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Friedrich Arnold Brockhaus - Erster Theil

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Friedrich Arnold Brockhaus - Erster Theil
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Vorwort

Am 4. Mai dieses Jahres sind hundert Jahre seit dem Tage verflossen, an welchem geboren wurde. Dem Gedächtnisse des Verewigten sollen bei dieser Jubelfeier nachfolgende Blätter geweiht sein.

Friedrich Arnold Brockhaus

Kaum mehr als die Hälfte dieses Zeitraums war ihm zu leben vergönnt: am 20. August 1873 werden es funfzig Jahre, daß er im kräftigsten Mannesalter den Seinigen und seinem Wirken entrissen worden ist. Und nur achtzehn von den einundfunfzig Jahren seines Lebens wirkte er in dem Berufe, zu dessen hervorragendsten und verdientesten Vertretern er gehört.

Was er in dieser kurzen Spanne Zeit erstrebt und geschaffen, gibt ihm den Anspruch darauf, daß sein Gedächtniß in Ehren gehalten, sein Leben und Wirken der Nachwelt vorgeführt werde. Friedrich Arnold Brockhaus verdient ein Blatt in der Geschichte des deutschen Buchhandels, und der Versuch, ihm ein solches zu widmen, bedarf darum keiner Rechtfertigung.

Dagegen erscheint eine Erklärung nöthig, weshalb ein solcher Versuch nicht schon früher gemacht wurde.

Der Grund liegt hauptsächlich darin, daß für eine Biographie desselben nur ein ungenügendes, geringes und lückenhaftes Material vorhanden ist. Deshalb kam auch die bald nach seinem Tode von einem Freunde, Professor Friedrich Christian August Hasse in Dresden, gehegte Absicht, ihm ein literarisches Denkmal zu errichten, nicht zur Ausführung, obwol er vor Vielen dazu berufen und befähigt gewesen wäre. Aus gleichem Grunde trat in späterer Zeit der Gedanke an eine ausführlichere biographische Schilderung immer mehr in den Hintergrund, je weniger es trotz mehrfacher Bemühungen gelingen wollte, jene Lücken auszufüllen. Die an den Tagen des 13. und 14. Juli 1856 begangene Jubelfeier des funfzigjährigen Bestehens der Firma F. A. Brockhaus ließ den Wunsch nach einer Lebensschilderung ihres Begründers wieder lebhafter hervortreten, und sein hundertjähriger Geburtstag erschien als der passendste Zeitpunkt zur Ausführung.

Der Unterzeichnete, ein Enkel des Verstorbenen, übernahm die schwierige Aufgabe; er fühlt vor allem die Verpflichtung, sich wegen dieses Wagnisses zu entschuldigen, und muß dabei zunächst von sich selbst sprechen.

Wie mein Vater Heinrich Brockhaus, der seit dem Tode seines Vaters, bis 1850 zusammen mit seinem ältern Bruder Friedrich, an der Spitze des Geschäfts steht, und dessen funfzigjährige buchhändlerische Wirksamkeit wir gleichzeitig mit dem hundertjährigen Geburtstage seines Vaters feiern können, und wie mein jüngerer Bruder Heinrich Rudolf, habe ich es mir zur Lebensaufgabe gemacht, die Firma F. A. Brockhaus im Geiste ihres Gründers fortzuführen. Seit über 20 Jahren ihr angehörend, hegte ich von jeher den lebhaften Wunsch, mich mit dem Leben meines Großvaters näher bekannt zu machen und es dann auch Andern zu schildern. Meine hohe Achtung für ihn und sein Wirken als Buchhändler stieg immer mehr, je vertrauter ich mit seinen Schöpfungen wurde. Ich beschäftigte mich eingehend mit dem trotz der Lückenhaftigkeit sehr umfänglichen Material an Briefschaften sowie mit den Verlagsartikeln unserer Firma aus jener Zeit, und es gelang mir auch wenigstens von einigen Seiten wichtige Vervollständigungen jenes Materials zu erlangen. Als diese wichtige Vorarbeit beendigt war, erkannte ich freilich, daß es nur verhältnißmäßig Weniges sein würde, was ich daraus zusammenstellen könnte, doch aber mußte ich mir sagen, daß es zu bedauern wäre, sollte auch dieses Wenige verloren gehen. So ist es mir als Pflicht erschienen, lieber das zu geben, was ich geben konnte, als, vor der Schwierigkeit der Aufgabe zurückschreckend, die bessere Ausführung einer ungewissen Zukunft zu überlassen.

