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Die Mohicaner von Paris

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III
Die Freischenke

Die Schenke war voll, übervoll.

Das Erdgeschoß, das Man nur mit Mühe erkennen würde sieht man das reizende, zierliche Magazin,.welches heute seine Stelle einnimmt. – das Erdgeschoß bestand aus einem niedrigen, räucherigen, feuchten,. übelriechenden Saale, wo in einem unglaublichen Durcheinander angehäuft eine ganze Welt auf die verschiedenste Art costumirter Männer und Frauen sich bewegte, unter denen übrigens die Verkleidungen der Malins und der Poissarden vorherrschend waren. Einige von diesen Frauen, – und wir müssen sagen, das waren die zierlichsten und hübschesten, – einige von diesen Frauen verriethen, als Poissarden verkleidet, am Halse und an den Schultern tief hinab entblößt, die Aermel bis an die Achsel zurückgeschlagen, mit Zinnober geschminkt, mit Schönfleckchen besäet, sie verriethen,. sagen wir, durch eine männlichere Stimme, durch einen Fluch, den sie kräftiger aussprachen, als es sich für ihren seidenen Rock und ihre Spitzenhaube geziemte, eine doppelte Verkleidung: Verkleidung im Costume und Verkleidung des Geschlechts; doch durch einen seltsamen Mißbrauch der Carneval-Fantasieen, ohne Zweifel, waren es nicht diese, welchen am Wenigsten die Männerschaar huldigte aus der ungefähr zwei Drittel der edlen Versammlung bestanden.

Stehend, sitzend, liegend, lachte, schwatzte, sang Alles das in den unzusammenhängendsten Tonarten und mit einer solchen Verwirrung, daß die Masse jeder Beschreibung entging und sich nur einige Einzelheiten aus dem ungestalten Ganzen hervorheben und in die Augen fielen.

Es war ein undurchdringliches Gewimmel, in dem sich Alles vermischte und verlor: die muskeligen Arme der Männer schienen den Frauen zu gehören; die zarten Beine der Frauen schienen den Männern zu gehören; ein bärtiger Kopf schien aus einem üppigen Busen hervorzukommen; von einer haarigen Brust glaubte man sie trage den schwermüthigen Kopf einer fünfzehnjährigen Jüdin! Es wäre selbst Petrus, nachdem er mit großer Mühe die Rümpfe wieder aufgebaut und jedem seinen Kopf zurückgegeben, unmöglich gewesen, zu unterscheiden, wem er die Füße, die Beine. die Arme gehörten, dergestalt waren alle diese Glieder vermengt, verknüpft, verdreht, unentwirrbar in einander verhalftert!

Die Gruppen, die man besonders unterschied, waren ein Pierrot. der sich den Anschein gab, als schliefe er an der Wand, mit einer Pierrette rittlings auf den Schultern: so daß der Pierrot, dessen Kopf das kattunene Wamms der Pierrette verbarg, das Aussehen eines Riesen mit zu kleinem Kopfe und zu kleinen Armen hatte; ein Polichinelle, der die Runde im Saale, ein Kind auf jedem von seinen zwei Höckern tragend. Zu machen versuchte; ein Türke. der auf einem Beine umherhüpfte. um zu beweisen. daß er nicht betrunken war; ein junger Bursche als Affe verkleidet, – eine von Mazurier in die Mode gebrachte Verkleidung. – der von Stuhl zu Stuhl, von Gruppe zu Gruppe sprang und die Priester der Göttin Thorheit und des Gottes Carneval – die Traurigste der Göttinnen und der Lustigste der Götter. – die unerwartetsten Ausrufungen mit ihren kreischenden Stimmen von sich zu geben veranlaßte.

Ein furchtbares Hurrah empfing die drei Freunde bei ihrem Eintritt in den Saal.

Der Pierrot offenbarte seine Androgencität dadurch, daß er das Wamms der Pierrette aufhob und seinen zweiten Kopf zeigte.«

»Die Polichinelle hielt in seiner umdrehenden Bewegung an, wie ein Gestirn, das mit einem Kometen zusammen stoßen würde

»Der Türke versuchte es, beide Beine zugleich aufzuheben, was seinen augenblicklichen Sturz und den völligen Bruch eines Tisches, auf den er fiel, herbeiführte.

»Der Affe endlich befand sich mit einem Sprunge auf der Schulter von Petrus und fing an unter dem Gelächter der Gesellschaft die aristokratischen Camelien seines Hutes zu entblättern.

