Voice Excellence

Текст
Автор:
0
Отзывы
Читать фрагмент
Отметить прочитанной
Как читать книгу после покупки
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

2. Das Geheimnis des Schleppen-Gangs

Die Schleppen-Übung ist primär eine Hilfe für den ersten Auftritt vor Publikum.

Stell dir vor, du hättest an den Schultern zwei lange Stangen befestigt, auf denen schwere Schleppen aufgewickelt sind. Wenn du nun nach vorne läufst, rollen sich diese Schleppen langsam ab. Und egal, ob du dich drehst oder geradeaus läufst, die Stangen und die Schleppen bleiben immer erhalten.

Du wirst feststellen, dass du durch diese einfache Übung zum einen viel langsamer und bewusster gehst, was deinem Auftritt Gewicht und Spannung verleiht. Zum anderen wird dein „Aktionsraum“ durch die Stangen und die Schleppe viel größer als sonst. Wenn du nun anfängst zu sprechen oder zu singen, wirst du automatisch intensiver und klangvoller klingen, weil dein Raumgefühl viel größer ist.

Genau das ist Sinn und Zweck dieser Übungen.

Raum-Wahrnehmungs-Übungen dienen auch dazu, unsere Stimme auf ganz natürliche Art und ohne falsche Kraft-Anstrengung lauter und tragfähiger zu machen. Denn allein die Vorstellung von der Größe eines Raumes wirkt sich direkt auf unsere Stimme aus.

Ein Beispiel: Du siehst auf der anderen Straßenseite einen Freund und willst ihm etwas zurufen. Was zwischen dem Erkennen des Freundes und dem Ruf in Sekunden abläuft, ist ein Prozess, den wir seit unserer Kindheit trainiert haben.

Das Gehirn schätzt in Sekundenschnelle die Distanz ab (z.B. zehn Meter) und gibt dem Körper das Signal, sich auf zehn Meter Distanz einzustellen. Dein gesamter Körpertonus erhöht sich – also die muskuläre Grundspannung deines Körpers. Denn das ist nötig, um die Distanz zu überbrücken. Gleichzeitig fokussierst du dich und deine Stimme auf einen Punkt – den Freund. Dadurch bündelst du unbewusst den Klang viel stärker als normalerweise. Vielleicht nimmst du sogar die Hände an den Mund, formst einen Trichter und rufst deine Botschaft auf die andere Straßenseite. All diese Vorgänge laufen völlig automatisch ab, weil sie jahrzehntelang trainiert wurden.

Was bedeutet das für dich und deine Performance?

Es bedeutet: je größer dein Raum (auch nur in deiner Vorstellung) bei Vorträgen, Reden oder beim Konzertieren ist, desto natürlicher passen sich dein Körper und deine Stimme an den Raum an. Sie werden ganz ohne Kraftanstrengung natürlich laut und tragend.

Gut, magst du nun sagen. Aber was, wenn ich mir einen großen Raum vorstelle, und dann doch wieder anfange, zu brüllen und nachher heiser bin?

Antwort 1: Stell dir den Raum nicht nur vor, sondern erfühle auch seine Größe (wie oben beschrieben).

Antwort 2: In einem großen Raum ist es wichtig, sich selbst und seine „Körpermitte“ nicht zu verlieren.

3. Du und der Bezugspunkt

Wir haben bereits die Bedeutung der Konzentrationskreise angesprochen. Nun geht es konkret darum, wie du – egal in welchem Raum – optimal mit deinem Publikum in Beziehung treten kannst.

Dazu sind zwei Dinge elementar wichtig:


1.Den eigenen Standpunkt und damit das Ruhen in der eigenen Körpermitte zu fühlen.

2.Die Distanz zum Bezugspunkt (Einzelperson, Gruppe) zu überbrücken.

Stell dir vor, du wärst ein Bogenschütze. Dein Pfeil ist die Botschaft, die du deinem Gegenüber vermitteln willst. Was musst du tun, damit deine Botschaft gut ankommt? Du musst deinen Bogen spannen, die Entfernung richtig abschätzen, ganz stabil stehen und den Pfeil in hohem Bogen zu deinem Gegenüber schießen. Wichtig ist dabei, dass deine Botschaft die ganze Distanz zwischen dir und ihm überbrückt. Nur dann kommen dein Vortrag, dein Gesang, deine Rede auch wirklich beim Gegenüber an.


