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Inselwelt. Zweiter Band. Australische Skizzen.

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»Hülfe, John! Teu–,« er sagte nicht mehr, denn Borris hatte ihm mit großer Geschicklichkeit ein Tuch in den Mund geschoben, jeden weiteren Aufschrei zu ersticken – aber zu spät. Tolmer's rasch umherschweifender Blick erkannte eine dunkle Gestalt in den Büschen, die, wie sie erschienen, eben so auch wieder verschwand, und ärgerlich mit dem Fuße den Boden stampfend, rief er aus:

»Das haben wir schlau gemacht – da geht der Hauptfuchs zum Teufel, und jetzt können wir den ganzen Busch von einem Ende zum andern umdrehen, ehe wir ihn wiederfinden.«

»Habt Ihr ihn gesehen?« rief Borris rasch.

»Wie eine Erscheinung, gerade hinter jener Kasuarine,« sagte Tolmer. »Aber nehmt den Vogel wenigstens einmal in die Hütte herein, daß wir sehen, was wir aus ihm herausbringen können.«

Das geschah. Der »lahme Tom« machte aber, wenn sie auf seine Hülfe gerechnet hatten, ihre Hoffnung zu schanden, denn er beantwortete keine ihrer Fragen.

»Hol' Euch der Böse,« knirschte er in die Zähne, als man ihm das Tuch wieder aus dem Munde nahm. »Ihr seid Alle über Einen hergefallen, wie ein Rudel feiger Dingo's über ein einzelnes Schaf, das ich war – jetzt macht mit mir, was Ihr wollt, aber laßt mich ungeschoren, denn verdammt will ich sein, wenn ich Euch auf weitere Sprünge helfe.«

Aus dem Burschen war in der That nichts weiter herauszubringen und Tolmer schickte ihn, in Handschellen und von zweien seiner Leute bewacht, zu dem Schooner hinunter. Die ihn trausportirten, sollten dann so rasch als möglich wieder zurück zu der Rindenhütte kommen, hier die weiteren Anordnungen zu hören.

Tolmer fürchtete, daß durch die Flucht Mulligan's ihr ganzer Plan vereitelt sei, und dieser wahrscheinlich den anderen Trupp augenblicklich vor ihnen warnen würde. Dem aber widersprach Borris.

»Haben sich die beiden Parteien miteinander gezankt,« sagte dieser, »so wird Mulligan weit eher glauben, daß ihn jene verrathen hätten, um ihn los zu werden, und sich dann wohl hüten, selber an ihr Feuer zu laufen. War er das aber, den Ihr im Busche gesehen habt, und ich zweifle keinen Augenblick daran, so fürcht' ich, ist es ein hoffnungsloses Unternehmen, ihn mit so wenigen Leuten auf der großen Insel einzufangen. Von den Stationshaltern dürfen wir nicht die geringste Hülfe erwarten, das haben wir an Lindsay gesehen. Trotzdem daß er selber viel Geld geben würde, die Schufte aus dem Wege zu haben, will er doch sein eigenes Haus nicht der Gefahr aussetzen, von ihnen in Brand gesteckt zu werden. Und wo sollen wir den schlauen Gesellen jetzt suchen? Am Ende wär' es am besten, wir legten ihm hier in der Hütte eine Falle; jedenfalls hat er seine Munition und seine Decke hier und ohne Beides kann er nicht lange im Busche aushalten.«

»Da können wir lange warten,« lachte Tolmer, »ehe der alte Fuchs wieder daran denkt, hier zu Bau zu kriechen. Wo er sich die jetzige Munition verschafft hat, bekommt er auch mehr, und ebenso eine wollene Decke. Uebrigens haben wir noch eine Weile Zeit, den Ort hier zu untersuchen, und Bill kann uns vielleicht sagen, ob er weiß, wo die Munition versteckt ist.«

Es verstand sich von selber, daß der Verbrecher nicht ein so werthvolles Ding, wie Pulver ist, würde frei und offen liegen lassen. Bill wußte aber nichts davon. John Mulligan hatte sich wohl gehütet ihn zum Vertrauten zu machen, und eine Nachsuchung in der Hütte blieb ebenfalls erfolglos.

Indessen waren die Leute hungrig geworden und Einer von ihnen holte jetzt das Schaf in die Hütte, ihr Frühstück damit zu bereiten. Der Damper war unter der Zeit ebenfalls gebacken, und mit Thee und Zucker, was sie in der Hütte vorfanden, hielten sie ein vortreffliches Mahl. Auch die beiden mit dem Gefangenen zum Schooner geschickten Polizeileute kamen zurück und ein ordentlicher Kriegsrath wurde jetzt gehalten, ob sie sich, die ganze Sache als verfehlt betrachtend, wieder einschiffen oder erst noch einen Versuch machen sollten, den anderen Trupp von vier Mann aufzuheben.

