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Pfarre und Schule. Zweiter Band.

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Zwölftes Kapitel.
Die Begegnung

Wahlert stand noch eine lange Zeit, und schaute erst mit stierem, aber an Nichts haftendem Blick nach der Richtung hinaus, die sein alter Lehrer genommen, und dann, als dieser hinter den Gebäuden und Obstbäumen verschwunden war, in das Thal hinunter, wo die Treiberjungen eben die geschossenen Hasen auf einem Rain zusammenschleppten, und in eine Reihe legten, und die Schützen indeß in langer Linie auf einem schmalen Stoppelfeld weiter in's Revier hinunter gingen, das zweite Treiben zu beginnen. Endlich richtete er sich empor aus seinem dumpfen Brüten, stützte einen Augenblick noch die Stirn in seine linke hohle Hand, warf dann plötzlich, wie in neu erwachendem Stolz und gekräftigten Entschluß den Kopf zurück, und schritt mit verschränktem Arm rasch, und weder rechts noch links mehr schauend, in den Wald hinein.

Es war ein schöner, aber auch düsterer Morgen, links neben den Feldern hin breiteten sich weite Flächen rosig blühender Haidedecken, hier und da mit grünen Kieferbüschen wie überstreut. Dazwischen herauf aber ragten graue schroffe Felsblöcke, halb eingehüllt in den blüthengeschmückten Teppich, und einzelne entlaubte Eichen schüttelten darüber hin ihre dürren Aeste. Weiter drüben jedoch, wo das fruchtbarere Land begann, wechselten gelbe Stoppeln mit grün schimmernden Rapsflächen ab, und hier und da füllte die, in den wellenförmigen Boden eingerissenen Schluchten, junger kräftiger Baumschlag von Birken und Buchen.

Ueber diese hin lag, gerade den Gipfel des entferntesten Hügels krönend, das kleine Dörfchen Skorditz, bis auf dessen Fluren die Hornecker Jagdgerechtigkeit reichte, und ein langer, scharf gegen den Horizont abstechender Pappelnkamm, zog sich von einem Ende desselben bis zum anderen, die ganze Häuser und Baumgruppe wie mit einem Diadem umschließend, hinüber.

Wahlert hatte eben eine breit ausgehauene Waldschneuse erreicht, durch die hin er, auf die eine Seite wie durch ein Perspectiv nach Skorditz hinübersehen konnte, während er auf der anderen, von einer kleinen Anhöhe begünstigt, einen weiten, von Wald umschlossenen Wiesenplan überschaute. Es war dieselbe Stelle, in deren Nähe er damals, gerade als er die Schneuse überspringen wollte, die beiden jungen Damen getroffen, angeredet, und von dem dazukommenden Jäger so rauh behandelt war, und das Gedächtniß jener Tage mochte ihm wohl recht peinlich, und doch in ihren Folgen auch süß und tröstend durch die Seele ziehen. Er lagerte sich in das weiche, duftige Haidekraut, und schien eine lange Zeit vollkommen in seinen Gedanken und Erinnerungen verloren.

»Wunderliches Schicksal,« murmelte er vor sich hin, während sein Blick die Stelle überflog, wo er damals seine jetzige Braut zuerst gesehen, »konnt' ich wohl denken, als ich die schlanke, liebe Gestalt auf mich zugleiten sah, daß jenes holde, herzige Wesen für den Mann Mitgefühl, und dann Liebe empfinden sollte, der mit zerrissenen Kleidern, mit wirrem Bart und Haar, bleich und verstört, einem Räuber ähnlicher als einem Unglücklichen, in ihren Weg sprang? – Aber bestimmt denn auch das Kleid den Werth des Menschen? Bleibt nicht das Herz sich gleich im Bettlerrock, wie unter –« Er hielt plötzlich inne, schaute erst einen Augenblick still und starr vor sich nieder, und barg dann mit tiefem Seufzer das Antlitz in den Händen. Ein bleiches, schmerzdurchschauertes Bild zog mit vorwurfsvollen Blicken an seiner inneren Seele vorüber, und strafte die Worte Lügen, die sein Mund gesprochen.

