Tötet

Текст
Из серии: Das Making of Riley Paige #6
0
Отзывы
Читать фрагмент
Отметить прочитанной
Как читать книгу после покупки
Шрифт:Меньше АаБольше Аа
T Ö T E T
(DAS MAKING OF RILEY PAIGE—BUCH 6)
B L A K E   P I E R C E
Blake Pierce

Blake Pierce ist der USA Today Bestseller-Autor der RILEY PAGE Mystery-Serie, die sechzehn Bücher (und es werden noch mehr) umfasst. Blake Pierce ist auch der Autor der Mystery-Serie MACKENZIE WHITE, die dreizehn Bücher umfasst (Tendenz steigend); der Mystery-Serie AVERY BLACK, die sechs Bücher umfasst; der Mystery-Serie KERI LOCKE, die fünf Bücher umfasst; der Mystery-Serie DAS MAKING OF RILEY PAIGE, die fünf Bücher umfasst (Tendenz steigend); der Mystery-Serie KATE WISE, die sechs Bücher umfasst (Tendenz steigend); der psychologischen Krimireihe CHLOE FINE, die fünf Bücher umfasst (Tendenz steigend); der psychologischen Krimireihe JESSE HUNT, die fünf Bücher umfasst (Tendenz steigend); der psychologischen Krimireihe AU PAIR, die zwei Bücher umfasst (Tendenz steigend); der Krimireihe ZOE PRIME, die zwei Bücher umfasst (Tendenz steigend); der neuen Krimireihe ADELE SHARP; sowie der neuen und heimeligen Mystery-Serie EUROPEAN VOYAGE.

Als begeisterter Leser und lebenslanger Fan der Mystery- und Thriller-Genres liebt es Blake, von Ihnen zu hören. Besuchen Sie www.blakepierceauthor.com, um mehr zu erfahren und in Kontakt zu bleiben.


Copyright © 2020 durch Blake Pierce. Alle Rechte vorbehalten. Außer wie im US-amerikanischen Urheberrechtsgesetz von 1976 erlaubt, darf kein Teil dieser Veröffentlichung in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln reproduziert, verteilt oder übertragen werden oder in einer Datenbank oder einem Abfragesystem ohne die vorherige Genehmigung des Autors gespeichert werden. Dieses eBook ist nur für Ihren persönlichen Genuss lizenziert. Dieses eBook darf nicht weiterverkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch für eine andere Person freigeben möchten, erwerben Sie bitte für jeden Empfänger eine zusätzliche Kopie. Wenn Sie dieses Buch lesen und es nicht gekauft haben oder es nicht für Ihre Verwendung erworben wurde, geben Sie es bitte zurück und kaufen Sie Ihre eigene Kopie. Danke, dass Sie die harte Arbeit dieses Autors respektieren. Dieses Buch ist reine Fiktion. Namen, Charaktere, Geschäfte, Organisationen, Orte, Ereignisse und Ereignisse sind entweder das Produkt der Fantasie des Autors oder werden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen lebenden oder toten Personen ist völlig zufällig. Buchumschlagsbild Copyright Evannovostro, mit Lizenz von Shutterstock.com

BÜCHER VON BLAKE PIERCE

ADELE SHARP MYSTERY-SERIE

NICHTS ALS STERBEN (Buch #1)

NICHTS ALS RENNEN (Buch #2)

NICHTS ALS VERSTECKEN (Buch #3)


DAS AU-PAIR

SO GUT WIE VORÜBER (Band #1)

SO GUT WIE VERLOREN (Band #2)

SO GUT WIE TOT (Band #3)


ZOE PRIME KRIMIREIHE

GESICHT DES TODES (Band #1)

GESICHT DES MORDES (Band #2)

GESICHT DER ANGST (Band #3)


JESSIE HUNT PSYCHOTHRILLER-SERIE

DIE PERFEKTE FRAU (Band #1)

DER PERFEKTE BLOCK (Band #2)

DAS PERFEKTE HAUS (Band #3)

DAS PERFEKTE LÄCHELN (Band #4)

DIE PERFEKTE LÜGE (Band #5)

DER PERFEKTE LOOK (Band #6)

DIE PERFEKTE AFFÄRE (Band #7)

DAS PERFEKTE ALIBI (Band #8)


CHLOE FINE PSYCHOTHRILLER-SERIE

NEBENAN (Band #1)

DIE LÜGE EINES NACHBARN (Band #2)

