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Die Prinzen von Orleans

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Fernere Maaßregeln der provisorischen Regierung

Unterm 4. März erließ die provisorische Regierung folgende wichtige Verordnungen: 1) Ein Decret der provisorischen Regierung, das wir seiner Wichtigkeit wegen, mit nur wenigen Abkürzungen vollständig geben: Art. I. Der Finanzminister ist auf Grund seiner Erläuterungen hin ermächtigt, die halbjährlichen Zinsen der Staatsschulden in Paris vom 6., in den Departements vom 15. März an zu bezahlen, ob sie gleich erst am 22. März fällig sind. Art. II. Ein Wechselzahlungscomptoir ist unter der Benennung Dotation des Kleinhandels zu errichten. Art. III. Der Stempel der periodischen Schriften ist aufgehoben. Mitbürger! Die provisorische Regierung setzt in den Patriotismus aller Steuerpflichtigen alles Vertrauen. Die Schwierigkeiten der Gegenwart flößen ihr keine Furcht ein. Frankreich, das aufgeklärte Frankreich ist, wenn einig, die reichste und stärkste der Nationen. Die Republik wird, um Großes auszuführen, nicht der Geldmassen bedürfen, welche die Monarchie verschlang, um Unwürdiges zu schaffen. Aber ihre Thätigkeit bedingt die Thätigkeit. Aller. Jeder muß nach Maßgabe seiner Kräfte dem Vaterlande dienen. Wir verlangen [ 150 ] von den Steuerpflichtigen, ihre Abgaben auf. Ein Jahr im Voraus zu bezahlen, um die provisorische Regierung in den Stand zu setzen, alle Leiden zu lindern, allen Erwerb wieder zu beleben und die Vortheile des Credits auf Alle auszuüben, deren Thätigkeit den öffentlichen Reichthum steigert.

2) Entscheidung des Finanzministers in Bezug auf Staatsschulden: In Erwägung, daß es für die Wohlfahrt der Republik wichtig ist, wenn alle Arbeiten wieder begonnen werden, und der Handel so schnell als möglich seine gewöhnliche Thätigkeit wieder erhält; daß das beste Mittel, diesen doppelten Zweck wieder zu erreichen, darin besteht, den Umlauf des baaren Geldes (numéraire) so schleunig als möglich wieder herzustellen; daß die aus allen Gegenden der Republik einlaufenden Berichte melden, daß die Zahlung der Steuern regelmäßig erfolgt, und daß die Beweise eines wahrhaften Patriotismus von allen Seiten dauernde und reichliche Zahlungen erwarten lassen; daß die Staatskasse (trésor) schon jetzt den zur Tilgung der halbjährlichen Zinsen der 5 p. Ct, 4½ p. Ct. und 4 p. Ct. Staatsrenten nöthigen Baarbestand vorräthig habe; daß die Vorausbezahlung des Semesters für die meisten Interessenten höchst wünschenswerth ist, und doch keinen Verlust für die Staatskaffe verursacht; daß ferner die Ausgaben aller Staatsverwaltungszweige durch die Einnahmen gedeckt sind, deren Eingang durch die Rückkehr zur Ordnung und Zuversicht. Aller gesichert ist, beschließt der Finanzminister im Namen der provisorischen Regierung: Die Zahlung der halbjährlichen Zinsen der 5 p. Ct, 4½ p. Ct. und 4 p. Ct. Staatsschulden, welche am 22. März c. erst fällig sind, erfolgt an den gewöhnlichen Kassen, sowohl in Paris als in den Departements, nämlich in Paris vom 6. März und in den Departements vom 15. März an.«

3) Eine Entscheidung des Finanzministers, vermöge welcher die Schatzscheine vom 4. März an 4½ Prozent Zinsen [ 151 ] tragen, wenn sie in 3—5 Monaten und 5 p. Ct, wenn sie in 6—12 Monaten fällig sind.

