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Seeabenteuer und Schiffsbrüche

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Das Beispiel des Kapitains hielt indessen die Disziplin noch aufrecht. Man hatte bereits sechzig Faß Pulver über Bord geworfen; allein es waren noch dreihundert auf dem Schiffe. Das Feuer näherte sich unerbittlich der Pulverkammer und endlich verließen die Leute dieselbe in Folge des Bedürfnisses nach freier Luft,, das man bei großer Gefahr empfindet, obgleich sie nicht hoffen durften, an einem andren Orte sicherer zu sein. Mit dem Geschrei: »Das Pulver! das Pulver!« stürzten sie auf's Verdeck.

Es befanden sich in diesem Augenblicke noch einhundert-neunzehn Mann auf dem Schiffe.

Bontekoe stand bei der großen Luke, umgeben von dreiundsechzig Mann, welche Wasser schöpften.

Als er das Geschrei hörte und die totenbleichen, bestürzten Matrosen auf dem Verdecke erscheinen sah, konnte er nicht mehr zweifeln, das Alles verloren war, er streckte die Hände zum Himmel empor und rief aus:

»Allmächtiger Gott, erbarme Dich unser!«

Er hatte das letzte Wort noch nicht ausgesprochen, so öffnete sich das Schiff mit einem furchtbaren Gekrach, spie Flammen aus wie der Krater eines Vulkans und er wurde nebst allen ihn Umgebenden mit den brennenden Trümmern des »Nieuw-Hoorn« in die Luft geschleudert.

3.
Das Wasser

»In der Luft,« sagt Bontekoe in seiner Erzählung von diesem fürchterlichen Unglücke, »behielt ich nicht allein meine ganze Geistesgegenwart, sondern ich hatte sogar noch einen Schimmer von Hoffnung; Bald fühlte ich, daß ich wieder herunter kam, und ich fiel mitten durch Rauch und Flammen zwischen den Trümmern des in tausend Stücke zersplitterten Schiffes in's Wasser.

»In dieser Lage wuchs mein Muth und es war mir, als ob ich ein ganz anderer Mensch geworden wäre. Ich sah mich um und erblickte zu meiner Rechten den Hauptmast, zur Linken den Fockmast. Ich schwamm auf den nächsten, den Hauptmast, zu, umklammerte ihn und als ich die Scene der Verwüstung um mich her betrachtete, rief ich mit Tränen in den Augen und mit einem schmerzlichen Seufzer aus:

»Mein Gott! ist es denn möglich, daß dieses schöne Schiff zerstört ist wie Sodom und Gomorrha?«

Man kann leicht denken, daß wenige von der Mannschaft so glücklich waren, daß sie später solche Worte niederschreiben konnten.

Bontekoe war indessen nicht der Einzige, der die Katastrophe überlebte.

Kaum hatte er den Mast umklammert und die oben angeführten Worte ausgesprochen, so that sich eine Welle auseinander und ein junger Mann erschien auf der Oberfläche des Wassers.

Er sah steh um, und als ex in einiger Entfernung einen Theil des Schiffsschnabels erblickte, schwamm er kräftig darauf zu, hielt sich daran fest und rief aus, indem er sich bis an den Unterleib über das Wasser erhob:

»Gott sei gelobt! ich lebe also noch!«

Bontekoe wollte seinen Augen nicht trauen; als er aber diese Worte vernahm, rief er ebenfalls aus:

»Es ist also noch ein Andrer dem Tode entronnen?«

»Ja, ja, ich!« antwortete der junge Mann.

»Wer bist Du?«

»Herrmann von Knipheusen.«

Bontekoe zog sich mit Anstrengung über die Oberfläche des Wassers empor und erkannte ihn.

In der Nähe des jungen Mannes schwamm ein kleiner Mast, und da der, welchen der Kapitän umklammert hatte, sich beständig drehte, was ihn sehr ermüdete, rief er Knipheusen zu:

»Gieb dieser Soiere einen Stoß, Hermann, damit ich sie erreichen kann; ich will mich darauf legen und sehen, ob ich so zu Dir gelangen kann, um mein Schicksal mit Dir zu theilen.«

»Ah, ihr seid es Kapitain?« rief der junge Mann; »welch ein Glück!«

Und obgleich er hoch in die Luft geschleudert worden und dann tief in#s Wasser gestürzt war, steiß er dennoch kräftig die Spiere auf Bontekoe zu, so daß dieser sie erfassen konnte.

