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La San Felice Band 1

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Und er zeigte auf die junge Frau, welche bleich, unbeweglich und keuchend in ihren Lehnsessel zurückgesunken war und nicht wußte, welchen Grad von Glauben sie der Albaneserin schenken sollte. Jedenfalls aber war sie heftig aufgeregt.

»Nun, da Ihr es alle Beide wollt,« sagte die Wahrsagerin, indem sie sich Luisa näherte, »so wollen wir es versuchen. Wenn das Schicksal beschworen werden kann, wohlan, dann wollen wir es beschwören, obschon es,« setzte sie hinzu, »ein Verbrechen gegen den Himmel ist, gegen das zu kämpfen, was einmal geschrieben steht. Gib mir noch einmal deine Hand, Luisa.«

Luisa reichte ihr die zitternde, geballte Hand und die Albaneserin sah sich genöthigt, ihr halb mit Gewalt die Finger aufzubrechen.

»Dies hier ist die Linie des Herzens, welche unter dem Berge des Saturn sich in zwei Stümpfe bricht. Hier ist auch das Kreuz in der Mitte der Kopflinie und hier ist endlich die zwischen dem zwanzigsten und dem dreißigsten Jahre plötzlich unterbrochene Lebenslinie.«

»Und Du siehst nicht, woher die Gefahr kommt? Du kennt nicht die Ursachen, welche bekämpft werden müßten?« rief die junge Frau, aufgestachelt von der Angst, welche ihr Milchbruder für sie an den Tag gelegt und welche sie durch ihre Augen, durch das Zittern ihrer Stimme und die Aufregung ihres ganzen Wesens ebenfalls zu erkennen gab.

»Die Liebe, immer die Liebe!« rief die Zauberin; »eine unheilvolle, unwiderstehliche, tödtliche Liebe!«

»Aber kennst Du wenigstens den, welcher der Gegenstand derselben sein wird?« fragte Luisa, indem sie aufhörte sich zu wehren und zu läugnen, denn der Ton der Ueberzeugung, in welchem die Wahrsagerin sprach, verfehlte nicht, allmälig seine Wirkung zu äußern.

»Dein Loos ist ein düster umwölktes, armes Geschöpf!« antwortete die Sibylle. »Ich sehe ihn, aber ich kenne ihn nicht. Er erscheint mir wie ein Wesen, welches nicht dieser Welt angehört. Er ist das Kind des Eisens und nicht des Lebens. Er ist – unmöglich! und dennoch ist es so – er ist von einer Todten geboren!«

Die Wahrsagerin stand mit starrem Blicke da, als ob sie unbedingt in dem Dunkel der Zukunft lesen wollte. Ihr Auge erweiterte sich und nahm die runde Form des Auges der Katze oder der Eule an, während sie mit der Hand eine Geberde machte, als ob sie einen Schleier zu entfernen suchte.

Michel und Luisa sahen einander an. Der kalte Schweiß perlte auf der Stirn des Lazzarone. Luisa war weißer als der battistene Pudermantel, in welchen sie sich gehüllt.

»Ha!« rief Michel nach einem Augenblick des Schweigens, indem er sich mit Gewalt aus der abergläubischen Angst aufrüttelte, welche ihn zu Boden drückte; »wie albern sind wir, daß wir auf diese alte Närrin hören! Daß ich gehängt werde, ist allerdings wohl möglich. Ich bin ein unruhiger Kopf und in unserer Lage, mit meinem Charakter, sagt man oft ein Wort, man wird handgemein, man fährt mit der Hand in die Tasche, man zieht ein Messer heraus, man öffnet es, man läßt sich vom Teufel blenden, man sticht seinen Gegner nieder; er fällt, er ist todt, man wird von einem Sbirren festgenommen, man wird von dem Polizeicommissär verhört, dann von dem Richter verurtheilt, Meister Donato, der Henker, packt einen an der Schulter, wirft einem den Strick um den Hals und patsch! da hängt man. Aber Du, Schwesterchen, was kannst Du mit dem Blutgerüst gemein haben? Welches Verbrechen könntest Du mit deinem Taubenherzen auch nur träumen? Wen könntest Du mit deinen kleinen Händen umbringen? Denn man bestraft die Leute doch nur dann mit dem Tode, wenn sie Jemanden umgebracht haben, und übrigens werden hier zu Lande die Reichen wegen so etwas gar nicht hingerichtet. Willst Du etwas Neues wissen, Nanno? Von heute an wird man nicht mehr sagen: »Michele, der Narr, sondern man wird sagen: »Nanno, die Närrin.«

In diesem Augenblick faßte Luisa ihren Milchbruder am Arme und zeigte mit dem Finger auf die Wahrsagerin.

