Die 3 Führungsgespräche

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Führung ist ein Gespräch

Jemand hat gesagt: »Die Ehe ist ein einziges langes Gespräch. Heiraten Sie also nur jemanden, mit dem Sie sich gern unterhalten!« In Wirklichkeit bestehen alle guten Beziehungen lediglich aus einer Folge guter Gespräche. Je bedeutungsvoller, vertrauensvoller und offener sich so ein Gespräch gestaltet, desto erfüllender ist die Beziehung.

Wie die Leadership-Experten Robert J. Anderson und William A. Adams sagten: »[Auch] Führung ist ein Gespräch.«3

»Führungskräfte verbringen den Großteil ihrer Tage mit Gesprächen – Besprechungen, Telefonaten, E-Mails und strategischen Mitteilungen … Von der Güte dieser Führungsgespräche hängt ab, wie effizient Informationen weitergegeben werden, wie effektiv sich die gemeinsame Arbeit gestaltet und wie leistungsstark sich das Unternehmen am Ende zeigt … Die Güte unserer Gespräche und unserer Beziehungen korreliert also unmittelbar mit den Ergebnissen, die wir produzieren.«4

Wenn Führung also wirklich nichts anderes ist als ein einziges langes Gespräch, in dem wir ununterbrochen kommunizieren, dann hilft es vielleicht, wenn wir die Art und Weise, wie wir mit den Menschen um uns herum kommunizieren, einmal genauer unter die Lupe nehmen. Wir könnten beispielsweise fragen: »Bin ich in meinen Gesprächen zuvorkommend, ehrlich und hilfreich? Motiviere und inspiriere ich meine Mitarbeiter, sich besser und zielgerichteter einzubringen? Mit anderen Worten: Fühlen sie sich wirklich angesprochen? Oder sind meine Worte zu sparsam bemessen, oberflächlich, emotionslos und faktenbesessen? Oder, schlimmer noch, kommen sie drohend, kritikversessen oder sarkastisch herüber?«

Im Folgenden zeigen wir Ihnen Auszüge aus typischen Äußerungen am Arbeitsplatz. Überlegen Sie, was zwischen den Zeilen stehen könnte und welches Ergebnis eine solche Kommunikation bewirkt. Fallen Ihnen aus Ihrer Erfahrung Beispiele mit ähnlich starken Botschaften zwischen den Zeilen ein?

Überlegen Sie, wie Sie selbst kommunizieren. Was vermitteln die Worte, die Sie an die von Ihnen Geführten richten, hinsichtlich Ihrer Einstellung zum Team, zum Unternehmen oder zu Ihrer eigenen Rolle? Und was folgt daraus für Ihr Team oder Ihr Unternehmen?

Im Rahmen unserer Arbeit mit Mitarbeitern von Unternehmen aus aller Welt bekommen wir häufig Kommentare zu hören wie die folgenden:

»Ich weiß nicht, wie unsere Ziele lauten, wenn es die überhaupt gibt.«

»Ich weiß nicht, in welche Richtung sich unser Team bewegt und wozu es überhaupt existiert.«

»Ich frage mich manchmal, ob überhaupt jemand unsere Arbeit wertschätzt und ob wir damit langfristig irgendetwas bewirken.«