Denn auch die Ueberzeugung mußte ich bald gewinnen, daß ein ferner Stehender oder einer spätern Generation Angehörender noch weniger im Stande sein würde, ein einigermaßen treues Lebensbild meines Großvaters zu entwerfen. Ich habe ihn allerdings nicht mehr persönlich gekannt — er starb sechs Jahre vor meiner Geburt; aber außer meinem Vater theilte mir mein Onkel, Professor Hermann Brockhaus, der mich auch bei meiner Arbeit vielfach durch seinen Rath unterstützt hat, manches Nähere über mir sonst unbekannt gebliebene Verhältnisse mit, und ich konnte dadurch sowie durch mündlichen und schriftlichen Verkehr mit Männern, die ihn noch selbst gekannt hatten, jenen für einen Biographen stets mislichen Mangel einigermaßen ersetzen.

Als bloßen Versuch einer Biographie bitte ich aber meine Schilderung anzusehen und, wenn sie selbst geringe Erwartungen nicht befriedigen sollte, dies wenigstens zum Theil Umständen, die außer mir liegen, zuzuschreiben.

Ich bin nicht berufsmäßiger Schriftsteller, sondern praktischer Geschäftsmann; außer der selbst bei vollständiger Befähigung erforderlichen Uebung fehlte mir aber auch die zu einer bessern Lösung der Aufgabe nöthige Zeit.

Mit an der Spitze eines umfangreichen Geschäfts stehend, konnte ich nur die wenigen Stunden der Muße und die sonst der Erholung bestimmte Zeit zuerst auf die Lektüre der Tausende von Briefen sowie der einschlagenden Literatur, dann auf die Ausarbeitung verwenden. So habe ich auf dem Comptoir und zu Hause, auf dem Redactionsbureau und auf dem Reichstage, namentlich aber auf Erholungsreisen, in Dresden und Thüringen, im Seebade auf der Insel Wight und der Insel Sylt, seit Jahren fast jede freie Stunde, seltener einige Wochen, der Arbeit gewidmet. Eine zusammenhängende längere Zeit ausschließlich für sie zu gewinnen war mir unmöglich.

Meine nächste Absicht war ferner nur die: den Mitgliedern der Familie sowie den Angehörigen und Freunden unserer Firma ein Lebensbild von Friedrich Arnold Brockhaus darzubieten, aus seinen und aus den an ihn gerichteten Briefen das nach meiner Ansicht Wesentliche und Charakteristische mitzutheilen, und nur so viel, als zum bessern Verständniß desselben ganz nothwendig erschien, hinzuzufügen. Erst während der Arbeit gewann ich die Ansicht, daß meine Mittheilungen doch auch für weitere Kreise, zunächst für den deutschen Buchhandel, Interesse haben könnten, und ich entschloß mich deshalb, sie nicht, wie anfänglich beabsichtigt, blos als Manuscript für die Familie und für Freunde drucken zu lassen, sondern sie auch allgemein zugänglich zu machen. Ich hoffe damit zugleich meinerseits eine Anregung zu geben, daß auch andere Buchhandlungen künftig mehr als bisher Mittheilungen aus ihren Geschäftspapieren als Beiträge zu einer leider noch nicht geschriebenen Geschichte des deutschen Buchhandels veröffentlichen. Manche der abgedruckten Briefe und andern Actenstücke sowie die mit möglichster bibliographischer Genauigkeit angefertigten Uebersichten über die Verlagsthätigkeit meines Großvaters dürften wol auch auf ein literarhistorisches Interesse Anspruch machen. Bei letztern hat mir besonders der gleichzeitig mit diesem Buche von meinem Vater herausgegebene chronologische Katalog der von 1806 bis 1872 im Verlage der Firma F. A. Brockhaus erschienenen Werke, mit biographischen und literarischen Notizen, treffliche Dienste geleistet.