Diese stand immer noch stumm und unbeweglich auf derselben Stelle. Nur hatte sie sich ein wenig vorwärts geneigt und schien durch Aufbietung ihrer ganzen Willenskraft allmälig etwas in jener Nacht zu erkennen, welche sie einen Augenblick vorher sich beklagt hatte immer dichter werden zu sehen.

Ihr magerer Hals streckte sich aus ihrem schwarzen Mantel hervor und ihr Kopf bewegte sich von rechts nach links wie der einer Schlange, die sich zum Sprunge anschickt.

»Ha, jetzt sehe ich ihn!« rief sie plötzlich. »Es ist ein schöner junger Mann von fünfundzwanzig Jahren mit schwarzen Augen und schwarzem Haar. Er kommt, er nähert sich. Auch er ist von einer großen Gefahr bedroht – von Todesgefahr. Zwei, drei, vier Männer folgen ihm. Sie tragen Dolche unter ihren Kleidern –«

Dann, wie von einer plötzlichen Offenbarung betroffen, setzte sie beinahe freudig hinzu:

»Ach, wenn man ihn doch umbrächte!«

»Nun?« fragte Luisa erstaunt und mit zitternder Begier an den Lippen der Wahrsagerin hängend, »wenn man ihn umbrächte, was würde dann geschehen?«

»Wenn man ihn umbrächte, so wärest Du gerettet, denn er ist es, der deinen Tod herbeiführen wird.«

»O mein Gott!« rief die junge Frau ebenso fest überzeugt, als ob sie selbst sähe, was Nanno zu sehen glaubte, »o mein Gott! Wer er auch sein mag, schütze ihn!«

In demselben Augenblick hörte man unter den Fenstern des Hauses den Doppelknall zweier Pistolenschüsse, dann lautes Schreien und Fluchen, dann nichts weiter als das Klirren von Eisen gegen Eisen.

»Signora! Signora!«, rief die Zofe, welche mit verstörtem Gesicht hereingestürzt kam, »man ermordet einen Menschen unter den Mauern des Gartens.«

»Michele!« rief Luisa, die Hände faltend und die Arme ausstreckend, »Du bist ein Mann und Du hast ein Messer. Willst Du einen Nebenmenschen ermorden lassen, ohne ihm Hilfe zu leisten?«

»Nein, bei der Madonna, das werde ich nicht thun!« rief Michele.

Mit diesen Worten eilte er ans Fenster und öffnete es, um auf die Straße hinabzuspringen. Plötzlich aber stieß er einen lauten Schrei aus, warf sich zurück und duckte sich nieder bis unter das Fenster.

»Pasquale de Simone, der Sbirre der Königin!« murmelte er mit vor Furcht halb erstickter Stimme.

»Wohlan,« rief die San Felice, »dann ist es an mir, den Unglücklichen zu retten!«

Und sie eilte nach der Rampe.

Nanno machte eine Bewegung, um sie zurückzuhalten, schüttelte aber den Kopf und ließ die Arme sinken.

»Geh nur, arme Verurtheilte,« sagte sie; »möge der Schicksalsspruch der Gestirne in Erfüllung gehen.«

Elftes Capitel.
Der General Championnet

Man wird sich erinnern, daß, als wir Salvato Palmieri verließen, derselbe im Begriff stand, den Verschworenen die Antwort des Generals Championnet mitzutheilen.

Eben so wird man sich entsinnen, daß Hector Caraffa im Namen der italienischen Patrioten an den französischen General, der so eben das Commando der Armee von Rom übernommen, geschrieben hatte, um ihn von der Stimmung der Gemüther in Neapel zu unterrichten und ihn zu fragen, ob man im Falle einer Revolution auf die Unterstützung nicht blos der französischen Armee, sondern auch der französischen Regierung rechnen könne.

Der General Championnet war zu der Zeit, bei welcher wir jetzt angelangt sind, ein Mann von sechsunddreißig Jahren mit sanften, einnehmenden Zügen.

