen Bataillon abgezogen.

Er hatte sich über diese Demüthigung mit einem Verse getröstet und war, wie es dieser Vers sagte, zu Arthemise gegangen.

Arthemise war entzückt, als sie Lorin kommen sah.

Das Wetter war herrlich; sie schlug einen Spaziergang die Quais entlang vor, der auch angenommen wurde.

Sie folgten dem Kohlenhafen, plauderten über Politik, Lorin erzählte seine Austreibung aus dem Temple und suchte zu errathen, welche Umstände dieselbe veranlaßt haben konnten, als sie, die Höhe der Rue des Barres erreichend, ein Sträußermädchen erblickten, das wie sie am rechten User der Seine hinaufging,

»Ah! Bürger Lorin, Du wirft mir hoffentlich einen Strauß schenken,« sagte Arthemise.

»Wie!« versetzte Lorin, »zwei, wenn es Dir angenehm ist.«

Und Beide verdoppelten ihre Schritte, um die Blumenhändlerin einzuholen, welche selbst ihren Weg mit sehr raschem Schritt verfolgte.

Bei dem Pont Marie blieb das Mädchen stehen, neigte sich über die Brüstung und leerte sein Körbchen in den Fluß.

Die einzelnen Blumen wirbelten einen Augenblick in der Lust. Durch ihr Gewicht hinabgezogen fielen die Sträuße etwas schneller, dann folgten Sträuße und Blumen aus der Oberfläche schwimmend dem Laufe des Flußes.

»Halt!« sagte Arthemise, die Blumenhändlerin betrachtend, welche ein so seltsames Gewerbe trieb; »man sollte glauben . . . aber ja . . . aber nein . . . aber doch . . . oh! was das sonderbar ist!«

Die Blumenhändlerin legte einen Finger aus ihre Lippen, als wollte sie Arthemise bitten, sie möge schweigen, und verschwand.

»Was ist es denn?« sagte Lorin; »kennst Du diese sterbliche Göttin?«

»Nein. Ich glaubte Anfangs, doch ich täuschte mich sicherlich.«

»Sie hat Dir doch ein Zeichen gemacht,« versetzte Lorin.

»Warum ist sie denn diesen Morgen Sträußermädchen?« fragte Arthemise sich selbst.

»Du gestehst also, daß Du sie kennst, Arthemise?«

»Ja,« antwortete Arthemise, »es ist eine Blumenhändlerin, der ich zuweilen abkaufe.«

»In jedem Fall,« sagte Lorin, »in jedem Fall hat diese Blumenhändlerin sonderbare Manieren, um ihre Waaren abzusetzen.«

Nachdem Beide zum letzten Male die Blumen angeschaut hatten, welche bereits die hölzerne Brücke erreichten und einen neuen Antrieb von dem Flußarme erhielten, der unter ihren Bögen durchläuft, setzten sie ihren Weg nach der Rapée fort, wo sie unter vier Augen zu Mittag zu speisen gedachten.

Dieser Vorfall hatte für den Augenblick keine Folge, Nur prägte er sich, da er seltsam war und einen geheimnißvollen Charakter bot, in die poetische Einbildungskraft von Lorin ein.

Die gegen Maurice und Lorin gerichtete Anzeige der Frau Tison erregte einen großen Lärmen im Club der Jacobiner und Maurice erhielt im Temple von der Gemeinde die Nachricht, seine Freiheit sei von der öffentlichen Entrüstung bedroht. Es war dies eine Aufforderung an den jungen Municipal, sich zu verbergen, wenn er schuldig wäre. Doch man fand ihn auf seinem Posten, als man kam, um ihn zu verhaften.

Maurice wurde aus der Stelle verhört.

Während er fest bei seinem Entschlusse blieb, keinen von seinen Freunden, deren er sicher sein konnte, in den Proceß zu verwickeln, forderte Maurice, der nicht der Mann war, sich lächerlicher Weise durch das Stillschweigen wie ein Romanheld zu opfern, eine Untersuchung gegen das Sträußermädchen.

Es war fünf Uhr Abends, als Lorin nach Hause zurückkehrte: er erfuhr sogleich die Verhaftung von Maurice und welche Forderung dieser gestellt hatte.

 

Alsbald erinnerte er sich des Sträußermädchens vom Pont Marie, das seine Blumen in die Seine geworfen. Dies war eine plötzliche Offenbarung, Die seltsame Blumenhändlerin, das Zusammentreffen der Quartiere, das Halbgeständniß von Arthemise, Alles rief ihm instinktmäßig zu, hier finde sich die Erklärung des Geheimnisses, dessen Enthüllung Maurice forderte.