Es war hohe Zeit, denn der Kapitain würde die Spiere schwimmend nicht erreicht haben, da ihm der Rücken verbrannt war und er zwei tiefe Wunden am Kopfe hatte.

Jetzt erst bemerkte Bontekoe, in welchem Zustande er sich befand; es war ihm, als ob sein ganzer Körper eine einzige Wunde sei und er fühlte plötzlich so fürchterliche Schmerzen, daß ihm die Sinne vergingen.

»Zu Hilfe, Hermann!« rief er aus; »ich glaube ich sterbe!«

Der junge Mann erfaßte ihn glücklich, als er eben untersinken wollte, zog ihn auf den Schiffsschnabel und sah nach einigen Minuten mit unaussprechlicher Freude, daß er die Augen wieder aufschlug.

Sein Blick richtete sich zuerst gen Himmel; dann ließ er ihn über das Wasser schweifen und suchte die; beiden Bote, an die bis jetzt noch Keiner von Beiden gedacht hatte.

Sie entdeckten sie bald aber in einer großen Entfernung.

Es wurde dunkel.

»Ach, armer Freund!« sagte Bontekoe zu Hermann, »ich glaube fast, daß jede Hoffnung für uns verloren ist. Es wird spät und die Sonne sinkt. Ich für meinen Theil bin es nicht im Stande, mich die ganze Nacht über dem Wasser zu erhalten. Wir wollen daher unsere Herzen zu Gott erheben und ihn mit völliger Ergebung in seinen Willen um Beistand anflehen.«

Beide beteten und sie versenkten sich hier, auf dem unermeßlichen Ozean, ohne andre Stütze als ein Stück Holz, so in die Demuth vor dem Schöpfer, daß sie Alles, selbst die Gefahr vergaßen, aus der sie nur ein Wunder erretten konnte.

So beteten sie eine Viertelstunde lang..

Hermann blickte zuerst wieder auf.

In dem nämlichen Augenblicke stieß er einen Schrei aus.

Dieser Schrei entriß auch Bontekoe der frommen Extase, in die er versunken war, und er sah sich um.

Die beiden Bote waren kaum hundert Faden von ihnen entfernt.

Bei diesem Anblicke richtete sich Bontekoe mit einer verzweifelten Anstrengung aus dem Wasser empor und rief aus:

»Rettet Euren Kapitain! wir sind unsrer noch Zwei am Leben!«.

»Einige Matrosen in der Schaluppe standen auf, sahen einander mit Erstaunen an und riefen, die Hände zum Himmel erhebend:

»Barmherziger Gott! ist es möglich? der Kapitain lebt noch?«

»Ja, Kinder, ja!« antwortete dieser; »kommt heran und nehmt uns auf!«

Die Schaluppe näherte sich den Schiffstrümmern. Als Hermann dies sah, hatte er nicht mehr die Geduld, ihre Ankunft zu erwarten; er ließ den Schnabel los und schwamm auf das Boot zu.

In fünf Minuten hatte er es erreicht.

Der Kapitain konnte seinem Beispiele nicht folgen, denn seine Kräfte waren völlig erschöpft.

»Wenn Ihr mich retten wollt, Kinder, so müßt Ihr mich holen, denn ich kann nicht schwimmen!« rief er den Matrosen zu.

Diese waren noch unschlüssig, denn das Meer war weit und breit mit Trümmern bedeckt, und wenn die Schaluppe an einen Mastbaum stieß, konnte sie umschlagen oder ein Leck bekommen. Endlich entschloß sich der Trompeter des Schiffes, das Rettungswerk zu versuchen. Er nahm eine Senkbleileine, sprang in's Meer, brachte dem Kapitain das eine Ende, das er um den Leib befestigte, und so gelang es, ihn an die Schaluppe heranzuziehen.

Hier fand er den Supercargo Roi, den zweiten Steuermann Kiyus und etwa dreißig Matrosen, welche den Kapitain und Hermann mit Erstaunen betrachteten und es noch immer kaum glauben konnten, daß sie dem Tode entgangen waren.

Bontekoe war jedoch in einem traurigen Zustande und seine Wunden am Rücken und am Kopfe verursachten ihm unsägliche Schmerzen.

Während des Aufenthalts auf der Insel Sainte-Marie halte er am Hintertheile der Schaluppe eine kleine Kajüte anlegen lassen, und da er glaubte, daß er bald sterben werde, in seinen letzten Augenblicken aber möglichst ungestört zu sein wünschte, um sich ganz mit dem Himmel zu beschäftigen, bat er seine Leute, daß sie ihn in die Kajüte legen möchten.

