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Der Wolfsführer

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»Was ich mache? Offen gestanden, Suschen, ich weiß es selbst nicht.«

»Nicht übel! Jetzt heiße ich auf einmal Suschen! Der Herr Baron will mich, wie es scheint, mit den Namen aller seiner Liebchen beehren. Aber kommt doch hierher! Wollt Ihr denn durch die großen Zimmer gehen? Pfui! das ist gut für den Herrn Grafen.«

Und die Zofe zog Thibault wirklich durch eine kleine Thüre, zu deren rechter Seite man eine Wendeltreppe fand.

Mitten auf der Treppe umschlang Thibault die Hüfte der Zofe, die geschmeidig war wie eine Schlange.

»Sind wir noch nicht in den Gängen?» fragte er, indem er mit seinen Lippen die Wangen des schönen Mädchens suchte.

»Noch nicht,« antwortete He, »aber das macht

Nichts«

»Meiner Treu, liebes Mariechen wenn ich heute Abend Thibault hieße statt Raoul, so ginge ich mit Dir in die Mansarden hinauf, statt in der Beletage zu bleiben.«

Man hörte das Knarren einer Thüre, die sich öffnete.

»Schnell, schnell, Herr Baron!« sagte die Zofe; »die gnädige Frau wird ungeduldig.«

Und Thibault hinter sich her ziehend, erreichte sie den Gang, öffnete eine Thüre, stieß Thibault in ein Zimmer und verschloß die Thüre hinter ihm, im festen Glauben, sie hinter dem Baron Raoul von Vauparfond, dem vergeßlichsten Menschen den der Welt, wie sie sagte, verschlossen zu haben.

XVI
Der Graf von Montgobert

Thibault befand sich im Zimmer der Gräfin.

Hatte schon die Pracht der Möbel, welche der Amtmann Magloire sich in der Geräthekammer des Herrn Herzogs von Orleans ausgesucht, Thibaults höchste Bewunderung erregt, so wurde er durch die Frische, Harmonie und Eleganz, welche im Zimmer der Gräfin waltete, zu trunkenem Entzücken hingerissen.

Niemals hatte der arme Sohn des Waldes etwas Aehnliches gesehen, selbst in seinen Träumen nicht.

Man kann nicht von Dingen träumen, von denen man nie eine Ahnung gehabt hat.

Die beiden Fenster dieses Zimmers waren von doppelten Vorhängen Verdeckt.

Die ersten waren von weißem Tafft und mit Spitzen besetzt

Die zweiten waren von hellblauem chinesischem Atlaß und hatten Silberblumen eingestickt.

Das Bett und der Putztisch waren mit demselben Stoff überhangen wie die Fenster, und überflossen von Spitzen aus Valenciennes.

Die Wandtapeten bestanden aus sehr hellem Rosatafft, und darüber hing, bauschig und breitfaltig, ein indischer MousseIine, der so fein war wie gewobene Luft und beim geringsten Zug von der Thüre her schauerte, wie ein Rauchwölkchen.

Die Decke war ein von Boucher gemaltes Medaillon, die Toilette der Venus darstellend.

Die Liebesgötter empfingen aus den Händen ihrer Mutter die verschiedenen Stücke, die zu einer weiblichen Rüstung gehören; nur war Venus, da sämmtliche Stücke der Rüstung sich in den Händen der Liebesgötter befanden, gänzlich waffenlos, mit Ausnahme des Gürtels

Das Medaillon wurde von Kisten getragen, welche Ansichten von Gnidos, Paphos und Amathunt enthielten.

Die Möbel, Stühle, Lehnsessel, Causeuses und Gegenüber waren mit demselben chinesischen Atlas; überzogen, von welchem die Vorhänge genommen waren.

Der wassergrüne, sehr helle Teppich war mit weit auseinander liegenden Sträußen von Kornblumen, Mohnrosen und weißen Maßlieben übersäet.

Die Tische waren von Rosenholz; die Ecken von Lack von Coromandel.

Alles das war üppig beleuchtet von sechs rosarothen Wachskerzen, die in zwei Armleuchtern standen.

Ein liebliches Parfüm wogte in der Luft, vag und aller Beschreibungskunst spottend.

Es wäre unmöglich gewesen zu sagen, aus welcher Essenz es zusammengesetzt war.

Es war kein Parfüm, sondern eine Ausströmung.

An solchen balsamischen Ausflüssen erkennt der Held der Aeneis die Gegenwart seiner Mutter.

Geschoben von der Zofe, hatte Thibault einen Schritt im Zimmer gethan und war dann stehen geblieben.

Er hatte Alles mit einem Blick gesehen, Alles mit einem Athem eingesogen.

