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Die Zauberfabrik

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Oliver war so konzentriert bei der Arbeit, dass er nicht einmal roch, dass Lucas sich etwas zum Mittagessen kochte und er merkte auch nicht, dass später am Nachmittag die Sonne langsam zum Horizont wanderte und das Licht immer mehr verblasste. Er hörte zwar irgendwann, wie jemand den Kopf in sein Zimmer steckte und in der Küche etwas in der Pfanne briet, doch er drehte nicht einmal den Kopf um. Er achtete nicht darauf, dass sein eigener Magen längst knurrte und seine Augen müde wurden. Anstatt sich in sein gemütliches Bett zu legen, schlief er einfach direkt an seinem Tisch ein.

*

Oliver schwamm im tiefen Meer. Er war unter Wasser und es war so dunkel, dass er die Wasseroberfläche kaum über sich ausmachen konnte. Mit den Armen rudernd sah er sich um. Sein blondes Haar trieb um sein Gesicht. Obwohl er unter Wasser war, konnte er ohne Probleme atmen.

Er blinzelte. Seine Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit und er bemerkte, dass überall um ihn herum Meereslebewesen waren. Große Krebse mit bunter Schale, die mindestens zehn Zentimeter lang waren, einen grünen Körper und orange Beine hatten. Auf ihren Schalen schimmerten leopardenartige Flecken.

Oliver streckte die Hand aus und berührte einen mit den Fingerspitzen. Er schoss sofort davon und Oliver spürte einen leichten elektrischen Schlag. Er zuckte zurück und zog die Hand an seine Brust. Der Schlag hatte nicht richtig wehgetan, aber er hatte in ihm ein Gefühl ausgelöst, das ihm bekannt vorkam. Er sah seine Hand fassungslos an. Es war das gleiche Gefühl wie vor ein paar Tagen, als er mit seinen Gedanken den Tisch kaputt gemacht hatte.

Wie konnte es sein, dass dieser Krebs in ihm die gleiche Energie ausgelöste? Wieder streckte er die Hand nach einem der Tiere aus. Diesmal zuckte er nicht zurück. Er nahm den elektrischen Impuls ganz bewusst wahr und öffnete seine Sinne. Bunter Fangschreckenkrebs. Obwohl er sich nicht an diese Bezeichnung erinnerte, waren diese Worte plötzlich in seinem Kopf. Vor einiger Zeit hatte er in der Bibliothek darüber gelesen und jetzt hatte die bloße Berührung gereicht, um sich an alle Details zu erinnern. Er wusste wieder, dass er gelesen, wie gut sie sehen konnten. Sie konnten Farben wahrnehmen, die dem menschlichen Auge verborgen blieben, weil sie ein auf bestimmte Weise polarisiertes Licht sehen konnten.

Oliver zog die Hand zurück und das Bild verblasste. Doch die Information war immer noch in seinem Kopf. Er sah den Artikel wie eine Aufnahme vor sich. Langsam wurde ihm bewusst, dass dies vielleicht das letzte Teil des Puzzles war, das ihm zum Erfolg gefehlt hatte.

Oliver öffnete die Augen. Es war dunkel, aber der Tag kündigte sich bereits mit dem ersten Blau an. Er saß noch immer am Tisch, wo er vor einigen Stunden eingeschlafen war.

Er spürte das prickelnde Gefühl in den Fingerspitzen, genauer gesagt in dem Zeigefinger, mit dem er den Krebs berührt hatte. Mit offenem Mund starrte er die Hand an. Wie konnte es sein, dass allein durch die Berührung diese Informationen in sein Bewusstsein gerufen worden waren?

Wieder und wieder dachte er an den Traum und versuchte, ihn zu verstehen. Es war mehr als nur ein Traum. Die Energie floss immer noch durch seine Venen. Oliver war sicher, dass der Traum ihm die letzte Eingebung geschickt hatte, um sein Rätsel zu lösen.

Er sprang auf.

Eilig lief er im Raum auf und an. Odontodactylus scyllarus. Das war der wissenschaftliche Name des Fangschreckenkrebses. Irgendwo hatte er das vor kurzem erst gelesen. Oliver zerbrach sich den Kopf, bis es ihm endlich wieder einfiel. In Armandos Bibliothek! Das Buch, das er aus dem Regal gezogen hatte, hatte diesen Titel getragen. Odontodactylus scyllarus.

