Heilkräuter - Überliefertes Wissen für Hausapotheke und Küche

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Heilkräuter - Überliefertes Wissen für Hausapotheke und Küche
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Elfie Courtenay

Heilkräuter

Überliefertes Wissen für

Hausapotheke und Küche


Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Elfie Courtenay

Heilkräuter

Überliefertes Wissen für Hausapotheke und Küche

E-Book (Epub): ISBN 978-3-86374-348-2

(Druckausgabe: ISBN 978-3-86374-346-8, 1. Auflage 2017)

Mankau Verlag GmbH

D-82418 Murnau a. Staffelsee

Im Netz: www.mankau-verlag.de

Internetforum: www.mankau-verlag.de/forum

Redaktion: Redaktionsbüro Julia Feldbaum, Augsburg

Endkorrektorat: Susanne Langer M.A., Germering

Cover/Umschlag: Andrea Barth, Guter Punkt GmbH & Co. KG, München

Gestaltung, Satz: Catherine Avak, Iphofen

Energ. Beratung: Gerhard Albustin, Raum & Form, Winhöring

eBook-Herstellung und Auslieferung:

Brockhaus Commission, Kornwestheim

www.brocom.de

Bildnachweis:

Umschlag: © MLunov/creativemarket (U1); Porträtfoto E. Courtenay (U4): privat

Innenteil: Graham Courtenay (S. 10, 28); Museum Dietenheim/Südtirol (S. 14);

Fotolia (sommai S. 41, Kanusommer S. 100); Wikimedia commons/Michael Schley, Neunkirchen/Saar (S. 149). Alle übrigen Motive: Elfie Courtenay

Hinweis für die Leser:

Die Autorin hat bei der Erstellung dieses Buches Informationen und Ratschläge mit Sorgfalt recherchiert und geprüft, dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Verlag und Autorin können keinerlei Haftung für etwaige Schäden oder Nachteile übernehmen, die sich aus der praktischen Umsetzung der in diesem Buch vorgestellten Anwendungen ergeben. Bitte respektieren Sie die Grenzen der Selbstbehandlung und suchen Sie bei Erkrankungen einen erfahrenen Arzt oder Heilpraktiker auf.

Inhalt

Vorwort

Einführung

Wichtiges vorab

Was Sie sonst noch wissen sollten

Volksmedizin und Kräuterbrauchtum

Von Kräuterweibern und Bauerndoktoren

Zweifel an der Wissenschaft

Die langsame Akzeptanz der Schulmedizin

Schwierige Abgrenzung

Typische Maßnahmen der Volksmedizin

Belege aus der Vergangenheit

Eine Sonderausstellung im steirischen Volkskundemuseum Stainz

Die Familie Ragginer, 200 Jahre Volksmedizin in Südtirol

Typische Bräuche und Traditionen

Kräuterbuschen-Binden

Räuchern

Von einst ins Heute


Bergholunder


Wilder Schnittlauch mit Perlmutterfalter

Heilkräuter von A bis Z

Alant

Aloe vera

Augentrost

Baldrian

Bärlapp/Keulen-Bärlapp

Bärlauch

Beifuß

Beinwell

Berberitze/Sauerdorn

Betonie/Heilziest

Birke

Blutweiderich

Blutwurz

Borretsch

Brennnessel

Brombeeren

Dost/Wilder Dost

Eberesche/Vogelbeere

Efeu

Ehrenpreis, Echter und Gamander-

Eibisch

Eiche/Stieleiche

Eisenkraut

Engelwurz, Echte

Frauenmantel

Gänseblümchen

Gänsefingerkraut

Giersch

Gundermann/Gundelrebe

Guter Heinrich

Hagebutte/Heckenrose

Hauhechel, Dornige

Himbeere

Hirtentäschel

Holunder, Schwarzer

Hopfen

Huflattich

Johanniskraut, Echtes

Kamille, Echte

Kapuzinerkresse

Kohl (Weißkohl/Weißkraut)