Alles war gleich einem Traumbild an seinen Augen vorübergegangen:

Die Hütte Agnelettes, die Stube der Müllerin, das Zimmer der Amtmännin.

Dann war alles das verschwunden, um dem entzückenden Liebesparadies Platz zu machen, in welches er so eben wie durch einen Zauber versetzt worden War.

Er zweifelte an der Wahrheit dessen, was er sah.

Er fragte sich, ob es wirklich Männer und Frauen gebe, denen das Glück so wohlwolle, daß sie sich solcher Wohnungen erfreuen dürfen.

Befand er sich nicht in einem Geisterschloß, in einem Feenpalast?

Was hatten denn diejenigen, die einer solchen Gunst genossen, Gutes gethan?

Was hatten denn diejenigen, die ihrer beraubt waren, Böses angerichtet?

Warum hatte er nicht, statt sich auf vierundzwanzig Stunden an die Stelle des Herrn Raoul von Vauparfond zu wünschen, vielmehr den Wunsch gethan, sein ganzes Leben lang das Hündchen der Gräfin zu sein?

Wie sollte er wieder Thibault werden, nachdem er das alles gesehen hatte?

So weit war er in seinen Betrachtungen gekommen, als das Toilettenzimmer aufging und die Gräfin zum Vorschein kam.

Dies war wirklich der Vogel dieses Zaubernestes, die Blume dieses balsamisch durchdufteten Bodens.

Ihre Haare, die aufgelöst und blos durch drei oder vier Diamantnadeln zusammengehalten waren, fielen auf der einen Seite über ihre Schulter hinab, während sie auf der andern, in eine einzige große Locke zusammengerollt, sich in ihrer Brust verloren.

Ihr geschmeidiger und biegsamer Leib, der von seinen Reifröcken erlöst war, zeichnete seine harmonischen Linien unter einem rosarothen und mit Stickereien übersäeten Tafftnegligé.

Ihre seidenen Strümpfe waren so fein und durchsichtig, daß man hätte glauben können, sie seien von feinem, perlmutterartigem Fleisch, aber keine Weberarbeit.

Ihre niedlichen Füßchen endlich steckten in Pantöffelchen von Silberstoff mit kirschrothen Absätzen.

Ganz und gar kein Schmuck.

Keine Armbänder, keine Fingerringe, sondern nur eine einreihige Perlenschnur um den Hals, aber welche Perlen! eines Königs Lösegeld.

Beim Anblick der strahlenden Erscheinung sank Thibault auf seine Kniee.

Er beugte sich, zermalmt unter diesem Luxus und dieser Schönheit, die unzertrennlich schienen.

»Ja, ja, sinket immerhin auf Eure Kniee, recht tief, noch tiefer; küsset meine Füße, küsset den Teppich, küsset die Erde, und ich werde Euch dennoch nicht verzeihen; Ihr seid ein Ungeheuer.«

»Wenn ich mich mit Euch vergleiche, schöne Herrin, so bin ich allerdings etwas noch Schlimmeres, als ein Ungeheuer.«

»Ja, ja, thut nur, als ob Ihr mich nicht recht verständet und glaubtet, ich wolle von Eurer physischen Erscheinung sprechen, während ich Euern Charakter im Auge habe; ja, allerdings müßtet Ihr ein Ungeheuer von Häßlichkeit sein, wenn Eure verrätherische Seele durch Euer Gesicht hervorschimmerte; aber nein, das ist nicht der Fall, sondern der Herr bleibt trotz all seiner Missethaten, trotz all seiner Schändlichkeiten, der schönste Edelmann von der ganzen Gegend. Wahrhaftig, Herr, Ihr solltet Euch schämen.«

»Der schönste Edelmann von der ganzen Gegend zu sein!« fragte Thibault, der aus dem Klang dieser Stimme wohl ersah, daß das Verbrechen, das er begangen hatte, nicht unverzeihlich war.

»Nein, mein Herr, sondern die schwärzeste Seele, das treuloseste Herz zu sein, das sich je unter einer goldenen Hülle verbergen konnte. Kommt, steht jetzt auf und legt mir Rechenschaft ab von Eurer Ausführung.«

Und die Gräfin reichte Thibault eine Hand, die zugleich Verzeihung anbot und einen Kuß forderte.

Thibault nahm die weiche Hand und küßte sie.

Nie hatten seine Lippen einen solchen Atlaß berührt.

Die Gräfin wies dem falschen Raoul einen Platz auf ihrer Causeuse an und setzte sich zuerst.

»Gebt mir seht Rechenschaft über das, was Ihr seit Eurem letzten Besuch gethan habt,« sagte sie.