Schaubild: Der Bogenschütze

Zwei Fehler können dabei auftreten:

1.Du verlierst im Laufe des „Gesprächs“ deine Mitte.

2.Du richtest deine Worte zwar an den Bezugspartner, aber deine Distanz ist zu kurz gewählt und deine Worte verpuffen auf der halben Strecke.

Wie kannst du diese Fehler vermeiden?

Damit deine Botschaft ankommen kann, ist es unerlässlich, dass du deine Körpermitte nicht verlierst. Denn wenn ein Bogenschütze instabil ist und z.B. wackelt, fliegt der Pfeil irgendwohin. Er muss – auch wenn er den Bogen spannt und zielt – entspannt und ruhig agieren.

Was bedeutet das übersetzt für dich?

Es bedeutet, dass du in dir ruhst, bei dir bist und bleibst. Dein Kraftzentrum, deine Sicherheit und deine Stärke liegen in deiner Körpermitte. Wenn du nun eine Botschaft sendest, schickst du diese aus dieser inneren Ruhe heraus ab. Es herrscht eine entspannte Anspannung.

Doch wie kann man die Körpermitte auch bei emotionalen Botschaften halten? Dabei sollen die folgenden Übungen helfen.

Deine Körpermitte als Motor

Stell dir vor, in deiner Körpermitte würde ein Motor sitzen. De facto ist es beim Singen und Sprechen auch so. Wenn du ihn angeschaltet2 hast, läuft er im Leerlauf, das heißt du spürst eine leichte Anspannung in der Körpermitte. Gleichzeitig ist dein ganzer Körper wach. Lehn dich nun innerlich an die Wirbelsäule an, so wie wenn du dich an einen Baum lehnen würdest. Blick und Aufmerksamkeit sind nach draußen gerichtet, aber innerlich ruhst du an deiner Wirbelsäule. Nun befindest du dich in einem entspannten gespannten Zustand – vergleichbar dem eines Kämpfers, der flexibel und elastisch auf jeden Impuls von außen reagieren kann.

Dieses Gefühl solltest du immer und zu jeder Zeit deines Vortrages haben und, wenn möglich, nicht verlieren. Denn jetzt bist du entspannt und wach zugleich und kannst sofort auf jede Situation reagieren.

Wenn du nun emotionaler oder leidenschaftlicher erzählen und agieren möchtest, stell dir vor, du würdest peu à peu vom ersten in den vierten Gang schalten – immer aus deinem Motor heraus. Das bedeutet, deine Energieleistung aus dem Motor wird größer. Es bedeutet nicht, dass du nach vorne preschst, deine Mitte verlierst und womöglich im Nacken fest wirst, nur weil du deine Botschaft zum Gegenüber schieben willst. Das ist einer der häufigsten Fehler, der sofort dazu führt, dass sich die Kraft aus dem Zentrum in den Hals und auf die Stimmbänder verlagert. Du wirst dadurch unweigerlich mit der Zeit müde. Gleichzeitig verlierst du meist an Authentizität und Ausstrahlung und wirkst bemüht und angestrengter.

Damit dies nicht geschieht, merk dir für alle Lebenslagen den folgenden Satz: „Ich schalte bewusst. Nicht: ‚es‘ schaltet mich. Und ich entscheide, wie hoch ich schalte.“3

Die anschließende Übung soll diese Idee noch einmal vertiefen und das Beispiel des Motors in der Körpermitte noch besser erfahrbar machen.

Der Springbrunnen

Stell Dir vor, deine Körpermitte wäre ein großes Becken gefüllt mit Wasser; das Becken eines Springbrunnens, in dem immer Wasser für die Wasserspiele zur Verfügung steht. In der Mitte befindet sich die Düse des Springbrunnens. Gib nun einen Impuls von unten in Form eines scharfen, stimmlosen „s“. Der Konsonant schießt wie das Wasser aus der Düse. Er kann in unterschiedlichen Intensitäten hervortreten: als dünnes Rinnsal, als normaler Strahl oder als 15-Meter-Fontäne. Dein Impuls im Bauch entscheidet, wie stark er durch die Düse nach außen tritt. Wichtig ist dabei nur, dass sich nach den Aktionen immer wieder das Becken mit Wasser füllt.4


Funktionell ausgelegt bedeutet das, dass du nach den Impulsen das Zwerchfell immer wieder richtig löst, damit sich dein Körper (das Wasserbecken) mit Luft (in unserem Beispiel: Wasser) füllt.

