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Sodann sich gegen den Agenten umwendend:



»Sie hören, er war nur für mich zu Hause?«



Der Agent hielt sich mit beiden Händen an, um nicht auf die Kniee zu fallen.



»Auf,« sagte Gibassier, »folgen Sie mir; ich habe Ihnen versprochen mild zu sein, und ich werde mein Versprechen halten.«



Und er trat bei Herrn Jackal ein.



»Wie, Sie sind es, Gibassier?« sagte der Chef: »ich hatte Ihren Namen aufs Gerathewohl genannt . . . «



»Und ich bin äußerst stolz auf diese Erinnerung, mein Herr,« erwiderte Gibassier.



»Sie haben also Ihren Mann verlassen?« fragte Herr Jackal.



»Ach! Herr,« antwortete Gibassier, »er hat mich verlassen.«



Herr Jackal faltete ernst die Stirne. Gibassier gab dem Agenten einen Stoß mit dem Ellenbogen, als als wollte er ihm sagen: »Sie sehen, daß Sie mich in eine abscheuliche Patsche gebracht haben.«



»Herr,« sagte Gibassier auf den Schuldigen deutend, »befragen Sie diesen Mann; ich will seine Lage nicht erschweren; er wird Ihnen Alles sagen.«



Herr Jackal hob seine Brille bis oben auf seine Stirne empor, um denjenigen zu erkennen, mit welchem er es zu thun hatte.



»Ah! Du bist es, Fourrichon,« rief er; »nähere Dich und sage, in wie fern Du Ursache bist, daß meine Befehle nicht vollzogen worden sind.«



Fourrichon sah, daß es nicht möglich war, Umschweife zu machen. Er faßte seinen Entschluß, und wie ein Zeuge vor vor einem Gerichte, sagte er die Wahrheit, die volle Wahrheit, nichts als die Wahrheit.



»Sie sind ein Esel,« rief Herr Jackal dem Agenten zu.



»Seine Excellenz der Herr Graf Bagnères de Toulon hat mir schon die Ehre erwiesen, dies zu sagen,« erwiderte der Polizeimann mit tiefer Zerknirschung.



Herr Jackal schien zu suchen, wer die illustre Person sein könnte, welche ihm über Fourrichon eine so sehr mit der seinigen übereinstimmende Meinung aussprechend zuvorgekommen war.



»Das bin ich,« sagte Gibassier, sich verbeugend.



»Ah! sehr gut, sehr gut,« rief Herr Jackal, »Sie haben sich zum Agentilhom

3

3


  Agent-ilhomme im Französischen.



 gemacht?«



»Ja, Herr,« erwiderte Gibassier: »doch, ich muß Ihnen sagen, daß ich diesem Unglücklichen, kraft seiner tiefen Reue, Ihre ganze Nachsicht für ihn anzurufen versprochen habe. Er hat, bei meinem Worte! aus zu viel Eifer gesündigt.«



»Auf die Bitte unseres Freundes Gibassier,« sprach mit Majestät Herr Jackal, »bewilligen wir Euch volle Vergebung Eurer Sünde. Geht im Frieden und sündigt fortan nicht mehr.



Sodann, während er mit der Hand den unglücklichen Agenten entließ, der rückwärts wegging, sagte Herr Jackal:



»Mein lieber Gibassier, wollen Sie mir die Ehre erweisen, die Hälfte meines Frühstücks anzunehmen?«



»Mit wahrer Freude, Herr Jackal,« antwortete Gibassier.



»Sehen wir also ins Speisezimmer,« sprach Herr Jackal, indem er ihm den Weg zeigte.



Gibassier folgte Herrn Jackal.




V

Das zweite Gesicht

Herr Jackal bezeichnete Gibassier mit der Hand einen Stuhl.



Dieser Stuhl stand ihm gegenüber, auf der andern Seite des Tisches.



Während er ihm den Stuhl bezeichnete, winkte er ihm, sich zu setzen; Gibassier aber, dem daran lag, Herrn Jackal zu zeigen, die Gesetze der Höflichkeit seien ihm nicht fremd, sagte:



»Erlauben Sie mir vor Allem, lieber Herr Jackal, Ihnen zu Ihrer Rückkehr nach Paris Glück zu wünschen.«



»Empfangen Sie von meiner Seite dieselben Glückwünsche zu demselben Gegenstande,« antwortete artiger Weise Herr Jackal.



»Gern will ich glauben, daß Ihre Reise glücklich abgelaufen ist.«



»Aeußerst glücklich, lieber Herr Gibassier; doch ich bitte, lassen wir die Complimente ruhen: machen Sie es wie ich, setzen Sie sich.«



Gibassier setzte sich.