»Theure Gräfin,« antwortete Thibault, »sagt mir zuerst, wann ich meinen letzten Besuch gemacht habe.«

»Ihr habt es also vergessen? Nun wahrhaftig, das ist nicht übel! man gesteht solche Dinge blos, wenn man durchaus einen Bruch herbeiführen will.«

»Im Gegentheil, theure Jana, dieser Besuch ist mir noch so gegenwärtig, daß ich meine, ich sei erst gestern da gewesen, und wenn ich auch alle meine Erinnerungen zusammenrufe, so habe ich seit gestern kein anderes Verbrechen begangen, als daß ich Euch liebe.«

»Recht schön gesagt, aber Ihr sollt Euch mit einem Compliment nicht aus der Schlinge ziehen.«

»Liebe Gräfin,« sagte Thibault, »wenn wir die Erklärungen aus später verschöben?«

»Nein, antwortet zuerst; ich habe Euch fünf Tage lang nicht gesehen. Was habt Ihr gethan? «

»Ich erwarte, daß Ihr es mir saget, Gräfin. Wie könnt Ihr verlangen, daß ich, bei meinem Unschuldsbewußtsein, mich selbst anklage?«

»Nun wohl, es sei! von Eurem langen Verweilen in den Gängen will ich gar nicht sprechen.«

»O doch, sprechen wir immerhin davon; wie könnt Ihr glauben, Gräfin, daß ich, während Ihr, der Diamant der Diamanten, mich erwartet, unterwegs eine falsche Perle aufheben würde?«

»Ach, mein Gott, die Männer sind so launisch, und Lisette ist so hübsch.«

»Nein, liebe Jane, aber begreifet doch, daß ich dieses Mädchen, da sie unsere Vertraute ist und alle unsere Geheimnisse weiß, nicht wie einen gewöhnlichen Dienstboten behandeln kann.«

»Wie lieblich muß es sein, sagen zu können: Ich hintergehe die Gräfin von Montgobert und bin der Nebenbuhler des Herrn Carmesin.«

»Nun denn, man wird sich nicht mehr in den Gängen aufhalten und Lisette nicht mehr küssen, vorausgesetzt, daß man sie je einmal geküßt hätte.«

»O, das ist noch Nichts.«

»Wie? soll ich noch ein größeres Verbrechen; begangen haben?«

»Woher kamet Ihr vorgestern Nacht, als man Euch auf der Straße zwischen Erneville und Villers-Coterets antraf?«

 

»Was? hat man mich aus der Straße angetroffen?«

»Ja, aus der Straße von Erneville; woher kamet Ihr?«

»Vom Fischfang.«

»Vom Fischfang?«

»Ja, man fischte in den Teichen von Berval.«

»Nun freilich, man weiß es ja, daß Ihr ein gewaltiger Fischer seid. Und welchen Aal habt Ihr in Eurem Netz heimgebracht? Ihr kamet zwei Uhr Morgens vom Fischfang zurück?«

»Ich hatte bei meinem Freund, dem Herrn Jean, dinirt.«

»Aus dem Schlösse Vez? Ich glaube vielmehr, daß Ihr die schöne Gefangene getröstet habt, welche der eifersüchtige Wolfsjäger eingesperrt halten soll. Doch ich verzeihe Euch auch noch das.«

»Ei wie! sollten noch ärgere Sünden vorliegen?« sagte Thibault, der sich zu beruhigen anfing, als er sah, wie leicht die Verzeihung selbst aus die schwerste Anklage folgte.

»Ja, auf dem Ball des Herrn Herzogs von Orleans…«

»Aufs welchem Ball?«

»Auf dem von gestern. Es ist noch nicht lange her.«

»Von gestern? Da habe ich Euch bewundert.«

»Ganz schön, nur war ich leider gar nicht da.«

»Und ist es denn nöthig, daß Ihr da seid, damit ich Euch bewundere? Und bewundert man nicht ebenso aufrichtig in der Erinnerung, als in der Gegenwart? Wenn Ihr sogar in Eurer Abwesenheit durch die Vergleichung sieget, so wird Euer Triumph da durch nur um so größer.«

»Ja, und um die Vergleichung bis aufs Aeußerste zu treiben, habt Ihr nicht weniger als viermal mit Frau von Bonneuil getanzt? Ist es denn etwas so Hübsches um diese rothgeschminkten Brünetten mit Augenbrauen wie die Chinesen auf meinem Windschirm und mit Schnauzbärten wie ein gemeiner Gardist?«

»Wißt Ihr, von was wir während dieser vier Contretänze gesprochen haben?«

»Es ist also doch wahr, daß Ihr viermal mit ihr getanzt habt?«

»Es muß wahr sein, da Ihr es saget.«

»Eine schöne Antwort!«

»Allerdings, denn wer möchte wohl einen so schönen Mund Lügen strafen? Ich nicht, denn ich würde ihn selbst dann noch segnen, wenn er mein Todesurtheil ausspräche.«

Und als erwartete er sein Urtheil, sank Thibault der Gräfin zu Füßen.