Leichte Schritte wurden gehört, den Weg aus dem Holz heraus kam eine Frauengestalt, in ein einfach dunkles Gewand gekleidet; sie hatte einen alten Shawl fest um sich hergeschlagen, und in der rechten Hand hielt sie einen Strauß von Kornblumen, wie sie noch draußen auf den Rainen blühten. Langsam kam sie die Straße herab, und als sie die Stelle erreichte, wo der junge Mann auf der kalten Erde lag, und die Stirn noch immer in das buschige, blumige Haidekraut hineingepreßt hielt, da blieb sie stehen, und schaute halb neugierig, halb ängstlich zu ihm nieder.

»Sind Sie krank, Fremder?« sagte sie endlich mit gedämpfter mitleidiger Stimme – »kann ich etwas helfen?«

Wahlert hob rasch den Kopf empor, sah das bleiche Mädchen dicht vor sich, über ihn hingebeugt, und strich sich schnell mit der Hand über die feuchte Stirn, als wenn er sich erst wirklich überzeugen wolle, ob er wache oder noch fort träume in seinen wilden, wehdurchzuckten Phantasien.

»Marie?« – sagte er emporspringend, und mit noch immer zweifelnder, kaum verständlicher Stimme – »Du hier? – im Wald – allein?«

Ueber des Mädchens Züge hatte sich Todtenblässe gebreitet, und die beiden hellrothen Flecke glühten in eigenthümlichem fieberhaften Feuer, aber sie sprach kein Wort – kein Laut des Erstaunens kam über ihre Lippen, den Mann hier zu finden, dessen Anwesenheit im Dorf ihr schon Herz und Seele mit peinlich quälender Angst erfüllt hatte.

So standen sich die Beiden viele Minuten lang schweigend gegenüber, es war fast, als ob sich Jedes scheute, den Zauber zu brechen, der über dem Begegnen lähmend ruhte. Marie war die erste, die sich sammelte.

»Guten Tag, Herr Wahlert!« sagte sie leise, und wandte sich zum Gehen –

»Marie,« bat da der junge Mann, und ergriff die Hand, die sich nur schwach dagegen sträubte, der seinigen zu begegnen, – »wie geht es Dir – Du siehst bleich, krank und – leidend aus, (er konnte das Wort dürftig, das ihm auf den Lippen lag, nicht aussprechen) kann ich etwas für Dich thun?«

»Sie?« sagte das Mädchen, und schaute ihn erstaunt mit ihren großen, fast geisterhaften, dunkeln Augen an – »Sie? – Was können Sie für mich thun, Herr Wahlert? Sie, der Bräutigam Sophiens, der im Begriff steht, sein Vaterland und seine Familie zu verlassen, um in fernen Zonen an der Seite der Geliebten eine neue Heimath zu suchen?«

»Und sollen wir so auf immer scheiden?« frug Wahlert, von dem weichen Ton der Jungfrau schmerzlich berührt, »Du gabst mir damals die Freiheit wieder, Marie, als mich die Häscher dem Kerker entgegenführten – rettetest vielleicht dadurch mein Leben, denn es lag ihnen in der Zeit viel daran, mich gerade unschädlich zu wissen.«

»Und jetzt sind Sie von keiner Gefahr mehr bedroht?« frug mit monotonen Lauten das Mädchen.

»Hier von keiner, das Volk hat gesiegt, und Glück und Wohlstand wäre ihm verbürgt, wenn es jetzt, o nur jetzt, fest und treu zusammenhielte.«

»Glück und Wohlstand,« murmelte Marie, und wickelte sich fröstelnd fester in ihren Shawl ein – »Glück und Wohlstand – und wenn es fest und treu zusammenhielte« – wiederholte des Musikanten Tochter die Worte des jungen Mannes mit schmerzlicher Bitterkeit – »was aber kann der eine Theil dafür, wenn sich der andere kalt und – treulos von ihm abwenden – von ihm losreißen will? – Was verschuldete er, um in Unglück und Elend hinausgestoßen zu werden – während der Andere das Glück einer Welt in seine Arme zieht? Glück und Wohlstand für Alle – für Alle, nur nicht für die Elenden und in den Staub Getretenen, nur nicht für –«

