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Das Vermaechtnis des Inka

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Das hatte die Wirkung, daß sie umkehrten und sich dem Büffel wieder näherten, ohne aber Crusada retten zu können, denn er war bereits tot. Aus diesem Grunde schenkte ihnen der Stier mehr Aufmerksamkeit als vorher; er machte Miene, zum Angriff überzugehen; da ergriffen sie zum zweitenmal die Flucht. Es war, als ob er genau wisse, auf welche Weise er ihr Entkommen verhindern könne, denn er rannte nach der Thür, wie um ihnen den Weg abzuschneiden. Sie konnten sich also nur auf die Bretterwand retten und eilten auf dieselbe zu; er sah das und hielt nun von seitwärts her dieselbe Richtung ein. Der erste von ihnen gelangte glücklich hinauf; der zweite auch; der dritte aber war nicht schnell genug; er that den Sprung und ergriff die obere Kante der Wand, doch ehe er den Leib emporzuziehen vermochte, war der Büffel hinter ihm und traf ihn mit dem einen Horn in den Schenkel. Glücklicherweise zog er das Horn zu einem neuen Stoße zurück; dadurch kam der Mann frei, und konnte sich, wenn auch blutend aber doch lebend, durch eine Anstrengung, zu welcher ihm die Todesangst doppelte Kräfte verlieh, vollends emporschwingen. Der zweite Stoß des Tieres traf die Wand so, daß das betreffende Brett zer-

brach. Das Tier wußte, wo es die Feinde zu suchen hatte, und stieß von neuem gegen die Wand, glücklicherweise an einer Stelle, welche durch die dahinter befindliche Säule einen festern Halt besaß. Aber die Säule erzitterte unter den fortgesetzten, wuchtigen Stößen; die Wand krachte in allen Fugen; sie mußte, wenn der Büffel nicht abließ, zusammenbrechen, und dann waren alle, die hinter derselben saßen, seinen Hörnern preisgegeben.

Es war also kein Wunder, wenn auf dieser Seite des Cirkus eine Panik eintrat, welche schnell weiter um sich griff. Man schrie und zeterte. Jeder, der sich bedroht sah, wollte sich retten. Man sprang auf die Sitze und Scheidewände, um nach den hintern Plätzen zu flüchten, und doch waren alle Plätze besetzt. Einer sprang auf und über den andern; man stürzte heulend und fluchend übereinander weg. Welche Unglücksfälle, welche Verletzungen mußte das ergeben! Da übertönte eine laute Stimme das wüste Geschrei:

»Quedad sentado – bleibt sitzen, Señores! Es ist keine Gefahr vorhanden. Ich nehme den Büffel auf mich.«

Der Vater Jaguar war es, der diese Worte rief. Er zog seinen Rock aus, um nicht von ihm gehindert zu werden, riß das Messer des Privatgelehrten abermals an sich und sprang gerade so, wie er es vorhin auf die Veranlassung des Jaguars gethan hatte, von Platz zu Platz auf die Scheidewand und von da in die Arena hinab.

Nicht auf seiner Seite, sondern auf der entgegengesetzten drohte die Gefahr. Darum rannte er über die Arena hinüber und stieß jenes Geschrei aus, welches die Indianer Nordamerikas bei ihren Jagd- und Kriegsangriffen hören lassen. Es ist das ein langgedehntes, in hohem Fisteltone gegebenes Hiiiiiih, bei welchem man die Finger möglichst schnell vibrierend gegen die Lippen bewegt, wodurch ein durchdringendes Tremolo entsteht, welches durch Buchstaben nicht bezeichnet werden kann.

Der aus den nördlichen Prairien stammende Bison kannte diesen Jagdruf; er hatte ihn aus dem Munde jagender Indianer wohl oft gehört. Als er ihn jetzt vernahm, fuhr er rasch herum; er sah den Vater Jaguar und ließ von der Wand ab, um den neuen Gegner zu erwarten.

Aber Hammer zeigte keine Eile, das Tier anzugreifen; das Messer in der Rechten, blieb er mitten in der Arena stehen. Da, wo noch vor einigen Augenblicken das wildeste Durcheinander geherrscht hatte, trat jetzt tiefe Stille ein. Nur eins war zu hören: der Name »Vater Jaguar« ging leise und erwartungsvoll von Mund zu Munde. Wollte dieser Mann sich wirklich nur mit dem Messer an das riesige Tier wagen? Riese gegen Riese! Aber was ist die Kraft selbst eines Athleten gegen die Stärke eines Bisons, zumal eines Bisons von dieser ausgewachsenen Größe! Es läßt sich denken, welch hohe Spannung sich jedes Zuschauers jetzt bemächtigte.

