Бесплатно

Der Graf von Moret

Текст
0
Отзывы
iOSAndroidWindows Phone
Куда отправить ссылку на приложение?
Не закрывайте это окно, пока не введёте код в мобильном устройстве
ПовторитьСсылка отправлена

По требованию правообладателя эта книга недоступна для скачивания в виде файла.

Однако вы можете читать её в наших мобильных приложениях (даже без подключения к сети интернет) и онлайн на сайте ЛитРес.

Отметить прочитанной
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

»Was die Mittel zu Euren Reisen anbelangt. so findet Ihr darunter auch eine erkleckliche Anzahl guter und echter Wechsel von Monsieur Bullion ausgestellt, Uebrigens hoffe ich, daß Ihr ohnehin bald die Million des Herrn Grafen von Urbano erben werdet, fürwahr eine Morgengabe, welche selbst ein Anton von Bourbon nicht verschmähen würde.«

Die Gräfin von Urbano seufzte tief auf und sagte:

»Eminenz, Ihr seid grausam, indem Ihr diese Hoffnung von Neuem in meinem Herzen anfacht.«

»Befolgt pünktlich diese Instructionen und diesen Hoffnungen werden Thatsachen entgegenkommen.«

Mit diesen Worten reichte der Cardinal der in einen spanischen Cabalero verwandelten Gräfin von Urbano ein engbeschriebenes Blatt Papier. Die Gräfin, oder wie wir sie in Zukunft nennen werden. Sennor de Lerida, steckte es zu sich.

Richelieu öffnete indeß die Thür nach den Antichambren und rief nach Latil, der sogleich eintrat.

»Stephan, kennst Du diesen Cabalero?« frug der Cardinal.

Der Gascogner betrachtete eine Weile aufmerksam den Sennor de Lerida und nickte dann verneinend mit dem Kopfe.

»Du wirst diesen Cabalero durch einige Zeit auf seinen Reisen begleiten. Du bürgst mir für seine Sicherheit; morgen Früh hast Du bereit zu sein, mit ihm aufzubrechen.« sagte der Cardinal.

»Ich hoffe, Herr von Latil, dieser berühmte Fechter, wird mich in seiner Kunst vervollkommnen; bis jetzt bin ich nur ein Stümper,« bemerkte Sennor de Lerida.

»Teufel!« brummte Latil »diese Stimme ist mir etwas bekannt.« Er fixirte nochmals scharf den Sprecher, kam aber dadurch zu keinem Resultate.

»Es ist die Gräfin von Urbano, die ich deinem Schutze anvertraue,« bemerkte Richelieu, »und es freut mich, daß selbst dein scharfes Auge «an ihrer Maske irre wurde.«

»Begleitet uns Jacintha?« frag Latil höchst gespannt.

»Ich sehe keinen Grund ein. warum deine Frau Dich nicht begleiten sollte.«

»Meine Frau, Eminenz!« rief der Gascogner höchst erstaunt.

»Ja, Deine Frau, Deine rechtmäßige Frau von heute Abends an. Charpentier wartet mit ihr bereits in meiner Hauscapelle; Pater Lecordaire wird Euch einsegnen, die versprochene Ausstattung, der ich noch Einiges hinzugelegt habe, wird Dir Charpentier einhändigen.«

Der überglückliche Latil stürzte zu Richelieus Füßen, der ihm die Hand zum Kusse reichte. ihn leicht auf den Kopf schlug und in höchst gnädigem Tone sagte:

»Ich war mit Dir bisher zufrieden, Stephan, und ich hoffe es auch in Zukunft zu sein.«

Nur wenige Menschen vermochten sich zu rühmen, daß der strenge Cardinal-Minister je ihnen seine Zufriedenheit in solchen Ausdrücken bezeigt habe. In der Regel pflegte er die ihm geleisteten Dienste nur mit schnödem Golde abzulohnen.

»Ich will,« begann der Cardinal nach einer Weile wieder, »daß Du und Sennor de Lerida als Edelleute, die Ihr auch wirklich, seid, auftretet. Ihr werdet also eine vertraute Zofe für Jacintha und zwei Diener im Gefolge haben. Besorgt Alles heute noch, denn morgen Früh müßt Ihr Paris im Rücken haben. An Pferden nimm Dir aus meinem Stalle, was Du brauchst.«

»Jacintha reitet auf meiner guten Ninon and ich nehme den Andalusier, den mir der Graf von Moret geschenkt —«

»Nein, nein! « rief Sennor de Lerida hastig. »verlangt für dieses Pferd, was Ihr wollt, Latil, aber überlaßt es mir.«

»Gut, gut,« entgegnete Latil, »wenn ich Ninon nicht reiten kann, steht mir jeder andere Klepper zu Gesicht; doch jetzt, mit Eurer Eminenz Erlaubniß, eile ich zum Altare und dann in den Stall. Was die Zofe anbelangt, so ist sie schon gefunden. Jacinthas Schwester weilt seit vierzehn Tage in Paris.«

»Wird sie nöthigenfalls auch bereit sein sich zu opfern, wie es Jacintha gethan? « frug schmunzelnd der Cardinal.

