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La San Felice

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»Wonach,« fragte er, »schaute denn Mylord, als ich auf die Campanje heraufkam?«

»Nach einem Schiffe, welches uns im Winde steuert.«

»Vor uns, wollen Sie sagen, Capitän.«

»Es ist das Eine und das Andere der Fall.«

»Und was ist es für ein Schiff? Zu unserer Flotte gehört es wohl nicht?«

»Warum sollte es nicht dazugehören, Sire?«

»Weil, da der »Vanguard« das beste Schiff und Mylord Nelson der beste Seemann der Flotte ist, kein anderes Schiff und kein anderer Capitän uns überholen kann.«

»Was sagt der König?« fragte Nelson.

Henry übersetzte dem englischen Admiral Ferdinands Antwort.

Nelson biß sich auf die Lippen.

»Der König hat Recht,« sagte er. »Niemand sollte das Admiralschiff überholen, besonders wenn es die Ehre genießt, die Majestäten an Bord zu haben. Demgemäß soll auch der, welcher sich dieser Unangemessenheit schuldig gemacht, dafür gestraft werden, und Sie, Capitän Henry, werden dem Fürsten Caracciolo augenblicklich signalisieren, daß er nicht mehr den Wind gewinnen, sondern uns erwarten soll.«

An Nelsons Miene errieth Ferdinand, daß der Streich getroffen, und da er aus dem kurzen, gebieterischen Tone schloß, daß der englische Admiral einen Befehl ertheilte, so folgte er dem Capitän Henry mit den Augen, um ihn diesen Befehl ausführen zu sehen.

Henry stieg von der Campanje herab, entfernte sich auf einige Minuten und kam mit verschiedenen nach einer gewissen Reihenfolge geordneten Flaggen zurück, welche er selbst an dem Signaltau befestigen ließ.

»Haben Sie, fragte Nelson, »der Königin gemeldet, daß ein Kanonenschuß gelöst werden wird, und daß sie nicht darüber zu erschrecken braucht?«

»Ja, Mylord,« antwortete der Capitän Henry.

In der That hörte man in demselben Augenblick einen Knall, und eine Rauchsäule stieg an der obern Batterie empor.

Gleichzeitig stiegen die von Henry herbeigebrachten fünf Flaggen an dem Signaltau in die Höhe und verkündeten den Befehl Nelsons in seiner ganzen Brutalität.

Der Kanonenschuß hatte den Zweck, die »Minerva« aufmerksam zu machen, denn sie zog auch sofort eine Flagge auf, um zu erkennen zu geben, daß sie das Signal des »Vanguard« erwarte.

Welche Wirkung aber auch der Anblick der Signale auf Caracciolo hervorbrachte, so beeilte dieser sich doch, zu gehorchen.

Er setzte sein Besansegel und das große Segel bei und ließ dieselben so stellen, daß sie den Wind schnitten.

Nelson verfolgte mit dem Fernrohr in der Hand das von ihm anbefohlene Manöver. Er sah die Segel der »Minerva« zur Hälfte reffen, nur das Focksegel blieb voll und die Schnelligkeit der Fregatte verminderte sich sofort um mehr als die Hälfte, während Nelson dagegen, welcher einen verhältnißmäßigen Grad von Windstille sich entwickeln sah, alle Segel bis auf die kleinsten Bramsegel beisetzen ließ.

Binnen wenigen Stunden hatte der »Vanguard« die »Minerva« eingeholt.

Nun erst drehte diese ihre Segel wieder in den Wind. Obschon aber Caracciolo so mit nur wenigen Segeln steuerte und sich von nun an eine Viertelmeile hinter den »Vanguard« hielt, so blieb er doch von dem mit allen seinen Segeln, steuernden schwerfälligen Coloß stets genau in derselben Entfernung.

