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Das Brautkleid

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Inzwischen schritt die Arbeit an dem Kleide vorwärts. Sie war, wie gesagt, eine prachtvolle Girlande von Stickereien, welche rund herumlief und bis zu dem Gürtel hinauf gefertigt werden musste, um sich da in Äste zu teilen, von welchen die einen auf jenen Teil des Körpers sich fortsetzen mussten, den man das Handgelenke nennt, während die anderen sich eigen«sinnig und launisch unter den Ärmel wanden, während die am unteren Ende des Kleides vereinigt blieben. Das Kleid war schon mehr als zur Hälfte fertig und aller Wahrscheinlichkeit nach musste Heinrich noch drei oder vier Monate ausbleiben. Das Kleid musste also bis zu seiner Zurückkunft vollendet sein.

Von Zeit zu Zeit fragte die Marquise um Nachricht von dem Reisenden, aber in einem Tone, wie man nach einem Fremden fragt. Die Marquise hatte nicht aus Wohlwollen für Heinrich, sondern aus Abneigung gegen Eduard an diese Verbindung gedacht.

Sie wollte ihre Enkelin nicht als die Frau eines Kaufmanns sehen. Das war es.

Inzwischen folgten sich Tage auf Tage, Cäcilie wusste, daß kein Schiff vor sechs Wochen von Guadeloupe absegeln würde; Heinrich hatte es ihr ja geschrieben Sie erwartete daher voll Geduld die bezeichnete Zeit. Als aber zwei Monate verflossen waren, da wurde sie unruhig. Endlich erhielt sie unter demselben Zittern vor Glück, unter derselben freudigen Aufregung eines Morgens folgenden neuen Brief:

Ich reise ab, teure Cäcilie, ich reise ab. Das Schiff, welches Ihnen diesen Brief bringt, geht nur acht Tage vor mir ab, und vielleicht komme ich, da die schöne Anna für eine vortreffliche Seglerin gilt, zu gleicher Zeit mit meinem Briefe, vielleicht noch vor demselben an. Ach, begreifen Sie es, Cäcilie? Ich reise ab, ich reise reich ab. Ich habe hundert Prozente an meiner kleinen Beilast gewonnen. Ich werde auf der Stelle die fünfzigtausend Francs dem Herrn Duval zurückstellen. Es bleiben mir fünfzigtausend andere, und mein Onkel hat mir eine. Ladung gegeben, welche einen Wert von hunderttausend Talern haben kann; nebst dem hat er mir noch ein Hochzeitsgeschenk von hunderttausend Franken gemacht.

»Meine heißgeliebte Cäcilie, begreifen Sie, in welcher Trunkenheit ich mich befinde? Ich frage den Kapitän unaufhörlich, ob es wahr sei, daß seine Abreise auf den achten März festgesetzt; denn am achten März werden wir abreisen.

»Er bejahte es in der Voraussetzung, daß der Wind nicht konträr werde, und dann ist seine Abreise unwiderruflich auf diesen Tag festgesetzt. Da aber um diese Zeit gewöhnlich der Wind vollständig regelmäßig ist, so wird uns, wie ich hoffe, nichts zurückhalten.

»Mein Gott! Mein Gott, ist es denn wahr, daß ich Sie wiedersehen soll, meine heißgeliebte Cäcilie, meinen angebeteten Engel! Ist es wahr, daß alle meine Furcht grundlos war; ist es wahr, daß Deine Güte niemals müde wird, und daß das Glück, welches mich bisher begleitete, nur der Vorbote jenes Glückes ist, welches mich bis nach Frankreich begleiten soll.