Der Büffel stierte den Vater Jaguar mit heimtückischem Blicke an; dieser wiederum hielt sein Auge ebenso scharf und offen und ohne Zucken auf ihn gerichtet wie vorhin auf den Jaguar. Das Tier begann sich in Bewegung zu setzen, langsam, Schritt um Schritt, als ob es wisse, daß es jetzt einen ganz andern, weit gefährlichern Feind vor sich habe. Hammer folgte dem gegebenen Beispiele und schritt auch vorwärts, ebenso langsam wie der Büffel. So näherten sie sich einander mehr und mehr, bis nur der Raum von wenigen Ellen sie noch trennte. Da war es mit der Zurückhaltung des Büffels zu Ende; er hob den Kopf, um ein zorniges Brüllen hören zu lassen, und senkte ihn dann tief zu Boden nieder, um zum Angriff überzugehen.

Alle Welt meinte, daß der Vater Jaguar zur Seite weichen werde; er that dies zum allgemeinen Entsetzen aber nicht, sondern blieb stehen, wo er stand. Jetzt war der Büffel da; seine Hörner mußten den Mann treffen, den eine plötzliche Angst bewegungslos gemacht zu haben schien. Der Vater Jaguar wurde in die Höhe geschleudert – ein einziger, aber vielstimmiger Schrei erscholl im Zuschauerraume. Aber was war denn das? Der Vater Jaguar war in aufrechter Haltung durch die Luft geflogen, kam hinter dem wütenden Bison auf die Füße und blieb da so ruhig stehen, als ob er seinen vorigen Platz gar nicht verlassen habe! Das Tier wendete sich und drang wieder auf ihn ein, warf ihn abermals in die Luft und hinter sich, drehte sich dann wieder um und schleuderte ihn in die Höhe, um ganz dasselbe Spiel immer wiederholen zu müssen.

Nun sah man allerdings, daß dieses fürchterlich gewagte Spiel vom Vater Jaguar beabsichtigt und mit ebenso großer Kühnheit wie Gewandtheit ausgeführt wurde. So oft der Stier die Hörner zum tödlichen Stoße hob, setzte ihm, allerdings keinen Augenblick zu früh oder zu spät, der verwegene Mann den rechten Fuß zwischen dieselben und ließ sich von ihm emporwerfen, um in einem weiten Sprunge hinter dem Tiere den Boden zu erreichen. Wäre vorher den Zuschauern erzählt worden, daß so etwas möglich sei, kein einziger hätte es geglaubt. Ihr Erstaunen war grenzenlos. Welche Kraft, Geschicklichkeit und Eleganz lag in jeder Bewegung Hammers! Es ging auf Leben oder Tod, und dennoch sah man seine Lippen lächeln, und dennoch führte er jede seiner Bewegungen mit einer Leichtigkeit und Sicherheit, mit einer Ruhe aus, als ob es sich um eine harmlose Unterhaltung handle.

Je ruhiger er blieb, desto unruhiger wurde der Stier. Daß er den Feind nicht zu beschädigen vermochte, sondern ihn immer und immer wieder unverletzt hinter sich stehend fand, brachte ihn in Wut. Er brüllte vor Grimm; seine Bewegungen und Wendungen wurden hastiger und unsicher; seine Augen unterliefen mit Blut, wodurch er am Sehen verhindert wurde. Schon kam es vor, daß er den Gegner nicht deutlich stehen sah und mit den Hörnern in die Luft stieß. Das hatte der Vater Jaguar abwarten wollen. Wieder war er emporgeworfen worden, und wieder kam er hinter dem Stiere zu stehen; da blieb er dieses Mal nicht halten, sondern sprang schnell seitwärts nach vorn. Der Büffel, eben im Begriff, sich umzudrehen, kehrte ihm dabei die Seite zu – ein kühner, federkräftiger Sprung, und Hammer saß ihm auf dem Rücken. Das Messer blitzte in seiner Hand; die Klinge desselben drang genau da ein, wo der letzte Hals- an den ersten Rückenwirbel stößt. Der Büffel blieb mehrere Sekunden, ja fast eine Minute, starr und völlig bewegungslos stehen; dann ging ein Zittern durch seine mächtigen Glieder, und er brach, ohne einen Laut hören zu lassen, da, wo er stand, leblos zusammen, wobei der Vater Jaguar von seinem Rücken glitt, um dann dem gestürzten Tiere das Messer aus dem Nacken zu ziehen.