Am 5. März erließ Lamartine ein Circular an die Gesandten an den fremden Höfen, zugleich als Manifest an Europa. Es geht von dem Grundsatze aus, die französische Republik bedürfe der Anerkennung nicht, sie sei der Wille eines großen Volkes, das sein Recht in sich selber finde. Aber in ihrer Verkündigung liege nicht der geringste Angriff gegen irgend eine Regierungsform in der Welt. Monarchieen und Republiken könnten friedlich nebeneinander leben, sich gegenseitig begreifen und ehren. Der berühmte Verfasser setzt darauf den Unterschied auseinander, welcher in den Verhältnissen der früheren und der jetzigen Republik stattfindet. Die jetzige Revolution, sagt er, ist ein Schritt vorwärts, nicht rückwärts. Die Welt und wir wollen vereint der Brüderlichkeit und dem Frieden zueilen. Er gesteht zugleich, daß der Krieg zwar keineswegs dem Lande (das er, wenn von diesem nicht veranlaßt, nur zu größerer Entwicklung der Kraft und des Ruhmes führen würde), wohl aber der Freiheit die größten Gefahren bringe. Der Krieg sei fast immer eine Dictatur. Die Soldaten vergäßen die Institutionen über den Menschen, Throne reizten die Ehrgeizigen, Ruhm verblende die Vaterlandsliebe. Der Zauber eines siegreichen Namens verschleiere den Angriff gegen die Volksherrschaft. Frankreich werde also Niemanden mit Krieg überziehen, aber diesen annehmen, wenn man ihm Kriegsbedingungen stelle. Die Verträge von 1815 beständen zwar seiner Ansicht nach, nicht zu Recht, wohl aber nehme es die von denselben ausgesprochenen Territorialbestimmungen als eine Thatsache, als die Grundlage seiner Verhältnisse mit den anderen Nationen an. Modificationen jener Verträge würde es nur regelmäßig und friedlich zu erwirken suchen. In diesem Sinne emancipire sich Frankreich zwar von [ 152 ] jenen Verträgen, darin liege aber nichts, was unvereinbar mit der Ruhe von Europa wäre. Demzufolge wird als casus belli bezeichnet: wenn die Schweiz bedroht oder in ihren demokratischen Bewegungen gehemmt werden sollte, wenn Einfälle in die unabhängigen Staaten Italiens gemacht, wenn man sich ihrer innern Umgestaltung oder ihrem Rechte Bündnisse unter einander zu schließen mit bewaffneter Hand widersetze. Ueberhaupt behält sich Frankreich die Entscheidung vor: ob ihm die Stunde der Wiedergeburt einiger, in oder außer Europa unterdrückten Natiomalitäten nach den Beschlüssen der Vorsehung gekommen zu sein scheine. Aber es werde keine dumpfe oder verheerende (incéndiaire) Propaganda bei feinen Nachbarn machen, nur moralisch durch das Beispiel der Ordnung und des Friedens, nicht materiell durch Gewalt, Unordnung und Proselytenmacherei wirken. Unter diesen Verhältnissen wäre die Fortdauer des Friedens wohl zu erwarten. Die einzige Kriegsfrage zwischen Frankreich und England sei Spanien, und zwar in einem rein dynastischen Interesse gewesen. Die Republik aber kenne den Nepotismus nicht, und überlasse es Spanien sich für frei und unabhängig selbst zu regieren. Frankreich wolle Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit und habe den Commentar zu diesen Worten so eben durch die Abschaffung der Todesstrafe gegeben. Nach Außen bedeuteten sie: Befreiung Frankreichs von den Fesseln, die auf seinem Prinzip und seiner Würde lasteten, Wiedereinnehmen seines, allen Großmächten von Europa gleichstehenden Ranges unter den Nationen, Bündniß und Freundschaft mit allen Völkern. Krieg liege in keinem dieser Worte, wohl aber wenn Europa sie weise und gerecht auf fasse: Friede!« Wir werden weiter unten dies merkwürdige Aktenstück in extenso geben.

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[ 158 ] An demselben Tage erschien ein Decret der provisorischen Regierung, welches die constitutirende Nationalversammlung auf den 20. April einberuft, und die Wahlen auf den 5. desselben Monats anordnet. Folgende Grundbestimmungen sind angenommen:

1) Diese Versammlung hat die Constitution zu beschließen.

2) Die Wahlen zu derselben werden von der ganzen Bevölkerung bewerkstelligt, so zwar, daß kein Census zu Grunde liegt, alle Franzosen von 21 Jahren Wähler, und alle von 25 Jahren wählbar sind.

3) Das Scrutinium ist geheim.

4) Die Zahl der Repräsentanten ist auf 900 festgestellt. Endlich ernannte die provisorische Regierung

1) eine Commission der Nationalbelohnungen, welche in der Mairie von Paris ihren Sitz hat und deren Präsident der Bürger Albert ist.

