Gefährliche Geschäfte

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Kapitel 18

Mark klingelte Sturm und pochte unentwegt an Sarahs Wohnungstür. "Sarah, bitte, mach' auf", flehte er. Er wusste, dass sie da war. Das war nicht zu überhören. Sarah hatte die Musik auf volle Lautstärke gedreht und stellte sich taub. Von innen steckte ein Schlüssel in der Tür, so dass Mark mit seinem nicht hineinkam. Sarah verbarrikadierte sich, wollte niemanden sehen, nichts hören. Eine Affäre im Büro, das war so widerwärtig, das Letzte, nein das Hinterletzte, empfand sie. Die Tränen liefen unentwegt über ihr Gesicht.Mark hämmerte noch einmal gegen die Tür. "Sarah", bat er leise. Seine Stimme klang mittlerweile schwach. Er erkannte zunehmend die Sinnlosigkeit seiner Aktion. Sarah konnte so stur sein. Langsam ließ er sich hinab auf die Stufen gleiten. Er fühlte sich schlecht, schuldig. Sollte er jetzt einfach so gehen? Würden sie irgendwann wieder zueinander finden? Nein, er konnte nicht gehen, ohne ihr alles zu erklären. Mark griff zu seinem Handy und schickte Sarah eine SMS. "Bitte Sarah, lass uns reden. Ich warte vor der Tür, bis du dazu bereit bist. Es tut mir alles so furchtbar leid!" Er ließ den Kopf zwischen seine Arme auf die Knie sinken und schloss für einen Moment die Augen. Was, wenn sie nicht antwortete?Sarah hatte sich direkt an die Wohnungstür gekauert. Sie wollte hören, wann er ging. Doch im Hausflur regte sich nichts. Sie schaute durch den Spion in der Tür und sah Mark auf den Treppenstufen sitzen. Ein jämmerlicher Anblick. Sarah trat wieder einen Schritt zurück. Sie wollte ihn so nicht sehen. Warum, warum, warum? hämmerte es immer wieder in ihrem Kopf. Und wann hatte es angefangen? Alles lief gut zwischen ihnen, bis Sarah mit dem Plan kam, die Firma zu verlassen. Mark stemmte sich gegen ihren Entschluss, der schon so fest schien. Er wollte nicht, dass sie wegen ihm ihre Karriere aufgab. Er wusste ja nicht, was wirklich hinter ihrer Entscheidung steckte. Sarah kippte um, blieb, obwohl sie merkte, wie sehr die gemeinsame Arbeit ihre Beziehung gefährdete. Und dann die Sache mit Möller. Hat sie Mark am Ende selbst in Monikas Arme getrieben, indem sie zuließ, dass Jan sie derart umwarb? Handelte er aus Eifersucht? Sie hätte Mark von Anfang an von Jans Annäherungsversuchen, seinen e-Mails erzählen müssen. Sie hätte ihm so vieles erzählen müssen, dachte sie. Sarahs Kopf dröhnte. Die Musik war viel zu laut. Derartige Geräusche hielt sie nie lange aus. Sarah stand auf, drehte den Regler runter und wischte sich mit der Hand die Tränen aus dem Gesicht, die nur Sekunden später erneut wie aus Kannen flossen. Sie hatte ihr Handy aufgenommen und Marks Nachricht entdeckt.Erneut schaute Sarah durch den Türspion. Mark saß noch immer auf der Treppe, den Kopf in die Hände gestützt und starrte auf sein Handy, das zwischen seinen Füßen lag. Sarah wurde weich. Sie war nicht imstande, ihren Plan bis zum Ende durchzuziehen. Es gelang ihr einfach nie. Weder beruflich, noch privat. Langsam öffnete sie die Tür. Mark drehte sich um und sah auf. "Sarah", murmelte er ungläubig.Sarah stand mit schwarz umränderten Augen in der Tür und brachte kein Wort heraus. "Es tut mir so leid", flüsterte Mark, erhob sich langsam und trat näher. Sarah drehte sich um und lief davon. Die Tür hinter sich ließ sie offen. Sie setzte sich an den Küchentisch und schaute gedankenverloren zu Boden. Mark folgte ihr, zog sich einen Stuhl vom Tisch und setzte sich neben sie. "Sarah", begann Mark erneut. "Ich hab' das nicht gewollt." Sarah blickte auf und schüttelte ungläubig den Kopf. Nicht gewollt, das klang wie aus einem schlechten Film. Doch Mark fuhr unbeirrt fort: "Sie stand eines Tages einfach in der Tür und hat sich ausgezogen. Und ich dachte du und Jan..." "Was dachtest du?" brüllte Sarah und sprang wütend auf. "Sarah!" Mark wollte sie beruhigen, er ergriff sie am Arm und zog sie zu sich heran. "Es tut mir wirklich leid. Ich weiß, ich hätte dir vertrauen sollen." Sarah ließ sich zurück auf den Stuhl sinken. "Ich habe dir vertraut!" sagte sie leise und begann erneut zu weinen. Mark rückte seinen Stuhl näher an sie heran, nahm sie in den Arm und drückte sie fest an sich. "Verzeih mir bitte", flehte er und strich ihr über ihre blonden Haare.