Es war, als ob niemand glauben könne, daß dies keine Täuschung sei. Keine Lippe bewegte sich; aller Augen warteten, daß der Büffel aufspringen und den Angriff wieder beginnen werde. Dem Vater Jaguar war es sehr gleichgültig, ob man

ihm applaudierte oder nicht. Er gab seinen drei Kameraden, welche neben ihm gesessen hatten, einen Wink, den sie verstanden. Sie kamen mit gewandten Sprüngen auf demselben Wege, den er selbst vorhin eingeschlagen hatte, zu ihm in die Arena herab und brachten ihm seinen Rock. Sie entwickelten dabei gerade wie er eine Elasticität der Gliedmaßen, welche man wohl eher bei einem Seiltänzer als bei so feingekleideten Señores gesucht hätte. Nachdem Hammer seinen Rock wieder angelegt hatte, verließ er mit ihnen die Arena durch die Thür, welche für das Publikum bestimmt war.

Jetzt wagten sich mehrere Campeadores herein. Sie sahen den Büffel liegen und näherten sich ihm in sehr vorsichtiger Weise, um ihn zu untersuchen. Die Toreadores, welche sich auf und über die Rettungswand geflüchtet hatten, folgten diesem Beispiele. Noch regten sich die Zuschauer nicht, so sehr standen sie unter dem Einflusse staunender Ueberraschung, aber der Präsident fragte von seiner Loge herab:

»Esta el bufalo muerto – ist der Büffel tot?«

»Si, Vuestra merced; esta muerto – ja, Ew. Gnaden; er ist tot,« wurde ihm geantwortet.

»Esta en verdad muerto, todo muerto – ist er wirklich tot, ganz tot?« erkundigte er sich besorgt.

»Completamente difunto, indudablemente finado – vollständig tot, ohne allen Zweifel verendet. Por medio de un golpe de cuchillo en la nuca – infolge eines Messerstiches in das Genick.«

Diese Fragen und Antworten waren so laut gegeben worden, daß jeder sie verstehen konnte; sie brachen den Bann, in welchem das Publikum sich befunden hatte. Auf das bisherige Schweigen folgte ein Schreien, Klatschen und Stampfen, daß man hätte meinen mögen, der Cirkus breche zusammen.

»Donde esta el padre Jaguar? Aca, venid aca, entre, el padre Jaguar – wo ist der Vater Jaguar? Herbei, herein, der Vater Jaguar!« so riefen hunderte, ja tausend Stimmen durcheinander.

Man wollte den Sieger sehen, ihm den verdienten Beifall zujubeln. Die Peons eilten fort, ihn zu suchen, kehrten aber mit dem Bescheide zurück, daß er nicht zu sehen sei, sich also schon entfernt habe. Es dauerte lange Zeit, ehe das Publikum sich beruhigte. Inzwischen kamen die Matadores, um die Menschen- und Pferdeleichen fortzuschaffen. Zuletzt sollte auch der Büffel hinausgeschleift werden; aber das gab man nicht zu. Man wollte ihn sehen, ihn genau betrachten, seine Größenverhältnisse ausmessen und die kleine, fast unsichtbare Wunde bewundern, durch welche das mächtige Tier gefällt worden war. Alles drängte nach der Arena, und die eigentlichen Cirkusbediensteten mußten sich die Hilfe der Toreadores erbitten, um nur einigermaßen Ordnung in den Wirrwarr zu bringen und schwere Unglücksfälle zu vermeiden.

 

Von keinem der Espadas wurde gesprochen, weder von Crusada aus Madrid, noch gar von Antonio Perillo. Der Vater Jaguar war der Held des Tages; sein Name lebte heute in aller Mund, und wo dann später, nachdem der Cirkus sich geleert hatte, zwei oder mehrere miteinander gingen oder beisammen saßen, war er der Gegenstand nicht nur ihres Gespräches, sondern auch ihrer Bewunderung.

Sonderbar, wie vollständig er verschwunden war! Niemand wußte zu sagen, wo er zu finden sei. Und doch war aus seiner Kleidung zu schließen, daß er nicht im Freien kampiere, sondern sich in der Stadt aufhalte. Er und seine Begleiter, die jedenfalls Kameraden von ihm waren, hatten Anzüge getragen, welche man ablegt, bevor man hinaus in die Pampas geht.

Es versteht sich ganz von selbst, daß man auch im Hause des Bankiers Salido von ihm sprach; hatte er doch die Glieder der Familie von dem Tode errettet oder wenigstens vor schweren und schlimmen Verwundungen bewahrt. Salido sandte einige Peons aus, um den Aufenthalt des berühmten Mannes zu erfahren; sie kehrten aber alle unverrichteter Sache zurück. Das war dem Bankier im höchsten Grade unangenehm.