Hinter dieser Physiognomie, welche mehr die eines Weltmannes als die eines Soldaten war, barg sich jedoch eine gewaltige Willenskraft und ein Muth, der jede Probe bestand.

Er war der natürliche Sohn eines Wahlpräsidenten der, weil er ihm nicht seinen Namen geben wollte, ihm den eines kleinen Landgutes in der Umgegend von Valence, seiner Vaterstadt, beilegte.

Es war ein abenteuerlustiger Geist und Rossebändiger, ehe er Menschenbändiger ward. Mit zwölf oder fünfzehn Jahren ritt er die widerspänstigsten Thiere und zwang sie, ihm zu gehorchen.

Mit achtzehn Jahren begann er einem oder dem andern jener beiden Phantome nachzujagen, welche man den Ruhm oder das Glück nennt, ging nach Spanien und trat unter dem Namen Bellerose unter die wallonischen Truppen.

In dem Lager von Saint-Roch, welches man vor Gibraltar geschlagen, traf er in dem Regiment Bretagne mehrere seiner Schulcameraden und erhielt von seinem Oberst Erlaubniß, die wallonische Garde zu verlassen und, wie seine Freunde, als Freiwilliger zu dienen.

Nach dem Friedensschluß kehrte er nach Frankreich zurück und sein Vater empfing den verlorenen Sohn mit offenen Armen.

Bei den ersten Bewegungen von 1789 trat er aufs Neue in den Militärdienst.

Die Kanone des 10. August donnerte und die erste Coalition bildete sich.

Jedes Departement bot nun ein Bataillon Freiwillige.

Das der Drôme stellte das sechste.

Championnet ward zum Anführer desselben ernannt und marschierte damit nach Besançon. Diese Bataillone von Freiwilligen bildeten die Reservearmee.

Als Pichegru Besançon passirte, um das Commando der Armee am Oberrhein zu übernehmen, fand er hier Championnet wieder, den er gekannt, als er, wie dieser jetzt, Chef eines Freiwilligen-Bataillons gewesen war.

Championnet bat ihn inständig, ihn zur activen Armee zu berufen. Sein Wunsch ward ihm gewährt.

Von diesem Augenblick an schrieb Championnet seinen Namen neben die Namen eines Joubert, Marceau, Hoche, Kleber, Jourdan und Bernadotte.

Er diente abwechselnd unter diesen oder war vielmehr ihr Freund. Sie kannten den abenteuerlustigen Charakter des jungen Mannes so gut, daß, wenn es sich um irgend eine schwierige, beinahe unmöglich auszuführende Expedition handelte, es fast allemal hieß: »Wir wollen Championnet hinschicken.«

Und dieser rechtfertigte, indem er als Sieger zurückkehrte, allemal das Sprichwort, welches sagt: »Glücklich wie ein Bastard.«

Diese Reihe von Erfolgen ward durch den Titel eines Brigadegenerals, dann durch den eines Divisionsgenerals belohnt, welcher letztere an den Küsten der Nordsee von Dünkirchen bis Vließingen commandierte.

 

Der Frieden von Campo Formio rief ihn nach Paris zurück.

Er begab sich dorthin und behielt von seinem ganzen militärischen Haushalt blos einen jungen Adjutanten.

Bei den verschiedenen Treffen, die er mit den Engländern gehabt, hatte Championnet einen jungen Capitän bemerkt, welcher zu jener Zeit, wo alle Welt tapfer war, es dennoch möglich zu machen gewußt hatte, sich durch seine Tapferkeit auszuzeichnen. Kein Gefecht hatte stattgefunden, an welchem er theilgenommen, ohne daß man von ihm eine glänzende That erzählte.

Bei der Einnahme von Altenkirchen war er der Erste gewesen, der die Sturmleitern erstiegen.

Bei dem Uebergange über die Lahn hatte er unter dem Feuer des Feindes den Fluß sondiert und eine Furt gefunden.

In den Laufgräben von Laubach hatte er eine Fahne erobert.

In dem Gefecht bei den Dünen endlich hatte er an der Spitze von dreihundert Mann fünfzehnhundert Mann Engländer angegriffen. Durch eine verzweifelte Charge, welche das Regiment des Prinzen von Wales machte, wurden die Franzosen zurückgedrängt, der junge Capitän aber verschmähte es, auch nur einen Schritt zurückzuweichen.