Dreizehntes Capitel.
Ein großer Sturm

Als Ferdinand an der Leichtigkeit des Manövers der »Minerva« sah und bemerkte, wie dieselbe ihrem Commandanten gleich einem gut dressierten Pferd gehorchte, begann er zu bedauern, daß er sich nicht lieber bei seinem alten Freund Caracciolo eingeschifft, wie er demselben ja auch versprochen.

Er ging in das große Gemach hinab und fand die Königin und die jungen Prinzessinnen ziemlich ruhig.

Seitdem der Tag angebrochen, hatten sie ein wenig ausgeruht. Nur der kleine Prinz Albert, dessen Gesundheit überhaupt schwächlich war, litt an immer noch fortwährendem Erbrechen und ruhte in Emma Lyonna's Armen, welche, bewunderungswürdig in ihrer Hingebung, sich keinen Augenblick Ruhe gegönnt, sondern sich nur mit der Königin und deren Kindern beschäftigt hatte.

Man lavierte den ganzen Tag, nur ward dasselbe, so wie die See anfing hoch zu gehen, immer schwieriger. Bei jeder Wendung des Schiffes verdoppelten sich die Leiden des jungen Prinzen.

Gegen drei Uhr Nachmittags ging Emma Lyonna auf das Verdeck.

Es bedurfte blos ihrer Gegenwart, um die Runzeln von Nelson's Stirn zu verscheuchen. Sie kam, um ihm zu sagen, daß der Prinz sich sehr unwohl befände und daß die Königin fragen ließe, ob es nicht möglich sei, irgendwo zu landen oder den Curs zu ändern.

Man befand sich jetzt so ziemlich auf der Höhe von Amantea und konnte allerdings in den Meerbusen von Santa Euphemia einlaufen. Was mußte aber dann Caracciolo denken? Nichts Anderes, als daß der »Vanguard « nicht habe die See halten können, und daß Nelson, dieser Besieger der Menschen, seinerseits durch das Meer besiegt worden sei.

Seine maritimen Unfälle waren auch in der That fast eben so berühmt wie seine Siege. Vor kaum einem Monat hatte in dem Meerbusen von Lyon ein Schiff bei einem Sturm seine sämtlichen drei Masten verloren und war, rasiert wie ein Ponton, im Schlepptau eines andern weniger beschädigten Schiffes in den Hafen von Cagliari eingelaufen.

Er befragte den Horizont mit jenem forschenden Blick des Seemanns, welchem alle Anzeichen der Gefahr bekannt sind. Das Wetter sah durchaus nicht beruhigend aus.

Die hinter den Wolken, welchen sie nur mit Mühe einen gelblichen Glanz verlieh, versteckte Sonne sank langsam nach Westen hinab und durchfurchte den Himmel mit jenen breiten Strahlen, welche Wind für den nächstfolgenden Tag verkünden und dem Lootsen die sprichwörtliche Bemerkung entlocken: »Sehen wir uns vor! Die Sonne liegt vor Anker!«

Der Stromboli, welchen man in der Ferne grollen zu hören begann, war vollständig unsichtbar, ebenso wie der Archipel von Inseln, über welchen er in einer Masse von Dünsten emporragt, die auf dem Meere zu schwimmen und den Flüchtigen entgegenzukommen schienen.

Von der entgegengesetzten Seite, das heißt gegen Norden, sah der Himmel ziemlich frei aus. So weit aber das Auge reichte, sah man weiter kein Schiff als die »Minerva«, welche, genau dieselben Evolutionen ausführend, wie der »Vanguard«, der Schatten desselben zu sein schien.

Die andern Schiffe waren, indem sie die von Nelson ertheilte Erlaubniß zum unabhängigen Manövrieren benutzten, entweder in den Hafen von Castellamare oder in westlicher Richtung in das hohe Meer hinausgeflüchtet.

Wenn der Wind so blieb, und man auch ferner den Curs nach Palermo einhielt, so mußte die ganze Nacht und wahrscheinlich auch den ganzen nächstfolgenden Tag laviert werden.

