Tristan und Isolde

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Was da sollte geschehn

In so landkundgem Falle:

Das wunderte sie Alle.

Die seligen Isolden zwo,

Als sie mit einander so

In den Pallas giengen,

Da grüßten und empfiengen

Die Herren all die Süßen.

Inzwischen diesem Grüßen

Ward viel gesprochen und gedacht,

Zu Tage wunderviel gebracht

Von der Zwein Vollkommenheit.

Jedoch die Mutter und die Maid

Erstaunte minder noch die Menge,

Als wie's dem Truchsäß so gelänge.

Sie dachten, sprachen immerdar:

Nun schauet Alle, nehmet wahr:

Wird diesem heillosen Mann,

Der nimmer Heil noch gewann,

Diese heilbegabte Magd,

So ist ihm all das Heil ertagt,

Das ihm und irgend einem Mann

An einer Magd ertagen kann.

Als vor dem König sie erschienen,

Vom Sitze stand er auf vor ihnen

Und nahm sie freundlich neben sich.

»Nun, Truchsäß«, sprach der König, » sprich

Was du begehrst vor diesen Herrn?«

»Herr, König«, sprach der Truchsäß gern,

»Mein Begehr und meine Bitte

Ist, daß ihr königliche Sitte

Dem Land nicht brechen wollt an mir.

Gedenkt es euch, so sprachet ihr

Und bestärktet den Bescheid

Öffentlich mit euerm Eid:

Den Ritter, der mit seiner Hand

Allein erschlüge den Serpant,

Dem gäbet Ihr zum Solde

Eure Tochter Isolde.

Der Eid verderbte manchen Mann;

Ich aber sah das wenig an:

Weil mir die Maid am Herzen lag,

Hab ich das Leben oft gewagt

Viel fährlicher als je ein Mann,

Bis mir endlich so daran

Gelang, daß ich den Drachen schlug.

Ist es zum Erweis genug,

So seht ihr liegen hier das Haupt:

Ich bracht es her, daß man mir glaubt.

So thut nun eure Schuldigkeit:

Königswort und Königseid

Soll wahr und zuverläßig sein.«

»Truchsäß«, fiel die Köngin ein,

»Wer also reichlichen Sold

Wie meine Tochter Isold

Unverdient verlangen will,

In Treuen, der begehrt zuviel.«

»Ei«, sprach der Truchsäß, »ihr sprecht

Übel, Frau, und wider Recht.

Mein Herr, der hier entscheiden soll,

Der kann doch selber sprechen wohl:

So sprech er, und antworte mir.«

»Frau«, sprach der König, » sprechet Ihr

Für Euch, Isolde und für mich.«

»Dank, Herr, das werd ich sicherlich«,

Sprach sie mit klugem Sinne.

»Truchsäß, deine Minne,

Die ist lauter und gut.

Du hast so männlichen Muth:

Du bist wohl gutes Weibes werth.

Doch wer so hohes Lohns begehrt,

Auf den er keinen Anspruch hat,

In Treun, das dünkt mich Missethat.

Du hast dich einer That gerühmt,

Mit einer Mannheit geblümt,

An der du ganz unschuldig bist,

Wie mir zugeflüstert ist.«

»Frau, ihr sprecht, ich weiß nicht wie:

Ihr seht doch dieß Wahrzeichen hie.«

»Du hast ein Haupt hieher getragen:

Das konnt auch leicht ein Andrer wagen,

Wenn er dafür zum Solde

Verdienen mocht Isolde.

Doch mit so leichten Dingen

Mag man sie nicht erringen.«

»Nein«, sprach die junge Isot,

»Für also mäßige Noth

Bin ich nicht feil, nach meinem Sinn.«

»Ei, junge Frau Königin«,

Sprach der Truchsäß zu der Maid,

»Daß ihr mir so entgegen seid

Und mir die Noth mit argem Mund

Vergeltet, die ich manche Stund

Um eure Minne hab ertragen,

Das will ich fein im Sinne tragen.«

»Ob ihr mich minnet«, sprach Isold,

»Ich ward euch nie getreu noch hold,

Und wills euch wahrlich nimmer sein.«

»Ich weiß gar wohl«, fiel Jener ein,

»Ihr thut wie stäts die Weiber thun,

Denn so geschaffen seid ihr nun

Und geartet all an Sinn und Muth:

Das Arge dünkt euch immer gut,

Das Gute wieder dünkt euch arg:

Die Art sich noch an Keiner barg.