. »Ich hoffe, daß diese Tugend in ihrer Familie liegt,« erwiderte Latil und eilte rasch davon.

»Es ist selbstverständlich,« begann der Cardinal, als Latil sich entfernt hatte. »daß Ihr in Eure Wohnung in der Rue de Moussetard nicht mehr zurückkehren dürft-. Jacintha wird dort allein alles Nöthige besorgen. Ihr selbst miethet Euch für heute Nacht in der Rue de l'Homme in Meister Soleil's Wirthschaft »zum gefärbten Barte« ein und bestellt den Hochzeitsschmaus für Latil und seine junge Frau. In diesem Augenblicke wird die Ceremonie wohl schon vorüber sein. In zwei-Stunden ist ein Kerl wie er, mit allen Vorbereitungen zu Eurer Reise ganz im Reinen. Und nun Gott befohlen, mein schöner Cabalero.«

Die Gräfin von Urbano küßte ehrerbietigst die ihr von Richelieu dargereichte Hand und zog sich zurück.

Als der Cardinal wieder allein war, murmelte er vor sich:

»Dieser neugebackene Hidalgo wird mir in ein paar Jahren vortreffliche Dienste in der Affaire leisten, die ich in Catalonien anzuzetteln gedenke. – Ich entbehre Latil jetzt sehr ungerne, aber in zwei bis drei Monaten wird Mathilde sich wohl schon hinlänglich in ihre neue Rolle gefunden haben, um dann ihre abenteuerlichen Irrfahrten hinter dem Grafen von Moret her auf eigene Faust fortsetzen zu können.«

XII.
Vorpostengefechte

Mehrere Monate sind seit dem Tage verflossen, als der Cardinal den Cabalero de Lerida mit der Aufgabe betraute, dem Grafen von Moret den Stoff zu einer neuen Odysse zu liefern.

Und dieser Aufgabe war der Cabalero bisher redlich nachgekommen, denn am 10. November des Jahres 1630 hätten Alle die Kreuz, Quer, und Irrfahrten, zu welchen der moderne Ulysses durch die schlauen Kniffe seiner unsichtbaren Begleiter bei seinem unermüdlichen Bestreben. Isabella von Lautrec aufzufinden, verleitet worden war, bereits mehr als 11.668 Verse erfordert, so viele zählt nämlich die Odyssé, falls ein zweiter Homer die Besingung seiner Leiden und zahllos getäuschten Hoffnungen unternommen haben würde.

Wir bedauern, daß es uns nicht vergönnt ist. dem Scharfsinne der Gräfin von Urbano, womit sie es verstand den Grafen von Moret jedes mal von der rechten Spur seiner, Penelope abzubringen, wenn er diese schon mit den Händen zu greifen wähnte, volle Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Die Abenteuer, welche Cabalero de Lerida sich und dem unglücklichen Bräutigam von Anfangs Juni bis Ende October theils absichtlich bereitete, theils unwillkürlich zuzog, würden, erschöpfend dargestellt, mehrere Bände füllen, also schon an und für sich allein den Umfang dieses Werkes weit überschreiten. – Wir müssen daher den rothen, streng historischen Faden, der sich durch unsere beabsichtigte Illustration der Geschichte Frankreichs in der Periode vom Jahre 1628 bis zum Jahre 1642 fortzuspinnen hat, wieder zur Hand nehmen und folgerichtig uns wieder nach Ludwig XIII. und nach den beiden Königinnen umsehen.

Die Waffenruhe, welche des Königs Krankheit und seine sehr lange Rekonvaleszenz mit sich gebracht hatte. war zu Ende. – Der Kampf um die Suprematie mußte nunmehr wieder binnen kürzester Zeit entbrennen.

Der König war seit vier Wochen, wenn auf diesen entnervten Körper und auf diese schlaffe Seele überhaupt der Ausdruck gesund passen konnte, es wieder insoweit, daß dem Leibarzte Bouvard jeder Vorwand fehlte, die bisherige Isolirung seines Patienten noch weiter zu erstrecken.

Ludwig XIII. begab sich mit dem Augenblicke, als er von der ärztlichen Obhut emancipirt wurde, von Fontainebleau nach dem Louvre. Die beiden Königinnen bezogen den Luxembourg.