Kapitel 19

Kommissar Sander hätte Möller keine Minute länger festhalten dürfen. Der Dicke hatte Jan in sein Lokal bestellt und duldete keine Verspätung. Und wenn Jan ihm hätte erzählen müssen, aus welchem Umstand seine Verspätung resultierte, wäre er geliefert. Ein Verhör bei der Polizei war das Letzte, das der Dicke brauchen konnte. Es lief ohnehin alles andere als glatt in letzter Zeit. Jan setzte sich an den verwaisten Tresen und bestellte erst einmal einen Doppelten. Das Lokal hatte bereits geschlossen, er war der einzigste Gast. Der Dicke musterte Jan aufmerksam und goss widerwillig einen Klaren ins Glas. "Und hast du die Dateien?" fragte er noch im Einschenken. Möller antwortete nicht und griff zum Glas. Aber der Dicke kam ihm zuvor, hielt es fest und schaute Jan eindringlich an. "Die Dateien!" schnaubte er. Jan wurde mulmig zumute, er zog tief Luft durch die weit geöffneten Nasenflügel und strich sich mit dem Zeigefinger die Haut unter dem rechten Jochbein glatt. Dann schwenkte er langsam den Kopf. "Nee", erwiderte er leise. "da war nichts mehr auf dem Laptop. Alles gelöscht." "Scheiße!" brüllte der Dicke und schlug mit der flachen Hand auf den Tresen. Dann nahm er das Glas, das er noch mit der linken umklammerte, und trank es aus. Anschließend beugte er sich weit zu Jan hinüber, legte seine Augenbrauen in Falten und blickte ihn mit leeren Augen an. "Und jetzt?"Jan hob zögerlich die Schultern. "Weitersuchen!"Der Dicke zwirbelte sich nachdenklich an seinem Oberlippenbart. "Dafür bleibt uns keine Zeit mehr", sagte er schließlich und goss sich nach.In dem Moment schrillte rechts neben dem Tresen das Telefon. Jan fuhr in sich zusammen und sah den Dicken erschrocken an. Auch der runzelte die Stirn und schien keinen Anruf zu erwarten. Er humpelte das rechte Bein hinter sich herziehend hinüber. Möller erhob sich und folgte ihm. Der Dicke nahm den Hörer ab und nickte ein paar Mal mit entspannter Miene. Nach Ärger sah das nicht aus. Jan atmete tief durch. "Großartig, Mäuschen", sagte der Dicke schließlich und trommelte sich mit der linken Hand freudig auf den Bauch. "Beeil dich!"Nachdem er eingehängt hatte, packte der Dicke Jan mit seiner kobligen Hand im Nacken und zog ihn an sich. "Es ist erledigt!" sagte er erfreut und ein dreckiges Grinsen machte sich auf seinem Gesicht breit.