Königskerze, Großblütige

Kornelkirsche

Labkraut, Echtes

Lärche


Maiglöckchen

Lein

Liebstöckel

Linde, Sommer- und Winter-

Löwenzahn, Wiesen-

Mädesüß, Großes

Malve, Wilde

Meerrettich

Mistel

Nachtkerze

Odermennig

Ringelblume

Ruprechtskraut

Salbei

Sauerklee/Wald-Sauerklee

Schafgarbe

Schlehe/Schwarzdorn

Spitzwegerich

Thymian/Arznei-Thymian

Vogelmiere

Wacholder

Walnuss

Wasserdost

Wasserminze

Wegwarte/Zichorie

Weidenröschen, Kleinblütiges

Weißdorn

Anhang

EXTRA: Giftige Heilpflanzen

EXTRA: Geschützte Pflanzen

Begriffserklärungen

Pflanzliche Inhaltsstoffe und ihre Bedeutung

Literatur/Bezugsquellen/Museen

Stichwortregister

Vorwort

Wir sind nicht auf der Erde, um ein Museum zu hüten, sondern um einen Garten zu pflegen, der vor blühendem Leben strotzt.

Dieser Satz ist heute wichtiger denn je. Er stammt von Papst Johannes XXIII., der von 1958 bis 1963 das Amt innehatte. Schon vor über 50 Jahren war ihm bewusst, wohin es führen kann, wenn wir nicht sorgsamer mit der Erde, mit der Natur und mit unserer Umwelt umgehen.

Wir sind heute bereits in der Situation, dass weite Teile unserer Landschaft nur noch eine sehr geringe Artenvielfalt aufweisen. Viele Wiesen werden permanent überdüngt, und die intensive wirtschaftliche Nutzung führt zu nitratreichen, verhärteten Böden. Ein großer Teil der Insekten, wie Käfer, Schmetterlinge oder Bienen, finden nur noch wenig Nahrung und Lebensraum und haben es heutzutage schwer, zu überleben. Denn zur intensiven Düngung kommt das häufige Mähen hinzu. Ab Ende Mai gibt es meist keine blühenden Wiesen mehr. Dazu kommt in manchen Gegenden der intensive Einsatz von Spritzmitteln, zum Beispiel bei Getreide und Mais.


Wenn wir Menschen nicht realisieren, dass auch unser eigenes Überleben von einer intakten Natur abhängig ist, und nicht aufhören, weiterhin ein Gefüge zu zerstören, in dem alles miteinander verbunden ist, alles aufeinander einwirkt und voneinander abhängig ist, dann werden wir vielleicht eines Tages fassungslos vor unfruchtbaren, vergifteten Wiesen und Feldern stehen und uns fragen, wie es so weit kommen konnte.

Bereits Albert Einstein hat gesagt: »Zuerst stirbt die Biene, dann stirbt der Mensch.«


Heufalter

Leben im Sinne der Natur

Auf der anderen Seite gibt es gerade wegen dieser bedrohlichen Veränderung bereits sehr viele Menschen, die sich ernsthaft Gedanken darüber machen, wie man der derzeitigen Entwicklung entgegenwirken könnte. Dazu gehören unter anderem die Biobauern, Biogärtner und Imker. Auch Initiativen zum Nachzüchten alter Gemüsesorten sind sehr wertvoll. Denn so werden unabhängige Samenbanken geschaffen, falls in Zukunft nur noch einjähriges Saatgut erhältlich sein wird. Mancherorts werden in Parks Bienenweiden und Kräutergärten angelegt, Verkehrsinseln werden mit Streusamenmischungen zum Erblühen gebracht – alles herrliche Oasen für Bienen, Hummeln und Schmetterlinge! Auch die Initiative der »Sonnenäcker« möchte ich erwähnen, wo Privatpersonen die Möglichkeit haben, ihr eigenes Gemüse biologisch anzubauen.

Was jeder selbst tun kann

Selbstverständlich kann jeder Einzelne etwas beitragen, um die natürliche Vielfalt zu erhalten. Wenn er im eigenen Garten auf jegliches Gift verzichtet, wenn er anstatt der giftigen Thuja tierfreundliche Sträucher und Hecken pflanzt, seinen bisher penibel geschorenen Rasen zu einer Blumenwiese erblühen lässt, wenn er für Terrasse oder Balkon speziell bienenfreundliche Pflanzen wählt und, wann immer es möglich ist, direkt bei Imkern, Biogärtnern und Biobauern einkauft.

 

Eine wichtige Rolle spielen auch die langjährigen Bemühungen der Naturschützer um ausgewiesene Schutzzonen, ohne diesen Einsatz hätten wir keine Naturschutzgebiete. Aber sollen sich die nächsten Generationen wirklich in Zukunft dort zeigen und erklären lassen, wie unsere Landschaft früher einmal aussah?