2) eine andere Commission von 7 Mitgliedern, welche in Gemeinschaft mit dem Marineminister in möglichst kurzer Zeit die Freigebung aller Sclaven in sämmtlichen Colonien der Republik vorbereite. »Französischer Boden – heißt es in der desfallsigen Bekanntmachung – trägt keine Sclaven.« Präsident dieser Commission ist Bürger Victor Schölcher, dem es hauptsächlich obliegt, die Maßregeln zu ergreifen, welche zur Abschaffung der Sclaverei erforderlich sind.

Am 11. März ging von den Herren Henri und François von Orleans (dem Herzog von Aumale und Prinz von Joinville) der provisorischen Regierung die Meldung zu, daß sie den französischen Boden verlassen und den Oberbefehl der Colonie (Algier) dem dazu ernannten Oberoffizieren übergeben haben. Die republikanische Fahne war übrigens bereits am 5. März auf den öffentlichen Gebäuden in Algier und auf [ 154 ] den Schiffen des Staats aufgepflanzt und durch die Land- und Seeartillerie begrüßt worden, noch ehe die telegraphische Depesche aus Paris vom 25. Februar, welche die Begründung der republikanischen Regierung ankündigte, direkt nach Algerien gelangt war. Der Herzog von Aumale hatte sie in den Journalen von Marseille und Toulon gefunden, und sie im »Moniteur von Algier« vom 2. März bekannt gemacht, mit dem Zusatze, daß die Armee mit der größten Ruhe die Befehle des Mutterlandes abwarten werde. Am 3. März war die Ernennung des Generals Cavalignac als Generalstatthalter Algeriens dort eingetroffen, und der Herzog von Aumale hatte am nämlichen Tage folgende Proclamation bekannt gemacht: »Bewohner Algeriens! Meinen Bürger- und Soldatenpflichten treu, bin ich an meinem Posten geblieben, so lange ich meine Gegenwart dem Dienste des Landes nützlich glauben konnte. Diese Lage besteht nicht mehr. Der Herr General Cavaignac ist zum Generalstatthalter von Algerien ernannt. Bis zu seiner Ankunft in Algier werden die interimistischen Generalstatthalterfunktionen vom Herrn General Changarmier verrichtet werden. Dem Nationalwillen unterwürfig, entferne ich mich; aber aus der Tiefe meiner Verbannung werden alle meine Wünsche für euern Wohlstand und für den Ruhm Frankreichs sein, dem ich gern länger hätte dienen mögen. Algier, 3. März 1848. Gezeichnet: Heinrich von Orleans.«

Dieser Proclamation folgte im »Moniteur algerien« eine andere Proclamation des Generals Changarnier, welche die Ankunft des Generals Cavaignac ankündigte, und ein Tagesbefehl, welcher vom Herzog von Aumale an die Armee gerichtet war und folgendermaßen lautete: »Im Hauptquartier zu Algier, 3. März 1848. Der Herr General Changarnier wird einstweilen das Amt eines Generalstatthalters [ 155 ] erfüllen bis zur Ankunft des Herrn Generals Cavaignac, welcher zum Generalstatthalter von Algerien ernannt ist. Indem ich mich von einer an Ehre und Muth musterhaften Armee trenne, in deren Reihen ich die schönsten Tage meines Lebens zugebracht habe, kann ich ihr nur neue Erfolge wünschen. Eine neue Laufbahn wird sich vielleicht ihrer Tapferkeit eröffnen, sie wird dieselbe ruhmvoll erfüllen, ich habe diesen festen Glauben. Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten, ich hatte gehofft, mit Euch noch für das Vaterland zu kämpfen! … Diese Ehre ist mir versagt; aber aus der Tiefe der Verbannung wird mein Herz euch allenthalben hinfolgen, wohin euch der Nationalwille rufen wird; es wird jubeln über euere Erfolge; es wird stets für Frankreichs Ruhm und Glück schlagen. Gezeichnet: Heinrich von Orleans«

 

Die Prinzen schifften sich Tags darauf unter allgemeiner Theilnahme der Bevölkerung auf einem Staatsdampfboot ein und nahmen ihren Weg nach Gibraltar, um von da zu ihrer Familie nach England zu gelangen.

