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In der Dämmerstunde

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»Jetzt bin ich nun hier, Gabriel, mein Werk kann beginnen. Sie müssen mich in die Hütte zu Ihrem Vater führen, sobald der Gottesdienst vorüber sein wird.«

Er hielt Gabriel seine Hand hin, als gerade der Priester seinen Segen sprach. Vater Paulus öffnete die Tür der Kabine. Als sie die Stufen hinabstiegen, begegnet ihnen Vater Bonan. Der alte Mann blickte besorgt auf seinen Schwiegersohn und sagte dem Priester einige Worte ins Ohr. Vater Paulus antwortete in demselben Tone.

»Er hat mich gefragt, ob vielleicht ein Hindernis für die Ehe eingetreten ist. Ich antwortete ihm mit »nein«, denn Sie haben mir ja Ihr Geheimnis als Beichte anvertraut und das Geheimnis bleibt nur unter uns,« sagte der gute Priester. »Vergessen Sie nicht, wohin Sie mich nach der Trauung führen sollen. Doch wo ist Perrine?«

Das junge Mädchen kam. Der Priester legte ihre Hand in die Gabriels und sagte: das Paar möge ihn nur an dem Altar erwarten.

Eine Stunde war seitdem vergangen. Der Gottesdienst war lange vorüber, die Boote waren ans Land zurückgekehrt. Das Schiff ankerte aber noch, denn Pater Paulus war nicht an Bord; es erwartete ihn ein Boot am Strande. Der Priester hatte das Schiff mit Gabriel allein verlassen.

Dieser hatte seine Geschwister unter der Aufsicht seiner jungen Frau gelassen, während er und Paulus schweigend der Fischerhütte zuschritten. Der Priester hielt sein weißes Kreuz gegen die Brust. Sie hatten die Tür der Hütte erreicht.

»Klopfen Sie an und erwarten Sie mich hier!« sagte Paulus.

Die Tür wurde geöffnet. In dem lieblichen Mondschein, wie vor Jahren, stand jetzt Francois Sarzeau vor dem Manne, dessen blutenden Körper er einst über diese Türschwelle fortgetragen hatte.

Er erkannte ihn nicht.

Pater Paulus trat vor und nahm seinen Hut ab.

Francois blickte ihn entsetzt an und trat einige Schritte zurück, dann stand er bewegungslos und sprachlos still. Die ruhige klare Stimme des Priesters sagte: »Ich bringe Euch eine Botschaft des Friedens und der Vergebung von Eurem Gast!« Er zeigte dabei auf die Stelle, wo er verwundet worden war.

Gabriel sah, dass sein Vater am ganzen Körper zitterte. Sein Mund zuckte, als wenn er sprechen wollte, aber der ganze Mann schien erstarrt zu sein.

Gabriel musste sein Gesicht fort-wenden, aber er hörte, dass der Priester sagte: »Wartet, ich komme zurück!« – Paulus trat näher an Francois heran.

Nun trat wieder banges Schweigen ein. Er hörte nur den Namen Gottes ausrufen, dann wurde die Hütte geschlossen und Gabriel wartete allein draußen vor der Tür.

Gabriel näherte sich dem Fenster.

Er sah, dass der Priester das Kruzifix erhoben hielt, aber er wünschte nichts weiter zu hören und zu sehen; was er gehört hatte, trieb ihn weit fort von dem Fenster.

Nach einer Weile näherte er sich wieder der Tür; weil er etwas Schweres hatte zur Erde fallen hören. Er hörte nur das laute Beten des Priesters.

Einige Minuten später hörte er lautes Wehklagen und eine zweite Stimme. Er lauschte noch eine ganze Zeit. Endlich öffnete sich die Tür und Vater Paulus erschien und führte Francois Sarzeau an seiner Hand. Der Fischer erhob seine Augen nicht zu seinem Sohne, er weinte bitterlich und blickte nicht um sich, sondern folgte der Hand die ihn führte blindlings wie ein kleines Kind.