Diese Übung trainiert neben dem Verbleiben in der Körpermitte auch die schnelle reflektorische Atmung. Denn das Becken füllt sich nur dann mit Wasser, wenn sich die Bauchdecke genauso schnell löst, wie sie sich durch den Impuls anspannt.


Unter reflektorischer Atmung versteht man eine Atmung, die – wie der Name bereits sagt – reflexartig, also nicht vom Willen gesteuert, geschieht. Sie funktioniert automatisch, wenn man z.B. einen Explosivlaut wie ein t, k oder p abspricht. Durch die Sprengung des Verschlusses entsteht eine Art Rückstoß-Ventil und die Luft, die ich gerade verbraucht habe, strömt von selbst wieder zurück.

Gleichzeitig kann durch den Springbrunnen auch die sogenannte „gestaltete Emotionalität“ geübt werden. Diese benötigen wir für jede Art des Sprechens und Singens auf der Bühne. Sie besagt, dass der Akteur nicht mit seinen direkten und echten Gefühlen agiert, sondern diese Emotionalität gestaltet.

Das heißt: er lässt sie quasi durch einen Filter erst nach draußen dringen, damit die Gefühle nicht direkt auf die Stimme durchschlagen. Sonst könnte es z.B. bei einem starken emotionalen Ausbruch dazu kommen, dass wir anschließend nicht mehr gesund und gut weitersprechen können.

 

Ein sehr gängiger Filter ist die Vorstellung, dass alle Emotionalität wie in einem Dampfkochtopf in der Körpermitte ist und wir durch das Heben des Deckels entscheiden, wie viel Gefühl nach draußen darf.


Die Distanz zur Bezugsperson richtig einschätzen

Um deinen Partner ganz zu erreichen, musst du ernsthaft die gesamte Strecke zwischen dir und ihm überbrücken wollen. Das erfordert Konzentration und Spannkraft.

Viele Menschen machen den Fehler, dass sie ihren Bezugspartner zu grob orten oder ihn zu diffus sehen („Da sitzt irgendwo jemand im Zuschauerraum“). Wenn aber der Klang unserer Stimme kein oder nur ein diffuses Ziel hat, verpufft ein großer Teil der Wirkung. Es wäre genauso, wie wenn du eine E-Mail oder einen Brief an einen Herrn Schmidt nach Hamburg senden würden. Du wüsstest von vornherein, dass diese Nachricht wohl nie richtig ankommt.

Richte also deine Worte und deine Töne ganz gezielt an eine Bezugsperson, einen Bezugspunkt, und gib dich nicht damit zufrieden, ihn so in etwa geortet oder erwischt zu haben. Wenn du dir diese Konzentration und Genauigkeit abverlangst, wirst du einen Vorwurf nicht mehr zu hören bekommen: dass du nicht präsent warst.

Um die Präsenz während deines Vortrags zu halten, ist es wichtig, vorab Körper und Stimme darauf vorzubereiten und auch hier die eigene Wahrnehmung zu schärfen. Deshalb werden wir uns in den nächsten Kapiteln mit Körper, Stimme und Atmung beschäftigen, damit du weißt, worauf du achten musst.

2Durch Impulsübungen, durch Spannen und Entspannen der Bauchdecke beim Ein- und Ausatmen.

3Dieser Satz stammt von der Sprecherzieherin, Professorin und Schauspielerin Ingrid Sanne, die an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg sowie am Institut für Sprechkunst in Hamburg lehrt.

4Die Springbrunnen-Übung wurde von Ingrid Sanne aus einer ähnlichen Übung der amerikanischen Sprecherzieherin und Expertin Kristin Linklater entwickelt. Der amerikanischen Version ist die Idee des Wassers, der im Becken ruht, entlehnt.

DEINEN KÖRPER WAHRNEHMEN
Das schnellste Körper-Aufwärm-Training

Diese Übungsfolge gehört zu den schnellsten Körper-Aufwärmübungen5, die ich kenne. In nur zehn Minuten sind alle Gelenke geschmiert und alle Muskeln aufgewärmt. Gleichzeitig verschwindet jede Müdigkeit aus dem Körper. Du fühlst dich wach und bereit für alles, was da kommt. Und: Sie geht ganz einfach!

Jedes Gelenk des Körpers wird durch jeweils acht Kreisbewegungen in beide Richtungen (nach außen und nach innen) aufgewärmt.