»Ich muß ihm doch unbedingt meinen Dank abstatten,« sagte er. »Am liebsten hätte ich es gleich, als er vom Jaguar zurückkehrte, gethan, aber es gab keine Zeit dazu.«

»Und ich habe eine noch viel größere Unterlassungssünde begangen,« meinte Dr. Morgenstern. »Er hat sich bei mir für die Decke und das Messer bedankt, und ich habe ihm mit keinem Worte Dank, lateinisch Gratia, gesagt, obgleich ich es war, auf den dieser blutdürstige Jaguar die Augen gerichtet hatte. Was mag er von mir denken! Fast jedes Tier besitzt die Tugend der Dankbarkeit, obgleich es einige Individuen und sogar Ordnungen gibt, welche, wie die Zoologie und speziell die Lehre von den Insekten, Mollusken, Würmern und Bacillen beweist, dieser schönen Eigenschaft wenigstens teilweise zu entbehren scheinen; ein Mensch aber, in Griechenland Anthropos und in Rom Homo geheißen und nach diesen beiden Worten in allen zivilisierten Ländern so genannt, sollte sich von den Tieren, die doch nach der Klassifikation der Lebewesen unter ihm stehen, nicht beschämen lassen. Ich danke dem Vater Jaguar mein Leben und werde ihm dies, sobald ich ihn sehe, offen eingestehen. Denn daß er mir mein Messer nicht wiedergegeben hat, dadurch werde ich doch wohl nicht quitt mit ihm.«

Da kam ein Diener und meldete, daß ein fremder Señor gefragt habe, ob der Hausherr zu sprechen sei, und gab eine Karte ab, auf welcher der einfache Name Carlos Hammer zu lesen war. Der Bankier begab sich nach dem Sprechzimmer und war nicht nur sehr erstaunt, sondern auf das freudigste überrascht, in dem Fremden den – — Vater Jaguar zu erkennen. Er trat schnell auf ihn zu, streckte ihm beide Hände entgegen und sagte:

»Sie sind es, Señor, Sie, nach dem man so vergeblich sucht

Erlauben Sie mir, Ihnen die Hand zu drücken und Sie herzlichst willkommen zu heißen! Wie brav und liebenswürdig, daß Sie uns Gelegenheit geben, Ihnen wenigstens sagen zu dürfen, daß wir Ihnen tief, sehr tief verpflichtet sind!«

Ueber das ernste Gesicht Hammers glitt ein leises Lächeln, als er antwortete:

»Bitte, Señor, ja nicht zu glauben, daß dies der Grund ist, welcher mich zu Ihnen führt. Es ist vielmehr eine geschäftliche Angelegenheit, in welcher ich Sie für eine Minute zu stören gezwungen bin.«

Während dieser Worte zog er eine Brieftasche heraus, der er ein Papier entnahm, welches er dem Bankier überreichte. Dieser warf einen Blick darauf und sagte:

»Eine Anweisung von meinem Geschäftsfreunde in Cordova. Die Summe steht Ihnen sofort zur Verfügung, obgleich mein Geschäft des Stiergefechtes wegen heute geschlossen ist.«

»Solche Eile hat es nicht. Ich hielt es für angezeigt, mich Ihnen vorzustellen, und bitte um die Erlaubnis, den Betrag in den nächsten Tagen erheben zu dürfen.«

Er machte eine Verbeugung und wollte sich entfernen; da ergriff ihn der Bankier am Arme und bat:

»Bleiben Sie noch, Señor! Ich kann Sie unmöglich jetzt schon gehen lassen. Sie retteten uns das Leben; ich bitte dringend um die Erlaubnis, Sie meiner Frau vorstellen zu dürfen!«

»Und ich bitte sehr, davon absehen zu wollen, Señor. Gerade der Dank, von welchem Sie sprechen, verschließt mir Ihre Thür. Ich darf mir unmöglich ein Verdienst anmaßen, welches nur dem Zufalle zuzuschreiben ist.«

Man sah ihm an und hörte es auch aus seinem Tone, daß die Bescheidenheit, welche ihm diese Worte diktierte, eine wahre und keine gemachte war. Infolge dieses Eindruckes, den auch er empfand, antwortete Salido:

»Señor, Sie haben über den Wert dessen, was Sie thaten, eine andre Ansicht, als die meinige ist; dennoch muß ich sie achten und verspreche Ihnen, daß dieselbe berücksichtigt wird. Ich versichere Ihnen, daß Sie von mir und den Meinigen das Wort Dank nicht hören werden, und denke, daß Sie unter dieser Bedingung Ihren Entschluß ändern werden.«