Er sprang aus seinem Zimmer, eilte die vier Stockwerke hinab, als ob er Flügel gehabt hätte, und lief zu der Göttin Vernunft, welche goldene Sterne auf ein Kleid von blauer Gaze stickte.

Das war ihr Göttergewand.

»Laß die Sterne ruhen, liebe Freundin,« sagte Lorin, »Man hat Maurice diesen Morgen verhaftet und wird wahrscheinlich diesen Abend mich verhaften,«

»Maurice verhaftet!«

»Oh! mein Gott, ja. In dieser Zeit ist nichts gewöhnlicher, als große Ereignisse, und man schenkt ihnen nur keine Aufmerksamkeit, weil sie truppenweise kommen. Alle diese großen Ereignisse aber geschehen in Folge von Nichtswürdigkeiten. Vernachlässigen wir daher die Nichtswürdigkeiten durchaus nicht. Wer war die Blumenhändlerin, der wir diesen Morgen begegneten, liebe Freundin?«

Arthemise bebte.

»Was für eine Blumenhändlerin?«

»Ei, bei Gott! das Mädchen, das seine Sträuße so verschwenderisch in die Seine warf.«

»Ach! mein Gott!« sagte Arthemise, »ist dieses Ereigniß denn so wichtig, daß Du mit solcher Hartnäckigkeit daraus zurückkehrst?«

»So wichtig, liebe Freundin, daß ich Dich bitte, meine Frage aus der Stelle zu beantworten.«

»Mein Freund, ich kann nicht.«

»Göttin, nichts ist Dir unmöglich.«

»Ich habe meine Ehre verpfändet, Stillschweigen zu beobachten.«

»Und ich habe meine Ehre verpfändet, Dich sprechen zu machen.«

»Aber warum dringst Du denn so sehr in mich?«

»Damit. . . alle Wetter! damit Maurice nicht der Hals abgeschnitten wird.«

»Ah! mein Gott! Maurice guillotinirt?« rief die junge Frau erschrocken.

»Ohne von mir zu sprechen, der ich wahrhaftig nicht dafür zu stehen wage, daß ich den Kopf noch aus meinen Schultern habe.«

»Oh! nein, nein, das hieße sie unfehlbar verderben.«

In diesem Augenblick stürzte der Willfährige von Lorin in das Zimmer von Arthemise und rief:

»Ah! Bürger, rette Dich! rette Dich!«

»Und warum dies?« fragte Lorin.

»Die Gendarmen haben sich bei Dir gezeigt; während sie die Thüre einstießen, erreichte ich das Nachbarhaus über das Dach kletternd und lief hierher, um Dich zu benachrichtigen.«

Arthemise stieß einen furchtbaren Schrei aus.

»Arthemise,« sprach Lorin, indem er sich aufrecht vor sie stellte, »vergleichst Du das Leben eines Sträußermädchens mit dem von Maurice und mit dem Deines Geliebten? Wenn dem so ist, so höre ich auf, Dich für die Göttin Vernunft zu halten, und erkläre Dich für die Göttin Tollheit.«

»Arme Heloise!« rief die Extänzerin der Oper, »es ist nicht mein Fehler, wenn ich Dich verrathe.«

»Gut! gut! liebe Freundin,« sprach Lorin, indem er Arthemise ein Papier bot. »Du hast mich bereits mit dem Taufnamen beschenkt, schenke mir auch den Familiennamen und die Adresse.«

»Oh! den Namen schreiben, nie! nie!« rief Arthemise, »ich will ihn Dir sagen.«

Sage ihn mir und sei unbesorgt, ich werde ihn nicht vergessen.«

Arthemise gab mündlich Lorin den Namen und die Adresse der falschen Blumenhändlerin an.

Sie hieß Heloise Tison und wohnte in der Rue des Nonandières Nro. 24.

Bei diesem Namen stieß Lorin einen Schrei aus und entfloh aus Leibeskräften.

Er war noch nicht am Ende der Straße, als ein Brief bei Arthemise eintraf.

Dieser Brief enthielt nur folgende Zeilen:

»Kein Wort über mich, theure Freundin, die Offenbarung meines Namens würde mich unfehlbar ins Verderben stürzen. Warte bis morgen, um mich zu nennen, denn diesen Abend werde ich Paris verlassen haben.