Oliver rannte aus dem Zimmer. Er musste dieses Buch wieder finden! Nachdem er ein paar Gänge in vollem Tempo zurückgelegt hatte, stellte er verärgert fest, dass er sich verlaufen hatte. Es war einfach unmöglich, sich in so kurzer Zeit alle Gänge und Treppen und geheimen Türen einzuprägen. Wo war die Bibliothek?

Er befürchtete, im Kreis gerannt zu sein, als er schließlich Horatio in der Ecke schlummern sah. Der verschlafene Hund schien die einzige Konstante in diesen verwirrenden Gängen zu sein. Schon zum zweiten Mal half ihm der Hund dabei, sich zu orientieren.

Bald fand er die Bibliothek. Das Buch Odontodactylus scyllarus stand in einem der unteren Regale. Zum Glück hatte Armando es nicht ganz so tief zwischen die anderen Bücher geschoben, sodass er es schnell wiederfinden konnte. Es kam Oliver fast vor, als wollte das Schicksal ihm auf die Sprünge helfen.

Oliver nahm das Buch, schlug es auf und begann sofort, darin zu lesen. Das Kapitel über die sogenannte zirkulare Polarisierung war schwer zu verstehen. Oliver hatte Mühe der altmodischen und hochwissenschaftlichen Sprache zu folgen, aber im Prinzip ging es darum, die Wahrnehmung des Betrachters zu manipulieren. Genau wie bei der Unsichtbarkeit sollte das Auge denken, dass es nichts sah, indem die zirkulare Bewegung einer elektromagnetischen Welle verändert wurde.

Oliver setzte sich. Diese Information ließ seinen Kopf schwirren. Doch seine Freude hielt nicht allzu lange an. Selbst wenn er eine Veränderung der elektromagnetischen Wellen herbeiführen könnte, müsste er sie bei dem Betrachter erzeugen, nicht am Umhang.

Außer… außer es würde eine Möglichkeit geben, eine Art Strom zu erzeugen, der um den Umhang herumfloss und elektromagnetische Wellen erzeugte, die zirkular polarisiert waren!

Das musste es sein!

Oliver sprang auf und rannte wieder zurück in sein Zimmer. Unterwegs verlief er sich mindestens dreimal, doch es machte ihm nichts aus. Sein Gehirn arbeitete auf Hochtouren daran, das Rätsel der Unsichtbarkeit zu knacken.

Als er an seinem Schreibtisch ankam, schnappte er sich den Stoff. Sein Design war bereits halb fertig, die Drähte waren notwendig, um die elektromagnetischen Wellen zu erzeugen, er hatte nur noch nicht gewusst, wie er das Auge des Betrachters beeinflussen konnte.

Obwohl der letzte Schritt theoretisch sehr kompliziert war, brauchte man in der Praxis nur zwei entgegengesetzte Ströme anzuschließen. Nachdem er an dem Periskop gearbeitet hatte, war es für ihn kein Problem mehr, die Ströme zu erzeugen. Jetzt musste er nur noch die Feinarbeit leisten, dass die beiden Ströme auch einander perfekt entgegengesetzt wirkten.

Draußen war es hell geworden, als Oliver seine Arbeit langsam fertigstellte. Er lehnte sich zurück und begutachtete sein Werk. Mit dem dünneren Draht hatte er bisher nur einen kleinen Teil des Stoffes genäht. Aber diesmal war er absolut sicher, dass er es geschafft hatte. Er hatte es geschafft.

Voller Vorfreude hielt er die Hand unter das Licht. Dann hielt er die Luft an und legte ganz vorsichtig das Stück Stoff darauf.

Tatsächlich! Ein kleines Stück seiner Handfläche verschwand direkt vor seinen Augen.

Aus Instinkt zog er die Hand zurück. Sein Verstand konnte einfach nicht fassen, was die Wissenschaft möglich gemacht hatte. Es war wie Zauberei!

Oliver quietschte triumphierend.

Lucas musste ihn gehört haben, denn plötzlich stand er mit einem großen Teller Toastbrot vor der Tür.

„Morgen“, grummelte er. „Es gibt neue Arbeit für dich.“

Oliver war noch immer so benommen von seinem großen Erfolg, dass er ein breites Grinsen nicht unterdrücken konnte.