Was die bei meiner Arbeit befolgte Methode betrifft, so habe ich es mir zur Pflicht gemacht, die Auszüge aus Briefen und andern Aufzeichnungen meist mit den Worten der Verfasser wiederzugeben, nicht in Bearbeitung. Dieser wichtigste Bestandtheil der Arbeit ist von meinen mehr als verbindendes Glied dienenden Bemerkungen auch äußerlich durch den Druck unterschieden. Ich weiß, daß von Vielen die entgegengesetzte Art, die Verarbeitung von Briefen und sonstigen Actenstücken zu einer selbständigen neuen Schöpfung des Biographen, vorgezogen wird. »Friedrich Perthes' Leben« von dessen Sohne Clemens Theodor Perthes ist das mustergültige Beispiel einer in dieser Weise ausgeführten Biographie. Allein abgesehen davon, daß eine solche Behandlung einen Meister der Biographie verlangt, als welcher sich der Verfasser jenes Werks bewährt und dasselbe zu einer Zierde unserer Literatur gemacht hat, gestattete mir schon die Beschaffenheit meines Materials ein ähnliches Verfahren nicht. Aus manchen Lebensperioden meines Großvaters, zum Theil den wichtigsten, war so gut wie nichts vorhanden, über seine Jugend und sein erstes Mannesalter wesentlich nur ein von ihm selbst verfaßter Rückblick, während aus andern Jahren wieder zahlreichere Mittheilungen vorlagen. So blieb mir nach reiflicher Prüfung nichts Anderes übrig, als das Wenige, was ich fand, möglichst vollständig und wortgetreu zu veröffentlichen. Daraus erklärt und entschuldigt sich auch die größere Ausführlichkeit mancher minder wichtiger, die verhältnismäßige Kürze anderer wichtigerer Abschnitte.

Da ich den Namen Friedrich Perthes genannt habe, kann ich es mir nicht versagen, darauf hinzuweisen, daß der hundertjährige Geburtstag beider Männer beinahe zusammenfällt und daß ich diese Zeilen zum Gedächtniß von Friedrich Arnold Brockhaus gerade an dem hundertjährigen Geburtstage von Friedrich Perthes niederschreibe. Perthes und Brockhaus gehören unzertrennlich zueinander als zwei Männer, auf die der deutsche Buchhandel gleichmäßig stolz sein kann. Wie in ihrer Geburt, so berührten sie sich auch vielfach in ihrem Leben und Wirken als Buchhändler und als deutsche Patrioten; wie sie persönlich nahe befreundet waren, werden auch nach dem Tode ihre Namen zusammen fortleben.

Daß ich in dem von mir Geschilderten nicht allein den Gründer unserer Firma, sondern auch meinen Großvater verehre, hat mich nicht abgehalten, die erste Pflicht jedes gewissenhaften Biographen: immer die Wahrheit und zwar die volle Wahrheit zu sagen, auszuüben und obenan zu stellen. Ich habe dies auch in solchen Fällen gethan, wo die Erfüllung dieser Pflicht mir nicht leicht wurde, und alle entgegenstehenden Bedenken fallen lassen. Auch Privatverhältnisse glaubte ich nicht übergehen oder mich auf bloße Andeutungen darüber beschränken zu dürfen, wenn ihre Vorführung zur Schilderung des äußern Lebens oder zur Charakterisirung wesentlich erschien.

 

Auch einen andern Fehler, in den häufig Biographen verfallen, bin ich bestrebt gewesen zu vermeiden: den von mir oft empfundenen Uebelstand, daß der Geschilderte lediglich verherrlicht und als Mittelpunkt der ganzen Zeit, in der er gelebt und gewirkt, hingestellt wird.

Nur die Hälfte meiner Arbeit lege ich gegenwärtig vor und habe sie als ersten Theil bezeichnet, da sich während der Abfassung und nach schon begonnenem Drucke bald die Unthunlichkeit herausstellte, das Ganze in einem Bande und zu dem gebotenen Termine zu vollenden.

Dieser erste Theil schildert das Leben von Friedrich Arnold Brockhaus bis zu seiner Uebersiedelung nach Leipzig und zwar zunächst die Jugend und sein erstes Wirken in Dortmund, dann die Zeit in Amsterdam, darauf die Zwischenperiode vor seiner Niederlassung in Altenburg, endlich die in Altenburg verlebten Jahre. Das beigegebene Bildniß ist nach einem von dem Maler Vogel von Vogelstein in Dresden gezeichneten Porträt gestochen, das als sehr getroffen gilt.

Der zweite Theil ist dem leider nur sehr kurzen Wirken des Verewigten in Leipzig gewidmet und soll außer seiner dort entwickelten lebhaften Verlagsthätigkeit auch die zahlreichen literarischen Streitigkeiten schildern, in die er damals verwickelt wurde, seine Kämpfe gegen den Nachdruck und für eine gesetzliche Regelung der deutschen Preßgesetzgebung, die durch eine Recensur seines Verlags in Preußen entstandenen Schwierigkeiten, endlich die letzte Lebenszeit.

Diesen zweiten Theil hoffe ich dem ersten bald folgen lassen und damit das Werk vollständig vorlegen zu können.