Kapitel 20

Kommissar Sander saß noch immer an seinem Schreibtisch und starrte aus dem Fenster. Durch die halbgeöffneten Lamellen fielen dünne Lichtstrahlen in den Raum. Auch im Bürogebäude gegenüber brannte noch Licht. Wer da wohl zu dieser späten Stunde noch arbeitete? Sander schweifte ab, dabei sollte er sich auf seinen Fall konzentrieren. Wo war der Schlüssel, die Lösung? Sander kam nicht weiter. Er stand auf und trat an seine Pinnwand. Dort hatte er seine bisherigen Erkenntnisse mit blauem Filzstift auf Papier gebracht und kleine Notizzettel mit Nadeln angesteckt. In der Mitte prangte in großen Lettern der Name Mark. Er blickte auf den Zettel, den er links daneben plaziert hatte. Monika Wassmann stand dort. Sie war Marks Sekretärin und seine Geliebte. Hatte sie darüber hinaus etwas mit dem Fall zu tun? Dafür hatte Sander keine Indizien. Was war mit Sarah? Sander tippte mit dem Zeigefinger auf den Zettel. In welcher Beziehung stand sie tatsächlich zu Jan? War es so, wie er sagte. Wollte Jan Möller seinem Kollegen die Freundin ausspannen, hat er sich deshalb an sie ran gemacht, seinen Rivalen ausspioniert? Sander nahm sich noch einmal die Fotos vor, die er in seiner Schublade verwahrte. Die Affäre zwischen Mark und Monika gab definitiv das Zeug für einen Erpressungsversuch her. Käme sie ans Licht, würde dies dem Ansehen des Projektleiters erheblich schaden. Das wäre also auch ein mögliches Motiv. Auch das spräche für Jan Möller als Täter.Sander kratzte sich am Kopf. Leider konnte er das nicht beweisen. Und das Fahrrad konnte Möller unmöglich gestohlen haben, für den Abend hatte er ein wasserdichtes Alibi. Der vorgetäuschte Diebstahl und der Einbruch standen jedoch zweifellos in Zusammenhang. Irgendjemand wollte sich auf diese Weise Zutritt zur Wohnung von Mark Atkins verschaffen und dabei möglichst unbehelligt sein. Nur wer, wenn es nicht Möller war?Sander ging die Zettel durch, wieder und wieder. Setzte sich, nahm sich erneut seine Akte vor und las. Er drehte sich im Kreis. Was nur hatte er übersehen?Der Kommissar stand auf und ging hinaus auf den Flur. Es half ihm beim Denken, wenn er sich bewegte und hin und wieder die Umgebung wechselte. Er steuerte auf den Kaffeeautomaten zu. Eigentlich sollte er keinen Kaffee trinken zu dieser Zeit. Er würde nicht schlafen können, was er ohnehin in den letzten Tagen viel zu wenig tat. Dennoch warf er wie in Trance einige Münzen hinein und wartete, bis der Automat einen Becher ausspuckte. Zurück an seinem Schreibtisch nahm sich Sander noch einmal die Ermittlungsergebnisse vor. Plötzlich hielt er inne. War er etwa die ganze Zeit auf der falschen Spur?