»Wenn Du mir glauben willst. so gehen wir von hier weg,« sagte Jean Robert zu Petrus: »es wird mir übel.«

»Weggehen, ehe wir eingetreten sind?« erwiderte Petrus; »was fällt Dir ein? Man würde glauben, wir haben Angst, und Jagd auf uns in den Straßen von Paris machen. rote Seine Majestät Karl X. auf die Wildschweine des Waldes von Compiègne Jagd macht.«

»Was ist Deine Ansicht?« fragte Jean Robert Ludovic.«

»Meine Ansicht ist, daß wir, da wir einmal hier sind, bis zum Ende gehen müssen.«

»Ah!«

»Gebt Acht!« sprach Petrus. »man schaut nach uns: Du, der Du ein Theatermensch bist, weißt, daß Alles von den Debuts abhängt.«

Und er ging gerade auf den Krater zu, der sich unter dem Türken geöffnet hatte, und wo der Unglückliche so tief niedergesunken war, daß nur noch die Spitze seiner Stiefel und das äußerste Ende seines Reiherbusches sichtbar blieben, und sagte, immer mit seinem Affen auf den Schultern:

»Herr Muselmann, Ihr keimt das Wort Eures Patrones Mahomet Ben Abdallah, des Neffen vom großen Abu Thaleb, Fürsten von Mekka?«

»Nein,« antwortete eine Stimme aus den Tiefen des eingebrochenen Tisches.

»Da der Berg nicht zu mir kommt, so komme ich zum Berge.«

Er nahm sodann unversehens den Affen an der Haut seines Halses hob ihn auf, wie er es mit seinem Hute gethan hätte, grüßte den,Türken mit dem Jungen, der am Ende seines ausgestreckten Armes zappelte. und sprach:

Empfangt den Ausdruck meiner Ehrfurcht. Guter Muselmann.«

Und er setzte den Jungen wieder aus seine Schulter; dieser glitt aber eiligst an seinem ganzen Körper hinab, wie er es an einem Klettermaste gethan haben würde. und verschwand, um Grimassen in einer Ecke zu schneiden, wohin nicht das Licht der drei oder vier Lampen gelang, welche die Schenke erhellten.

Dieser Beweis von Höflichkeit und zugleich von Stärke trug Petrus allgemeinen Beifall ein.

Der Türke erwiderte den Gruß nun sehr maschinenmäßig; doch er klammerte sich wie ein Ertrinkender an die Hand an, die ihm Petrus reichte. welcher ihn mit einem Ruck wieder auf seine Füße stellte, eine sichtbar unzulängliche Basis, für den Augenblick wenigstens, für ein so tief erschüttertes Monument.

»Es sind offenbar zu viel Leute hier,« sprach Petrus,als er die von uns erzählte That vollbracht hatte. »Gehen wir in den ersten Stock hierauf.«

»Wie Du willst,« erwiderte Ludovic, »obschon es diesem Schauspiele nicht an Interesse gebricht.«

Ein Kellner. der ihnen bei ihrem Eintritt in die Anstalt folgte, ohne Zweifel um sich zu versichern. Daß er es mit Consumenten zu thun habe, mischte sich unverzüglich ins Gespräch.«

»Diese Herren wünschen in den ersten Stock hinaufzugehen?« fragte er.

»Es, wäre uns in der That nicht unangenehm.« antwortete Petrus.

»Hier ist die Treppe.« sprach der Kellner. indem er auf eine Art von schneckenförmiger Stiege deutete.«

Die drei Freunde begannen die schwierige Aufsteigung unter dem Gezische und dem Gelächter der Masken, welche zischten und lachten, ohne zu wissen, warum – um den Lärmen zu machen, mit dem sich die Leute, die nur bespitzt sind, zu berauschen, und diejenigen, welche nun trunken sind. zu besaufen.

Im ersten Stocke war der Saal voll wie im Erdgeschoße, es war dieselbe Anhäufung von Leuten in einer und derselben räucherigen Stube, mit neugierigen Wänden, welche durch die Risse einer schmutzigen, grauen Tapete schauten, mit grün und gelb gestreiften rothen Vorhängen und einem schwarzen Plafond.

Von der Thürschwelle aus gesehen, war diese Welt die noch einen Grad unter der, welche man verlassen, zu stehen schien. – diese Welt beleuchtet, wenn nicht verdunkelt, durch die röthlichen und fahlen Scheine von drei bis vier Lampen, war das lebendige Bild, die fühlbare Verkörperung, der verworrenen, buntscheckigem unvereinbaren Ideen, die sich im Gehirne eines Betrunkenen durchkreuzen.