Deine Heloise.«

»O mein Gott!« rief die zukünftige Göttin, »wenn ich das hätte ahnen können, so würde ich bis morgen gewartet haben.«

»Und sie stürzte nach dem Fenster, um Lorin zurückzurufen, wenn es noch Zeit wäre, doch er war verschwunden.

XXIV.
Die Mutter und die Tochter

Wir haben bereits gesagt, daß die Kunde von diesem Ereigniß sich in wenigen Stunden in ganz Paris verbreitete. Es gab in der That damals Indiscretionen, welche sich von Seiten einer Regierung, deren Politik sich auf der Straße anknüpfte und entwickelte, leicht begreifen lassen.

Das Gerücht erreichte daher furchtbar und drohend die Rue Vieille-Saint-Jacques und zwei Stunden nach der Verhaftung von Maurice erfuhr man dort diese Verhaftung.

Durch die Thätigkeit von Simon waren die Einzelheiten des Complottes schnell aus dem Temple hiuausgedrungen, nur hatte die Wahrheit, die Jeder mit einiger erdichteten Zusätzen schmückte, bei dem Meister Rothgerberei einige Veränderungen erlitten; man sagte, es handle sich um eine vergiftete Blume, die man der Königin zugesteckt und mit deren Hülse die Oesterreicherin ihre Wachen hätte einschläfern sollen, um aus dem Temple zu entfliehen. Diesen Gerüchten fügte sich ein gewisser Verdacht über die Treue des am Abend zuvor von Santerre entlassenen Bataillion bei, so daß bereits mehrere Opfer dem Hasse des Volkes bezeichnet waren.

Doch in der Rue Vieille-Saint-Jacques täuschte man sich, und zwar aus Gründen, durchaus nicht über die Natur des Ereignisses, und Morand und Dirmer entfernten sich sogleich und ließen Geneviève der heftigsten Verzweiflung preisgegeben zurück.

Begegnete Maurice ein Unglück, so war wirklich Geneviève die Ursache dieses Unglücks. Sie hatte an der Hand den blinden jungen Mann bis in den Kerker geführt, wo er eingeschlossen war, und aus welchem er aller Wahrscheinlichkeit nach nur hervorgehen würde, um das Schaffot zu besteigen.

Doch in jedem Fall sollte Maurice nicht mit seinem Kopfe seine Hingebung gegen eine Laune von Geneviève bezahlen. Wurde Maurice verurtheilt, so klagte sich Geneviève selbst bei dem Tribunal an, sie gestand Alles. Sie nahm die Verantwortlichkeit auf sich, auf sich allem, wohl verstanden, und auf Kosten ihres Lebens rettete sie Maurice.

Statt zu zittern bei dem Gedanken, für Maurice zu sterben, fand Geneviève im Gegentheil eine bittere Glückseligkeit hierin.

Sie liebte den jungen Mann, sie liebte ihn mehr, als es sich für eine Frau geziemte, welche nicht sich angehörte. Es war für sie ein Mittel, Gott ihre Seele rein und fleckenlos zurückzubringen, wie sie dieselbe von ihm erhalten hatte.

Vor dem Hause trennten sich Morand und Dirmer. Dirmer ging nach der Rue de la Corderie, Morand lief nach der Rue des Nonandières.

Als der Letztere an das Ende des Pont Marie kam, erblickte er die Menge der Müßigen und Neugierigen, welche sich während oder nach einem Ereignisse auf dem Platze aufstellen, wo dieses Ereigniß stattgefunden hat, wie die Raben sich aus einem Schlachtfeld versammeln.

Bei diesem Anblick blieb Morand stehen; seine Beine wichen unter ihm, er war genöthigt, sich aus das Geländer der Brücke zu stützen.

Nach einigen Minuten erlangte er wieder die wunderbare Gewalt, die er bei großen Veranlassungen über sich selbst hatte, mischte sich in die Gruppen, fragte und erfuhr, man habe zehn Minuten vorher in der Rue des Nonandières Nro. 24. eine junge Frau festgenommen, welche sicherlich des Verbrechens schuldig sei, dessen man sie angeklagt, denn man habe sie überrascht, wie sie mit dem Einpacken ihrer Habseligkeiten beschäftigt gewesen.

Morand erkundigte sich nach dem Club, in welchem das Mädchen verhört werden sollte. Er erfuhr, daß man sie vor die Muttersection geführt, und begab sich sogleich dahin.