Kapitel 21

Es klingelte. Sarah fuhr erschrocken hoch und schaute sich schlaftrunken um. Neben ihr lag Mark, seinen Kopf tief in die Kissen vergraben. Vorsichtig nahm sie seinen Arm von ihrer Hüfte und griff nach ihrem Bademantel. Wer konnte das jetzt noch sein? "Was ist los?" Mark räkelte sich kurz und drehte sich auf die andere Seite. "Es hat geklingelt", flüsterte Sarah leise und setzte sich auf die Bettkante. "Ach, du hast geträumt. Es ist mitten in der Nacht..." Sarah lächelte. Da es ruhig blieb, ließ sie sich zurück ins Bett fallen. "Nein, es ist erst Zehn", hauchte sie Mark ins Ohr und küsste ihn zärtlich.Plötzlich klopfte es an der Wohnungstür. Sarah sprang auf und auch Mark war auf einmal hellwach. Wieder klopfte es. "Frau Bernhard, würden Sie mir bitte die Tür öffnen. Es ist dringend!" Draußen stand Kommissar Sander. Sarah sah Mark ratlos an. Aber auch der zuckte nur wortlos mit den Schultern und hatte alle Mühe, schnell in seine Hosen zu steigen. "Einen Moment, bitte", rief Sarah, warf sich den Bademantel über, strich sich zuerst die Haare, dann das Laken glatt. Sander wartete geduldig. Er wollte jedoch nicht zu Sarah, sondern zu Mark. Nachdem er vergeblich an dessen Wohnungstür geklopft hatte, war er zu Sarah gefahren. Er vermutete, ihn hier zu finden. Und sein Instinkt hatte ihn wieder einmal nicht getäuscht. Es vergingen weitere fünf Minuten, bis sich schließlich die Tür öffnete. "Frau Bernhard, entschuldigen Sie die späte Störung, ich möchte zu Mark Atkins. Ist er hier?"

 

Sarah, die erneut spärlich mit einem Bademantel bekleidet vor die Augen des Kommissars getreten war, blickte sich irritiert um. Sander interpretierte dies als Bestätigung seiner Annahme und trat ein. Mark fing ihn noch im Flur ab. "Herr Kommissar, was gibt es denn so Dringendes. Es ist mitten in der Nacht!" knurrte er.Sander blickte auf die Uhr. Es war spät, aber mitten in der Nacht, das hielt er für übertrieben. "Es dauert auch nicht lange", erwiderte er und zwängte sich an Mark vorbei ins Innere der Wohnung. Unter dem Küchentisch lagen Sarahs Pumps, ihr Rock und die Bluse. Sander musterte Mark und Sarah unauffällig, blickte durch einen Türspalt ins Schlafzimmer und lächelte wissend. Er entschloss sich jedoch, nicht näher auf die offensichtliche Versöhnung der beiden einzugehen. "Ich werde das Gefühl nicht los, dass Sie mir noch nicht alles gesagt haben, Herr Atkins", begann er stattdessen. Mark sah ihn erstaunt an. "Wie meinen Sie das?" "So wie ich es gesagt habe!"Mark