»Unter dieser Bedingung, ja; da bin ich allerdings bereit, auf Ihr freundliches Anerbieten einzugehen.«

Der darüber hoch erfreute Bankier führte ihn in das Familienzimmer, wo das so unerwartete Erscheinen des Vater Jaguar ebenso große Ueberraschung wie Freude hervorrief. Ganz besonders entzückt war der Privatgelehrte, welcher sich zunächst von seinem Erstaunen gar nicht erholen zu können schien, dann aber, Hammer die Hand entgegenstreckend, ausrief:

»Señor, ich bin voller Freude, lateinisch Gaudium oder auch Laetitia genannt, Sie hier begrüßen zu können, zumal ich es für meine Pflicht halte, Ihnen meinen Dank dafür abzustatten, daß – —«

»Halt!« fiel der Bankier ihm in die Rede. »Señor Hammer ist nur unter der Bedingung mitgekommen, daß wir nicht von Dank sprechen. Bitte also, dieses Wort wenigstens jetzt nicht mehr zu erwähnen.«

»Aber, wenn ich nicht von Dank sprechen soll, wovon denn sonst?«

»Von allem möglichen, zum Beispiel von Ihren antediluvianischen Tieren.«

Das hatte Salido scherzhaft gemeint; der kleine, rote Gelehrte ergriff aber sofort die Gelegenheit, von seinem Lieblingsthema zu sprechen, und antwortete hastig, damit ihm ja niemand mit einer Frage zuvorkomme:

»Das ist wahr; das ist allerdings sehr richtig! Señor Hammer, haben Sie schon einmal ein Megatherium oder gar ein Mastodon gesehen?«

»Schon wiederholt,« antwortete der Gefragte.

»Wo denn, wo?«

»In den Pampas. Wer ein gutes Auge für dergleichen Fundorte hat, braucht gar nicht lange zu suchen.«

»Wirklich, wirklich? Haben etwa Sie ein solches Auge?«

»Ich will es zwar nicht mit einem ja behaupten, doch hatte ich zuweilen Gelegenheit, gelehrten Herren als Führer durch die Pampas zu dienen.«

»Waren diese Herren mit Ihnen zufrieden?«

»Ihren Versicherungen nach glaube ich nicht, dies verneinen zu müssen.«

»So! Aber es gehört doch ein gewisser paläontologischer Blick dazu, einem Orte anzusehen, daß er vorweltliche Pflanzen oder Tiere birgt. Die fossilen Ueberreste vorsündflutlicher Faunen und Floren sind uns in sehr verschiedenen Zuständen überliefert.«

»Allerdings,« antwortete Hammer lächelnd. »Man spricht von Verkohlung, Auslaugung, Inkrustation, von Petrifizierung und endlich auch von Abformung.«

Der Kleine trat einen Schritt zurück, betrachtete den Riesen erstaunt und sagte:

»Señor, Sie sprechen da wie ein Professor der Paläontologie! Das ist meine Lieblingswissenschaft. Ich beabsichtige, ein größeres Werk über diejenigen Tiere zu schreiben, welche man bis in die Silurzeit zurückdatieren muß.«

»Es hat schon vorher eine ungeheure Menge von Tieren existiert, denn aus dem Silur allein sind uns wohl zehntausend Arten bekannt.«

»Zehntau – — —!« Dem Kleinen blieb vor Erstaunen das Wort im Munde stecken, dann fuhr er fort – »send Arten! Das wissen Sie? Welche Arten sind das?«

»Cölenteraten, Stachelhäuter, Würmer, Gliedertiere, Mollusken und in den obern Schichten sogar Wirbeltiere, z.B. Haifische. Die Landbewohner aber treten erst

im Devon auf. Insekten und Reptilien treffen wir in der Steinkohlen- und Diasperiode, im Trias, Jura und in der Kreide.«

»Und Säugetiere?« fragte der Gelehrte erwartungsvoll.