Ihr seid verkehrt in aller Weise:

Die Dummen haltet ihr für weise,

Die Weisen haltet ihr für dumm.

So macht ihr aus dem Graden Krumm

Und aus dem Krummen wieder Grad,

Um allen widersinngen Rath

An euer Seil zu faßen:

Ihr minnet, die euch haßen,

Und haßet, was euch minnet.

Wie seid ihr so gesinnet,

Daß nichts euch mag gefallen

Als das Widerspiel von Allem?

Daß das euch stäts ins Auge sticht!

Denn wer euch will, den wollt ihr nicht

Und wollet den, der euch nicht will.

Ihr seid das trüglichste Spiel,

Das Jemand auf dem Brete kann.

Es ist ein sinnbethörter Mann,

Der ohne Bürgen für ein Weib

Zu Markte tragen will den Leib.

Doch wendet mir das nicht den Sinn,

Was Ihr sprecht und die Königin:

Mir wird wohl anderer Bescheid,

Man breche mir denn Wort und Eid.«

Dagegen sprach die Königin:

»Wahrlich, Truchsäß, dein Sinn

Ist gar witzig und schlau.

Wer deine Reden genau

Zu prüfen weiß, der sieht wohl ein,

Sie sind in einem Kämmerlein,

In der Frauen Heimlichkeit erdacht.

Auch hast du sie so vorgebracht,

Wie ein Frauenritter soll.

Du kennst der Frauen Art gar wohl

Und bist so tief hinein gekommen,

Der Männer Art ist dir benommen.

Du hast auch dein Gefallen

An dem Widerspiel von Allem,

Und bewährst es mit der That:

Gar widersinnigen Rath

Hast du an dein Seil gefaßt,

Denn du minnest, was dich haßt

Und willst, was dich nicht haben will.

Das ist doch unser Frauenspiel:

Warum nimmst du des dich an?

So dir Gott, du bist ein Mann:

Laß uns Fraun doch unsre Art;

Du bist nicht wohl damit bewahrt.

Sei wie ein Mann gesinnet,

Und minne was dich minnet,

Was dich begehrt, begehre:

Dieß Spiel bringt Glück und Ehre.

Du klagst hier mit Schalle,

Daß Isold dir gefalle,

Du aber ihr nicht. O du Thor!

Das ist ihre Art: wer kann davor?

Sie läßt noch viel vorüberfliehn,

Das sich ihr wohl nicht würd entziehn,

Und manchen Mann verachtet

Sie ganz, der nach ihr schmachtet –

Wie du davon ein Beispiel bist –

Was ihr wohl angeartet ist.

Denn sieh, ich war dir auch nie hold,

Ich weiß, so hält es auch Isold;

Es ist ihr angeerbt von mir:

Du verlierst nur deine Minn an ihr.

Die Schöne, die reine,

Sie würde gemeine,

Wenn sie Jeden sollte

Minnen, der sie wollte.

Und was du sagst von dem Bescheid,

So wird der König seinen Eid

Gar gern an dir bewähren.

Sieh, daß du deine Mären

Und deine Reden so bewährst,

Daß du den Widerspruch bekehrst.

Verfolge deine Sachen.

Ich hörte von dem Drachen,

Ihn hab ein andrer Mann erschlagen.

Sieh, was du dazu wollest sagen.«

»Wer wäre der?« – »Ich weiß ihn wohl

Und will ihn bringen, wenn ich soll.«

»Frau, wer der Mann auch immer ist,

Der dieser Sache sich vermißt

Und mich von meinen Ehren

Mit Falschheit möchte kehren,

Wird mir Fug und Statt gegeben,

Ich wage gerne Leib und Leben

Wider ihn im Kampfgericht,

Wie mir der Hof das Urtheil spricht,

Hand wider Hand, und wende

Den Fuß nicht, eh ichs ende.«

»Das lob ich«, sprach die Königin,

»Wie ich dir gern auch Bürge bin,

Daß ich erfülle dein Begehr

Und dir zum Kampf ihn bringe her

Von heute vor dem dritten Tag,

Da ichs sogleich noch nicht vermag:

Denselben, der den Drachen schlug.«

Der König sprach: »Das ist genug.«

Die Herrn auch sprachen insgemein:

»Truchsäß, dieß mag genug dir sein.

Es ist auf kurze Zeit verschoben.

Geh hin, den Zweikampf zu geloben;

Die Köngin mag ein Gleiches thun.«

Der König nahm von Beiden nun

Das Wort und sichres Unterpfand,

Daß am dritten Tag von ihrer Hand

Der Kampf zu leisten wäre.