Für Richelieu bedeutete Letzteres ebensoviel als für einen erfahrenen General die Nachricht, daß der Feind nach einer schon festbestimmten Ordre de bataille seinen Aufmarsch vollziehe. Fünf, sechs Tage und die Hauptschlacht muß dann geliefert werden. – Dabei hatte er eine noch neutrale Großmacht, den König, in der Flanke und Niemand konnte für den Augenblick bestimmen, welcher der kriegführenden Parteien er in der Entscheidungsstunde sich als Alliirter anschließen werde.

Der Cardinal, welcher jetzt wieder beinahe täglich bei dem Könige vorsprechen mußte, vernahm aus seinem eigenen Munde fast jedes mal eine oder die andere Andeutung, wie sehr er eine wahre und dauernde Aussöhnung des Cardinals mit den Königinnen wünsche.

Wie aber Richelieu schon in seinem, im vorletzten Capitel mitgetheilten Monologe klar angedeutet hatte, war eine solche Versöhnung geradezu unmöglich. Die Feindschaft zwischen dem Cardinal und Maria von Medicis beruhte nur theilweise und nebensächlich auf persönlicher Abneigung, denn sie war eigentlich nichts als die naturgemäße Consequenz zweier ganz unvereinbarer Gegensätze, nämlich des Principienkampfes der Cardinalpolitik, welche nichts im Auge hatte als Frankreichs Größe und Zukunft und diesem Zwecke sogar die religiösen Interessen unterordnete, mit der Haus- und Familienpolitik der Königinnen, welche wohl französisch sprachen, aber nicht französisch dachten und fühlten. Maria von Medicis war noch immer Italienerin und Anna von Oesterreich noch immer Spanierin so gut, als ob sie erst gestern die Paläste ihrer Väter in Florenz und Madrid verlassen hätten.

Wie sehr die letzte Krankheit den ohnehin schwachen Geist Ludwigs XIII. mitgenommen hatte, bewies wohl am besten seine Selbsttäuschung über die Möglichkeit einer Aussöhnung des Cardinals mit den Königinnen, namentlich mit Maria von Mediris, denn Anna von Oesterreich sank in den Händen der schlauen Italienerin immer mehr und mehr zur politischen Marionette herab und Fräulein von Hautefort war bereits derart in die Intriguen ihrer hohen Gönnerinnen verstrickt, daß, so sehr sie das Unwürdige ihrer Rolle erkannte und so wenig Liebe sie eigentlich für den in jeder Beziehung unmännlichen König fühlte, es ohne eine fremde, mächtige Beihilfe für sie ganz und gar unmöglich geworden war, sich aus dem Zustande ihrer Erniedrigung je wieder emporzuarbeiten.

Fräulein von Hautefort besaß ungeachtet ihrer großen

Jugend – seit Kurzem war sie erst in das siebzehnte Lebensjahr getreten – einen sehr durchdringenden und reifen Verstand und vor Allem war sie Französin mit Leib und Seele. Sie, die den geheimsten Conferenzen der Königinnen beizuwohnen pflegte, schmerzte es daher jedesmal, so oft sie die Anschläge erfuhr, welche die italienisch-spanische Camarilla unter dem Präsidium von Maria von Medicis gegen die Wohlfahrt und den Ruhm Frankreichs schmiedete, wenn dort der Segen auf die Waffen der Feinde vom Himmel herabgefleht, die fürchterlichsten Anathemas gegen den Cardinal-Minister ausgestoßen und die Interessen Roms ungescheut und überall jenen des liliengezierten Thrones vorgezogen wurden.

 

Ohne es zu wissen und zu wollen, lernte hierdurch Fräulein von Hautefort die Tendenzen und die Tragweite der Politik des verlästerten Richelieu kennen und – hochachten.

Die Verstimmung, welche den ohnehin stets mißmuthigen und mit der tödtlichsten Langweile ringenden König seit einiger Zeit in erhöhtem Maße beherrschte, hatte mehrfache Ursachen.

Vom Kriegsschauplatze in Italien liefen fortwährend die >ungünstigsten Nachrichten ein. Mantua war von dem österreichischen General Colalto gestürmt und auf eine Weise behandelt worden, welche dem Schicksale des unglücklichen Magdeburg wohl nichts nachgab. Die äußersten Anstrengungen der venetianischen Republik, den Fall Mantuas zu verhindern, blieben erfolglos; die zum Entsatze anrückende Armee wurde von den Kaiserlichen vollständig vernichtet. Der Herzog entkam sammt seinen Kindern mit genauer Noth auf päpstliches Gebiet.