Ehe sie sich wieder von ihm entfernten, gab er ihnen noch folgenden Rath, seines Glaubens der letzte, den er ihnen geben sollte:

»Wenn Ihr mir folgen wollt, Kinder, so bleibt diese Nacht in der Nähe der Schiffstrümmer; Ihr könnt dann morgen früh vielleicht einige Lebensmittel retten und den Kompaß finden.«

Die Flucht vom Schiffe hatte in der That so eilig stattgefunden, daß man kaum einige Fäßchen Wasser, und etwas Schiffszwieback mitgenommen hatte.

Den Kompaß hatte der erste Steuermann, als er die Flucht der Matrosen ahnte, aus dem Häuschen genommen.

Die Nacht brach herein.

Anstatt aber den Rath des sterbenden Kapitains zu befolgen, ließ Roi zu den Rudern greifen.

»Wohin sollen wir rudern?« fragten die Matrosen.

»Wohin Ihr wollt,« antwortete Roi. »Gott wird uns führen.«

Die beiden Bote entfernten sich und fuhren so nahe nebeneinander, daß sie sich gegenseitig trotz der Dunkelheit sehen konnten.

Als es wieder Tag wurde war man von den Schiffstrümmern eben so weit entfernt als vom Lande, so weit das Auge reichte, erblicke man nichts als Himmel und Wasser. Man beschloß nun, nachzusehen ob der Kapitän noch lebte oder schon tot war, da Bontekoe trotz seine Beschwerden während der Nacht kein Lebenszeichen von sich gegeben hatte.

Er lebte, und es ging im sogar ein wenig besser. »Oh! Kapitän« , sagte Roi, »was sollen wir nur tun? Kein Land in der Nähe, keine Gebäude in Sichtweite und wir sind buchstäblich ohne Nahrung, ohne Karte und ohne Kompass.«

»Es ist deine Schuld« , sagte Bontekoe, »warum hast du mir letzte Nacht nicht geglaubt? Warum seit Ihr nicht bei den Trümmern geblieben?« Während ich mich an den Mast klammerte, schwammen um mich herum Speckseiten, Käse und andere Vorräte. Heute morgen hätte Ihr sie herausfischen können, das hätte euch wenigsten für ein paar Tage vor dem Verhungern bewahrt.«

»Wir haben uns geirrt, Kapitän« , sagte Roi, »aber vergib uns, wir haben den Kopf verloren. Aber nun gebt euch eine Stoß, wir bitten Euch, und führt uns!«

Bontekoe versuchte sich zu erheben, sank gleich wieder zurück. »Seht meine Freunde« sagte er, »es geht nicht. Ich bin so zerschlagen das ich nicht aufstehen kann, von sitzen ganz zu schweigen.«

 

Aber die Seeleute beharrten darauf, und mit ihrer Hilfe schaffte es Bontekoe auf die Brücke und setzte sich.

Dann fragte er wie viel Nahrung sie hätten.

Sie zeigten ihm sieben oder acht Pfund Zwieback.

»Hört sofort auf zu rudern« , sagte der Kapitän.

»Warum?"«

»Weil Ihr eure Kraft unnötig verschwendet, und dabei nicht genug Nahrung habt um sie wieder zu ersetzen«

»Aber so werden wir sterben ohne etwas getan zu haben,« fragten die verzweifelten Männer.

»Ihr werdet eure Hemden zusammenlegen, und diese mit Seil-Garn zu einem großes Segel zusammen nähen, und Ihr werdet Masten und Rahen machen, und das sage ich nicht nur für das Boot, das gilt auch für das Kanu. Wenn wir es schaffen Segel zu setzen, werden wir weniger rasch ermüden. Mehr noch, dann wird uns wirklich Gott leiten, und wenn Gott uns schon so weit geschützt hat, so wird uns seine Gnade bis zum Schluß begleiten.«

Die Befehle wurden umgehend ausgeführt.

Während das Segel zusammengenäht wurde, zählte Bontekoe seine Leute.

Es waren sechsundvierzig in der Schaluppe und sechsundzwanzig im großen Boote.

Jetzt sorgte man auch ein wenig für den armen Kapitain, der seine Schmerzen fast vergaß, um nur auf das Wohl der Anderen bedacht zu sein. Es befand sich ein Kissen und ein blauer Mantel in der Schaluppe; diese beiden Gegenstände wurden ihm in Rücksicht auf seinen Zustand überlassen, und der Chirurg, der zum Glück mit entflohen war, kam auf die Idee, gekäueten Schiffszwieback auf die Wunden zu legen, was einen sehr wohlthätigen Erfolg hatte.

