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Aus zwei Welttheilen, Erster Band.

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»Gerade dort drüben in jener Waldecke,« erwiederte ihm Dumfry – »aber Sie haben recht, ein Ueberlegen könnte hier ohnedieß nichts frommen, jetzt müssen wir durch – kommen Sie« – und wiederum zog er die Matte über sein Gesicht, die er, seit sie den Begräbnißplatz verlassen, fast fortwährend zurück geworfen getragen hatte, und schritt den beiden Freunden rasch voran, zuerst in die niedere Sandfläche hinab, die in Zeit der Fluth von den Wogen bedeckt wurde, und dann einen grasigen Anwuchs wieder hinauf, der sich der Waldspitze zuzog und überhaupt den ganzen, bewachsenen Küstenstrich mit einem hellgrünen freundlichen Kranz umgürtete.

Je weiter sie aber jetzt den Wald hinter sich ließen, desto freieren Ueberblick gewannen sie über den, mit jedem Augenblick drohender werdenden Himmel, und Tomson blieb, als sie etwa die Mitte der Sandfläche erreicht, stehen, um das Aussehen der Wolken besser beobachten zu können. Da fiel sein Auge, vielleicht durch einen sich dort regenden Gegenstand hingezogen, auf den hellgrünen Rand des Waldes, und ein Ausruf der Ueberraschung entfuhr fast unwillkürlich seinen Lippen, als er gerade da, wo sie eben die Holzung verlassen, mehre in bunte Matten gekleidete Indianer erblickte, die eben den Baumschatten verließen, und langsam ihren Fährten zu folgen schienen.

Dumfry und Van Broon drehten sich rasch nach ihm um, die dunklen Gestalten traten aber zu deutlich aus dem lichten Hintergrund hervor, als daß es noch einer Erklärung bedurft hätte. Van Broon wollte sich denn auch, sowie sein Blick nur auf den Federschmuck der Krieger fiel, ohne weiteres davon machen, Dumfry aber erfaßte seinen Arm und flüsterte ihm schnell und heftig zu:

»Halt, Sir, keine Uebereilung – wenige hundert Schritt von hier entfernt liegt unser Boot, fliehen wir jetzt, so erregen wir Verdacht, gehen wir aber ruhig fort, bis wir nur erst die Büsche zwischen uns und jenen haben, so gewinnen wir entweder hinlänglichen Vorsprung uns einzuschiffen, oder – wir haben Feuergewehre genug, jene kleine Schaar unschädlich zu machen. Langsam, Gentlemen, langsam sehen Sie, dort vorne – ha!« schrie er und riß sein Gewehr entsetzt empor, denn auch vor ihnen, gerade dort, wohin ihr Weg gerichtet war, und wohin er deutete, theilten sich die Büsche, und sieben oder acht braune, trotzige Gestalten, mit Büchsen und Streitkolben bewaffnet, ja Einzelne sogar mit der, ihm nur zu gut bekannten, langhaarigen Kriegsmatte bekleidet, traten ihnen entgegen, und hielten somit genau den Pfad besetzt, der sie allein zu ihrem Boote führen konnte.

Van Broon stieß einen Schrei des Entsetzens aus, Tomson aber, der schon aus dem Benehmen Dumfry's ersehen hatte, daß ihnen in der That mehr Gefahr drohe, als dieser eigentlich gestehen wollte, griff nach seinen Pistolen, untersuchte, ob die Zündhütchen noch festsäßen, rückte den Griff seines Cutlaß ein klein wenig mehr nach vorn, und schien dann ruhig den Erfolg abwarten zu wollen. Dumfry selbst war wohl ebenfalls nur durch die erste Ueberraschung außer Fassung gebracht, denn auf ein Zusammentreffen mit Indianern hatte er sich ja schon durch seine angenommene Tracht vorbereitet; fester nur zog er die Matte über sein Gesicht nieder, flüsterte seinen beiden Begleitern leise Muth zu, und schritt dann, die Richtung ein klein wenig verändernd, der äußersten Waldspitze zu, um, wenn die Indianer ihre Jölle etwa noch nicht gefunden hätten, wenigstens nicht selbst zu voreilig deren Lage zu verrathen. Hatte er aber zugleich gehofft, von den Eingeborenen unbeachtet zu bleiben, so sah er sich darin jedenfalls getäuscht, denn diese wandten sich, sobald sie seinen veränderten Curs bemerkten, ebenfalls langsam der Waldspitze zu, und Dumfry, der nun wohl fand, daß er nicht im Stande sein würde, ihnen auszuweichen, suchte jetzt nur so unerschrocken als möglich aufzutreten. Hielten ihn die Neuseeländer, was auch von vornherein seine Absicht gewesen, für einen, unter dem Tabu stehenden Führer der Weißen, so hatten sie nichts zu fürchten, denn noch waren diese uncivilisirten Stämme zu wenig mit Weißen in Berührung gekommen, die Pflicht der Gastfreundschaft gegen Fremde ganz vergessen zu haben.