Mantua, in welchem Hunger und Pest bereits zwei Dritttheile der Besatzung und der Bevölkerung hinweggerafft hatten, wurde mit Sturm genommen und der Plünderung preisgegeben. Kein Haus blieb verschont, sämmtliche Kirchen und Klöster wurden ausgeraubt und die schrecklichsten Gräuel sogar an wehrlosen Nonnen verübt.

Das Palais des Herzogs von Mantua sammt allen seinen zahllosen Kunstschätzen von seltenem Werthe wurde von Grund auf zerstört. Die Beute war eine ungeheure. Ein einzelner Soldat. welcher 24.000 Goldstücke erbeutet hatte, verspielte selbe noch am nämlichen Tage. Colalto ließ ihn hängen, nicht weil er geplündert, sondern weil er sein Glück mißbraucht hatte.

Der beispiellose Uebermuth des Siegers forderte den Zorn des Himmels heraus. Die Pest riß unter den kaiserlichen Truppen ein und vernichtete sie fast gänzlich. Die Eroberung Mantuas war in der That der letzte Erfolg, den Kaiser Ferdinand II. auszuweisen vermochte; von da an ging es mit Oesterreich in Riesenschritten abwärts.

An dem Falle Mantuas war jedenfalls auch die große Talentlosigkeit des Marschall von Marillac Schuld, welchem Richelieu, als er nach Paris zurückkehrte, das Obercommando in Italien übergeben gehabt hatte. Absichtlich oder aus unverzeihlicher Nachlässigkeit versäumte er es, die Ersatzarmee der Venetianer rechtzeitig zu unterstützen.

Der zweite Grund von Ludwig XIII. vermehrter Melancholie lag in seinen Beziehungen zu Fräulein von Hautefort, welche ihm ganz gegen den Willen der Königinnen absichtlich, seit er in Paris wieder zugänglich geworden war, auswich und wo dies durchaus nicht thunlich erschien, stets ihr Beisammensein selbst vor Zeugen mit einer gewissen Hast abkürzte. Eine offene, unumwundene Erklärung, ein vertrauteres Verhältniß zwischen ihr und Ludwig XIII. hatte bis zu dessen Erkrankung noch nicht stattgefunden, und jetzt nach seiner Genesung schien Fräulein von Hautefort durchaus nicht geneigt eines von Beiden oder Beides herbeizuführen. Zu dieser ihrer immer deutlicher an den Tag tretenden Abneigung gegen den König trug nicht nur ihr oben geschilderter Seelenzustand, sondern auch sehr wesentlich die von Richelieu veranlaßte »Correctur« ihrer Correspondenz bei, denn diese Correctur, über deren Wesen der Leser bereits einigen Aufschluß erhalten hat, zielte sehr geschickt dahin ab, der Favoritin zu Gemüth zu führen, daß sie sich durch ihre Beziehungen zu einem wankelmüthigen und farblosen Charakter wie der König in den Augen der ganzen Welt lächerlich mache und am Ende in seiner Gunst nicht höher stehe, als dieser oder jener seiner Lieblingshunde oder Edelfalken.

Die dritte Ursache, warum der König mehr denn je im düsteren Dahinbrüten seine Zeit verbrachte, war Richelieus Harthörigkeit. so oft er ihm seinen Wunsch, sich mit den Königinnen zu versöhnen, ausdrückte.

Sobald Ludwig XIII. auf dieses Thema zu sprechen kam, hatte der Cardinal-Minister stets eine solche Unmasse von höchst wichtigen Vorträgen in der Tasche, daß der König, nachdem er ihm eine Weile zugehört, stets schließlich, seine noch immer geschwächte Gesundheit vorschützend sich alsbald in seine innersten Gemächer zurückzog und die nächsten paar Tage dann für gar Niemanden, nicht einmal für seinen Spaßmacher L'Angely, sichtbar wurde.

Es war am 10. November des Jahres 1630, daß der König aus dem eben angedeuteten Anlasse wieder einmal, bereits seit dreimal vierundzwanzig Stunden, die Rolle eines Eremiten, inmitten des geräuschvollen Louvre. gespielt hatte.

Gleich nach dem Frühstücke, das er heute mit besserem Appetite als schon seit langen verzehrte, ließ er Bouvard, seinen Leibarzt, rufen.

Dieser hatte leider die Gewohnheit seines im Lager zu La Rochelle verstorbenen Vorgängers Hérouard, über den König ein eigenes Tagebuch zu führen, entweder nicht angenommen oder ist uns dasselbe spurlos verlorengegangen.

Hérouard's Tagebuch, dessen bereits Erwähnung geschah, existirt wirklich und bildet für eine Biographie Ludwigs XIII. ein höchst wichtiges Hilfswerk, so daß die bisherige Unterlassung von dessen Drucklegung wirklich befremden muß.