In meinen Wildkräuter-Führungen und -Seminaren ist mir wichtig, die Achtsamkeit der Teilnehmer zu schulen, um ihnen die Bedeutung der Zusammenhänge in der Natur vor Augen zu führen, um in ihnen Verständnis und Wertschätzung für das Reich der Pflanzen und für alles, was dazugehört, zu erwecken oder zu vertiefen.

Ich wünsche mir, dass meine Liebe zur Natur ansteckend wirkt und dass ich mit meiner Begeisterung fürs Pflanzenreich noch viele Menschen erreichen werde, die wie ich das starke Bedürfnis haben, unsere wundervolle Schöpfung zu bewahren.

Ohlstadt, im Mai 2017

Elfie Courtenay


Einführung

Mit diesem Buch möchte ich Ihnen zeigen, welch herrliche Fülle die Natur hervorbringt, wenn wir sie nur lassen! Dann beschenkt sie uns unaufhörlich mit kostbarsten Gaben, und es liegt allein an uns, all das zu entdecken, was sie für uns bereithält, diese Gaben zu schätzen, ihren wahren Wert zu achten und ihre Heilkraft klug zu nutzen!

Wenn Sie bisher noch keinerlei Erfahrungen mit Wildkräutern sammeln konnten, möchte ich Ihnen raten, bei der ein oder anderen Kräuterführung mitzugehen, um Ihren Blick zu schärfen und wenigstens ein paar Pflanzen schon bald allein erkennen und bestimmen zu können. Falls Sie unsicher sind, gilt immer die oberste Regel:

Sie dürfen nichts zu sich nehmen, was Sie nicht einwandfrei identifiziert haben!

Auch bei Pflanzen, nicht nur bei Pilzen, gibt es giftige, und auch wenn es nicht viele tödlich giftige gibt, auf einen Brechdurchfall oder Leberschaden werden Sie bestimmt gern verzichten. Selbst auf normalerweise unbedenkliche Kräuter können einzelne Personen mit Unverträglichkeiten oder Allergien reagieren. Deshalb gilt grundsätzlich, erst einmal eine kleine Menge zu probieren und diese dann gegebenenfalls zu steigern, wenn einem die Pflanze gut schmeckt und bekommt. Natürlich ist auch zu bedenken, dass sich Magen und Darm erst auf größere Mengen Rohkost einstellen müssen. Falls Sie also bisher kaum rohe Kräuter oder Gemüse zu sich genommen haben, dürfen Sie sich natürlich nicht wundern, wenn Sie zum Beispiel nach einer Schüssel voller Löwenzahnblätter plötzlich fürchterliche Blähungen oder Bauchschmerzen bekommen. Sie haben nichts »Falsches« gegessen, nur die Menge war für Sie nicht die passende.

Ich empfehle immer, sich ein gutes Bestimmungsbuch zuzulegen, um im Zweifelsfall nachschlagen zu können. Leider sind die Bezeichnungen zur Giftigkeit der einzelnen Pflanzen in den verschiedenen Büchern nicht einheitlich, außerdem gibt es keinerlei Mengenangaben. Aber wie schon gesagt: Sie sollten die Verträglichkeit sowieso immer erst mit kleinen Mengen ausprobieren.

Wichtiges vorab

Giftige Pflanzen

Sie sind zwar nicht für den menschlichen Verzehr geeignet, spielen aber oft eine sehr wichtige Rolle in der Phytotherapie oder auch Homöopathie. Einige hochgiftige Pflanzen, vor allem solche, bei denen Verwechslungsgefahr mit essbaren Pflanzen besteht, werde ich ab Seite 234 noch vorstellen.

Geschützte Pflanzen dürfen auf keinen Fall aus der Natur entnommen werden! Auch hier ist die Information in den Bestimmungsbüchern leider nicht einheitlich, auch kann es Unterschiede in den einzelnen Bundesländern geben. Lassen Sie eine unbekannte Pflanze im Zweifelsfall unbedingt stehen, am besten machen Sie ein Foto, notieren sich den Standort und schauen zu Hause im Buch oder im Internet nach. Es gibt sogar schon Bestimmungsbücher für E-Reader oder Smartphones, sodass Sie mit entsprechender technischer Ausrüstung bereits in freier Natur Pflanzenbestimmung betreiben können. Es kann Ihnen auch passieren, dass Sie in älteren Büchern noch Rezepte finden, die heute überholt sind, weil die Pflanzen inzwischen unter Naturschutz stehen.