Der Club war vollgepfropft von Menschen. Doch durch Ellenbogenstöße und Faustschläge gelang es Morand, auf die Tribune zu schlüpfen. Das Erste, was er erblickte, war die hohe Gestalt, das edle Antlitz und die verächtliche Miene von Maurice, der vor der Bank der Angeklagten stand und mit seinem Blick den perorirenden Simon niederschmetterte.

»Ja, Bürger,« schrie Simon, »ja, die Bürgerin Tison klagt den Bürger Lindey und den Bürger Lorin an. Der Bürger Lindey spricht von einem Sträußermädchen, aus das er sein Verbrechen abladen will, doch ich sage Euch zum Voraus, das Sträußermädchen wird sich nicht finden; es ist ein Complott von einer Gesellschaft von Aristokraten, welche sich, die feigen Burschen, den Ball einander zuwerfen. Ihr habt übrigens gesehen daß sich der Bürger Lorin bereits aus dem Staube gemacht hatte, als man in seine Wohnung kam. Nun, er wird sich ebenso wenig finden, als das Sträußermädchen.

»Du hast gelogen, Simon,« rief eine wüthende, Stimme, »er wird sich wiederfinden, denn hier ist er.«

Und Lorin brach in den Saal ein.

»Platz gemacht,« rief er, die Zuschauer auf die Seite stoßend, »Platz!«

Dieser Eintritt von Lorin, der aus eine ganze natürliche Weise, ohne Manier, ohne eine Absichtlichkeit, nur mit der dem Charakter des jungen Mannes inwohnenden Kraft und Treuherzigkeit geschah, brachte die größte Wirkung auf die Tribunen hervor, welche Beifall zu klatschen und bravo zu rufen anfingen.

Maurice begnügte sich zu lächeln und seinem Freund die Hand wie ein Mensch zu reichen, der sich gesagt hatte: »Ich bin sicher, daß ich nicht lange allein auf der Bank der Angeklagten bleiben werde.«

Die Zuschauer betrachteten mit einer sichtbaren Theilnahme die zwei hübschen jungen Leute, welche wie ein auf die Jugend und aus die Schönheit eifersüchtiger Dämon der Schuhflicker des Temple anklagte.

Dieser gewahrte den schlimmen Eindruck, der auf ihm zu lasten anfing, und entschloß sich, einen letzten Schlag zu thun.

»Bürger,« brüllte er, »ich verlange, daß die edelmüthige Bürgerin Tison gehört werde. Ich verlange, daß sie spreche. Ich verlange, daß sie anklage.«

»Bürger,« sagte Lorin, »ich verlange, daß zuvor die junge Blumenhändlerin, welche man verhaftet hat und ohne Zweifel vor Euch führen wird, gehört werde.«

»Nein,« rief Simon, »das ist abermals ein falscher Zeuge, ein Parteigänger der Aristokraten. Ueberdies brennt die Bürgerin Tison vor Begierde, das Gericht zu erleuchten.«

Während dieser Zeit sprach Lorin leise mit Maurice.

»Ja,« riefen die Tribunen, »ja, die Anzeige der Frau Tison; ja, ja, sie soll ihre Anzeige machen!«

»Ist die Bürgerin Tison im Saale?« fragte der Präsident.

»Allerdings ist sie da,« rief Simon. »Bürgerin Tison, sage doch, daß Du da bist.«

»Hier bin ich, mein Präsident,« sprach die Gefangenenwärterin; »doch wird man mir meine Tochter zurückgeben, wenn ich die Anzeige mache?«

»Deine Tochter hat nichts mit der Angelegenheit zu schaffen, die uns in Anspruch nimmt,« erwiderte der Präsident; »rede zuerst und wende Dich dann an die Gemeinde, um Dein Kind wieder zu verlangen.«

»Hörst Du? der Bürger Präsident befiehlt Dir, Deine Anzeige zu machen,« rief Simon, »sprich also auf der Stelle.«

«Einen Augenblick Geduld,« sagte der Präsident, indem er sich, erstaunt über die Ruhe des gewöhnlich so aufbrausenden jungen Mannes, gegen Maurice umwandte, Bürger Municipal, hast Du nicht zuvor etwas zu sprechen?«

»Nein, Bürger Präsident, außer etwa, daß es, ehe er einen Mann, wie ich bin, einen Feigen und Verräther nannte, gescheiter von Simon gewesen wäre, wenn er gewartet haben würde, bis man besser unterrichtet hätte.«

»Was sagst Du? was sagst Du?« wiederholte Simon mit dem spöttischen Tone des Menschen aus dem Volk, der dem Pariser Pöbel eigenthümlich ist.