Für den Fall, daß ein Liebhaber sich dazu fände, wollen wir einige nähere Daten über das in Rede stehende sonderbare und in seiner Art einzig dastehende Sammelwert, welches wir an Ort und Stelle fleißig durchgesehen haben, liefern. Es befindet sich in der kaiserlichen Bibliothek zu Paris als Manuskript in sechs Foliobünden unter der Nr. 21.448 und führt den etwas langen Titel: »Ludovicotrophie, oder Tagebuch von dem Befinden und Thun Ludwigs Dauphins von Frankreich, der später König Ludwig XIII. war, von dem Augenblicke seiner Geburt, bis zum 30. Jänner 1625, von Johann Hérouard, erstem Leibarzte.«

Eines-Anmerkung auf der letzten Seite des sechsten Folianiten sagt:

»Hier endigt das Tagebuch über das Leben Ludwig XIII. in sechs Bänden, von seiner Geburt bis zu diesem Tage, genau geführt von Herrn Johann Hérouard, Herrn von Vaugrigneuse, der zu Vitré im Lager vor La Rochelle am 29. Jänner 1628 erkrankte und am 8. Februar darauf starb im Dienste des Königs, seines Herrn, dessen Gesundheit er sich ganz gewidmet hatte, im Alter von achtundsiebzig Jahren. Sein Leichnam ruht in der Kirche zu Vaugrigneuse.« —

Hérouard's Nachfolger, Herr Bouvard, trat alsbald ein.

Mit einer bei ihm ganz ungewöhnlichen Lebhaftigkeit ging der König seinem Leibarzte entgegen.

»Eure letzte Mixtur hat mir wirklich gut bekommen, ich fühle mich heute so wohl, ja unternehmend möcht ich sagen, und heute thut es mir wahrlich Noth zu dem, was ich vorhabe – ich muß endlich heute mit dem Cardinal ein ernstes Wort sprechen. Bouvard, könnt Ihr mir nicht noch etwas von diesem Tranke geben?«

»Gott bewahre, Majestät!« rief Bouvard »was jetzt Eure Nerven wohlthuend stärkt, würde sie nur überreizen und schwächen, falls Ihr davon über das Maß genießt. Vor übermorgen dürfen wir die Dosis nicht wiederholen.«

»Nun gut, erwiederte der König, der schon von Jugend auf gewohnt war, sich den Geboten seiner Leibärzte mit sclavischem Gehorsame zu fügen, »nun gut, verfügen Wir Uns in den Empfangssaal, der Cardinal wird dort bereits Unserer harren.«

Ludwig XIII., der im Geheimen befürchtete, daß der Anflug von Energie, der ihn überkommen, sich verflüchtigen könnte, noch bevor er mit Richelieu zusammentraf, eilte mit hastigen Schritten aus seiner »Clausur«, denn diesen klösterlichen Ausdruck verdiente das dunkle, abgeschiedene, stille Gemach, in welchem er die letzten drei Tage vertrauert hatte.

Wie der König bemerkt hatte, wartete der Cardinal-Minister bereits im Empfangssaale.

Auf einen Wink Ludwigs XIII. entfernten sich aus demselben alle übrigen Anwesenden, so daß er mit Richelieu allein zurückblieb.

Nachdem der Cardinal vor seinem Monarchen sich tief verneigt hatte, langte er verschiedene Schriftstücke aus seiner Tasche, als wolle er sich zu einem allerunterthänigsten Vortrage bereit machen.

»Laßt das, laßt das für heute,« rief der König rasch und machte dabei mit der Hand eine entschieden abwehrende Bewegung, »ich genehmige im Voraus und ungesehen Alles. Ich weiß, daß Frankreich in Euren Händen in guten Händen sich befindet und darum schmerzt es mich doppelt, daß Ihr hartnäckig meinem Wunsche aus dem Wege geht, auch nur einen einzigen Schritt zu Eurer Versöhnung mit den Königinnen entgegenzuthun.«

»Jeder Wunsch von Euer Majestät war mir bisher Befehl,« entgegnete Richelieu unterwürfig, indem er bei sich dachte: »Das Vorpostengefecht hat also begonnen, wann und wo wird die Hanptschlacht stattfinden?«

»Vermeiden wir alle Redensarten,« fuhr der König trocken fort, »erkläret mir daher kurz und bündig, mit Ja oder Nein – wollt Ihr zu den Königinnen gehen und diese Eurer aufrichtigen Ergebenheit versichern?«

»Majestät,« erwiderte der Cardinal rasch, »ich bin mir nicht bewußt, mich je an der Ehrfurcht vergangen zu haben, die ich der Mutter und der Gemalin meines Königs schulde.«

»Wie?« rief Ludwig XIII. unwillig und stampfte mit dem Fuße, »wie, es wäre kein Mangel an Ehrfurcht, wenn Ihr es wagt, die Augen Eurer Späher sogar in die innersten Gemächer der Königinnen dringen zu lassen. wenn Ihr Euch sogar erfrecht, meinen eigenen Briefwechsel aufzufangen?