Abbildung 1.1


Was gesagt wurde Was damit kommuniziert wurde
»Die Argumente, die die Unternehmensleitung da vorbringt, versteht auch nur sie selbst. Wir machen’s einfach so. Okay?« Unsere Ideen erfahren keine Wertschätzung. Wir sind nicht Mensch, sondern nur Teil einer Maschine, an deren Hebel klügere und bessere Leute als wir sitzen.
»Fakt ist: Es gibt gute und schlechte Firmen. Da kann man nichts machen.« Wir sind Opfer. Wir können an unserer Situation nichts ändern.
»Die guten Leute gehen weg und die Nieten bleiben.« Dies ist ein schlechter Arbeitsplatz. Wer hier bleibt, trägt von vornherein den Stempel »leistungsschwach« – da kann er sich anstrengen, wie er will.
»Ich hoffe, du hast jemanden, der das bestätigen kann, was du da behauptest. Sonst machen die dich fertig.« Hüte dich davor, schlechte Nachrichten zu überbringen. Nur so überlebst du hier. Mit Offenheit, Ehrlichkeit und Transparenz wirst du hier nichts.
»Die von der Versandabteilung packen es einfach nicht. Was um sie herum geschieht, sehen die nicht.« Das Problem liegt nicht bei uns. Es hat seine Ursache irgendwo »da draußen«. Die »anderen« sind schuld.
»Die Einschnitte sind so groß, dass wir unseren Job schlicht nicht mehr machen können.« Erfolg ist schlechterdings ausgeschlossen – aber wir können nichts dafür.
»Hast du schon gehört? Marcie aus der Betriebsabteilung haben sie nach fünfzehn Jahren einfach so entlassen. Die Leute werden hier nur ausgebeutet und dann fallen gelassen.« Jeder muss hier um seinen Job bangen. Die da oben fühlen sich uns gegenüber nicht verpflichtet (und folglich brauchen wir uns auch ihnen gegenüber nicht verpflichtet zu fühlen).
»Obwohl wir schon so lange an diesem Projekt arbeiten, kommt von der Leitung keine Unterstützung. Die verstehen einfach nicht, welche Chance darin liegt.« Wir wissen nicht, was von uns erwartet wird, oder können uns auf Absprachen nicht verlassen. Die da oben sind inkompetent und haben keine Ahnung.
»Zeit und Ressourcen reichen nie, um die Arbeit im ersten Anlauf gut zu machen. Hinterher ist dann auf einmal viel Zeit da, um alles noch einmal durchzugehen und jedem seine Fehler vorzukauen.« Wir sind dem Goodwill von Leuten ausgeliefert, die entweder zu blöd oder zu geizig sind, um uns mit dem auszustatten, was wir brauchen, damit wir unsere Arbeit gut machen können.

»Ich weiß nicht, was ich in meiner Rolle Wesentliches beitragen kann.«

»Ich bin im Rahmen meiner Tätigkeit nicht befugt, eigenständige Entscheidungen zu treffen.«

»Ich habe nicht das Gefühl, dass mir irgendjemand zuhört. Warum sollte er auch?«

»Ich habe häufig den Eindruck, dass es meinem Chef wichtiger ist, von eigenen Fehlern abzulenken und sich selbst in ein gutes Licht zu setzen, als den Problemen auf den Grund zu gehen und sie zu lösen.«

Welche Motivation sollten Mitarbeiter, die von solchen Eindrücken berichten, haben, ihre Talente zu entdecken und ihr Bestes zu geben?

Denken Sie nun an die besten Führungskräfte, die Sie erlebt haben. Wie verstanden diese es, »durch Gespräche zu führen«? Waren die von ihnen Geführten ebenso ratlos, was Richtung und Zweck ihres Teams oder ihre eigenen Rollen betraf? Waren sie ebenso apathisch?

Erfolgreiche Führungskräfte, Mentoren und Coachs beweisen aufrichtiges Interesse an den Menschen um sie herum. Sie entwickeln Talent, wecken Leidenschaft, setzen Energien frei und geben Motivation und Inspiration. Ihre Führungsgespräche richten sich an die ganze Person – Verstand, Seele und Herz. Und diese Gespräche haben einen enormen Einfluss auf die Einsatzbereitschaft.