»Nehmen Sie eine Cotelette.«



Gibassier stach in eine Cotelette.



»Reichen Sie Ihr Glas.«



Gibassier reichte sein Glas.



»So,« sagte Herr Jackal, »nun essen Sie, trinken Sie und hören Sie.«



»Ich bin ganz Ohr,« erwiderte Gibassier, indeß er mit kräftigen Zähnen in seine Cotelette biß.



»Sie haben also,« fuhr Herr Jackal fort, »Sie haben durch die Eselei dieses Agenten Ihren Mann aus dem Blicke verloren, lieber Herr Gibassier?«



»Ach!« antwortete Gibassier, indem er den entblößten Knochen seiner Cotelette auf einen Teller legte, »Sie sehen mich hierüber in Verzweiflung! . . . Mit einer Mission von dieser Wichtigkeit betraut sein, sie zu seinem Ruhme, – man darf das Wort wohl sagen, – vollführen und im Hafen scheitern!«



»Das ist Unglück.«



»Lebte ich hundert Jahre, ich würde es mir nicht verzeihen.« sagte Gibassier.



Und er machte eine Geberde der Verzweiflung.



»Nun wohl,« sprach Herr Jackal nachdem er ein Glas Bordeaux geschlürft und seine Zunge hatte schnalzen lassen, »ich werde nachsichtiger sein, ich werde Ihnen verzeihen.«



»Nein, nein, Herr Jackal, nein, ich nehme Ihre Verzeihung nicht an,« rief Gibassier; »ich habe mich benommen wie eine Auster; kurz gesagt, ich bin noch dümmer gewesen als der Agent.«



»Was wollten Sie gegen ihn thun, mein lieber, Herr Gibassier! Mir scheint, es gibt ein auf diesen Gegenstand passendes Sprichwort: »»Gegen die Gewalt . . . ««



»Ich mußte ihn mit einem Faustschlage zurichten und Herrn Sarranti nachlaufen.«



»Sie hätten nicht zwei Schritte gemacht, ohne von den Agenten von der Wache verhaftet zu werden.«



»Ho!« machte Gibassier, drohend wie Ajax den Göttern mit der Faust.



»Ich wiederhole aber« daß ich Ihnen verzeihe!« sagte Herr Jackal.



»Verzeihen Sie mir,« sprach Gibassier, auf die ausdrucksvolle Pantomime, der er sich überließ, verzichtend, »so haben Sie ein Mittel,

unsern

 Mann wiederzufinden Sie werden mir erlauben, unser Mann zu sagen, nicht wahr?«



»Ah! nicht schlecht!« erwiderte Herr Jackal, entzückt über diese Probe von Verstand, die ihm Gibassier dadurch gegeben, daß er errathen hatte, wenn er nicht unruhig sei, so habe er keinen Grund, es zu sein. »Nicht schlecht! und ich ermächtige Sie, mein lieber Gibassier, und wäre es nur, um Sie zu belohnen, Herrn Sarranti

unsern

 Mann zu nennen; denn er gehört am Ende eben so sehr Ihnen, der Sie ihn verloren, nachdem Sie ihn entdeckt hatten, als mir, der ich ihn wiedergefunden, nachdem Sie ihn verloren hatten.«



»Das ist nicht möglich,« sagte Gibassier erstaunt.



»Was ist nicht möglichst«



»Daß Sie ihn wiedergefunden haben.«



»Es ist dennoch so.«



»Wie kann das sein? es ist kaum eine Viertelstunde, daß ich ihn verloren habe.«



»Und es sind kaum fünf Minuten, daß ich ihn wiedergefunden habe.«



»So halten Sie ihn also in Ihren Händen?«



»Oh! nein; Sie wissen, daß wir auf eine ganz besondere Art mit ihm verfahren müssen. Ich werde ihn haben, oder Sie werden ihn vielmehr haben . . . Nur verlieren Sie ihn nicht, denn ich könnte ihn schicklicher Weise nicht anschlagen lassen.«



Es war auch die Hoffnung von Gibassier, ihn wiederzufinden. Es war am Tage vorher in der Rue des Postes zwischen den vier Verschwornen und Herrn Sarranti Rendez-vous in der Himmelfahrts-Kirche verabredet worden; Herr Sarranti konnte aber einen Zweifel fassen und sich nicht in diese Kirche begeben. Überdies wollte Gibassier nicht das Ansehen haben, er besitze zum Voraus dieses Merkzeichen.



Er war also entschlossen, auf Rechnung seines Genies das Wiederentdecken von Herrn Sarranti zu setzen.



»Und wie werde ich ihn wiederfinden?« fragte Gibassier.