»Ho! Ho!« sagte Jean Robert, der vorangegangen war und die Thüre aufgemacht hatte. »es scheint, die Hölle von Bordier ist gerade das Gegentheil von der Hölle von Dante: je höher man hinaufsteigt desto tiefer kommt man hinab.«

»Nun. was sagst Du dazu?« fragte Petrus

»Ich sage, daß es nur abscheulich war, daß es nun aber interessant wird.«

»Gehen wir immer weiter hinauf!« sprach Petrus.

»Thun wir das!« billigte Ludovic.

Und die drei Freunde setzten ihre Aufsteigung auf der immer schlechteren und schmäleren Treppe fort.

Im zweiten Stocke dasselbe Gedränge, dasselbe Schauspiel in einer ungefähr ähnlichen Decoration, wenn nicht etwa. daß der Plafond niedriger war, die Atmosphäre dicker und die athembare Luft folglich mit mehr ungesunden Dünsten beladen.

»Nun?« sprach Ludovic . . .

»Was sagst Du. Jean Robert?« fragte Petrus.

»Gehen wir immer weiter hinauf!« antwortete der Dichter.

Im dritten Stocke war es noch schlimmer.

Es fanden sich hier auf den Tischen und unter den Tischen. auf den Bänken und unter den Bänken etwa fünfzig menschliche Geschöpfe, – wenn der unter das Niveau des Viehes gesunkene Mensch diesen Namen zu behalten verdient.«

Diese fünfzig Geschöpfe. Männer. Weiber und Kinder, waren gelagert. ausgestreckt. eingeschlafen neben zertrümmerten Tellern und zerbrochenen Flaschen, befleckt von Brühen. geröthet von den Weinen.

Eine einzige Lampe erleuchtete düster die Stube.

Man würde geglaubt haben, es sei die Lampe eines Grabes, hätte nicht rauhes heiseres Schnarchen, aus der Brust mehrerer Schläfer hervorkommen. laut die materielle Existenz dieser, intellektuell todten Trunkenbolde geoffenbart.

Es wurde Jean Robert schwach ums Herz; doch Jean Robert war Meister über sich: sein Herz hätte brechen können. sein Wille würde sich nicht gebeugt haben.

Petrus und Ludovic schauten einander an, ganz bereit, der Eine trotz seiner Begeisterung. der Andere trotz seiner Kälte. umzukehren,

Jean Robert aber, da er sah. daß die Treppe gleichsam an die Mauer angeklebt, zu dem höheren Stocke an die Art einer Müllerleiter aufstieg, Jean Robert betrat die Treppe und sagte, behaglicher dem Anscheine nach, je weniger er es in Wirklichkeit war:

 

»Vorwärts meine Herren, Sie haben es gewollt; höher hinauf, immer höher!«

Jean öffnete halb die Thüre des vierten Stockes.

Die Dekoration blieb hier dieselbe, doch die Scene änderte sich.

Fünf Männer saßen um einen Tisch. auf welchem man die Ueberreste von Würsten und Schlitten mitten unter acht bis zehn Flaschen erblickte, die sich wie Kegel, nur weniger symmetrisch geordnet, erhoben.

Diese Männer waren im Stadtkleide.

Wenn wir sagen im Stadtkleide, so wollen wir damit einfach sagen, sie seien nicht Costümirt gewesen, und haben nur Blousen, Kittel oder Wämmser getragen

Die drei Freunde traten ein; der Kellner, der ihnen von Stock zu Stock gefolgt war, trat hinter ihnen ein

Die Ankömmlinge blieben auf der Thürschwelle stehen, ließen einen Blick in der Stube umherlaufen, und Jean Robert machte ein Zeichen. welches besagen wollte: »Das ist es, was uns ansteht.«

Die Pantomime war so ausdrucksvoll, daß Petrus erwiderte:

»Wahrlich! wir werden hier sein wie Prinzen!«

»In der That,« sprach Ludovic, »es wird uns nichts mehr fehlen, als athembare Luft.«

»Gut!« versetzte Petrus. »man wird dadurch machen, daß man ein Fenster öffnet.«

»Wo soll man den Herren den Tisch decken?« fragte der Kellner.

»Hier!« antwortete Robert. Und er bezeichnete mit dem Finger die Seite der Stube der entgegengesetzt wo sich die fünf ersten Gäste befanden.

