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Ange Pitou Denkwürdigkeiten eines Arztes 3

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»Sire, erwiderte der Doktor, das ist eine Gunst, die ich Eurer Majestät zu verdanken habe.«

»Es lebe der König!« riefen die Höflinge, die schon in die Vorzimmer strömten.

»Es lebe der König!« wiederholte eine Menge von Offizieren und fremden Soldaten, die sich an den Thüren des Palastes drängten.

Diese Zurufe bereiteten dem Herzen Ludwigs XVI. eine Freude, die er bei noch so zahlreichen Gelegenheiten vielleicht noch niemals empfunden hatte.

Die Königin war an dem Fenster sitzen geblieben, wo sie so furchtbare Augenblicke zugebracht hatte. Als sie diese Zurufe der Ergebenheit und Liebe hörte, die den König auf seinem Wege empfingen und in der Ferne unter den Säulenlauben und im dichtesten Schatten verrauschten, sagte sie:

»Es lebe der König! Oh! ja, es lebe der König! Er soll leben, und zwar dir zum Trotz, schändliches Paris! Abscheulicher Schlund, blutiger Abgrund, dieses Opfer sollst du nicht verschlingen. Ich werde es dir entreißen, ich, mit diesem so schwachen, so magern Arm, der dich in diesem Augenblick bedroht und dem Fluche der Welt und der Rache Gottes überzieht.«

Und indem sie so mit einer Heftigkeit des Hasses sprach, welche die wütendsten Freunde der Revolution erschreckt haben würde, streckte die Königin gegen Paris ihren schwachen Arm aus, der gleich einem Schwert, das aus der Scheide springt, unter der Hülle von Silberspitzen, glänzte.

Dann rief sie Madame Campan, zu der sie unter ihren Frauen am meisten Vertrauen hatte, schloß sich in ihr Kabinett ein und gab Befehl, jedermann abzuweisen.

XXXIV.
Der Brustharnisch

Am andern Morgen erhob sich, glänzend und rein, wie am vorhergehenden Tage, eine blendende Sonne und vergoldete den Marmor und den Sand von Versailles.

Die Königin war um fünf Uhr aufgestanden. Sie ließ den König bitten, sogleich nach seinem Erwachen zu ihr zu kommen.

Ein wenig ermüdet durch den Empfang einer Deputation der Nationalversammlung, der bei ihrer Erscheinung am vorhergehenden Tag hatte antworten müssen, – das war der Anfang der Reden, – hatte Ludwig XVI., um sich von seiner Müdigkeit zu erholen, und damit man nicht sagen sollte, die Natur komme bei ihm zu kurz, etwas länger geschlafen.

Kaum hatte man ihn angekleidet, als die Bitte der Königin, während er seinen Degen nahm, zu ihm gelangte:

Er faltete leicht die Stirne und sagte:

»Wie, die Königin ist schon aufgestanden? Ist sie noch krank?«

»Nein, Sire.«

»Und was will die Königin so frühzeitig von mir?«

»Ihre Majestät hat nichts geäußert.«

Der König nahm ein erstes Frühstück und ging zu Marie Antoinette.

Er fand die Königin ganz angekleidet wie für einen feierlichen Empfang, schön, bleich, Ehrfurcht gebietend. Sie empfing ihren Gemahl mit jenem kalten Lächeln, das wie eine Wintersonne auf den Wangen der Königin glänzte, wenn sie an großen Empfangstagen des Hofes der Menge einen Strahl zuwerfen mußte.

Der König begriff die Traurigkeit dieses Lächelns und dieses Blickes nicht. Er war nur über eines besorgt, nämlich über den wahrscheinlichen Widerstand, den Marie Antoinette in Beziehung auf den am Tage vorher gefaßten Plan leisten würde.

Wieder eine neue Laune, dachte er.

Darum faltete er die Stirne.

Die Königin verfehlte nicht, durch die ersten Worte, die sie vernehmen ließ, diese Meinung bei ihm zu verstärken.

»Sire,« sagte sie, »ich habe seit gestern wohl überlegt.«

»Ah!« da kommt es, dachte der König.

»Ich bitte, Sire, schicken Sie alles weg, was nicht zum Vertrautesten gehört.«

Der König gab murrend seinen Hofleuten Befehl, sich zu entfernen.

Eine einzige von den Frauen der Königin blieb bei Ihren Majestäten: das war Madame Campan.

Da legte die Königin ihre schönen Hände auf den Arm des Königs und sprach:

»Warum sind Sie schon angekleidet? das ist schlimm.«

»Wie, schlimm! warum»«

»Ließ ich Sie nicht bitten, sich nicht anzukleiden, ehe Sie hieher kämen? Ich sehe Sie mit der Weste und dem Degen, während ich hoffte, Sie würden im Schlafrock kommen.«

Der König schaute sie ganz erstaunt an.