Im selben Augenblick flog die Thüre auf und Lisette stürzte athemlos vor Schrecken herein.

»Ach, Herr Baron!« sagte sie, »fliehet, der Herr Graf ist da!«

»Wie? der Graf?« rief die Gräfin.

»Ja, der Herr Graf in eigener Person und sein Rüdenknecht Lestocq.«

»Unmöglich!«

»Frau Gräfin, Carmesin hat sie gesehen, wie ich Euch sehe; der arme Junge war todesblaß.«

»He! diese Jagd aus Schloß Thury war also eine Schlinge?«

»Wer weiß, Madame? O, die Männer sind so perfid!«

»Was thun?« fragte die Gräfin.

»Den Grafen erwarten und ihn tödten!« sagte Thibault entschlossen, denn er war wüthend, daß diese neue Eroberung, die schönste von allen, nach denen sein Ehrgeiz je getrachtet hatte, ihm entgehen sollte.

»Ihn tödten! den Grafen tödten! Seid Ihr toll, Raoul? Nein, nein, Ihr müßt fliehen, Ihr müßt entspringen. Lisette! Lisette! führe den Baron durch mein Toilettenzimmer weg.«

Und Lisette verschwand im Cabinet, indem sie Thibault trotz seines Widerstandes fortschob.

Es war Zeit.

Man hörte Tritte auf der Hauptreppe.

Die Gräfin hatte nur noch Zeit, den falschen Raoul zu bitten, daß er sie lieben möge, was auch immer geschehe, und dann in ihr Schlafzimmer zu stürzen.

Thibault folgte Lisette.

Sie führte ihn rasch durch den Gang, dessen anderes Ende Carmesin bewachte.

Sie trat in ein Zimmer, von diesem in ein an anderes, von da in ein Cabinet.

Das Cabinet führte in ein Thürmchen.

Hier fanden die Flüchtlinge zum Hinabsteigen eine ähnliche Treppe, wie diejenige, welche sie her aufgekommen waren.

Nur war, als sie unten ankamen, die Thüre verschlossen.

Lisette ging, stets von Thibault gefolgt, wieder einige Stufen hinauf, trat in eine Art von Gesindestübchen, dessen Fenster auf den Garten sah, und öffnete das Fenster.

Es war bloß einige Fuß über dem Boden.

Thibault schwang sich hinaus und kam ohne die mindeste Verletzung unten an.

»Ihr wißt, wo Euer Pferd steht,« rief Lisette; »springet hinauf und galoppiret, bis Ihr in Vauparfond seid.«

Thibault hätte der Zofe gerne für ihre guten Rathschläge gedenkt, aber sie befand sich sechs Fuß über ihm, und er durfte keine Zeit verlieren.

Mit zwei Sprüngen erreichte er die Baumgruppe, unter welcher das Häuschen stand, das seinem Pferd als Stall diente.

Aber ob es auch noch da war?

Ein Gewieher beruhigte ihn in dieser Beziehung.

Inzwischen schien ihm dieses Gewieher so kläglich zu tönen.

Thibault trat in das Häuschen, streckte die Hände aus, berührte sein Pferd, nahm die Zügel. Zusammen und sprang ohne Hilfe der Steigbügel hinauf.

Aber das Pferd bog sich unter dieser Last, an welche es doch gewöhnt sein mußte.

Thibault stieß ihm die Sporen in den Leib, um es in den Gang zu bringen.

Das Pferd machte auch wirklich einen Ansatzversuch; aber kaum hatte es seine beiden Vorderbeine erhoben, als es von Neuem in das klägliche Gewieher ausbrach das Thibault bereits gehört hatte, und sich auf die Seite niederwarf.

Thibault zog rasch seinen Fuß unter ihm hervor, was ihm nicht schwer wurde, da das Thier all seine Kräfte aufbot, um sich aufzurichten, und so stand er also da.

Er begriff jetzt, daß der Graf, um seine Flucht zu verhindern, seinem Pferd die Häksen abgeschnitten hatte oder hatte abschneiden lassen.

»Ha, verdammter Hund!« sagte er, »wenn Du mir in den Wurf kommst, Graf von Montgobert, so schwöre ich, daß ich Dir die Häksen auch ab schneiden werde, wie Du sie diesem armen Thier abgeschnitten hast.«

Und er stürzte ins Freie.