»Gabriel,« sagte der Priester, »Gott hat meine Handlung hier gesegnet! Ich sage dies zu Ihrem Trost. Ihr Vater wünscht, dass ich Ihnen sage, dass er Ihnen wirklich einst auf dem Wege zu dem Kaufmannstische gefolgt ist, und dass er später die Entdeckung machte, dass kein Beweis seines Verbrechens mehr zu finden war. —

»Ferner soll ich Ihnen, auf Ihres Vaters Wunsch, mitteilen, dass er vorher in meiner und nun auch in Ihrer Gegenwart verspricht, dass er, sobald die Verfolgung der Kirche aufhören wird, – und sie wird aufhören! mit seiner ganzen Kraft und mit der größten Bereitwilligkeit, alle die Kreuze an den Wegen wieder aufrichten wird, welche die Rohheit der Soldaten hier umstürzte, und dass er ferner Gutes ausüben will, wo er es nur vermag!

»Ich habe jetzt Alles getan, was in meiner Macht stand, und jetzt sage ich Euch Lebewohl und nehme das angenehme Bewusstsein mit mir, dass ich Vater und Sohn versöhnt habe. Gott segne Euch und stärke Euch zu guten Werken!«

Der Priester nahm ihre Hände und drückte sie warm, dann ging er der Küste zu.

Gabriel wagte nicht zu sprechen, aber er legte seinen Arm um den Hals seines Vaters.

Beide hielten sich umschlungen und blickten dann lange auf die See, wo das Schiff mit dem frommen Manne dahin segelte.

Dann gingen sie zusammen in ihre Hütte.

Fünftes Kapitel

In Frankreich hörte bald nach den Ereignissen, die im letzten Kapitel erzählt wurden, das Schreckensregiment auf und mit ihm endigte auch die Verfolgung der Christen in der Bretagne.

Unter den verschiedenen Vorschlägen, die von dem Parlamente zur Verbesserung der Verhältnisse in der Bretagne gemacht wurden, befand sich einer, der die Wiederherstellung der Kreuze an den öffentlichen Wegen, Landstraßen u.s.w. Befürwortete. Es war nachgewiesen, dass sich die Zahl der vernichteten Kreuze auf Tausend belief und dass die bloße Anschaffung des Holzes zu denselben, der jetzt so zu Grunde gerichteten Bevölkerung sehr schwer fallen dürfte.

Während die Verhandlung darüber noch schwebte, hatte sich bei der Regierung Jemand gemeldet, die Arbeit der Kreuzherstellung zu übernehmen. —

Als Gabriel mit seinen Geschwistern die Fischerhütte verlassen hatte, um ferner im Hause seines Schwiegervaters zu wohnen, verließ auch Francois Sarzeau seine alte Wohnung, um das Versprechen zu erfüllen, welches er Vater Paulus gegeben hatte. Monate lang hatte er schon an seiner Besserung gearbeitet, ohne zu ermüden, hatte Gutes getan, wo er es nur vermochte und Hilfe geleistet, ohne Lohn dafür zu beanspruchen.

Er wanderte Meilen weit und demütigte sich selbst so, dass er um Holz bettelte zu einem einfachen Kreuz. Niemand hörte ihn klagen oder sich über die Mühseligkeiten beschweren.

Trockenes Brot und Wasser, welches er sich auch erbetteln musste, bildeten seine Nahrung, aber er war damit zufrieden.

Die Nachbarn glaubten, sein Leben würde durch ein Wunder verlängert werden, bis er die ganze Bretagne von einem Ende bis zum anderen durchreist und überall die Kreuze wieder aufgerichtet haben würde. – Dies sollte sich jedoch nicht bestätigen.

An einem kalten Herbstabende hatte man ihn, wie gewöhnlich, bei seiner Arbeit gesehen. Er richtete eins seiner selbst fabrizierten Kreuze auf, wo die Revolution ein solch heiliges Symbol in Splitter geschlagen hatte. Am Morgen danach fand man den Mann tot unter dem Kreuze, das er selbst geschnitzt hatte.

Man begrub ihn an der Stelle, und der Priester, der die Stätte weihte, erlaubte, Gabriel eine Grabschrift auf das Kreuz zu setzen. Zuerst kam der Name des Toten und diesem folgten die Worte: »Betet für die Ruhe seiner Seele. Er starb als ein Büßender und bei dem Ausüben guter Werke.«

Zuweilen hörte Gabriel Etwas über Vater Paulus durch Briefe, die er an die Bewohner des Pächterhauses richtete.

Sein letztes Schreiben war aus Rom und Paulus meldete darin, dass die Dienste, welche er der Kirche in der Bretagne geleistet habe, zu seinen Oberen nach Rom berichtet worden wären, und dass er nun durch sie an die Spitze einer Mission gestellt sei, welche den christlichen Glauben unter den Heiden verbreiten sollte.