Das Mädchen, dessen Wangen bei den letzten Worten eine fliegende Gluth wie mit überirdischem Glanz übergoß, und ihr für Momente mit dem feurigen Strahl der großen Augen, fast die frühere Schönheit wieder auf ihr Antlitz zurückzauberte, hielt plötzlich inne, strich sich mit der einen Hand die in die Stirn gefallenen Haare zurück, wandte sich dann ab und sagte mit leiser, wieder ganz ruhiger Stimme:

»Es ist besser, wir scheiden so, und kein Wort wird weiter unter uns gewechselt – ich will keinen Stachel der Reue in Ihre Seele drücken, jetzt, wo Sie die Pflicht übernommen, ein treu an Ihnen hängendes Mädchenherz mit starker, nicht schwankender Hand durch's Leben zu führen – nur eines noch, eines liegt mir auf der Seele, und selbst Gott könnte nicht von mir verlangen, daß ich das Bewußtsein sollte mit in mein Elend – mit in mein Leben hineinziehn.«

»Marie, was ist Dir, Du bist fürchterlich erregt?« sagte mit Mitleid in Ton und Blick der junge Mann.

»Sie glaubten mich schuldig,« fuhr die Unglückliche, sich wieder zu ihm hinwendend und seinem Auge mit festem offnen Blick begegnend, fort – »ich bin es nicht.«

»Nicht?« rief Wahlert erschreckt und schaute mit ängstlicher Spannung auf das erregte Antlitz der einst, ach so heiß Geliebten – »nicht schuldig? – aber großer Gott – wie kam es da – weshalb – wie ist mir denn, mir wirbelt der Kopf vor Allem, was sich mir toll und sinnverdrehend hineinwirft – nicht schuldig – und Dein Kind?«

Marie barg das Antlitz eine Zeit lang in den Händen und große schwere Thränen drängten sich zwischen ihren Fingern hindurch.

»Mein armes Kind!« flüsterte sie leise.

»Du sprichst in Räthseln.«

»Deren Lösung Ihnen das Herz brechen würde,« erwiederte Marie, jetzt plötzlich sich gewaltsam zusammenraffend – »genug – genug – nur nicht als Schuldige, Treulose wollte ich in Ihrem Gedächtnisse leben, der Gedanke war mir zu fürchterlich in all' dem Leide, das überhaupt auf meinem Pfade liegt. – Sie wissen, daß ich Sie nie belogen, und werden mir glauben – jetzt leben Sie wohl und – glücklich – recht glücklich, und wenn Sie manchmal der armen Marie gedenken, sei es – in – in Mitleid – aber nicht in Haß.«

Mit flüchtigen Schritten eilte sie davon, wenige Secunden später aber stand Wahlert auch an ihrer Seite und ihren Arm ergreifend, und sie fest dadurch an die Stelle bannend, rief er rasch und heftig:

»Marie, nicht so – beim ewigen Gott, nicht so – ruht hier ein dunkles Geheimniß, so muß ich es lösen, und will es wissen – sprich, wenn noch ein Strahl von Liebe für mich in Deinem Herzen lebt, sprich.«

»Aus eben dem Grunde sollte ich schweigen,« sagte die Unglückliche – »weshalb dieselbe Last auf ein zweites Herz übertragen, wenn das erste dadurch nur um ein so geringes erleichtert wird – es wäre Sünde. Gehe wie bisher Deine Bahn, kalter, erbarmungsloser Mann, und schaue, mit Deinem Ziel im Auge, nicht nach den Blumen zurück, die Du zertreten hinter Dir läßt.«

 

»Du bist grausam, Marie, und folterst mich durch Dein Schweigen – nur die beiden Fragen beantworte mir, wenn Du den Frieden meiner Seele höher achtest, als den Stein, den Dein Fuß aus Deiner Bahn wirft – wer ist der Vater Deines Kindes?«

»Meine Schmach,« stöhnte Marie und barg Stirn und Augen in ihrer Linken.