Grundsätzlich gilt, nur kräftige, gesunde Pflanzen zu ernten, die man sicher erkannt hat und auch während weniger Tage verbrauchen wird. Damit die Kräuter möglichst frisch bleiben, geben wir sie mit einem Spritzer Wasser in einen Cellophanbeutel, blasen ihn auf, verknoten ihn und schütteln ihn ein bisschen durch. Auf diese Weise erhalten die Kräuter ihr Aussehen und Aroma im Kühlschrank für etwa fünf Tage.

Essbare Blüten sollten Sie nur in kleinen Mengen sammeln, da sie sich nicht gut aufheben lassen. Am besten lassen Sie die Blüten bis kurz vor dem Verzehr in einer Schüssel mit Wasser schwimmen, oder Sie ernten die Blüten mit Stängeln und binden kleine Sträußchen, die Sie in Wassergläschen oder kleine Blumenvasen stellen. Eine gute Sammelzeit ist der späte Vormittag, wenn die morgendliche Feuchtigkeit abgetrocknet ist und die Pflanze bereits neue Inhaltsstoffe gebildet hat. Es empfiehlt sich nicht, während der warmen Mittagszeit zu sammeln, wenn die ätherischen Öle flüchtig werden und die Pflanzen wegen des Feuchtigkeitsmangels schnell zusammenfallen und unansehnlich werden. Wenn andere Regeln gelten, werde ich das bei der jeweiligen Pflanze, die Sie ab Seite 38 aufgelistet finden, erwähnen.

Gesammelt wird mit Korb und Schere, denn die frischen Kräuter sollten luftig lagern, und mit einer Schere kann einfach und gezielt geerntet werden. Manche Pflanzen haben harte Stängel und flache Wurzeln und beim Versuch, sie abzupflücken, würde man sie nur allzu leicht ausreißen. Außerdem brauchen wir manchmal nur Teile der Pflanze, darauf werde ich bei den Pflanzenporträts jeweils individuell eingehen.

Geeignete Ernteplätze

Achtsam sammeln

Nicht ernten sollten Sie an Straßenrändern, Bahndämmen und den typischen Gassi-Wegen für Hunde. Auch nirgends, wo Insektizide oder Pestizide gespritzt wurden, und natürlich auch nicht von Wiesen, auf denen Gülle ausgebracht wurde. Manchmal gibt es Randbereiche, die von Gülle verschont geblieben sind, dies können Sie dann meist sofort an den sogenannten Zeige- oder Indikatorpflanzen erkennen.


Skabiosen-Flockenblume Indikatorpflanze

Wichtig beim Ernten ist, dass wir nur an den Plätzen Pflanzen entnehmen, wo die Art reichlich vorhanden ist. Einzelne Pflanzen sollten wir grundsätzlich stehen lassen, damit sie sich weiter vermehren können. Von vorhandenen Pflanzen entnehmen wir immer nur so viel, dass sie sich schnell erholen und wieder weiter austreiben werden.

Ernte bei Regenwetter ist nicht wirklich ratsam, aber falls Sie Ihrer Familie oder Freunden bereits ein Kräuteressen versprochen haben, sollten Sie die nassen Kräuter zu Hause sofort waschen, auf Küchenkrepp auslegen und mehrfach aufschütteln, damit sie bis zur Verwendung nicht zusammenfallen und ihr Aroma einbüßen. Sie können sie auch kurz blanchieren und so im Kühlschrank aufbewahren. Geeignete Ernteplätze müssen Sie erst einmal in der Nähe Ihres Wohnortes erkunden.

Wie schon im Vorwort erwähnt, ist dies in manchen Gegenden gar nicht so einfach. Versuchen Sie es mal an Waldrändern und Hecken, an Gräben, Bächen, Seen oder an Flussufern. Vielleicht haben Sie aber auch Glück und finden einen Biobauern, an dessen Feldrändern Sie sammeln dürfen. Am besten für die Ernte geeignet sind reine Viehweiden, denn dort hat sich der größte Artenreichtum erhalten, und diese Wiesen werden in der Regel auch nicht zusätzlich gedüngt. Wenn die Weide abgefressen ist, kommen die Tiere auf eine andere, und innerhalb von etwa zwei Wochen ist alles wunderbar nachgewachsen und kann geerntet werden. Dort finden sich oft auch frisch nachgewachsene Brennnesselfelder, weil sie zwischendurch von den Bauern weggemäht werden. Da die Tiere keine Brennnesseln fressen, würden sie sich sonst mit der Zeit zu sehr ausbreiten. Es gibt auch Wiesen, die wechselweise gemäht und beweidet werden, aber auch hier werden Sie problemlos am Pflanzenbewuchs erkennen können, inwieweit der Boden stark überdüngt und nitratreich oder zum Sammeln geeignet ist.