Revolutionsscenen
Flucht der königlichen Familie

Alles schien sich gegen die Dynastie Louis Philipps verschworen zu haben. Der kürzlich erfolgte Tod seiner Schwester hatte den Greis tief gebeugt und als die Königin in den letzten Augenblicken ihrer Herrschaft, dem König zu Füßen fiel und ihn bat, sich dem Volke zu zeigen, sagte er: »Alles ist verloren, mein guter Engel, meine Schwester, ist von mir gewichen.« Dazu kam, daß, da er das Ministerium selbst aufgelöft hatte, Niemand mehr an der Spitze stand, und daß [ 156 ] die Volksparthei daher eigentlich keinen großen Widerstand fand. Daß aber die Prinzen ihren Vater so schmählig verlassen haben, und so rasch flohen, bleibt ein Räthel. Es ist zwar nicht wahrscheinlich, daß sie etwas ausgerichtet hätten, denn ganz Paris war aufgestanden und die äußeren Boulevards wurden in der einen Nacht nach dem unglücklichen Vorfall am Hotel Guizot so barricadiert, daß alle Kavallerie Frankreichs nicht in die Stadt hätte dringen können; allein sterben hätten sie können, in dem Lande sterben, wo ihre Familie den Abgrund des Unglückes und den Gipfel des Glückes inne gehabt hatte. Daß die Emporkömmlinge von 1830 sich versteckten als der Kampf begann befremdet Niemand; sie waren von derselben Macht verdorben worden, die sie nun im Stiche ließen; aber jenes gänzliche Verlassen sein macht Louis Philipps Loos beklagenswerther als das von Karl X., er ging ohne Freund ins Exil! – Sich auf den Arm der Königin stützend, trat er aus dem Thore der Tuilerien von Reitern und etwa dreißig Personen in verschiedenen Uniformen begleitet. Die Königin ging festen Schrittes, in ihrem Blicke lag Festigkeit, aber auch Zorn. Sie war schwarz gekleidet. Der König trug einen schwarzen Ueberrock und einen runden Hut, keinen Orden. Das Volk glaubte, sie gingen nach der Deputiertenkammer, um die Abdikations-Akte dort niederzulegen. Der Zug war kaum über den Pont Tournant hinaus und bei den Steinen um den Obelisk angelangt, als man plötzlich Halt machte, ohne daß man weiß warum? Hier waren sie in einem Nu von Massen zu Fuß und Pferde dermaßen umringt, daß sie nicht weiter konnten; Louis Philipp schien hier besorgt zu werden; er wandte sich rasch um, ließ den Arm der Königin fahren, schwenkte seinen Hut und sprach etwas, was man nicht vernehmen konnte das Getöse und Geschrei war zu groß. Die Königin wurde unruhig, und als sie den Arm ihres Gemahls verloren, [ 157 ] wandte sie sich rasch um, worauf Hr. Maurice, der in ihrer Nähe stand, fagte: »Madame, fürchten Sie nichts, gehen Sie nur weiter, die Reihen werden sich vor Ihnen öffnen.« Ihn zurückstoßend sagte sie mit gereiztem Tone: »Laissez-moi,« faßte dann wieder des Königs Arm und eilte schnell auf zwei kleine Fiaker zu, deren jeder mit einem Pferde bespannt war. In dem ersteren saßen zwei Kinder; der König nahm das Eine, die Königin das Andere und fort ging es, während die Kinder neugierig die Menschenmassen aus den Fenstern angafften. Im Galopp flog der Wagen davon, umgeben von Kavallerie und Nationalgarden. Eben so rasch folgte der zweite Fiaker, in dem zwei Damen saßen und flog auch St. Cloud zu, begleitet von einer Eskorte von etwa 200 Mann. Hr. Crémieux, der wenige Minuten darauf Hrn. Maurice sprach, bemerkte, daß er den König buchstäblich in den Wagen gesetzt habe. Zu St. Cloud eingetroffen, holte ihn sein Kammerdiener ein, der ihm einige Hemden mitbrachte, da der König ohne alles Gepäck abgereist war. Dieser treue Diener hatte den Monarchen noch am Donnerstag Morgen mit Thränen in den Augen vor der Volkserbitterung gewarnt, aber er erhielt zur Antwort: »Das ist bloß Kaffeehausgeschwätz; in wenig Stunden wird. Alles wieder ruhig sein; wir wollen sie schon zur Vernunft bringen.«