Die Stube war so niedrig, daß man nothwendig beim Eintritt seinen Hut abnehmen mußte, und selbst wenn man den Hut abnahm, stieß Jean Robert, der Größte von den drei jungen Leuten, mit dem Kopfe an der Decke an.

»Was wünschen die Herren?« fragte der Kellner.

»Sechs Dutzend Austern, sechs Hammelcotelettes und einen Pfannkuchen,« antwortete Petrus.

»Wie viel Flaschen?«

»Drei Flaschen Chablis erster Qualität, mit Selerser Wasser, wenn es in diesem Hause gibt.«

Bei dieser Frage, welche auf eine Meile nach der Aristokratie roch, wandte sich einer von den fünf ursprünglichen Gästen gegen die Ankömmlinge um und sagte:

»Ho! Ho! wir haben es, wie es scheint, mit Muscadins zu thun.«

»Mit Haussöhnen.«

»Oder mit Bürgern von der hohen Pègre!3« rief ein Dritter.

Und die fünf Trinker lachten laut auf. Da die modernen Romane und die Denkwürdigkeiten von Vidocq die Leute der guten Gesellschaft noch nicht mit den Rothwälsche-Ausdrücken vertraut gemacht hatten, so wußten die drei Abenteurer nicht, daß sie ganz einfach als Diebe behandelt worden waren; sie schenkten auch dem Gelächter, das auf die Beleidigung folgte, nur eine geringe Aufmerksamkeit.

Jean Robert hatte schon seinen Mantel auf einen Stuhl gelegt und sein Stöckchen in die Ecke des Feunters gestellt.

Der Kellner schickte sich an, wegzugehen, um das Abendbrod zu bestellen als derjenige von den Männern, welcher zuerst gesprochen und die jungen Leute als Muscadins behandelt hatte, den Kellner an seiner Schürze zurückhielt und ihn fragte:

»Nun?«

»Nun, was?« versetzte der Kellner

»Hat man nicht schon Karten verlangt?«

»Doch.«

»Warum hat man sie dann nicht gebracht?«

»Weil Sie wissen, daß man keine in diesen Stunden gibt.«

»Wie welchen Gründen?«.

»Fragen Sie Herrn Delavau!«

»Wer ist das, Herr Delavau?«

»Der Polizeipräfect.«

»Was macht das mir, der Polizeipräfect?«

»Das mag Ihnen nichts machen, doch das würde uns etwas machen.«

»Was würde es Ihnen machen?«

»Wir müßten das Etablissement schließen und hätten dadurch den Kummer, Sie nicht mehr empfangen zu können.«

»Ei! wenn man nicht spielt, was sollen wir denn hier thun?«

»Man zwingt Sie nicht, zu bleiben«

»Höre, Du kommst mir vor wie ein unhöfliches Bürschchen, weißt Du? und man wird den Herrn davon unterrichten.«

»Oh! Unterrichten Sie den Papst, wenn Sie wollen!«

»Und Du glaubst wir werden hiermit zufrieden sein?«

»Sie müssen wohl«

»Und wenn wir nicht zufrieden sind?«

»Nun,« erwiderte der Kellner mit dem spöttischen Gelächter, das gewöhnlich die Scherze der Leute aus dem Volke begleitet, »wenn Sie nicht zufrieden sind, wissen Sie, was Sie thun werden?«

»Nein.«

»Sie werden Karten nehmen.«

»Tausend Donner! ich glaube, Du machst Dich lustig über mich?« schrie der Trinker, indem er aufstand und auf den Tisch einen Faustschlag that, der die Flaschen, die Gläser und die Teller sechs Zoll hoch aufspringen machte.«Karten! das ist es gerade, was wir verlangen.«

Doch der Kellner war schon auf der halben Treppe; der Trinker sah sich genötigt, wieder niederzusitzen, und wartete aller Wahrscheinlichkeit nach, nur auf eine Gelegenheit, seine schlimme Laune ausbrechen zu lassen.

»Ah!« murmelte er, es scheint, der Bursche hat vergessen, daß ich Jean Taureau heiße und einen Ochsen mit einem Faustschlage töte. Ich werde ihn daran erinnern müssen.

Und er nahm vom Tische eine halbvolle Flasche, setzte den Hals an seinen Mund und leerte sie auf einen Zug.

»Jean Taureau hat Verdruß,« flüsterte einer von den fünf Tischgenossen seinem Nachbar ins Ohr, »und ich kenne ihn, das muß auf irgend Einen zurückfallen!«

»Dann mögen sich die Muscadins4 in Acht nehmen,« erwiderte derjenige, welchem diese vertrauliche Mittheilung gemacht werden war.