Was Sie sonst noch wissen sollten


Details notieren

Vergessen Sie nie die Beschriftung Ihrer Gläschen, Fläschchen oder Beutel, denn nur allzu leicht gerät in Vergessenheit, was man da genau angesetzt oder zusammengemischt hat. Vermerken Sie auch immer das Herstellungsdatum.

Zur Haltbarmachung können Sie Kräuter trocknen, in Alkohol, Essig oder Öl einlegen, auch schichtweise in Salz oder Honig. Oder Sie verarbeiten Kräuter bzw. Blüten, Beeren oder Früchte zu Saft, Sirup oder Gelee.

Das Trocknen der Kräuter sollte an einem warmen, luftigen Ort geschehen, aber niemals in der prallen Sonne. Temperaturen über 40 Grad lassen die ätherischen Öle flüchtig werden, und ist die Pflanze erst einmal geerntet, bildet sie keinerlei neue Inhaltsstoffe mehr nach.

Zur längerfristigen Aufbewahrung hängen Sie Ihre Kräutersträuße an einen luftigen Ort, zum Beispiel auf den Speicher. Abgezupfte, getrocknete Kräuter bewahren Sie am besten in Stoffsäckchen oder Papiertüten auf, damit eventuelle Restfeuchtigkeit noch entweichen kann, ansonsten besteht die Gefahr der Schimmelbildung. Absolut trockene Kräuter können Sie auch in Gläsern mit Schraubdeckel aufbewahren. Die Haltbarkeit getrockneter oder eingelegter Kräuter beträgt etwa ein Jahr, dann nimmt die Wirkung der Inhaltsstoffe allmählich ab. Manche, aber nicht alle Kräuter eignen sich zum Einfrieren (siehe jeweilige Pflanzenporträts ab Seite 38).

Die Herstellung eines Heilkräutertees geschieht durch Überbrühen mit heißem Wasser, kurz nach dem Aufkochen. Nur etwa drei bis fünf Minuten ziehen lassen und ungesüßt trinken. Eventuelle Ausnahmen werden bei der betreffenden Pflanze angegeben. Bitte beachten Sie, dass sich die Wirkung durch die Dauer des Auszugs verändern kann.

Rezepte für die Küche finden Sie bei den jeweiligen Pflanzenporträts ab Seite 38.

Rezepte für pflanzliche Heilmittel stehen ebenfalls bei den jeweiligen Pflanzen sowie im Kapitel mit den Überlieferungen.

Für die eigene Hausapotheke können Sie Öle, Salben, Tinkturen und vielerlei Tees herstellen. Beachten Sie aber bitte, dass Sie diese Produkte zwar verschenken, aber auf keinen Fall verkaufen dürfen (Arzneimittelgesetz).


Wichtig!

Bitte klären Sie immer zuerst mit Ihrem Arzt oder Heilpraktiker, ob und in welchem Rahmen pflanzliche Mittel für Sie als Behandlung oder unterstützende Maßnahme infrage kommen. Die Verwendung der in diesem Buch besprochenen Pflanzen erfolgt auf eigenes Risiko. Auch auf harmlose Stoffe können im Einzelfall allergische Reaktionen auftreten.


Volksmedizin und Kräuterbrauchtum

Für unsere Vorfahren war es etwas ganz Natürliches und Selbstverständliches, die Natur zu beobachten und dadurch zu erfahren und zu wissen, welche Pflanzen wie genutzt werden konnten. Das Wissen um die Heilkraft der Kräuter war ein reines Erfahrungswissen und wurde von Generation zu Generation weiter vererbt, meistens von den Müttern an die Töchter.