Laut einem Bericht des Gallup Business Journal »hängt die Einsatzbereitschaft der Mitarbeiter zu bis zu 70 Prozent von den Führungskräften ab«. Weiter heißt es: »Eine zuverlässige Kommunikation korreliert mit einer gesteigerten Einsatzbereitschaft.« Konkret heißt das: »Die höchste Einsatzbereitschaft zeigen Mitarbeiter, die täglich in irgendeiner Form (von Angesicht zu Angesicht, telefonisch oder elektronisch) mit ihren Vorgesetzten kommunizieren.« »Klarheit hinsichtlich der gestellten Erwartungen stellt möglicherweise das elementarste Mitarbeiterbedürfnis dar und ist ein wesentlicher Leistungsfaktor … Gute Führungskräfte teilen ihren Mitarbeitern nicht nur mit, was von ihnen erwartet wird; sie sprechen überdies regelmäßig mit ihren Mitarbeitern über ihre Aufgaben und ihre Fortschritte. Sie sparen diese entscheidenden Themen nicht für die einmal jährlich stattfindenden ›Mitarbeitergespräche‹ auf.«5

Die drei Kategorien von Führungsgesprächen, die wir in diesem Buch vorstellen, liefern den kulturellen Rahmen, innerhalb dessen Sie Ihre eigenen Führungsgespräche entwickeln und verbessern können, um Ihre Kommunikation künftig bewusster und klarer zu gestalten. Auf diese Weise erhöhen Sie auch die positive Wirkung, die Sie mit Ihrer Kommunikation erzielen. Führungskräfte nutzen diese Gespräche, um Vertrauen aufzubauen, Leistung anzuerkennen, Erwartungen zu setzen und die strategische Zielsetzung fortlaufend zu definieren und zu justieren.

Bestätigung, Klärung und Hilfestellung

Unsere Forschungen und Erfahrungen haben ergeben, dass es im Wesentlichen drei Kategorien von Führungsgesprächen gibt:

 

1. Das bestätigende Gespräch

2. Das klärende Gespräch

3. Das helfende Gespräch

Abbildung 1.2


1.Bestätigende Gespräche vermitteln jedem Einzelnen im Team seinen Wert und seine Möglichkeiten. In einem bestätigenden Gespräch entdeckt ein Mitarbeiter seine unverwechselbaren Talente, Leidenschaften und Fähigkeiten – seine individuelle »Stimme« – und setzt sie in Verbindung zu seinen Aufgaben und Zuständigkeiten. Hier erhält er die Möglichkeit, sich seiner einzigartigen Talente bewusst zu werden und zu erkennen, wie sein Beitrag aussehen könnte.

2.Klärende Gespräche dienen dazu, langfristige und kurzfristige Ziele zu definieren, Rollen festzulegen und Zuständigkeiten abzustecken. Ein klärendes Gespräch macht aus »austauschbaren Beschäftigten« verlässliche Partner, Kollegen und Mitarbeiter, die gemeinsam an der Verwirklichung jener Ziele arbeiten, die entscheidend sind für die Leistungsfähigkeit des Unternehmens und jedes Beteiligten.

3.Helfende Gespräche machen aus Vorgesetzten Führungskräfte, Coachs und Mentoren, die ihren Mitarbeitern die Unterstützung bieten, die diese benötigen, um ihre Tätigkeit erfolgreich auszuüben. Führungskräfte »ebnen den Weg«, indem sie Hindernisse aus dem Weg räumen, Wissen vermitteln, coachen und Kurskorrekturen vornehmen, wann immer dies erforderlich ist.

Diese Gespräche sind der wesentliche Kern der Arbeit einer jeden Führungskraft. Bestätigende Gespräche helfen den Mitarbeitern dabei, Möglichkeiten, sich einzubringen, sowie ihre einzigartigen Talente zu erkennen und zu definieren. Klärende Gespräche stellen Einigkeit über die Erwartungen her und dienen der Anerkennung von Geleistetem. Helfende Gespräche sind dazu da, festzustellen, wo Kollegen und Führungskräfte Hindernisse aus dem Weg räumen können, um den Fortgang der Arbeit zu ermöglichen beziehungsweise zu erleichtern.