»Mein Gott, Du bist gut, Du bist groß, Du bist barmherzig; ich danke Dir!« Oder eigentlich, mein Gott, nicht wahr, sie ist es, welche betet, welche wacht, welche es für mich und für sich verdient? »Übrigens habe ich in meiner Freude und in meinem Glücke einen Gefährten, Samuel, den armen Samuel, Sie erinnern sich dessen, des Lotsen, von welchem ich Ihnen gesagt habe, des Unglücklichen, dem einige hundert Franc fehlten, um glücklich zu sein, wie uns einige Tausende fehlten. Sie werden einsehen, daß ich mit tausend Talern das Glück dieses Menschen begründete. Ich habe ihm diese tausend Taler in Ihrem Namen gegeben, Cäcilie. Bei seiner Rückkehr wird er Jenny heiraten, und wenn das erste Kind ein Knabe sein wird, so wird es Heinrich, ist es ein Mädchen, so wird es Cäcilie genannt werden.

»Acht Tage! Welch eine lange Zeit, acht Tage! Acht Tage zu warten, ohne mich Ihnen nähern zu können! Wenn man auf einem Schiffe, oder in einem Wagen ist, so fühlt man doch wenigstens, man mag durch die Schwingen des Windes fort getrieben, oder durch Pferde fortgezogen werden, daß man sich bewegt, daß man vorwärts kommt, daß man sich nähert; und diese Bewegung gibt einen Trost. Unsere Mutter wiegt uns, während wir schon groß sind.

»Ich glaube in der Tat, daß ich lieber vierzehn Tage länger auf dem Meere zubringen würde, wenn ich mich dagegen gleich auf den Weg machen könnte.

»Fast zögere ich, Ihnen diesen Brief zu schicken; Cäcilie, wenn Sie mich lieben, wie ich Sie liebe, was, wie ich fürchte, unmöglich ist, und wenn unser Fahrzeug durch widrigen Wind, durch irgend einen Zufall um eine Woche, um vierzehn Tage, um einen Monat sich verspäten wird, zu welcher Pein würde Ihr Leben werden, welches ganz der Erwartung hingegeben ist? O, Sie zu erwarten, Cäcilie, zu wissen, daß Sie mir entgegenkommen wollen, und dennoch nicht vorwärts kommen, die Ferne, welche zwischen uns liegt, nicht verkürzen zu können, indem ich mich Ihnen entgegen stürze, das würde für mich, ich fühle es, ein schreckliches Unglück, unerträglich sein; ich fühle, daß es noch viel schlimmer wäre als das, keine Nachrichten von Ihnen zu haben, und dennoch habe ich den Mut nicht, mich des Rufes zu enthalten:«Ich komme, Cäcilie, ich komme, erwarten Sie mich.«

»Ja, erwarten Sie mich, meine angebetete Cäcilie, ja, ich komme, ich eile herbei, erwarten Sie mich, da bin ich, ich bin Ihnen nah, ich liege zu Ihren Füßen.

Sagen Sie mir, daß Sie mich lieben, Cäcilie; ich liebe Sie so sehr!

»Noch einmal Adieu, Cäcilie; in acht Tagen reise ich ab. Auf Wiedersehen, Cäcilie, auf Wiedersehen! Erwarten Sie mich von einem Augenblicke zum anderen; noch einmal Cäcilie, ich komme.

Ihr

Heinrich.«

XXII.
Das Hochzeitskleid

Man kann sich vorstellen, welchen Eindruck ein solcher Brief auf das junge Mädchen machte. Sie fiel vor dem Kruzifix nieder, und nachdem fix ihr Gebet verrichtet, ihren Dank Ihm dargebracht hatte, eilte sie zur Marquise, um ihr diese gute Nachricht zu hinterbringen. Die Marquise war in dem Lesen eines neuen Romans begriffen, dessen gekünstelte Liebschaften sie mehr, als die wirkliche Liebe ihrer Enkelin ansprachen; sie machte aber nichtsdestoweniger Cäcilien ihre aufrichtigen Glückwünsche und küsste sie auf die Stirne.

»Nun, mein Kind,« sagte sie, »Du siehst wohl, daß Deine arme Mutter gewöhnlichen Verstand nicht hatte, als sie auf dieses Heiratsprojekt mit den Duvals einging, und daß ich allein recht hatte. Du verdankst also mir allein Dein Glück, mein Kind; vergiss das nie.«

Cäcilie kehrte mit zerrissenem Herzen nach ihrem Zimmer zurück. Dieser Vorwurf, welcher ihrer armen Mutter in dem Augenblicke gemacht wurde, in welchem sie so glücklich war, machte sie bis auf den innersten Grund ihres Herzens erbeben.