Championnet, der ihm mit den Augen folgte, sah ihn von Weitem vom Feind umringt verschwinden. Bewunderer der Tapferkeit wie jeder Tapfere, stellte Championnet sich an die Spitze von etwa hundert Mann und griff die Engländer an, um den jungen Capitän zu befreien. An der Stelle angelangt, wo derselbe verschwunden war, fand er ihn mit dem einen Fuße auf der Brust des englischen Generals stehend, dem er mit einem Pistolenschuß den Schenkel zerschmettert, umthürmt von Leichen und selbst durch drei Bajonetstiche verwundet. Er zwang ihn, das Handgemenge zu verlassen, empfahl ihm seinen eigenen Wundarzt und als er wieder hergestellt war, erbot er sich, ihn zu einem Adjutanten zu machen.

Der junge Capitän nahm das Anerbieten an.

Es war Salvato Palmieri.

Als er seinen Namen nannte, war derselbe für Championnet ein neuer Gegenstand des Erstaunens. Es war augenscheinlich, daß er Italiener war.

Da er übrigens keinen Grund hatte, seine Herkunft zu läugnen, so bekannte er sie selbst.

Und dennoch hatte jedesmal, wenn es sich darum handelte, von englischen oder österreichischen Gefangenen irgend welche Auskunft zu erlangen, Salvato sie in ihrer Sprache mit derselben Leichtigkeit befragt, als ob er in Dresden oder in London geboren wäre.

Salvato hatte sich begnügt, Championnet zu antworten, er sei noch ganz jung nach Frankreich gekommen und habe dann später seine Erziehung in England und Deutschland vollendet. Es sei daher durchaus nicht zu verwundern, daß er das Deutsche, das Französische und das Englische eben so geläufig redete wie seine Muttersprache.

Championnet, welcher einsah wie nützlich ein gleichzeitig so tapferer und so unterrichteter junger Mann ihm werden könne, behielt, wie wir schon oben erwähnt, von seinem ganzen militärischen Haushalt nur ihn und brachte ihn mit nach Paris zurück.

Bei dem Abgange Bonapartes nach Egypten hatte, obschon man den Zweck der Expedition nicht kannte, Championnet verlangt, dem Glücke des Siegers von Arcole und Rivoli zu folgen; Barras aber, an dem er sich gewendet, legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte:

»Bleib lieber bei uns, Bürger General. Wir werden deiner auf dem Continent bedürfen.«

Und in der That, als Bonaparte fort war, verlangte Joubert, welcher das Commando der Armee von Italien übernahm, daß man ihm Championnet beigebe, damit derselbe die Armee von Rom commandiere, welche bestimmt war, Neapel zu überwachen und, wo nöthig, zu bedrohen.

Barras, der ganz besonderes Interesse an ihm nahm, hatte diesmal, indem er ihm seine Instruction ertheilt, zu ihm gesagt:

»Wenn der Krieg von Neuem ausbricht, so bist Du von den republikanischen Generalen der erste, welcher mit der Entthronung eines Königs beauftragt wird.«

»Die Absichten des Direktoriums werden ausgeführt werden, antwortete Championnet mit einer Einfachheit, die eines Spartaners würdig war.

Und seltsamerweise sollte dieses Versprechen sich auch in der That verwirklichen.

Championnet ging mit Salvato nach Italien ab. Er sprach das Italienische schon mit ziemlicher Geläufigkeit und es fehlte ihm nur noch die Uebung in der Sprache. Von diesem Augenblick an aber sprach er mit Salvato nur italienisch und im Hinblick auf das, was geschehen konnte, übte er sich mit ihm sogar in dem neapolitanischen Dialect, welchen Salvato im Scherz von seinem Vater erlernt hatte.

In Mailand, wo der General sich kaum einige Tage aufhielt, machte Salvato Bekanntschaft mit dem Grafen Ruvo und stellte ihn dem General Championnet als einen der edelsten Cavaliere und feurigsten Patrioten von Neapel vor.

Er erzählte ihm, wie Hector Caraffa, von den Spionen der Königin Caroline verrathen, von der Staatsjunta verfolgt und eingekerkert, aus dem Castel San Elmo entsprungen sei, und erbat für ihn die Gunst, dem Generalstabe folgen zu dürfen, ohne demselben durch irgend einen Grad anzugehören.

Beide begleiteten ihn nach Rom.