Diese Laune der Königin erweckte in ihm eine Menge seltsamer Gedanken, deren Neuheit gerade den Eindruck des Sonderbaren noch verstärkte.

»Was haben Sie,« sagte er zur Königin, »beabsichtigen Sie das, worüber mir gestern miteinander übereingekommen, zu verzögern oder zu verhindern?«

»Keineswegs, Sire.«

»Ich bitte Sie, nur keinen Spott mehr über einen Gegenstand von solchem Ernst! Ich muß, ich will nach Paris gehen, ich kann mich nicht mehr hievon frei machen. Mein Hausstaat ist bestellt; die Personen, die mich begleiten werden, sind schon seit gestern bezeichnet.«

»Sire, ich beabsichtige nichts, doch  . . .«

»Bedenken Sie,« sprach der König, der sich stufenweise belebte, um sich Mut zu geben, »bedenken Sie, daß die Nachricht von meiner Reise nach Paris schon den Parisern hat zukommen müssen, daß sie sich vorbereitet haben, daß sie mich erwarten; daß die sehr günstige Stimmung, die nach der Vorhersagung diese Reise in den Geistern erregt hat, sich in eine unheilvolle Feindseligkeit verwandeln könnte. Bedenken Sie endlich  . . .«

»Aber, Sire, ich bestreite Ihnen nicht, was Sie mir zu sagen mich beehren, ich habe mich gestern gefügt und bin auch heute ergeben.«

»Warum dann diese Umschweife, Madame? Warum dann diese Fragen über meine Kleidung, über meine Pläne?«

»Ueber die Kleidung, jawohl!« erwiderte die Königin, indem sie abermals jenes Lächeln versuchte, das durch sein fortwährendes Verschwinden immer düsterer wurde.

»Ich wünschte, Sie würden Ihr Kleid ablegen.«

»Scheint es Ihnen nicht anständig? Es ist ein seidenes Kleid von veilchenblauer Farbe. Die Pariser sind gewohnt, mich so gekleidet zu sehen; sie liebten bei mir diese Farbe, auf der überdies ein blaues Band gut steht. Sie haben es mir oft selbst gesagt.«

»Sire, ich habe keine Einwendung gegen die Farbe Ihres Kleides zu machen.«

»Gegen was denn?«

»Gegen das Futter.«

»Wahrhaftig, Sie machen mich neugierig mit diesem ewigen Lächeln  . . . das Futter  . . . welcher Scherz  . . .«

»Ah! ich scherze nicht.«

»Gut, nun betasten Sie meine Weste, mißfällt sie Ihnen auch? Taffet, weiß und Silber, eine Garnitur, die Sie mir selbst gestickt haben, eine von meinen Lieblingswesten.«

»Ich habe auch nichts gegen die Weste.«

»Wie sonderbar sind Sie: ist es der Busenstreif, ist es das Hemd von gesticktem Batist, was Ihnen mißfällt? Ei! muß ich mich nicht putzen, um meine gute Stadt Paris zu besuchen?«

Ein bitteres Lächeln faltete die Lippen der Königin, ihre Unterlippe besonders, die man ihr als Österreicherin so sehr zum Vorwurf machte, verdickte sich, als ob sie von allen Giften des Hasses und des Zornes geschwollen wäre.

»Nein, Sire,« sagte sie, »ich tadle nicht Ihre schöne Toilette, es ist immer das Futter, immer, immer.«

»Das Futter meines gestickten Hemdes! ah! erklären Sie sich endlich!«

»Nun wohl, ich erkläre mich. Der König, gehaßt, überlästig, der sich in die Mitte von siebenmalhunderttausend triumph- und revolutionstrunkenen Parisern werfen will, der König ist kein Fürst des Mittelalters; und dennoch müßte er heute seinen Einzug in Paris in einem guten eisernen Panzer, unter einem Helm von gutem Mailänder Stahl halten; dieser Fürst müßte es so einrichten, daß keine Kugel, kein Pfeil, kein Stein, kein Messer den Weg zu seinem Fleische finden könnte.«

»Das ist im Grunde wahr,« sagte Ludwig XVI. nachdenkend; »doch, meine Freundin, da ich weder Karl VIII., noch Franz I., noch sogar Heinrich IV. heiße, da die Monarchie von heute nackt ist unter dem Sammet und der Seide, so werde ich nackt unter meinem seidenen Kleide gehen, ja, ich werde mit einem Zielpunkte gehen, der Kugeln lenken kann. Ich habe den Ordensstern auf dem Herzen.«

Die Königin gab einen erstickten Seufzer von sich.