SACKGASSE (Band #3)

STUMMER NACHBAR (Band #4)

HEIMKEHR (Band #5)

GETÖNTE FENSTER (Band #6)


KATE WISE MYSTERY-SERIE

WENN SIE WÜSSTE (Band #1)

WENN SIE SÄHE (Band #2)

WENN SIE RENNEN WÜRDE (Band #3)

WENN SIE SICH VERSTECKEN WÜRDE (Band #4)

WENN SIE FLIEHEN WÜRDE (Band #5)

WENN SIE FÜRCHTETE (Band #6)

WENN SIE HÖRTE (Band #7)


DAS MAKING OF RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE

BEOBACHTET (Band #1)

WARTET (Band #2)

LOCKT (Band #3)

NIMMT (Band #4)

LAUERT (Band #5)

TÖTET (Band #6)


RILEY PAIGE MYSTERY-SERIE

VERSCHWUNDEN (Band #1)

GEFESSELT (Band #2)

ERSEHNT (Band #3)

GEKÖDERT (Band #4)

GEJAGT (Band #5)

VERZEHRT (Band #6)

VERLASSEN (Band #7)

ERKALTET (Band #8)

VERFOLGT (Band #9)

VERLOREN (Band #10)

BEGRABEN (Band #11)

ÜBERFAHREN (Band #12)

GEFANGEN (Band #13)

RUHEND (Band #14)

GEMIEDEN (Band #15)

VERMISST (Band #16)

AUSERWÄHLT (Band #17)


EINE RILEY PAIGE KURZGESCHICHTE

EINST GELÖST


MACKENZIE WHITE MYSTERY-SERIE

BEVOR ER TÖTET (Band #1)

BEVOR ER SIEHT (Band #2)

BEVOR ER BEGEHRT (Band #3)

BEVOR ER NIMMT (Band #4)

BEVOR ER BRAUCHT (Band #5)

EHE ER FÜHLT (Band #6)

EHE ER SÜNDIGT (Band #7)

BEVOR ER JAGT (Band #8)

VORHER PLÜNDERT ER (Band #9)

VORHER SEHNT ER SICH (Band #10)

VORHER VERFÄLLT ER (Band #11)

VORHER NEIDET ER (Band #12)

VORHER STELLT ER IHNEN NACH (Band #13)

VORHER SCHADET ER (Band #14)


AVERY BLACK MYSTERY-SERIE

DAS MOTIV (Band #1)

LAUF (Band #2)

VERBORGEN (Band #3)

GRÜNDE DER ANGST (Band #4)

RETTE MICH (Band #5)

ANGST (Band #6)


KERI LOCKE MYSTERY-SERIE

EINE SPUR VON TOD (Band #1)

EINE SPUR VON MORD (Band #2)

EINE SPUR VON SCHWÄCHE (Band #3)

EINE SPUR VON VERBRECHEN (Band #4)

EINE SPUR VON HOFFNUNG (Band #5)

PROLOG

Julian Banfield stand in seiner Küche und atmete tief ein. Er liebte es, wenn sich die Gerüche seines spätabendlichen Snacks vermischten – frisch gekochter Kaffee und gebratener Speck.

Genieße es noch ein letztes Mal, sagte er zu sich selbst, während er den Bacon umdrehte.

Seine Frau, Sheila, würde bald von ihrer Buchtour zurückkommen, vermutlich sogar noch, bevor er zu Bett ging. Julian musste sicherstellen, keine Beweise zu hinterlassen, Bacon und andere Cholesterinbomben während ihrer Abwesenheit genossen zu haben. Er machte sich eine mentale Notiz, die Küche gründlich mit Lufterfrischer zu besprühen, um den köstlichen, aber lange nachklingenden, Geruch loszuwerden.

So sehr er Sheila auch liebte – sie waren schon immer sehr glücklich miteinander gewesen – musste er zugeben, ihre Abwesenheit während der letzten Woche genossen zu haben. Nach fünfunddreißig Jahren der Ehe konnte er nicht sagen, dass er sie besonders vermisste. Genauso wenig konnte er sich vorstellen, dass sie ihn sonderlich vermisste. Stattdessen war es eine interessante Veränderung gewesen, für beide.

Und es war erfrischend gewesen, nicht ständig ihrem sanften aber hartnäckigen Schimpfen zuhören zu müssen, wenn es um seine kleinen Laster und Schwächen ging. Er war in der Lage gewesen, Donuts und Pizza zu essen, die Trainingseinheit im Fitnessstudio ausfallen zu lassen und nach dem Abendessen ein oder zwei Bourbon zu trinken.