So beschloß sich diese Märe.

XIV. Der Splitter.

Die Frauen giengen beide fort

Und nahmen ihren Spielmann dort

Aufs Neu in fleißge Pflege.

Ihr Fleiß ward allerwege

Mit süßer Bedächtigkeit

Darauf verwendet, was im Streit

Ihm nur helfen mocht und frommen.

Genesen war er auch vollkommen

Und lichter Farbe, schön und klar.

Nun nahm Isot sein fleißig wahr

Und begann auf sein Gehaben,

Seinen Wuchs wohl acht zu haben.

Die Augen ließ sie ihm zu Zeiten

Auf Gesicht und Hände gleiten,

Auf seiner Arm und Beine Paar,

An denen wohl zu schauen war

Was er hehlen wollte gern.

Sie besah von Kopf zu Fuß den Herrn

Was Magd erspähen darf am Mann,

Das stand ihr Alles bei ihr an;

 

Sie lobts in ihrem Muthe.

Nun daß die Schöne, Gute

Ihn von Gestalt und Wesen

Und Sitten so erlesen

Befand und ohne Gebrechen,

Da begann ihr Herz zu sprechen:

»Herr Gott, in deiner Wunderkraft,

Ist irgend etwas mangelhaft

Was du je thatest und thust,

Wie du zu schaffen uns geruhst,

So ist ein Mangel daran,

Daß dieser herrliche Mann,

An den du solche Seligkeit

Gewandt hast schöner Leiblichkeit,

Daß der mit irrem Wandern

Von einem Land zum andern

Seine Nothdurft suchen soll.

Ihm sollte billig und wohl

Ein Reich gehorchen oder Land,

Um den es also wär bewandt.

Wunderlicher Weltlauf jetzt!

Der Königreiche viel besetzt

Sieht man mit einer schwachen Art:

Daß davon Ihm nicht eines ward.

Ein Mann so wohl gebildet

Und mit Tugenden geschildet,

Dem stünden Ehr und Reichthum an:

Es ward nicht wohl an ihm gethan.

Dem Leib ungleiches Leben

Hast du ihm, Gott, gegeben.«

So sprach oft bei sich selbst die Magd.

Ihre Mutter hatt es auch gesagt

Dem König von dem Kaufmann,

Wie Alles war von Anfang an

Und weiterhin gekommen

(Ihr habt es selbst vernommen),

Und wie er nichts begehre,

Als daß man ihm gewähre

Geleite desto gerner,

Wenn er mit Waaren ferner

Zum Königreiche wandre.

Von einem End ans andre

Ward ihm das heimlich all gesagt.

Empfohlen hatt auch schon die Magd

Ihrem Knappen Paraneisen,

Seines Rüstgeräthes Eisen

Schön und blank zu machen

Und nach all seinen Sachen

Fleißiglich zu sehen.

Dieß war nun so geschehen:

Er hatt ihm Alles wohl gefegt

Und auf einander hingelegt.

Nun gieng hinzu die schöne Maid

Und besah es in der Heimlichkeit.

Da geschah es abermals,

Ihr angebornes Heil befahls,

Daß sie ihres Herzens Qual

Nun schon zum andern Mal

Vor den Andern allen fand.

Sie hatt ihr Herz dahin gewandt,

So weilten auch die Augen da,

Wo sie das Rüstgeräthe sah,

Und ich weiß nicht wie es kam,

Daß sie das Schwert zu Handen nahm,

Wie Mädchen denn und Kinder

Neugierig sind; nicht minder

Freilich auch so mancher Mann.

Sie zog es aus und sah es an

Und beschaut' es hin und her

Und fand den Fehl von Ohngefähr:

Die euch bewuste Scharte,

Auf die sie lange starrte.

Sie gedacht in ihrem Muthe:

So mir Gott, der Gute,

Ich glaub es zu besitzen

Das Stück, das hier soll sitzen:

Nehm ich es gleich in Augenschein.

Da holte sies und setzt' es ein.

Da passte zu der Lücke

Das ausgebrochne Stücke

Als wärs ein Ding gewesen,

Wie ihr auch habt gelesen,

Daß sie vor zweien Jahren

Ein Ding gewesen waren.

Da must ihr Herz erkalten

Um den Verlust, den alten.

Ihre Farbe ward zumal

Vor Zorn und von des Leides Qual

Todtbleich und wieder feuerroth.

»Ach, unselige Isot,

O weh mir und o Waffen!

Dieß leidige Gewaffen,

Wer hats von Cornwal hergetragen?