Dann hatte man also noch zwei bis drei Tage auf dem Meere zuzubringen, und Lady Hamilton versicherte, dies könne der kleine Prinz nicht aushalten.

Hielt dagegen derselbe Wind aus und man steuerte auf Messina zu, so konnte man, wenn man die Strömung benutzte, trotz des widrigen Windes vielleicht noch während der Nacht in diesen Hafen gelangen.

Wenn Nelson auf diese Weise seinen Curs änderte, so gehorchte er nur einem Befehl des Königs. Demgemäß entschied er sich für Messina.

»Henry,« sagte er, »geben Sie der »Minerva« das Signal.«

»Was für eins denn?«, fragte Henry.

Es trat ein Augenblick des Schweigens ein. Nelson überlegte, in welchen Ausdrücken der Befehl gegeben werden könnte, ohne daß seine Eigenliebe dadurch verletzt ward.

»Der König befiehlt dem »Vanguard« nach Messina zu steuern,« sagte er. »Die »Minerva« kann ihren Curs nach Palermo weiter fortsetzen.«

Nach Verlauf von fünf Minuten war der Befehl übermittelt.

Caracciolo antwortete, er werde gehorchen.

Nelson brauchte nur seine Segel leicht dem Südwind zu öffnen und der Mann am Steuerruder erhielt Befehl, die Richtung so zu nehmen, daß man Salina auf der Windseite behielt und zwischen Panaria in Lipari hindurch passirte.

Wenn der Sturm zu heftig ward, so konnte Nelson nun, nachdem er sich Caracciolos entledigt, in den Golf von Santa Euphemia flüchten.

Nachdem er seinen Befehl erheilt, warf er einen letzten Blick auf die »Minerva«, welche immer noch fortfuhr mit der Leichtigkeit eines Vogels zu lavieren und zu wenden.

Dann ging er, die Aufsicht über das Schiff seinem getreuen Henry überlassend, in das große Gemach, wo das Diner aufgetragen war.

Niemand hatte bis jetzt dasselbe berührt, nicht einmal der König Ferdinand, ein so starker Esser er auch sonst war. Erstens die Seekrankheit und dann zweitens eine dumpfe fortwährende Unruhe hatten ihn seines Appetites gänzlich beraubt.

Indessen der Anblick Nelsons beruhigte wie gewöhnlich die vornehmen Flüchtlinge wieder und alle näherten sich der Tafel, mit Ausnahme Emma Lyonna’s und des kleinen Prinzen, dessen Erbrechen immer heftiger ward und einen geradezu beunruhigenden Charakter annahm.

Zweimal hatte der Schiffsarzt Beaty das königliche Kind besucht, bekanntlich aber kennt man bis auf den heutigen Tag noch nicht das Mittel, durch welches sich diese furchtbare Krankheit sofort beseitigen ließe.

Doctor Beaty hatte sich darauf beschränkt, Thee und Limonade in großen Tassen zu verordnen. Der kleine Prinz wollte aber von Niemanden etwas empfangen als aus der Hand Emma's, so daß die Königin, welche übrigens den Zustand ihres Sohnes nicht in der vollen ernsten Bedeutung desselben begriff, in einer Anwandlung von mütterlicher Eifersucht das Kind gänzlich der Obhut Emmas überlassen hatte.

Was den König betrifft, so war er für die Leiden Anderer unempfindlich, und obschon er seine Kinder mehr liebte, als dieses von der Königin geschah, so hielt doch die Sorge um sich selbst ihn ab, der Krankheit des jungen Prinzen die Aufmerksamkeit zu widmen, welche dieselbe verdiente.

Nelson näherte sich dem Knaben, um sich Emma Lyonna zu nähern.

 

Seit einiger Zeit ward der Wind allmälig schwächer und das Schiff schaukelte schwerfällig hin und her. Auf die Marter des Wendens folgte nun die des sogenannten Rollens.