Das dem General Championnet erheilte Programm war folgendes:

»Mit den Waffen jeden feindlichen Angriff auf die Unabhängigkeit der römischen Republik zurückzuschlagen und den Krieg auf das neapolitanische Gebiet überzutragen, wenn der König von Neapel die Invasionsprojecte, die er so oft angekündigt, in Ausführung brächte.«

Einmal in Rom hatte Graf Ruvo, wie wir schon oben erzählt, nicht dem Wunsch zu widerstehen vermocht, thätigen Antheil an der revolutionären Bewegung zu nehmen, welche, wie man sagte, auf dem Punkte stand, in Neapel zum Ausbruch zu kommen.

Verkleidet hatte er sich in diese Stadt eingeschlichen und durch Salvatos Vermittlung die italienischen Patrioten mit den französischen Republikanern in Verbindung gesetzt, indem er zugleich den General dringend ersuchte, ihnen Salvato zu senden, zu welchem Championnet das größte Vertrauen hatte und welcher nicht verfehlen konnte, seinen Landsleuten ein ähnliches Vertrauen einzuflößen. Der Zweck dieser Mission war, den jungen Mann mit eigenen Augen sehen zu lernen, auf welchem Punkte die Sachen stünden, damit er, zu dem General zurückgekehrt, ihm Auskunft über die Mittel geben könnte, welche die Patrioten zu ihrer Verfügung hatten.

Wir haben gesehen, welche Gefahren Salvato zu bestehen hatte, um bis an den Ort der Versammlung zu gelangen und wie er, da die Verschworenen kein Geheimniß vor ihm hatten, er auch seinerseits kein solches vor diesen haben wollte, damit die seinen Patriotismus nach der Stellung berechnen könnten, welche die Ereignisse ihm bereitet hatten.

Unglücklicherweise aber waren die Mittel, welche Championnet bei dem Commando, welches er empfangen, zur Verfügung standen und welche den Schutz der römischen Republik zum Zweck hatten, weil entfernt, seinen Bedürfnissen zu entsprechen.

Er kam in der ewigen Stadt ein Jahr an, nachdem die Ermordung des General Duphot, welche Pius der Sechste, wenn auch nicht veranlaßt, doch wenigstens ungestraft gelassen, zur Besetzung Roms und Proclamation der römischen Republik geführt hatte.

Berthier war es, der die Ehre hatte, die Welt von dieser Auferstehung in Kenntniß zu setzen.

Er hatte seinen Einzug in Rom gehalten, hatte das Capitol erstiegen wie ein Triumphator des Alterthums und war dieselbe heilige Straße gewandelt, welche siebzehn Jahrhunderte früher die Besieger des Weltalls gezogen waren.

Auf dem Capitol angelangt, hatte er unter dem wahnsinnigen Geschrei: »Es lebe die Freiheit! Es lebe die römische Republik! Es lebe Bonaparte! Es lebe die unüberwindliche französische Armee!« zweimal die Runde um den Platz gemacht, auf welchem die Bildsäule des Marcus Aurelius steht.

Dann, nachdem er Schweigen erbeten, welches ihm augenblicklich gewährt ward, hatte der Herold der Freiheit folgende Rede gehalten:

»Manen eines Cato, Pompejus, Brutus, Cicero und Hortensius, empfangt die Huldigung freier Männer in diesem Capitol, wo Ihr so oft die Rechte der Völker vertheidigt, und die römische Republik durch eure Beredsamkeit oder eure Thaten berühmt gemacht. Die Söhne der Gallier kommen mit dem Oelzweig in der Hand an diesen erhabenen Ort, um die von dem ersten Brutus gegründeten Altäre der Freiheit wieder aufzurichten. Und Du, römisches Volk, welches Du so eben dein legitimes Recht wiedererlangt, erinnere Dich, welches Blut in deinen Adern fließt. Wirf dein Auge auf die Monumente des Ruhmes, welche Dich umgeben; übe die Tugenden deiner Väter, zeige Dich würdig deines alten Glanzes und beweise Europa, daß es noch Seelen gibt, welche die Tugenden deiner Väter noch nicht vergessen haben.«

Drei Tage lang hatte man Rom illuminiert, Feuerwerke abgebrannt, Freiheitsbäume gepflanzt, getanzt, gesungen, geschrieen: »Es lebe die Republik!«

Aber der Enthusiasmus war von kurzer Dauer gewesen. Zehn Tage nach Berthiers Rede, welche außer der Ansprache an die Manen Catos und Hortensius das Versprechen unverbrüchlicher Achtung gegen die Einkünfte und Reichthümer der Kirche enthielt, hatte man auf Befehl des Direktoriums die Schätze dieser selben Kirche in die Münze getragen, um sie hier einschmelzen und in Gold- und Silbermünzen verwandeln zu lassen, aber nicht mit dem Bild der römischen, sondern mit dem der französischen Republik, um sie dann in die Cassen, Manche sagten des Luxembourg, Andere in die der Armee zu werfen.