Fast Alle entschieden sich für das Letztere, Tolmer aber wollte auch nichts versäumen, jenen Mulligan in ihre Gewalt zu bekommen, und da es doch möglich war, daß er sich noch in der Nähe aufhielt, um die Hütte wieder aufzusuchen, sollten zwei Mann von seinen Leuten hier versteckt bleiben, und den Flüchtigen todt oder lebendig in ihre Gewalt zu bekommen suchen. Bill, der Matrose, erbot sich allerdings, mit aufzupassen, Tolmer aber wollte das nicht riskiren, denn er war nicht gewöhnt, einem Fremden gleich nach der ersten Stunde Bekanntschaft zu trauen. Dagegen konnte ihnen der handfeste Seemann von trefflichem Nutzen bei dem Fang der Uebrigen sein, indem er seine kleine Schaar ja ohnedem noch durch die Wache in der Rindenhütte schwächen mußte.

Nach Lindsay's Beschreibung kannte Borris ganz genau die Stelle, wo jene Buschrähndscher lagerten, aber es blieb unmöglich, sie am Tage dort zu überraschen. Erstlich war es kaum glaublich, daß sie überhaupt bei hellem Tageslicht ihren Lagerplatz einhalten würden, und dann hätte der Trupp auch keinesfalls ungesehen an sie anschleichen können. Würden sie aber bemerkt, so kam es jedenfalls zu einem Kampf auf Leben und Tod, den Tolmer, so lange es anging, vermeiden wollte. Blieb ihm keine andere Wahl, gut, so mußte selbst das versucht werden.

Damit im Reinen, hielten sie sich in der Hütte, bis sich die Sonne gegen den Horizont neigte, denn sie waren sicher, daß die mit John Mulligan verfeindeten Buschrähndscher nicht hierher kommen würden, und draußen hätten sie ihnen leicht zu früh begegnen können. Nur ein Bote wurde hinüber nach Cooley's Station geschickt, Mr. Lindsay von dem bisherigen Resultat in Kenntniß zu setzen, denn Tolmer wußte nicht, ob er seine Hülfe vielleicht morgen in Anspruch nehmen müsse. Lindsay war aber schon wieder nach Hause geritten, und der zu ihm gesandte Polizist mochte ihm dahin nicht folgen, um keinen unnöthigen Verdacht zu erregen.

Borris, mit dem Busch vollkommen vertraut, führte zur bestimmten Zeit die kleine Schaar sicher der Gegend zu, in der er das Lager der Verbrecher wußte. In der Nachbarschaft desselben angelangt, blieb ihnen aber nichts weiter übrig, als erst den vollen Einbruch der Nacht abzuwarten; dann schlichen sie vorsichtig dem Lager der Sträflinge zu, bis sie in Sicht von deren Feuer kamen.

Es war aber immer noch nicht dunkel genug, und Tolmer ließ seinen kleinen Trupp in einem Dickicht versteckt, vorher selber den Platz einmal zu recognosciren.

Auf Händen und Füßen, jeden Strauch und Baumstamm benutzend, die ihn decken konnten, kroch er näher und näher zu dem Feuer, und da er auch die Vorsicht gebraucht hatte, den Wind zu beachten, im Fall sie Hunde bei sich haben sollten, kam er bald nahe genug, die sich um die Gluth her bewegenden Gestalten deutlich zu erkennen. – Es waren aber mehr als vier Männer, die sich dort gelagert hatten, denn von da aus, wo er sich befand, konnte er klar und deutlich fünf Personen unterscheiden, die bald ausgestreckt am Feuer lagen, bald aufstanden und um die Flammen herumgingen. War Mulligan doch zu ihnen gestoßen, sie zu warnen? – Aber dann wären sie keinesfalls an ihrem alten Lagerplatz geblieben, und wer konnte der Fünfte sein?

»Mit gefangen, mit gehangen,« murmelte aber Tolmer vor sich hin, und fest entschlossen, sich die schon halb im Netz sitzende Beute nicht wieder entgehen zu lassen, kroch er zu den Seinen zurück und theilte ihnen den Plan mit, den er sich in der Schnelle entworfen hatte.

Die Dämmerung ist in Australien außerordentlich kurz, und fast unmittelbar nach der sinkenden Sonne tritt auch die Nacht ein. Die Polizeileute brauchten deshalb nicht lange im Hinterhalt zu liegen, und Tolmer verließ jetzt seine genau instruirte Mannschaft, das beschlossene Wagniß auszuführen.