Fußgelenk:

Rechts und links: Dazu einen Fuß leicht nach vorne anheben und dann kreisen

Knie:

Beide Knie zusammen und nach links und rechts kreisen

Hüfte:

(Achtung: Die Schultern bewegen sich nicht!)

Rippen:

Schiebe deinen Oberkörper nach rechts und dann nach links, acht mal – so, als ob jemand mit einem Gummiband an deinen Rippenbögen zieht. Dann nach vorne und hinten kippen. Diese Übung ist einfacher, wenn Du die Hüfte dabei fest machst. Am Anfang fühlt sich die Bewegung sehr klein an. Das ist vollkommen in Ordnung.

Wenn dir die Rippen-Isolation schwerfällt, kannst du diesen Schritt auch weglassen.

Ganzkörper-Welle:

Sie beginnt in den Kniekehlen – du gibst von dort einen Impuls, der die Wirbelsäule entlangläuft. Es entsteht eine Achter-Bewegung im Körper, die alle Gelenke – vom Fußgelenk bis zum Genick mit einschließt.

Schultern:

Abwechselnd nach vorne und nach hinten kreisen, Schultern nicht zusammen kreisen!

Ellbogen-Gelenke:

Hebe die Ellbogen auf Schulterhöhe an, lass die Unterarme erst hängen und dreh diese dann locker nach außen und anschließend nach innen – hier kannst du beide Ellbogen gleichzeitig lockern – aber zieh bei der Übung nicht die Schultern hoch!

Handgelenke:

Kreise beide Handgelenke gleichzeitig

Kopf:

1.Kippe den Kopf nach rechts Rihctung Schulter, dann in die Mitte, danach nach links

2.Dreh den Kopf nach rechts, dann in die Mitte, danach nach links und achte darauf, dass du immer auch in diese Richtung blickst und die Bewegung nicht nur mechanisch machst. Such dir am besten einen Punkt, den du jedes Mal mit den Augen einfängst, wenn du nach rechts, in die Mitte oder links schaust.

3.Kopf-Kreisen: Blicke mit gedrehtem Kopf nach rechts, gleite dann mit deinem Blick zu deinen Füßen und weiter zur linken Seite – dein Kopf sollte deinem Blick immer ohne Krampf folgen. Und wenn du links angekommen bist, schau mit deinen Augen an der Decke entlang und beschreibe den Kreis mit deinem Blick und deinem Kopf zu Ende.


Wichtig ist: Du darfst den Kopf nicht tief ins Genick legen, sondern nur leicht über deinen Axis6 abrollen – mach erst deine acht Kreise über rechts, anschließend acht Kreise über links und ende jeweils dort, wo du begonnen hast. Danach führe den Kopf wieder in die Mitte.

Gesichtsmuskulatur:

Mach zunächst ein ganz kleines Gesicht, d.h. Augen zusammenkneifen, Nase rümpfen, Mund wie Kussmund. Danach mache ein sogenanntes großes Gesicht: Augen weit aufreißen, Mund auf, Zunge rausstrecken und ausatmen – das ganze Gesicht ist geweitet. Du wechselst zwischen großem und kleinem Gesicht. Das macht die Gesichtsmuskulatur weich.

Ohren lockern:

Hinter den Ohren sind sehr viele Verspannungen versteckt. Deshalb ist es wichtig, auch diesen Bereich zu lockern.

1.Ziehe dir selbst die Ohren lang

2.Danach ziehe deine Ohrläppchen nach unten

3.Kreise mit dem oberen Ohrbereich nach außen und dann nach innen

4.Dasselbe tu nun mit dem Ohrläppchen

5.Ziehe nun dein rechtes Ohrläppchen nach unten und dein linkes oberes Ohr nach oben (es entsteht eine Diagonale, die gleichzeitig das Innenohr belüftet).

Im Anschluss mach es genau umgekehrt.

Nun sind alle Gelenke aufgewärmt, aber noch nicht die gesamte Muskulatur. Deshalb folgt nun das sogenannte „Ausklopfen“. Du klopfst dich selbst mit den Fingerkuppen an empfindlichen Stellen und mit der ganzen Hand an den übrigen Stellen aus.

Beginne mit den Fingerkuppen am Kopf, indem du wie leichter Regen die gesamte Kopfhaut abklopfst.

Du wirst spüren, wie viele Stellen verspannt oder schlecht durchblutet sind. Diese Stellen tun weh. Dann klopfe dort etwas länger. Wenn du bislang müde warst, fängst du jetzt das Gähnen an und die Müdigkeit verschwindet Stück für Stück aus deinem Körper.