„Was gibt es da zu lachen?“, fragte Lucas. „Es gibt viel zu tun, harte Arbeit. Findest du das etwa lustig?“

Noch immer grinsend schüttelte Oliver den Kopf. „Ist Armando wieder hier?“, fragte er höflich.

Lucas sah ihn misstrauisch an. Sein Blick wanderte zu dem Durcheinander auf Olivers Schreibtisch. Dort lagen das aufgeschlagene Buch, der Stoffballen und jede Menge Drähte.

„Ja. Warum?“, fragte er mit schmalen Augen.

Auch wenn Lucas nicht der Mensch war, von dem er sich Anerkennung wünschte, konnte Oliver die große Neuigkeit nicht mehr zurückhalten.

„Weil ich es geschafft habe! Ich kann unsichtbar machen!“

Lucas sah weder beeindruckt, noch überzeugt aus.

„Zeig her.“

Oliver war immer noch so aufgeregt, dass er Lucas das kleine Viereck aus Stoff zeigte, das unter dem Licht seine Hand unsichtbar machte.

„Es vibriert etwas wegen der Strömungen“, erklärte Oliver. „Das ist des Rätsels Lösung! Aber es gibt noch so viel zu tun! Ich kann es nicht fassen! Ich habe das erste große Problem gelöst!“ Es war ihm unerklärlich, wie er geschafft hatte, was so viele Wissenschaftler vor ihm nicht erreichen konnten.

„Nun, dann gib es mir, ich werde es Armando zeigen. Er möchte heute früh nicht gestört werden. Er hatte gestern einen anstrengenden Tag und muss sich ausruhen.“

Oliver drückte den Stoff fest an seine Brust. „Ich möchte es ihm selbst zeigen!“, entgegnete er.

Lucas seufzte laut. „Los jetzt, Junge, du musst heute in der Fabrik helfen. Es muss gefegt werden. Ich verspreche dir, ich werde es Armando zeigen, sobald er Zeit dafür hat.“

„Ich soll fegen?“, fragte Oliver fassungslos.

„Ja“, sagte Lucas streng, „das gehört genauso zu deinen Aufgaben wie alles andere. Ein richtiger Erfinder muss seinen Arbeitsplatz rein halten.“

Damit hatte Oliver nicht gerechnet. Er wollte Armando zwar nicht enttäuschen, aber gleichzeitig wollte er viel lieber an seiner Erfindung arbeiten. Er konnte doch jetzt nicht einfach alles fallen lassen, um die Fabrik zu fegen!

„Komm jetzt“, drängelte Lucas.

Oliver stand auf und ging langsam zur Tür. Als er an Lucas vorbeikam, hielt der ihm die ausgestreckte Handfläche hin.

 

„Ich glaube, du hast was vergessen“, sagte er.

Den unsichtbaren Stoff. Oliver hielt ihn immer noch fest an sich gedrückt. Er wollte ihn um keinen Preis aus der Hand geben.

„Ich werde darauf aufpassen, bis ich ihn Armando zeigen kann.“

Lucas bewegte sich keinen Zentimeter. Sein Beschluss stand nicht zur Diskussion. Er würde ihm den Stoff abnehmen, ob Oliver wollte oder nicht. Mit einem schweren Seufzen legte Oliver ihn vorsichtig in Lucas‘ Hand. Wie zuvor ließ der Stoff die Hand teilweise verschwinden. Oliver starrte das Loch in seiner Hand ungläubig an und auch Lucas beäugte es fassungslos.

Er schaltete die Ströme an und aus, der Stoff erschien und verschwand wieder. Dann steckte er ihn schließlich in seine Tasche.

„Der Besen ist in der Küche“, sagte er und seine Lippen verzogen sich wieder zu einem schiefen Grinsen. „Ich werde jetzt eine Pause machen. Wenn ich zurückkomme, ist der Boden sauber, verstanden?“

Er stampfte davon.

Oliver hatte immer noch ein schlechtes Gefühl, weil er seine Erfindung an Lucas abgegeben hatte. Er ging in die Küche, um den Besen zu holen und machte sich damit auf den Weg in die Werkräume. Seine Gedanken kreisten um das Stück Stoff in Lucas‘ Hosentasche.