wich einen Schritt zur Seite. Der Kommissar stand ihm direkt gegenüber, und es behagte ihm nicht, wie er ihn ansah. "Herr Atkins, ist es richtig, dass sich auf ihrem Laptop nicht nur die Bilder von der Webcam, sondern auch brisante Firmeninformationen befanden?"Mark fühlte sich ertappt. Ja, es stimmte, und er wusste, dass er damit gegen interne Regeln verstieß. Mark nickte, es war sinnlos, irgendetwas zu bestreiten. "Können Sie mir das erklären?" Mark hob den Kopf und sah den Kommissar mit großen Augen an. Was gab es da noch zu erklären? Er hielt es für besser, seine Testergebnisse nicht im Büro aufzubewahren. Das war alles. "Wir arbeiten an einer wichtigen Entwicklung. Je mehr Leute davon wissen, um so schlechter", erklärte er. " Es ist ein harter Wettbewerb. Wenn du nicht der erste bist, kannst du einpacken." Sander nickte, aber er verstand dennoch nicht, warum Mark offenbar seinen eigenen Leuten misstraute und die Dateien in der Firma für nicht sicher hielt. "Und Sie hatten Sorge, dass Ihnen jemand zuvor kommen könnte? Jemand bestimmtes?" Mark holte tief Luft. Er hatte schon viel zu viel gesagt. Sollte er Möller belasten, bisher hatte er doch noch gar keine Beweise. Was, wenn er sich irrte? "Ja, nein... ich weiß nicht", stammelte er. "Ich hatte den Eindruck, dass sich jemand an meinem Computer im Büro zu schaffen gemacht hat. Ich hatte ja keine Ahnung, dass es möglicherweise gar nicht um die Firmendateien, sondern um die Aufnahmen der Webcam ging..."Sander nickte, aber vielleicht waren Mark und er ja genau damit auf dem Holzweg. Was, wenn tatsächlich die Testergebnisse von Interesse waren und nicht seine Affäre mit der Sekretärin? "Können Sie sich vorstellen, wer das war?" "Ich weiß nicht. Vielleicht Möller. Er verfolgt mich auf Schritt und Tritt. Und dann die Sache mit Sarah... Ihm ist alles zuzutrauen." "Die Experten von der Spurensicherung sagen, die Dateien auf ihrem Laptop zu Hause waren alle gelöscht?"Mark nickte. "Eine reine Vorsichtsmaßnahme, ich verfahre immer so, dass ich alle Daten und Testergebnisse auf einen Stick ziehe und danach alles lösche!" Sander horchte auf und sah Mark interessiert an. "Und wo ist der Stick jetzt?" fragte er eilig. Mark zuckte mit die Schultern. Er verstand nicht, warum der Kommissar das wichtig fand. "Im Büro", erwiderte er. "Dann lassen Sie uns hinfahren", bat der Kommissar. Mark schüttelte ungläubig den Kopf. "Hat das nicht Zeit bis morgen?" Jetzt war es der Kommissar, der vehement den Kopf schüttelte. "Nein!"