Zum Schluß fühle ich noch die Verpflichtung, allen Denen zu danken, die mich durch Ueberlassung von Briefen, durch Ertheilung von Auskünften oder in anderer Weise bei meiner Arbeit unterstützt haben. Ihre Zahl ist so groß, daß ich darauf verzichten muß, ihnen hier einzeln meinen Dank auszusprechen.

Freilich kann ich aber auch nicht umhin, zugleich der Hoffnung Ausdruck zu geben, daß mir aus Anlaß der Veröffentlichung dieses ersten Theils noch manche werthvolle Beiträge zur Ausfüllung der vorhandenen Lücken zufließen werden. Diese Ergänzungen sowie jede Berichtigung meiner Darstellung werde ich auf das gewissenhafteste und dankbarste benutzen.

Ich empfehle meine Arbeit dem Wohlwollen und der Nachsicht meiner Leser.

Leipzig, 21. April 1872.

Dr. Heinrich Eduard Brockhaus.

Erster Abschnitt.
Anfänge

1.
Vorfahren

Die Familie, welcher Friedrich Arnold Brockhaus entstammt, gehört Westfalen an, wo sie sich durch zwei Jahrhunderte verfolgen läßt; sie ist dort noch jetzt in mehrern Zweigen vertreten, während er selbst und die von ihm gegründete Firma sich in Leipzig niedergelassen haben.

Die Vorfahren von Friedrich Arnold Brockhaus waren fast sämmtlich geistlichen Standes, und unter ihnen befindet sich eine Reihe verdienter evangelischer Pastoren; auch viele Glieder der in ihrem Vaterlande gebliebenen Zweige der Familie haben sich diesem Berufe wieder gewidmet.

Der Erste des Namens Brockhaus, von dessen Leben etwas bekannt ist, war Adolf Heinrich Brockhaus, Pastor zu St. — Thomä in Soest, geboren in Altena (einer kleinen Stadt im westfälischen Sauerlande, nahe bei Lüdenscheid), 1699 ordinirt und 25 Jahre lang, bis 1724, in seinem Amte wirkend. Im Kirchenbuche wird gesagt, daß er ein sehr tüchtiger, fleißiger, ehrsamer, von Allen geliebter Pastor war und an seiner Beerdigung die ganze Gemeinde theilnahm. Er war verheirathet mit Margarethe Katharine Sybel, einer alten Predigerfamilie in Soest angehörend, mit welcher die Familie Brockhaus noch mehrfach in Verwandtschaftsverhältnisse trat.

Aus früherer Zeit ist über die Familie nichts Sicheres zu erfahren, da die ältern Kirchenbücher von Altena nicht mehr vorhanden sind. Wir wissen deshalb auch nicht, ob die Familie schon länger in Altena lebte oder von anderswoher dahin gekommen war. In Altena wird zwar noch ein Vorfahr, Eberhardt Brockhaus aus Unna, seit 1665 als Vicar (zweiter Prediger) genannt1; aber auch über ihn und seine Verwandtschaft mit dem Pastor Adolf Heinrich ist nichts bekannt. Nach Familientraditionen sollen die Vorfahren schon seit den Anfängen der Reformation lutherische Prediger in Westfalen gewesen sein.

Mit dem bekannten holländischen Philologen und Dichter Brockhusius (eigentlich Jan van Broekhuizen, gewöhnlich Janus Broukhusius genannt), geb. 20. November 1649 zu Amsterdam, gest. 15. December 1707, scheint die westfälische Familie Brockhaus in keinem Zusammenhang zu stehen. Die vielfach verbreitete Annahme, daß dies der Fall sei, beruht außer auf der Aehnlichkeit beider Namen wahrscheinlich nur darauf, daß Friedrich Arnold Brockhaus eine Zeit lang in Amsterdam gelebt hat.