In St. Cloud, wo nicht früher schon, scheint der König mit den Generalen Dumas und Rumigny, dem obenerwähnten Kammerdiener Thuret und einem deutschen Bedienten zusammengetroffen zu sein. Von da eilte die königl. Familie zunächst nach Versailles, und von hieraus nach Dreux. Hier angelangt, übernachtete sie zunächst in dem Hause einer Person, auf die sie Vertrauen setzen konnte, und die für den König und sein Gefolge Verkleidung besorgte. Louis Philipp travesirte sich dermaßen, daß er ganz unkenntlich wurde. Er trug einen alten Rock und eine alte Mütze, trug keinen Backenbart [ 158 ] mehr und eine ganz andere Perücke, so daß feine besten Freunde ihn nicht zu erkennen im Stande gewesen wären. Unter dem Geleite des Pächters, bei dem man eingekehrt, fuhr sie schon vor Tagesanbruch nach La Ferté Vidome, schlug dann die Straße nach Evreux, 12—15 Stunden von Honfleur, ein, meist bei Nacht reisend, so daß sie Sonnabend früh 5 Uhr zu Honfleur eintraf. Hier blieben sie in dem Hause eines Mannes, den der König kannte und fuhren dann nach Troville, das unsern der Stadt liegt, um sich dort einzuschiffen. Bei dem stürmischen Wetter aber fand man es nicht für gerathen, sich den Wellen anzuvertrauen. Da dasselbe aber anhielt, so begab sich der König nach zwei Tagen mit seinem Gefolge nach Honfleur zurück, um von dort aus die Ueberfahrt zu versuchen, was Ludwig Philipp aber aus Rücksicht auf die Erschöpfung der Königin nicht wagen wollte. So blieb er denn bis zum Donnerstag zu Honfleur verborgen, an welchem Tage das Dampfschiff Expreß zu Havre fertig lag und davon in Kenntniß gesetzt war, Passagiere eiligst nach England überzuführen. In einem Fischerboote, das der Einwohner von Honfleur, bei dem Ludwig Philipp wohnte, zu dem Ende verschafft hatte, fuhr er in dem Laufe des Tages nach Havre und um den Ruderern keinen Argwohn einzuflößen, spielte Ludwig Philipp die Rolle eines Engländers, indem eine fremde Person neben ihm den Dolmetscher machte. Um 9 Uhr Abends langten die Flüchtlinge am Bord des Dämpfers Expreß an, wo das Schiff gleichs darauf nach England abfuhr und am folgenden Morgen gegen 7 Uhr auf der Höhe von Newhaven anlangte. Die beiden Generale Dumas und Rumigny landeten in Booten, – indem der Erstere alsbald mit der Kunde von Ludwig Philipps glücklicher Ankunft nach London eilte, während General Rumigny nach dem Bridge-Hotel eilte, um die besten Zimmer für die Ankömmlinge in Bereitschaft setzen zu [ 159 ] lassen. Etwas vor Mittag landete das königliche Paar. Als Ludwig Philipp den Fuß auf Britischen Boden setzte, sagte er mit Nachdruck: »Gott sei Dank, ich bin auf Britischem Boden.« Auf dem Wege nach dem Hotel traten mehrere Einwohner der Stadt auf den König zu, wünschten ihm Glück zu seiner Errettung und reichten ihm herzlich die Hand. Ludwig Philipps Züge verriethen große Erschöpfung und Sorge.

Am 4. März Mittag ein Viertel nach 12 Uhr langte der König mit einem Specialzuge von Newhaven auf der Craydon-Station in London an. In seiner Begleitung waren die Generale Dumas und Rumigny und Graf Jarnac. An der Station wurden die Königlichen Flüchtlinge vom Herzog v. Nemours und dem Herzoge und der Herzogin Clementine von Sachsen-Koburg empfangen, daß das Wiedersehen ein sehr ergreifendes war, mag man sich denken. Königin Viktoria hatte ihre Equipagen dem Könige anbieten lassen, um die königliche Familie nach Claremont zu bringen, ein Anerbieten, das Louis Philipp aber dankend ablehnte. Die Times erzählen, daß Louis Philipp gleich nach seiner Ankunft von Newhaven Hrn. Packham zu sich einladen ließ, der bisher ein Pächter Louis Philipps gewesen, indem er auf dem Privat-Eigenthum Louis Philipps beim Schloß Eu mehrere industrielle Etablissements betrieben hatte. Hr. Packham stellte den Berichterstatter der Times selbst dem Könige vor, welcher Letztere gerade beschäftigt war, ein englisches Blatt zu lesen. Louis Philipp erhob sich beim Eintritt dieser Herren und sprach ihnen seinen Dank für ihren Glückwunsch zu seiner Rettung und jetzigen gastlichen Aufnahme aus, die er hier gefunden. Uebrigens sah er schon besser aus und die Spuren von Sorge, die bei einer Landung in seinen Zügen sich spiegelten, waren verschwunden; sogar schien er heiterer Stimmung, vielleicht wohl nur aus Freude über seine glückliche [ 160 ] Flucht. Die Königin war mit Briefschreiben beschäfttigt und schien tief in Gedanken versunken, da sie von der Anwesenheit fremder Personen keine Notiz zu nehmen schien. Mehre Personen wurden dem Könige im Laufe des Tages vorgestellt, mit denen er sich ungezwungen und munter unterhielt. Das Anerbieten Hrn. Packhams, daß der König bei ihm zu Brighton einkehren möge, schlug Ludwig Philipp aus. Sein Geld ließ er durch Packham in englische Münze umsetzen und ließ auch damit Kleidungsstücke kaufen, womit er schlecht bestellt sei, wie er lächelnd sagte. – Gleichzeitig waren der Herzog von Nemours, der Herzog Montpensier, der Herzog d'Alençon und der Graf d'Eu mit General Lefevre mit dem königlichen Dampfschiff Curacao von Jersey angekommen und nach Brighton mit der Südwestbahn abgegangen. Der ohngefähr um dieselbe Zeit gelandete Guizot, erzählen die Times, sah blaß und angegriffen aus, hatte aber schon seine Zufriedenheit darüber ausgesprochen, daß das provisorische Gouvernement Louis Bonaparte aus Paris gewiesen habe.