Wie sie vorhin sich niedergekniet hatte, um Gott zu danken, so kniete sie sich jetzt noch einmal nieder, um ihre Mutter um Vergebung zu bitten.

Dann las sie den Brief wohl zehnmal wieder, und endlich setzte sie sich zur Arbeit an ihr Hochzeitskleid.

Man hätte glauben sollen, daß das arme Kind die Stickerei gerade auf die Zurückkauft berechnet habe, und daß die Stickerei zu enden und Heinrich wieder«zusehen das Werk des nämlichen Augenblicks sein müsse; denn kaum hatte sie noch acht Tage zu arbeiten.

Fast neun Monate würden dann zwischen der ersten und der letzten Blume dieser glanzvollen Zeichnung liegen.

Aber mit welcher Seele, mit welcher Freude, mit welchem Glücke arbeitete sie jetzt. Wie diese Blumen unter ihren Fingern sich belebten! Wie sie, Rivalinnen der Töchter des Frühlings, Töchtern der Liebe glichen! Und wie sie Anfangs Zeugen ihrer Traurigkeit waren, so waren sie nun Zeugen ihres Glücks.

O ja, Heinrich hatte recht gehabt, die Stunden schienen der armen Cäcilie lange, aber sie verstoßen dennoch. Endlich kam der Abend, und die Nacht trat ein; aber Cäcilie konnte kaum schlafen. Jeder Wagen, der vorüberfuhr, regte sie auf. Hatte Heinrich nicht geschrieben, daß die schöne Anna eine gute Seglerin sei und daß er vielleicht zu gleicher Zeit mit seinem Briefe ankommen könne; es ist wahr, daß dies viel verlangt hieß; Heinrich hatte es vorausgesehen; eine Verzögerung könnte eintreten. Man mußte also wenigstens noch acht Tage zugeben, das war viel vernünftiger, als zu hoffen. Cäcilie wiederholte sich, daß sie eine Törin sei, wenn sie hoffe; aber dennoch hoffte sie.

Bei jedem Geräusche im Hause lief sie an die Treppe, bei jedem Geräusche in der Straße lief sie an das Fenster. So verging auch der folgende Tag, dann der nächstfolgende, dann die folgenden Tage, und der achte, welchen Cäcilie als das Ende ihres Wartens festgesetzt hatte, war für sie eine wahrhafte Pein.

Seit dem gestrigen Abende hatte Cäcilie ihr Hochzeitskleid fertig gemacht; die letzte Blume war strahlend und freudig unter ihren Fingern vollendet.

Der achte Tag verging, wie die andern. Von zwei Uhr bis zum Eintritt der Nacht blieb Cäcilie an ihrem Fenster, die Augen auf die Ecke der Straße Saint-Honoré gerichtet und sich einbildend, daß jeden Augenblick ein Cabriolet erscheine, welches ihr Heinrich zuführte, wie sie ihn in dem Cabriolet gesehen hatte, welches ihn ihr entführte.

Durch eines jener seltsamen Geheimnisse, welche beweisen, daß die Zeit nicht existiert und nichts als ein leeres Wort ist, entschwand dieser ganze Zeitraum, während dessen sie Heinrich erwartet hatte, spurlos; es schien ihr, daß es bloß der Abend sei, welcher dahin gegangen, und daß während der Nacht ein Traum gekommen sei, in welchem sie diese lange Reise geträumt habe.

Die Nacht kam, die Finsternis wurde dichter; aber dennoch brachte Cäcilie, wie wenn es schön wäre, die ganze Nacht am Fenster zu. Bei den ersten Strahlen der Sonne entschloss sie sich, matt vor Müdigkeit, das Herz gedrückt, bereit in Tränen zu zerfließen, sich niederzulegen.