Thibault erkannte den Weg wieder, auf welchem er gekommen war, und der ihn auch nach der Mauerlücke zurückführte.

Er ging schnell auf dieselbe zu, erreichte sie, kletterte über die Steine weg und befand sich außerhalb des Parkes.

Auf einmal erblickte er einen Mann, der unbeweglich und mit dein Degen in der Hand vor ihm stand.

Dissens Mann versperrte ihm den Weg.

Thibault erkannte den Grafen von Montgobert.

Der Graf von Montgobert glaubte Raoul von Vauparfond zu erkennen.

»Zieht vom Leder, Baron,« sagte» der Graf.

Jede Erklärung war unnütz.

Ohnehin war Thibault, welchem der Graf eine Beute entrissen, an die er bereites Klauen und Zähne angelegt hatte, nicht minder zornig als der Graf selbst.

Er zog nicht seinen Degen, sondern seinen Hirschfänger.

Die Klingen kreuzten sich.

Thibault war ein guter Stockfechter, verstand sich aber auf andere Waffen nicht.

Er war daher ganz erstaunt, als er, nachdem er seine Waffe instinctmäßig in die Hand genommen, sich ganz von selbst in die Parade legte und sich nach allen Regeln der Kunst deckte.

Der Graf that schnell hinter einander zwei oder drei Stöße, die er mit bewundernswürdiger Gewandtheit parirte.

»Ja, wahrhaftig,« murmelte der Graf, »man hat mir gesagt, daß Ihr beim letzten Affaut den St. Georges ausgeschmiert habt.«

Thibault wußte von keinem St. Georges.

Aber er fühlte in seinem Handgelenke eine solche Festigkeit und Elasticität, daß er den Teufel in eigener Person nicht gefürchtet hätte.

Bisher hatte er sich auf die Vertheidigung beschränkt.

Aber auf einmal sah er, daß der Graf in Folge einer schlechten Seconde sich eine Blöße gab, fiel also aus und stieß ihm die Schulter durch und durch.

Der Graf ließ seinen Degen sinken, brach mit seinem linken Fuß zusammen und fiel auf ein Knie, indem er rief: «

»Lestocq, hilf!«

Thibault hätte seinen Hirschfänger wieder einstecken und fliehen sollen.

Unglücklicher Weise erinnerte er sich seines Schwurs, daß er dem Grafen, wenn er ihm in den Wurf käme, die Kniekehlen abschneiden wolle, wie dieser seinem Pferde gethan hatte.

Er stach ihm also die schneidende Klinge unter das gebogene Knie.

Der Graf stieß einen Schrei aus.

Aber als Thibault sich wieder aufrichtete empfand er einen heftigen Schmerz zwischen beiden Schultern, dann fühlte er, daß ihm Etwas kalt durch die Brust drang. «

Dann sah er endlich oberhalb seiner rechten Brustwarze eine Degenklinge hervorkommen.

Dann sah er Nichts mehr als einen Strom von Blut.

Lestocq den sein Herr im Fallen um Hilfe angerufen, war herbeigeeilt und hatte den Augenblick, wo Thibault, nachdem er dem Grafen die Kniekehlen abgeschnitten, sich wieder aufrichtete, dazu benutzt, ihm seinen Hirschfänger zwischen die Schultern zu stoßen. «

XVII
Tod und Auferstehung

Die Morgenkälte rief Thibault ins Leben zurück.

Er versuchte aufzustehen, aber ein heftiger Schmerz hielt ihn wie angenagelt auf seinem Platze fest.

Er lag auf dem Rücken, hatte keine Erinnerung, und sah über sich Nichts als einen grauen, herab hängenden Himmel.

Mühsam legte er sich auf die Seite, richtete fiel auf seinen Ellbogen auf und schaute um sich.

Der Anblick seiner Umgebung gab ihm die Erinnerung an das Geschehene zurück.

Er erkannte die Maueröffnung wieder. er erinnerte sich an seine verliebte Zusammenkunft mit der Gräfin, an seinen hartnäckigen Zweikampf mit dem Grafen.

Drei Schritte von ihm war der Boden durch Blut geröthet.

Nur war der Graf nicht mehr da.

Ohne Zweifel hatte Lestocq, der ihm selbst diesen schönen Treff versetzt hatte, seinem Herrn ins Haus verholfen.

Ihn aber hatte man hier liegen lassen, auf die Gefahr hin, das; er wie ein Hund sterben könnte.

Alle Unglückswünsche, die man nur über seinen grausamsten Feind sprechen kann, lagen ihm auf der Zunge.

Aber seit Thibault nicht mehr Thibault war, und für die ganze Zeit, die er noch der Baron Raoul bleiben oder sich wenigstens unter seiner Hülle verstecken mußte, war seine ganze phantastische Gewalt verloren.