Er nahm nun Abschied von seinen Bekannten in dieser Welt, denn es war sicher anzunehmen, dass die Priester, welche dieser Mission beitraten, ihr Leben wagen mussten, um für das Christentum zu ernten. – Er sandte Francois Sarzeau, Gabriel und der ganzen Familie seinen Segen und ein letztes Lebewohl.

Der Brief hatte ein Postskriptum für Perrine, welches diese oft mit Tränen in den Augen las. Es war des Priesters Wunsch, dass, wenn sie einst Kinder haben würde, so möchte sie dieselben beten lehren, dass das Werk unter den Heiden gefördert werden möge.

Des Priesters Bitte ist nie vergessen worden. Als Perrine ihr erstes Kind das erste Gebet lehrte, lallte dieses auf den Knien der Mutter ihr nach: »Gott segne und schütze Vater Paulus!«

Mit diesen Worten schloss die Nonne ihre Erzählung, dann zeigte sie auf das hölzerne Kreuz und sagte zu mir: »Es ist dies eins der Kreuze, welche der reuige Sünder verfertigte. Dasselbe wurde vor einigen Jahren so verwittert gefunden, dass es nicht länger an seinem alten Platze bleiben konnte. Ein Priester aus der Bretagne schenkte es einer unserer Nonnen. Wundern Sie sich nun noch darüber, dass die Mutter Priorin es eine Reliquie nennt?«

»Nein!« antwortete ich. »Im Gegenteil, ich finde, dass die Frau Priorin den besten Namen für das hölzerne Kreuz erfand, den es für dasselbe geben konntet.«