»Ich sage,« erwiderte Maurice mehr traurig als zornig, »ich sage, daß Du sogleich grausam gestraft sein wirst, wenn Du siehst, was geschieht.«

»Und was wird denn geschehen?« fragte Simon,

»Bürger Präsident,« sprach Maurice, ohne seinen gehässigen Ankläger zu antworten, »ich verbinde mich mit meinem Freund, um Dich zu bitten, daß das junge Mädchen, das man so eben verhaftet hat, gehört werde, man diese arme Frau sprechen läßt, der man ohne zweifel ihre Aussage eingeblasen hat.«

»Hörst Du, Bürgerin?« rief Simon, »hörst man hat dort gesagt, Du seist ein falscher Zeuge?«

»Ich, ein falscher Zeuge,« sprach die Tison, »oh! Du wirst sehen; warte, warte!«

»Bürger,« sagte Maurice, »aus Mitleid befiehl dieser Unglücklichen, zu schweigen.«

»Ah! Du hast Furcht!« schrie Simon, » Furcht! Bürger Präsident, ich verlange die Anklage der Bürgerin Tison.«

»Ja, ja, die Anklage!« schrieen die Tribunen.

»Stille!« rief der Präsident, »die Gemeinde komm zurück.«

In diesem Augenblick hörte man einen Wagen, der außen unter einem Gebrülle und unter einem gewaltigen Geräusch von Waffen rollte.

 

Simon wandte sich unruhig nach der Thüre um.

»Verlasse die Tribune,« sagte der Präsident zu ihm, »Du hast das Wort nicht mehr.«

Simon stieg herab.

In diesem Augenblick traten die Gendarmen mit einer, bald wieder zurückgedrängten, Woge von Neugierigen ein, und eine Frau wurde in den Gerichtssaal gestoßen.

»Ist sie es?« fragte Lorin Maurice.

»Ja, ja, sie ist es,« sprach dieser. »Oh! die unglückliche Frau, sie ist verloren!«

»Das Sträußermädchen! das Sträußermädchen,« murmelte man auf den Tribunen, welche die Neugier ungemein in Bewegung setzte; »es ist das Sträußermädchen!!«

»Ich verlange vor Allem die Aussage der Frau Tison,« brüllte der Schuhflicker, »Du hattest ihr befohlen, ihre Anzeige zu machen, und siehst, daß sie nicht spricht.«

Die Frau Tison wurde ausgerufen und begann eine furchtbare, umständliche Anzeige. Ihrer Behauptung nach war das Sträußermädchen allerdings schuldig, Maurice und Lorin aber waren ihre Genossen.

Diese Anklage brachte eine unsägliche Wirkung aus das Publikum hervor.

Simon triumphierte indessen.

»Gendarmen, führt das Sträußermädchen herein,« rief der Präsident.

»Oh!das ist gräßlich,« murmelte Morand, indem er seinen Kopf in seinen Händen verbarg.

Die Blumenhändlerin wurde gerufen und stellte sich unten an die Tribune, der Tison gegenüber, deren Zeugschaft das Vergehen, dessen man sie beschuldigte, zu einem Capitalverechen gemacht hatte.

Da hob sie ihren Schleier auf.

»Heloise!« rief die Tison, »meine Tochter… Du hier. . .«

»Ja, meine Mutter,« antwortete mit sanftem Tone das junge Mädchen.

»Und warum bist Du zwischen zwei Gendarmen?«

»Weil ich angeklagt bin, meine Mutter!«

»Du. . . angeklagt!« rief die Tison voll Angst, »und von wem?«

»Von Dir, meine Mutter!«

Hin furchtbares Stillschweigen, ein Schweigen des Todes lagerte sich plötzlich über diesen geräuschvollen Massen und das schmerzliche Gefühl dieser furchtbaren Scene schnürte alle Herzen zusammen.

»Ihre Tochter!« flüsterten einzelne Stimmen leise und wie in der Entfernung. »Ihre Tochter, die Unglückliche!«

Maurice und Lorin schauten die Anklägerin und die Angeklagte mit einem Gefühle tiefen Mitleids und ehrfürchtigen Schmerzes an.

Simon, während er das Ende dieser Scene zu sehen wünschte, in der Hoffnung, Maurice und Lorin würden dabei gefährdet bleiben, war bemüht, sich den Blicken der Tison zu entziehen, welche mit irrem Auge umherschauten.