»Sire,« sagte sie, »wir fangen an uns zu verstehen. Sie werden sehen, Ihre Frau scherzt nicht.«

Sie machte Madame Campan, die im Hintergrunde des Zimmers geblieben war, ein Zeichen, und diese nahm aus einer Schublade einen Gegenstand von breiter, flacher, länglicher Form, der in ein seidenes Tuch gehüllt war.

»Sire,« sagte die Königin, »das Herz des Königs gehört vor allem Frankreich, das ist wahr, doch ich glaube auch, daß es seiner Frau und seinen Kindern gehört. Ich, für meinen Teil, will nicht, daß dieses Herz den feindlichen Kugeln ausgesetzt sei. Ich habe meine Maßregeln getroffen, um meinen Gemahl, meinen König, den Vater meiner Kinder vor allem zu schützen.«

Zu gleicher Zeit nahm sie aus der seidenen Umhüllung ein Bruststück von seinen, stählernen, mit einer so wunderbaren Kunst gekreuzten Panzerringelchen, daß man hätte glauben sollen, es sei ein arabischer Stoff, dergestalt war durch den Einschlag der Mohr nachgeahmt, so viel Geschmeidigkeit und Elasticität fand sich im Gewebe und Spiel der Oberflächen.

»Was ist das?« sagte der König.

»Betrachten Sie es, Sire.«

»Ein Bruststück wie mir scheint.«

»Ja, Sire, ein Bruststück, das bis an den Hals schließt, mit einem kleinen Kragen, der, wie Sie sehen, den Kragen der Weste zu verdoppeln bestimmt ist.«

Der König nahm die Unterweste in seine Hände und untersuchte sie neugierig.

Als die Königin diese wohlwollende Aufmerksamkeit sah, war sie erfüllt von Freude.

Der König schien ihr mit Wonne jede der Maschen dieses wunderbaren Netzes zu zählen, das mit der Dehnbarkeit einer wollenen Strickerei unter seinen Fingern wogte.

»Das ist wunderbarer Stahl,« sagte er, »und eine herrliche Arbeit.«

»Nicht wahr?«

»Ich weiß wahrhaftig nicht, wo Sie sich das haben verschaffen können.«

»Ich habe es gestern von einem Manne gekauft, der es mir seit langer Zeit für den Fall, daß Sie in den Krieg ziehen würden, angeboten.«

 

»Das ist wunderbar! wunderbar!« sagte der König, der die Sache als Künstler prüfte.

»Und das muß Ihnen stehen, Sire, wie eine Weste von Ihrem Schneider.«

»Oh! glauben Sie?«

»Probieren Sie es.«

Der König sprach nicht ein Wort; er mißtraute selbst seinem veilchenblauen Kleid.

Die Königin zitterte vor Freude; sie half Ludwig XVI. die Orden ablegen und Madame Campan das übrige.

Der König legte selbst seinen Degen ab. Wer in diesem Augenblick das Antlitz der Königin betrachtet hätte, würde es von jener Klarheit des Triumphes erleuchtet gesehen haben, welche die höchste Glückseligkeit widerstrahlt. Der König ließ sich seine Halsbinde ausziehen, und die zarten Hände der Königin steckten den stählernen Kragen darunter.

Dann befestigte Marie Antoinette selbst die Spangen dieses Bruststücks, das, um den Druck des Stahls auf das Fleisch zu schwächen, mit seinem Büffelleder gefüttert, auf eine bewunderungswürdige Art an die Körperform sich schmiegte. Dieses Bruststück ging tiefer herab, als ein Küraß, und beschützte den ganzen Körper.

Waren Weste und Hemd darüber angezogen, so bedeckten sie es völlig. Es vermehrte nicht um eine halbe Linie die Dicke des Leibes und gestattete, ohne irgend eine Beengung zu verursachen, jede Bewegung.

»Ist es sehr schwer?« fragte die Königin.

»Nein.«

»Sehen Sie doch meinen König an! welch ein Wunder, nicht wahr?« sagte die Königin händeklatschend und gegen Madame Campan gewendet, welche die Knöpfe an den Aermeln des Königs vollends zumachte.

Madame Campan äußerte ihre Freude ebenso naiv, als die Königin.

»Ich habe meinen König gerettet!« rief Marie Antoinette. Versuchen Sie diesen unsichtbaren Panzer, legen Sie ihn auf einen Tisch, versuchen Sie es, ihn mit einem Messer zu durchschneiden, versuchen Sie es, ihn mit einer Kugel zu durchbohren, versuchen Sie es! versuchen Sie es!«

»Oh!« machte der König mit einer Miene des Zweifels.