In Wahrheit sind die 3 Führungsgespräche nur Bestandteile eines einzigen langen Führungsgesprächs. Die Unterteilung hilft Ihnen, sich besser auf das zu fokussieren, was im jeweiligen Augenblick wichtig ist. Manche dieser Gespräche sind länger und finden in einem formelleren Rahmen statt; andere sind kurz und entspringen scheinbar der Laune des Augenblicks. Mithilfe dieses Rahmenkonzepts können Sie als Führungskraft sicherstellen, dass Sie Gelegenheiten, mit Ihren Mitarbeitern ins Gespräch zu kommen, nicht leichtfertig vergeben – Gelegenheiten, ihrer »Stimme« zu lauschen und sie in ihrem Selbstwert zu bestätigen, Gelegenheiten, die Kräfte auf die gemeinsamen Ziele auszurichten, und Gelegenheiten, die idealen Voraussetzungen zu schaffen, damit der geleistete Beitrag auch Früchte trägt.

Viele dieser Gespräche ereignen sich live; manche jedoch werden, den heutigen Möglichkeiten entsprechend, virtuell stattfinden – über E-Mails, Kurznachrichten und in den sozialen Medien. Der persönliche Kontakt ist wichtig. Nichts ersetzt den unmittelbaren Kontakt zwischen Menschen. Aber die Technologie eröffnet uns viele Möglichkeiten, diesen Kontakt zu pflegen, und manchmal lassen sich schwierige Gedanken und Ideen auf diesem Wege leichter austauschen als von Angesicht zu Angesicht.

Diese Führungsgespräche stellen mitunter Wendepunkte dar. Das neu erlangte Bewusstsein für die eigene Berufung kann ein Leben verändern. Wichtige Ziele werden vereinbart und anschließend erreicht. Mitarbeiter entwickeln mehr Zuversicht, wenn sie spüren, dass ihre Vorgesetzten zur Stelle sind, wann immer sie sie brauchen. Im Ergebnis sehen sich die Teams und ihre Mitarbeiter in die Lage versetzt, ihre Anstrengungen so zu koordinieren, dass jeder den größtmöglichen Erfolg erzielt und in seiner Tätigkeit die größtmögliche Erfüllung findet.

Diese Gespräche sind dazu da, den Mitarbeitern den bestmöglichen Beitrag zu entlocken, um auf diese Weise die Leistung des Teams oder des Unternehmens zu maximieren. Ebenso wichtig aber ist das »Wie«: Kein positives Führungsgespräch ist möglich, solange nicht eine von Fürsorge geprägte Beziehung die Voraussetzung dafür schafft.

Wie der Gehirnwissenschaftler Edward M. Hallowell sagte:

»Die allmächtige Antriebsfeder der Zugehörigkeit beginnt mit der Beziehung zu einer Person, um von da aus zu wachsen. Allmählich entwickelt sich daraus das nachhaltige und allgegenwärtige Gefühl, Teil eines positiven Ganzen zu sein, das größer ist als man selbst, das Gefühl, dass sich das Leben selbst dann noch meistern lässt, wenn sich die misslichen Umstände häufen. Dieses Gefühl ist die eine entscheidende Kraft, die es den Menschen ermöglicht, das Beste aus sich herauszuholen.« 6

Dieses persönliche Gefühl der Zugehörigkeit stellt sich ein, wenn wir spüren, dass andere sich für uns und unsere Talente wirklich interessieren. Wie wichtig dieses Zugehörigkeitsgefühl ist, illustriert eine abgewandelte Version der »Große Steine«-Metapher, mit der in FranklinCovey-Workshops seit vielen Jahren auf das zentrale Prinzip des Zeitmanagements hingewiesen wird. Unsere Version ist auch als die »Geschichte vom Mayonnaise-Topf und den zwei Tassen Kaffee« bekannt.

»Ein College-Professor stand vor seiner Klasse und hielt einen riesigen leeren Mayonnaise-Topf in der Hand. Als der Unterricht begann, fing er wortlos an, den Topf mit Golfbällen zu befüllen.

Anschließend fragte er seine Studenten, ob der Topf nun voll sei. Sie bejahten dies.

Jetzt nahm der Professor eine Schüssel mit Kieselsteinchen und schüttete sie in den Topf, den er dabei leicht rüttelte. Allmählich füllten die Steinchen die Zwischenräume zwischen den Golfbällen.