»Sehen Sie?«, sagte Emma, indem sie Nelson den beinahe leblosen Körper des Kindes hinhielt.

»Ja,« antwortete Nelson; »ich begreife, warum die Königin mich hat fragen lassen, ob ich nicht in irgend einen Hafen einlaufen könnte. Unglücklicherweise kenne ich in dem ganzen lipariotischen Archipel nicht einen einzigen, dem ich ein Schiff von der Größe des »Vanguard« anvertrauen möchte, besonders wenn es die Geschicke eines Königreiches an Bord hat, und von Messina, von Milazzo und dem Meerbusen von Santa Euphemia sind wir jetzt noch weit entfernt.«

»Es scheint mir,« sagte Emma, »als legte sich der Sturm.«

»Sie wollen sagen der Wind, denn von einem eigentlichen Sturm hat nicht die Rede sein können. Gott bewahre uns davor, Mylady, einen Sturm zu sehen, besonders in diesen Gegenden. Ja, der Wind legt sich, aber es ist nur ein Waffenstillstand, den er uns gewährt, und ich kann Ihnen nicht verhehlen, daß ich eine noch schlimmere Nacht fürchte, als die gestrige war.«

»Das, was Sie da sagen, lautet nicht beruhigend, Mylord,« sagte die Königin, welche sich leise der Cajüte genähert und da sie englisch sprach, das, was Nelson gesagt, gehört und verstanden hatte.

»Euer Majestät können aber wenigstens überzeugt sein, daß Ehrfurcht und Hingebung stets Wache halten werden,« antwortete Nelson.

In diesem Augenblick öffnete sich die Thür des oberen Zimmers und der Lieutenant Parkenson fragte, ob der Admiral nicht bei den königlichen Majestäten sei. Nelson hörte die Stimme des jungen Officiers und ging ihm entgegen.

Beide wechselten einige Worte in leisem Tone.

»Gut,« sagte Nelson dann laut, und wieder den Commandoton annehmend, fuhr er fort: »Lassen Sie die Kanonen auf das Sorgfältigste festbinden. Ich gehe jetzt auf das Deck, Madame,« setzte Nelson zu der Königin gewendet, hinzu. »Wenn ich nicht eine so kostbare Ladung an Bord hätte, so würde ich den Capitän Henry das Schiff nach seinem Gutdünken führen lassen. Da ich aber die Ehre genieße, Ew. Majestät an Bord zu haben, so will ich mich in dieser Beziehung auf Niemanden anders verlassen, als auf mich selbst. Ich bitte daher Ew. Majestät, sich nicht zu beunruhigen, wenn ich mich des Glückes beraube, in Ihrer Nähe zu weilen.«

Mit diesen Worten ging er rasch auf die Thür zu.

»Warten Sie, warten Sie, Mylord,« sagte Ferdinand, »ich gehe mit.«

»Was sagt Se. Majestät?« fragte Nelson, der nicht italienisch verstand.

Die Königin übersetzte ihm die Worte ihres Gemahls.

»Um Gottes willen, Madame,« sagte Nelson, »suchen Sie den König zu bewegen, daß er hier bleibe. Auf der Campanje würde er die Officiere einschüchtern und dem Manövriren hinderlich sein.«

Die Königin setzte ihren Gemahl von Nelson's Wunsch in Kenntniß.

»Ach, Caracciolo, Caracciolo!«, murmelte der König, indem er in einen Lehnstuhl sank.

Nelson brauchte nur den Fuß auf die Campanje zu setzen, um zu sehen, daß nicht blos etwas Ernstes, sondern auch etwas Ungewohntes an Bord vorging. Das Ernste war nicht mehr ein kleiner, sondern ein großer Sturm, der sich am Himmel aufthürmte.