»Versuchen Sie es,« wiederholte Marie Antoinette in ihrer Begeisterung.

»Ich würde es aus Neugierde gern thun,« versetzte der König.

»Thun Sie es nicht, es ist unnötig, Sire.«

»Wie, es ist unnötig, daß ich die Vortrefflichkeit Ihres Wunders probiere!«

»Ah! so sind die Menschen! denken Sie, ich hätte dem Zeugnis eines andern, eines Gleichgültigen Glauben geschenkt, da es sich um das Leben meines Gatten, um das Heil Frankreichs handelt?«

»Es scheint mir doch, das haben Sie gethan, Antoinette, Sie haben einem andern Glauben geschenkt.«

Sie schüttelte den Kopf mit einer reizenden Hartnäckigkeit.

»Fragen Sie,« sagte sie auf Madame Campan deutend, fragen Sie diese gute Campan, »was wir heute morgen gethan haben.«

»Mein Gott! was denn?« fragte der König im höchsten Maße neugierig.

»Heute morgen, was sage ich, heute nacht, haben wir, wie zwei Tolle, alles Dienstpersonal entfernt und uns in dessen Zimmer, das ganz hinten im Bau der Pagen liegt, eingeschlossen. Wir haben uns versichert, daß uns niemand überraschen konnte, ehe wir unsern Plan ins Werk gesetzt.«

»Mein Gott! Sie erschrecken mich wahrhaftig. Was für Pläne hatten diese zwei Judith?«

»Judith machte weniger,« versetzte die Königin, »besonders weniger Lärmen. Abgesehen hiervon wäre die Vergleichung vortrefflich. Campan hielt den Sack, in dem dieser Brustharnisch verschlossen war, ich, ich trug ein langes deutsches Jagdmesser von meinem Vater, diese unfehlbare Klinge, die so viele Wildschweine tötete.«

Judith! immer Judith!« rief der König lachend.

»Oh! Judith hatte nicht die schwere Pistole, die ich von Ihren Gewehren genommen und durch Weber hatte laden lassen.«

»Eine Pistole!«

»Allerdings. Man mußte uns in der Nacht sehen, wie wir furchtsam, durch das geringste Geräusch geängstigt, uns vor den Indiscreten verbergend wie naschhafte Mäuse, behend durch die verödeten Corridors schlüpften. Campan schloß drei Thüren und verpolsterte die dritte; wir befestigten den Brustharnisch an der Wand, auf der Gliederpuppe, die zum Ausspannen meiner Kleider dient, und ich versetzte mit einer festen Hand, das schwöre ich Ihnen, dem Küraß einen Messerstich; die Klinge bog sich, sprang aus meinen Händen und fuhr zu unserm großen Schrecken in den Boden.«

»Teufel!« rief der König,

»Warten Sie doch, sage ich Ihnen. Campan hob die Klinge auf und sprach zu mir: »»Sie sind nicht stark genug, Madame, und Ihre Hand zitterte vielleicht; ich, ich werde kräftiger sein. Sie werden sehen.«« Sie ergriff das Messer und gab der an der Wand befestigten Gliederpuppe damit einen so mächtigen Stoß, daß meine arme deutsche Klinge auf den Maschen völlig abbrach. Sehen Sie, hier sind die zwei Stücke, Sire. Ich will Ihnen aus dem, was übrig ist, einen Dolch machen lassen.«

»Oh! das ist fabelhaft,« rief der König; »und keine Bresche?«

»Eine Schramme auf dem obersten Kettenglied, und es sind, mit Ihrer Erlaubnis, drei übereinander.«

»Ich möchte das sehen.«

»Sie werden es sehen.«

Und die Königin entkleidete den König mit einer wunderbaren Behendigkeit, um ihn schneller ihre Ideen und ihre Großmut bewundern zu lassen.

»Hier ist eine etwas verdorbene Stelle, wie mir scheint,« sagte der König, indem er mit dem Finger auf eine leichte, an der Oberfläche befindliche etwa einzöllige Niederdrückung deutete.

»Das ist von der Pistolenkugel, Sire.«

»Wie, Sie haben auch mit der Pistole geschossen?«

»Ich zeige Ihnen die abgeplattete, noch schwarze Kugel. Sehen Sie; glauben Sie nun, daß Ihr Leben in Sicherheit ist?«

»Sie sind ein Schutzengel,« sprach der König, während er langsam das Bruststück aufhakte, um die Spur des Messerstichs und der Kugel besser zu betrachten.