Von Kräuterweibern und Bauerndoktoren

Wenn wir bedenken, dass es bis vor gut 200 Jahren auf dem Land keine Ärzte gab, dann mag uns das sehr lange her erscheinen, wenn wir uns aber bewusst machen, wie alt die Menschheitsgeschichte ist, dann sind 200 Jahre nicht mehr als ein Wimpernschlag. Erst ab 1803, mit Beginn der Säkularisation, kamen die ersten Amtsärzte aufs Land. Aber das Landvolk war arm und misstrauisch, und zum »Doktor« ging man nur, wenn sonst gar nichts mehr half. Es gab ja auch noch keine Krankenversicherungen, und wenn man kein Geld hatte, musste man versuchen, mit Naturalien zu zahlen, also beispielsweise einem Stück Fleisch oder einem Sack Mehl. Weil aber auch die Nahrung meistens knapp war, überlegte man sich gut, »ob’s den Doktor wirklich braucht«.

 

Neben dem wichtigsten Kräuterwissen gab es in jeder Familie eine Hausapotheke, und ansonsten wusste man immer, wo und bei wem man sich Hilfe holen konnte. Es gab Kräuterweiberl und Bauerndoktoren, die man aufsuchen oder rufen lassen konnte, und wenn eine Geburt anstand, kam eine Hebamme ins Haus. Natürlich war damals die Sterblichkeitsrate bei jungen Frauen, aber auch bei Säuglingen, ziemlich hoch. Auch bei schweren Krankheiten, Seuchen und Epidemien gab es oft keine Rettung, und so lag um 1700 herum die durchschnittliche Lebenserwartung unter 40 Jahren. Das war ganz normal, man kannte es ja auch nicht anders. Im Gegensatz zu heute war den Menschen der Tod sehr vertraut, er war Teil des Lebens, gehörte genauso dazu wie das Geborenwerden – und alles fand zu Hause statt.

Das, was wir heute als Volksmedizin bezeichnen, galt damals, vor gut 200 Jahren und auch noch früher, als altbewährt und beständig, es war eine Erfahrungs-Heilkunde, die für die Menschen zum Alltag gehörte und glaubhaft war, weil sie sich über viele Generationen immer weiter entwickelt, vertieft und bewährt hatte. Zu dieser Volksmedizin gehörten unter anderem auch religiöse und magische Praktiken, aber ein ganz wichtiger Bereich war vor allem die Kräuterheilkunde.

Zweifel an der Wissenschaft


Natürlich gab es anfangs auch noch keine Apotheken, Krankenhäuser und Kuranstalten, aber die Menschen vertrauten auf die altbewährten Mittel und waren damit zufrieden.

Die sogenannte »wissenschaftliche Medizin« genoss damals nicht den Status des Altbewährten und Vertrauenswürdigen, und natürlich machten sich die ersten Landärzte auch nicht gerade beliebt, wenn sie die Kräutermedizin der ländlichen Bevölkerung als Einbildung und Aberglauben abtaten. Die Ärzte vertrauten Methoden wie dem Aderlass, aber die Menschen auf dem Land verließen sich meist lieber aufs Abbeten und glaubten eher an die Hilfe Gottes als an die des Arztes.

Es gibt Überlieferungen, wonach die »städtischen Ärzte« noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts allzu oft Heilmittel verordnet hätten, die mit giftigen Substanzen versetzt wurden, wie mit Quecksilber, Blei, Silber, Kupfer und anderen. Auf diese Weise erlangten sie zu Recht das Misstrauen der Patienten, besonders, weil diese Gifte in hoher Dosis verordnet wurden und zusammen mit dem immer noch gebräuchlichen Aderlass sehr häufig zum Tode führten.

In Süddeutschland, aber beispielsweise auch in Südtirol und der Steiermark, bildeten sich Gruppen von Laienärzten, die ganz entschieden gegen diese »Giftmischer« ankämpften. Diese Laienärzte oder auch Bauerndoktoren versorgten einen Großteil der Landbevölkerung mit selbst hergestellten Medikamenten. Sie benutzten vor allem Kräuter und Wurzeln, und die Zutaten, die sie nicht selbst in der Natur finden und sammeln konnten, erwarben sie von den zahlreichen kundigen Kräutersammlerinnen – oder sie besorgten sie sich beim Apotheker. Dies führte zu großen Anfeindungen der studierten Ärzte gegenüber den Apothekern, weil sie sich übergangen fühlten. Sie vertraten die Auffassung, dass ein Gang in die Apotheke ohne vorherige Konsultation eines gelehrten Mediziners nicht gestattet sein sollte.