»Im obersten Trias findet man schon Beuteltiere, den ersten Vogel im obern Jura; im Tertiär aber spielen sie die leitende Rolle, welche vorher den Reptilien zukam.«

»Und der Mensch?«

»Dieser erscheint frühestens in der jungtertiären Zeit.«

Da that der Kleine vor Freude einen Luftsprung und rief aus:

»Sollte man so etwas für möglich halten! Und gar hier in Buenos Ayres! Sie sind ja wahrhaftig der reine Professor Giebel, der ein berühmtes Handbuch über die Fauna der Vorwelt geschrieben hat! Setzen Sie sich, setzen Sie sich schnell! Ich muß Ihnen einige sehr wichtige zoopaläontologische Fragen vorlegen. Warum ist der Schwanz bei allen Fischen bis in die Jurazeit hinauf heterocerk wie jetzt noch bei den Rochen und Haien? Warum traten die echten Ammoniten, die im obern Jura und in der untern Kreide zur höchsten Entfaltung gelangen, im alpinen Trias so vereinzelt auf? Findet da eine Epacme statt oder nicht? Aus welchem Grunde rechnen Sie Nautilus und Lingula zu den Dauertypen, und wie wollen Sie auf eine Differenzierung der Tierwelt hinweisen, wenn man Ihnen sagt, daß – — —«

» Valgame Dios – Gott stehe mir bei!« unterbrach ihn da der Bankier, indem er sich die beiden Hände an die Ohren legte. »Señores, ich bitte Sie, zu bedenken, daß Sie sich nicht in der vorsündflutlichen Kreide, sondern hier bei mir befinden, der ich von solchen Dingen leider nicht das mindeste verstehe. Haben Sie die Gnade, dieses Thema, welches ja ganz interessant sein mag, für später aufzusparen. Ich würde Ihnen das sehr, sehr hoch anrechnen.«

Der Vater Jaguar erklärte sich lachend einverstanden; dem Kleinen aber war es ganz und gar nicht heb, daß er abbrechen mußte. Man sprach wohl noch eine Viertelstunde lang von verschiedenem, und dann wollte Hammer aufbrechen. Er sagte erst jetzt, daß seine drei Kameraden auf der Straße auf ihn warteten, da er nicht geahnt habe, daß er sich hier so lange verweilen werde. Der Bankier ließ ihn aber nicht fort, sondern eilte hinaus, um die drei Männer selbst herbeizuholen.

Sie kamen; ein Diener brachte Wein, und die Unterhaltung wurde nun viel lebhafter, als sie vorher gewesen war.

Der Vater Jaguar behandelte seine Gefährten mit freundschaftlicher Vertraulichkeit; sie aber wagten nicht, eine solche Vertraulichkeit auch ihrerseits zu zeigen. Man sah und hörte aus allem, was sie sagten und wie sie es sagten, daß sie ihn als hoch über sich stehend anerkannten und einen großen Respekt vor ihm hatten.

Da nicht von Dank gesprochen werden sollte, hatte man es bisher vermieden, das heutige Stiergefecht zu erwähnen, doch war es nicht zu umgehen, daß das Gespräch später dennoch darauf kam. Doktor Morgenstern war es, welcher es zuerst in Erwähnung brachte, um einige kulturhistorische Bemerkungen daran zu knüpfen. Er sprach von den römischen Gladiatoren und nahm dabei Gelegenheit, dem Vater Jaguar das Kompliment zu machen:

»Sie wären jedenfalls ein ausgezeichneter Forumkämpfer gewesen, Señor, und hätten sowohl unter den Retiarii, Velites und Secutores, als auch unter den Galli, Thraces und Hoplomachi Großes geleistet. Es ist wirklich jammerschade, daß Sie nicht schon damals gelebt haben!«

»Warum jammerschade?« fragte Hammer still belustigt,

»Weil Sie dann jedenfalls in Friedländers “Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms” und in Marquardts “Römische Staatsverwaltung” auf das rühmlichste erwähnt worden wären.«

»Ich danke, Señor. Hätte ich damals gelebt, so wäre ich schon über tausend Jahre tot. Lieber ist mir’s, daß ich lebe und in den Büchern dieser beiden Herren nicht erwähnt werde.«

Mag sein! Aber der Erwähnung werden Sie auf keinen Fall entgehen. Sie werden in den Werken über die Stiergefechte als einer der größten Toreadores angeführt werden. Wie ist es Ihnen nur möglich gewesen, diesen gräßliche Bison americanus mit einem einzigen Messerstiche zu erlegen?«

»Das ist nur eine Folge der Uebung. Ich habe schon viele Büffel auf dieselbe Weise getötet.«

 

»Ich denke, es gibt hier in Argentinien keine Bisons. Oder hätte sich die Wissenschaft, die sonst untrüglich ist, einmal geirrt?«

»Sie irrt sich nicht. Ich habe die Büffel, von denen ich sprach, in den Vereinigten Staaten erlegt.«

An den Vereinigten Staaten? Ah, da muß ich Sie sogleich fragen, ob Sie die berühmte Mammutshöhle in Kentucky kennen, und vielleicht gar ein Ohiotier gesehen haben?«

»Davon vielleicht ein andres Mal, lieber Señor, da wir nicht von antediluvianischen Dingen sprechen sollen.«

»Also weder von dem Danke, den wir Ihnen schuldig sind, noch von petrefakten Tieren darf man sprechen. Nun frage ich Sie bloß, wovon man da reden soll! Ich als Deutscher bin gewöhnt, zu reden – — —«

»Ein Deutscher sind Sie?« fiel da der Vater Jaguar ein.