Kapitel 22

Jan Möller war müde. Es war ein anstrengender Tag, und er wollte ins Bett. Zudem ging ihm das Verhör mit Sander nicht mehr aus dem Kopf. Der Mann wusste viel, vielleicht schon zu viel. Noch war Zeit auszusteigen, jetzt zu gehen. Monika würde gleich da sein und dem Dicken geben, wonach er verlangte. Im Grunde genommen brauchte er ihn nicht mehr. Und Michail? Der sollte längst da sein. Was, wenn er das Geld gar nicht brachte. Diese Leute waren zu allem fähig...Jan erhob sich langsam. "Der kommt nicht mehr", sagte er und schob dem Dicken sein leeres Wodkaglas hin. "Ich geh' ins Bett!" Der Dicke zog die Stirn in Falten, packte Jan an der Schulter und drückte ihn nach unten. "Du bleibst!" erwiderte er brummig.In dem Moment klopfte es gegen die große Fensterscheibe. Der Dicke warf Jan noch einen wütenden Blick zu und humpelte zur Tür.Draußen stand ein breitschultriger Mann in einem schwarzen Trenchcoat. Darunter trug er ein schneeweißes Hemd und akurat geputzte braune Lederschuhe, die unter dem Saum seiner Hose hervorblitzten. Der Mann strich sich mit einer Hand durch die schwarzen Haare und trat ein. Die andere steckte in einem schwarzen Lederhandschuh und umklammerte fest einen Aktenkoffer. Er lehnte den Koffer an den Tresen und wartete, bis Jan einige Stühle an einen der Tische im Gastraum plaziert hatte. Der Dicke trat hinzu und bot dem Mann einen Platz an. Er setzte sich, entledigte sich seiner Handschuhe, zog einen feinen Kamm aus der Innentasche seines Mantels und fuhr sich damit über den Kopf. "Also?" fragte er schließlich und steckte dabei den Kamm zurück in die Tasche. "Was habt ihr für mich?" Er beugte sich weit über den Tisch und sah Jan und den Dicken mit erwartungsvollem Blick an.Jan wich ein Stück zurück, während der Dicke den Tisch verließ und sich der Situation komplett entzog. Keiner von beiden hatte, wonach der Mann verlangte. Man musste ihn irgendwie bei Laune halten, dachte Jan. Der Dicke sah das offenbar genauso. Er holte die Flasche Wodka vom Tresen und griff noch drei Gläser. "Komm Michail, jetzt trinken wir erst einmal einen!" sagte er und setzte an, um Michail einzuschenken.Doch der nahm seine rechte Hand hoch und wehrte ab. "Erst das Geschäft!" brummte er.Der Dicke hielt inne und stellte die Flasche zurück auf den Tisch. "Also, es ist so." Er wollte gerade beginnen, Michail zu berichten, wie sich die Dinge verhielten, da sprang die Tür auf und Monika kam herein. Jan atmete auf und auch der Dicke lehnte sich erleichtert zurück. Monika stöckelte erhobenen Hauptes zu ihnen hinüber, warf ihre Handtasche auf den Tisch und schüttelte sie mit einem "et voila" triumphierend aus. Neben einem Lippenstift, Autoschlüssel und einer Packung Zigarillos purzelte der silberne Stick auf den Tisch. Michail griff sofort zu. "Perfekt!" lobte er und steckte den Stick ein. Monika sammelte ihre Utensilien ein, nahm sich ein Zigarillo aus der Schachtel und bat den Dicken um Feuer. Der schlürfte zum Tresen, kehrte mit einem angezündeten Streichholz zurück und hielt ihn Monika unter die Nase. Monika nickte, streckte dem Dicken ihr Gesicht mit dem Zigarillo zwischen den Zähnen entgegen und fletzte sich auf den Tisch, an dem Jan und Michail saßen. Michail grinste, umgriff mit beiden Händen ihre Hüften und schob sie ein Stück zur Seite. Dann hob er seinen Aktenkoffer hoch, legte ihn auf den Tisch und tippte mit den Daumen eine Zahlenkombination ins Schloss. Es klackte und die beiden silbernen Kofferriegel sprangen auf. Michail sah zu Jan, dann zu Monika und schließlich zum Dicken, die alle drei gebannt auf den Koffer starrten. Wieder grinste er breit und hob langsam den Deckel. Im Koffer lagen eng aneinander gepresst mehrere Stapel Geldscheine. Jan wollte zugreifen, doch Michail hielt ihn am Arm zurück. "Nicht so schnell", sagte er und klappte den Koffer wieder zu. "Wir wollen doch die Ware erst einmal überprüfen!" Er nickte dem Dicken zu und stand auf. Auch der Dicke erhob sich schwerfällig und verschwand mit Michail und dessen Koffer neben dem Tresen hinter einem dicken Vorhang.