 

Dieser Schlaf war kurz und aufgeregt, jeden Augenblick erwachte sie, plötzlich auffahrend, indem sie glaubte, den Ton der Glocke zu hören. Der Tag ging mit derselben Trägheit vorüber, wie der Abend.

Jetzt begann sie mit ihrer Liebe zu streiten, sich selbst zu überreden, daß die beiden Fahrzeuge sich nicht mit dieser methodischen Regelmäßigkeit folgen konnten. Die schöne Anna konnte im Augenblicke ihrer Abreise um einige Tage, vielleicht um eine Woche aufgehalten worden sein. Eine in jenen Tropenländern so häufig vorkommende Windstille konnte sie zurückgehalten haben. Sie legte sich noch einmal drei Tage auf, während welcher sie nicht hoffen dürfe; aber was sollte sie während dieser drei Tage beginnen.

Die arme Cäcilie nahm ihr Hochzeitkleid wieder auf und begann ein neues Bouquet in jede Ecke der Stickerei zu sticken.

Die drei Tage verflossen. Dann noch vier andere, endlich eine Woche; die vier Bouquete waren vollendet.

Heinrich hatte schon den wahrscheinlichen Zeitpunkt seiner Ankunft um vierzehn Tage überschritten; jetzt war Cäcilie nicht bloß ungeduldig, sie war auch unruhig. Jetzt erwachten alle Träume in ihrem Geiste, welche eine aufgeregte Einbildungskraft erzeugt; dieses ungeheure Meer, dessen dumpfes Brausen einen so starken Eindruck in Boulogne auf sie gemacht hatte, dieses tobende Meer mit seinen Launen, seinen Stürmen, seinen Orkanen, was hatte es aus der schönen Anna und aus Heinrich gemacht?

Waren schon die Tage Cäciliens in Folge des Wartens und der Unruhe schrecklich, so waren doch die Nächte noch schrecklicher. Dieser unaufhörliche Gedanke, der ihren Geist beschäftigte, den aber während des Tages die Vernunft bekämpfte, erwachte bei Nacht wie ein Gespenst, und da die Sinne ihn nicht mehr unterdrückten, so quälte er ihren Schlaf mit ewigen phantastischen Erscheinungen.

Kaum war sie eingeschlafen, so erschienen ihr bald ihre Mutter, bald Heinrich, dann begann eine ganze Dichtung von namenlosem Schmerze, welche sie zu einem Erwachen voll von Schrecken, von Seufzern und Tränen führte.

Heinrich war nun einen Monat länger aus, als er sollte.

Um sich zu zerstreuen, nahm Cäcilie ihre Zuflucht zu dem armen Hochzeitkleid; sie entschloss sich, den Grund desselben mit Bouqueten zu übersäen, wie sie schon in die Ecken gestickt hatte.

Dann quälte sie noch ein anderer Gedanke, welcher in ihrer Seele aufzutauchen begann; die Marquise fuhr fort, in ihrem sorglosen Egoismus zu leben. Eines Tages öffnete Cäcilie den Sekretär, in welchem Alles war, was sie und ihre Großmutter besaß; es waren noch 1500 Franken da.

Sie eilte zu der Marquise und teilte ihr mit der möglichsten Schonung ihre Befürchtungen mit.

»Nun,« sagte die Marquise, »wird von jetzt an bis zu dem Augenblick, in welchem diese 1500 Francs ausgegeben werden, das ist in drei oder vier Monaten von heute an, Heinrich nicht zurückgekehrt sein?«Cäcilie öffnete den Mund, um zu sagen: »ja, aber wenn er nicht da ist?«allein die Worte erstarben ihr auf den Lippen; denn es schien ihr, als dürfe sie nicht an der Barmherzigkeit Gottes zweifeln. Es schien ihr, daß sie, wenn sie zweifeln würde, ihr Schicksal verdiene. Durch die Überzeugung ihrer Großmutter wieder etwas belebt, kehrte sie auf ihr Zimmer zurück.