Während des ganzen ersten Tages, so bange die Segel noch nicht fertig waren, überließ man sich den Wellen.

Am Abend waren die Segel vollendet, und sie wurden nun sogleich aufgespannt.

Dies war am 20. November.

Glücklicherweise verstanden es die damaligen Seefahrer noch; sich auf den fast unbekannten Meeren nach dem Stande der Gestirne zu orientieren. Auch Bontekoe kannte ihren Auf- und Untergang genau. Als man aber am 21. und den folgenden Tagen die Mangelhaftigkeit dieser Himmelsführer erkannte, beschäftigte man sich mit der Verfertigung eines Höhenzirkels. Der Schreiner des Schiffs,Tennis Sybrantz; der einen Kompaß und einige Kenntniß von der Mechanik besaß, unternahm das schwierige Werk und es gelang ihm endlich mit großer Mühe, einen brauchbaren Höhenmesser herzustellen. Bontekoe zeichnete dann auf ein Beet die Seekarte mit den Inseln Sumatra und Java, und da er noch am Tage des Unglücks gegen Mittag die Höhe aufgenommen und gefunden hatte, daß er sich unter 500 30' südlicher Breite befand, so konnte man mit ziemlicher Genauigkeit auf den Eingang der Sundastraße abhalten, welche diese beiden Inseln trennte.

Bekam man irgend ein Land zu Gesicht, so sollte es dazu dienen, einen etwaigen Irrthum zu berichtigen selbst wenn man es nicht anlaufen konnte.

Die Bevölkerungen der Inseln und Continente dieser Gewässer waren damals in der That gegen die Europäer noch fast alle feindselig gesinnt.

Die Lage der Unglücklichen war schrecklich; des Nachts herrschte eine eisige Kälte und am Tage eine glühende Hitze. Und dabei bestand der ganze Proviant in sieben bis acht Pfund Schiffszwieback!

Bontekoe übernahm die Verwaltung dieses trotz seiner Kleinigkeit kostbaren Schatzes, der nach Möglichkeit geschont werden mußte. Er gab jedem Manne täglich seine Ration, aber obgleich diese nur ein Streifchen von der Größe eines kleinen Fingers war, so ging der Vorrath dennoch bald zu Ende. Wasser hatte man schon längst nicht mehr und man konnte nur trinken, wenn der Himmel den unglücklichen ein wenig Regen sandte.

Dann wurden die Segel ausgebreitet, um so viel Wasser als möglich aufzufangen, und dieses in die beiden kleinen Fässer gefüllt, die einzigen, welche man mitgenommen hatte.

Da in dieser schaudervollen Lage die einzige Hoffnung auf dem Kapitain ruhte, so bot man ihm doppelte und dreifache Zwieback und Wasserrationen an; er aber nahm sie nicht an, indem er sagte, daß er im Angesichte des Todes und vor den Augen des Herrn nicht mehr und nicht weniger sei als sie und daß er, wenn er ihre Gefahren theile, auch ihre Entbehrungen theilen wolle.

Wie das Wasser, so ging bald auch der Zwieback zu Ende, so sparsam man auch damit umging; aber jede Wolke konnte frisch es Wasser liefern, während der Zwieback nicht zu ersetzen war.

Jetzt verfinsterten sich die wettergebräunten Gesichter und die rauhen Stimmen ließen zuerst Klagen, dann Drohungen vernehmen.

Ein Tag verging ohne Nahrung; dann noch einer.

Einige Tropfen Wasser waren das einzige Labsal für die Unglücklichen, die einander mit wilden und drohenden Blicken anstarrten.

Der Kapitain versuchte es nun, seinen Einfluß geltend zu machen, aber dieser Einfluß sank bald zu nichts herab. Die Hungrigsten behaupteten murrend, er habe sich in seiner Höhenmessung geirrt und habe aus Rache in's offene Meer, anstatt auf das Land abgehalten, während er doch die nämlichen Qualen litt wie sie und, wenn sie starben, mit ihnen sterben mußte.

Wenn der Mensch diesen Grad von Wahnsinn erreicht, dann nimmt er keine Vernunft mehr an; er wird ein wildes Thier und man muß sich gegen ihn; vertheidigen, wie man sich gegen ein wildes Thier vertheidigt.

Als ob der Himmel den Unglücklichen habe einen Beweis geben wollen, daß er sie noch nicht verlassen, flog in diesem Augenblicke ein Schwarm Möven über die Schaluppe hinweg 'und die Thiere ließen sich wunderbarer Weise mit der Hand fangen.