IV
Jean Taureau

Wir haben gesagt, derjenige den den fünf Trinkern, welcher Karten verlangt und sich selbst mit dem Namen Taureau5 getauft, – welcher Name übrigens äußerst passend für seinen Körperbau zu sein schien, habe nur auf eine günstige Gelegenheit. um seinen Zorn anbrechen zu lassen, gewartet.

Die Gelegenheit bot sich bald.

Wir hoffen, der Leser folgt uns aufmerksam genug, um die Bemerkung, welche Ludovic in Betreff der Atmosphäre der Stube gemacht, nicht vergessen zu haben.

Der Speisendampf, der Weingeruch, der Tabaksrauch, die Ausdünstungen der Gäste hatten in der That die Luft in dieser Art den Speicher völlig unathembar für die Brust an eine reinere Luft gewöhnter Menschen gemacht. Aller Wahrscheinlichkeit nach hatte man das Fenster seit dem letzten Sonnenstrahle des letzten Herbstes nicht geöffnet; eine Folge hiervon war, daß derselbe Erhaltungsinstinct die drei Freunde zu dem einzigen Fenster trieb, das diesem unsaubern Winkel Licht und in den äußersten Fällen. wie der, in welchem man sich nun befand, Luft gab.

Petrus kam zuerst dahin; er hob den unteren Theil auf und hing den Ring an den Nagel, der zum Festhalten dieses unteren Theiles bestimmt war.

Jean Taureau hatte die Gelegenheit, die er suchte, gefunden.

Er stand den seinem Schenkel auf stemmte seine beiden Fäuste auf den Tisch und sagte indem er sich collectiv an die drei jungen Leute, besonders aber an Petrus wandte:

»Diese Herren öffnen das Fenster, wie es scheint?«

»Wie Sie sehen, mein Freund,« erwiderte Petrus.

»Ich bin nicht Ihr Freund,« entgegnete Jean Taureau; »schließen Sie das Fenster.

»Herr Jean Taureau,« versetzte Petrus mit einer ironischen Höflichkeit »hier ist mein Freund Ludovic ein, ausgezeichneter Physiker, der Ihnen in zwei Secunden erklären wird, aus welchen Elementen die Luft bestehen muß, um athembar zu sein.«

»Was singt denn der da mit seinen Elementen?«

»Herr Jean Taureau . . . « antwortete Ludovic in einem Tone der Höflichkeit der in keiner Hinsicht dem von Petrus nachgab. Nicht einmal in der Nuance des Spottes, die dieser angenommen, »er sagt, die Atmosphäre, um nicht schädlich für die Lunge eines ehrlichen Mannes zu sein, müsse bestehen aus fünfundsechzig bis sechsundsechzig Theilen Stickstoff, aus zweiundzwanzig bis dreiundzwanzig Theilen Sauerstoff und zwei Theilen Wasser, – etwas mehr, etwas weniger . . . ‹

»Sage doch,« unterbrach einer den den vier Männern in Blouse, »ich glaube, er spricht Lateinisch mit Dir?«

»Gut! dann will ich Französisch mit ihm reden.«

»Und wenn er es nicht versteht?«

»Dann wird er durchgebläut!« rief Jean Taureau.

Und er zeigte ein Paar Fäuste, welche an Größe dem Kopfe eines Kindes gleich kamen

Hernach sprach er mit einer Stimme, die, hätte er es mit Leuten von seiner Klasse zu thun gehabt, würde keine Opposition zugelassen haben:

»Vorwärts . . . schließen wir das Fenster, und zwar auf der Stelle!«

»Das ist vielleicht Ihre Meinung, Meister Jean Taureau,« erwiderte ruhig Petrus, indem er die Arme vor dem offenen Fenster kreuzte, »doch es ist nicht die meine.«

»Wie, es ist nicht die Deine? Du hast also eine Meinung, Du?«

»Warum solle ein Mensch nicht seine Meinung haben, wenn ein Thier eine zu haben sich anmaßt.«

»Sage doch Croc-en-Jambe,« sprach Jean Taureau. die Stirne faltend, indem er sich an einen seiner Tischgenossen wandte, der leicht als ein Lumpensammler zu erkennen gewesen wäre, wäre er auch nicht durch den bezeichnenden Namen, den ihm sein Kamerad gab, verrathen worden, »ich glaube, dieser Unglücksmuscadin nennt mich Thier?«

»Das scheint mir auch.« entwertete Croc-en-Jambe.