Aderlass-Schnapper im Volkskundemuseum Dietenheim bei Bruneck im Pustertal/Südtirol


»Dieß leere Glas wigt 1 Kilo 541/2 Decca. Wenn dieß Glas voll ist, so enthaltet es 416 Decca Öhl und wigt zusammen 5 Kilo 71 Decca.«

Aber die Abneigung der Menschen gegenüber den studierten Ärzten ließ sie lieber zum Apotheker gehen, der eigene Medikamente herstellte und sie viel billiger verkaufte als die Ärzte die ihren. Der Apotheker war Chemiker und bot den großen Vorteil, dass sich seine Kunden von ihm bestens beraten fühlten.

Die langsame Akzeptanz der Schulmedizin

Zu einer Etablierung der Ärzteschaft mit allen beruflichen Kompetenzen kam es erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Nach mehreren Medizinalreformen mussten schließlich die Wundärzte und Hebammen ihre bis dahin anerkannte Position an die akademisch geschulten Chirurgen und die wissenschaftlich ausgebildeten Geburtshelfer abgeben.

Trotz der anhaltenden wissenschaftlichen Streitigkeiten innerhalb der Ärzteschaft waren diese sich doch in einem Punkt immer einig: Den sogenannten Scharlatanen, Kurpfuschern und Quacksalbern wollten sie unbedingt das Handwerk legen. Der prominenteste sogenannte »Kurpfuscher« des 19. Jahrhunderts war Pfarrer Sebastian Kneipp (1821–1897), der 1855 einige aufsehenerregende Erfolge mit seiner Wasserbehandlung erzielte und trotzdem von der Wörishofener Ärzteschaft mehrfach wegen »Kurpfuscherei« angeklagt wurde.

Am 25. Mai 1869 wurden die alten Gesetze abgeschafft, die es Naturheilern und Laienärzten laut medizinaler Bestimmung verboten, dem Volk ihre Dienste anzubieten.

Nachdem der Abgeordnete Wilhelm Löwe (1814–1886) die strikte Approbationsordnung für überflüssig erklärt hatte, verabschiedete der Reichstag des Norddeutschen Bundes die Neufassung des §29 der Gewerbeordnung. Man pochte auf die Berufsfreiheit und vertraute darauf, dass jeder Mensch den richtigen Arzt oder die für ihn richtige Behandlung selbst finden würde. Bis 1873 übernahmen sämtliche anderen Bundesstaaten des Deutschen Reiches diese Regelung. Somit wurde jedem gestattet, eine Heiltätigkeit auszuüben. Aber nur, wer eine Approbation hatte, durfte sich »Arzt« nennen. Als daraufhin die Kurpfuscherei erheblich zunahm, rief die organisierte Ärzteschaft zum Kampf auf. Aber trotz der Änderung einiger Bestimmungen gelang es nicht, Naturheiler und Laienärzte komplett zu verbieten.

Schwierige Abgrenzung

Anhand dieser Fakten lässt sich gut nachvollziehen, dass es im gesamten 19. Jahrhundert noch nicht möglich war, eine klare Abgrenzung zwischen Volks- und Schulmedizin, zwischen Naturheilern, Kräuterfrauen, Bauerndoktoren, Laienärzten und studierten Medizinern zu ziehen. Das Angebot war bunt und vielfältig, und jeder Kranke oder Leidende musste selbst schauen, von welcher Behandlung er sich am meisten versprach bzw. welche er sich leisten konnte.

Für das einfache Volk hatte die professionelle wissenschaftliche Medizin keinerlei Bedeutung, wichtig war allein der Heilerfolg.

1901 erschien ein Erlass des preußischen Justizministers, welcher die Möglichkeit strafrechtlicher Verfolgung von Kurpfuschern erwähnte. Trotzdem gelang es den Ärzten bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges nicht, die seit 1869 geltende Berufsfreiheit für Laiendoktoren wieder verbieten zu lassen.

Durch genauere historische Untersuchungen zeigt sich, dass verschiedenste medizinische Verfahren aus früheren Jahrhunderten von der Volksheilkunde übernommen wurden. Auch heute noch sind die Grenzen zwischen Volks- und Schulmedizin oft fließend, denn die volksheilkundliche Einbeziehung von Pilzen und Heilpflanzen wird inzwischen auch von der Schulmedizin akzeptiert. Nachdem pflanzliche Mittel für Jahrzehnte von chemischen Mitteln verdrängt worden waren, hat die Schulmedizin sie jetzt wiederentdeckt, nachdem die Wirksamkeit der Inhaltsstoffe inzwischen durch chemische Analysen nachgewiesen werden kann.