Jedermann fing einige, rupfte sie auf der Stelle, sog ihnen das warme Blute aus und verzehrte sie roh.

Bontekoe sah dies schaudernd, mit an. Es war: ein gräßlicher Versuch, den die Leute mit Blut und rohem Fleische machten, und dieses Blut und dieses Fleisch hatten ihnen vortrefflich gemundet.

Die Möven waren indessen noch rascher aufgezehrt, als der Schiffszwieback, und da man noch immer kein Land sah, versank man wieder in die nämliche Verzweiflung;.

In Folge des Dranges, sich an Andere anzuschließen, den der Mensch in großen Gefahren empfindet, näherte sich jetzt das Boot der Schaluppe, und nachdem die beiderseitigen Mannschaften einige Worte mit einander gewechselt hatten, erklärten sie dem Kapitain, daß sie zusammen leben oder sterben wollten, und daß demnach die Schaluppe, als das größere Fahrzeug, die sechsundzwanzig Mann aus dem Boote mit aufnehmen sollte.

Dieser Vorschlag war schon einmal gemacht worden und es war dem Kapitain gelungen, die Mannschaft davon zurückzubringen, weil die Gefahr dadurch vergrößert werden mußte. Einmal hatte man auf ihn gehört; wie aber die Sachen jetzt standen, hielt er jeden Einwand für unnütz und schwieg daher lieber.

Er sorgte nur dafür, daß die Gefahr der Einschiffung möglichst vermindert wurde.

Die Schaluppe hatte dreißig Ruder; diese wurden in einer Reihe neben einander quer über die Bordwände gelegt und so eine Art Verdeck hergestellt. Das Fahrzeug war tief genug, damit ein Mensch unter diesem Dache von Rudern bequem sitzen konnte. Die Mannschaft wurde nun in zwei Hälften getheilt, und da sie zweiundsiebzig Köpfe zählte, wurden sechsunddreißig unter das Verdeck und sechsunddreißig auf dasselbe platziert.

Alle waren finster und schweigsam, und so oft die Plätze gewechselt wurden, konnte man in den Gesichtern der Heraufkommenden lesen, daß ihre Verzweiflung um einen Grad gestiegen war.

Ein neues Manna fiel diesmal nicht vom Himmel, sondern kam aus dem Wasser.

Eine Schaar fliegender Fische, welche wahrscheinlich von einem Feinde verfolgt wurden, erhoben sich aus dem Meere und fielen in die Schaluppe.

Jedermann fing wieder einige von diesen Fischen, welche durchschnittlich die Größe der,Weißfische haben.

Sie wurden ebenfalls, wie die Möven, roh verschlungen.

Noch zwei Tage faßte man sich in Geduld; am dritten aber machte sich der Hunger von Neuem fühlbar und wieder sprach die Verzweiflung aus allen Gesichtern. Einige kauten Bleikugeln, um den Hunger zu täuschen, Andere leckten an den Kugeln der Steinböller, um sich die brennende Zunge abzukühlen, und noch andere begannen, trotz der Gegenvorstellung des Kapitains, Seewasser zu trinken.

Aber ungeachtet aller Leiden und Entbehrungen war noch Niemand krank und selbst Bontekoe fühlte, daß seine Wunden vernarbten.

Jedermann erkannte jedoch, daß das Aeußerste zu befürchten war und daß zwischen diesen auf einen kleinen Raum zusammengedrängten zweiundsiebzig Menschen noch etwas Fürchterliches geschehen werde.

Eines Abends traten zwei Mann vor den Kapitain. Dieser hatte den Kopf in die Hände gelegt, und als er hörte, daß die beiden Männer vor ihm stehen blieben, ohne Zweifel um mit ihm zu sprechen, blickte er auf.

Sie schwiegen jedoch noch einige Secunden.

Bontekoe sah sie forschend an, um in ihren Blicken zu lesen, was sie wollten.

Endlich brach der Eine das Stillschweigen und kündigte dem Kapitain an, daß die Mannschaft beschlossen habe, die Schiffsjungen zu schlachten.

»Ihr seid von Sinnen!« rief Bontekoe.

»Wir haben Hunger,« erwiderte der Matrose.

»Hört mich an,« sagte der Kapitain, unwillkürlich tief ergriffen von dem entsetzlichen Argumente. »Ihr habt noch ein Faß Wasser und damit könnt Ihr noch' drei Tage Euer Leben fristen. Bewilligt mir diese drei Tage, welche auch Christoph Columbus gewährt wurden, ich bitte Euch darum.«

Nachdem die beiden Matrosen sich mit ihren Kameraden besprochen hatten, antworteten sie, daß die drei Tage bewilligt werden sollten; dann aber....