Mein Oheim ward damit erschlagen,

Und der ihn schlug, der hieß Tristan.

Wer gab es diesem Spielmann?

Der ist doch Tantris genannt.«

Da begann ihr Sinn zuhand

Die Namen zu betrachten,

Auf beider Laut zu achten.

»Ach, Herr Gott«, sprach sie bei sich,

»Die beiden Namen quälen mich;

Ich weiß nicht wie es möge sein,

Sie lauten seltsam überein.

Tristan«, sprach sie, »und Tantris:

Ein Geheimniss waltet hier gewiss.«

Als ihr die beiden Namen

So auf die Zunge kamen,

Fiel sie auf die Buchstaben,

Woraus sie beide sich ergaben,

Und fand dieselben allzuhand

In dem, die sie in jenem fand.

Da begann sie an beiden

Die Sylben zu scheiden,

Setzte sie vor und hinter sich

Und kam den Namen auf den Schlich,

Da sie den Schlüßel gewann:

Vor sich hieß er Tristan,

Hinter sich aber Tantris.

Sie war des Namens nun gewiss.

»Ja«, sprach die Schöne gleich zur Hand

»Ist es denn so hierin bewandt:

Diesen Falsch und diesen Trug

Verrieth mein Herz mir laut genug.

Wie ward mir das schon kundgethan,

Seit ich auf ihn zu schaun begann,

Seinen Wuchs und sein Gebahren

Und was ich mocht an ihm gewahren,

Las in mein Herz zusammen:

Von Fürsten muß er stammen!

Wie hätt ers anders auch geleistet,

Sich von Cornwal her erdreistet

Den Todfeinden in die Hand,

Wo er zweimal Rettung fand.

Rettung? Ist er doch rettungslos:

Dieß Schwert giebt ihm den Todesstoß.

Nun räch alsbald dein Leid, Isot.

Wird ihm von dem Schwert der Tod,

Womit er deinen Oheim schlug,

So hast du Rache genug.«

Sie nahm das Schwert zu Handen

Und eilte zu Tristanden,

Der in einem Bade saß.

»Tristan«, sprach sie, »bist du das?«

»Nein, Frau, ich bin es, Tantris«

»So bist du, des bin ich gewiss,

Tantris und auch Tristan.

Die beiden sind Ein todter Mann;

Was mir von Tristan ist geschehn,

Das muß an Tantris ergehn:

Du vergiltst mir meinen Oheim.«

»Nicht doch, süße Jungfrau, nein!

Was wollt ihr thun, um Gotteswillen

Den Zorn laßt euern Namen stillen.

Ein Weib ja heißt ihr, eine Magd.

Wenn man die Mordthat von euch sagt,

So ist die wonnige Isot

Immer an den Ehren todt.

Die von Irland scheint, die Sonne,

Und viel der Herzen füllt mit Wonne,

Ach, die hat dann ein Ende.

Weh um die lichten Hände!

Wie ziemte wohl ein Schwert darin?«

Inzwischen trat die Königin,

Ihre Mutter, zu der Thür herein.

Die sprach: »Wie nun? Was soll das sein?

Tochter, was bedeutets, sprich!

Schöne Frauensitte sicherlich!

Hast du verloren gar den Sinn?

Ists Scherz, ists Zorn? So thu ihn hin:

Was soll das Schwert in deiner Hand?«

»Ach, liebe Mutter, sei gemahnt

An unser Leid, das nie vergeht:

Dieß ist der Mörder, der hier steht,

Tristan, der deinen Bruder schlug.

Wir haben jetzo Macht und Fug,

Daß wir uns an ihm rächen,

Dieß Schwert hier durch ihn stechen;

So gute kommt uns nimmermehr.«

»Tristan? Wie weist du das, woher?«

»Ich weiß es wohl, es ist Tristan:

Dieß Schwert ist sein, nun sieh es an,

Und sieh die Scharte darin

Und merk, ob ich im Irrthum bin.

Ich setzte dieses Stücke

Hier in die böse Lücke,

O weh, da sah ich, daß es gar

Nur Eines und ein Ganzes war.«

»Ach«, sprach die Mutter, »welche Noth!

Wes hast du mich gemahnt, Isot!

Daß ich das Leben doch gewann!

Und ist es also Tristan,

Wie sehr bin ich an ihm betrogen!«

Nun hatt Isot emporgezogen

Das Schwert und schwang es über ihn.

Da lief die Mutter zu ihr hin

Und sprach: »Laß ab, Isot, laß ab!