Er umschlich das Lager in einem weiten Bogen, bis er es zwischen sich und die Seinen brachte, ging dann noch eine Strecke in den Busch hinein, von den Buschrähndschern fort, und ließ dort den in Australien gebräuchlichen und von den Schwarzen angenommenen Waldruf: »Ku-ih! – Ku-ih!« erschallen.

Im Anfang war Alles ruhig, und Niemand antwortete ihm, endlich aber, nachdem die Buschrähndscher wahrscheinlich mit einander berathen hatten, daß Jemand, der so laut im Wald herumschrie, ihnen schwerlich gefährlich sein könne, antwortete Einer von ihnen mit dem gleichen Laut, und Tolmer brach jetzt, so viel Geräusch als irgend möglich machend, durch die Büsche dem Lagerplatz zu.

Diesen erreichte er bald und fand hier die kleine Schaar von Verbrechern, die Musketen im Anschlag, seiner harrend am Feuer.

»Holla,« redete ihn Einer von ihnen an, »was habt Ihr denn da bei Nacht und Nebel im Wald herumzuschreien?«

»Gott sei Dank,« sagte Tolmer, wie er nun den freien Platz erreichte, »da sind doch wenigstens Menschen mit einem vernünftigen Feuer. Ich glaubte schon, ich müßte die Nacht draußen allein unter einem Baume liegen bleiben. – Wie geht's mit einander?«

»Hm, gut,« antwortete der Eine von der Schaar – »aber wo kommt Ihr her?«

»Von dem Nordufer,« sagte Tolmer, auf alle Fragen vollkommen vorbereitet, »und wollte nach Cooley's Station, habe aber den Weg verfehlt und bin in den verdammten Känguruhdornen beinah umgekommen. Wie weit ist's noch bis dahin, und führt ein Weg hin?«

»Verwünscht wenig, was Ihr von einem Weg bis dahin finden werdet,« brummte ein Anderer. »Wenn Ihr nicht nach den Sternen marschirt, könnt Ihr Euch ein Jahr lang im Busch herumdrehen.«

»Wie weit habe ich wenigstens bis zum Strande?« frug Tolmer wieder, der mit raschem Blick die Schaar überflogen hatte und sich jetzt mit dem Rücken zum Feuer stellte, daß sein Gesicht nicht zu hell beleuchtet wurde. Er fühlte sich doch nicht so recht sicher, ob ihn nicht Einer oder der Andere von den Burschen kannte. Ebenso hatte er schon bemerkt, daß es nur vier Weiße und ein Schwarzer waren, den sie irgendwo aufgelesen hatten.

 

»Bis zum Ufer,« sagte der Erste wieder, »mag es etwa drei Miles sein, wenn Ihr in gerader Richtung ausschreiten könnt.«

»Am Strande führt ein Weg hin, nicht wahr?«

»Ja; aber Ihr seid doch nicht mitten durch die Insel gekommen?«

»Mitten durch.«

»Da wundert's mich, daß Ihr noch einen Fetzen Zeug auf dem Leibe habt,« sagte der Buschrähndscher, der von dem einzelnen Manne keine Gefahr fürchtete und sein Gewehr neben sich wieder an den Baum lehnte.

»Wenn Ihr nichts dagegen habt,« meinte Tolmer, indem er seinem Beispiele folgte und seine Doppelflinte ebenfalls abnahm und neben die des Burschen stellte, »so ruhe ich mich hier bei Euch erst ein wenig aus. Kann man für Geld und gute Worte einen Becher Thee und ein Stück Damper bekommen?«

»Für Geld nicht, für gute Worte ja,« sagte der Buschrähndscher, der den Gast aber noch immer aufmerksam betrachtete. »Ihr seid ein Seemann, wie?«

»Ein Stück von einem,« lachte Tolmer.

»Irgend wo ausgekniffen, he?«

»Mit französischem Urlaub, ja; von einem Handels-Schooner, der hier anlegte. Hol' der Teufel das Wergzupfen an Bord! Findet sich denn wohl einmal Gelegenheit, von hier nach dem festen Lande hinüberzukommen?«

»Möglich,« sagte der Buschrähndscher, »habe mich noch verwünscht wenig darum gekümmert.«

»Damper ist fertig,« brummte jetzt Einer der Anderen, der das Kochgeschäft besorgte. Der, mit dem Tolmer bis jetzt gesprochen, wandte sich wieder zu ihm und sagte:

»Setzt Euch zum Feuer nieder und eßt mit, was wir haben.«

»Dank' Euch,« meinte Tolmer, »werde mir das nicht zwei Mal sagen lassen. Wetter noch eins, ich habe den Rheumatismus in den Rücken gekriegt, und gräßliche Schmerzen; vielleicht daß es die Hitze wieder herauszieht. Mit Euerer Erlaubniß,« und mit den Worten kauerte er sich ohne Weiteres beim Feuer nieder, aber so, daß er demselben den Rücken zudrehte und die bei Seite gestellten Gewehre dabei im Auge behielt. Es war ihm aber auch nicht entgangen, daß der Schwarze, der etwas abseits vom Feuer saß, ein paar Mal schon aufmerksam auf irgend ein Geräusch wurde und den Kopf dann jedes Mal horchend emporhob. Glücklicher Weise nahm aber das gerade fertig gewordene Abendbrod die Aufmerksamkeit der Buschrähndscher für den Augenblick in Anspruch, und Alle setzten sich zum Feuer, den Wortführer ausgenommen, der zu dem Gewehre seines Gastes ging, es ohne viele Umstände in die Höhe nahm und genau betrachtete.

»Hm, ein hübsches Stück,« sagte er dabei, »wie seid Ihr dazu gekommen, Mate, wenn Euch die Frage nicht etwa genirt? Matrosen führen sonst nicht so leicht solche Flinten.«

»Ich habe es einmal billig von einem Franzosen gekauft,« sagte Tolmer gleichgültig, »weiß aber jetzt nicht recht, was ich damit anfangen soll, denn ich bin kein besonderer Schütze. Wenn ich das halbwegs dafür wiederbekomme, was es mich gekostet hat, schlag' ich's los.«

»Und wie viel war das?«

»Dreißig Schilling, ein Spottgeld für die Flinte, aber Geld kann man hier im Busche eher gebrauchen, wie ein Gewehr.«

»Für den Preis nehm' ich's Euch ab,« sagte der Buschrähndscher schnell, »das ist ein Handel.«

»Meinetwegen.«

»Und Ihr nehmt Noten dagegen von den Squattern in der Nachbarschaft?«

»Noten? – was ist das?«

»Nun, Anweisungen, so gut, wie baar Geld. Jeder nimmt sie Euch ab.« Er blinzte dabei seinen Cameraden hinter dem Rücken des Fremden zu, und diese lachten still und höhnisch vor sich hin. Tolmer that aber, als ob er es nicht bemerke, sondern sagte treuherzig:

»Wenn sie so gut wie baar Geld sind, wär' ich ein Narr, wenn ich was dawider hätte. Gott sei Dank, jetzt brauch' ich doch das alte Schießeisen nicht mehr mit herumzuschleppen. Heute im Busch hatt' ich zwei oder drei Mal gar nicht so übel Lust, es in das erste beste Wasserloch zu werfen.«

»Das wäre Schade drum gewesen,« meinte der Buschrähndscher, indem er die Flinte zu den übrigen lehnte und sich jetzt selber mit zum Feuer setzte. Er war vortrefflicher Laune. – »Wißt Ihr wohl, Mate,« fuhr er nach einer Weile fort, indem er sich ein großes Stück Damper und Schaffleisch auf die Kniee nahm, »daß mir Euer Gesicht verdammt bekannt vorkommt, und ich habe mir schon die ganze Zeit den Kopf zerbrochen, wo ich Euch einmal gesehen haben könnte?«

»Hier noch nicht,« sagte Tolmer, ruhig von dem Damper zulangend und sich dem Feuer zukehrend. Dieses brannte jetzt ziemlich düster und der Hut, den er trug, beschattete sein Gesicht ebenfalls. »Drüben am Lande könnt's aber gewesen sein; freilich auch nicht in den letzten Jahren. Früher war ich oft drüben.«

»Das wäre möglich!« nickte Jener. »Habt Ihr Euere Passage nach Australien bezahlt?«

»Werde nicht so dumm sein,« lachte der vermeintliche Matrose. »Wo sich's die Regierung so viel kosten läßt, tüchtige Ansiedler herüber zu bekommen, soll man ihr nicht in's Handwerk pfuschen.«

»Gescheidter Gedanke, Mate, verdammt gescheidter Gedanke,« schmunzelte der Buschrähndscher; »aber was zum Henker hat denn die Schwarzhaut da zu horchen? – na, was gibt's, Schneeball?«

Tolmer's Herz schlug, daß es ihm die Brust zu zersprengen drohte. Er wußte, daß seine Leute jetzt dicht am Lager waren, und jedenfalls hatte der schwarze Bursche mit seinen viel schärferen Sinnen etwas von ihnen gehört oder gesehen.