All das würde nun enden, wenn Sheila nach Hause kam.

Nutze die Gunst der Stunde, wies er sich selbst an.

Er holte den Speck aus der Pfanne und schlug ein paar Eier in dem blubbernden Bacon-Fett auf. Dann schob er eine Brotscheibe in den Toaster und schenkte sich etwas Orangensaft ein. Als die Eier fertig aussahen, drehte er sie für ein paar Sekunden um und dann wieder zurück. Mit dem makellosen, durchsichtig weißen Film über dem Eigelb zufrieden, beförderte er die Eier auf einen Teller. Zur selben Zeit war auch der Toast fertig.

Er stellte den Teller mit Bacon, Eiern und Toast auf den Küchentisch, setzte sich und schmierte sündhafte Mengen an Butter aufs Brot – ein weiterer Luxus, den er mit Sheilas Rückkehr aufgeben werden würde. Als er zu essen begann, ertappte er sich dabei, über die Therapiesitzung des nächsten Tages nachzudenken. Sein erster Termin am Morgen war ein junger Mann namens Dennis Jones, dessen Impulskontrollstörung ihm eine Verhaftung wegen Ladendiebstahls eingebracht hatte.

Julian hatte sein Bestes gegeben, den Richter davon zu überzeugen, dass Dennis‘ Kleptomanie eine Krankheit und kein Verbrechen war; eine Zwangsstörung und kein Versagen des Moralverständnisses. Schließlich stahl der Junge gewöhnlich Dinge, die er nicht einmal haben wollte.

Aber der Richter war immer noch unentschlossen, wie er Dennis‘ Fall beurteilen sollte. Um ihn also aus dem Gefängnis fernzuhalten, würde Julian sein Verhalten dauerhaft ändern müssen.

Die morgige Aufgabe beinhaltete, Dennis davon zu überzeugen, Naltrexon zu seinen Medikamenten hinzuzufügen, die derzeit aus Fluoxetin und Bupropion bestanden. Dennis war neurotisch und nicht besonders intelligent. Obwohl er nicht zu Wahnvorstellungen oder Paranoia neigte, hatten gewisse Verschwörungsseiten im Internet ihn davon überzeugt, dass die Regierung psychiatrische Medikamente zur Gedankenkontrolle einsetzte. Julian hoffte, ihm diese schwachsinnige Idee ausreden zu können.

Julian grunzte genervt über dieses Hindernis.

Das Internet hat meinen Job definitiv nicht leichter gemacht, dachte er.

Seiner Meinung nach untergruben soziale Netzwerke und andere Online-Aktivitäten die mentale Gesundheit der Gesellschaft als Ganzes. Sheila hatte sich mit der digitalen Welt gut zurechtgefunden, aber Julian fühlte sich manchmal wie ein Relikt einfacherer und gesünderer Zeiten.

Noch schlimmer war, dass er wusste, von seinen jüngeren Kollegen als alter Kauz betrachtet zu werden, der mit den Veränderungen der Welt nicht Schritt halten konnte. Er freute sich auf die Rente, die mindestens noch zwei oder drei Jahren entfernt war.

 

Während er seinen Snack genoss, ertappte er sich dabei, Sheila zu beneiden. Sie war in der Lage gewesen, ihre eigene Familientherapiepraxis aufzugeben, nachdem sie einen Bestseller über genau die Probleme geschrieben hatte, die Julian Sorge bereiteten. Und nun durfte sie durchs Land reisen, Lesungen halten, Bücher signieren und sich einfach in der Bewunderung der Öffentlichkeit sonnen.

Muss schön sein, dachte Julian.

Aber er war entschlossen, dem Neid nicht nachzugeben. Schließlich machten Sheilas Buchhonorare auch seine Seniorenzeit einfacher. Und er war froh, dass sie ihr neues Leben genoss.

Julian beendete seine Mahlzeit und brachte Teller, Glas und Besteck zum Spülbecken. Während er damit begann, abzuwaschen, glaubte er, neben dem Geräusch von fließendem Wasser etwas anderes gehört zu haben. Er drehte den Wasserhahn ab und lauschte.

War Sheila früher als erwartet nach Hause gekommen?

Falls das der Fall wäre, würde er das Aroma von gebratenem Speck unmöglich vertuschen können.