Und in der That, warum sollte Heinrich nicht wieder kommen? Es war noch nicht so viel Zeit verflossen, um verzweifeln zu dürfen; Heinrich war um einige Wochen im Rückstande, und das war Alles. Was er befürchtet hatte, konnte eingetreten sein; ohne Zweifel hatte die schöne Anna an dem festgesetzten Tage nicht absegeln können. Heinrich war auf dem Wege, er berührte vielleicht jetzt England, er war jetzt vielleicht in Frankreich gelandet, er konnte kommen, ehe noch diese neu begonnene Arbeit vollendet war. Cäcilie, voll von einem momentanen Mute und von einer ephemeren Hoffnung, setzte sich zu ihrem Hochzeitkleid nieder, und die neuen Stickereien gingen aus ihren Nadeln hervor, wie aus der einer Fee.

So verflossen drei Monate. Alle Bouquete waren vollendet, das Kleid wurde ein Wunder.

Die, welche es sahen, sagten, daß es für eine Frau zu schön und daß es würdig sei, der heiligen Jungfrau von Liesse, von Loreto, oder vom Berge Carmel dargebracht zu werden.

Cäcilie begann neue Blumen zwischen den Bouqueten.

Eines Morgens trat Mademoiselle Aspasia in das Zimmer des jungen Mädchens, was ein höchst seltener Fall war.

»Was wollen Sie, Aspasia?«rief Cäcilie. »Ist meiner guten Großmutter etwas begegnet?«

»Nein, Gott sei Dank, mein Fräulein; allein im Secretär ist kein Geld mehr, und ich komme, um sie zu fragen, wo ich welches bekommen werde?«

Ein kalter Schweiß trat auf Cäciliens Stirne; der lang gefürchtete Augenblick war gekommen.

»Es ist gut,« sagte sie, »ich werde darüber mit der Frau Marquise sprechen.«

Cäcilie trat in das Zimmer ihrer Großmutter.

»Nun, teure Großmutter,« sagte sie, »was ich vorausgesehen hatte, ist eingetreten.«

»Was, mein Herzchen?«fragte die Marquise.

»Unser kleines Vermögen ist erschöpft und Heinrich ist noch nicht zurück.«

»O, er wird zurückkommen, mein Kind, er wird zurückkommen.«

»Aber was werden wir, indem wir darauf warten, beginnen?. . . .«

Die Marquise betrachtete ihre Hand, sie hatte am kleinen Finger ein ovales Medaillon mit Diamanten umgeben.

»Ach!« sagte sie, indem sie einen Seufzer aus«stieß, »es kostet mir große Überwindung, mich von diesem Ringe zu trennen, aber es muss geschehen.«

»Meine Mutter,« sagte Cäcilie, »sie brauchen sich ja bloß von diesen Diamanten zu trennen, welche Sie durch einen Reif ersetzen können, der Ring wird Ihnen doch immer bleiben.«

Die Marquise stieß einen zweiten Seufzer aus, welcher andeutete, daß sie an den Diamanten eben so sehr, wie an dem Medaillon hänge, und gab dann Cäcilie den Ring.

Das arme Mädchen konnte Niemand die Sorge anvertrauen, das Kleinod zu verkaufen, welches ihr die Marquise zugestellt hatte; denn das hieße ihr bevorstehendes Elend ihrer Vertrauten mitteilen, und dieses war ein Geheimnis, in welches sie Mademoiselle Aspasia weniger als irgend jemand einweihen wollte.

Cäcilie ging daher selbst zu einem Juwelier und brachte 800 Francs zurück.

Dies war der Werth, auf welchen der Kaufmann die Umfassung geschätzt hatte; derselbe erhielt zu gleicher Zeit den Auftrag, den Kreis von Diamanten, durch einen Reif von Gold zu ersetzen.