Du weist was ich geschworen hab.«

»Gleichviel, es ist fürwahr sein Tod!«

»Merzi!« rief Tristan, »bele Isot.«

»Ach«, sprach Isot, »du übler Mann,

Hältst du um Merzi bei mir an?

Zu dir gehört sich kein Merzi:

Das Leben sollst du laßen hie.«

»Nein, Tochter«, sprach die Mutter, »nein,

Leider kann es jetzt nicht sein,

Daß wir uns an ihm rächen:

Wir würden also brechen

Unsre Ehr und Treue.

Übereilung scheue:

Er ist mit Gut und Leben

In meine Hut gegeben:

Ich hab ihn, wie es auch gekommen

Sei, in meinen Schutz genommen.«

»Gnade, Herrin«, sprach Tristan;

»Frau, gedenket wohl daran,

Daß ich Gut und Leib und Leben

An eure Ehre hab ergeben,

Und darauf euer Wort geschah.«

»Das lügst du«, sprach die Junge da,

»Ich weiß, was abgesprochen ist:

Gelobt hat sie zu keiner Frist

Tristanden weder Schutz noch Hut,

Nicht am Leib und nicht am Gut.«

Hiemit lief sie ihn wieder an;

Hiemit rief wieder Tristan:

»Ah, bele Isot, merzi, merzi.«

Und wieder trat auch zwischen sie

Die zuverläßge Königin,

Und Zuversicht ward sein Gewinn.

Doch wär er zu den Stunden

Auch fest ins Bad gebunden

Und nur Isolde da gewesen,

Er wäre doch vor ihr genesen.

Die Süße, die Gute,

Die weiblich Gemuthe,

Die Gall im Herzen nie gewann,

Die sollt erschlagen einen Mann?

Nur daß ihr aber beides,

Des Zornes und des Leides

Kraft zu der Geberde

Verhalf, als ob sies werde.

Sie vollbracht es auch vielleicht,

Hätt ihr der Muth dazu gereicht;

Der war ihr aber theuer

Zu so herbem Abenteuer.

Doch war sie nicht so lammgemuth,

Es schuf ihr Zorn und Unmuth,

Wenn sie den hören must und sehn,

Von dem ihr Leides war geschehn.

Sie sah dem Feind ins Angesicht

Und mocht ihn doch erschlagen nicht:

Die süße Weibheit fiel ihr gleich

In den Arm und brach den Streich.

In ihr stritten härtiglich

Die beiden Widersacher sich,

Die da ewig sind im Streit:

Zorn und zarte Weiblichkeit,

Die nicht wohl zusammenpassen,

Wenn sie sich bei Händen faßen.

Wird von dem Zorn Isoten

Des Feindes Mord geboten,

So kommt die Weiblichkeit und spricht:

»Nein«, spricht die süße, »thu es nicht.«

So war das Herz ihr zwiegemuth:

Das Eine Herz war bös und gut.

Die Schöne warf das Schwert danieder

Und hob es gleich vom Boden wieder.

So wuste sie in ihrem Muth

Zwischen Übel, zwischen Gut

Nicht was sie wählen sollte.

Sie wollte nicht, sie wollte,

Sie wollt es laßen, wollt es thun:

Der Zweifel ließ sie nicht beruhn

Bis doch die süße Weiblichkeit

Den Zorn bezwungen hatt im Streit,

So daß ihr Todfeind entgieng

Und Rache Morold nicht empfieng.

Hiemit das Schwert warf sie von ihr

Und sprach mit Weinen: »Wehe mir,

Daß ich erlebte diesen Tag.«

Ihre weise Mutter aber sprach:

»Herzeliebe Tochter mein,

Die großen Herzenschmerzen dein,

Muß Ich auch leider fühlen,

Und noch schlimmer in mir wühlen.

Nach Gottes Gnaden gehn sie dir

So nahe nimmermehr als mir.

Mein Bruder ist mir leider todt:

Das war bisher die gröste Noth;

Nun fürcht ich schlimmre Noth an dir,

Und wahrlich, Tochter, geht sie mir

Viel näher denn die andre thu.

Mir ist nichts so lieb als du:

Eh mir an dir geschähe

Was ich gar ungern sähe,

Eh laß ich gerne diesen Groll.

Ich mag doch lieber wie ich soll

Erleiden Eine Noth denn zwo.