Die, welche sagten: in die Cassen der Armee, waren in bedeutender Minorität, und die, welche es glaubten, in noch bedeutenderer.

Dann hatte man die Nationalgüter zum Verkauf ausgeboten und da das Directorium zur höchsten Noth Geld für die Armee in Egypten bedurfte, so waren diese Güter in aller Eile und zu einem Preise weit unter ihrem Werth verkauft worden.

Dann hatte man die reichen Eigenthümer zu Geldzahlungen und Naturallieferungen aufgefordert, und auf diese Weise den Patriotismus derselben bedeutend abgekühlt.

Die Folge hiervon war, daß trotz der von den reichen Classen der Gesellschaft gebrachten Opfer, da die Bedürfnisse des Directoriums sich unaufhörlich erneuerten, selbst die unentbehrlichsten Ausgaben nicht bestritten werden konnten und der Sold der Nationaltruppen und die Gehalte der öffentlichen Beamten nach Verlauf von drei Monaten einen Rückstand ausmachten, welcher von demselben Tage an datirte, an welchem die Republik proclamiert worden.

Die Arbeiter, welche keinen Lohn mehr erhielten, und übrigens, wie man weiß, auch keine große Lust zur Arbeit mehr besaßen, hatten ihrerseits die Arbeit verlassen und sich theils in Bettler, theils in Banditen verwandelt.

Was die Behörden betraf, welche mit dem Beispiele einer spartanischen Redlichkeit hätten vorangehen sollen, so waren sie, da sie keinen Heller Gehalt ausgezahlt erhielten, noch viel käuflicher und bestechlicher, als sie vorher gewesen.

Die mit der Ernährung des Volkes beauftragte Magistratur der Annona, einer Institution des alten römischen Kaiserreiches, welche sich auch noch unter den Päpsten erhalten, war nicht im Stande gewesen mit discreditiertem Papiergeld die nothwendigen Anschaffungen zu machen und erklärte, da es nun an Mehl, Oel und Fleisch fehlte, sie wisse nicht, wie sie einer Hungersnoth vorbeugen solle.

Als daher Championnet ankam, sagte man sich leise, es gebe in Rom nur noch auf drei Tage Lebensmittel und wenn der König von Neapel mit seiner Armee nicht schnell genug herbeikäme, um die Franzosen zu verjagen, den heiligen Vater wieder auf seinen Thron zu setzen und dem Volke den Ueberfluß zurückgegeben, so würden die Bewohner sich bald in die Alternative versetzt sehen, Einer den Andern aufzufressen oder Hungers zu sterben.

Dies war es, was Salvato beauftragt war, den neapolitanischen Patrioten vor allen Dingen mitzutheilen, die erbärmliche Lage der römischen Republik, eine Lage, der man durch Sparsamkeit und Redlichkeit die Spitze zu bieten versuchen wollte.

Um damit einen Anfang zu machen, hatte Championnet sämmtliche Agenten des Fiscus aus Rom hinausgejagt und sich anheischig gemacht, alle Geldsendungen für das Directorium, von welcher Seite sie auch kämen, für die Bedürfnisse der Stadt und der Armen zu verwenden.

Das, was Salvato in Bezug auf die Situation der französischen Armee, die kaum blühender war als die der römischen Republik, hinzuzufügen hatte, war Folgendes:

Die Armee von Rom, deren Commando Championnet so eben übernommen und welche nach den Aufstellungen, die er von dem Directorium erhalten, sich auf zweiunddreißigtausend Mann belief, bestand in der That aus nur achttausend Mann.

Diese achttausend Mann, welche seit drei Monaten keinen Heller Löhnung erhalten, litten Mangel an Schuhwerk, an Kleidung, an Brot und waren umzingelt von der Armee des Königs von Neapel, die aus sechzigtausend Mann bestand, welche sämmtlich gut gekleidet, gut beschuht, gut genährt waren und jeden Tag richtig bezahlt wurden.