Kapitel 23

Das Firmengelände von "Biomedicines" lag verschlafen im Halbdunkel. Nur die Laternen, die die Straße säumten, und die Bewegungsmelder am Haus erhellten Mark und dem Kommissar den Weg. Der Wachdienst hatte gerade seine letzte Runde gedreht, als die beiden das Bürogebäude betraten. "Guten Abend, Herr Atkins, zu so später Stunde noch unterwegs?"Mark verspürte wenig Lust, sich auf ein Gespräch einzulassen, sah sich jedoch gezwungen, zu antworten, bevor der umsichtige Wachmann pflichtschuldigst Meldung nach "ganz oben" machte und mehr Staub aufwirbelte, als ihm lieb war. "Das ist Kommissar Sander, er ermittelt in einem Einbruchsdelikt. Ich benötige nur noch ein paar Unterlagen aus meinem Büro." Es gelang ihm damit jedoch nicht, den Wachmann in irgendeiner Weise zu beruhigen. Ganz im Gegenteil. "Ein Einbruch? Hier bei uns? Gibt es doch nicht!" "Nein, nein", beruhigte Sander den sichtlich aufgebrachten Mann sofort. "Es handelt sich um einen Einbruch in Herrn Atkins Privatwohnung. Sie werden verstehen, dass wir Ihnen dazu keine weiteren Auskünfte erteilen können." Sander öffnete seinen Mantel und präsentierte dem Mann der Ordnung halber noch seine Dienstmarke. Dann sah er demonstrativ auf die Uhr. "Sie entschuldigen uns jetzt bitte, die Zeit ist schon recht weit fortgeschritten."Mark nickte zerknirscht. Als wenn das den Kommissar eine Bohne interessieren würde. Schließlich hat er ihn gerade mehr oder weniger gegen seinen Willen aus dem Bett geholt. Dabei hatten er und Sarah noch so viel miteinander zu besprechen. Mark hatte Sarah in den Arm genommen. Sie weinte, war so verletzt. Eigentlich hatte er sie nur trösten wollen. Doch dann küsste sie ihn, eins gab das andere. Hals über Kopf fielen sie über einander her. So, als wäre es das letzte Mal. Vielleicht war es das ja auch. Kein Wort haben sie bisher über seine Affäre, ihre Beziehung, geschweige denn die Zukunft verloren. Mark wusste, dass es noch einige Zeit dauern würde, bis Sarah über seinen Seitensprung hinweg war. Wenn sie überhaupt jemals darüber hinweg kam? Aber musste sie sich auch ausgerechnet mit seinem ärgsten Kontrahenten abgeben, sich von Jan so einwickeln lassen? Sie mailte ihm, ließ sich auf einen Flirt ein, letztlich sogar auf ein romantisches Treffen. Natürlich wusste Mark auch, dass es zu weit ging, ihr Password zu knacken und ihre e-Mails zu checken. Aber im Grunde ging es ihm dabei doch gar nicht so sehr um sie, sondern um Jan. Mark wollte wissen, was ihn antrieb, herausfinden, was er wirklich plante.Das mit Monika hatte er tatsächlich nicht gewollt. Sie kannten sich schon seit Jahren. Schon lange Zeit, bevor Sarah zu "Biomedicines" kam, war sie seine Assistentin. Eine Chef-Angestellten-Geschichte war für Mark immer tabu. Er gab ihr nie einen Anlass, daran zu zweifeln. Und auch Monika hatte ihre Liebschaften und war an dem Chef als Mann gar nicht sonderlich interessiert. Das änderte sich jedoch, als Sarah in sein Leben trat. Monika war die erste, die von der Beziehung zwischen Mark und Sarah erfuhr. Sie platzte herein, als Sarah gerade bei Mark im Büro war und sie sich leidenschaftlich küssten. Sie behandelte die Angelegenheit jedoch sehr diskret.Nach ein paar Wochen zog sich Sarah dann plötzlich zurück. Sie sagte, dass sie sich in der Firma ständig beobachtet fühlte und erklärte ihm, dass sie sich entschlossen habe, "Biomedicines" zu verlassen. Mark wollte das nicht. Es gab darüber immer wieder Streit. Monika hatte mitbekommen, dass es in der Beziehung kriselte. Sie gab immer mehr Gas, kam immer häufiger wegen fadenscheiniger Anliegen in sein Büro, berührte ihn flüchtig, mal mit der Brust, mal mit dem Po. Mark war nicht klar, ob er das Geschehen falsch interpretierte, bis sie dann eines Abends vor ihm stand und ihre Chance nutzte. Sie kam zu ihm, nachdem Jan gegangen war, stellte sich vor ihn hin und fragte, ob sie noch etwas für ihn tun könnte. So wie sie es immer tat. Nur dieses Mal mit einem merkwürdigen Unterton, den Mark an ihr nicht kannte. Sie öffnete ihre Bluse, ergriff Marks Hand und steckte sie sich in den Ausschnitt. Mark war zu schwach, um zu widerstehen. Mit der Zeit rutschte er immer tiefer in die Affäre hinein. Sie trafen sich immer öfter. Später entstand die Idee mit den Aufnahmen. Mark wollte das zunächst nicht, aber als Monika zum ersten Mal die Kamera seines Computers laufen ließ und ihm nach dem Liebesspiel die Bilder präsentierte, verfehlten sie die Wirkung nicht. Schon bald wollte er sie nicht mehr missen. Mark musste zugeben, dass er ein wenig auch die stetige Gefahr genoss, die von ihrer heimlichen Liebschaft ausging. Es törnte ihn an und brachte ihm in der stressigen Phase seiner Prothesen-Entwicklung eine willkommene Abwechslung. Monika fragte nicht viel, sie war einfach nur da und machte ihn glücklich. Auf ihre Art. Sarah auf eine andere.