Mit dem Geschlechte der Erp oder Erpp von Brockhauß (auch Brockhuß und Brockhausen geschrieben) läßt sich ebensowenig eine Verwandtschaft nachweisen, obwol sie wahrscheinlich ist, da diese Familie gleichfalls aus Westfalen zu stammen scheint. Der Bekannteste aus derselben ist Simon Anton Erp von Brockhauß oder Brockhausen, geb. 14. Mai 1611 zu Lemgo, 1647 Professor der Rechte am Gymnasium zu Bremen, 1650 Rathsherr, 1665 Gesandter auf dem Reichstage zu Regensburg, später Bürgermeister von Bremen, gest. 18. November 1682.2 Auf dem Titel seiner 1640 in Helmstedt gedruckten Doctordissertation: »De litis contestatione«, ist er ausdrücklich als Westfale bezeichnet. Nach mehrern auf der Bibliothek zu Bremen aufbewahrten Fliegenden Blättern hieß sein Vater Johann Erp von Brockhauß und war »Utriusque juris Doctor, der fürstlichen Aebtissin zu Hervord, Gräflich Bentheim-Tecklenburg'scher und Lippe'scher Geheimrath und Hofgerichtsassessor«, sein Großvater Tilemann Erp von Brockhauß war »Hochgräflich Hoy'scher und Lippe'scher Geheimrath und Drost zu Hoya, Ucht und Freudenberg«. Jahreszahlen sind bei Beiden nicht angegeben. Simon Anton hinterließ keine Söhne, nur zwei Töchter, sodaß mit ihm der Mannesstamm erlosch. Dagegen ist auf einer juristischen Dissertation aus Helmstedt: »De nuptiis«, 1654 gedruckt, als Verfasser Anton Christian Erp Brockhuß genannt, mit dem Zusatz Old. (aus Oldenburg), jedenfalls der Abkömmling eines andern oldenburger Zweigs der Familie.

In keiner verwandtschaftlichen Beziehung zu der westfälischen Familie Brockhaus scheint das pommersche Geschlecht Brockhausen zu stehen, das in alten Urkunden Brockhuß, später aber auch Bruckhausen und Brockhusen geschrieben wird. Der erste 1511 urkundlich Genannte dieses Geschlechts ist Jürgen Brockhuß zu Groß-Justin im Kreise Cammin. Ein Nachkomme desselben war der preußische Staatsminister Karl Friedrich Christian Georg von Brockhausen (gest. 1829).

Ein Sohn des zuersterwähnten Pastors zu St. — Thomä in Soest, ebenfalls mit Namen Adolf Heinrich Brockhaus, wurde 1740 von einer andern Gemeinde der Stadt Soest, der zu St. — Walpurgis, zum Pastor gewählt. Seine Tochter Josina verheirathete sich mit einem Pastor Sybel in Soest; ihr Enkel ist der Geschichtschreiber Heinrich von Sybel in Bonn.

Ein anderer, wahrscheinlich älterer Sohn des Pastors zu St. — Thomä, Johann Diederich Melchior Brockhaus, geb. 1. Februar 1706, wurde mit 23 Jahren, am 1. December 1728, zum Pastor in Meyerich bei Kirch-Welver erwählt (beide Orte liegen zwischen Soest und Hamm, das Dorf Meyerich westlich, die Kirche zu Welver östlich, von schönem Eichenwald umgeben; in Meyerich befindet sich das Pfarrhaus, während die Kirche der Gemeinde in Welver steht). Er starb 70 Jahre alt, am 16. November 1775, nachdem er sein Amt 47 Jahre lang bekleidet hatte.

Johann Diederich Melchior Brockhaus hat in dem Kirchenbuche von Welver außer den kirchlichen Notizen hier und da besondere Ereignisse aus seiner amtlichen Thätigkeit verzeichnet, die ihn selbst trefflich charakterisiren und zugleich als interessante Beiträge zur Zeit- und Sittengeschichte aufbewahrt zu werden verdienen.

Die erste und ausführlichste Mittheilung, durch die Ueberschrift »In memoriam successorum« als ein Fingerzeig für seine Amtsnachfolger bezeichnet, betrifft einen Conflict des eifrig protestantisch gesinnten Pastors mit einem katholischen Kloster. Dieses, ein Nonnenkloster, befand sich ganz in der Nähe der Kirche zu Welver, und seine Nachbarschaft scheint dem würdigen Pastor Melchior viel Sorge und Kampf bereitet zu haben.

Ueber die kirchlichen Verhältnisse daselbst sagt ein competenter Geschichtschreiber3:

Die Reformation ward in Welver definitiv im Jahre 1565 eingeführt. Freilich werden schon vorher evangelische Prediger genannt; allein die Gemeinde war erst seit dem genannten Jahre dem evangelischen Bekenntniß entschieden zugethan. Nur das in Welver befindliche freiadeliche Cistercienserinnenkloster, welches über die Pfarrei das Collationsrecht hatte, blieb katholisch. Der evangelischen Gemeinde erwuchsen hieraus oft die schwersten Bedrängnisse. Namentlich hatte dieselbe zur Zeit des Dreißigjährigen Kriegs zu leiden, indem ihr durch Militärgewalt die Kirche entzogen und in derselben der katholische Gottesdienst restaurirt wurde. Doch bald nach dem Friedensschluß wurde am 19. December 1649 auf Befehl des Kurfürsten Friedrich Wilhelm durch den Drosten von Neuhoff zu Altena und den Richter Dr. Zahn zu Unna unter Hinzuziehung des Magistrats von Soest den Evangelischen die Pfarrkirche wieder überwiesen.