Anschließend fragte er die Studenten, ob der Topf nun voll sei. Und wieder bejahten sie.

Als Nächstes nahm er eine Tüte Sand zur Hand und leerte sie über dem Topf aus. Mühelos rieselte der Sand zwischen die Kieselsteine und die Golfbälle.

Noch einmal fragte er, ob der Topf voll sei. Einstimmig bekundeten die Studenten ihre Zustimmung.

Jetzt zog der Professor unterm Tisch zwei Tassen Kaffee hervor und goss den gesamten Inhalt über dem Topf aus. Die Studenten lachten.

›Jetzt‹, sagte der Professor, als sich die Heiterkeit gelegt hatte, ›bitte ich Sie, sich vorzustellen, dieser Topf wäre Ihr Leben. Die Golfbälle repräsentieren die Menschen, die Sie lieben und deren Wohl Ihnen wichtig ist. Wenn alles andere verloren wäre und nur diese Menschen übrig blieben, wäre das Leben immer noch voll.

Die Kieselsteine stehen für andere Dinge, die Ihnen wichtig sind, wie Ihr Job oder Ihr Zuhause. Der Sand ist alles andere – die kleinen Dinge.

Würden Sie den Sand zuerst einfüllen, bliebe kein Raum mehr für die Kieselsteine oder die Golfbälle. Genauso ist es im Leben. Wenn Sie alle Ihre Zeit und Ihre Energie auf die kleinen Dinge verwenden, wird Ihnen niemals genug Raum für die Dinge bleiben, die Ihnen am wichtigsten sind.

Achten Sie also auf das, was für Ihr Glück ausschlaggebend ist. Geben Sie Ihre Energie für die Menschen aus, die Sie lieben und deren Wohl Ihnen am Herzen liegt. Nehmen Sie sich Zeit, ihnen zuzuhören, ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und ihnen Mut zu machen. Zeigen Sie ihnen, dass Sie sie lieben. Setzen Sie sich Prioritäten. Kümmern Sie sich zuerst um die Golfbälle und erst dann um die Kieselsteine. Der Rest ist nur Sand.‹

Eine Studentin hob die Hand und fragte, wofür denn dann der Kaffee stünde. Der Professor erwiderte grinsend: ›Wie schön, dass Sie das fragen! Sagen wir mal so: Egal, wie vollgestopft Ihnen Ihr Leben auch erscheinen mag – für eine gute Tasse Kaffee mit einem Freund ist immer noch Platz.‹«

Warum gute Führungskräfte sich »kümmern«

Erfolgreiche Führungskräfte kümmern sich um ihre Mitarbeiter. Sie bringen deren Talente zum Vorschein, wecken ihre Leidenschaft und mobilisieren ihre Kraft und ihr Engagement. Erfolglose Chefs hingegen schauen nur darauf, wie sie selbst dastehen. Für sie sind Autorität und Macht das Maß aller Dinge. Wir müssen uns deshalb fragen: »Wer steht im Zentrum meiner Bemühungen? Interessiert mich in erster Linie mein eigenes Wohl – oder das meiner Umwelt?«

Autorennotiz Ganz zu Anfang meiner beruflichen Laufbahn hatte ich einen Chef, der von einem Kontrollwahn besessen war. Den Kuchen der Macht beanspruchte er stets zu hundert Prozent – mitsamt der Sahne. Er ließ keine Neuerungen zu und keine Experimente. Mitarbeitertalent war ihm suspekt, fürchtete er doch, es könnte ihm jemand die Show stehlen. Quälende Langeweile plagte uns, während wir versuchten, uns irgendwie zu beschäftigen und dem Chef im Übrigen aus dem Weg zu gehen.

Denken Sie nur, was diese Form der Ichbezogenheit für die Moral, die Einsatzbereitschaft und die Produktivität derer bedeutete, die unter der »Führung« dieses Mannes standen.