»Me, make a light, flourbag6 sagte der Eingeborene in seinem englisch sein sollenden Dialekte.

Tolmer stand langsam auf und trat zum Feuer, um es ein wenig zusammenzustoßen. Er stand jetzt nur zwei Schritte von den Gewehren.

»So? – Du hast was Weißes gesehen?« sagte der Buschrähndscher, mit den Augen der Richtung folgend, nach der der Arm des Schwarzen deutete.

»Ich werde einmal hinschießen,« sagte jetzt Tolmer, und mit den Worten drehte er sich um, griff sein Gewehr auf und spannte zugleich geräuschlos die Hähne.

»Bah, mach' keinen Unsinn, Mate,« sagte aber der Buschrähndscher, der keine Ahnung hatte, daß ihnen hier Gefahr drohen könne. »Wer weiß, was der Bursche gesehen hat.«

»Vielleicht war's ein Opossum,« meinte Tolmer.

»Möglich,« sagte der Andere, »setzt Euer Gewehr hin.«

»Habt Ihr schon gehört, wie man ein Opossum lockt?« frug Tolmer jetzt. – Er war todtenbleich geworden, denn er wußte, daß der nächste Augenblick der entscheidende sein mußte.

»Ein Opossum? – Was zum Donnerwetter hat denn nur der schwarze Bursche? Etwas muß im Winde sein,« und unwillkürlich machte er einen Schritt den Gewehren zu, während der Eingeborene seine Lanze aufgriff und scheu und vorsichtig vom Feuer zurückglitt.

»Ich will's Euch zeigen, Mate,« sagte Tolmer, und in dem Moment gellte ein schriller Pfiff durch den Wald.

»Verrath!« schrie der Buschrähndscher und sprang nach den Gewehren.

»Wer sich bewegt, ist eine Leiche!« rief Tolmer mit Donnerstimme, die eigene Waffe an den Backen reißend, und von allen Seiten sprangen die Seinen auch schon herbei, während die Buschrähndscher, förmlich überrumpelt, im ersten Schrecken nicht wußten, ob sie fliehen oder sich vertheidigen sollten.

Tolmer, so viel wie möglich unnöthiges Blutvergießen zu vermeiden, schoß nicht, und nur als der Anführer der Schaar an ihm vorbeifuhr, um seine Waffe aufzugreifen, hielt er ihm sein Bein vor und der Buschrähndscher stürzte wie im Fluge nach vorn, alle vier Gewehre mit sich zu Boden reißend. Im nächsten Augenblicke saß ihm aber schon Borris auf dem Nacken, und während diesen der Matrose unterstützte, den wüthend um sich Schlagenden zu binden und unschädlich zu machen, fanden sich die anderen drei von Bewaffneten umstellt und jede Flucht abgeschnitten. – Was auch hätten sie im Busche ohne Gewehre anfangen wollen?

Der Schwarze war gleich bei dem ersten Anprall der Polizei – vielleicht auch schon vorher – spurlos im Busche verschwunden.

Zehn Minuten später staken die Buschrähndscher in Handschellen. Es war aber zu gewagt, sie in dunkler Nacht durch den Busch zu transportiren, wo doch Einer oder der Andere Gelegenheit gefunden hätte, zu entkommen. Tolmer beschloß also, die Nacht dort mit ausgestellten Wachen im Lager zu bleiben und die Gefangenen erst am nächsten Morgen hinüber zum Schooner zu transportiren.

»Jetzt weiß ich auch, Mate, wo ich Euer blutiges Gesicht schon einmal gesehen habe,« zischte der alte Buschrähndscher durch die zusammengebissenen Zähne, als er eine Stunde später neben seinen Cameraden und unter einer Aufsicht, die jeder Flucht spottete, am Feuer lag.

»Denk's auch, Tomlins,« lachte Tolmer, »ich hatte aber gleich vom Anfange an ein besseres Gedächtniß. Weil ich jetzt keinen Bart trage, seid Ihr irr geworden.«

»Hol' Euch der Teufel,« brummte der Gefangene und warf sich auf die andere Seite.

Am nächsten Morgen mit Tagesanbruch war die kleine Truppe marschfertig und erreichte etwa dritthalb Stunden später den Schooner, in dem die Gefangenen einquartiert wurden. Tolmer aber, jetzt fest entschlossen, sein Aeußerstes zu versuchen, auch den noch flüchtigen Mulligan wieder einzubringen, wollte sich doch nicht der Gefahr aussetzen, daß bei einem längeren Aufenthalte an der Insel die bisher gemachten Gefangenen vielleicht Gelegenheit fänden, ihre Freiheit wieder zu erlangen.