Erwischt, dachte er.

Er würde ein beschämtes Grinsen aufsetzen und sein abwegiges Verhalten beichten müssen. Sheila würde ihn war ausschimpfen, aber nicht wirklich unangenehm werden. Sie würden beide verträglich lachen, während er Versprechungen für die Zukunft machen würde, die er sicherlich nicht halten konnte.

Er stand einen weiteren Moment lauschend da, hörte aber nichts. Vermutlich war das Geräusch seiner schulderfüllten Imagination entsprungen. Er wusch weiter ab und trocknete sich dann die Hände ab, als ein weiteres Geräusch zu seinem Ohr vordrang.

Dieses Mal war er sich sicher, sich das Geräusch nicht eingebildet zu haben.

„Sheila?“, rief er.

Keine Antwort.

Er ging ins Wohnzimmer und sah sich um. Niemand da. Aber er war sich sicher, etwas gehört zu haben.

Er drehte sich in Richtung des leeren Flures und sah, dass die Tür zu Sheilas Arbeitszimmer nun geschlossen war.

Ein alarmiertes Prickeln überkam ihn.

Vielleicht war Sheila nach Hause gekommen, hatte den Bacon gerochen und war nun – statt gutmütig verdrießlich zu reagieren – aufrichtig böse auf ihn. Böse genug, sich in ihrem Arbeitszimmer einzuschließen. Diese Art von Verhalten passte nicht wirklich zu ihr, aber wenn ihr Trip sich als weniger angenehm entpuppt haben sollte, war sie womöglich mürrischer als sonst.

Er ging zum Arbeitszimmer und klopfte.

„Sheila, bist du da drin?“, fragte er.

Wieder keine Antwort. Für einen Moment stand Julian einfach nur verwirrt da. War überhaupt jemand ins Haus gekommen? Er war sich sicher, sich diese Geräusche nicht eingebildet zu haben. Aber im Flur stand kein Gepäck.

War es möglich, dass Sheila die Taschen in ihr Büro geschleppt und die Tür hinter sich zugezogen hatte und nun nicht einmal mit ihm sprechen wollte?

Das wäre natürlich albern und er wusste, dass es neurotisch war, das überhaupt in Erwägung zu ziehen.

Amüsiert über seine eigenen Spekulationen schüttelte er den Kopf, öffnete die Arbeitszimmertür und ging hinein. Sofort sah er, dass Sheilas typisch makelloser Arbeitsplatz – im Gegensatz zu seinem eigenen Chaos im oberen Stockwerk – unverändert und unbesetzt war.

Vielleicht ist sie nach oben gegangen, dachte er.

Aber diese Art von Aktivität im Haus hätte er doch sicherlich bemerkt. Es war viel wahrscheinlicher, dass seine Einbildung ihm einen Streich spielte.

Plötzlich hörte er ein Geräusch hinter sich im Flur vor dem Arbeitszimmer. Es klang nach schnellen Schritten. Bevor er sich auch nur umdrehen konnte, wurde er von hinten gepackt. Eine starke Hand drückte ein feuchtes Stück Stoff über seinen Mund und seine Nase.

Julian erkannte den penetrant süßen Geschmack und Geruch sofort aus seiner medizinischen Ausbildung.

Chloroform!

Sein Verstand raste bereits, während sein Körper noch nicht von der Panik eingenommen worden war. Er wusste, sich in ernsthafter Gefahr zu befinden, aber er fühlte es nicht.

Er zappelte nur kurz und nahm noch verschwommen wahr, die Schreibtischlampe umzustoßen.

Und innerhalb weniger Augenblicke nahm er überhaupt nichts mehr wahr.

KAPITEL EINS

Riley Sweeney fühlte, wie ihr der Schweiß ausbrach. Ihre Hand zitterte, als sie sich ihr Gesicht mit einem Taschentuch abwischte. Der Gerichtssaal fühlte sich plötzlich heißer an als noch vor wenigen Augenblicken. Ihr Herz schlug schneller.

Der Moment, auf den sie so lange gewartet hatte, war endlich da.

Ihr Seniorpartner, Special Agent Jake Crivaro, würde im Prozess Larry Mullins aussagen. Riley blickte durch den Raum und sah das Gesicht ihres kleinen, breitbrüstigen Partners vor erwartungsvoller Vorfreude zucken.