»Allerdings, wie Sie schon aus dem Namen Morgenstern ersehen, den Sie vorhin wohl nicht genau vernommen haben. Ich bin Privatgelehrter und studiere die Vorwelt.«

»Und ich bin Laie und studiere die Mitwelt. Mein Name Hammer mag Ihnen sagen, daß wir Landsleute sind.«

»Wie, auch Sie sind ein Deutscher? Ich stamme aus Jüterbogk. Und Sie, wenn ich fragen darf?«

»Ich wurde im goldenen Mainz geboren.«

»Ah, in Mainz, dem von Drusus erbauten Moguntiacum! Castel liegt auf der andern Seite, ulterior, jenseits, wie der Lateiner sagt. Was hat Sie von da nach Nordamerika getrieben?«

»Die Thatenlust.«

»Und von da nach Südamerika?«

»Eine Veranlassung, über welche ich lieber schweige, als spreche.«

Sein bisher so freundliches Gesicht wurde bei diesen Worten plötzlich tiefernst. Der zartfühlende Bankier ahnte, daß der berühmte Mann an einer wunden Stelle berührt worden sei, und gab dem Gespräch eine andre Richtung, indem er sich in höflichem Tone erkundigte:

»Man hat Sie allenthalben gesucht, Señor. Daraus schließe ich, daß Sie nicht in einem Hotel wohnen, denn Sie sind nicht gefunden worden.«

»Wir besitzen Freunde in Buenos Ayres, bei denen wir ungestört wohnen können,« lächelte der Deutsche.

»Und werden Sie längere Zeit hier verweilen?«

»Nein. Ich werde ich kurzer Zeit nach den Anden gehen.«

»In welcher Richtung?«

»Ueber Tucuman wahrscheinlich nach Peru hinüber.«

Der Bankier horchte auf und fragte schnell:

»Kommen Sie da vielleicht bis Lima?«

»Möglich.«

»Ich habe nämlich einen sehr triftigen Grund zu dieser Erkundigung, Señor. Es ist ein Neffe bei mir zu Besuch, welcher nur auf eine günstige Gelegenheit wartet, um über die Anden nach Lima zu gehen.«

»Wie alt?«

»Sechzehn Jahre.«

»Dann soll er lieber hier bleiben!«

»Er muß hinüber. Er wäre schon längst fort, wenn ich einen tüchtigen und zuverlässigen Sendador (Wegweiser, Pfadfinder) gefunden hätte, dem ich den Knaben anvertrauen kann. Uebrigens ist er für seine Jahre körperlich und geistig sehr gut entwickelt.«

»Aber, Señor, bedenken Sie die Gefahren, welche des Reisenden auf diesem Wege lauern!«

»Ich habe es bedacht. Diese Gefahren werden desto geringer, je zuverlässiger und erfahrener die Reisenden sind. Sie wollen über die Anden. Fast möchte ich eine Frage aussprechen und eine Bitte an dieselbe knüpfen.«

Er sah den Vater Jaguar erwartungsvoll an und fügte, als dieser schweigend vor sich niederblickte, hinzu:

»Natürlich würde ich eine solche Gefälligkeit so reichlich honorieren, wie meine Mittel es mir erlauben.«

Hammer schüttelte leise den Kopf, indem er antwortete:

»So etwas läßt sich nicht honorieren. Ich bin als Yerbatero (Theesucher) im Gran Chaco, als Gambusino (Goldsucher) in Peru, als Chinchillero (Pelzjäger auf Chinchillas) in den Anden und als Cascarillero (Chinarindensammler) in Brasilien herumgestiegen. Meine Gefährten haben mich überall begleitet. Gefahren fürchten wir nicht, denn wir sind ihnen gewachsen, nämlich solange wir uns unter uns befinden. Die Gegenwart eines andern aber, zumal eines unerwachsenen, also unerfahrenen Begleiters würde uns nicht nur unsrer innern, sondern infolgedessen auch unsrer äußern Sicherheit berauben, so daß wir kaum im stande sein möchten, das Vertrauen, welches man in uns zu setzen hätte, zu rechtfertigen.«