Derartige Menschen, mit Nichts zu verlieren und Alles zu gewinnen, hatten sich schon aus schwierigeren Lagen befreit, und er befahl dem Schooner deshalb, mit zwei von seinen Leuten als Wache an Bord, ohne Weiteres wieder unter Segel zu gehen und diese kostbare Ladung erst einmal an das County-Gefängniß abzuliefern. Dann sollte er ohne Zögern wieder umkehren, sie selber abzuholen oder vor Anker zu bleiben, bis sie an Bord kämen.

Tolmer behielt, nachdem er zwei von seinen Leuten der Schoonermannschaft beigegeben, noch, mit Borris, sieben Mann und den Matrosen. Der Seemann hatte sich freilich mit auf dem Schooner einschiffen wollen, Tolmer war aber viel zu vorsichtig, das zuzugeben, denn er wußte nicht, ob er vielleicht mit ein oder dem anderen der Gefangenen schon früher Bekanntschaft gemacht hätte, und wollte sich nicht muthwillig selber einen Helfershelfer für die Schaar in das Fahrzeug setzen. Mit ihnen versprach er ihm aber freie Passage nach Adelaide, wenn er sie dahin begleiten wolle.

Nun galt es vor allen Dingen, den jetzigen Aufenthaltsort John Mulligan's herauszubekommen, und das schien viel schwerer, als es Tolmer im Anfange erwartet hatte.

Mulligan war mit allen Schlichwegen der Insel genau bekannt, und Lindsay, an den er sich wieder wandte, versicherte ihm von vornherein, daß es ein verzweifeltes und völlig nutzloses Unternehmen sei, dem kecken und verwegenen Burschen auf diese Weise nachzustellen. Er schien es dabei nicht einmal gern zu sehen, daß ihn Tolmer auf seiner Station besuchte, denn wie leicht konnte Mulligan das durch irgend einen seiner eigenen Leute erfahren und dann, in dem Glauben, der Stationshalter stecke mit der Polizei unter einer Decke, Rache an ihm nehmen.

Tolmer sah bald, daß mit dem Manne nichts anzufangen war, und doch gewöhnt fast stets auf eigene Hand zu handeln, schrak er auch vor einer solchen Aufgabe nicht zurück.

So viel schien gewiß, daß Mulligan, nachdem sie die übrige Bande glücklich überlistet, keine weiteren Begleiter mehr hatte, auf deren Hülfe er sich verlassen konnte.

In seine alte Hütte war er übrigens nicht wieder zurückgekehrt, und Tolmer, um seine beiden Wachen nicht länger dort unnütz zu verwenden, ließ das Nest in Brand stecken. Hatte der Buschrähndscher dann noch irgend etwas darin versteckt oder vergraben, so sollte es ihm wenigstens schwer werden, es wiederzufinden.

Außerdem entwarf Tolmer einen anderen Plan. Er schickte nämlich seine Mannschaft als Bündelleute vereinzelt auf alle Stationen in der Nachbarschaft, sich dort zu zerstreuen und selber auf den verschiedenen Stellen die Nachricht zu verbreiten, daß die Polizei gelandet wäre und die Buschrähndscher aufgehoben hätte. Während sie sich natürlich unter die Arbeiter mischten, erfuhren sie dann vielleicht, ob der flüchtige Verbrecher wohl irgendwo gesehen worden.

Am zweiten Tage hatten sich aber Alle wieder in der Nähe der verbrannten Hütte einzufinden, um gemeinschaftlich zu operiren.

Der Plan mochte ganz gut sein, erwies sich aber als erfolglos. Allerdings brachten die Leute von drei, vier verschiedenen Seiten die Nachricht mit, Mulligan sei dort in der Nähe gesehen worden. Die wahrscheinlichsten dieser Stellen wurden auch untersucht, doch ohne den geringsten Erfolg. Nicht einmal die Spur des Flüchtigen fand man, und es blieb jetzt außerordentlich schwer, zu sagen, ob sich der Buschrähndscher nach dem Osten oder Westen der großen Insel gewandt habe.

 

Borris selber war dafür, nach dem festen Lande zurückzukehren und lieber wieder hierher zu kommen, wenn Mulligan auf's Neue irgendwo einen bestimmten Aufenthalt genommen. Tolmer aber, starr wie immer den einmal gefaßten Plan im Auge, wollte davon nichts hören und gedachte einen anderen Versuch zu machen.