Indem Sie seine Spur verfolgen.«



»Ich habe sie aber verloren . . . «



»Gibassier« es gibt keine verlorene Spur bei einem Jäger wie ich und einem Leithunde wie Sie.«



»Dann,« sprach Gibassier, überzeugt, Herr Jackal prahle und wolle ihn auf das Aeußerste treiben, »dann ist kein Augenblick zu verlieren.«



Und er stand auf, als wollte er Herrn Sarranti nachlaufen.



»Im Namen Seiner Majestät, der Sie die Krone zu retten die Ehre haben, danke ich Ihnen für, diesen edlen Eifer, lieber Herr Gibassier,« sagte Herr Jackal.



»Ich bin der demüthigste« aber der ergebenste Unterthan Seiner Majestät,« erwiderte Gibassier, indem er sich mit Bescheidenheit verbeugte.



»Gut!« sprach Herr Jackal; »und seien Sie überzeugt, daß Ihre Ergebenheit belohnt werden wird. Die Könige sind es nicht, die man des Undanks beschuldigen kann.«



»Nein, es sind die Völker,« erwiderte Gibassier, philosophisch die Augen zum Himmel aufschlagend.



»Ah! . . . «



»Bravo!«



»In jedem Falle, lieber Herr Jackal, abgesehen vom Undanke der Könige und von der Dankbarkeit der Völker, lassen Sie mich Ihnen sagen, daß ich ganz zu Ihrer Verfügung bin.«



»Sie werden mir wohl die Freundschaft erweisen, einen Flügel von diesem Huhne zu essen.«



»Wenn er uns aber entkommt, während wir von diesem Flügel essen werden?«



»Er entkommt uns nicht; er wartet auf uns.«



»Wo dies ?«



»In der Kirche.«



Gibassier schaute Herrn Jackal mit wachsendem Erstaunen an. Wie war Herr Jackal über diesen Punkt beinahe so gut unterrichtet als er?



Gleichviel, er beschloß zu sehen, wie weit das Wissen vom Herrn Jackal gehe.



»In der Kirche!« rief er. »Ich hätte es vermuthen müssen.«



»Und warum dies?« fragte Herr Jackal



»Weil ein Mann« der mit dieser Blitzesschnelligkeit auf den Landstraßen fährt, keine andere Entschuldigung hat, als er eile zu seinem Seelenheile.«



»Immer besser, lieber Herr Gibassier,« sagte der Polizeichef. »Ich sehe, Sie sind ein wenig Beobachter, und ich wünsche Ihnen Glück hierzu, weil es fortan Ihr Geschäft sein wird, zu beobachten. Ich wiederhole Ihnen also, in der Kirche werden Sie Ihren Mann finden.«

 



Gibassier wollte sehen, ob Herr Jackal bis ans Ende unterrichtet sei.



»In welcher Kirche?« fragte er in der Hoffnung, eine schwache Seite bei ihm zu finden.



»In der Himmelfahrts-Kirche,« antwortete einfach Herr Jackal.



Gibassier ging von einem Erstaunen zum andern über.



»Sie kennen wohl die Himmelfahrts-Kirche?« sagte Herr Jackal, als er sah, daß Gibassier nicht antwortete.«



»Bei Gott!« erwiderte Gibassier.



»Doch vom Hörensagen, ohne Zweifel, denn ich glaube nicht, daß Sie ein Mann von sehr inbrünstiger Frömmigkeit sind.«



»Ich habe meinen Glauben wie Jedermann.« antwortete Gibassier, indem er seine Augen gottselig zum Himmel aufschlug.



»Es wäre mir nicht unangenehm, hierüber erbaut zu werden,« sagte Herr Jackal« während er Gibassier den Kaffee einschenkte, »und hätten wir einige Augenblicke mehr, so würde ich Sie gern bitten, mir Ihr theologisches System auseinanderzusetzen. Wir haben, wie Sie wissen, große Theologen in der Rue de Jerusalem. Die Gewohnheit des Klosterlebens mußte Sie zur Meditation führen. Es wäre mir also, fehlte es uns nicht an Zeit, ein wahres Vergnügen, Sie eine These über diesen Gegenstand behaupten zu sehen. Leider rückt die Stunde vor, und wir haben wahrhaftig heute keine Muße. Doch Sie geben mir Ihr Wort, daß die Partie nur aufgeschoben ist.«



Gibassier hörte mit den Augen blinzelnd und schlürfte dabei seinen Kaffee.



»Sie werden also Ihren Mann in der Himmelfahrts-Kirche treffen,« fuhr Herr Jackal fort.



»In der Frühmette, in der Complete oder in der Vesper?« fragte Gibassier, »mit einem unbeschreiblichen Ausdrücke von Bosheit und Naivität.