Das Ergebnis des Prozesses war zweifelhaft, aber sie war sich sicher, dass Crivaros Aussage einen Wandel darstellen würde.

Riley erinnerte sich daran, dass es nun genau ein Jahr her war, seitdem Crivaro in ihr Leben getreten war und sie auf eine Karriere in der Verhaltensanalyseeinheit vorbereitet hatte. Ein Sieg vor Gericht heute wäre eine gute Art und Weise, das zu feiern.

Aber etwas Unerwartetes schien vor sich zu gehen. Der Oberstaatsanwalt und Mullins‘ Verteidiger flüsterten intensiv miteinander.

Was geht hier vor, fragte Riley sich.

Was auch immer es war – sie bezweifelte, dass es gut war.

Endlich wandte sich der Staatsanwalt der Richterbank zu und begann, zu sprechen.

„Euer Ehren, der Verteidiger und ich würden gerne unter vier Augen mit Ihnen sprechen.“

Richter Tobias Redstone runzelte mürrisch die Stirn.

Mit einem Knall seines Hammers sagte er: „Das Gericht wird eine kurze Pause machen, während ich mit dem Staatsanwalt spreche.“

Alle im Saal erhoben sich, als der Gerichtsdiener und die Anwälte Richter Redstone aus dem Raum hinausfolgten. Ein Murmeln ertönte in den Reihen der Juroren und der Zuschauer, als diese sich wieder hinsetzten.

Von Wachen flankiert saß Larry Mullins noch immer am Verteidigertisch. Obwohl seine Hände in Handschellen lagen, trug er eine Anzugjacke samt Hemd und Krawatte und machte dabei eine respektable Figur.

Riley wusste, dass sein Anwalt sich viel Mühe gegeben hatte, damit sein Klient nicht in seinem orangefarbenen Jumpsuit vor Gericht erscheinen musste. Folglich wirkte Mullins nicht allzu böse. Er war zurechtgemacht, höflich und hatte eine aufrichtige Aura der Unschuld um sich herum. Die Verkleidung schien zu funktionieren und Riley spürte, dass die Jury sich seiner Schuld noch immer nicht sicher war.

Deshalb war Crivaros Aussage so ausschlaggebend. Wenn jemand die Jury davon überzeugen konnte, dass Mullins nicht die missverstandene Person war, die er spielte, dann war es Crivaro.

Aber als sie auf die Rückkehr des Richters und der Anwälte warteten, fragte sich Riley, ob Crivaro überhaupt noch zum Zug kommen würde.

Sie schauderte, als Mullins sich umdrehte und sie direkt ansah. Ein arrogantes Lächeln auf seinem babyhaften Gesicht. Dann beobachtete sie, wie er Crivaro mit demselben Gesichtsausdruck ansah. Crivaros Lippen zuckten scharf und kurz fürchtete Riley, ihr Partner könne durch den Gerichtssaal hechten und auf Mullins zuspringen.

Tu es nicht, dachte sie.

Sie konnte sehen, dass Crivaro sich abwandte und wusste, dass er darum kämpfte, seine Wut zu kontrollieren.

Riley hoffte nur, ihre eigene Wut über diesen selbstzufriedenen Gesichtsausdruck kontrollieren zu können.

Wenigstens ein paar Leute im Gerichtssaal kannten die praktische Tatsache, dass Larry Mullins durch und durch ein Monster war. Riley und Crivaro gehörten dazu. Dann waren da die Eltern der beiden Opfer, die zusammensaßen und sehr unruhig wirkten. Ihre Hoffnung war es, dass Mullins wenigstens für den Rest seines Lebens ohne Bewährung eingesperrt werden oder vielleicht sogar die Todesstrafe erhalten würde.

Sie redete sich ein, dass der Fall doch sicher undurchlässig genug war, um ihn zu verurteilen. Gedanklich ging sie die Fakten noch einmal durch.

Larry Mullins hatte als Nanny – oder als ‚Manny‘, wie er sich selbst gerne nannte – gearbeitet, als er für den Mord an Ian Harter, einem kleinen Jungen in seiner Obhut, verhaftet wurde. Als Riley und Crivaro dazu geholt wurden, um Ians Tod zu untersuchen, entdeckten sie bald, dass ein weiteres Kind, Nathan Betts, unter identischen Umständen ums Leben gekommen war. Auch unter Mullins Obhut, allerdings in einer anderen Stadt. Beide Jungen waren erstickt und demnach offensichtlich ermordet worden.