Späterhin machte das Kloster wiederholt den Versuch, durch seinen Beichtiger in der Gemeinde Parochialhandlungen verrichten zu lassen. Ein hierdurch veranlaßter heftiger Rechtsstreit wurde endlich durch ein Decret vom 1. September 1709 dahin entschieden, daß dem Kloster nur das Recht, innerhalb seiner Ringmauern (aber nicht außerhalb derselben) Ministerialhandlungen verrichten zu lassen, zuerkannt wurde.

Aus Anlaß dieser Verhältnisse entstanden natürlich häufige Reibungen zwischen dem evangelischen Pastor und der Aebtissin des katholischen Klosters. Die erwähnte eigenhändige Mittheilung des Pastors Melchior lautet:

Nachdem der zeitige evangelisch-lutherische Prediger zu Welver, Johann Diederich Melchior Brockhaus, vernommen, daß die Nonnen zu Welver bei ihrer abgöttischen Procession ihre Knechte pflegten zu gebrauchen, daß sie den sogenannten Himmel (worunter das abominabile4 getragen wird) und die Fahnen (die vorhergetragen werden) müssen tragen, und anno 1732 vier lutherische Knechte aus hiesiger Gemeinde im Kloster wohnen, so habe ich als ihr Seelsorger dieselben Knechte zu vier verschiedenen Malen gewarnt, sich dieser Abgötterung nicht theilhaftig zu machen, auch bedroht, daß ich sie im Contraventionsfalle ohne vorhergehende Kirchenbuße nicht zum heiligen Nachtmahl administriren würde, nämlich 1) privatim, 2) im Beichtstuhl, 3) ordentlich auf der Kanzel Dom. VI. p. pascha und 4) am heiligen Pfingsttage nach der Nachmittagspredigt auf der Kanzel. Demungeachtet aber hat die damalige unruhige abdissin Biscopime zwei von diesen Knechten durch 4 Butten Bier dazu persuadirt oder gezwungen (wie so hernach coram protocollo ecclesiastico gestanden), daß Einer die Fahne, die Anderen den blauen Himmel tragen sollten und sind vor der monstrance in die Knie gefallen. Wie ich nun am folgenden Sonntage die Bosheit dieser Knechte öffentlich bestrafte und sie 2 mal ins Kirchengebet geschlossen, schickte die verwegene abdissin 3 Kerls zu mir ins Haus und ließ mich fragen, warum ich gegen ihre Knechte so scharf gepredigt. Darauf ich aber die Antwort gab, sie sollten den Nonnen wiedersagen, sie haben sich um mein Amt gar nicht zu kümmern und wäre ich allein verbunden Gott und unserm Könige Rechenschaft davon zu geben. Darauf fragte ich die 3 Kerls, wie sie daran kämen, daß sie mich in meinem Hause zur Rede stellten, nahm den Besen und jagte sie zum Hause heraus.

 

Wie nun nach einiger Zeit die Knechte zum heiligen Abendmahl gingen, mußten sie sich erst ordentlich durch die Kirchenbuße mit der Gemeinde aussöhnen.

Darauf wurde nun diese Sache in Cleve anhängig gemacht, da denn sowohl an den Großrichter, als an den Magistrath ein rescript kam, die Sache genau zu untersuchen und die interessirten persohnen eidlich abzuhören, damit die abdissine sich nicht zu beschweren habe.

Wie nun kurz darauf diese unruhige abdissine wegging und ich bei Installation der neuen abdissine ins Kloster zu Meßen genöthigt wurde, begehrte der Praelate von Campen nebst den Nonnen von mir, daß ich mich doch bemühen möchte, die Sache gütlich abzuthun. Die vorige abdissine sei eine unruhige Persona gewesen, sie wollten dergleichen nicht wieder anfangen. Darauf antwortete ich ihnen, wenn sie mir die Kosten wollten wiedergeben, die an diesen process gelegt, und daß sie es nicht wiederthun wollten, könnte die Sache liegenbleiben. Kurz darauf haben sie mir 10 Reichsthaler rechtlich ausbezahlt.