Die Erzählung des Professors
von der gelben Maske

~~~~~~~~~~

Einleitung

Bei meinem letzten Aufenthalte in London empfing ich eines Tages einen kleinen schlecht geschriebenen Brief, der meine Frau und mich überraschte und belustigte.

Sein Inhalt bestand in einzelnen Sätzen, welche verrieten, dass ihn ein Fremder geschrieben habe. Er lautete:

»Professor Tizzi grüßt den Künstler Kerby freundlichst und wünscht, dass der Künstler sein Bild zeichne.

Dasselbe soll graviert und einem umfangreichen Werke »Vital-Prinzipien« oder »die unsichtbare Lebenskraft«, als Titelkupfer dienen, welches der Professor eben für den Druck und somit für die Nachwelt vorbereitet.

Der Professor wird fünf Pfund für die Zeichnung geben; außerdem wird der Künstler die Freude haben, dass das Bild ein Gegenstand der Betrachtung für das Publikum späterer Zeiten sein wird. Der Professor wird es dankbar aus den Händen des Künstlers entgegennehmen, wenn dieser es für die bezeichnete Summe malen will.

 

Sollte der Künstler Zweifel erheben, dass ihm die Summe auch ausgezahlt werde, so wird ein Freund des Professors, der ehrenwerte Mister Lanfray zu Rockleigh, die Bürgschaft dafür übernehmen.«

Der sonderbare Schluss des Briefes ließ mich vermuten, dass sich irgend einer meiner mutwilligen Freunde einen Scherz mit mir erlaubt habe und ich beschloss schon, die Zeilen ins Feuer zu werfen; aber mit der nächsten Post erhielt ich einen Brief von Mister Lanfray, welcher meine Zweifel löste und mich auch bestimmte, die Bekanntschaft des gelehrten Entdeckers der Lebensessenz zu machen.

Lanfray schrieb, dass Tizzi ein etwas überspannter Italiener sei, der früher eine Professur an der Universität zu Padua gehabt, dass er ihn seit Jahren kenne, dass die Wissenschaft sein Steckenpferd und Eitelkeit seine Leidenschaft seien. Der Professor habe ein Buch über die unsichtbare Kraft des Lebens geschrieben, welches außer ihm wahrscheinlich Niemand lesen werde. Diesem Werke solle das Bild des Autors vorangesetzt werden.

Lanfray gab mir noch den Rat, die Arbeit nicht abzulehnen, denn die Bekanntschaft des sonderbaren Gelehrten würde mir viel des Bemerkenswerten bieten. Er fügte hinzu, dass Tizzi seiner politischen Ansichten wegen Italien verbannt sei und nun seit vielen Jahren in England lebe. Das Geld, welches er von seinem Vater, der Postmeister im nördlichen Italien war, geerbt hatte, sei für Bücher und Experimente ausgegeben, aber für die kleine Summe, welche die Zeichnung kostet, wolle er gern einstehen, schloss Lanfray.

Professor Tizzi lebte in dem nördlichen Teile von London. Sein Häuschen war schmutzig von außen und innen, das sah ich gleich. Ich klingelte zwei Mal an dem zerbrochenen Gitter, dann erschien ein schmutziger Mann, mit gelbem Gesicht und fremdem Accent in der Sprache, der führte mich, nachdem ich ihm meinen Namen und die Angelegenheit die mich her führte, genannt hatte, durch einen kleinen vernachlässigten Garten in das Haus. Bei dem ersten Tritt auf den Hausflur sah ich mich von Büchern umgeben, die eng aneinander gepackt, auf Brettern standen. Auf den Treppen, im Vorzimmer, in den nächsten Zimmern, überall gab es nichts Anderes als Bücher!

»Hier ist der Maler!« rief der alte Diener und zeigte mir an, dass ich in das Sprechzimmer eintreten könnte.

Auch hier sah ich wieder nichts als Bücher, sowohl an den Wänden wie auf dem Fußboden.

An einem Tische, der überreich mit Manuskripten und Büchern bedeckt war, entdeckte ich einen Kopf und eine Hand, die sich abwehrend mir entgegenstreckte. Es schien ein Zeichen zu sein, dass ich nicht sprechen möge.

Ich sah mich im Zimmer um. Auf den mächtigen Bücherschränken standen Gläser mit Spiritus angefüllt, in der Flüssigkeit schwammen seltsame Gegenstände. Von der Decke hing schwarzes Spinnengewebe lang herab. Die Fenster schienen nie gereinigt zu sein, und von dem Fußboden wirbelte der Staub bei meinen Tritten hoch empor.

Nachdem ich dies Alles einige Sekunden schweigend beobachtet hatte fiel die warnende Hand des Professors mit lautem Geräusch auf einen Stoß Manuskripte nieder, dann warf der Vertiefte das Buch, welches keine Unterbrechung gestattet hatte, weit von sich in die andere Ecke und rief: »Ich werde dies mit Beweisen widerlegen!« Dann blickte er noch einen Moment wohlgefällig auf die Staubwolken, welche das Buch aufwirbelte und wandte sich zu mir.

Welch eine mächtige weiße Stirn! Welche glänzenden schwarzen Augen! Wie groß und schön der ganze Kopf, umrahmt von weißen Haaren!