Es gehörte die ganze Routine und die Selbstbeherrschung eines Richelieu dazu, um bei der letzten Anklage die äußere Ruhe zu bewahren. Die leidenschaftliche Aufwallung, die den König mit sich fortriß, machte ihm klar, daß sein Herr und Meister nicht mehr, wie er vermuthete, ans dem Boden der Neutralität stand, sondern bereits die Partei der Königinnen offen ergriffen habe und daß dies durch eine Entdeckung des von Boinzeval seit Monaten verübten Verrathes bewirkt worden sein müsse.

Seine Gegner hatten hierbei jedenfalls sehr geschickt agirt, denn erst gestern Abends überbrachte der kleine Gravé der sich wieder in Paris und zwar bei Meister Soleil einlogirt befand, einen Brief, den Boinzeval vom Louvre nach dem Luxembourg tragen sollte.

Der Schlag traf also den Cardinal ganz unvorbereitet und es war für ihn jetzt eine Lebensfrage. zu wissen, ob und inwiefern Boinzeval und der kleine Savoyarde etwa bereits ein Geständniß abgelegt hatten.

»Eure Anklage, Sire!« begann Richelieu, indem er sich stolz aufrichtete, »Eure Anklage, Sire, ist so schwer, so vernichtend, daß ich ganz unterthänigst die Bitte stellen muß, es möge Euer Majestät gefällig sein, hierfür auch die Beweise kund zu geben.«

Richelieu spielte dadurch Va Banque, aber bei der gereizten Stimmung des Königs durfte er hoffen. daß derselbe sich wirklich verleiten lassen werde, die so keck verlangten Beweise auf der Stelle zu liefern, d. h. dem Cardinal die Situation klar zu machen.

Der König kreuzte, als Richelieu zu Ende gesprochen, die Arme übereinander und starrte den Cardinal eine Weile ebenso betroffen als indignirt an. – Dann zog er eine Schelle und rief dem eintretenden Kämmerling zu:

»Laßt Boinzeval und den Knaben hierher bringen!«

Hierauf wandte er sich abermals Richelieu zu, und indem er denselben neuerdings mit vernichtenden Blicken maß, sagte er in eisigem Tone:

»Ihr habt Beweise verlangt, Cardinals Wohlauf Eure Vermessenheit soll vor Zeugen gebrandmarkt werden.«

Boinzeval und der kleine Georges Gravé wurden hereingeführt. Die sie begleitende Wache trat auf einen Wink des Königs wieder ab.

Boinzeval war todtenblaß und zitterte am ganzen Leibe. Der kleine Savoyarde glotzte etwas dumm und perplex um sich herum; er gewann aber offenbar Muth und Zuversicht wieder, als er seinen hohen Gönner, den Cardinal, erblickte, der anscheinend ruhig und gelassen dastand, während in seinem Innern alle Furien der Angst und Verzweiflung tobten.

Der König ließ sich in den Stuhl fallen. den einzigen, der im Saale sich befand, und winkte Gravé zu sich heran.

»Na hat man Dich gestern aufgegriffen?« begann er das Verhör.

»Um acht Uhr Abends, in der Nähe des Palais Seiner Eminenz.«

Der Knabe antwortete mit ziemlich fester Stimme: er warf Richelieu blitzschnell einen Blick zu.

»Und was hattest Du dort zu suchen?«

»Dort nichts, aber im Hause nebenan.«

»Bei wem?«

»Bei Fräulein Marien Délorme.«

»Was solltest Du bei ihr thun?

»Ihr einen Brief geben.«

»Von wem?«

»Von Herrn Boinzeval, für den ich schon öfters Briefe hin und her trug.«

 

»So?« bemerkte der König und warf einen triumphirenden Blick dem Cardinal zu, der sich in der That sehr unbehaglich zu fühlen begann.

»Hast Du die Aufschrift auf diesen Briefen gelesen, an wen lauteten die Adressen?« fuhr der König in seinem Verhöre fort.

»Ich kann noch sehr schlecht lesen, denn ich lerne es erst seit drei Monaten, aber diese Adressen habe ich doch entziffert,« erwiderte der Knabe ganz ruhig und abermals warf er blitzschnell dem Cardinal einen Blick zu.