Er behielt die fremde Hülle bis neun Uhr Abends; nur fragte sich jetzt, ob er wohl noch solange lebte.

Thibault war sehr unruhig darüber, wenn er vorher stürbe.

Wer würde dann sterben: er oder der Baron Raoul? Es war auf den Einen so viel zu wetten, als auf den Andern.

Aber was Thibault am allermeisten ärgern, war das Bewußtsein, daß er sich dieses Unglück durch seine eigene Schuld zugezogen hatte.

Ei: erinnerte sich jetzt, daß er, ehe er sich gewünscht, vierundzwanzig Stunden lang der Baron Raoul zu sein, sich ungefähr folgendermaßen ausgesprochen hatte:

»Ich müßte lachen, Raoul, wenn der Graf von Montgobert Dich überraschte, dann ginge es nicht ab, wie gestern bei dein Amtmann Magloire, und es würde auf beiden Seiten Degenstöße absetzen.«

Thibaults erster Wunsch war, wie man sieht, ebenso getreulich in Erfüllung gegangen wie der zweite, und es hatte wirklich auf beiden Seiten Degenstöße abgesetzt

Erst nach unerhörten Anstrengungen und unter schrecklichen Schmerzen gelang es Thibault. sich auf ein Knie zu erheben.

In dieser Haltung bemerkte er in einem Hohlweg Leute, die auf den Markt von Villers-Coterets gingen.

Er versuchte zu rufen.

Aber das Blut strömte ihm in den Mund und erstickte ihn..

Er steckte seinen Hut auf seinen Hirschfänger und machte Zeichen wie ein Schiffbrüchiger.

Aber die Kräfte gingen ihm von Neuem aus, und er sank bewußtlos auf den Boden zurück.

Gleichwohl schien es ihm nach einiger Zeit, als ob sein Bewußtsein wieder erwachte.

Ihn däuchte, sein Körper befinde sich in einer Art von Schwankung, derjenigen ähnlich, der man in einem Nachen ausgesetzt ist.

Er schlug die Augen auf.

Bauern hatten ihn gesehen, und ohne ihn zu kennen, hatten sie aus Mitleid mit dein schönen jungen Mann, der in seinem Blute schwamm, von Baum Zweigen eine Tragbahre verfertigt, auf welcher sie ihn nach Villers-Coterets trugen.

Aber in Puiseux fühlte sich der Verwundete unfähig, die Bewegung noch länger auszuhalten.

Er bat, man möchte ihn bei dem ersten besten Bauern unterbringen, wo er warten wolle, bis man ihm einen Arzt schicke.

Die Träger brachten ihn zum Pfarrer.

Thibault zog zwei Goldstücke aus Raouls Börse und gab sie den Bauern für die Mühe, die sie bereits gehabt hatten und noch haben würden.

Der Pfarrer sprach gerade die Messe.

Als er nach Hause kam, erhob er ein lautes Geschrei.

Raoul selbst hätte kein besseres Spital wählen können.

Der Pfarrer von Puiseux war früher Hauslehrer in Vauparfond gewesen und hatte Raouls erste Erziehung geleitet.

Gleich allen Landpfarrern verstand er Etwas von der Medicin oder glaubte wenigstens Etwas zu verstehen.

Er untersuchte die Wunde seines ehemaligen Schülers.

 

Die Klinge war unter dem Schulterblatt eingedrungen, hatte die rechte Lunge durchstoßen und war vorn, zwischen der zweiten und der dritten Rinde, wieder herausgekommen.

Er verhehlte sich die Bedenklichkeit der Wunde keineswegs.

Dennoch wollte er Nichts sagen, bis der Doktor käme.

Dieser kam und untersuchte die Wunde.

Er schüttelte trostlos den Kopf.

»Wollt Ihr ihm nicht zur Ader lassen?« fragte der Priester.

»Warum?« erwiederte der Arzt. »Im Augenblick der Verwundung hätte das zweckmäßig sein können, aber jetzt wäre es gefährlich, irgend eine Bewegung im Blut herbeizuführen. «

»Was haltet Ihr von dein Verwundeten?« fragte der Geistliche, welcher dachte, je weniger es für den Arzt zu thun gebe, um so mehr bleibe für den Priester zu thun.

»Wenn die Wunde ihren gewöhnlichen Verlauf nimmt,« sagte der Doctor mit gedämpfter Stimme, »so wird der Patient vermuthlich den heutigen Tag nicht überleben.«

»Ihr gebt ihn also verloren?«

»Ein Arzt gibt nie Jemand verloren, oder wenn er es thut, so überläßt er immer noch der Natur das Begnadigungsrecht; es kann sich ein Blutklumpen bilden und den Blutfluß schnell stillen, ein Husten kann den Blutklumpen zum Aufbrechen bringen, und der Blutfluß kann den Kranken tödten.«

»Ihr glaubet also, daß es meine Pflicht sei, den armen Jungen auf den Tod vorzubereiten?« fragte der Pfarrer.