Du weist wohl selbst, es ist uns so

Bewandt mit diesem Bösewicht,

Der uns da heischt zum Kampfgericht,

Wenn wir nicht eifrig sehn dazu,

Mein Herr der König, ich und du,

Daß wir auf immer müßen

Es an der Ehre büßen,

Und nimmer wieder werden froh.«

Der im Bade sprach da so:

»Ihr selgen Frauen beide,

Ich hab euch viel zu Leide,

Doch nur aus großer Noth, gethan.

 

Seht ihr es wie billig an,

So wißt ihr selber, diese Noth

War nichts anders als der Tod:

Den leidet ungern Jedermann,

Der sich noch sein erwehren kann.

Doch wie das auch ergangen ist,

Darauf, wie es zu dieser Frist

Mit dem Truchsäß sich verhält,

Sei euer Sinn allein gestellt.

Dem will ich gutes Ende geben,

Wenn ihr mich nämlich laßt am Leben

Und mich nicht hindert der Tod.

Frau Isot und wiederum Isot,

Ich weiß wohl, daß ihr allezeit

Getreu und sanft und sinnig seid

Und könnt wohl unterscheiden:

Dürft ich es mit euch Beiden

Mit freier Rede wagen

Und wolltet ihr entsagen

Aller Übelthat an mir,

Und dem Haße, den ihr

Tristanden lange habt getragen,

Ich wollt euch gute Märe sagen.«

Isotens Mutter Isot

Sah ihn lange an und wurde roth,

Ihre lichten Augen thränenvoll.

Sie sprach: »O weh, nun hör ich wohl

Und weiß gewiss, daß ihr es seid.

Ich zweifelte bis diese Zeit;

Nun aber habt ihr ungefragt

Die Wahrheit frei herausgesagt.

O weh, o weh mir, Herr Tristan,

Daß ich euer je Gewalt gewann,

So volle, wie ich habe jetzt,

Und bin doch nicht in Stand gesetzt,

Daß ich sie also üben kann,

Daß mein Frommen liegt daran.

Allein Gewalt ist mannigfalt:

Mich dünkt, wenn ich nun die Gewalt

An meinem Todfeind übe,

Daß ich das Recht mir trübe

Wider einen bösen Mann.

Aber, Himmel, wollt ich dann?

Ja, meiner Treu, ich wähne.«

Inzwischen kam Brangäne,

Die stolze, die weise,

Lachend und leise,

Schön und wohlgestrichen

Zur Thür hereingeschlichen

Und sah das Schwert da liegen bloß

Und beider Frauen Unmuth groß.

»Wie nun«, sprach die Gefüge gleich,

»Was seh ich für Geberd an euch?

Was treibt ihr Drei für Dinge hie?

Dieser Frauen Augen, wie sind die

Also trüb und also naß?

Das Schwert hier, was bedeutet das?«

Die gute Königin fiel ein:

»Brangäne, Herzensniftel mein,

Sieh, wie wir alle sind betrogen

Und statt der Nachtigall erzogen

Die Schlange blindlings haben,

Körner gestreut dem Raben,

Die der Taube waren zugedacht.

Wie haben wir, o Himmelsmacht,

Den Todfeind statt des Freunds ernährt,

Zwier vor dem Untergang erwehrt

Mit unsern eignen Handen

Unsern Feind Tristanden:

Sieh, der da sitzt, das ist Tristan:

Nun ficht der Zweifel mich an,

Soll ich mich rächen oder nicht?

Was räthst du, Niftel, was ist Pflicht?«

»Nein, Herrin, thut die Rede hin.

Euer süßer, selger Sinn

Ist zu hehr und zu gut,

Als daß ihr jemals einen Muth

Zu solcher That gewännet,

Euch so des Sinns entsännet,

Auf eines Menschen Schlachten

Zu stellen euer Trachten,

Und das eines Mannes gar,

Der doch aufgenommen war

In euern Schutz und eure Hut.

Euch kams im Ernst nie in den Muth

Wie ich zu Gott vertrauen mag.

Gedenkt auch an den Kampfestag,

Was ihr da mit ihm schaffen müßt,

Wo nicht, es mit der Ehre büßt.

Wollt ihr die Ehre geben

Um eures Feindes Leben?«

»Was willst du aber, daß ich thu?«

»Frau, da sehet selber zu.

Geht und laßt ihn aus dem Bad;

Derweilen findet sich wohl Rath

Was euch das Genehmste sei.«

Hiermit so giengen alle Drei

Zu rathen in ihr Fraungemach.

Isot, die sinnreiche, sprach:

»Hört, ihr Beiden, sagt mir an,

Was mag er meinen, dieser Mann?