»Zur Stunde der großen Messe.«



»Gegen halb zwölf Uhr also?«



»Seien Sie um halb zwölf Uhr dort, wenn Sie wollen; doch unser Mann wird kaum vor Mittag kommen.«



Das war in der That die verabredete Stunde.



»Es ist elf Uhr!« rief Gibassier auf die Pendeluhr schauend.



»Warten Sie doch, Sie Ungeduldiger! Sie werden sich wohl Zeit lassen, Ihr Gloria zu sprechen!«



Und er goß ein Gläschen Liqueur in die Tasse von Gibassier.



»Gloria in excelsis!« sprach Gibassier, indem er die Tasse mit beiden Händen aufhob, wie wenn er ein Rauchfaß aufgehoben hätte.



Herr Jackal neigte das Haupt wie ein Mann, der überzeugt ist, er verdiene diese Ehre.



»Lassen Sie mich Ihnen nun Eins sagen,« sprach Gibassier, »was nichts Ihrem Verdienste benimmt, vor dem ich mich verbeuge und dem ich volle Ehre widerfahren lasse.«



»Nun?«



»Ich wußte Alles dies wie Sie.«



»Ah! wahrhaftig!«



»Ja, und ich habe es auf folgende Art erfahren.«



Alsdann erzählte Gibassier Herrn Jackal die ganze Geschichte der Rue des Postes, wie er sich für einen Assiliirten ausgegeben, wie er in das Haus eingetreten, wie verabredet worden sei, daß man sich am Mittag in der Himmelfahrts-Kirche einfinden sollte . Herr Jackal hörte mit einer Aufmerksamkeit, welche eine stumme Huldigung für den Scharfsinn von Gibassier war.



»Sie glauben also,« sagte er, als Gibassier geendigt hatte, »Sie glauben, es werden viele Menschen bei dieser Beerdigung sein?«



»Wenigstens hunderttausend Personen.«



»Und in der Kirche ?«



»Alles, was sie fassen kann: wenigstens zwei- bis dreitausend Individuen.«



»Es wird nicht leicht sein, Ihren Mann unter einer solchen Menge zu finden, mein lieber Gibassier.«



»Gut! das Evangelium sagt: »»Suche, und Du wirst finden.««



»Nein, ich will Ihnen die Mühe ersparen, zu suchen.«



»Sie?«



»Ja, auf den Schlag zwölf Uhr werden Sie ihn an den dritten Pfeiler, links vom Eingange in die Kirche, angelehnt und mit einem Dominicanermönche sprechend finden.



Die Gabe des doppelten Gesichtes war diesmal Herrn Jackal so reichlich gewährt, daß Gibassier sich verneigte, ohne etwas zu sagen, und gebeugt unter einer solchen Ueberlegenheit seinen Hut nahm und abging.




VI

Zwei Landstraßen-Cavaliere

Gibassier eilte aus dem Hotel der Rue de Jerusalem gerade in dem Augenblicke weg, wo, nachdem er das Portrait des heiligen Hyacinth bei Carmelite abgegeben hatte, Dominique mit großen Schritten die Rue de Tournon hinabging.



Der Hof der Präfectur war leer; eine Gruppe von drei Männern stationierte allein hier.



Bon dieser Gruppe trennte sich ein Mensch, und Gibassier erkannte in diesem magern Männchen mit dem olivenfarbigen Teint, mit den glänzend schwarzen Augen, mit den schimmernden Zähnen, der sich ihm näherte, Gibassier erkannte, sagen wir, seinen Collegen Carmagnole, den Vertrauten von Herrn Jackal, denselben, der ihm nach Kehl die Befehle des gemeinschaftlichen Herrn überbracht hatte.



Gibassier wartete mit einem Lächeln auf den Lippen.



Die zwei Männer grüßten sich.



»Sie gehen in die Himmelfahrts-Kirche?« fragte Carmagnole.



»Haben wir nicht den sterblichen Ueberresten eines großen Philanthropen die letzte Ehre zu erweisen?« erwiderte Gibassier.



»Ganz richtig, und ich lauerte auf Sie bei Ihrem Abgange von Herrn Jackal, um einen Augenblick von unserer doppelten Sendung mit Ihnen zu reden.«



»Mit großem Vergnügen. Plaudern wir gehend oder gehen wir plaudernd. Die Zeit wird uns nicht lang scheinen, mir besonders.«



Carmagnole verbeugte sich.



»Sie wissen, was wir dort thun sollen ?«



»Ich, ich gehe dahin, um nicht aus dem Gesichte einen Mann zu verlieren, welchen ich an den dritten Pfeiler linke angelehnt und mir einem Mönche sprechend finden werde,« sagte Gibassier, der sich nicht von seinem Erstaunen über die Genauigkeit, mit der Herr Jackal unterrichtet war, erholen konnte.