Ich fühlte, dass ich diesen Kopf, so arm ich auch war, gern ohne Bezahlung malen würde. Tizian, Van Dyke, Velasquez und noch andere Größen würden diesen Mann sogar für seine Sitzungen bezahlt haben.

»Entschuldigen Sie, dass ich Sie warten ließ,« begann der alte Mann mit außerordentlicher Reinheit der englischen Sprache, »aber das absurde Buch hatte mich so gefesselt, dass ich Sie nicht gleich empfangen konnte Mister Kerby.«

»Sie sind also in der Tat geneigt, mein Bild für einen so geringen Preis zu zeichnen?« fragte er und erhob sich dabei.

Ich sah, dass er einen langen schwarzen Sammetrock trug, der wunderbar zu der ganzen Erscheinung passte.

Ich erklärte ihm, dass die gebotene Summe von fünf Pfund die übliche sei für derartige Arbeiten.

»Es scheint mir sehr wenig«, entgegnete der Professor, »aber wenn Sie berühmt werden wollen, so kann ich dazu beitragen.

»Dort liegt mein großes Werk; es ist das Ebenbild meines Geistes und der Spiegel meiner Gelehrsamkeit, aber wenn das Publikum nun auch noch mein Bild an der Spitze des Werkes findet, so kann es meine äußere und innere Bekanntschaft gleichzeitig machen.

»Ihre Zeichnung soll graviert und Ihr Name darunter gesetzt werden; so werden Sie durch ein Werk mit auf die Nachwelt kommen, welches eine ganze Epoche in der menschlichen Wissenschaft bilden wird. —

»Das Vital-Prinzip oder mit anderen Worten, das geheime Etwas, das wir Leben nennen, und das sich über die Menschen, wie über die kleinsten Insekten und die unbedeutendsten Pflanzen ausbreitet, ist bis jetzt ein unerklärliches Rätsel gewesen. Aber ich habe es gelöst! Hier liegt die Auflösung!«

Mit diesen Worten zeigte der interessante alte Mann auf die riesenhaften Manuskript-Berge.

Ich sah, er erwartete eine Äußerung von mir, und ich fragte schüchtern, ob diese Arbeit nicht viel Zeit und Mühe gekostet habe.

»Ich bin jetzt siebzig Jahre,« antwortete der Professor, »und mit zwanzig Jahren habe ich das Werk begonnen. Ich schrieb es in der englischen Sprache, obgleich ich noch drei andere weiß, als einen Beweis meiner Dankbarkeit für die englische Nation, die mir ein Asyl gewährte als mein Vaterland mich vertrieb.

»Sie denken vielleicht, dass dies die ganze Arbeit ist, o nein! Es sind jetzt schon zwölf Bände vollendet und ich finde, dass der Gegenstand meiner Bearbeitung noch nicht halb erschöpft ist. Zwei Bände bestimmte ich dazu, die Theorien der älteren und neueren Philosophen der Welt über die Vital-Prinzipien zu prüfen. – Zwei Bände füllten sich mit den Beweisen, dass jene Theorien falsch waren.«

»Zwei weitere Bände schrieb ich über den Stoff, aus denen die zwei ersten Wesen gebildet waren, die von ihren Nachkommen Adam und Eva genannt werden.

»Zwei Bände schrieb ich – aber «, unterbrach sich der Professor, »da stehe ich nun und spreche anstatt dass ich Ihnen zu meinem Bilde sitze.

»Bitte, nehmen Sie doch, wo Sie wollen, Bücher von dem Fußboden und bereiten Sie sich einen Sitz! Ich habe keine Möbel, weil diese mir nur im Wege sein würden.«

Ich folgte diesem Rate und hatte mir auch bald einen Haufen Bücher zu einem Sitze zusammengetragen.

Als ich damit fertig war, trat der alte Diener mit einer Art Präsentierteller in der Hand, in das Zimmer, auf welchem ich eine Brotrinde ein Stückchen Knoblauch, ein Glas Wasser und Essig und Öl entdeckte.

»Mit Ihrer Erlaubnis, Mister Kerby, werde ich mein Frühstück einnehmen,« sagte der Professor, als das Mahl vor ihm stand.

Dann rieb er das Brot mit dem Knoblauch, bis es glänzte, danach goss er ein klein wenig Öl und Essig darauf und streute Salz und Pfeffer darüber. Und mit einem freudig gierigen Blick schnitt er sich mit dem Messer den ersten Bissen von der gewürzten Brotkruste ab.

»Das ist das beste Frühstück!« sagte er zu mir, »das ist kein kannibalisches Töten von Hühner-Leben, gewöhnlich Ei genannt; keines toten Tieres Fleisch, Blut oder Knochen, gewärmt mit Feuer, gewöhnlich Beefsteak genannt; nicht ein Frühstück, wie es Löwen, Tiger oder Wilde einnehmen, es ist ein einfaches Mahl aus Pflanzenstoffen zur Erquickung eines Philosophen, ein Frühstück, welches einen Preiskämpfer anwidern, aber einen Plato entzückt haben würde.«

Ich zweifelte nicht daran, dass er Recht habe, aber ich war so wenig erbaut von dem Lobe seines Mahles, dass mir fast übel zu Mute wurde, und da meine Hände von den Büchern sehr staubig geworden waren, so bat ich um etwas Waschwasser, bevor ich zeichnen würde. – Ich suchte natürlich nur einen Entschuldigungsgrund, damit ich dem Mahle nicht länger zuzusehen genötigt sei.