Nach einer Küsterwahl, die nicht nach seinem Willen erfolgte, schreibt Pastor Melchior ins Kirchenbuch:

Wenn nun dieser junge Mensch seinem Amte keine Genüge thun sollte und sonderlich die Jungens in der information versäumen, so fordere ich, daß die Verwahrlos'ten von meinen Händen nicht gefordert werden. Dem allwissenden Gott, wie auch meiner ganzen Gemeinde ist bekannt, daß ich auf ein tüchtiges subjectum sehe, nämlich auf den Schulmeister in Catrop. Ich habe aber der Gewalt weichen müssen. Was nun verwahrlos't und versäumt wird, das kommt auf die Menschen, welche diesem jungen Menschen dazu behülflich gewesen.

Bei einer andern Küsterwahl trägt der Pastor mit Stolz ins Kirchenbuch ein, daß er das katholische Kloster durch ein drastisches Mittel, wie er sie überhaupt geliebt zu haben scheint, verhinderte, an derselben theilzunehmen:

Das Kloster schickte (wie das wohl geschehen sollte) den Vogt in die evangelische Kirche, daß er im Namen des Klosters votiren sollte. Ich fragte ihn, was er wollte? Nichts. Darauf nahm ich den Chorstock5 und trieb ihn vor mir her zum großen Gelächter der ganzen Gemeinde aus der Kirche und ließ die Kirche zuschließen.

Ist also dieser Küster ohne consens und collation des Klosters erwählt, es ist auch bei der Wahl Niemand vom Rathhause zugegen gewesen; auch über 1½ Jahr von mir allein in Gegenwart des Lehnherrn auf dem Chor eingeführt und ist kein Vogt dabei gewesen.

Endlich hat der Pastor Melchior auch einen geheimnißvollen Vorfall verzeichnet, ohne hinzuzufügen, was er selbst davon halte:

1757, den 7. October, hat sich des Abends um 7 Uhr Folgendes in unserer Kirche zugetragen.

Wie die Fräuleins des Klosters Welver um bemerkte Zeit in ihre Kirche gehen wollten, sehen sie, daß es in unserer Kirche helle ist.

Wie sie nun vermuthen, es möchten Diebe in der Kirche sein, müssen nicht nur alle Bediente des Klosters, sondern auch die Leute, so zu Welver am Kirchhofe wohnen, unsere Kirche besetzen. Die auch sämmtlich das Licht in unsrer Kirche gesehen.

Wie nun der Küster gezwungen wird, die Kirche zu öffnen, ist das Licht auf einmal verschwunden. Die Leute sind durch die ganze Kirche gegangen, ob etwas darin wäre, haben aber nichts verspürt. Ob nun dieses eine Vorgeschichte ist, ob und wann es soll erfüllt werden, wird die Zeit lehren; Gott wende Alles zum Besten.

Einige nähere Lebensumstände dieses Mannes, des Großvaters von Friedrich Arnold Brockhaus und jedenfalls des hervorragendsten unter dessen Vorfahren, sind durch ein altes Buch erhalten, in das er außer seinen Ausgaben (aus deren Verzeichnung hervorgeht, daß er auch ein tüchtiger Oekonom und guter Haushalter war) dann und wann Nachrichten über seine Erlebnisse einschrieb.6

Pastor Melchior verzeichnet darin zunächst den Tag seiner Geburt und Taufe und macht bei Nennung eines seiner Pathen, einer adelichen Dame, die Bemerkung: »welche aber nach der Zeit zum pabtum abgefallen und ihren eigenen Taufbund gebrochen«. Dann fährt er fort:

Gott gebe, daß mein nahme im Himmel unter der Zahl der außerwehlten auch möge angeschrieben stehen. Habe Dank, Du frommer Gott, daß Du mich wunderbarlich im mutterleibe gebildet, mit einer vernünftigen Seele und gesunden Gliedmaßen von frommen Eltern hast lassen gebohren werden und sonderlich in der heiligen Taufe einen ewigen Bund mit mir gemacht. Gib gnade, mein Gott, daß ich in diesem Bunde leben, leyden und sterben möge.