»Beurteilen Sie meine Angst, teurer König, als ich den Pistolenschuß auf den Panzer thun mußte,« sagte Marie Antoinette. »Ach! es war noch nichts, den abscheulichen Lärm zu machen, vor dem ich so sehr Angst hatte; aber, indem ich auf das für Ihren Schutz bestimmte Bruststück schoß, kam es mir vor, als schösse ich auf Sie selbst; ich hatte bange, Sie zu verwunden, ich befürchtete ein Loch zu sehen, und dann waren meine Arbeit, meine Bemühungen, meine Hoffnung auf immer ruiniert.«

»Teure Antoinette,« sagte Ludwig XVI., »wieviel Dank bin ich Ihnen schuldig!«

Und er legte den Brustharnisch auf den Tisch.

»Ei! was machen Sie denn?« fragte die Königin.

Und sie nahm das Bruststück und reichte es zum zweiten Mal dem König.

Doch er erwiderte mit einem Lächeln voll Anmut und Adel:

»Nein ich danke.«

»Sie schlagen es aus?« rief die Königin.

»Ich schlage es aus.«

»Oh! bedenken Sie doch, Sire.«

»Sire  . . .« flehte Madame Campan.

»Es ist die Rettung; es ist das Leben.«

»Genug! genug!« rief der König.

»Oh! Sie weigern sich, aber sie werden Sie töten!«

»Meine Liebe, wenn die Edelleute im achtzehnten Jahrhundert im Felde sind, so sind sie es mit einem Kleide von Tuch, mit Weste und Hemd, das ist für die Kugeln; stellen sie sich auf den Boden eines Ehrenkampfes, so behalten sie nur das Hemd, das ist genug für den Degen. Ich, ich bin der erste Edelmann meines Reiches, ich werde weder mehr noch weniger thun, als meine Freunde. Ueberdies: da wo sie Tuch nehmen, habe ich allein das Recht, Seide zu tragen. Ich danke, meine liebe Frau, ich danke, meine gute Königin, ich danke.«

»Ah!« rief die Königin, zugleich in Verzweiflung und entzückt, warum hört ihn seine Armee nicht?

Der König aber hatte sich ruhig vollends angekleidet, ohne daß er den Akt des Heldenmuts, den er vollbracht, nur zu begreifen schien.

»Kann denn eine Monarchie verloren sein, die in solchen Augenblicken ihren Stolz findet?« murmelte die Königin.

XXXV.
Die Abfahrt

Als Ludwig XVI. von der Königin wegging, fand er sich unmittelbar umgeben von allen Offizieren und Personen seines Hauses, welche bestimmt waren, ihn nach Paris zu begleiten.

Es waren die Herren von Beauvau, von Villeroy, von Nesle und von Estaing.

Gilbert mischte sich unter die Menge und stand voller Erwartung, daß ihn Ludwig XVI. bemerke, und wäre es nur, um ihm einen Blick zuzuwerfen.

Es war sichtbar, daß alle diese Menschen im Zweifel schwebten, und daß man nicht an den Bestand dieses Entschlusses glauben konnte.

»Nach dem Frühstück, meine Herren, brechen wir auf,« sagte der König.

Dann, als er Gilbert erblickte, fuhr er fort:

»Ah! Sie sind da, Doktor  . . . sehr gut. Sie wissen, daß ich Sie mitnehme.«

»Zu Ihren Befehlen, Sire.«

Der König ging in sein Kabinett, wo er zwei Stunden arbeitete.

Er hörte sodann mit seinem ganzen Hofstaate die Messe, und gegen neun Uhr setzte er sich zu Tisch.

Das Mahl fand mit dem gewöhnlichen Zeremoniell statt; nur wollte die Königin, die man seit der Messe mit geschwollenen, roten Augen sah, ohne im geringsten daran teil zu nehmen, dennoch dem Mahle des Königs beiwohnen, um länger in seiner Nähe zu sein.

Die Königin hatte ihre zwei Kinder mitgebracht, welche beide, ohne Zweifel schon aufgeregt durch die mütterlichen Ratschläge, ihre Augen ängstlich vom Gesicht ihres Vaters auf der Menge der Offiziere und Garden umherlaufen ließen.

Überdies wischten die Kinder von Zeit zu Zeit, auf Befehl ihrer Mutter, eine Thräne ab, welche an ihren Augenwimpern hervorbrach, und dieses Schauspiel erfüllte die einen mit Mitleid, die andern mit Zorn, die ganze Versammlung mit Unbehagen.

Der König aß stoisch. Er sprach wiederholt mit Gilbert, ohne ihn anzuschauen; er sprach beinahe beständig mit der Königin und immer mit einer tiefen Zuneigung.

Endlich gab er seinen Kapitänen Verhaltungsregeln.