»Und ich, ich gehe dahin, um diesen Mann zu verhaften.«



»Wie, um ihn zu verhaften?«



»Ja, in einem gegebenen Augenblicke: dies Ihnen zu sagen hin ich beauftragt.«



»Sie sind beauftragt, Herrn Sarranti zu verhaften?«



»Nein, Herrn Dubreuil; das ist der Name seiner Wahl, – er wird sich nicht zu beklagen haben.«



»Dann weiden Sie ihn als Verschwörer Verhaften?«



»Nein, als Aufruhrstifter.«



»Wir werden also einen ernsten Aufruhr haben?«



»Ernst, nein; doch wir werden einen haben.«



»Finden Sie es nicht unklug, mein lieber College,« sagte Gibassier, indem er stehen blieb, nun seinen Worten mehr Gewicht zu gehen, »finden Sie es nicht unklug, einen Ausstand an einem Tage wie dieser zu riskieren, wo ganz Paris auf den Beinen ist?«



»Ja, allerdings, doch Sie kennen das Sprichwort: »»Wer nichts wagt, gewinnt nichts.««



»Gewiß; diesmal spielen wir aber um Alles gegen Alles.«



»Nur spielen wir mit falschen Würfeln.«



Diese Bemerkung beruhigte Gibassier ein wenig.



Und dennoch blieb sein Gesicht unruhig oder vielmehr nachwirkend.



Waren es die, Leiden, welche Gibassier in der Tiefe des Puits-qui-parle ausgestanden hatte, und die sich, nur Tage vorher durch die Erinnerung wiederlebt, so übersetzten? hatten die Strapazen einer hastigen Reise und einer raschen Rückkehr aus seine Stirne das trügerische Siegel des Spleen gedrückt? Immerhin ist gewiß, daß der Graf Bagnères de Toulon in diesem Augenblicke einer großen Sorge oder einer lebhaften Unruhe preisgegeben schien.



Carmagnole bemerkte dies und konnte sich nicht enthalten, ihn nach der Ursache in dem Augenblicke zu fragen, wo er sich mit ihm um die Ecke des Quai und der Place Saint-Germain-l’Auxerrois wandte.



»Sie sehen sorgenvoll aus,« sagte er zu ihm.



Gibassier erwachte aus seiner Träumerei und schüttelte den Kopf.



»Wie?« sagte er.



Carmagnole wiederholte die Frage.



»Ja, es ist wahr,« erwiderte Gibassier; »Eines setzt mich in Erstaunen, mein Freund.«



»Teufels das ist eine große Ehre für dieses Eine.«



»Beschäftigt mich also.«



»Sprechen Sie! und kann ich Sie von dieser Sorge befreien, so werde ich mich als den glücklichsten Menschen betrachten.«



»Hören Sie. Herr Jackal hat mir gesagt, ich werde unsern Mann auf den Schlag zwölf Uhr in der Himmelfahrts-Kirche um dritten Pfeiler links dem Eingange finden.«



»Am dritten Pfeiler, ja.«



»Und mit einem Mönche sprechend.«



»Mit seinem Sohne, dem Abbé Dominique.«



Gibassier schaute Carmagnole mit derselben Miene an, mit der er Herrn Jackal angeschaut hatte.



»Nun,« sagte er, »ich hielt mich für stark; es scheint, ich täuschte mich.«



»Warum diese Demuth?« fragte Carmagnole.



Gibassier blieb einen Augenblick stumm; er machte offenbar unerhörte Anstrengungen, um mit den Augen des Luchses die Finsternis, die ihn verblendete, zu durchdringen.



»Nun wohl,« sagte er, »es ist hierin eine äußerst falsche Kunde.«



»Warum dies?«



»Oder, wenn sie wahr ist, so erfüllt sie mich zugleich mit Erstaunen und mit Bewunderung.«



»Für wen?«



»Für Herrn Jackal.«



Carmagnole nahm seinen Hut ab, wie es der Chef einer Seiltänzerbande thut , wenn man dem Maire und den bestehenden Behörden spricht.



»Und was für eine Kunde ist das?« fragte er.



»Das ist die vom Pfeiler und vom Mönche. Daß Herr Jackal die Vergangenheit weiß, daß Herr Jackal sogar die Gegenwart weiß, ich gebe es zu . . . «



Carmagnole folgte jedem Satze von Gibassier mit einer bejahenden Kopfbewegung.



»Daß er aber auch die Zukunft weiß, das übersteigt meine Fassungskraft, Carmagnole.«



Carmagnole lachte seine weißen Zähne zeigend.