»Ach, wenn wir wenigstens am Lande wären!« sagte der eine Matrose; »dann würden wir Gras essen.«

Bontekoe trocknete eine Thräne.

4.
Land

Im die verzweifelnden Matrosen ein wenig zu zerstreuen, lehrte sie der Kapitain am folgenden Tage das Aufnehmen der Höhe; sie schüttelten theilnahmlos den Kopf, hielten aber ihr Versprechen, sich noch drei Tage zu gedulden, ehe sie ihr entsetzliches Vorhaben, die Schiffsjungen zu schlachten, in Ausführung bringen wollten.

Am zweiten Tage begannen die Kräfte immer mehr zu sinken, denn man hatte jetzt seit sechzig Stunden nichts als ein wenig Wasser genossen. Der größte Theil der Mannschaft konnte sich (nicht mehr auf den Füßen erhalten und besonders war der Supercargo Roi so schwach, daß er keiner Bewegung mehr fähig war; er lag auf dem Verdeck und nur seine Augen verriethen, daß er noch sah und hörte, was um ihn her vorging.

Merkwürdiger Weise schienen sich die Kräfte des Kapitains, dessen Wunden nach und nach vernarbten, immer mehr zu heben, während alle Anderen schwächer wurden. Er war der Einzige, der in seinem ernergischen Willen noch so viel Kraft fand, um von einem Ende der Schaluppe bis zum andren zu gehen.

Es war am 2. December, dem dreizehnten Tage nach dem Brande des Schiffes. Gegen fünf Uhr Abends bedeckte sich der Himmel mit Wolken und es fing an zu regnen. Dieser Regeln der eine Erfrischung verhieß, hob den Muth der Leute wieder ein wenig. Die Segel wurden abgenommen, über die Ruder gebreitet und Jedermann löschte seinen Durst, während zu gleicher Zeit auch die beiden Fässer gefüllt wurden, denn es regnete immer stärker.

Der Kapitain stand am Steuerruder und war fest überzeugt, daß man sich dem Lande näherte. In Folge dessen beharrte er darauf, auf diesem Posten zu bleiben, in der Hoffnung, daß der Regen bald nachlassen und der Himmel sich wieder aufhellen werde; allein es regnete fort und da Bontekoe zu frieren begann, sah er sich endlich gezwungen, einen Quartiermeister zu rufen, dem er die größte Wachsamkeit anempfahl.

Dann legte er sich neben die Anderen, wo er sich wieder ein wenig erwärmte.

Der Quartiermeister stand kaum eine Viertelstunde am Steuerruder, so hörte es auf zu regnen und die Wolken zertheilten sich.

Plötzlich stand er lebhaft auf, hielt die Hand über die Augen und rief zwei Mal mit durchdringender Stimme:

»Land! Land!«

Jedermann fuhr bei diesem Rufe zusammen und auch die Schwächsten fanden so viel Kraft, um aufzustehen. Alles drängte sich mit einer solchen Hast nach dem Vordertheile, daß die Schaluppe fast umgeschlagen wäre.

Es war in der That Land.

Ein Freudenschrei entwand sich jeder Brust, die Liebe zum Leben erwachte in ihrer ganzen Stärke und Alle wiederholten das Wort: »Land! Land!« als ob schon dieser Ausruf ihre körperlichen Qualen gelindert hätte.

Dann ertönte der zweite Ruf: »Die Segel! die Segel!«

Jedes Stück Leinwand wurde ausgespannt.

Als man sich aber der Küste näherte, fand man eine so heftige Brandung, daß man trotz der Ungeduld, an's Land zu kommen, einen sicheren Ankerplatz zu suchen beschloß. Nach der überstandenen schrecklichen Gefahr war Allen das Leben nur noch theurer geworden.

 

Sie gehorchten daher unbedingt den Anordnungen des Kapitains.

Geduldig fuhr man längs der Küste hin; nach Verlauf einer Stunde aber entdeckte man eine kleine Bucht, in die man einlief und wo ein kleiner Anker ausgeworfen wurde, den man glücklicher Weise mitgenommen hatte.

Alle eilten nun an das heißersehnte Land und während der Kapitain auf die Kniee fiel um Gott zu danken, durchstreifte die Mannschaft, soweit ihre Kräfte es gestatteten, die Insel, um etwas zu suchen, womit sie ihren Hunger stillen konnte.