Gute Führungskräfte schauen nicht darauf, wie sie selbst »dastehen«. Ihr ganzes Streben ist darauf gerichtet, sich zu »kümmern« und dies in ihrer Kommunikation deutlich zu machen … und darauf, Chancen für andere aufzutun, Talente zu fördern und sich einen Namen als Coach und Mentor zu machen. Sie sehen ihre Aufgabe darin, andere Führungskräfte hervorzubringen, und sie tun dies, indem sie die Ehre denen zukommen lassen, die die Arbeit geleistet haben.

Diese Paradigmen und Werte spiegeln sich ebenso in ihrer Sprache wider. Sie sprechen von »wir« statt von »ich«. Sie teilen sich den Kuchen mit anderen. Und die Sahne. Und alle freuen sich gemeinsam über die Erfolge.

Schauen wir uns ein Beispiel dafür an, was passiert, wenn sich eine Führungskraft wirklich »kümmert«.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hatte der junge US-amerikanische Industrielle Henry Ford einen großen Traum: Er wollte ein Auto bauen, das für so gut wie jede Familie erschwinglich sein würde. Das bedeutete, dass der Preis nicht den eines Pferdes mitsamt Einspänner übersteigen durfte. Viele erklärten seine Idee für verrückt. Er aber ließ nicht von seiner Idee ab. Er wurde bei J. P. Morgan, der größten US-amerikanischen Bank, wegen eines Kredites vorstellig, der ihm jedoch verweigert wurde.

Entmutigt und verunsichert, was er weiter tun sollte, erzählte er seinem Chef Thomas A. Edison von seiner Idee. Edison erkannte Fords Talente und sagte: »Junger Mann, das ist eine fantastische Idee, die Sie da haben: ein Fahrzeug, das seinen eigenen Treibstoff mit sich trägt! Bleiben Sie dran!«7 Diese Worte der Ermunterung änderten alles – für Ford und für die Welt. Nach zwei erfolglosen Anläufen schuf Ford schließlich das allererste »Model A«, das sich großer Beliebtheit erfreuen sollte. Das erste Exemplar, das die Fabrikhalle verließ, schenkte er Edison.

Edisons Interesse und persönliche Verbundenheit entzündeten das Feuer, das Ford den Erfolg brachte. Jahrelang unternahmen sie – und andere Erfinder – gemeinsame Campingausflüge, wo sie Ideen austauschten, an neuen Erfindungen bastelten oder einfach nur miteinander sprachen. Diese Gespräche machten Ford Mut, seinen Traum trotz zahlreicher Rückschläge niemals aufzugeben.

Gab es in Ihrem Leben jemanden, der sich um Sie »gekümmert« hat – der sich eingemischt und sich die Zeit genommen hat, mit Ihnen zu reden, Ihnen Mut zu machen und Ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen? Jemanden, der Sie gelegentlich auch korrigiert hat?

War es ein Lehrer? Ein Coach und Mentor? Ein Freund? Vielleicht war es ein Familienmitglied, Ihr erster Chef, oder auch ein Kollege im Büro. Diese »Führungskraft« muss nicht notwendigerweise eine leitende Funktion innegehabt haben. Möglicherweise war es einfach jemand, der sich für Sie interessierte und der sich Zeit für Sie nahm – jemand, der das Talent erkannte, das in Ihnen schlummerte und nur darauf wartete, erschlossen zu werden. Ganz so, wie Edison das Talent in Ford erkannte.

»Meine Definition von Führung ist, den Wert und das Potenzial anderer Menschen so klar zu kommunizieren, dass diese selbst beginnen, daran zu glauben.«

STEPHEN R. COVEY

Wenn Sie in Ihrem Leben einer solchen Führungskraft begegnet sind, bekamen Sie womöglich auch von Zeit zu Zeit den Stachel sachter (oder weniger sachter) Zurechtweisung zu spüren, jedoch stets gepaart mit echtem Interesse dieser Person an Ihrem Wohlergehen. Sie wussten, dass es dieser Person um Ihr Bestes ging. Sie wussten, dass diese Person an Sie glaubte. Sie wollten den Erwartungen dieser Person gerecht werden. Sie wussten, was Sie dieser Person schuldig waren, und waren sich ebenso der Möglichkeit bewusst, dass Sie scheiterten, bevor Sie irgendetwas Nennenswertes zustande brächten. Genauso bewusst war Ihnen jedoch, dass diese Führungskraft bestrebt war, Sie in Ihren Bemühungen zu unterstützen, Ihnen Hindernisse aus dem Weg zu räumen und Ihnen zu helfen, über sich selbst hinauszuwachsen.