»Wie lauteten die Adressen?«

Diese Frage machte den Athem Richelieus stocken.

»Die Briefe, die ich von Herrn Boinzeval bekam, lauteten an Fräulein Marien Délorme und jene des Fräuleins an Herrn Boinzeval.«

Der König biß sich, ärgerlich enttäuscht, auf die Lippen; der Cardinal wagte neuerdings zu athmen.

»Vielleicht waren aber andere Briefe unter diesen Couverts?« begann Ludwig XIII. neuerdings, dessen Argwohn noch nicht beschwichtigt war.

»Das glaube ich nicht,« erwiderte der kleine Gravé mit auffallender Entschiedenheit.

»Weil sowohl Herr Boinzeval, als auch Fräulein Marion stets noch in meiner Gegenwart die Briefe aufrissen und lasen.«

»Aufrissen und gleich lasen?« rief der König erstaunt. Sein Verdacht begann zu schwinden. Er sann lange nach.

Der kleine Gravé hatte so ziemlich die Wahrheit gesprochen, denn schon seit längerer Zeit vermittelte Marien Délorme, damit der Knabe ja nicht im Palais des Cardinals gesehen würde, die aufgefangene Correspondenz, welche Boinzeval unter Couvert expedirte und zurückerhielt. – Die Adressen auf den äußeren Couverts lauteten in der That je nachdem an Boinzeval oder Marien Délorme.

Als der König wieder aufblickte, stürzte Boinzeval zu seinen Füßen nieder.

Er hatte glücklich die Mienen und Geberden verstanden, die ihm der Cardinal zuwarf, während der König mit halbgeschlossenen Augen, die Stirne auf die linke Hand gestützt, dagesessen war.

»Gnade, Verzeihung, Majestät!« rief der Verräther.

»Wofür flehst Du meine Gnade, meine Verzeihung an?« presste der König in fieberhafter Aufregung, denn er erwartete nun ein offenes, aufrichtiges Geständniß und sein Argwohn erwachte mit aller Heftigkeit von Neuem.

»Gnade, Verzeihung, Majestät!« wiederholte Boinzeval, »Gnade, Verzeihung. daß ich Euren Befehlen ungehorsam war!«

»Worin besteht dein Vergehen? Bekenne aufrichtig und Du sollst meine Gnade nicht umsonst angerufen haben.«

»Zur Erklärung des Folgenden müssen wir hier bemerken, daß Boinzeval zu den Favoriten Ludwigs XIII seit einiger Zeit gehörte und daß diesen bei sicherer Ungnade jeder Umgang mit dem weiblichen Geschlechte untersagt war.

Boinzeval wählte zwischen den zwei Uebeln, die ihm bevorstanden. nämlich zwischen lebenslänglicher Bastille und der bloßen Verbannung aus des Königs Nähe, das kleinere; er sagte also:

»Ich bin verliebt, Euer Majestät, sterblich verliebt in Marion Délorme und diese Leidenschaft hat mich öfters verleitet. auf meinen Ritten zwischen Versailles und Fontainebleau den Umweg über Paris zu nehmen. Dieser Knabe war der Bote unserer Liebesbriefe.«

Ludwig VIII. zog seine Stirn in krause Falten und sprach:

»Ich will mich mit deiner Entlassung aus meinem Dienste begnügen. Doch,« fuhr er, noch immer etwas mißtrauisch, fort, »ist deine angebliche Verirrung mit jener Dirne keine Lüge?«

Boinzeval zog aus seiner Brieftasche mehrere Briefe Marien Délormes; diese Briefe waren echt und reichten bis in die Zeit zurück, wo wir Herrn Boinzeval's erste Bekanntschaft in Villejuif gemacht haben.

War der König jetzt auch nicht vollkommen überzeugt, daß die beiden Königinnen von ihren Aufpassern schlecht unterrichtet worden seien, so fehlte ihm doch jeder weitere stichhaltige Vorwand, seine obige Anklage wider den Cardinal aufrecht zu erhalten. – Er schellte. Der Officier der Wache trat ein. Der König deutete auf Boinzeval und den kleinen Gravé und sagte:

»Diese Zwei können gehen, wohin sie wollen.«

Als er mit Richelieu wieder allein war, wandte er sich zu demselben und stieß mit schlecht verhehltem Unmuthe die Worte aus:

»Ich gratulire Euch, Cardinal, zu Eurer Rechtfertigung, doch – wann werdet Ihr und Eure Nichte bei den Königinnen vorfahren? ich will, daß es geschieht.«

Der Cardinal wollte und durfte den König, welcher über den Mißerfolg seines Verhörs und Boinzeval's Untreue innerlich wüthend war, nicht auf's Aeußerste reizen; er entgegnete daher:

»Euer Majestät wolle den Zeitpunct selbst bestimmen.«

»Also morgen, gleich morgen,« rief Ludwig XIII., »um elf Uhr werde ich selbst im Luxembourg Eure Nichte einführen.«

Nach diesen Worten stürzte er aus dem Saale ohne Abschiedsgruß und eilte wieder in seine Clausur zurück.