»Und wie erklären Sie sich, daß er die Vergangenheit und die Gegenwart weiß?« fragte Carmagnole



»Daß Herr Jackal errathen hat, Herr Sarranti werde in die Kirche gehen, nichts kann einfacher sein: in dem Augenblicke, wo man den Umsturz einer Regierung versuchend sein Leben wagt, ist es ganz natürlich, daß man die Hilfe der Religion und den Beistand der Heiligen anfleht. Daß er errathen hat, Herr Sarranti werde die Himmelfahrts-Kirche wählen, nichts kann einfacher sein, da diese Basilika dazu bestimmt ist, heute als Herd der Empörung zu dienen.«



Carmagnole billigte fortwährend durch Kopfbewegungen.



»Daß er errathen hat, Herr Sarranti werde dort eher um Mittag als um elf Uhr, um halb zwölf Uhr, um drei Viertel aus zwölf Uhr sein, nichts ist leichter: ein Verschwörer, der einen Theil der Nacht in der Ausübung seines Handwerks zugebracht hat, würde, ist er nicht ein ultrarobuster Bursche, nicht in der ersten Frühmesse absichtlich schnattern gehen. Daß er entdeckt hat, er werde sich an einen Pfeiler anlehnen, darin finde ich auch nichts Wunderbares; nach drei bis vier Tagen und eben so vielen Nächten auf der Reise ist es nicht erstaunlich, daß er sich, eine gewisse Müdigkeit fühlend, um auszuruhen, an einen Pfeiler anlehnt. Daß er endlich durch eine logische Deduktion errathen hat, ich werde meinen Mann eher links, als rechts finden, das begreife ich auch, da die linke Seite natürlich von einem Chef der Opposition gewählt werden muß. Alles dies ist geschickt, außerordentlich, aber durchaus nicht wunderbar, da es mir gelingt, mir darüber Aufschluß zu geben. Was mich aber wundert, was mich in Erstaunen seht, was mich verdutzt, was mich in eine unbegreifliche Verwirrung versenkt . . . «



Gibassier hielt inne, als wollte er durch einen doppelten Verstandesaufwand dazu gelangen, das Räthsel zu errathen.



»Nun, das ist?« fragte Carmagnole.



»Wie Herr Jackal die Nummer des Pfeilers, an den er sich anlehnen würde, die Stunde, zu der er sich daran anlehnen würde, und den Umstand hat errathen können, es werde ein Mönch kommen und mit ihm sprechen, indeß er daran angelehnt wäre.«



»Wie!« sagte Carmagnole, »dies ist es, was Sie in Verlegenheit setzt und Ihre Stirne mit einer Wolke bedeckt, Herr Graf?«



»Nichts Anderes, Carmagnole,« antwortete Gibassier.



»Nun, das ist so einfach, als alles Uebrige.«



»Bah!«



»Es ist sogar noch einfacher.«



»Wirklich?«



»Bei meiner Ehre!«



»Wollen Sie mir die Freundschaft erweisen, mir dieses Geheimniß zu enthüllen?«



»Mit dem größten Vergnügen.«



»Ich höre.«



»Kennen Sie die Barbette?«



»Ich kenne eine Straße dieses Namens, welche bei der des Trois-Pavillons anfängt und bei der Vielle-Rue-du-Temple endigt.«



»Das ist es nicht.«



»Ich kenne die Porte Barbette, welche einen Theil der Ringmauer von Philipp-August bildete und ihren Namen Etienne Barbetea Straßenaufseher von Paris, Münzmeister und Handlungsvorstand, verdankte.«



»Das ist es auch nicht.«



»Ich kenne das Hotel Barbette, wo Isabelle von Baiern den Dauphin Karl VII. gebar. Der Herzog von Orleans kam aus diesem Hotel, als er am 23. November 1407. in einer sehr regnerischen Nacht ermordet wurde.«



»Genug!« rief Carmagnole, der erstickte wie ein Mensch, den man eine Säbelklinge verschlingen läßt, »genug! einige Worte mehr, Gibassier, und ich verlange für Sie einen Lehrstuhl der Geschichte.«

 



»Das ist wahr,« erwiderte Gibassier, »immer war es die Gelehrsamkeit, was mich zu Grunde gerichtet hat; doch von welcher Barbette sprechen Sie? von der Straße, vom Thore oder vom Hotel?«



»Weder von der einen, noch vom andern, illustrer Baccalaureus,« sagte Carmagnole, indem er Gibassier mit Bewunderung anschaute und seine Börse von seiner rechten Tasche in seine linke übergehen ließ, das heißt, die ganze Dicke seines Leibes zwischen sie und seinem Gefährten setzte, denn vielleicht mit Recht glaubte er, er habe Alles zu erwarten von Seiten eines Menschen, der zugestand, er wisse so viele Dinge, und ohne Zweifel noch mehr wußte, als er zugestand.