»Wie heißest Du, Bürgerin?' fragte der Präsident selbst erschüttert, das ruhige, ergebene junge Mädchen.

»Heloise Tison, Bürger.«

»Wie alt bist Du?«

»Neunzehn Jahre.«

»Wo wohnst Du?«

»In der Rue des Nonandières Nro. 24.«

»Hast Du an den Bürger Municipal Lindey, den Du hier aus dieser Bank siehst, diesen Morgen einen Nelkenstrauß verkauft?«

Die Tochter Tison wandte sich gegen Maurice, schau ihn an und sprach sodann:

»Ja, Bürger, ich habe dies gethan.«

Die Frau Tison schaute ihre Tochter mit Augen an welche die Angst furchtbar erweitert hatte.

»Weißt Du, daß jede von diesen Nelken ein an die Witwe Capet gerichtetes Billet enthielt?«

»Ich weiß es,« antwortete die Angeklagte.

Eine Bewegung des Schreckens und der Bewunderung verbreitete sich durch den Saal.

»Warum botst Du diese Nelken dem Bürger Maurice an?«

»Weil ich die Schärpe des Municipals an ihm erblickte und vermuthete, er würde in den Temple gehen.«

»Wer sind Deine Genossen'?»

»Ich habe keine.«

»Wie, Du hast das Complott für Dich allein gemacht?«

»Wenn es ein Complott ist, so habe ich es allein gemacht.«

»Aber wußte der Bürger Maurice? . . .«

»Daß diese Blumen Billets enthielten?«

»Ja.«

»Der Bürger Maurice ist Municipal; der Bürger Maurice konnte die Königin unter vier Augen und zu jeder Stunde des Tags und der Nacht sehen. Hatte der Bürger Maurice der Königin etwas zu sagen, so brauchte nicht erst zu schreiben, da er sprechen konnte.«

»Und Du kanntest den Bürger Maurice nicht?«

»Ich sah ihn in der Zeit, wo ich bei meiner armen Mutter war, in den Temple kommen; doch ich kannte ihn vom Sehen.«

»Siehst Du, Elender!« rief Lorin, mit der Faust Simon bedrohend, der den Kopf senkte und niedergeschmettert durch die Wendung, welche die Sache nahm, unbemerkt zu fliehen suchte, »Siehst Du, was Du gethan hast?«

Alle Blicke wandten sich mit einem Gefühle tiefer Entrüstung gegen Simon.

Der Präsident fuhr fort:

»Da Du den Strauß überreicht hast, da Du wußtest, daß jede Blume ein Papier enthielt, so mußt Du auch wissen, was auf das Papier geschrieben war.«

»Allerdings weiß ich es.«

»Nun, so sage uns, was aus dem Papier stand?«

»Bürger,« sprach mit großer Festigkeit das junge Mädchen, »ich habe Alles gesagt, was ich sagen konnte, und besonders was ich sagen wollte.«

»Du weigerst Dich, zu antworten?«

»Ja.«

»Und Du weißt, welcher Gefahr Du Dich aussetzest?«

»Ja.«

»Du hoffst vielleicht aus Deine Jugend, aus Deine Schönheit?«

»Ich hoffe nur aus Gott.«

»Bürger Maurice Lindey,« sprach der Präsident, Bürger Hyacinth Lorin, Ihr seid frei, die Gemeinde erkennt Eure Unschuld und läßt Eurer Bürgertugend Gerechtigkeit widerfahren. Gendarmen führt die Bürgerin Heloise in das Gefängniß der Section.«

Bei diesen Worten schien die Frau Tison zu erwachen, sie gab einen furchtbaren Schrei von sich und wollte vorstürzen, um ihre Tochter noch einmal zu umarmen: doch die Gendarmen verhinderten sie daran.

»Ich verzeihe Dir, meine Mutter,« rief die Tochter, während man sie fortschleppte.

Die Frau Tison stieß ein wildes Gebrülle aus und fiel wie, todt nieder.

»Edles Mädchen!« murmelte Morand mit einer schmerzlichen Bewegung.

Купите 3 книги одновременно и выберите четвёртую в подарок!

Чтобы воспользоваться акцией, добавьте нужные книги в корзину. Сделать это можно на странице каждой книги, либо в общем списке:

  1. Нажмите на многоточие
    рядом с книгой
  2. Выберите пункт
    «Добавить в корзину»