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Noch tragischere Momente über die Schicksale, welche die unglückliche Königsfamilie in der Zwischenzeit bis zu ihrer Landung erfahren, liefert ein andrer glaubwürdiger Berichterstatter, die des Ergreifenden so viel enthalten, daß sie nicht übergangen werden dürfen, wenn auch Manches davon übertrieben scheint. Nachdem der Sieg des Volkes entschieden war, habe, so sagt er, ein ältliches Paar sich durchzuschleichen versucht, in einem Zustande, trauriger als der der ärmsten irländischen Familie. Man erzähle, die Königin hätte zurückeilen müssen, um einige Silbermünzen in einem Büreau zu holen. Zu Dreux hätten sie zusammen noch fünf Franken in der Tasche gehabt. So kamen sie in die Nähe des Schlosses Eu, in welches sie lange nicht einzutreten wagten. [ 161 ] Mittlerweile entwich auch der übrige Theil, der königlichen Familie wie Zugvögel, die der Sturm vertreibt. Erst kam der Herzog von Nemours mit Einigen aus der Familie Sachsen-Coburg. Sie hatten sich durch das Getümmel gerettet. Eine spanische Infantin, um deren Hand voriges Jahr die höchsten Häupter gestritten, mußte sich durch Nebenwege und Hinterthüren durchschleichen, glücklich mit dem für Spaniens Thron bestimmten Erben ruhig in England niederkommen zu können. Der Herzog von Montpensier, welcher die Herzogin von Orleans in die Kammer begleitet hatte, konnte nicht mehr in die Tuilerien zurück, und die Prinzessin, welche der König und die Königin bei ihrer Flucht vergessen hatten, flüchtete, sich, als das Schloß erstürmt war, in das oberste Stockwerk, wo sie bis zum 25. Abends verborgen blieb. Ein Offizier der Nationalgarde, der den Auftrag hatte die Gemächer der Tuilerien zu inspizieren, fand sie hier in einem Bedientenzimmer ganz bleich und entkräftet, unter den Qualen des Schreckens und des Hungers. Kaum hatten die Flüchtlinge einen Zufluchtsort gefunden, so mußten sie schon ein anderes Obdach suchen. Prinzen und Prinzessinnen drehten sich in unaufhörlichem Wirbel. Hier traf eine Hofdame ihre Gebieterin, dort ward ein Staatsminister aufgefunden, dort kamen die Kinder und die Hofmeisterin eines anderen. Ein Prinz von königlichem Geblüte und ein gewesener Präfekt stoßen verkleidet aufeinander, ohne sich zu erkennen. Später kommt ein Knabe mit seiner Mutter und seinem Bruder, unbekannt und fast unbemerkt in einer deutschen Badestadt an. Es ist der Knabe, der als Erbe der französischen Krone und vor wenig Tagen als König anerkannt war. Als ihre Mutter die Deputiertenkammer verließ, hatte sich eines der Kinder für einem Augenblick im Gewühle verloren und war erst später, man weiß nicht wie, mit Koth bedeckt und todtmüde, von den [ 162 ] schweren Gange wieder zu seiner Mutter zurückgekommen. Mit schwerem Gelde hatte diese sich einen Wagen zur Flucht nach Deutschland verschafft.