»Nun. was ist da zu thun?«

»Man muß ihn zuerst das Fenster schließen lassen, da dies Deine Idee ist, und ihn sodann niederschlagen.«

»Gut! das heiße ich sprechen!«

Hierauf rief er, als ob er eine dritte Aufforderung an Empörer richtete:

»Vorwärts, Donner! schließt das Fenster!«

»Oh!« erwiderte ruhig Petrus, »es gibt weder Donner, noch Blitze; das Fenster wird offen bleiben.«

Jean Taureau füllte so ungestüm seine Brust mit der Luft, welche den jungen Leuten völlig unathembar zu sein schien. daß diese Aspiration dem Brüllen des Thieres glich, dessen Namen er angenommen.«

Robert roch den Streit und wollte ihn verhindern, obgleich er einsah, daß es scheu beinahe unmöglich war. Konnte übrigens Einer zu diesem Resultate gelangen, so war er es sicherlich, das heißt, der Einzige, der kalten Blutes.

Er ging mit ruhiger Miene auf Jean Taureau zu und sagte, um zu beschwichtigen:

»Mein Herr, wir kommen von Außen, und als wir in diese Stube eintreten, erstickten wir beinahe.«

»Ich glaube wohl,« bemerkte Ludovic »man athmet hier nur Kohlensäure ein.«

»Erlauben Sie also, das Fenster nur einen Augenblick zu öffnen um eine andere Luft einzulassen; wir werden es sodann wieder schließen.«

»Sie haben das Fenster ohne meine Erlaubniß geöffnet,« sagte Jean Taureau.

»Was weiter?« versetzte Petrus.

»Sie mußten darum bitten, und man hätte Ihnen vielleicht die Erlaubniß gegeben.«

»Gutes genug!« erwiderte Petrus; »ich habe das Fenster geöffnet. weil es mir so gefiel, und es wird offen bleiben, so lange es mir gefällt.«

»Schweig doch. Petrus!« unterbrach Jean Robert.

»Nein, ich werde nicht schweigen . . . Glaubst Du denn, ich sei gewohnt, mir von Burschen dieser Art vorschreiben zu lassen?«

Bei dem Worte Bursche standen die vier Kameraden von Jena Taureau ebenfalls vom Tische auf und näherten sich augenscheinlich in der Absicht, die schlimmen Intentionen des Herausforderers zu unterstützen.

Nach der Härte ihrer Züge und nach der in ihrer Physiognomie ausgeprägten Wildheit oder wenigstens Rohheit waren das vier ungeschlachte, rauhe Gesellen welche verstärkt durch die fünfte Person, deren Wesen wir schon kennen, wie diese nur eine günstige Gelegenheit suchten, um durch einen guten, schönen Streit die Monotonie ihrer Faschingsnacht zu brechen

 

Es war übrigens für Jeden von diesen Leuten leicht. ein Handwerk zu bezeichnen.«

Derjenige, welchen Jean Taureau Croc-en-Jambe genannt hatte, war offenbar. nicht ein eigentlicher Lumpensammeln wie die auf dem Tische stehende Laterane und das Instrument, das ihm den charakteristischen Namen Croc-en-Jambe eingetragen, konnten glauben machen, sondern ein einer Varietät hiervon angehörender Mensch, einer Varietät, die man Aufwühler nannte, nach dem Namen ihrer Industrie, die darin bestand, daß sie nicht Unrathaufen störten. sondern mit der Spitze ihres Hakens in den Zwischenräumen des Pflasters der Gossen wühlten.

Durch diese Klasse von Industriellen welche seit acht bis zehn Jahren durch Polizeiverordnung und besonders dadurch, daß Trottoirs die Stelle der Chausseen eingenommen haben, aufgehoben werden ist, wurde die Gasse oft in einen Parctolus verwandelt. und mehr als Einer fand darin Ringe, Juwelen, Edelsteine, mochten sie nun verloren oder beim Ausschütteln eines Teppichs oder einer Matte aus dem Fenster geworfen worden sein, wie ich in meinen D e n k w ü r d i g k e i t e n erzählt habe, daß zu der Zeit, wo die Ereignisse vorfallen, die den Gegenstand dieses Buches bilden, die Ohrringe der Georges hinausgeworfen wurden, welche indessen glücklicher Weise den Herren Aufwühlern entgingen.