 

Mark war so in Gedanken, dass er Raum und Zeit um sich komplett vergaß. "Welche Etage, Herr Atkins?" Der Kommissar stand bereits eine gute Minute im Fahrstuhl und harrte Marks Antwort. Da dieser nicht reagierte, wiederholte er seine Frage noch einmal. Mark lehnte an der Fahrstuhlwand und blickte Sander irritiert an. "Äh, 7." erwiderte er schließlich und erinnerte sich des gemeinsamen Anliegens. "Ich weiß nicht, wieso der Stick Sie weiterbringen sollte", knurrte er, während der Fahrstuhl anruckte und sich in Bewegung setzte. Mark gab sein exklusives Wissen nur ungern aus der Hand. "Ich kenne ihr Versteck zwar noch nicht, aber, wenn es die Einbrecher auf ihre Dateien abgesehen haben, halte ich ihn auch hier für nicht sehr sicher!" Mark stutzte. An diese Möglichkeit hatte er noch gar nicht gedacht. Er schloss die Bürotür auf und reichte Sander das Schaf. "Hier!" Sander runzelte die Stirn. Für sehr professionell schien er Marks Vorgehen nicht zu halten. Er streifte sich ein paar Gummihandschuhe über die Hände und griff sich das Stofftier. Er bearbeitete es zunächst sanft mit den Fingern, dann drehte er es von einer auf die andere Seite, schüttelte es heftig und bohrte schließlich mit dem Zeigefinger ein kleines Loch in den Rücken. Dann stellte er es kopfschüttelnd zurück auf den Schreibtisch und wählte die Nummer der Spurensicherung.Mark wusste nicht, was das alles zu bedeuten hatte. Er schnappte sich erneut das Schaf, drückte es am Bauch und auf dem Rücken, links und rechts, schüttelte es und nahm es schließlich ganz auseinander. Das Tier war leer. Wütend warf er das Schaf zu Boden. "Scheiße!" brüllte er. Der Kommissar war wesentlich gefasster, irgendwie hatte er so etwas geahnt. "Sagen Sie, Jan Möller, lebt der allein, oder wo wäre er zu finden, wenn ich ihn zu Hause nicht antreffe?"Mark sah den Kommissar entgeistert an. Also doch Möller? Aber klar, wer sonst kam auch für solch eine Sauerei in Betracht, dachte er. "Wenn der wo ist, dann in der Kneipe!" "Und wissen Sie auch, in welcher Kneipe ich ihn finde?" hakte Sander nach. Mark hob die Schultern.Sander überlegte kurz, dann griff er zum Telefon und wählte Sarahs Nummer. "Ja, Frau Bernhard, hier ist nochmal Kommissar Sander." Sarah erschrak, war irgendetwas passiert? Stimmte etwas nicht mit Mark? Aber Sander beruhigte sie. "Es ist alles in Ordnung, Frau Bernhard. Nur eine kurze Frage: Das Lokal, in das sie Jan Möller an dem Tag, an dem Marks Fahrrad gestohlen worden ist, eingeladen hat, können Sie sich erinnern, wie das hieß?" Natürlich erinnerte sich Sarah. "Zum Goldenen Hahn" hieß die Spelunke. Der Kommissar griff einen Zettel aus Marks Notizblock und notierte sich Namen und Adresse. Dann wandte er sich zum Gehen. "Warten Sie, ich komme mit", rief Mark und eilte Sander hinterher. Doch der schob ihn zurück ins Büro. "Kommt nicht in Frage", erwiderte der Kommissar. Er wusste, was passieren würde, wenn Mark, so aufgebraucht wie er war, auf Möller traf. "Sie bleiben bitte hier und warten auf die Spurensicherung. Die Männer müssen jeden Augenblick da sein."

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