»Sie sprechen, wie ein vorsichtiger und ehrenwerter Mann sprechen muß, Señor; aber so unerfahren, wie Sie meinen, ist mein Antonio nicht. Er reitet und schießt ausgezeichnet und ist schon zweimal über die Anden herüber in Bolivia gewesen, die Seereise von Peru hierher gar nicht gerechnet. Er ist kräftig, ausdauernd, unternehmend und anspruchslos, so daß er Entbehrungen und Anstrengungen nicht sehr achtet. Da ist er ja. Sehen Sie ihn sich an, und sprechen Sie mit ihm, Señor! Seine Eltern sind auch Deutsche. Ich denke, dieser letztere Umstand wird geeignet sein, als Fürsprache bei Ihnen zu gelten. Komm her, Antonio! Dieser Señor will nach Peru hinüber. Möchtest du mit ihm gehen?«

. »Mit keinem so gern wie mit ihm!« antwortete der Knabe sofort und in freudigem Tone.

Er war wirklich ein ungewöhnlich starker und auch hübscher junge. Sein von der Sonne bräunlich gefärbtes Gesicht hatte charakteristische Züge, welche auf selbständiges Denken und Handeln schließen ließen. Sein Haar war dunkel, aber das Blau seiner Augen und der ehrliche, offene Blick derselben ließen die germanische Abstammung deutlich erkennen. Er selbst schien dem Vater Jaguar ebenso sehr wie seine Antwort zu gefallen, denn dieser streckte ihm die Hand entgegen, zog ihn näher zu sich heran, strich ihm liebkosend über den Kopf und sagte:

»Also gern würden Sie mitgehen? Aber die Anstrengungen, das lange Reiten?«

»O, das halte ich nicht nur aus, sondern ich habe es sogar sehr gern.«

»Und der Weg durch den fürchterlichen Gran Chaco, die Jaguare und die Indianer?«

»Die fürchte ich nicht. Ich weiß mein Gewehr und mein Messer zu führen,« antwortete der Knabe, indem seine Augen blitzten und seine Wangen sich röteten.

»So! Also mutig ist man. Was hat man denn sonst gelernt, mein verwegener junger Señor?«

Bei dieser Frage bemächtigte sich des Jünglings eine kleine, sichtbare Verlegenheit; er antwortete aber, sie schnell überwindend:

»Ich weiß gar wohl, Señor, daß die Knaben meines Alters drüben in Deutschland schneller vorwärts schreiten und ihre Ziele leichter erreichen als wir, da sie bessere Schulen und Lehrer haben. Aber ich besuche das Institut für Kunst und Gewerbe, da ich der Nachfolger meines Onkels werden soll; Vater hält mir und dem Bruder einen deutschen Hauslehrer, und später werde ich eine deutsche Universität besuchen. Wollen Sie mich examinieren, so will ich sehr gern antworten.«

»Das will mir wohl gefallen, denn so spricht keiner, welcher der Letzte auf der Schulbank ist. Zum Examinator bin ich nicht berufen; aber für den Ritt über die Pampas und die Anden würden Sie wohl gute Lehrer an uns haben. Und ein Deutscher sind Sie? Aber freilich wohl nur der Abstammung nach?«

»Nein, Señor, sondern mit meinem ganzen Herzen. Ich bin nicht drüben geboren, halte aber doch das schöne Deutschland für mein Vaterland. Um ein Deutscher und zwar ein ganzer Deutscher zu sein, braucht man nicht drüben zu wohnen, denn Alldeutschland ist an jedem Orte, da wo die deutsche Zunge klingt und Gott im Himmel Lieder singt.«

Er hatte dies aus vollstem Herzen gesagt. Der kleine, rote Privatgelehrte sprang begeistert auf, breitete die Arme aus und rief:

»Ja, wo des Deutschen Zunge klingt und Gott im Himmel Lieder singt! Das Lied ist gedichtet von Ernst Moritz Arndt, am 26. Dezember 1769 in Schoritz auf Rügen geboren und am 29. Januar 1860 in Bonn gestorben. Komponiert wurde es von vielen Tonsetzern. Meine Lieblingsmelodie ist diejenige von Heinrich Marschner, für vierstimmigen Männerchor in C dur gesetzt. Ich bin Mitglied des Jüterbogker Gesangvereins “Deutsche Lyra” und singe ersten Baß, vom großen As bis zum eingestrichenen e hinauf und habe bei Konzerten die Noten auszugeben, da ich Bücherwart des Vereins bin. Hurra! “Was ist des Deutschen Vaterland? Allüberall wird es genannt. O Gott vom Himmel sieh darein: Der ganze Erdkreis wird’s noch sein!” So ungefähr wird’s wohl lauten, denn auswendig kann ich es nicht, da es keine vorsündflutliche Ausgrabung ist.«

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