Er beendigte eben sein Mahl, als man ihm meldete, eine dicht gescharte Menge Menschen zu Fuß komme von Paris, und erscheine am Ende der großen Allee, welche auf den Paradeplatz ausmündet.

Auf der Stelle stürzten die Offiziere und Garden aus dem Saal; der König erhob das Haupt und schaute Gilbert an; da er aber sah, daß Gilbert lächelte, so aß er ruhig weiter.

Die Königin erbleichte, neigte sich gegen Herrn von Beauvau und bat ihn, sich zu erkundigen.

Herr von Beauvau lief hastig hinaus.

Die Königin trat an ein Fenster.

Fünf Minuten nachher kam Herr von Beauvau zurück.

»Sire,« sagte er, »es sind die Nationalgarden von Paris, welche sich, da sich gestern in der Hauptstadt das Gerücht von der Absicht Eurer Majestät, die Pariser zu besuchen, verbreitete, zu etwa zehntausend vereinigt haben, um Ihnen entgegenzukommen. Als sie aber, indem sie Ihnen entgegengingen, sahen, daß Eure Majestät zögerte, marschierten sie bis Versailles.«

»Welche Absichten scheinen sie zu haben?« fragte der König.

»Die besten der Welt,« antwortete Herr von Beauvau.

»Gleichviel!« versetzte die Königin, »schließen Sie die Gitter.«

»Hüten Sie sich davor,« entgegnete der König, »es ist genug, wenn die Thüren des Palastes verschlossen bleiben.«

Die Königin faltete die Stirne und warf Gilbert einen Blick zu.

Gilbert, erwartete diesen Blick, denn die Hälfte seiner Vorhersagung hatte sich schon verwirklicht. Er hatte die Ankunft von zwanzigtausend Mann versprochen; es waren schon zehntausend da.

Der König wandte sich gegen Herrn Beauvau um und sagte zu ihm:

»Seien Sie dafür besorgt, daß man diesen braven Leuten Erfrischungen giebt.«

Herr von Beauvau ging zum zweiten Mal hinab, überbrachte den Schaffnern die Befehle des Königs und kam dann wieder herauf.

»Nun?« fragte die Königin.

»Sire, Ihre Pariser sind in einem großen Streit mit den Herren von der Garde begriffen.«

»Wie!« rief der König, »es findet ein Streit statt?«

»Oh! ein Streit der reinen Höflichkeit. Da sie erfahren haben, der König breche erst in zwei Stunden auf, so wollen sie den Abgang des Königs abwarten und hinter dem Wagen Seiner Majestät marschieren.«

»Aber sie sind zu Fuß, denke ich?« fragte die Königin.

»Ja, Madame.«

»Wohl! der König hat Pferde an seinem Wagen, und der König fährt rasch, sehr rasch. Sie wissen, Herr von Beauvau, daß der König sehr rasch zu fahren pflegt.«

Diese Worte so betont bedeuteten:

»Binden Sie Flügel an den Wagen Seiner Majestät.«

Der König winkte mit der Hand, daß man das Gespräch abbreche.

»Ich werde im Schritt fahren,« sagte er.

Die Königin stieß einen Seufzer aus, der einem Schrei des Zornes glich.

»Es ist nicht billig,« fügte Ludwig XVI. ruhig bei, »daß ich diese braven Leute, die sich, um mir Ehre anzuthun, Mühe gemacht haben, laufen lasse; ich werde im Schritt fahren, und zwar im kurzen Schritt, damit mir alle Welt folgen kann.«

 

Die Versammelten bezeigten ihre Verwunderung; doch zu gleicher Zeit sah man auf mehreren Gesichtern den Ausdruck der Mißbilligung, ganz besonders deutlich hervortretend in den Zügen der Königin, die in so großer Seelengüte nichts als Schwäche sehen wollte.

Ein Fenster öffnete sich.

Die Königin wandte sich erstaunt um: es war Gilbert, der in seiner Eigenschaft als Arzt von seinem Rechte Gebrauch machte, ein Fenster öffnen zu lassen, um die im Saale durch den Geruch der Speisen und das Atmen von mehr als hundert Personen verdichtete Luft zu erneuern.

Der Doktor stellte sich hinter die Vorhänge des geöffneten Fensters, und durch das offene Fenster drangen die Stimmen der im Hofe versammelten Menge ein.

»Was ist das?« fragte der König.

»Sire,« antwortete Gilbert, »es sind die Nationalgarden, die es unter den Sonnenstrahlen auf dem Pflaster sehr heiß haben müssen.«

»Warum ladet man sie nicht ein, mit dem König zu frühstücken?« sagte leise zur Königin einer von ihren Lieblingsoffizieren.