Von diesem Augenblicke an begriff Cäcilie, daß nebst dem Unglücke, daß Heinrich nicht zurückkomme, noch ein zweites bestehe, und gegen das erstere ohnmächtig, wollte sie sich wenigstens gegen das zweite wahren. Als sie am dritten Tage den Ring der Marquise holte, nahm sie die Dessins ihrer Stickerei mit, und da ihr der Juwelier durch sein freundliches Wesen Zutrauen eingeflößt hatte, so zeigte sie ihm diese Arbeit und fragte ihn, ob er nicht irgend einen Stickereien-Zeichner kenne, bei welchem sie von ihrem Talente Gebrauch machen könne. Der Juwelier rief seiner Frau, welche, nachdem sie die Dessins bewundert hatte, versprach, mit einem Kaufmann darüber zu sprechen. Dm Tage später hatte Cäcilie eine Hilfsquelle, sie konnte täglich sechs bis acht Franc verdienen.

Von diesem Augenblicke an war das arme Mädchen wieder viel ruhiger und dachte nun ausschließend an Heinrich. Die Tage vergingen, und immer noch kam keine Nachricht. Heinrich war nun vier Monate zu lang aus. Cäcilie schien mehr und mehr kalt und teilnahmslos zu werden, ihr ganzer Schmerz konzentrierte sich in ihr und drückte auf ihr Herz. Von Zeit zu Zeit schauderte sie noch, wenn es zu der Stunde läutete, in welcher sonst der Briefträger kam; aber am Zuge der Glocke erkannte sie, daß er es nicht sei, und sie sank in den Fauteuil zurück, aus welchem sie sich halb erhoben hatte. Ihre ewige Beschäftigung, eine fast maschinenartig gewordene, war ihr Kleid, welches sie ganz und gar mit Stickereien überdeckte. Jeden Tag füllte Cäcilie einen neuen Zwischenraum aus, jeden Tag entstand eine neue Blume unter ihrer wundervollen Nadel; drei Monate verflossen abermals und keine Nachricht kam, um dem armen Kinde Freude oder Tränen zu bringen.

Während dieser drei Monate war das Geld, welches durch den Verkauf des Rings der Marquise eingegangen war, ausgegeben; allein vermöge der Hilfsquelle, welche Cäcilie sich geschaffen hätte, bemerkte es Niemand; alle Wochen trug das junge Mädchen ihre Dessins zu dem Kaufmann und alle Wochen stellte er ihr vierzig bis fünfzig Francen zu. Diese Summe genügte für die kleine Haushaltung; und da ihr die neue Arbeit immer noch Zeit zu ihrer Stickerei übrig ließ, so fuhr sie fort, täglich zwei oder drei Stunden an dieser zu arbeiten, denn es schien ihr, daß so lange sie daran arbeiten könne, sie sich noch immer durch etwas an die Vergangenheit anklammere, und daß noch nicht alle Hoffnung, Heinrich wiederzusehen, verloren sei.

Endlich kam ein Augenblick, wo jedes neue Hinzufügen unmöglich wurde; auch die kleinsten leeren Plätze waren ausgefüllt, das Hochzeitkleid Cäciliens war fertig.

Eines Morgens hielt sie es auf ihren Knien, schüttelte traurig den Kopf und suchte vergebens eine Stelle, um noch eine kleine Blume, irgend eine niedliche Arabeske anzubringen, als plötzlich die Glocke ertönte. Cäcilie stand von ihrem Stuhle auf, sie hatte den Zug des Briefträgers erkannt.

Cäcilie lief nach der Türe; er war es wirklich. Er hielt einen Brief in der Hand; aber dieser Brief war nicht von seiner Handschrift, es war ein großer viereckiger Brief mit einem amtlichen Siegel. Cäcilie zitterte, indem sie den Brief nahm.

»Was ist dies?' sagte sie mit einer fast erlöschenden Stimme.