Er theilte seine Leute in zwei Trupps – den einen von fünf Mann unter Borris' Führung schickte er nach Osten zu und die anderen, wie den Matrosen, der sich freiwillig erboten hatte ihnen beizustehen, behielt er bei sich, um damit nach Westen hin die Insel abzusuchen. In vier Tagen spätestens sollten Alle wieder am Schooner zusammentreffen, und hatten sie den Flüchtigen dann nicht eingefangen, so wollten sie die Jagd für dies Mal aufgeben.

Borris schüttelte den Kopf zu dem ganzen Unternehmen, denn er kannte besser wie sein Vorgesetzter, das Innere der Insel und die Schwierigkeit, darin von einer Stelle zur andern zu gelangen. Tolmer aber, Feuer und Flamme für den jetzt entworfenen Plan, ließ keine Einrede gelten, und die beiden Parteien trennten sich noch an demselben Morgen.

Einem schmalen Kuhpfade folgend, wanderte Tolmer mit seinen Leuten ab, gerieth aber bald in ein so furchtbares Dickicht von jenen nichtswürdigen Känguruhdornen, von denen das ganze Innere der Insel überwuchert war, daß sie sich nur mit Mühe und Noth einen Weg seitwärts hindurch und mehr der Küste zu brechen konnten. Was sollten sie auch in einem solchen Dickicht, in dem Mulligan selber nicht fortkonnte, sich also auch wohl hüten würde es zu betreten.

Ziemlich erschöpft und ohne den ganzen Tag ein lebendes Wesen angetroffen zu haben, erreichten sie Abends einen kleinen Bach und lagerten dort, und Tolmer sah jetzt die Unmöglichkeit ein, das eigentliche Innere des Busches, wie er beabsichtigt hatte, abzusuchen. Es blieb ihm nichts übrig, als sich auf die besiedelten oder doch wenigstens zugänglichen Theile der Küste zu beschränken.

Gegen Morgen hörten sie einen Hund bellen; schon am letzten Abend hatten sie Schafspuren gefunden und es ließ sich erwarten, daß sie wenigstens nach der Richtung und in der Nähe des Trinkwassers eine Schäferhütte finden würden. Darin hatten sie sich auch nicht geirrt. Als sie nach rasch eingenommenem Frühstück dorthin aufbrachen, fanden sie mitten im Busch, aber an einer von Dornen vollkommen freien Stelle, eine kleine Rindenhütte liegen, und Tolmer ließ seine Leute noch zurück, erst selber allein den Platz zu recognosciren.

Der Schäfer war mit seiner Heerde schon vor einer Stunde ausgezogen, den Hutkeeper oder Hüttenwächter fand Tolmer aber gerade beschäftigt, die gewöhnlichen Damper zu backen, und ließ sich mit ihm in ein Gespräch ein.

»Holla, Mate,« sagte er nach einer Weile, als er am Feuer saß und den für ihn rasch warmgestellten Becher Thee trank, »Ihr seid ja hier außerordentlich fleißig mit Brodbacken. Da stehen, wie ich sehe, zwei große fertige Damper, hier unter der Asche liegt auch noch einer und Ihr rührt schon wieder frische an. Macht Ihr sie zum Verkauf?«

»Ja, schön zum Verkauf,« sagte der eben nicht besonders appetitlich aussehende Bursche mit einem Kernfluche, »ein prächtiger Platz wär' das hier im Busche zum Verkauf, wo man das ganze gesegnete Jahr keinen blanken Schilling zu sehen bekommt. Die Käufer, die hierher kommen, soll überhaupt der Teufel holen, sobald er Lust hat, und wenn meine Zeit um ist, will ich verbrannt werden, wenn ich nur eine Stunde länger in den blutigen Dornen sitzen bleibe.«

»Es treibt sich hier viel Gesindel im Busche herum, wie?« warf Tolmer hin.

Der Hutkeeper sah ihn mißtrauisch von der Seite an und meinte dann:

»O, Gott bewahre; es sind lauter Gentlemen und noch dazu Menschen, wie die Kinder; was sie sehen, wollen sie haben.«

»Seid Ihr kürzlich belästigt worden?« frug Tolmer, der nicht mit Unrecht glaubte, daß er von dem Hutkeeper für nichts Besseres, als eben auch für einen Buschrähndscher gehalten würde.