 

Guizot, der vor Kurzem noch allgebietende Premierminister, kam gänzlich von Mitteln entblößt zu London an. Die Zeit seines thätigen Lebens ist vorüber. Wie jener Redner Roms wird er in der politischen Zurückgezogenheit zu den Musen zurückkehren. Der Herzog von Montpensier, die Herzogin von Nemours und ihre beiden Kinder retteten sich in Begleitung des Generals Lefebvre. Die Herzogin von Orleans ist in die Mitte ihrer deutschen Verwandten zurückgekehrt.

So war denn auch das Julikönigthum, wiewohl ohne jene Romantik des Unglücks gefallen, welche den Sturz der Stuarts und der älteren Bourbonen mit einer tragischen Glorie umgab. Unter den zahlreichen umlaufenden Revolutionsanekdoten begegnen wir nur einer einzigen, noch dazu wenig verbürgten Loyalitätshandlung. Man erzählt nämlich daß der König, nachdem er die Truppen auf dem Carrouselplatze inspicirt hatte, in Lebensgefahr war. Das Volk drängte vor und General Carbonel fürchtete Alles. Der General erkannte, wenn man nicht einen Augenblick die Aufmerksamkeit des Volkes ablenkt, ist Alles verloren. Er nahm eine Flinte und feuerte auf einen Nationalgardisten. Er wurde dafür sogleich niedergestoßen, aber der König konnte sich retten. —

Ein weiteres Beispiel edler Hingebung für den gefallenen Herrscher finden wir nirgends berichtet.

Wo sind sie nun, jene Hofpoeten, jene aufgeblähten Pfauhähne die sich in der königlichen Gunst sonnten? O sie kauern sich bereits unter die republikanische Kokarde, und die Hände noch voll von dem Golde der geheimen Fonds, fingen sie bereits das Lob des Volkes das sie noch Abends vorher insultierten, – sie begrüßen die neue Morgenröthe [ 163 ] Welch ein widerwärtiges Schauspiel ist diese menschliche Gemeinheit für freie Herzen, aber auch welche furchtbare Lehre für jene ewig blinden Geschlechter, welche sich auf die Corruption stützen zu können meinten! Ruft eure Stalljunker, eure Hofschranzen, eure Deputierten, eure Kammerherren in gestickten Kleidern, ihr Fürsten des gestrigen Tages ruft sie, diese Sklaven die für Euch sterben wollten! Wo sind sie? Sie machen der Revolution den Hof; sie streuen Weihrauch den neu emporgekommenen Machthabern; sie bewerben sich um Aemter; sie wollen für die Republik sterben. In weniger als einer Stunde haben sie die Livree gewechselt; gestern trugen sie Federn, Orden, Stickereien; heute ist es die Kokarde des Sieges, das Banner der Volkssouverainetät gefärbt vom Blute des Volkes!

Gegenwärtig lebt Louis Philipp und seine Familie in Zurückgezogenheit zu Claremont, wo sie häufig Besuche von der theilnehmenden Aristokratie empfangen. Guizot besucht den König fleißig, ebenso Duchatel. Louis Philipps Gesundheit scheint übrigens bei dem letzten Wechselfalle nicht sehr gelitten zu haben, wenn man seinem Aeußern nach schließen darf. Er soll den Plan haben, das Haus zu Twikenham zu kaufen, wo er bei seiner ersten Verbannung gewohnt. Unterrichtete behaupten, daß er sich in keinen glänzenden Verhältnissen befinde, indem es durchaus nicht der Fall sei, daß er Gelder in fremden Ländern angelegt habe. Ob aus falschem Vertrauen auf die Stabilität seiner Herrschaft, ob aus sonstigen Gründen, habe er sein ganzes Vermögen in Frankreich liegen, und sollte die National-Versammlung das Privatvermögen des Hauses Orleans ganz konfiszieren, so würde das gestürzte Königshaus in gewaltige Armuth gerathen. Wir setzen nicht so etwas Ungerechtes und Herzloses voraus, was mit der Großmuth des französischen Charakters so unvereinbar wäre, wie mit den Prinzipien der Billigkeit, Humanität [ 164 ] und Mäßigung, auf welche die Revolution fußen will. —