»Ich weiß nicht, mein Fräulein,« sagte der Briefträger; »aber gestern hat man uns versammelt, um uns von Seite des Polizeipräfekten zu befragen, ob wir nicht ein Fräulein Cäcilie de Marsilly kennen. Ich antwortete, daß ich vor noch nicht langer Zeit mehrere Briefe an eine Person dieses Namens ausgetragen habe, welche in der Rur du Coq-Saint-Honoré Nr. 5 wohnte. Man zeichnete meine Erklärung auf, und diesen Morgen stellte mir mein Chef diesen Brief mit dem Auftrage zu, Ihnen denselben zu überbringen. Er kommt vom Ministerium der Marine.«

»Ach, mein Gott, mein Gott!« rief Cäcilie, »Was soll das heißen?«

»Ich hoffe, daß es eine gute Nachricht sei, mein Fräulein,« sagte der Briefträger, indem er sich zurückzog.

»Ach!« rief Cäcilie, »ich erwarte gute Nachrichten nur von einer einzigen Handschrift, und diese ist es nicht.«

Der Briefträger öffnete die Türe, um sich zu entfernen.

»Warten Sie, damit ich Sie, bezahle,« sagte Cäcilie.

»Ich dank, mein Fräulein, der Brief ist frei,« sagte der Briefträger.

Er entfernte sich, Cäcilie ging in ihr Zimmer zurück.

Sie hielt den Brief in der Hand, getraute sich aber nicht, ihn zu öffnen.

Endlich erbrach sie das Siegel und las, was folgt:

»Am Bord der Handelsbrigg: die schöne »Anna, kommandiert durch den Kapitän John Dickins.

»Heute, am 28 März 1805, um 3 Uhr Nachmittags, als wir auf der Höhe der Azoren waren, im zwei und zwanzigsten Grade der Breite und im zwei und vierzigsten Grade der Länge.

»Wir Eduard Thurnson, Steuermann auf der Brigg »die schöne Anna,« auf der Bagbordswache des genannten Fahrzeugs uns befindend, wurden durch den Lotsen Samuel benachrichtigt, daß der Vicomte Carl Heinrich de Sennones in dem Register der Passagiere unter Nr. 9 eingezeichnet, so eben gestorben sei.

»Wir haben uns, begleitet von Herrn William Smith, der Medizin Beflissenen, in das Zimmer Nr. 5 begeben, wo wir einen Leichnam fanden, welchen wir vollständig als den des Herrn Vicomte Heinrich de Sennones erkannten.

»Der Zeuge Samuel hat uns hierauf erklärt, daß um drei Uhr weniger fünf Minuten der Vicomte Carl Heinrich de Sennones in seinen Armen verschieden sei, und daß er, um sich von dem Aufhören, des Lebens zu überzeugen, ihm einen Spiegel vor die Augen gehalten habe, daß aber das Glas rein geblieben sei, daß er daher an seinem Tod nicht mehr gezweifelt habe und gekommen sei, uns hiervon Anzeige zu machen.

»Herr William Smith, der Medizin Beflissener, Passagier am Bord, der den Kranken behandelt hatte, untersuchte den Leichnam und gab folgende Erklärung ab.

»Wir erklären auf unsere Seele und unser Gewissen, daß der Vicomte Carl Heinrich de Sennones am gelben Fieber gestorben ist, von welchem er ohne Zweifel schon angesteckt war, als er Guadeloupe verließ; daß es drei Tage ist, daß sich die ersten Symptome zeigten, und daß die Krankheit solch reißende und schreckliche Fortschritte machte, daß er, ungeachtet aller Hilfe der Kunst, heute um drei Uhr weniger fünf Minuten gestorben ist.

 

»Zur Beglaubigung dessen haben wir gegenwärtiges Protokoll aufgenommen, welches nach Vorlesen durch uns unterzeichnet wurde, und durch den Arzt, welcher den Verstorbenen behandelte, und durch den benannten Zeugen.

»Geschehen am Bord, auf dem Meere, im Jahre, Monate und am Tage wie oben genannt.

»Unterzeichnet: John Dickins , Kapitän.

Eduard Thomson , Steuermann.

Wilhelm Smith , der Medizin Beflissener.

»Der Lotse Samuel hat erklärt, daß er nicht schreiben könne, und hat daher sein Kreuz gemacht.«

Als Cäcilie diesen Brief las, stieß sie einen Schrei aus und fiel in Ohnmacht.

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