 

Im Lauf der Jahre haben wir Tausende von Führungskräften gefragt: »Wer waren die wichtigen Führungskräfte in Ihrem Leben?«

Meistens fällt den Befragten sofort jemand ein. In der Regel ist das jemand, der sich wirklich um sie gekümmert hat – jemand, der den Wert und das Potenzial, das in ihnen steckte, so klar erkannte und kommunizierte, dass sie selbst begannen, daran zu glauben. Jemand, der es verstand, ihr Talent zu erkennen und zum Vorschein zu bringen.

Einer unserer Partner gab folgende Geschichte von einer Führungskraft zum Besten, die es verstand, die in ihm schlummernden Fähigkeiten zutage zu fördern.

»Er war mein Lehrer. Ich war in einem Programm für verhaltensauffällige Jugendliche. Ich hatte keine Vorstellung, wer ich war oder was ich hätte zuwege bringen sollen. Eines Tages sollte ich mich neben ihn setzen – nicht im Rahmen einer Schulstunde oder als Teil einer Bestrafung, sondern einfach so im normalen Tagesverlauf. Er schaute mich an und fragte mich mit einfachen, aber aufrichtigen Worten: ›Was möchtest du aus deinem Leben machen?‹ In einem konfrontativeren Umfeld hätte ich ihm diese Frage möglicherweise krummgenommen. Aber das war nicht seine Absicht, und ich spürte sofort die Aufrichtigkeit seines Interesses. Ich erwiderte irgendetwas Uninspiriertes wie: ›Ähm, ich weiß nicht.‹ Daraufhin wurde sein Blick bohrend und er sagte: ›Du kannst sein oder tun, was immer du willst. Du bist unglaublich begabt und verfügst über erstaunliche Talente, und ich weiß, dass du in deinem Leben bedeutende Dinge vollbringen wirst.‹

Ich war sprachlos. Ich hätte bis dahin nicht sagen können, dass ich irgendetwas zustande gebracht hätte, und schon gar nicht etwas Bedeutendes. Es war mir auch nicht wichtig gewesen. Aber hier war er nun und sagte mir, ich sei zu Größerem fähig, und ich glaubte ihm.

Von diesem Augenblick an veränderte sich mein Bild von mir selbst und meinen Fähigkeiten, weil ich bereit war, mich so zu sehen, wie er mich sah. Und wenngleich ich immer noch gelegentlich ins Stolpern kam, begann ich doch, mich gemäß dieser Vision zu verhalten. Der Kontakt zu diesem Menschen riss nicht ab und er wurde für mich so etwas wie ein Mentor. Manchmal sprach er ein ernstes Wort mit mir. Er machte mich auf die Konsequenzen meines Handelns aufmerksam. Aber gleichzeitig half er mir, meine Vision davon, wer ich war und wozu ich fähig war, weiter auszubauen, meine Interessen und Träume zu ergründen und Hindernisse aus dem Weg zu räumen.

Wenn ich bedenke, woher ich kam und was ich seither erreicht habe, kann ich über die Entwicklung nur staunen, die mit jenem Tag begann. Ich beendete die Highschool, machte meinen College-Abschluss (als Erster aus meiner Familie) und erwarb schließlich sogar einen Master. Ich heiratete einen wunderbaren Menschen. Ich habe eine tolle Familie. Ich machte Karriere und stehe heute einem großen Team höchst talentierter Mitarbeiter vor, die wichtige Dinge vollbringen. Es war nicht immer einfach, aber ich habe tatsächlich ein paar bedeutende Dinge zustande gebracht. Und ich werde meinem Freund, der mich mit einigen wenigen, aber aufrichtigen Worten auf diesen Weg gebracht hat, immer und ewig dankbar sein.«

Wir brauchen unter uns mehr Führungskräfte, die andere zu besserer Leistung anstiften. Wir müssen uns mehr um andere kümmern. Das ist nicht nur ein Gebot der Menschlichkeit, sondern es ist auch eine Quelle großen Glücks für uns und andere. Nicht zuletzt aber gibt es dafür einen wirtschaftlichen Grund.