Der zweite Trinker, den Jean Taureau nicht genannt, und den wir die wir dieses Vergessen gut zu machen berufen sind, nur seinem Spottnamen bezeichnen werden, hieß Sac-à-Plâtre6,was sein Gewerbe hinlänglich geoffenbart hätte, selbst wenn die Kalkflecken und der weißliche Staub, womit sein Gesicht und seine Hände bedeckt waren, ihn nicht als einen Maurer seinen Freunden und seinen Feinden präsentiert haben würden.

Unter den Ersten war Jean Taureau, der Art, wie sie Bekanntschaft gemacht hatten. gebricht es nicht an Charakter, und sie wird die herculische Kraft des Mannes schildern, den wir soeben in Scene gebracht haben, und der bestimmt ist, in dieser Geschichte, nicht eine der ersten Rollen zu spielen. sondern eine Rolle, – die Folge wird es uns beweisen. – welche nicht ganz ohne Wichtigkeit.

Ein Haue der Cité brannte; von den Flammen erfaßt, war die Treppe eingestürzt; ein Mann, eine Frau und ein Kind schrien aus einem Fenster des zweiten Stockes: »Zu Hilfe!«

Der Mann, der ein Maurer war, verlangte nur eine Leiter oder sogar nur einen Strick; mit dieser Leiter oder diesem Stricke rettete er seine Frau und sein Kind.

Doch die Anwesenden verloren den Kopf; man brachte Leitern, die um die Hälfte zu kurz, Stricke welche die Last von drei Personen nicht zu tragen vermochten.

Das Feuer griff um sich, der Rauch drang in Strömen aus den Fenstern, den Flammen vorangehend, deren Schein man schon sah.

Jean Taureau ging vorüber.

Er blieb stehen.

»Nun!« rief er, »habt Ihr denn weder Stricke, noch Leitern? Ihr seht wohl, daß diese Leute da oben verbrennen werden!«

Die Gefahr war in der That sehr drohend

Jean Taureau schaute umher, und als er sah, daß keiner der verlangten Gegenstände kam, rief er die Arme ausstreckend:

»Auf, wirf das Kind herab Sac-à-Plâtre.«

Mit diesem Namen angerufen, hütete der Maurer sich wohl. hierüber ärgerlich zu werden, er nahm das Kind, küßte es auf beide Backen und warf es Jean Taureau zu.

Ein Angstschrei erscholl aus der ganzen Menge.

Jean Taureau empfing das Kind in seinen Armen und reichte es sogleich denjenigen. welche hinter ihm standen

»Nun wirf Deine Frau herab!« sagte er.

Der Maurer nahm die Frau in seine Arme und ließ sie, trotz ihres Geschreis, denselben Weg machen, den das Kind gemacht hatte.

Jean Taureau empfing die Frau in seinen Armen; nur that er einen Schritt rückwärts

»Das ist da!‹ sagte er, indem er die halb ohnmächtige Frau auf ihre Füße stellte, während die Zuschauer in Bravos und Beifallsrufe ausbrachen.

»Nun ist es an Dir!« rief er dem Manne zu. Und er stützte sich auf seine Beine mit der ganzen Macht seiner kräftigen Lenden.

Von den zweitausend Personen, die dem Schauspiele beiwohnten, war nicht eine, deren Athem man in den fünf folgenden Secunden hörte.

Der Maurer stieg auf den Rand des Fensters, machte das Zeichen des Kreuzes, murmelte: »Herr erbarme Dich!« schloß die Augen und sprang hinab.

Diesmal war der Schlag furchtbare Jean Taureau bog sich auf seinen Knieen und machte drei Schritte rückwärts, wurde aber nicht umgeworfen.

Ein ungeheurer Schrei erhob sich aus der Menge.

Alle Welt stürzte auf den Mann zu, der dieses erschreckliche Kraftstück vollbracht hatte; ehe man aber zu ihm kam, that Jean Taureau die Arme aus einander und fiel rückwärts, ohnmächtig und Blut speiend, nieder.

Weder das Kind. noch die Frau, noch der Mann hatten eine einzige Schramme.

Jean Taureau war eine Ader der Lunge gesprungen.

Man brachte ihn nach dem Hotel Dieu, das er nach zwei Tagen wieder verließ.

Der dritte Gefährte, dessen Gesicht so schwarz war als das von Sac-à-Plâtre weiß, gehörte sichtbar zur schätzend werthen Klasse der Köhler und hieß Toussaint. Jean Taureau, der bei seinem Verkehr mit den Architekten diese von einem Neger von Gente sprechen hörte, welcher beinahe eine Revolution in St. Domingo gemacht hätte, Jean Taureau, dem es nicht an einem gewissen natürlichen Verstande fehlte, hatte ihm den Beinamen Toussaint Louverture gegeben.