Der Philosoph sah mich erstaunt an, es schien ihm meine Bitte wahrscheinlich sehr sonderbar, aber er klingelte und befahl seinem Bedienten, mich in das Schlafzimmer zu führen.

Der Anblick dieses Zimmers bot eine neue Überraschung für mich. Das Lager, welches der Philosoph nach der Tagesarbeit aufsuchte, war mit Rollen versehen, aber es war so elend, dass man gewiss sehr wenig dafür erhalten hätte wenn es zum Verkaufe ausgeboten worden wäre.

An der einen Seite desselben hing ein männliches Skelett von der Decke herab. Es machte den Eindruck, als habe sich hier Jemand vor etwa hundert Jahren erhenkt und keine Hand habe seitdem den Selbstmörder berührt. – An der anderen Seite stand ein Tisch mit allen möglichen Präparaten in Spiritus, die dem Muskelsystem anzugehören schienen; außerdem sah man in Gläsern fremdartige Dinge eingeschlossen, sie glichen den Eingeweidewürmern; daneben lag des Professors Haarbürste mit einem letzten Reste von Borsten und Überbleibseln seines weißen Bartes; einzelne Stücke eines Barbier-Apparates, ein zerbrochener Schuhanzieher und ein kleiner Spiegel im Werte von einigen Pfennigen.

Bücher lagen auch hier, wie überall, auf dem Fußboden, und an den Wänden waren anatomische Bilder festgenagelt. Im Zimmer lagen verschiedene zusammengewickelte Handtücher; es sah aus, als wäre dasselbe mit ihnen bombardiert worden, so waren sie zusammen geknäult. Außer anderen sonderbaren Gegenständen enthielt das Schlafzimmer einen großen ungeschorenen ausgestopften Pudel, der auf einem Tische stand und über ein Paar Beinkleider des Professors Wache zu halten schien, denn er hielt seine Vorderpfoten darauf.

Ich erstaunte bei meinem Eintritt in das Zimmer über das Skelett und jetzt wieder über den Hund.

Sind Sie erschrocken?« fragte der alte Diener und, setzte hinzu: »Der Eine ist gerade so gut tot wie der Andere.«

Damit entfernte er sich.

Ich fand nur wenig Wasser und keine Seife.

Als ich das Zimmer verließ, sah ich noch einmal nach dem Pudel und fand auf dem Brett, worauf er befestigt war, das Wort: »Scarammucia«, wahrscheinlich nannte man das Tier früher so, dachte ich, gewiss hat ihn der Professor hier zur Erinnerung an vergangene Tage aufstellen lassen.

Als ich wieder zu dem Philosophen eintrat, hatte er sein Frühstück bereits vollendet und bereitete sich eben auch einen Sitz. Ich zog Papier und Kreide hervor und das Zeichnen begann.

»Es sind schöne anatomische Präparate in meinem Zimmer, nicht wahr, Mister Kerby?« fragte Tizzi. »Diese Gegenstände sind in meinem Werke umständlich besprochen.«

»Sie werden mich sehr unwissend finden,« entgegnete ich, »aber ich muss sagen, am meisten interessierte mich der ausgestopfte Pudel in dem Zimmer, und ich setze voraus, er sei einst Ihr Liebling gewesen.«

»Nein, nein,« antwortete Tizzi, »er war der Liebling einer jungen Dame bevor ich noch geboren wurde.

»Die Lebenskraft in diesem Hunde muss eine sehr starke gewesen sein, er wurde fabelhaft alt und spielte eine sehr wichtige Rolle in einem Romane des wirklichen Lebens, wie Sie Engländer das zu nennen pflegen. Wenn ich hätte den Hund zergliedern können, so würde er an der Spitze meines Werkes »über tierisches Leben« stehen.«

Hier ist eine Geschichte in Aussicht, sagte ich zu mir, wenn ich seine Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand richte.

»Ja, ja,« sagte der Professor, »Scarammucia« würde eines der Beispiele gewesen sein, die meine Theorien unterstützen; leider starb er, bevor ich das Licht der Welt erblickte. Seine Herrin übergab ihn, so ausgestopft wie Sie ihn da sahen, meinem Vater und dieser hinterließ ihn wieder mir als Erbstück.«

Er verließ seinen Sitz und sagte: »Mister Kerby ich habe große Lust, Ihnen einige meiner Präparate zu zeigen.«

Allein ich bat ihn schnell, sich jetzt nicht mehr zu bewegen, wenn er wollte, dass sein Bild ähnlich werde.

Er kehrte zu seinem Sitz zurück und ich bat ihn nun, mir die Geschichte des Pudels mitteilen zu wollen.

Diese Aufforderung schien ihm vielleicht von sehr schlechtem Geschmack zu zeugen, und ich merkte wohl, dass er sich ungern von seinem »großen Werke« losriss. Ich werde mir erlauben, die Geschichte, zu der ich nun gelangte, mit meinen eigenen Worten zu erzählen und ich füge gleich hier hinzu, dass ich niemals das Bild, welches ich von dem Professor aufnahm, gedruckt zu sehen bekam.

Professor Tizzi lebt zwar noch, aber ich sehe vergeblich nach der Anzeige seines »großen Werkes« in den Zeitungen nach. Vielleicht fügt er dem Werke noch zwei Bände zu und häuft somit immer mehr die Schulden der Nachwelt für seine Arbeit an.

 
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