»Nein,« fuhr Carmagnole fort, »meine Barbette ist eine Stühlevermietherin in der Saint-Jacques-Kirche und wohnt in der Impasse des Vignes.«



»Ah! was ist eine Stühlevermietherin von der Impasse des Vignes,« sagte Gibassier verächtlich, »und was für eine armselige Gesellschaft besuchen Sie, Carmagnole?«



»Man muß ein wenig von Allem sehen, Herr Graf.«



»Nun?«



»Ich sage also, die Barbette vermiethe Stühle, und zwar Stühle, auf welche mein Freund Longue-Avoine . . . Sie kennen Longue-Avoine?«



»Vom Gesichte.«



»Stühle, auf welche sich zu sehen mein Freund Longue-Avoine nicht verachtet.«



»Und welche Beziehung hat diese Frau, die Stühle vermiethet, auf die sich zu setzen Ihr Freund Longue-Avoine nicht verachtet, zu dem Geheimnisse, das ich zu ergründen wünschte?«



»Eine unmittelbare Beziehung.«



»Lassen Sie hören,« sagte Gibassier, während er mit den Augen blinzelnd stehen blieb und seine Daumen auf seinem Bauche sich drehen ließ, das heißt, alle Mittel der Stimme und der Geberde anwandte, um zu sagen: »Ich verstehe nicht!«



Carmagnole hielt lächelnd und sich an seinem Triumphe weidend auch an.



Es schlug drei Viertel auf zwölf Uhr in der Himmelfahrts-Kirche.



Die zwei Männer schienen jeden fremden Gedanken zu verjagen, um die Stunde schlagen zu hören.



»Drei Viertel auf zwölf Uhr,« sagten sie. »Gut! wir haben Zeit.«



Dieser Ausruf bewies, mit welcher Aufmerksamkeit Jeder die Conversation verfolgte, in die er mit seinem Gefährten vertieft war.



Da sich aber die Aufmerksamkeit noch lebhafter bei Gibassier, als bei Carmagnole erregt fand, insofern Gibassier es war, der fragte, und Carmagnole, der antwortete, so sagte Gibassier:



»Ich höre.«



»Sie wissen vielleicht nicht, mein lieber College, da Sie nicht dieselben Neigungen wie ich für unsere heilige Religion haben, Sie wissen nicht, daß die Stühlevermietherinnen sich kennen wie die fünf Finger der Hand.«



»Ich gestehe, daß ich das durchaus nicht wußte,« erwiderte Gibassier mit jener erhabenen Offenherzigkeit der starken Männer.



»Nun wohl,« sagte Carmagnole, ganz stolz, einen so gelehrten Mann etwas gelehrt zu haben, »diese Stühlevermietherin der Saint-Jacques-Kirche . . . «



»Die Barbette?« unterbrach Gibassier, nur zu beweisen, daß er nicht ein Wert dem Gespräche verlor.



»Die Barbette, ja, steht in einer engen Freundschafteverbindung mit der Stühlevermietherin von Saint-Sulpice, welche Stühlevermietherin in der Rue du Pot-de-Fer wohnt.«



»Ah!« rief Gibassier durch einen Schein geblendet.



»Sie fangen an dabei zu sein, nicht wahr ?«



»Das heißt, ich erschaue undeutlich, ich wittere, ich errathe.«



»Nun wohl, unsere Stühlevermietherin von Saint-Sulpice ist, wie ich Ihnen vorhin sagte, Concierge des Hauses, bis zu dessen Thüre Sie gestern Abend Herrn Sarranti gefolgt sind, und in welchem sein Sohn, der Abbé Dominique, wohnt.«



»Immer zu,« sprach Gibassier, der um keinen Preis der Welt den Faden, den er so eben erwischt hatte, verlieren wollte.



»Nun wohl, der erste Gedanke, der Herrn Jackal kam, als er diesen Morgen den Brief empfing, in welchem Sie ihm Ihre Reisebeschreibung von gestern gaben, war, da er sah, Sie haben Herrn Sarranti bis zur Thüre eines Hauses der Rue du Pot-de-Fer verfolgt, mich holen zu lassen, um mich zu fragen, ob ich nicht Jemand in diesem Hause kenne. Sie begreifen, lieber Gibassier, meine Freude war groß, als ich erkannte, es sei dasjenige, dessen Bewachung der Thürschnur der Freundin der Freundin meines Freundes anvertraut sei. Ich nahm mir nur die Zeit, ein bejahendes Zeichen zu machen, und lief zu Barbette. Ich wußte, ich werde Longue-Avoine bei ihr finden: das ist die Stunde, wo er seinen Kaffee zu sich nimmt. Ich lief also nach der Impasse des Vignee; Longue-Avoine war dort. Ich sagte ihm zwei Werte in’s Ohr; er sagte vier ins Ohr von Barbette, und diese ging auf der Stelle ab, um einen kleinen Besuch ihrer Freundin, der Stühlevermietherin von Saints-Sulpice, zu machen.«