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Einnahme der Tuilerien. – Die Umstände unter welchen dieses Schloß vom Volke genommen wurde, sind nicht uninteressant. Die 5. Legion der Nationalgarde war auf die Tuilerien zu gezogen und bereits bis zu der Rue de l'Echelle gekommen, als man das Feuern auf dem Platze des Palais-Royal hörte, von dem Posten des Chateau d'Eau herrührend, der den Kampf wieder begonnen hatte. Die 5. Legion eilte dahin, während Tausende ihr folgten. Marschall Gerard erschien hier plötzlich mit einem Friedenszweig in der Hand, um die Kämpfenden zu trennen, was ihm nicht glückte, und der Kampf währte fort. Der Marschall will auf die Ecke der St. Honoréstraße zurück, als plötzlich ein Offizier des Schlosses mit einem Papier in der Hand »die Abdikation Louis Philipps« hervorsprengte. Der Lieutnant der 5. Legion, A. Roche, nahm das Dokument an sich und übergab es dem Bürger Lagrange aus Lyon zur Aufbewahrung. Das Feuer währte fort und man fürchtete, daß die in den Tuilerien stehenden Truppen den Kämpfenden in die Flanke fallen würden, denn es standen dort 3000 Mann Infanterie, 6 Geschütze, 2 Schwadronen Dragoner, ohne die Munizipalgarden und sonstigen Wachen. Unter dem Schutze des Gitters und der Artillerie konnte sich hier ein furchtbarer Kampf entspinnen, der auf jede Weise zu vermeiden war. Die 1., 2., 3., 4., 6. und 10. Legion Nationalgarde umzingelten bereits die Tuilerien und die anderen wa ren schon im Anzuge begriffen. Da eilte der Lieutnant A. Roche nach dem Gitter der Rue de Rivoli, wohin er den Commandanten der Tuilerien rufen ließ. Der Commandant [ 165 ] eilte voll Besorgniß herbei. »Sie sind verloren,« rief der Lieutnant, »wenn Sie nicht die Tuilerien räumen und sie der Nationalgarde überliefern.« Der Commandant ließ die Truppen in Linie gegen das Schloß aufstellen, jedoch ohne Anstalten zu machen, den Platz zu räumen. Als Roche sah, daß man keine Anstalten zum Rückzuge mache, eilte er mit dem Bürger Lesueur wieder an das Gitter der Rue Rivoli mit einer Friedensfahne. Man öffnete das Gitter und Beide traten allein mit den Degen in der Hand in den mit Soldaten angefüllten Hof. Der Commandant trat auf sie zu mit dem Bemerken, daß er die Truppen habe zurücktreten lassen. »Dies ist nicht genug.« sagte Roche »der Palast muß geräumt werden, sonst geschieht Unglück.« Der Commandant führte jetzt die beiden Offiziere nach dem Pavillon de l'Horloge, wo mehre Generale bei dem Herzog von Nemours standen. – Aller Züge drückten die tiefe Bestürzung aus. »Monseigneur,« redete der Commandant den Herzog an; »hier ist ein wackrer Bürger, der Ihnen die Mittel angeben wird, Blutvergießen zu verhüten.« »Was muß geschehen?« fagte der Prinz mit leiser Stimme zu dem Lieutnant. »Gnädiger Herr,« erwiderte dieser, »Sie müssen den Palast noch in diesem Augenblicke räumen und ihn der Nationalgarde überlassen – sonst sind Sie verloren. Der Kampf würde ein blutiger Kampf sein. Die Tuilerien sind umringt, die fünfte Legion, zu der auch ich gehöre, kämpft jetzt beim Palais-Royal. Eilen Sie ja, daß die Truppen von hier entfernt werden, ehe jener Kampf zu Ende – wenn nicht das Leben der königlichen Familie gefährdet sein foll.« »Wäre dem wirklich so?« entgegnete der Herzog – »nun wohl, ich werde die Truppen sich zurückziehen lassen.« Und in demselben Moment gab er noch in Gegenwart der beiden Nationalgarden-Offiziere den Befehl zum Rückzug. Die [ 166 ] Artillerie zog durch das Gitter des Palastes, der Stab und der Herzog durch den Pavillon, so daß die Pferde die Freitreppe herunter mußten; die Kavallerie folgte, zuletzt die Infanterie. Man vergaß sogar in der Eile die Posten abzulösen. Bürger Roche führte darauf die Nationalgarde auf den Platz, die, begleitet von einer zahllosen Menge, dahinströmte, und als der Kampf im Palais-Royal nach einer Weile zu Ende, strömten die Kämpfer nach den Tuilerien, um sie zu erstürmen.

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