Die Insel war völlig unbewohnt und die einzige Frucht, die sie erzeugte, waren eine zahllose Menge Kokosnüsse.

Dies war schon ein sehr glücklicher Fund, denn die Milch, welche den Kern umgibt, ist ein sehr wohlschmeckendes Getränk. Jedermann pflückte, so viel er wollte, aß von den reifen das Fleisch und trank von den unreifen die Milch. Da aber Alle zu viel davon genossen, so bekamen sie bald heftige Leibschmerzen, so daß der Kapitain zu fürchten begann, daß die gefundenen Kokosnüsse einer giftigen Art angehörten und daß seine ganze Mannschaft sich vergiftet habe.

Die Schmerzen wurden immer heftiger und die Unglücklichen fühlten erst Linderung, als sie sich bis an den Hals in den heißen Sand eingruben.

Nach etwa fünfzehn Stunden ließen die Schmerzen nach und verschwanden endlich ganz.

Die Schaluppe wurde mit Kokosnüssen beladen und nachdem man sich überzeugt hatte, daß die Insel wirklich unbewohnt war, ging man um vier Uhr Nachmittags wieder unter Segel.

Am folgenden Tage bekam man Sumatra zu Gesicht.

Trotz der mangelhaften Instrumente hatte Bontekoe sich nicht geirrt.

Aber es war nicht leicht, auf dieser Insel zu landen, denn die Brandung war an der ganzen Küste sehr heftig. Man fuhr mehrere Stunden lang an derselben hin, bis endlich vier Matrosen, welche ausgezeichnete Schwimmer waren, sich erboten, an's Ufer zu schwimmen und auch am Lande einen guten Landungsplatz zu suchen.

Das Anerbieten wurde angenommen, die vier Matrosen sprangen in's Meer und schwammen nebeneinander fort, um sich im Nothfalle gegenseitig unterstützen zu können.

Die Schaluppe hielt so lange an, bis sie das Ufer erreicht hatten, was ihnen nach einem harten Kampfe gegen die Wellen gelang:

Sie gingen nun am Strande fort und die Schaluppe segelte in gleicher Richtung an der Küste hin.

Endlich kamen sie an einen Fluß und winkten sogleich der Schaluppe, daß sie näher herankommen solle. Dies geschah und man fand ohne Schwierigkeit die Mündung des Flusses.

Diese aber wurde durch einige Klippen versperrt, an denen sich die Wogen noch wüthender brachen als an allen anderen Punkten.

Der Kapitain war der Meinung, daß man es nicht versuchen sollte, in den Fluß einzulaufen; allein die ganze Mannschaft verlangte das Gegentheil. Es blieb daher Bontekoe nichts Anderes übrig, als seine ganze Geschicklichkeit aufzubieten, um die Gewalt der Wellen möglichst zu neutralisieren.

Er traf die nöthigen Vorkehrungen und die Schaluppe rückte wie zum Angriffe vor.

Die erste Welle der man begegnete, füllte das Boot zur Hälfte mit Wasser; darauf aber war man vorbereitet und das Wasser wurde mit den Hüten und Schuhen so rasch als möglich wieder ausgeschöpft.

Unmittelbar darauf kam eine zweite Welle.

Diese war so hoch und breit, daß die überflutete Mannschaft sich für verloren hielt. Die Arbeit des Ausschöpfens wurde indeß mit vermehrtem Eifer fortgesetzt, aber sie würde gewiß erfolglos geblieben sein, wenn die dritte Welle eben so groß gewesen wäre als die beiden ersten. Zum Glück war sie bedeutend schwächer und da das Meer sich eben aus dem Flusse zurückzuziehen begann, wurde das Hintertheil der Schaluppe gehoben und mit einem kräftigen Ruderschlage fuhr sie in ruhigeres Wasser ein.

Man befand sich im Flusse.

Vor allen Dingen wurde nun das Wasser gekostet. Es war süß. Ueber dieses Glück vergaß man in einem Augenblicke alle überstandenen Leiden und Drangsale. Die ganze Mannschaft rief wie aus Einem Munde:

»An's Land! An's Land!« Die Schaluppe fuhr an's Ufer und in der nächsten Minute war kein Mensch mehr darin.

Dies war einer von den glücklichen Momenten, wie nur Seeleute sie erleben können.

Jedermann durchsuchte nun das Gebüsch, das Gras und die Bäume und man fand eine Art kleiner Bohnen, welche den holländischen glichen. Sie wurden gekostet und von dem nämlichen Geschmack befunden; wahrscheinlich gehörten sie auch derselben Gattung an.