Der Wert der Ressource Mensch ist mittlerweile der bestimmende Faktor für den Wert eines Unternehmens. In den 1980er-Jahren schrieben Standard & Poor’s rund ein Drittel dieses Wertes »immateriellen Vermögensbeständen« in Form von »glaubwürdiger Führung und fähigen und talentierten Mitarbeitern« zu.8 Heute, Jahrzehnte später, macht der immaterielle Vermögensbestand bereits 84 Prozent des Marktwertes der im S&P 500 vertretenen Unternehmen aus.9

»Bewusst oder unbewusst entscheiden die Mitarbeiter, wie viel sie von sich in ihre Arbeit einbringen wollen, je nachdem, wie sie behandelt werden … Die Spannbreite reicht von Rebellion oder Kündigung bis zu kreativer Begeisterung.«

STEPHEN R. COVEY

Wie Narayana Murthy, einer der Gründer von Infosys, es so eindrücklich formulierte: »Unsere wichtigsten Vermögenswerte verlassen jeden Abend das Gebäude. Wir müssen alles dafür tun, dass sie am nächsten Morgen zurückkehren.«10

Investoren interessieren sich sehr für Ihre Mitarbeiter: Wer sind sie? Was können sie? Welchen Arbeitseifer, welches Engagement und welche Leidenschaft bringen sie mit? Wie gut verstehen sie das Handwerk des Führens?11

Besonders im wirtschaftlichen Umfeld passiert es leicht, dass Führungskräfte sich auf einen bestimmten Aspekt des Marktwertes – die Finanzen – kaprizieren und dabei die Menschen aus den Augen verlieren, die diesen Wert überhaupt erst erzeugen. Wir alle sind von Zeit zu Zeit in Gefahr, uns in »Aktivität« hineinzusteigern, vor lauter Bewusstsein für die eigene Wichtigkeit den Blick für den Wert anderer zu verlieren, nachlässig zu werden oder ins »Kontrollparadigma« zu verfallen und alles und jeden managen zu wollen. Wir versäumen es dann, jene tiefen und bedeutungsvollen Gespräche zu führen, mit denen wir unsere Mitarbeiter motivieren und ihre Talente zum Vorschein bringen.

Wir vier Autoren dieses Buches begegnen häufig Managern und Führungskräften, die ehrlich davon überzeugt sind, dass sie sich um »ihre« Mitarbeiter kümmern und dies auch so bei den Mitarbeitern ankommt. Sprechen wir dann aber mit den Mitarbeitern selbst, stellt sich häufig ein anderes Bild ein.

Als Führungskräfte möchten wir nicht gern Selbsttäuschungen unterliegen. Wir möchten nicht wie der Mann sein, der von seiner langjährigen Ehefrau sagte: »Als wir heirateten, sagte ich ihr, dass ich sie liebe. Mir ist es niemals notwendig erschienen, diese Worte zu wiederholen. Hätten sich meine Gefühle geändert, so hätte ich es ihr schon gesagt.«

Was also können wir tun? Wie können wir sicherstellen, dass wir mir unserer Art der Führung echte Fürsorge zum Ausdruck bringen und Talent erschließen?

Der Schlüssel liegt in der Natur und Qualität unserer Führungsgespräche.

»Was ist der größte Managementfehler von Managern? Sie behandeln Mitarbeiter wie austauschbare Rädchen. Wie Nummern und nicht wie Individuen. So einfach ist das.«

CLAY MATHILE

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