Das Ungewohnte war der Compaß, welcher nicht mehr unverbrüchlich nach einer Richtung zeigte, sondern von Nord nach Ost variierte.

Nelson begriff sofort, daß die Nähe des Vulcans magnetische Strömungen hervorrief, deren Einfluß die Nadel des Compasses gehorchte.

Unglücklicherweise war die Nacht sehr dunkel. Kein Stern war am Himmel zu sehen, wonach das Schiff sich hätte richten können, und bei der nun eingetretenen Unzuverläßlichkeit des Compasses mußte man so zu sagen aufs Gerathewohl steuern.

Wenn der Südwind fortfuhr sich zu legen und das Meer ruhiger ward, so ward die Gefahr geringer und schwand sogar vollständig. Man konnte dann beilegen und den Anbruch des Tages erwarten.

Unglücklicherweise aber war dem nicht so, und es war klar, daß der Wind im Süden sich blos legte, um sich von einer andern Seite zu erheben.

Die letzten Stöße des Südwindes wurden immer schwächer und hörten endlich ganz auf. Es dauerte nicht lange, so hörte man die schweren Segel an die Masten anschlagen.

Eine furchtbare Ruhe senkte sich auf die Wogen herab. Matrosen und Officiere sahen einander angstvoll an.

Dieses drohende Schweigen des Himmels schien ein Waffenstillstand zu sein, den ein edelmüthiger, aber sterblicher Feind bewilligt, um denen, die er bekämpfen will, Zeit zu lassen, sich zum Kampfe zu rüsten. Die Flamme eines Lichtes würde senkrecht gegen den Himmel gestanden haben. Das Wasser schlug traurig an die Wände des Schiffes und aus den Tiefen des Meeres stiegen unbekannte, geheimnißvoll feierliche Töne herauf.

»Das ist eine furchtbare Nacht, welche sich da bereitet, Mylord,« sagte Henry.

»Na,« sagte Nelson, »sie wird immerhin nicht so schrecklich sein wie der Tag von Abukir.«

»Ist das der Donner, den man hört?« fragte Henry. »Und wenn dies der Fall ist, wie kommt es, daß das Gewitter hinterherkommt und der Donner vornweg grollt?«

»Es ist nicht der Donner, sondern der Stromboli,« entgegnete Nelson. »Wir werden einen furchtbaren Sturm bekommen. Laffen Sie Bramsegel, die kleinen Marsegel, das große Segel und das Besansegel reffen.«

Henry wiederholte den Befehl des Admirals. Durch die drohende Gefahr angespornt, sprangen die Matrosen in das Takelwerk hinauf und binnen weniger als fünf Minuten lagen die gewaltigen Leinwandflächen unschädlich und festgebunden auf ihren Raaen.

Die Ruhe ward immer tiefer. Die Wogen hörten auf sich am Vordertheil des Schiffes zu brechen. Selbst das Meer schien eine nahe bevorstehende gewaltige Veränderung mit Bangigkeit zu erwarten.

Auf einmal begannen leichte Windstöße gleichsam um die Masten herumzuhüpfen und plötzlich sah man, so weit der Blick in der Finsterniß zu reichen vermochte, die Oberfläche des Meeres wogen.

Dieses Wogen erzeugte dichten Schaum, ein furchtbares Gebrüll erdröhnte vom Horizont und der Westwind, der gewaltigste von allen, stürzte sich auf die Flanken des Schiffes, welches, indem es ihn voll von der Seite empfing, feine Masten unter diesem unwiderstehlichen Anprall beugte.

»Steuerruder auf!« rief Nelson; »Steuerruder auf!«

Dann setzte er leise und wie mit sich selbst sprechend hinzu:

»Jetzt gilt es das Leben.«

Der Steuermann gehorchte. Eine Minute lang, welche der Mannschaft ein Jahrhundert zu sein schien, blieb das Schiff über Backbord geneigt.