Bei der Werkbank begann er zu fegen, doch seine Unruhe wuchs mit jeder Sekunde.

Er vertraute Lucas einfach nicht. Womöglich würde er Olivers Erfindung gar nicht erst an Armando weitergeben! Oder vielleicht würde er behaupten, dass es seine Erfindung war!

Der Besen fiel klappernd zu Boden, als Oliver zur Tür rannte, so schnell er konnte. Er musste sofort mit Armando sprechen!

Aber natürlich hatte er wieder Probleme, sich in den verworrenen Gängen zurechtzufinden. Umso verzweifelter er wurde, desto schlechter wurde seine Orientierung.

Plötzlich hörte er Stimmen. Armando und Lucas! Schnell fand er eine halb offen stehende Tür, hinter der die Stimmen zu hören waren. Es war die Tür zu Armandos Büro.

Oliver wollte gerade hineinstürmen, als er hörte, was Lucas sagte.

„Endlich habe ich das Rätsel gelöst! Ich habe die ganze Nacht damit verbracht. Nach all den Jahren werde ich endlich in die Geschichte eingehen!“

Oliver erstarrte. Lucas hatte seine Erfindung geklaut!

Durch den Türspalt sah er Lucas mit dem Stoff in der Hand.

„Ich bin wirklich sehr beeindruckt“, sagte Armando.

Oliver konnte es nicht fassen! Lucas hatte ihn hintergangen um die Lorbeeren für seine Arbeit einzuheimsen!

Oliver kochte vor Wut. Plötzlich drehte Lucas sich um. Oliver wusste, dass er ihn bemerkt hatte. Sein hinterhältiges Grinsen wurde noch breiter. Es schien ihm zu gefallen, dass Oliver dieses Gespräch mitbekommen hatte.

Dann knallte er Oliver die Tür vor der Nase zu, bevor Armando ihn bemerkte.

Wütend starrte Oliver die Tür an. Er atmete heftig.

Es war, als wäre der Boden unter seinen Füßen eingebrochen.

KAPITEL NEUN

Oliver stand ein paar Sekunden vor der Tür. Er war so schockiert über diesen Verrat, dass er sich nicht bewegen konnte. Aber dann hörte er ein Geräusch auf der anderen Seite der Fabrik.

Erschrocken drehte er sich um. Da waren Männer in der Fabrik! Männer in dunklen Anzügen. Die sollten bestimmt nicht hier sein. Plötzlich kam ihm ein schrecklicher Gedanke: Waren die Männer auf der Suche nach ihm?

Er hatte das dringende Bedürfnis, sich zu verstecken. Die Männer gingen in einen anderen Gang. Oliver beobachtete sie. Einer hielt ein Klemmbrett in der Hand, der andere einen Aktenkoffer. Oliver war so nah an ihnen, dass er verstehen konnte, was sie sprachen.

„Wie Sie sehen muss hier zwar teilweise saniert werden, aber dieses Gelände hat eine Menge Potenzial. Das Bauamt hat ein weiteres Stockwerk genehmigt, Strom- und Wasserleitungen sind im gesamten Gebäude vorhanden.“

Schnell begriff Oliver, was diese Männer wollten. Die Fabrik sollte verkauft werden! Wusste Armando Bescheid? Vielleicht hatte er finanzielle Probleme.

Olivers Magen verkrampfte sich. Er hatte gerade ein Zuhause gefunden, in dem er für immer bleiben wollte und jetzt sollte ihm das wieder genommen werden? Das war zu viel!

Hilflos sah er zu, wie die beiden Männer durch die Räume gingen und über mögliche Umgestaltungen sprachen. Dann schüttelten sie die Hände und gingen zurück zu der geheimen Wand.

„Die hier lassen wir natürlich entfernen“, sagte der Mann mit dem Klemmbrett und betätigte den geheimen Hebel.

Dann waren sie verschwunden.

Oliver starrte ihnen entsetzt hinterher. Er musste unbedingt mit Armando sprechen – über diese Männer und über seine Erfindung. Er konnte nicht einfach zusehen, wie seine Hoffnung und seine Träume zerstört wurden!

Er ging zurück zu der Tür, hinter der Armando und Lucas redeten. Entschlossen klopfte er an. Die Stimmen verstummten einen Augenblick.

„Komm herein!“, rief Armando dann.