Darauf erwähnt er seiner Studienzeit. Er ging im Februar 1724 (also 18 Jahre alt) nach Halle, aber schon am 6. Juli dieses Jahres nach Jena: »weil mir die collegia theologica in Halle nicht anstehen wollten«; von da reiste er am 2. August 1726 nach Leipzig und kam am 20. August 1727 über Frankfurt a. M., Köln und Altena (wo er einmal predigte, wahrscheinlich weil diese Stadt der Geburtsort seines inzwischen als Pastor in Soest verstorbenen Vaters war und dort noch Verwandte von ihm lebten) nach Hause zurück. Er machte sein Examen und predigte mehrmals, bezog indeß im Sommer 1728 nochmals die Universität Halle »wegen des königlichen Befehls, daß niemand sollte befördert werden, der nicht zuletzt in Halle studirt«. Am 28. August 1728 wieder in Soest angelangt, wurde er am 1. December zum Prediger nach Meyerich berufen, am 8. examinirt, am 9. ordinirt und am 12. December installirt.

Ueber seine Studienzeit schreibt er folgende Selbstanklage nieder, die indeß gleich der folgenden wol nicht ganz wörtlich zu nehmen ist:

Wie ich nun mein Universitätsleben zugebracht, ist dem allwissenden Gott am besten bekannt. Viel gutes habe ich daselbst gelernt, aber auch durch Müßiggang, Verschwendung und auf andere Gott allein bewußte Weise mich schwerlich versündiget.

 
Ach Gott, wenn mir das kömmet ein,
Was ich mein Tage u. s. w.
 

Dann fährt er fort, nach Erwähnung seiner Anstellung:

Ob es mir nun gleich an genugsamer geschicklichkeit fehlet, ich auch leyder sonderlich im Anfang meines ambtes Vieles versehen und also Blutschulden auf meine arme Seele geladen (!), so verspreche ich doch inskünftige zu verbessern, was ich bißanhero versehen habe, und glaube festiglich, daß mein getreuer Erlöser Jesus Christus mit seinem theuern Blut meine Blutschulden tilgen werde.

Die übrigen Notizen des Tagebuchs beziehen sich meist auf Ereignisse in seiner Familie. Er war dreimal verheirathet und hatte funfzehn Kinder (sechs Söhne und neun Töchter), von denen neun noch vor ihm starben, meist in sehr zartem Alter. Seine erste Frau starb im ersten Wochenbett und zwar, wie er bemerkt: »an eben dem Tage und in eben der Stunde, darinnen wir vorm Jahre waren copuliret; so war sie auch an eben demselben Tage vor 25 Jahren gebohren«; er fügt hinzu: »Gott gebe allen frommen Christen eine solche dreifach glückselige Stunde!« Mit seiner zweiten Frau, Maria Elisabeth, Tochter des Pastors Hennecke in Soest, war er fast zwanzig Jahre verheirathet und sie wurde die Mutter von zehn Kindern, darunter die beiden Söhne, die seinen Namen fortpflanzten. Zum dritten male verheirathete er sich in seinem funfzigsten Jahre mit Klara Dorothea Quante und lebte mit ihr ebenfalls fast zwanzig Jahre, bis an seinen Tod (1775), während seine Witwe, die ihm vier Kinder geboren hatte, erst 1808, 83 Jahre alt, starb.

Noch einige Aeußerungen des Pastors Melchior in seinem Tagebuche seien zu seiner Charakterisirung hier verzeichnet.

Beim Verlust eines dreijährigen Töchterchens schreibt er:

Mein halbes Herz ist mit ihr in die Erde gescharrt. Gott gebe, daß wir in kurzer Zeit im Himmel uns mögen wiedersehen.

 
Amen, Amen, komm du schöne
Freudenkrone, bleib nicht lange,
Deiner warte ich mit Verlangen.
 

Und bei einem ähnlichen Verluste:

11 In Heppe's Werke: »Zur Geschichte der evangelischen Kirche Rheinlands und Westfalens« (2 Bände, Iserlohn 1867-70), II, 32.
22 Vgl. Rotermund's »Lexikon aller Gelehrten, die seit der Reformation in Bremen gelebt haben, nebst Nachrichten von gebohrenen Bremern, die in andern Ländern Ehrenstellen bekleideten« (Theil 1, Bremen 1818).
33 Heppe in seinem bereits genannten Werke, II, 462.
44 Wol absichtlich für adorabile aus Erbitterung gegen das katholische Unwesen.
55 Der Stock, an dem der Klingelbeutel befestigt ist.
66 Dieses Buch befindet sich im Besitze des Buchhändlers Friedrich Volckmar in Leipzig, dessen Mutter, Johanna Justina, die jüngste Tochter des Pastors Melchior war; sie hat später ebenfalls mehrere interessante biographische Notizen eingetragen.
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