Während dieses Augenblickes banger Erwartung riß die Befestigung einer Kanone auf der Steuerbordseite, das Geschütz rollte über die ganze Breite des Schiffes, tödtete einen Mann und verwundete deren fünf oder sechs. Henry machte eine Bewegung, um auf das Deck hinabzuspringen.

Nelson hielt ihn am Arme fest. »Nur immer kaltblütig!« sagte er. »Die Leute mögen sich mit ihren Beilen bereit halten. Wenn es sein muß, so lasse ich das Schiff rasieren wie einen Ponton.«

»Es richtet sich auf! es richtet sich auf!« riefen mit einem Male hundert Matrosenstimmen.

Und in der That richtete das Schiff sich langsam und majestätisch empor gleich einem ritterlichen, muthigen Gegner, welcher seinen Feind begrüßt, ehe er den Kampf beginnt.

Dann spaltete es, dem Steuerruder gehorchend und seinen hohen Spiegel dem Winde darbietend, die Wellen und trieb vor dem Winde her.

»Sehen Sie einmal, ob der Compaß wieder richtig geht,« sagte Nelson zu dem Capitän Henry.

Henry ging nach dem Compaßhäuschen und kam wieder zurück.

»Nein, Mylord,« meldete er, »und ich fürchte, daß wir gerade auf den Stromboli zutreiben.«

In diesem Augenblick hörte man, wie zur Antwort auf einen von Westen her dröhnenden Donnerschlag, von der andern Seite jenes Gebrüll, welches den Ausbrüchen des Vulkans vorangeht. Dann schoß ein ungeheurer Flammenstrahl gegen Himmel empor, erlosch aber schon im nächsten Augenblick.

Dieser Flammenstrahl war kaum eine Meile entfernt.

Ganz wie Henry gefürchtet, trieb man gerade auf den Vulkan zu, welcher jetzt ausdrücklich ein Leuchtfeuer angezündet zu haben schien, um Nelson auf die Gefahr aufmerksam zu machen.

»Steuerruder nach Backbord!« rief der Admiral.

Der Steuermann gehorchte dem Admiral und das Schiff gehorchte, indem es sich von Ostsüdost nach Südost wendete, dem Steuermann.

»Sie wissen, Mylord,« sagte Henry, »daß von Stromboli bis Panaria, das heißt auf einer Strecke von sieben bis acht Meilen, das Meer mit kleinen Inseln und Felsen bedeckt ist, die bis kaum an den Wasserspiegel heraufreichen.«

»Ja,« sagte Nelson, »stellen Sie eine Ihrer besten Wachen, einige zuverlässige Leute in die Klüsen und befehlen Sie Mr. Parkenson, daß er das Sondieren überwache.«

»Ich werde selbst gehen,« sagte Henry. »Man hänge eine Laterne in die Ketten der Wanten des großen Mastes Mylord muß von der Campanje aus hören können, was ich sagen werde.«

Dieses Commando bereitete die Mannschaft auf eine Krisis vor.

Nelson näherte sich dem Compaß, um ihn selbst zu überwachen. Der Compaß ging noch nicht wieder regelmäßig.

»Land vorn!« rief der Matrose im Besanmastkorbe.

»Steuerruder Backbord!« rief Nelson.

Das Schiff wendete den Bug leicht nach Süden. Der Sturm benutzte diesen Umstand, um sich in seine Segel zu verfangen.

Man hörte ein Krachen. Eine Wolke schien einen Augenblick vor dem »Vanguard« herzuschweben. Man hörte das Reißen mehrerer Taue, und ein ungeheurer Fetzen Leinwand ward unter dem Winde fortgetragen.

»Es ist nichts!« rief Henry. »Das große Focksegel ist gerissen!«

»Brandung auf Steuerbordseite!« rief der Mann im Mastkorbe wieder.

»Sondiert!« befahl Nelson.