»Ich will Euch was sagen, Fremder,« meinte da der Bursche, indem er sich von seiner Arbeit aufrichtete und die mehlbedeckten Fäuste zur Seite von sich hielt, »es ist ein altes Gesetz, im Busche sich – das Maul nicht zu verbrennen – an heißen Blechbechern mein' ich – Ihr versteht mich schon.«

»Nichts für ungut, Freund.«

»Bitte, bemüht Euch nicht,« meinte der Hutkeeper trocken. »Es könnte sein, daß morgen Jemand käme und nach Euch früge, und dann wär's Euch auch vielleicht angenehm, wenn ich ein kurzes Gedächtniß hätte.«

Tolmer lachte. Mit der Politik derartiger Buschleute aber vollkommen vertraut, kannte er recht gut die Triebfedern, die ihn zum Schweigen brachten, und er lenkte das Gespräch auf etwas Anderes, um erst einmal herauszubekommen, mit wem er es hier zu thun habe. War es ein früherer Sträfling, dann ließ sich freilich nicht viel von ihm erwarten, doch sah er ihm zu jung dafür aus und vorsichtige Fragen konnten das bald aufklären. Tolmer hatte sich auch nicht in seinem Manne geirrt. Jim Riddle war erst vor zwei Jahren mit einem Auswandererschiffe als freier Mann nach Australien gekommen, hier sein »Glück zu machen« – nicht »Damper für alles blutige Gesindel im Busche zu backen«, wie er hinzusetzte, und schien das ganze Land schon so satt zu haben, daß er je eher je lieber wieder nach Alt-England zurückgekehrt wäre, wenn er eben gewußt hätte, womit.

Einmal darüber im Reinen nahm Tolmer keinen Anstand länger, dem Hutkeeper zu sagen, wer er selber sei und weshalb er auf die Insel gekommen wäre – diese nämlich von der Plage herumstreifenden Gesindels zu befreien. Er rief dann seine Leute herbei, die der Hutkeeper aber immer noch mißtrauisch betrachtete, denn sie sahen ihm nicht aus wie Polizei, und erst als ihm Tolmer seine Vollmacht vorlegte, die das große Regierungssiegel trug, wurde er überzeugt.

»Dann ist's recht,« sagte er, mit einem kräftigen Hiebe die rechte geballte Faust in die linke schlagend, daß der Mehlbrei überall umherspritzte, »dann hab' ich nichts dagegen, und ich gönne Euch die Gesellschaft des unheimlichen Burschen, der hier seit zwei Tagen herumkriecht, von ganzem Herzen.«

Und nun erzählte er mit einfachen und kurzen Worten, daß vorgestern ein Mann, dessen Beschreibung Tolmer keinen Zweifel ließ, Mulligan sei damit gemeint, zu ihm in die Hütte gekommen wäre, und Essen und Tabak verlangt hätte. Der Fremde trug eine Muskete und sah wild und zerfetzt genug aus. Jim Riddle gab ihm beides, um ihn nur loszuwerden. Gestern aber war er wieder gekommen, sich neuen Vorrath zu holen, und hatte ihm mit allem Möglichen gedroht, wenn er an irgend Jemand durch eine Sylbe verrathe, daß er bei ihm gewesen. Ja, noch mehr, er verlangte von dem Hutkeeper, der selber keine Waffen hatte sich zu widersetzen, daß er ihm von jetzt an, die nächsten Tage wenigstens, einen besonderen Damper backe, und ihm denselben mit Fleisch und Thee nicht weit von dort in den Busch bringe. Er mußte selber mit ihm gehen, daß er ihm die Stelle zeigen konnte.

Wahrscheinlich wollte sich der Buschrähndscher nicht wieder der Gefahr aussetzen, an eine fremde Hütte anzulaufen, in der recht gut Feinde versteckt sein konnten; wußte er ja doch jetzt, daß ihm die Polizei auf der Fährte war.

Jim Riddle hatte natürlich den verzweifelten Menschen gefürchtet, dessen Haß und Rache er sich hier nicht allein und hülflos aussetzen mochte. Mit der Polizei zum Schutz war er aber froh, solch einen lästigen Brodverzehrer los zu werden und vielleicht unschädlich gemacht zu sehen, und zeigte sich jetzt augenblicklich bereit, Tolmer zu der Stelle hinzuführen, an der er die bestimmten Lebensmittel für den Buschrähndscher verbergen sollte.

Rasch hatte er alles Nöthige zusammengepackt und wanderte jetzt mit den Polizeileuten in den Busch hinein, etwa vier- oder fünfhundert Schritt von der Hütte, wo eine kleine Lichtung lag. Es standen dort nur wenige Bäume, dicht daran grenzte aber ein Dickicht, und der Platz war in sofern vortrefflich ausgesucht, als der Flüchtling, von den Büschen gedeckt, unbemerkt herankommen und leicht übersehen konnte, ob ihm in der Nähe irgend eine Gefahr drohe.

6Make a light, mach ein Licht, für: sehen; flourbag, Mehlsack – Alles was weiß ist, in dem wunderlich gebrochenen und verstümmelten Englisch, das die Eingeborenen von den weißen Arbeitern lernen.
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