»Man soll sie in den Schatten führen, in den Marmorhof, unter die Vorplätze, kurz überall hin, wo ein wenig Kühle ist,« sprach der König.

»Zehntausend Menschen unter die Vorplätze?« sagte die Königin.

»Nach allen Seiten hin verteilt, werden sie Raum haben,« sprach der König.

»Überall verteilt?« versetzte Marie Antoinette, »aber Sire, Sie sind im Begriff, ihnen den Weg zu Ihrem Schlafzimmer zu weisen.«

Eine entsetzliche Prophezeiung, die sich in Versailles selbst noch vor Ablauf dreier Monate verwirklichen sollte.

»Sie haben viele Kinder bei sich, Madame,« bemerkte Gilbert mit sanftem Tone.

»Kinder?« fragte die Königin.

»Ja, Madame, viele von ihnen haben ihre Kinder wie auf einen Spaziergang mitgenommen. Die Kinder sind als kleine Nationalgarden gekleidet, so groß ist die Begeisterung für das neue Institut.«

Die Königin öffnete den Mund, neigte aber beinahe in demselben Augenblick das Haupt. Sie hatte Lust gehabt, ein gutes Wort zu sagen, der Stolz und der Haß hielten sie wieder zurück.

Gilbert schaute sie aufmerksam an.

»Ei!« rief der König, »diese armen Kinder!  . . . wenn man Kinder mit sich führt, hat man nicht Lust, einem Familienvater ein Leid anzuthun; ein Grund mehr, die armen Kleinen in den Schatten zu bringen. Führt sie herein; führt sie herein!«

Gilbert schüttelte sachte den Kopf und schien zur Königin, die geschwiegen hatte, zu sagen:

»Madame, so hätten Sie sprechen sollen, ich bot Ihnen die Gelegenheit dazu. Das Wort wäre wiederholt worden, und Sie hätten dabei auf zwei Jahre die Liebe des Volkes gewonnen.«

Die Königin verstand diese stumme Sprache Gilberts, und die Röte stieg ihr zur Stirne.

Sie fühlte ihren Fehler und entschuldigte sich sogleich durch ein Gefühl des Hochmuts und des Widerstandes, das sie als Antwort an Gilbert zurücksandte.

Mittlerweile entledigte sich Herr von Beauvau des ihm vom König erteilten Auftrags.

Da hörte man von der bewaffneten Menge, während man sie auf Befehl des Königs in das Innere des Palastes zuließ, laute Freudenrufe und Segnungen. Die Zurufe, die Glückwünsche, die Vivats stiegen in Wirbeln bis zu dem königlichen Ehepaar empor und beruhigten es über die Stimmung von dem so sehr gefürchteten Paris.

»Sire,« fragte Herr von Beauvau, »welchen Befehl giebt Eure Majestät in Betreff Ihres Gefolges?«

»Wie steht es mit dem Streite der Nationalgarden mit meinen Offizieren?«

»Oh! Sire, alles verdunstet, verschwunden; die braven Leute sind so glücklich, daß sie nun sagen: »»Wir werden gehen, wohin man uns stellt; der König gehört so gut uns, als den andern; wohin er gehen mag, wird er uns gehören.««

Der König schaute Marie Antoinette an. Marie Antoinette zog mit einem höhnischen Lächeln ihre hoffärtigen Lippen zusammen.

»Sagen Sie den Nationalgarden,« sprach Ludwig XVI., »sie mögen ihre Stellung nehmen nach ihrem Belieben.«

»Eure Majestät wird nicht vergessen, daß es ein unveräußerliches Recht Ihrer Gardes-du-corps ist, den Wagen zu umgeben,« sprach die Königin.

Als die Offiziere den König ein wenig unschlüssig sahen, traten sie hinzu, um die Königin zu unterstützen.

»Das ist im Grunde richtig,« versetzte der König. »Nun! man wird sehen.«

Herr von Beauvau und Herr von Villeroy gingen ab, um ihre Stellen einzunehmen und ihre Befehle zu geben.

Es schlug zehn Uhr in Versailles.

»Auf,« sagte der König, »ich werde morgen arbeiten. Diese braven Leute sollen nicht warten.«

Der König erhob sich.

Marie Antoinette öffnete die Arme und umschlang den König. Die Kinder hingen sich weinend an den Hals ihres Vaters. Gerührt, bemühte sich der König, sich sachte ihren Umarmungen zu entziehen: er wollte die Gemütsbewegung verbergen, die wohl bald überströmt wäre.

Die Königin hielt alle Offiziere zurück, faßte diesen beim Arm, jenen bei seinem Degen. Alle legten die Hand an ihr Herz und an ihren Degen.