»Sieben Faden,« antwortete Henry. »Ich glaube aber, wir segeln zu schnell. Wenn wir Brandungen vor uns haben, so glaube ich nicht, daß wir ihnen ausweichen können.«

»Das Besansegel und das große Marsegel gerefft! Das Focksegel zur Hälfte gerefft! Sondiert!«

»Sechs Faden!« antwortete Henry.

»Wir sind in der Enge zwischen Panaria und Stromboli,« sagte Henry, dann setzte er in leisem Tone hinzu:

»In zehn Minuten sind wir gerettet oder liegen auf dem Boden des Meeres.«

Und in der That, anstatt jener Regelmäßigkeit, welche die Meereswellen, selbst mitten im Sturm, insofern bewahren, als sie eine hinter der andern herlaufen, schienen sie jetzt einander zu zerschellen, und man sah in diesem Schaumchaos, dessen Gebrüll an das Geheul der Hunde Scyllas erinnerte, weiter nichts als eine einzige dunkle Linie zwischen einer Doppelmauer von Brandungen gezogen.

In diesen schmalen Canal stand der »Vanguard« im Begriff hineinzusegeln.

»Wie viel Faden?« fragte Nelson.

»Sechs.«

Der Admiral runzelte die Stirn.

Ein Faden weniger und der »Vanguard« stieß auf den Grund.

»Mylord,« sagte der Steuermann mit dumpfer Stimme, »das Schiff geht nicht mehr.«

In der That war die Bewegung des »Vanguard« kaum noch bemerkbar, und nachdem er sich vor dem Sturme mit einer Geschwindigkeit von elf Knoten in der Stunde bewegt, würde man jetzt, wenn man das Loth geworfen hätte, höchstens noch drei Knoten gezählt haben.

Nelson schaute sich um. Der von den kleinen Inseln, zwischen welchen man jetzt hindurchsteuerte, gebrochene Wind hätte auf die oberen Segel, wenn dieselben beigesetzt gewesen wären, keinen sonderlichen Druck auszuüben vermocht. Andererseis schien eine unterseeische Strömung dem Gange des Schiffes entgegenzuarbeiten.

»Wie viel Faden?« fragte Nelson.

»Immer noch sechs,« antwortete Henry.

»Mylord,« sagte der alte Steuermann, ein geborener Sicilianer aus dem kleinen Dorfe Pace, welcher sah, mit welchen Gedanken Nelson sich vorzugsweise beschäftigte; »Mylord, darf ich mir ein paar Worte erlauben?«

»Sprich,« entgegnete Nelson.

»Es ist die Strömung, welche wiederkehrt.«

»Was für eine Strömung?«

»Die der Meerenge. Zum Glück gibt sie uns einen halben oder vielleicht einen ganzen Fuß Wasser mehr.«

»Du glaubst also, daß die Strömung bis hier herauf reiche?«

»Sie reicht bis nach Paolo, Mylord.«

»Oberbramsegel und Oberfocksegel beigesetzt!« rief Nelson.

Obgleich dieser Befehl die Matrosen überraschte, so ward er doch mit jenem blinden, stummen Gehorsam ausgeführt, welcher die erste Eigenschaft des Seemannes ist, besonders in den Stunden der Gefahr.

Man sah daher, sobald der Befehl durch den wachthabenden Officier wiederholt war, sich die hohen Segel entrollen, die allein vom Wind erreicht werden konnten.

»Es geht wieder, es geht wieder!« rief der Steuermann in einem freudigen Tone, welcher die nun überstandene Furcht verrieth, daß der »Vanguard«, anstatt der ihm vorgezeichneten Bahn treulich zu folgen, in die ihn umgebenden Brandungen hineingerathen würde.

 

»Sondiert!« rief Nelson.

»Sieben Faden!« rief Henry.

»Brandungen vor uns!« rief der Matrose im Korbe des Besanmastes.

»Brandungen, Steuerbord!« rief der Matrose, der an dem Krahnbalken auf dem Vorderdeck lehnte.