Anschließend klopfst du das Gesicht aus – die Stirn, den Punkt zwischen den Augen, die Schläfen (hier nicht zu kräftig klopfen, sonst bekommst du leicht Kopfweh), die Nase, die Wangen, den Oberkiefer, das Kinn und den Unterkiefer.

Gehe nun vom Kinn über die Kieferknochen zum hinteren Kopfbereich und klopfe ihn hinter den Ohren bis zum Genick hinunter aus. Nimm beim Nacken bitte die flache Hand und klopfe leicht. Sonst könntest du Kopfschmerzen bekommen.

Mit der flachen Hand klopfst du auch die Schultern aus.

Dann geh über die Arme (hier Außen- und Innenseite ausklopfen) bis zu den Händen hinunter.

Anschließend kannst du dich wie Tarzan fühlen, der sich auf den Brustkorb schlägt, aber bitte nur leicht, sonst beginnst du zu husten.

Mit nach oben ausstreichenden Bewegungen bearbeite den unteren Bauch und die Nieren – hier darfst du nicht klopfen, sondern nur streichen.

Am Allerwertesten darfst du dagegen wieder so richtig zuschlagen. Denn er ist zum einen unsere größte Körperfläche und zum anderen auch am schlechtesten durchblutet. Deshalb tun hier einige kräftige Schläge eher gut. Du merkst gleich, wie das Blut in den Po schießt.

Nimm nun beide Hände und klopfe ein Bein nach dem anderen von oben nach unten aus. Wenn du bei den Füßen angekommen bist, nimm die Faust und klopfe deinen Fuß und deine Fußsohle aus.

Wenn du fertig bist, lass einfach den Oberkörper vornüber hängen. Lass deine Arme lose baumeln und spüre ein bisschen deinem jetzt durch den ganzen Körper pulsierenden Blut nach. Viele Stellen werden kribbeln. Lass es einfach zu.

Anschließend richtest du dich Wirbel für Wirbel auf, bis du ganz aufrecht stehst.

Jetzt bist du fit für alles, was noch kommen mag!

Gut stehen

Jeder Sänger und Schauspieler kennt ihn, den guten Stand. Er ist wichtig für unsere Sicherheit, für unsere Körperzentrierung. Er gehört quasi zum Einmaleins eines jeden Redners, Präsentators und Künstlers. Gut zu stehen heißt, aufrecht auf beiden Beinen zu stehen. Das Gewicht liegt in der Mitte des Fußes. Die Beine sind hüftbreit auseinander, so dass du auch im Falle eines Stoßes nicht umfällst.

Die Knie haben leichtes Spiel und dürfen nicht stramm durchgedrückt sein. Der Kopf ist aufrecht, der Blick geradeaus, die Schultern sind locker, die Arme hängen entspannt an der Seite.

Wer unsicher ist, ob er richtig aufgerichtet steht - hier zwei Hilfestellungen:

1.Stell dir vor, du wärst eine Marionette, die an einem Faden hängt. Alle Gelenke müssen elastisch frei sein, ohne zu schlackern. Am Hinterkopf habe das Gefühl, als zöge dich etwas leicht nach oben. Wichtig ist: Du solltest die Schwerkraft in deinen Beinen spüren. Sonst besteht die Gefahr, dass du dich aus deinem Körper, also aus deiner Mitte, gezogen hast.


2.Lass dich vornüber hängen. Der Kopf hängt schwer nach unten und wird nicht vom Genick gehalten. Die Arme baumeln vor dem Körper. Nun richte dich vom untersten Wirbel her ganz langsam auf. Wirbel für Wirbel kletterst du deine Wirbelsäule hinauf. Du kannst auch einen Partner bitten, dir dabei zu helfen, indem er mit den Fingern die Bewegung an der Wirbelsäule entlang mitmacht. Wichtig ist: Alles, was noch nicht aufgerichtet wurde, muss hängen. D.h. die Schultern und der Kopf kommen erst ganz zum Schluss dran. Der Kopf ist das letzte, das sich auf die Wirbelsäule setzt.

Nun stehst du absolut aufrecht und richtig.

Der präsente Stand – eine Etüde für die Praxis

Wenn du nun deinen Stand gefunden hast, gilt es, ihn „mit Leben zu füllen“. Konzentriere dich zunächst auf deine Füße. Habe das Gefühl, sie bekämen Wurzeln, die dich fest mit der Erde verbinden. Das gibt Selbstsicherheit und ein Gefühl der Stärke.