Die Königin lächelte, um zu danken.

Gilbert war unter den Letzten.

»Mein Herr,« sprach die Königin zu ihm. »Sie haben dem König diese Fahrt nach Paris geraten; Sie haben den König bestimmt, trotz meines Flehens. Bedenken Sie, mein Herr, daß Sie eine furchtbare Verantwortlichkeit vor der Gattin und vor der Mutter übernommen haben!«

»Ich weiß es, Madame,« antwortete Gilbert kalt.

»Und Sie werden mir den König unversehrt zurückbringen!« sprach die Königin mit einer feierlichen Gebärde.

»Ja, Madame.«

»Bedenken Sie, daß Sie mir mit Ihrem Kopf für ihn haften!«

Gilbert verbeugte sich.

»Bedenken Sie, mit Ihrem Kopfe!« wiederholte Marie Antoinette mit der Drohung und der unbarmherzigen Autorität einer absoluten Königin.

»Mit meinem Kopfe,« sprach der Doktor, sich verbeugend; »ja, Madame, und dieses Pfand würde ich als einen Leibbürgen von geringem Werte betrachten, wenn ich den König bedroht glaubte; doch ich habe es gesagt, Madame, heute führe ich Seine Majestät zum Triumph.«

»Ich will alle Stunden Nachricht haben,« fügte die Königin bei.

»Sie werden sie erhalten, Madame, ich schwöre es Ihnen.«

»Gehen Sie nun, mein Herr, ich höre die Trommeln; der König begiebt sich auf den Weg.«

Gilbert verbeugte sich und begegnete, auf der großen Treppe verschwindend, einem Adjutanten von den Haustruppen des Königs, der ihn auf Befehl Seiner Majestät suchte. Man ließ ihn in einen Wagen steigen, der Herrn von Beauvau, dem Oberstzeremonienmeister gehörte, denn man wollte ihn nicht in einer königlichen Kutsche fahren lassen, da er keine Adelsprobe für sich hatte.

Gilbert lächelte, als er sich allein in diesem mit Wappen geschmückten Wagen sah. Herr von Beauvau ritt nämlich, und tummelte sein Pferd neben dem königlichen Kutschenschlag. Dann kam ihm der Gedanke, es sei lächerlich von ihm, so einen Wagen einzunehmen, der Wappen und Krone habe.

Dieses Bedenken währte noch fort, als er unter der Menge der Nationalgarden, die den Wagen umschloß, von Leuten, die sich neugierig vorbeugten, folgende Worte flüstern hörte:

»Ah! dieser da ist der Prinz von Beauvau!«

»Ei!« sagte ein Kamerad, »du täuschest dich.«

»Doch, doch, da am Wagen das Wappen des Prinzen ist.«

»Das Wappen! das Wappen! Ich sage dir, daß das nichts zur Sache thut.«

»Bei Gott! das Wappen, was beweist das?«

»Das beweist, daß, wenn das Wappen des Herrn von Beauvau am Wagen ist, Herr von Beauvau selbst darin sein muß.«

»Herr von Beauvau, ist das ein Patriot?« fragte eine Frau.

»Ah! jawohl!« versetzte ein Nationalgardist.

Gilbert lächelte abermals.

»Aber ich sage dir, wiederholte der erste Widersprecher, ich sage dir, daß es nicht der Prinz ist; der Prinz ist fett, dieser ist mager. Der Prinz trägt den Rock eines Kommandanten der Garden, dieser hat einen schwarzen Rock; es ist der Intendant.«

Ein nicht sehr freundliches Gemurmel empfing die Person des durch diesen wenig schmeichelhaften Titel entstellten Gilbert.

Ei, Mord und Teufel! rief eine dicke Stimme, bei deren Ton Gilbert bebte, die Stimme eines Mannes, der sich mit seinen Ellenbogen und seinen Fäusten bis zum Wagen Bahn brach; nein, es ist weder Herr von Beauvau, noch sein Intendant, es ist ein braver trefflicher Patriot, und sogar der trefflichste der Patrioten  . . . Ei! Herr Gilbert, was machen Sie denn im Wagen eines Prinzen?

»Ah! Sie sind es, Vater Billot!« rief der Doktor.

»Bei Gott! ich habe mich wohl gehütet, die Gelegenheit zu versäumen,« antwortete der Pächter.

»Und Pitou?« fragte Gilbert.

»Oh! er ist nicht fern. Hollah! Pitou, komm herbei, vorwärts.«

Auf diese Einladung schlüpfte Pitou, mittelst eines kräftigen Spiels der Schultern, bis in die Nähe von Billot und verbeugte sich mit Bewunderung vor Gilbert.

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