»Ah! Nicht schlecht, nicht schlecht,« sprach Gibassier, der die ersten Sylben der Charade zu errathen anfing. »Fahren Sie fort, ich verliere kein Wort.«



»Diesen Morgen gegen halb neun Uhr begab sich also die Barbette in die Rue du Pot-de-Fer. Ich sagte Ihnen, glaube ich, mit vier Worten habe sie Longue-Avoine über die Sache unterrichtet. Das Erste, was sie nun in der Ecke von einer der Fensterscheiben erblickte, war ein Brief an Herrn Dominique Sarranti adressiert.



»Sprich !«« sagte die Barbette zu ihrer Freundin, »»Dein Mönch ist also noch nicht zurückgekehrt?««



»»Nein,«« erwiderte die Andere, »»doch ich erwarte ihn jede Stunde.««



»»Es ist erstaunlich, daß er so lange ausbleibt.««



»»Weiß man je, was das macht, die Mönche? Doch warum sprichst Du von ihm?««



»»Weil ich dort ganz einfach einen Brief an seine Adresse sehe,«« antwortete die Barbette.



»»Ja, das ist ein Brief, den man gestern Abend für ihn gebracht hat.««



»»Es ist possierlich,«« sagte die Barbette, »»man sollte glauben, es sei eine Frauenhandschrift.«««



»»Bei meiner Treue, nein,«« entgegnete die Andere. »»Ah! ja wohl, Frauen . . . Seit den fünf Jahren, die der Abbé Dominique hier wohnt, habe ich nicht die Schnauze von einer einzigen gesehen.««



»»Ah! Sie mögen immerhin sagen . . . ««



»»Nein, nein, da es ein Mann ist, der ihn hier geschrieben hat, und er hat mir sogar noch sehr bange gemacht.««



»»Oh ! sollte er Sie beleidigt haben, Gevatterinß««



»»Nein, Gott sei Dank, das kann ich nicht sagen. Aber sehen Sie, es scheint, ich dusselte ein wenig; ich öffnete die Augen, und plötzlich sah ich vor mir einen großen, ganz schwarzen Mann.««



»»War es zufällig der Teufel?««



»»Nein; denn nach seinem Abgange hätte ich den Schwefel gerochen . . . Da fragte er mich, ob der Abbé Dominique zurückgekommen sei. »Nein,« antwortete ich ihm, »noch nicht.«



»– Wohl, so sage ich Ihnen, daß er heute Abend oder morgen früh zurückkommen wird.« Das war gräßlich genug, wie mir scheint!««



»»Ja.««



»– Ah!« erwiderte ich, »– er wird heute Abend oder morgen früh zurückkommen? Nun wohl, das freut mich, so wahr ich Perine heiße.« »– Ist er Ihr Beichtvater?« fragte er mich lachend.



»– Mein Herr-Hi antwortete ich, »– erfahren Sie, daß ich nicht jungen Leuten von seinem Alter beichte.« »– Ah! . . . Nun, so thun Sie mir den Gefallen und sagen Sie ihm . . . Doch nein, es ist besser . . . Haben Sie eine Feder, Papier und Tinte?«



»– Bei Gott! eine schöne Frage!« »—Ich will ihm schreiben; geben Sie mir, was ich hierzu brauche.«



Ich gab ihm seine Tinte, seine Feder und sein Papier, und er schrieb diesen Brief. »– Haben Sie nun Oblaten oder Siegellack?« fragte er. »– Oh! was das betrifft, nein,« antwortete ich ihm,« »das habe ich nicht.«



»»Sie hatten dass nicht?«« bemerkte die Barbette.



»»Doch! Warum soll ich aber Unbekannten ein Geschenk mit meinem Siegellack und mit meinen Oblaten machen?««



»»In der That, das wäre mit der Zeit ein Ruin.«



»»Ah! es ist nicht gerade wegen des Ruins; doch es hat das Ansehen, als mißtraute man den Leuten, wenn man von ihnen etwas zum Versiegeln der Briefe verlangt.««



»»Ja, und dann geniert das, will man den Brief lesen, wenn sie abgegangen sind; aber«« fuhr die Barbette fort, indem sie einen Blick auf den Brief warf, »»wie kommt es, daß

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