Denke nun kurz wieder an die Konzentrationskreise. Wecke alle deine Sinne, d.h. schau dir bewusst den Raum an (Welche Farben hat er? Wie wirken diese Farben auf dich? Gibt es verwinkelte Ecken?), erfasse die Gerüche (Ist der Raum staubig oder riecht es noch nach Putzmittel? Duftet eine Blume?) und höre bewusst auf die Geräusche der Umgebung (Wird im Nebenzimmer gesprochen? Gibt es Verkehrslärm? Tickt irgendwo eine Uhr?)

Bewege dich nun ganz natürlich im Raum und versuche, all die Dinge, die du herausgefunden hast, einschließlich deiner selbst gleichzeitig wahrzunehmen. Bleibe ab und zu stehen, konzentriere dich auf eine Sache mehr als auf die andere. Anschließend konzentriere dich wieder auf alles gleichzeitig. Und immer solltest du wissen, was du selbst im jeweiligen Moment machst.

 

Übe diese Form der Wachheit und Präsenz immer wieder trocken für Dich – zehn bis 15 Minuten, z.B. wenn du an einer Bushaltestelle warten musst oder ein Meeting später beginnt, du aber schon da bist. Jedes Mal wird es dir ein Stück leichter fallen, und wenn du es eines Tages konkret für deinen Vortrag brauchst, sind die Sinne sozusagen schon trainiert und wach.

Hilfestellung für die „Bodenhaftung“:

Sollte es dir schwer fallen, fest auf dem Boden zu stehen, schalte eine kleine Übung für deine Füße vor. Diese Übung entstammt der sogenannten Franklin-Methode. Das ist ist eine Synthese aus Vorstellung, Bewegung und erlebter Anatomie und ist für Sänger und Schauspieler eine sehr hilfreiche und bereichernde Methode.


Der Ursprung der Franklin-Methode liegt in der Ideokinese von Mabel Todd aus dem Jahre 1937. Mit Hilfe von imaginären Bildern kann sich der Körper selbst „programmieren“ und dabei neuere und effektivere Haltungs- und Bewegungsmuster finden. Dadurch verbessern sich Beweglichkeit, Koordination und Kraft im Körper.

Die beschriebene Übung stammt aus dem Buch:

Erik Franklin: Befreite Körper, VAK Verlag, 1999.

Besorge dir einen Ball mit etwa 15 Zentimetern Durchmesser. Es geht auch ein Tennisball. Stelle zunächst den rechten Fuß auf diesen Ball und massiere deine Fußsohle von unten, indem du mit deinem Fuß über den Ball rollst. Massiere auch die Außen- und Innenkanten deiner Sohle, die Ferse, die Zehen. Knete deinen Fuß über dem Ball circa eine Minute durch. Stelle dich anschließend mit dem rechten Fuß auf den Ball und stoße dich leicht mit dem linken ab, sodass du für einen kurzen Moment auf dem Ball stehst. Mache das vier bis fünf Mal. Danach stellst du den rechten Fuß ab. Im Vergleich zum linken Fuß hat der rechte nach der Massage eine ganz andere Bodenhaftung.

Massiere nun den anderen Fuß wie oben beschrieben.

Diese kleine Übung gibt dir einen ganz anderen Stand und ist gleichzeitig eine kleine Wohltat für deine Füße.

Die Franklin-Methode mag auch eine gute Ergänzung sein, wenn du Probleme z.B. mit Schultern, Nacken und Becken hast. Die Übungen sind sehr eingängig, leicht verständlich und sehr effektiv. Im Quellenverzeichnis findest du die entsprechenden Bücher dazu.

5Dieses Aufwärm-Training wurde von dem Clown und Improvisationskünstler Frieder Nögge († 2002) für Schauspieler entwickelt.

6Der Axis ist der zweite Halswirbel und gleichzeitig „Drehachsenwirbel für den ersten Halswirbel und den Kopf“. (Brockhaus-Enzyklopädie Bd. 2, S. 452)

Бесплатный фрагмент закончился. Хотите читать дальше?
Купите 3 книги одновременно и выберите четвёртую в подарок!

Чтобы воспользоваться акцией, добавьте нужные книги в корзину. Сделать это можно на странице каждой книги, либо в общем списке:

  1. Нажмите на многоточие
    рядом с книгой
  2. Выберите пункт
    «Добавить в корзину»