»Steuerruder nach Steuerbord!« rief Nelson mit Donnerstimme; »scharf, scharf, scharf!«

Diese dreifache Wiederholung des ertheilten Befehls verrieth die drohende Nähe der Gefahr.

Das Schiff gehorchte in der That nur in dem Augenblick, wo die vereinte Kraft zweier Matrosen das Ruder ganz nach Steuerbord drehte und das äußerste Ende der Spiere schon beinahe den Schaum der Wellen berührte.

Die ganze auf dem Deck anwesende Mannschaft war der Bewegung des Schiffes mit besorgtem Blick gefolgt. Zehn Sekunden Widerstand gegen das Steuerruder und es stieß auf den Grund.

Unglücklicherweise befand sich das Schiff, indem es Backbord hielt, in der Linie des Windes, ohne daß dieser durch irgend ein Hinderniß gebrochen worden wäre. Ein furchtbarer Stoß packte das Schiff, welches sich zum zweiten Male über Steuerbord neigte, so daß das äußerste Ende der großen Raaenden silbernen Gipfel einer Woge streifte.

Gleichzeitig bogen sich ächzend die Masten, und da sie nicht durch die unteren Segel gestützt wurden, so zerbrachen die drei obersten Stangen mit fürchterlichem Getöse.

»Leute mit Messern in die Mastkörbe hinauf!« commandierte Nelson. »Durchschneidet das Takelwerk, und werft die Stangen in das Meer!«

Ein Dutzend Matrosen sprangen, um diesem Befehle zu gehorchen, in die Wanten, die sie trotz der geneigten Richtung mit der Behendigkeit von Affen erkletterten. Einmal an der Stelle, wo die Beschädigung geschehen war, angelangt, begannen sie mit solcher Erbitterung in dem Takelwerk herumzuarbeiten, daß nach Verlauf von einigen Minuten Segel, Raaen und Stangen im Meere lagen.

Das Schiff richtete sich langsam wieder auf, in demselben Augenblicke aber drang eine ungeheure Woge in das Bugsprietsegel, welches, da es eine solche Last nicht tragen konnte, seine Raa mit einem Getöse zerbrach, daß man hätte glauben mögen, das ganze Schiff berste auseinander.

Auch dieses Mal entging man auf wunderbare Weise dem Schiffbruch. Die Matrosen schöpften wieder Athem und sahen sich um wie Menschen, welche aus einer Ohnmacht wieder zum Leben erwachen.

In demselben Augenblicke vernahm man eine Frauenstimme, welche rief:

»Mylord, im Namen des Himmels, kommen Sie zu uns herunter!«

Nelson erkannte die Stimme Emma's, welche ihn zu Hilfe rief.

Er warf einen besorgten Blick um sich herum, hinter sich hatte er den dampfenden, grollenden Stromboli, rechts und links die Unermeßlichkeit, vor sich eine Wasserfläche, welche sich bis an die Küsten Calabriens erstreckte und auf welcher das Schiff, majestätisch aus den Klippen hervorgegangen, verstümmelt, aber dennoch als Sieger dahinschwebte.

Nelson gab nun Befehl, alle noch übrigen Segel beizusetzen.

Dann nachdem er Henry das Sprachrohr, das heißt das Symbol des Oberbefehls, übergeben, beeilte er sich die Treppe der Campanje hinabzusteigen, an deren Fuß er Emma Lyonna fand.

»Ach, mein Freund,« sagte sie, »kommen Sie, kommen Sie schnell. Der König hat vor Angst den Verstand verloren, die Königin ist ohnmächtig und der kleine Prinz ist todt.«

Nelson trat ein. In der That lag der König auf den Knien und barg das Gesicht in den Kissen eines Sessels. Die Königin saß zurückgelehnt auf einem Divan und hielt die leblose Hülle ihres Sohnes in den Armen.

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