Er sprach doch eben zu uns Zwein:

Stellten wir den Haß nur ein,

Den wir ihm haben lang getragen,

Er woll uns gute Märe sagen.

Was mag das sein? Des wundert mich.«

Brangäne sprach: »So rath ich,

Daß ihn übler Dinge

Noch Niemand inne bringe,

Bis wir befinden seinen Muth:

Der ist vielleicht euch hold und gut

Zu eurer Beider Ehren.

Man soll den Mantel kehren

Nach dem Winde, wie man spricht.

Wer weiß, ob er nach Irland nicht

Eurer Ehren halb gekommen ist.

Hütet sein zu dieser Frist

Und lobt dafür auch immer Gott,

Daß dieser ungefüge Spott

Mit des Truchsäßen falschem Spiel

Durch ihn bald finden soll ein Ziel.

Gott ließ es uns gelingen,

Als wir ihn suchen giengen,

Denn hätten wir zur Stunden

Ihn damals nicht gefunden,

Weiß Gott, so wär er jetzo todt.

Wahrlich, Jungfrau Isot,

So müst es übler mit uns stehn.

Laßt keine Ungebärde sehn,

Denn wird er Übles innen

Und kann er dann entrinnen,

So hat er Recht, daß er es thu.

Darum so seht nun Beide zu

Und bietet es ihm also wohl,

Wie man mit allem Rechte soll;

Das rath ich euch, nun folget mir.

So edel ist Tristan als wir,

Dazu höfisch und klug,

Und hat der Tugenden genug.

Wie ihr ihm auch gesonnen seid,

Begegnet ihm mit Höfischkeit,

Denn welchen Rath er hab erdacht

Gewiss hat Ernst ihn hergebracht:

Sein Werben und sein Ringen

Gilt ernstlichen Dingen.«

Sie standen auf und giengen fort

Und kamen hin, wo Tristan dort

In seinem Bettgemache saß.

Tristan sein selber nicht vergaß,

Er fuhr empor und grüßte sie,

Und fiel vor ihnen auf die Knie

Und lag den Höfschen, Süßen,

Flehentlich vor den Füßen

Und sprach bei seinem Falle:

»Gnade, ihr Süßen alle,

Habet Gnade wider mich,

Laßt mich genießen, daß ich

Zu eurer Ehr und euerm Frommen

Bin in euer Reich gekommen.«

Die lichte Frauenreihe,

Die Lichten alle Dreie,

Die Augen kehrten sie hindann

Und sahen all einander an.

Sie stunden und Er lag noch dort.

»Frau«, nahm Brangäne das Wort,

»Der Ritter liegt zu lange.«

Die Königin sprach bange:

»Was willst du, daß ich mit ihm thu?

Mir neigt das Herz nicht dazu,

Daß es mich zu ihm zöge.

Ich weiß nicht, was mir frommen möge.«

Brangäne wieder sprach zu ihr.

»Nun, liebe Herrin, folget mir,

Und meine Jungfrau Isot.

Ich weiß es sicher wie den Tod,

Daß ihr in euern Sinnen

Ihn Mühe habt zu minnen

Vor euerm alten Leide;

So gelobt es ihm nur Beide,

Daß er des Lebens sicher sei:

Leichtlich sagt er euch dabei

Was aufs Neu ihm dient zum Schild.«

Die Frauen sprachen: »Nun, es gilt.«

Da befahlen sie ihm aufzustehn.

Als dieß Gelübde war geschehn,

Sie setzten alle Vier sich nieder.

An die Märe griff da Tristan wieder:

»Seht«, hub er an, »Frau Königin,

Schenkt ihr mir gewognen Sinn,

So wüst ichs wohl dahin zu bringen

Bevor zwei Tage noch vergiengen

(Und wahrlich sonder arge List),

Daß eure Tochter, die so lieb euch ist,

Einen edeln König nimmt zum Mann,

Der ihr zum Herrn wohl ziemen kann,

Schön und auch milde,

Zum Sper und zum Schilde

Ein edler Ritter auserkoren,

Aus königlichem Stamm geboren

Und viel mächtger obendrein

Als ihr Vater möge sein.«

»In Treuen«, fiel die Köngin ein,

»Möcht ich dessen sicher sein,

Ich folgte gern und thäte

Wes mich nur Jemand bäte.«

»Frau«, sprach wieder Tristan,

»Ich schaff euch Zuversicht daran.