Der Vierte war ein Mann von ungefähr fünfzig Jahren mit lebhaften Augen und raschen Geberden dessen ganze Person einen starken Geruch von Baldrian ausdünstete; er trug eine Jacke von Sammet, eine Weste und eine Mütze von Katzenfell; er antwortete in seinem vertrauten Umgang aus den Namen Vater la Gibelotte.

Er war es der alle Schenken der Halle mit den Dachkaninchen versah, von denen Jean Robert befürchtete, man werde sie ihm statt der Gehägekaninchen vorsetzen. und der Baldriangeruch, den er ausdünstete, war das, wodurch er die unglücklichen Thiere anzog, deren Fleisch er um zehn Sou an Garköche, deren Felle er um fünfzehn Sous an Gerber verkaufte.

Die Industrie war einträglich, aber gefährlich, und wir erinnern und. 1834 oder 1835 den Bericht über einen Prozeß gelesen zu haben, wobei ein College den Vaters la Gibelotte zu einem Jahr Gefängniß und fünfhundert Franken Geldbuße verurtheilt wurde, trotz der trefflichen Vertheidigungsrede, in der er, die gastronomische Frage nach Art von Carême und Brillat-Savarin behandelnd, den Richtern den unbestreitbaren Vorzug des Katzenfleisches vor dem Kaninchenfleisch nachzuweisen versucht hatte.

Der fünfte Tischgenoß – den wir am Ende bringen, kraft des evangelischen Axioms: Die Ersten werden die Letzten sein – der fünfte war Jean Taureau selbst, der nach dem, was wir von seiner Muskelkraft erzählt haben, eine weitere Beschreibung entbehren könnte, wäre es nicht für und von Werth, durch ein möglichst genauen physischen Portrait die moralische Entwicklung von einem der seltsamsten Charaktere. die wir gekannt haben. vorzubereiten

Jean Taureau war ein Mann von ungefähr fünf Fuß sechs Zoll. gerade und stark wie die eichenen Balken, die er abvierte, denn er war Zimmermann seines Handwerks, – eine Art von Farnesischem Hercules, aus einem Granitblock gehauen, selbst Block, und ein Mensch der beim ersten Anblick. statt der vier Verbündeten zu bedürfen, die ihm zu Hilfe vorrückten, gebaut zu sein schien, um Einen nach dem Andern seine drei Feinde nur indem er sie mit dem Finger berührte, niederzuschmettern.

Gehen wir nun von der Beschreibung des Körpers zu der der Physiognomie und der Kleider über, so sagen wir, daß das Gesicht des Zimmergesellen. umrahmt von einen schwarzen. dichten Backenbart, der unter dem Kinn zusammenlief, das eines Mannes von dreißig hie vierzig Jahren war; kurze, krause Haare, aus denen die Alten beim Sohne von Jupiter und Semele das Symbol der Stärke gemacht hatten, ein Hals, dessen Dicke den ehrgeizigen Namen rechtfertigte, den unser Mann sich selbst gegeben oder von seinen Kameraden angenommen hatte, vervollständigten diesen Thypus der unvernünftigen, rohen Kraft.

Fügen wir ein vergessenes Detail bei: Jean Taureau war bekleidet mit einem Wamms, einer Hose, einer Weste und einer Mütze von grünlichem Sammet.

Aus der Tasche seines Wammses stand der Gipfel eines Winkelholzes hervor und aus seinem Hosensacke der Kopf einen langen eisernen Zirkels, der rittlings auf die Naht gesetzt war so daß ein Schenkel sich im Sacke verlor und der andere nach außen hing

Dies waren die fünf Gegner, mit denen es – wenn sie nicht zurückwichen, und vielleicht war dies nicht einmal ein unfehlbares Mittel. den Streit zu vermeiden, – wie denen es, sagen wir, Ludovic der Arzt, Petrus der Maler und Jean Robert der Dichter zu thun haben sollten.«

3La haute pègre ist eine Association von ausgezeichneten Dieben. Vidocq hat dieser Association in seinem Werke: »Die wahren Geheimnisse von Paris« (in der Uebersetzung durch den Frank’schen erlag veröffentlichte ein besonderes Kapitel gewidmet. D. Uebers.
4Muscadin, ein aus der Zeit der Revolution von 89 vererbter Ausdruck; man nannte so die Elegants, Stutzer, als nach musc, Bisam, riechend. D. Uebers.
5Taureau, Stier.
6Gipssack.
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