Oliver stürmte hinein. Es war das erste Mal, dass er Armandos Büro von innen sah. Es war chaotisch.

Armando hatte mehrere verschieden große Tische an den Wänden stehen. Jeder einzelne war unter Bergen von Papieren und Büchern begraben. Oliver sah vier Computer aus verschiedenen Epochen herumstehen.

„Oliver, mein Junge“, sagte Armando und sah von dem ältesten Modell auf, das Oliver je gesehen hatte. Das Gerät musste aus den 70ern stammen. „Wie kann ich dir helfen?“

Lucas stand mit verschränkten Arman neben Armando. Er sah Oliver eindringlich an.

„Ja, Oliver, wie können wir dir helfen? Ist deine Aufgabe heute zu kompliziert?“

Oliver funkelte Lucas wütend an. Einerseits hatte er Angst davor, ihn zu verärgern, aber andererseits war er wütend, dass Lucas ihn ausgetrickst hatte.

„Der Stoff“, begann Oliver, „Armando, du weißt doch, dass…“

„Der Stoff ist einfach fabelhaft!“, rief Armando nickend.

Lucas machte ein stolzes Gesicht.

„Aber…“, begann Oliver.

Armando unterbrach ihn. „Lucas, könntest du bitte die Eulen und Fledermäuse für ihre jährliche Wartung einfangen?“

„Das kann doch jetzt Oliver machen.“

„Ich brauche Oliver heute selbst. Du kannst ihm ein anderes Mal zeigen, wie man die Flugroboter bedient.“

Lucas zögerte. Er sah empört aus. Es gefiel ihm nicht, Oliver und Armando alleine zu lassen. Doch er hatte keine Wahl. Armando hatte ihm einen Auftrag gegeben und er musste folgen. Also nickte er und ging.

Sowie die Tür ins Schloss fiel, wandte Oliver sich an Armando.

„Der Stoff!“, rief er. „Ich habe ihn erfunden! Ich habe ihn gemacht! Nicht Lucas!“

Armando nickte kichernd. „Ich weiß, Oliver, ich weiß. Ist schon okay.“

„Sie wussten es?“, fragte Oliver erstaunt.

„Natürlich“, sagte Armando. „Lucas hätte niemals das Zeug dazu, so etwas zu erschaffen.“ Er blickte auf die unsichtbare Stelle auf seiner Hand. „Ich muss schon sagen, das ist wirklich eine ganz ausgezeichnete Arbeit. Du hast großes Talent, Oliver. Ich bin sehr stolz auf dich.

Oliver atmete laut aus. Es war eine große Erleichterung, dass Armando Lucas durchschaut hatte und Olivers Arbeit nicht umsonst war. Doch schnell fiel ihm wieder der zweite Grund ein, weshalb er zu Armando gekommen war.

„Armando“, sagte er, „da waren zwei Männer in der Fabrik. Sie sind überall herumgelaufen und haben darüber geredet, dass ein neuer Besitzer alles verändern will.“

Armando sah verunsichert aus. „Ach, wirklich? Nun, es tut mir leid, dass du es auf diese Art herausfinden musst, Oliver. Doch die finanziellen Sorgen sind mein Problem, nicht deins.“

„Also ist es wahr? Die Fabrik wird verkauft?“

Armando schwieg. Dann setzte er sich und klopfte auf den Stuhl neben sich. „Setz dich, mein Junge, lass uns in Ruhe reden.“

Oliver setzte sich neben ihn. Er hatte Bauchschmerzen vor Aufregung.

„Es ist wahr, dass wir in einem finanziellem Engpass stecken“, begann Armando. „Und das ist ganz allein mein Verschulden. All die Jahre habe ich meine Zeit und mein Wissen investiert, um der Menschheit zu helfen, doch ich bin nicht sehr gut darin, meine Erfindungen gewinnbringend und verantwortungsvoll zu verkaufen. Genauer gesagt habe ich keine einzige verkauft.“

„Der unsichtbare Stoff! Ich bin ganz sicher, dass wir dafür jede Menge Geld bekommen können! Das wird alle Probleme auf einmal lösen!“, rief Oliver aufgeregt.