Also Morgen, morgen,« murmelte Richelieu, während er den Louvre verließ« »also morgen ist die Hauptschlacht – wer wird wohl Sieger sein? Arme Marie Dich schiebt man ins Vordertreffen. Ich befürchte das Schlimmste. – Alle Chancen des Unterganges sind auf meiner Seite. Aber den heutigen Tag wollen wir noch klug benützen und zwar vor Allem den kleinen Gravé und Boinzeval aus Paris verschwinden lassen. Wacker, sehr wacker haben sich Beide gehalten und insbesonders loben muß ich die Geistesgegenwart des kleinen Murmelthieres; es soll ihm auch in Zukunft an nichts fehlen. Der Bischof von Lucon wird für ihn immer noch einige Pistolen erübrigen, falls es morgen mit dem Cardinal-Minister zu Ende geht.«

Kaum hatte Richelieu sein Arbeitscabinet betreten, als die Thür zum Nachbarhause sich öffnete.

Marion Délorme trat diesmal ohne viele Umstände auf den Cardinal zu, dem sie mit leiser Stimme meldete, daß Boinzeval und der kleine Gravé, sich bei ihr verborgen hielten.

»Schaffe Beide sogleich in einer geschlossenen Kutsche aus Paris fort,« gebot der Cardinal; »morgen früh müssen sie bereits zwanzig Lieues von hier entfernt sein. Den König dürfte seine heutige Großmuth vielleicht nur zu bald gereuen, und die Königinnen werden, ich bin es überzeugt, auf die abermalige Verhaftung und ein strengeres Verhör dieser zwei so wichtigere Zeugen dringen.

»Wohin sollen Boinzeval und der Knabe geschafft werden?«

»Vorläufig auf das Schloß Aiguillon« das Besitzthum der Frau von Combalet. Nöthigenfalls können sie von dort aus leicht auf der Garonne über Bordeanx entfliehen. Ich glaube aber, daß man sie dort gar nicht suchen wird. Versichere Beide meiner größten Zufriedenheit und meiner Gnade.« Für den Knaben soll Boinzeval tüchtige Lehrer besorgen – nun aber geh', eile, verliere keine Minute.«

Marien Délorme verschwand.

»Richelieu klingelte nach Charpentier und Rossignol zugleich. Bevor selbe noch erschienen waren, hatte er bereits alle Laden und Fächer seines Schreibpultes aufgerissen.

»Meine Lieben!« rief der Cardinal den Eintretenden entgegen, »Gure heutige Nacht wird eine schlaflose sein, denn morgen geht es mir näher an den Leib als dazumal, wo ich den Abstecher nach Chaillot unternahm. Alle Papiere hier müssen gesichtet, die gefährlichen verbrannt oder wenigstens an einem andern Orte verborgen werden. – Wer weiß, ob sich nicht morgen um diese Stunde der Schafskopf Berulle an diesem Tische niederläßt als der erste Minister Frankreichs.«

Drei Stunden später seufzte Richelieu etwas erleichtert auf, als die scrupulose Revision des gefährlichen Inhaltes, den sein Pult geborgen, glücklich zu Stande gebracht war. – Auch Charpentier und Rossignol hatten inzwischen aus ihren Zimmern alle Papiere herbeigebracht, welche theils zu vernichten, theils in Sicherheit zu bringen waren.«

»Ruft Herrn von Abrantes,« gebot der Cardinal, als die zu vernichtenden Papiere bereits im Kamine hell aufloderten und Charpentier die zu rettenden Schriftstücke in einen ziemlich großen Bündel zusammengeschnürt hatte.

»Herr von Abrantes,« der bereits seit einen vollen Monate wieder in Paris weilte, was uns darauf schließen läßt, daß Fräulein von Lautrec in irgend einen unauffindbaren Versteck schon längst untergebracht sei, trat alsbald ein.

Купите 3 книги одновременно и выберите четвёртую в подарок!

Чтобы воспользоваться акцией, добавьте нужные книги в корзину. Сделать это можно на странице каждой книги, либо в общем списке:

  1. Нажмите на многоточие
    рядом с книгой
  2. Выберите пункт
    «Добавить в корзину»