Mullins hatte in beiden Mordanklagen auf unschuldig plädiert und lediglich zugegeben, die beiden Jungen unbeaufsichtigt gelassen zu haben, als sie starben. Er hatte aufgrund seiner Nachlässigkeit eine oberflächliche Show der Reue aufgeführt.

Riley hatte nie auch nur einen Moment lang geglaubt, dass die Todesfälle unter Mullins‘ Obhut zufällig gewesen waren und schon gar nicht, dass ein unbekannter Täter noch immer auf freiem Fuß war. Aber Mullins Schuld zweifelsfrei zu beweisen, war eine ganz andere Sache gewesen.

Bereits zu Beginn der Verhandlung hatte der Staatsanwalt Paxton Murawski Riley und Crivaro davor gewarnt, dass es sich einen harten Fall handeln würde. Trotz ihrer besten Bemühungen hatten weder die Agenten noch die Polizei Beweise gefunden, dass Mullins der einzige gewesen war, der zum Zeitpunkt ihres Todes Zugang zu den Kindern gehabt hatte.

Wir müssen vorsichtig sein, sonst kommt der Mistkerl davon“, hatte Murawaski ihnen eingebläut.

Weder Riley noch Crivaro hatten genau gewusst, was Murawski mit ‚vorsichtig‘ gemeint hatte. Aber sie wusste, dass zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung im Hintergrund eine versuchte Deal-Verhandlung stattgefunden hatte. Und jetzt vermutete sie, dass der gesamte Gerichtssaal die Ergebnisse dieser Verhandlung erfahren würde.

Wird er schließlich doch noch auf freien Fuß kommen, fragte sie sich.

Die Möglichkeit ließ sie schaudern, genau wie der Moment, als sie Mullins gemeinsam mit Crivaro verhaftet hatte.

Als Riley ihm die Handschellen angelegt und seine Rechte vorgelesen hatte, hatte er sich zu ihr umgedreht und sie verschmitzt angegrinst. Mit einem hämischen Gesichtsausdruck, der quasi seine Schuld bestätigte.

„Viel Glück“, hatte er gesagt – offensichtlich überzeugt davon, dass es schwierig sein würde, ihn zu verurteilen.

Riley knirschte mit den Zähnen, als die Worte in ihrem Kopf widerhallten.

Viel Glück!

Sie hatte nicht geglaubt, jemals zuvor so wütend gewesen zu sein. Am liebsten hätte sie Mullins auf der Stelle getötet. Sie hatte sogar nach ihrer Waffe gegriffen. Aber Crivaro hatte ihre Schulter berührt, ihr einen warnenden Blick zugeworfen und sie hatte die Verhaftung anständig zu Ende gebracht.

Und nun fragte sich Riley: Wäre Crivaro damals nicht gewesen, wäre Larry Mullins dann heute noch am Leben? Natürlich hätte man stattdessen sie wegen Mordes auf die Anklagebank gesetzt und sie möglicherweise lebenslänglich ins Gefängnis gesteckt. Aber hätte sich das gelohnt, um eine so abscheuliche Version eines menschlichen Wesens loszuwerden?

Riley wünschte sich ein bisschen, ihm damals eine Kugel in den Kopf gejagt zu haben.

Und Crivaros wütendem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, vermutete sie, dass es ihm genauso ging.

Der Gerichtsdiener kam zurück und bat Mullins, sich zu den Anwälten in der Richterkammer zu gesellen. Immer noch von Wachmännern flankiert stand der Mann, dem hier der Prozess gemacht werden sollte, auf und folgte dem Gerichtsdiener aus dem Saal heraus.

Rileys Herz sank.

Das sieht nicht gut aus, dachte sie.

Mehrere lange Minuten gingen vorbei, bevor der Gerichtsdiener zurückkehrte und jeden im Saal darum bat, erneut aufzustehen. Richter Redstone kam zurück, gefolgt von den Anwälten und Mullins selbst.

Richter Redstone kündigte an: „Verteidigung und Staatsanwaltschaft haben ein Überabkommen erreicht. Wenn der Angeklagte zustimmt, sich in zwei Fällen des Mordes mit bedingtem Vorsatz schuldig zu erklären, ist die Verhandlung nicht länger notwendig und der Angeklagte wird entsprechend verurteilt.“

Riley keuchte lauf auf – genau wie viele anderen im Raum auch.

Bedingter Vorsatz?