Bewähr ichs euch nicht gleich zur Hand,

Wenn diese Sühne kommt zu Stand,

So laßt mich aus dem Frieden sein:

Ich will dann nimmermehr gedeihn.«

Die Weise sprach: »Brangäne, sprich,

Was räthst du mir, was dünket dich?«

»Nun, mich dünkt seine Rede gut:

Drum will ich rathen, daß ihrs thut.

Allen Zweifel leget hin,

Steht Beide auf und küsset ihn.

Ich bin nicht Königin, allein

Ich will doch bei der Sühne sein.

Mir verwandt ist er, wie arm ich sei.«

Da küssten sie ihn alle Drei.

Doch geschah es von der Jungen

Nach langen Weigerungen.

Nun diese Sühne so geschah,

Zu den Frauen sagte Tristan da:

»Nun weiß es Gott, der gute,

Mir ward in meinem Muthe

So froh nie als ich jetzo bin.

Nach allem künftgen Leide hin

Hab ich geblickt mit Spähen,

Das mir möcht entstehen,

Und des ich mich versehen solle.

Ich verseh michs nicht, ich habe volle

Gewissheit, daß ich Huld hier fand.

Nun legt die Sorgen hin zuhand:

Ich bin zu Ehren euch und Frommen

Von Cornewal hieher gekommen.

Seit meiner ersten Überfahrt,

Da mir hier Genesung ward,

Sprach ich stäts laut und leise

Zu euerm Lob und Preise

Vor meinem Herrn, dem König Mark,

Bis ich ihm den Muth so stark

Nach euch mit Reden wandte,

Daß er mich nach euch sandte.

Lang stand er an, und wißt um Was

Er fürchtete den alten Haß,

Und wollt auch Anfangs wegen mein

Ehlichen Weibes ohne sein,

Daß Ich nach seinem Sterben

Die Länder möchte erben.

Ich rieth ihm aber immer ab,

Bis er den Willen drein ergab.

So ward denn endlich diese Fahrt

Unter uns Zwein vereinbart.

Drum kam ich her gen Irenland,

Darum erschlug ich den Serpant.

So habt auch eure Mühen ihr

Zum Segen angewandt an mir:

Meine Jungfrau soll dafür zugleich

Frau und Königin im Reich

Zu Cornwal sein und Engelland.

So ist euch mein Geschäft bekannt.

Nun, ihr selgen Frauen mir,

Ihr Selgen alle Dreie hier,

Laßt es auch wohl verhohlen sein.«

»Sagt mir«, fiel die Köngin ein,

»Wenn ich es meinem Herren sage

Und eine Sühne vertrage,

Thu ich übel wohl daran?«

»Nein, Herrin« sprach zu ihr Tristan,

»Er muß es billig wißen;

Nur seid dabei beflißen,

Daß ich nicht Schaden darf befahren.«

»Nein, Herr, ihr mögt die Sorge sparen:

Zu fürchten giebt es hier nichts mehr.«

Da giengen hin die Frauen hehr

In ihr verschloßen Gemach

Und sannen mit Verwundrung nach

Seinem glücklichen Gelingen

In allen seinen Dingen.

Wie klug er war und weise

Sprach jede ihm zum Preise,

Die Mutter erst, Brangäne dann.

»Sieh Mutter«, hub die Tochter an,

»Wie wunderlich ich das befand,

Daß er Tristan war genannt.

Als mir das Schwert recht wurde kund,

Die Namen nahm ich in den Mund,

Tantris und Tristan.

Wie ich die sprach und mich besann,

Bedäuchte bald mich an den Zwein,

Sie hätten irgendwas gemein.

Da begann ich drauf zu achten

Und sie näher zu betrachten

Und fand an den Buchstaben,

Die zu jedem man muß haben,

Daß es dieselben wären.

Wie ichs wenden mocht und kehren,

So fand ich nie was Andres dran,

Als Tantris und Tristan;

Denn Eins sind alle Beide.

Sieh, Mutter, nun scheide

Diesen Namen Tantris

In ein Tan und in ein Tris;

Sprichst du das Tris nun vor dem Tan,

So sprichst du eben Tristan;

Und sprichst das Tan du vor dem Tris,

So sprichst du aber Tantris.«

Die Mutter segnete sich:

»Nein«, sprach sie, »Gott segne mich!

Wo nimmst du stäts so weisen Sinn?«

Da diese Drei so über ihn

Noch gesprochen Mancherlei,

Die Königin beschied herbei

Den König, und er kam heran.

Da sprach sie zu ihm: »Hört mich an,

Eine Bitte sollt ihr uns gewähren,

Die wir Dreien euch begehren:

Thut ihrs, es kommt uns Allen wohl.«

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