»Ich glaube,« antwortete der Arzt mit Achselzucken, »daß Ihr weit besser thätet, ihn Jetzt in Ruhe zu lassen; erstens weil er in diesem Augenblick ein geschlafen ist und Euch nicht hören wird, dann später, weil er in Fieberwahnsinn verfallen und Euch nicht verstehen wird.«

Der Doctor täuschte sich.

Trog seines Schlummers hörte der Verwundete dieses Gespräch, das in Betreff seines Seelenheils beruhigender war, als in Betreff seiner leiblichen Gesundheit.

Wie viel sagt man nicht vor dem Kranken, in der Meinung, er höre es nicht, während ihm kein Wort entgeht!

Dann kam auch diese Schärfe des Gehörsinns daher, daß Thibaults Geist es war, der in Raouls Leib machte.

Wäre es der Geist dieses Körpers gewesen, so würde er den Einfluß dieser Wunde vielleicht mit größerer Sympathie ertragen haben.

Der Arzt legte einen Verband auf die Rückenwunde. Die Brustwunde ließ er offen, befahl aber, ein in Eiswasser getauchtes Stück Leinwand darüber zu halten. Dann ließ er etliche Tropfen eines beruhigenden Getränkes in ein Glas Wasser fallen und empfahl dem Pfarrer, dem Kranken einen Löffel voll davon einzugehen, so oft er zu trinken verlangen würde. «

Nach diesen Vorsichtsmaßregeln entfernte sich der Doctor mit dem Versprechen, am nächsten Tag wiederzukommen, obschon er sehr fürchte, daß dies ein unnützer Gang sein möchte.

Thibault hätte gerne ein Wort drein reden und seine eigene Ansicht aussprechen mögen; allein sein Geist war wie gefangen in diesem sterbenden Körper und unterlag unwillkührlich dem Einfluß dieser Kerkerhaft.

Gleichwohl hörte er, wie der Geistliche zu ihm sprach ihn schüttelte und aus seiner Schlafsucht zu wecken bemüht war.

Dies ermüdete ihn sehr.

Es war ein großes Glück für den würdigen Pfarrer, daß Thibault, da er eigentlich nicht mehr vorhanden war, seine phantastische Gewalt verloren hatte, denn mehr als zehnmal wünschte ihn der Verwundete in Gedanken zu allen Teufeln.

Bald däuchte es ihn, als schiebe man ihm glühende Kohlen unter die Füße, unter die Lenden, unter den Kopf.

Sein Blut begann sich zu regen, dann in Wallung zu kommen, wie Wasser über dem Feuer.

Er fühlte, wie alle seine Ideen sich verwirrten.

Seine geschlossenen Kinnbacken öffneten sich, seine gebundene Zunge löste sich; einige Zusammenhangslose Worte kamen hervor.

»Ah! ah! Ah!« sagte er, »das ist es wahrscheinlich, was der wackere Doktor Fieberwahnsinn nennt.«

Dies war, für den Augenblick wenigstens, seine letzte lichte Idee.

Sein ganzes Leben – und in Wahrheit konnte nur seit der Erscheinung des schwarzen Wolfes von einem solchen die Rede sein – zog an ihm vorüber.

Er sah sich, wie er den Damhirsch verfolgte und fehlte.

Er sah sich an die Eiche gebunden und mit Riemenhieben mißhandelt.

Er sah sich, wie er mit dem schwarzen Wolf den Vertrag abschloß, dem er sich nicht mehr entziehen konnte.

Er sah sich, wie er den höllischen Ring an Agnelettes Finger zu stecken versuchte.

Er sah sich, wie er die rothen Haare auszuraufen versuchte, die jetzt bereits den dritten Theil seines Kopfes einnahmen.

Er sah sich, wie er zu der schönen Müllerin ging, wie er Landry begegnete, wie er sich seines Nebenbuhlers entledigte, wie er von den Knechten und Mägden verfolgt wurde, und wie die Wölfe ihm das Geleite gaben.

Er sah sich, wie er die Bekanntschaft: der Frau Magloire machte, wie er ihr zu Liebe auf die Jagd ging, wie er das erbeutete Wild essen half, wie er sich hinter den Vorhängen ihres Schlafzimmers versteckte, wie er von Herrn Magloire entdeckt, von Herrn Jean verhöhnt, von allen drei hinausgewiesen wurde.