Diese Vorstellung machte ihrer Meinung nach keinen Sinn.

Der Richter blickte finster in Mullins‘ Richtung. „Larry Mullins, plädieren Sie schuldig?“

„Ja, Euer Ehren“, sagte Mullins.

„Sehr gut“, sagte Richter Redstone. „Larry Mullins, Sie werden hiermit auf zwei Mal dreißig Jahre verurteilt, die gleichzeitig abgesessen werden können. Es gibt die Möglichkeit auf Bewährung nach fünfzehn Jahren.“

 

Gleichzeitig? Mögliche Bewährung?

Riley kämpfte darum, ihren Impuls zu kontrollieren, aufzustehen und zu schreien: Nein, das ist nicht richtig.

Sie wusste, dass es nichts bringen würde, also schluckte sie die Worte herunter und blieb sitzen. Aber sie konnte ihre Gedanken nicht davon abhalten, sich wild im Kreis zu drehen.

Der Mann hat zwei Kinder getötet.

Warum verstanden sie das nicht?

Der Richter dankte der Jury für Zeit und Engagement und beendete die Verhandlung mit einem Knall seines Hammers. Der ganze Saal war in Aufruhr, als Mullins zurück in seine Zelle geführt wurde. Als Riley schließlich aufstand, befand sie sich mitten in einer wütenden und verwirrten Menschenmenge wieder.

Sie wollte mit Agent Crivaro sprechen und ihn fragen, was seiner Meinung nach geschehen war und ob es etwas gab, das sie tun konnte. Aber sie erhaschte nur einen kurzen Blick auf ihren Partner, als dieser mit vor Wut rotem Gesicht auf dem Ausgang des Gerichtsgebäudes zustürmte.

Wo geht er hin, fragte sie sich.

Sie konnte ihm nicht folgen, schaffte es aber stattdessen, sich einen Weg zum Tisch der Staatsanwaltschaft zu bahnen, wo Paxton Murawski seine Sachen einpackte.

„Was zum Teufel ist passiert?“, rief sie verbittert.

Der Staatsanwalt schüttelte den Kopf.

„Es war die beste Lösung“, sagte er.

„Aber es macht keinen Sinn“, sagte Riley. „Die ganze Zeit über hat Mullins auf unschuldig plädiert. Er hat lediglich seine Aufsichtspflicht verletzt, meinte er. Und jetzt plädiert er schuldig auf Mord mit bedingtem Vorsatz – für beide. Wie konnte er lediglich unachtsam sein und sie gleichzeitig umbringen? Wie funktioniert beides?“

Murawski sah Riley scharf an.

„Agent Sweeney, Sie sind neu in dem ganzen Geschehen“, sagte er. „Manchmal muss man Kompromisse finden – und manchmal ergeben die Konsequenzen keinen Sinn. Wirklich, es hat besser funktioniert, als erwartet. Wir hätten unmöglich eine Verurteilung wegen vorsätzlichen Mordes bekommen, schon gar nicht in zwei Fällen. Das wäre einfach nicht passiert. Aber die Verteidigung wusste, dass Mullins auch nicht ungeschoren davonkommen würde. Deshalb hat man uns den Deal vorgeschlagen. Und wir haben ihn angenommen. Ende der Geschichte.“

„Ende der Geschichte?“, echote Riley. „Das ist nicht das Ende und das wissen Sie. In fünfzehn Jahren wird Mullins vermutlich auf Bewährung freikommen. Er wird derselbe teuflische Mistkerl sein, der er heute ist. Aber er wird lediglich seinen niedlichen Unschuldsakt vor dem Bewährungskomitee abziehen müssen, die werden auf ihn reinfallen und er kommt wieder auf freien Fuß.“

Murawski schloss seine Tasche. „Nun – dann lassen Sie das nicht geschehen.“

Riley konnte kaum glauben, was sie da hörte.

„Aber das ist erst in fünfzehn Jahren“, sagte sie.

Murawski zuckte mit den Schultern und fügte hinzu: „Wie gesagt, lassen Sie es nicht geschehen. Vertrauen Sie mir, bis dahin wird er bleiben, wo er ist.“

Купите 3 книги одновременно и выберите четвёртую в подарок!

Чтобы воспользоваться акцией, добавьте нужные книги в корзину. Сделать это можно на странице каждой книги, либо в общем списке:

  1. Нажмите на многоточие
    рядом с книгой
  2. Выберите пункт
    «Добавить в корзину»