»Du schweigst?« flüsterte Wahlert, und der eigene Laut seiner Stimme machte die Jungfrau erschreckt zu ihm aufschauen.

»Und auch jetzt noch Mißtrauen?« sagte sie und warf noch einen Blick auf den vor ihr Stehenden mit leisem Vorwurf im Ton – »so sei es denn, und dies Geständniß möge mir Gott zur Sühne meiner Sünden rechnen – der Oberpostdirector von Gaulitz.«

»Der Bube!« zischte Wahlert zwischen den zusammengebissenen Zähnen hindurch.

»Sie wissen,« fuhr Marie, jetzt wieder hochroth von Schaam übergossen, und von Wahlert abgewandt, fort – »daß die traurigen Verhältnisse meines Vaters mich zwangen, mein Brod mir außer dem Hause zu verdienen; – Sie lernten mich dort kennen – lieben. Mein unseliges Verhängniß wollte aber, daß jene herrliche Frau, bei der ich fast wie ein eigenes Kind gehalten wurde – starb – ich mußte meine Stellung aufgeben und ein böser Geist führte mich in das Haus des Oberpostdirectors von Gaulitz als Wirthschafterin. Sie selbst waren kurze Zeit vorher auf Reisen gegangen. Jener weißhaarige Bösewicht hielt nicht lange mit seinen schändlichen Anträgen zurück – ich wies sie mit Abscheu von mir und wollte sein Haus verlassen – die letzte Nacht – heiliger Gott, ersparen Sie mir das Geständniß – ein höllischer Saft, den ich unbewußt trank, muß mir die Besinnung geraubt haben – am andern Morgen war ich verrathen und – elend.«

»Teufel der,« rief Wahlert, mit dem Fuße stampfend.

»Ich floh zu meinem Vater,« sagte Marie mit kaum hörbarer Stimme, »und hoffte von Stunde zu Stunde auf Ihre Rückkehr – Sie kehrten zurück, aber nicht zu mir. Ein Brief, den ich an Sie, mit der ganzen Erzählung der an mir verübten That – mit der Bitte, um Hülfe, um Gerechtigkeit sandte – kam uneröffnet wieder in meine Hände. Mein Kind starb, in der Residenz fand ich bei anständigen Leuten, da ich nicht einmal die Mittel besaß, mich ordentlich zu kleiden, kein Unterkommen mehr – mit meinem Vater, dessen rohe Vorwürfe mir täglich die Seele zerfleischten, zog ich von da an durch das Land – und wir sangen vor den Thüren der Leute – um unser Brod.«

»Marie,« rief da, von wildem Schmerz ergriffen, Wahlert, und schwere Thränen rollten seine bleichen Wangen herab, »arme, mißhandelte, unglückselige Marie, o sprich – giebt es ein Mittel auf der weiten Gotteswelt, Dir nur in etwas das Leiden zu vergüten, was Du erduldet, denn von jetzt an sollst Du wenigstens keine Noth mehr leiden – keine Sorge mehr kennen – von jetzt an –«

»Nicht um Almosen zu betteln, hab' ich Ihnen mein Schicksal erzählt,« sagte das Mädchen und richtete sich stolz empor – »nicht Ihr Mitleiden wollte ich wecken – nicht Ihre Reue, nur gerechtfertigt – nicht schuldig, nicht sündhaft wollte ich in Ihrer Erinnerung – neben Sophien meinen Platz gewahrt wissen. – Leben Sie wohl, Wahlert, – leben Sie glücklich – mich sehn Sie nimmer wieder.«

»Marie!« rief Wahlert, und streckte bittend die Arme nach ihr aus.

»Denken Sie an Sophien,« sagte die Unglückliche ernst, den Arm gegen ihn erhebend; dann drehte sie sich ab von ihm und wanderte still und ohne sich wieder nach ihm umzuschauen, aber mit raschen festen Schritten, die Straße entlang dem Dorfe zu.

Druck von Breitkopf und Härtel in Leipzig.

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