In der Nähe des Landungsplatzes befand sich eine kleine Landzunge. Einige Matrosen, welche weniger ermüdet waren als die Anderen, eilten dahin und kamen nach einigen Minuten mit Feuer und Tabak zurück.

Dies war der Beweis, daß die Insel nicht allein bewohnt war, sondern daß auch die Bewohner nicht weit entfernt sein konnten.

Man hatte zwei Aexte in der Schaluppe. Zwei Matrosen begannen sogleich Bäume zu fällen und es wurden sogleich mehrere große Feuer angezündet. Um diese lagerten sich die Matrosen und aßen Bohnen und tauchten Tabak.

Endlich wurde es Abend. Man wußte noch nicht wo man war, denn es hatte sich noch kein Eingeborener sehen lassen. Die Vorsicht erheischte jedoch die größte Wachsamkeit und man überließ die nöthigen Maßregeln dem Kapitain.

Bontekoe befahl, daß die Feuer vergrößert werden sollten, und besetzte die Zugänge zu dem Lagerplatze mit drei Schildwachen.

Der Mond stand im letzten Viertel und verbreitete daher nur ein schwaches Licht.

Jedermann machte es sich so bequem als möglich und schlief, ungeachtet der bedenklichen Lage, ein.

Es läßt sich leicht denken, wie viel die Unglücklichen während ihrer vierzehntägigen Fahrt geschlafen haben konnten.

Gegen Mitternacht kam eine der Schildwachen in's Lager und meldete dem Kapitain, daß eine zahlreiche Truppe von Insulanern herankomme.

Der Kapitain weckte sogleich seine Leute. Man war leider sehr schlecht bewaffnet, denn die einzigen Waffen, die man besaß, waren die beiden erwähnten Aexte und ein verrosteter Degen.

Bontekoe befahl, daß Jedermann mit einem Feuerbrande sich bewaffnen und die Insulaner sogleich angreifen sollte, wenn sie erschienen.

Diese Idee des Kapitains belebte den Muth der ganzen Mannschaft. Jeder hielt seine brennende Waffe in eines der Feuer, erwartete ruhig das Zeichen zum Angriff und als dieses erfolgte, stürmte die ganze Truppe dem Feinde entgegen.

Man kann sich leicht vorstellen, welchen Anblick diese zweiundsiebzig Mann, welche unter betäubendem Geschrei und ihre brennenden Holzscheite schwingend, heranrückten, im Dunklen gewähren mußten. Die Insulaner hielten denn auch keine Minute Stand und schossen keinen einzigen Pfeil ab, sondern ergriffen eiligst die Flucht und erwiderten das Geschrei der Matrosen mit einem Angstgeheul.

In dem Walde verschwanden sie.

Die Holländer kehrten zu ihren Feuern zurück, konnten aber diese Nacht nicht mehr an den Schlaf denken.

Um auf Alles gefaßt zu sein, begaben sich der Kapitain und Roi auf die Schaluppe; damit sie, wenn etwa die Eingeborenen zurückkehren sollten, nöthigenfalls zur Abfahrt bereit sei.

Als am folgenden Morgen der Tag grauete, waren Aller Blicke auf den Wald gerichtet.

Drei Insulaner erschienen und kamen auf den Fluß zu.

Drei Matrosen erboten sich, ihnen entgegen zu gehen.

Ihre Kameraden harrten mit gespannter Erwartung der kommenden Dinge, denn von der bevorstehenden Unterredung hing Krieg und Frieden ab.

Die drei Matrosen, welche schon früher in den indischen und chinesischen Meeren gewesen waren, konnten einige malayische Worte, mit deren Hilfe sie sich verständlich zu machen hofften.

Endlich begegneten sich die Unterhändler.

Die erste Frage, welche an die Holländer gerichtet wurde, war die, welcher Nation sie angehörten.

Die Matrosen antworteten dreist, daß sie Holländer seien und gaben sich als unglückliche Kauffahrer zu erkennen, deren Schiff verbrannt sei, worauf sie ihrerseits fragten, ob sie gegen Bezahlung Lebensmittel bekommen könnten, deren sie dringend bedürften.

Während dem kamen die Insulaner, welche durchaus nicht schüchtern waren, dem Lagerplatze immer näher, und man ließ dies geschehen, da sie ihrer nur drei waren.

Der Kapitain breitete jedoch die Segel über die das Verdeck bildenden Ruder, damit sie den Boden des Fahrzeugs nicht sehen konnten.

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