 

Die ganze Munition der französischen Armee bestand in einhundertundachtzigtausend Stück Patronen, so daß also der Mann fünfzehn Schüsse thun konnte.

Kein fester Platz war mit Lebensmitteln oder Pulver versehen, und der Mangel war so groß, daß man in Civita Vecchia nicht einmal im Stande gewesen war, auf ein Seeräuberschiff zu feuern, welches in halber Kanonenschußweite von dem Fort eine Fischerbarke genommen.

Man hatte im Ganzen nur neun Geschütze, alle übrigen waren eingeschmolzen worden, um die Herstellung von Kupfergeld zu ermöglichen.

Einige Festungen hatten allerdings noch Geschütze, in keiner aber paßten, mochte nun Verrätherei oder Nachlässigkeit zu Grunde liegen, die Kugeln zu dem Caliber der Kanonen; in einigen waren auch keine Kugeln da.

Die Arsenale waren eben so leer als die Festungen. Vergebens hatte man versucht, zwei Bataillone Nationalgarden zu bewaffnen, und dies in einem Lande, wo man keinem Menschen begegnete, der nicht seine Flinte, wenn man zu Fuße ging, auf der Schulter trug, oder, wenn er ritt quer über dem Sattel liegen hatte.

Championnet hatte aber an Joubert geschrieben und man wollte ihm von Alexandrien und Mailand aus eine Million Patronen und zehn Geschütze mit allem Zubehör schicken.

Was die Kugeln betraf, so hatte Championnet Gießöfen errichten lassen, wo täglich vier- bis fünftausend Stück fertig wurden.

Er ließ deshalb die Patrioten ersuchen, nichts zu übereilen, weil er noch wenigstens einen Monat bedürfe, umgerüstet zu sein, aber noch nicht etwa zum Angriff, sondern nur erst zur Vertheidigung.

Salvato überbrachte einen in diesem Sinne geschriebenen Brief an den französischen Gesandten in Neapel, einen Brief, worin Championnet dem Gesandten Garat seine Lage auseinandersetzte und ihn bat, Alles aufzubieten, um einen Bruch zwischen den beiden Höfen zu verzögern.

Dieser zum Glück in einem guten Portefeuille verwahrte Brief war von der Einwirkung des Wassers nicht berührt worden.

Uebrigens kannte Salvato auch den Inhalt und hätte ihn, wenn der Brief unleserlich gewesen wäre, Wort für Wort dem Gesandten erzählen können.

Nur hätte der Gesandte, wenn er den Brief erhielt, nicht gewußt, welchen Grad von Vertrauen er dem Ueberbringer schenken konnte.

Nachdem alle diese Thatsachen den Verschworenen auseinandergesetzt worden, trat ein Augenblick des Schweigens ein, während dessen sie einander ansahen und sich gegenseitig mit den Augen befragten.

»Was sollen wir nun thun?« fragte der Graf von Ruvo, der Ungeduldigste von allen.

»Den Instructionen des Generals folgen,« antwortete Cirillo.

»Ich wenigstens werde mich denselben gemäß sofort zu dem Gesandten Frankreichs begeben,« setzte Salvato hinzu.

»Dann beeilen Sie sich!« rief von der obersten Stufe der Treppe eine Stimme, bei welcher alle Geschworenen und selbst Salvato zusammenzuckte, denn diese Stimme war bis jetzt noch nicht gehört worden.

»Der Gesandte reist, wie man versichert, noch heute Nacht oder morgen früh nach Paris ab, setzte die Stimme hinzu.

»Velasco!« riefen Nicolino und Manthonnet gleichzeitig.

Dann setzte Nicolino allein fortfahrend hinzu:

»Seien Sie unbesorgt, Signor; es ist der sechste Freund, den wir erwarteten und der in Folge meiner Nachlässigkeit, meiner großen Nachlässigkeit, über das Brett gekommen ist, welches ich vergessen habe wegzunehmen – und zwar habe ich es nicht einmal, sondern zweimal vergessen – das erste Mal, als ich das Seil holte, und das zweite Mal, als ich die Kleider brachte.«

»Nicolino! Nicolino!« sagte Manthonnet, »Du wir uns noch an den Galgen bringen.«

»Das habe ich Dir schon lange gesagt,« entgegnete Nicolino lachend. »Warum wählt Ihr einen Narren zu eurem Mitverschworenen?«

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