Er sah sich in seinem hohlen Baum, um welchen seine Wölfe sich gelagert hatten, während Eulen und Käuze auf seinen Zweigen saßen.

Er sah sich, wie er lauschte, wie er die Geigen- und Hoboetöne hörte, wie er den Kopf aus seinem Loch hervorstreckte, wie er Agnelette und die lustige Hochzeit vorüberziehen sah.

Er sah sich als Raub der wüthendsten Eifersucht, die er durch Saufen zu bekämpfen versuchte; in seinem wirren Hirn tauchten Francois, Champagne und der Wirth auf; er hörte den Baron Raoul hinter sich her galoppiren, er fühlte, wie er umgestoßen wurde und sich im Koth wälzte.

Von da an sah er sich selbst, Thibault, nicht mehr.

Er sah nur noch den schönen Ritter, dessen Gestalt er angenommen hatte.

Er faßte Lisette um den Leib.

Er berührte mit seinen Lippen die Hand der Gräfin.

Dann wollte er fliehen, befand sich aber auf einer Kreuzstraße, wo nur drei Wege waren.

Jeder derselben wurde von einem seiner Opfer bewacht:

Der erste vom Gespenst eines Ertrunkenen: dies war Markotte;

Der zweite von einem Fieberkranken, der in einem Spital auf den Tod lag: dies war Landry;

Der dritte von einem Verwundetem der sich auf einem Knie fortschleppte und vergebens all seine Kraft aufbot, um sich auf seiner abgeschnittenen Kniekehle wieder aufzurichten: dies war der Graf.

Es däuchte ihn, er erzähle das alles, so wie es an seinen Augen vorüberzog, und der Priester welchem er diese seltsame Beichte ablege, sei dem Tode noch näher, noch blässer und unruhiger als der Beichtende selbst; gleichwohl wolle er ihm die Absolution ertheilen, aber er verschmäthe sie, schüttle den Kopf und rufe mit einem fürchterlichen Lachen:

»Keine Absolution! ich bin verdammt! ich bin verdammt! ich bin verdammt!«

Und mitten in diesem Fieberwahnsinn, mitten in dieser Verblendung und Narrheit, hörte Thibaults Geist die Stunden auf der Uhr des Pfarrers schlagen und zählte sie.

Nur schien es ihm, diese Uhr habe riesige Verhältnisse, ein Zifferblatt, das nichts Anderes sei als das blaue Himmelsgewölbe, die Stundenzahlen auf diesem Zifferblatt seien Flammen, die Uhr nenne sich Ewigkeit, und der riesige Schwängel, der sie in Bewegung setze, sage bei jedem seiner Stöße, das eine Mal:

»Nie!«

Das andere Mal:

»Ewig!«

So hörte er zu allen Stunden des Tages.

Es schlug neun Uhr Abends.

Um halb zehn wurden es vierundzwanzig Stunden, seit er Raoul und Raoul Thibault war.

Beim legten Nachklang von neun fühlte er, wie dieses ganze Fieber ihn verließ, worauf eine Empfindung von Kälte folgte, die sich bis zu Frostschauer steigerte. Er schlug zitternd die Augen auf, erkannte den Pfarrer, der vor seinem Bette kniete und das Sterbegebet betete, und sah, daß die wahre Uhr auf ein Viertel über neun deutet.

Nur hatten seine Sinne eine solche Feinheit gewonnen, daß er den großen und sogar den kleinen Zeiger gehen sah, so unmerklich auch ihre Bewegung in Wirklichkeit war.

Beide schritten auf die verhängnißvolle Stunde halb zehn zu.

Kein Licht fiel auf das Zifferblatt, aber es schien von einem innern Licht beleuchtet zu werden.

Je näher der große Zeiger gegen Nr. 6 kam, um so heftigere Krämpfe beklemmten die Brust des Kranken.

Seine Füße waren eisig, und die Kälte stieg langsam, aber ohne anzuhalten, von den Füßen in die Kniee, von den Knieen in die Schenkel, von den Schenkeln in die Eingeweide.

Der Schweiß floß über seine Stirne.

Er hatte weder die Kraft, ihn abzutrocknen, noch zu bitten, daß man ihn abtrocknen möchte.

Er fühlte, daß, es der Angstschweiß war, der mit jedem Augenblick mehr zum Todesschweiß wurde.

Alle Arten von wunderlichen Gestalten, die nichts Menschliches hatten, wogten vor seinen Augen.

Das Licht zersetzte sich.

Es däuchte ihn, als ob Fledermausflügel seinen Körper emporhöben und in eine Dämmerung trügen, die weder Leben noch Tod war, aber von Beiden Etwas hatte.

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