Aus diesen Gründen ist eine genaue Abgrenzung oder Definition für die Volksmedizin auch deshalb so schwierig, weil Bereiche, die ursprünglich nicht Teil der Schulmedizin waren, inzwischen von ihr genutzt werden. Dazu gehören neben der Pflanzenheilkunde auch Gebiete wie die Homöopathie oder Bachblütentherapie.

Typische Maßnahmen der Volksmedizin


Alte Weide nahe Schlehdorf

Dazu gehörten von jeher das Auswaschen von Wunden mit Kräuter- oder Rindensud, beispielsweise von Gundermann oder Eichenrinde, Pflanzenkompressen, zum Beispiel mit Schafgarbe oder Spitzwegerich, der Auftrag von Wundsalben oder Wundölen, beispielsweise von Johanniskraut und bandagiert mit Leintuch. Wichtig war auch das Gurgeln oder Inhalieren mit Kräuteraufgüssen, wie von Kamille oder Thymian, das Trinken von Kräutertees oder Heilweinen sowie das Ansetzen von Tropfen, zum Beispiel mit Branntwein und Arnika. Auch das Desinfizieren mit Räucherungen war allgemein üblich, beispielsweise mit Wacholder und Beifuß – und nicht zuletzt waren das Einrenken von Gliedern sowie das Schienen und Bandagieren von Brüchen seit Jahrhunderten selbstverständliche Praktiken der allseits genutzten und geachteten Volksmedizin.

Die Anwendung dieser Heilmittel wurde sehr oft von religiösen oder magisch-zauberischen Vorstellungen begleitet. Neben dem meist üblichen Vater-unser-Beten gab es auch geheime Sprüche, die während der Behandlung gesagt werden mussten, damit die gewünschte Wirkung eintreffen würde.

Beim »Heilzauber« waren es bestimmte Handlungen, die man auszuführen hatte. Bei Fieber sollte man eine Weide aufsuchen, einen Ast ergreifen und einen Knoten hineinbinden, dazu sollte man folgenden Zauberspruch sagen:

»Wiedl wiedl Weiden,

muaß i gar so leidn

dös Fieber wo i han,

dös bind i hier an.«

Damit der Spruch wirkte, durfte man sich beim Weggehen vom Weidenbaum nicht mehr umdrehen.

Neben dem »Anbinden« war auch das »Verzapfen« sehr verbreitet. Dazu hat man sich zur Zeit des abnehmenden Mondes Haarbüschel und Fingernägel abgeschnitten und in ein Stück Papier eingerollt, oder man hat Haare und Fingernägel eines Kranken genommen. Man musste sie »ungesehen« in den Wald tragen und in ein Loch stecken, das man zuvor in eine Fichte gebohrt hatte. Dazu sprach man, je nach Leiden, in einer Art Befehlston beschwörende Sätze.

»Jetzt nimm es ab mein/sein Schmerz und Leid, heut und für alle Zeit.«

Danach wurde das Loch »verzapft«, meistens mit kleinen Holzstiften, die man in Baumharz getaucht hatte.

Abbeten und Aderlässe

»Nimm das Reißen, die Schwindsucht und die Gicht, das sollst du jetzt haben und ich nicht.«

Auch das »Abbeten« hat eine lange Tradition und wurde bei schlimmeren Krankheiten oft zusätzlich zu den anderen Behandlungen angewendet. Da die Krankheiten und Leiden oft in Zusammenhang mit dem Glauben an Schuld und Sühne standen, wurde dem Abbeten große Bedeutung beigemessen.

Manchmal glaubte man auch, dass bestimmte Plätze oder Steine Krankheiten abnehmen würden, und sprach Verse wie diesen:

Doch weil die Menschen nicht genug vertrauten, dass ihre eigenen Gebete und Bitten erhört würden, gingen sie zu einem Abbeter. Sie waren überzeugt, dass er geübter war im Beten und einen besseren Draht zu höheren Mächten hatte als sie selbst.

»Aus meinem Herzensgrund, bitt ich in dieser schweren Stund nimm von mir Schmerz und Pein, so soll es sein!«

Heute in vielen Gegenden noch bekannt ist das Abbeten von Warzen. Es muss immer bei abnehmendem Mond erfolgen, wie bei allem, was verschwinden soll.

Aderlässe wurden bei zunehmendem Mond angeraten, um zu vermeiden, dass der Patient verbluten würde.

Meist legte man als Opfergabe ein paar Blumen ab.

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