Armando schüttelte den Kopf. „So einfach ist es leider nicht. Großen Erfindungen erfordern große Verantwortung. Eine solche Erfindung kann man nicht einfach irgendjemandem verkaufen. Sie muss beschützt werden. Wenn sie in die falschen Hände gerät, kann sie großen Schaden anrichten! Das ist der Grund, warum ich meine größten Erfindungen nie an Chemiekonzerne oder das Militär verkauft habe.“

Oliver war zwar erleichtert, dass Armando starke ethische Prinzipien hatte, doch das half ihm nicht bei seiner finanziellen Notlage. Außerdem hatte er so schwer an seiner eigenen Erfindung gearbeitet – Oliver wollte nicht, dass seine Mühe vergeblich war.

„Es muss doch einen Weg geben, wie uns meine Erfindung helfen kann!“, sagte Oliver.

Armando strich über seinen Bart. „Ganz bestimmt. Deine Arbeit ist eine große Errungenschaft für die Welt der Wissenschaft.“

„Vielleicht kann ich einen ganzen Umhang anfertigen, dann können wir überall auf der Welt damit auftreten! Wir können an Wettbewerben teilnehmen! Wir müssen ihn nicht verkaufen, wenn Sie sich Sorgen machen, dass er in die falschen Hände gerät. Aber es muss doch möglich sein, damit Geld zu verdienen.“

Armando nickte zustimmend. „Doch, doch, du hast schon recht. Die ganze Welt wird begeistert sein. Wir werden den Umhang fertigstellen und dann an die richtigen Leute verkaufen. Lucas soll sich darum kümmern. Für dich habe ich eine wichtigere Aufgabe, eine, die deine außergewöhnliche Begabung fördert…“

„Welche Aufgabe ist das denn?“, fragte Oliver neugierig. Seine Augen leuchteten vor Stolz.

Armando sah ihn grübelnd an. Sofort sank Olivers Übermut.

„Armando? Welche Aufgabe meinen Sie denn?“

Armando antwortete nicht. Er war tief in Gedanken versunken. Ob er ahnte, dass Oliver besondere Fähigkeiten besaß? Was war das für eine Aufgabe, die Olivers außergewöhnliche Begabung fördert?

Endlich sah Armando Oliver in die Augen. „Das werde ich dir sagen, wenn du dafür bereit bist.“

Oliver dachte an das zerbrochene Tischbein, den Mann und die Frau in seiner Vision, seinen Traum, der ihn zum Durchbruch verholfen hatte. „Bitte Armando, ich bin ganz sicher, dass ich bereit bin“, bettelte er.

Armando sah ihn eine Weile schweigend an.

„Oliver“, sagte er dann langsam, „du bist etwas Besonderes, das habe ich gleich gesehen. Du bist das, was man im Allgemeinen einen Seher nennt.“

„Was?“, stammelte Oliver.

„Ein Seher“, wiederholte Armando. „Du bist mit einer besonderen Begabung geboren worden. Noch kannst du nicht richtig damit umgehen, aber du wirst bald lernen, deine Kräfte richtig einzusetzen.“

„Werden Sie es mir beibringen, Armando?“, fragte Oliver.

Armando schmunzelte zufrieden.

„Sind Sie auch ein Seher?“, flüsterte Oliver.

„Ich?“ Armando schüttelte den Kopf. „Nein, mein Junge, das bin ich nicht. In der Geschichte der Menschheit gibt es nur wenige. Ich bin noch nie einem begegnet und es würde mich nicht wundern, wenn du der einzige auf der Welt bist.“

Seine Worte trafen Oliver wie ein Blitz. Es hörte sich schrecklich einsam an, der einzige Seher auf der Welt zu sein. Als wäre er der letzte seiner Art.

„Aber wenn ich der einzige bin, wer wird mich dann unterrichten?“, fragte Oliver.

Armando tätschelte Olivers Hand. „Genug jetzt, Oliver. Du brauchst Zeit und Ruhe, um über alles nachzudenken. Das war schon sehr viel für einen Tag.“

 

„Ich muss alles wissen! Mein ganzes Leben habe ich mich wie ein Außenseiter gefühlt. Bitte sagen Sie mir alles, was ich wissen muss.“

Doch Armando schüttelte den Kopf. „Ich kann dir nur sagen, dass dies der Beginn eines völlig neuen Lebens für dich sein wird.“ Er sah Oliver tief in die Augen. „Eines Tages, Oliver Blue, wirst du die Menschheit retten.“

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