Rasch näherten sie sich den Insulanern, die nun ihrerseits die drei Fremden ruhig erwarteten; Dumfry aber, so keck und zuversichtlich er früher gewesen schien, schrack doch, als er nahe genug kam, die Züge des Häuptlings zu erkennen, augenscheinlich zurück und sprach, anstatt die erste Begrüßung diesen Herrn des Bodens zu geben, kein einziges Wort. Die Wilden ihrerseits, die, hier noch dazu in der Mehrzahl, eine solche Artigkeit wohl erwarten zu können glaubten, schwiegen ebenfalls und Tomson, durch Dumfry's Betragen zuerst überrascht, trat endlich vor, streckte dem, den er für den Häuptling hielt, die Hand entgegen und sagte mit seinem offenen und ehrlichen Ton:

»Gott zum Gruß, Gentlemen, ich weiß freilich nicht, ob Sie englisch verstehen, thut aber auch nichts – werden schon wissen –«

»Sei der Gruß so treu gemeint, wie er klingt!« erwiederte, zu des Seemanns unbegrenztem Erstaunen, der Wilde nicht allein in ziemlich reinem Englisch, sondern auch noch sogar mit einem leichten Anflug irischen Dialekts, und ergriff dabei die dargebotene Rechte.

Es war eine hohe, stattliche Figur dieser Häuptling der neuseeländischen Krieger – sein braunes, von funkelnden, sprechenden Augen belebtes Antlitz durchzogen die regelmäßig, ja fast zierlichen Linien, die des Tättowirers Hand darauf zurückgelassen; sein Haupt schmückten rechts und links die mächtigen Flügel eines schwarzen Falken, und die rauhe Kriegsmatte hing ihm weit nach vorn über die linke Schulter und den Rücken hinab, daß nur der rechte, nackte Arm frei und unbehindert blieb. Einzelne weiße Albatroßfedern trug er in den Ohren, um den Nacken aber das Amulet seines Stammes, den grünen Teiki16 mit seinen rothen, glänzenden Augen. Das Haar hing ihm, wie das auch theilweise auf den Inseln Sitte ist, lang und glatt über den Nacken herab, und seine Füße waren – ein nicht seltener Tauschartikel nordamerikanischer Wallfischfänger – mit buntgestickten Moccasins bedeckt, die vielleicht eine junge Squaw,17 weit in den fernen Prairieen Amerikas gearbeitet, ohne daran zu denken, daß sie die Füße eines tausende von Meilen entfernten Kriegers schmücken sollten.

Seine Begleiter waren sämmtlich mit Feuergewehren bewaffnet, er selbst aber trug nur an seinem Handgelenk den Mirei, und zwar aus einem einzigen Stück eben des kostbaren, grünen Steines geschnitten, aus dem auch das, an seinem Nacken hängende Amulet bestand, während er in der Rechten den Häuptlingsstab18 hielt, der mit seinem wunderlich geschnitzten Kopf, den rothen Papageifedern und Büscheln von Hundehaaren von weitem einer jener alten Hellebarden glich, aber keineswegs als Waffe bestimmt schien, sondern nur die Autorität des Führers bezeichnen sollte.

Während er dem Europäer die rechte Hand reichte, ließ er diesen Stab gegen seine Schulter fallen, und nahm ihn erst wieder auf, als er einen Schritt zurücktrat, und seine Augen jetzt fest auf den angeblichen Indianer geheftet hielt, der jedoch, seinen Kopf ebenfalls erhoben, die Büchse, wie nachlässig, in der Biegung des linken Armes, doch zum augenblicklichen Dienst bereit, trug, und nur einmal leise das Haupt wandte, um zu sehen, ob sich die übrigen Indianer ebenfalls zu ihnen gesellt hätten. Diese waren kaum noch hundert Schritte zurück, und einige von ihnen zogen sich langsam nach dem Meeresufer hinab. Die Weißen wurden auf diese Art von den dunklen, drohenden Gestalten rings umzingelt, und durften an Flucht nicht mehr denken; es galt jetzt nur noch, das Spiel, was sie begonnen, fest und ernst zu Ende zu führen.

Da brach der neuseeländische Häuptling zuerst das Schweigen, er stützte sich auf den Henei, den er in der Hand hielt, und sagte, während er die Blicke fest auf den falschen Indianer heftete, in der Sprache der Maories:

 

»Deine Hand ist bewaffnet, aber Dein Antlitz verhüllt, – braucht das Haupt, das der Tabu beschützt, die feindliche Wehr? fürchtet mein Bruder, daß ein Maori die Keule gegen ihn zücken werde? oder kennt er die Gesetze des Landes nicht? – Ein Maori ist sicher!«

»Wohl kenn' ich die heiligen Gesetze« erwiederte der Verkleidete, und die Stimme drang unter der vorhängenden Matte dumpf hervor – »ich habe Nichts zu fürchten, und nur als Begleiter dieser Weißen trage ich die Waffe – kein Freundesblut klebt an meiner Hand, und daheim in meinem Pah stehen die Schädel meiner Feinde – ein Maori ist sicher!«

»Das lügst Du, falscher Maori!« schrie da plötzlich, sich zu seiner vollen Höhe erhebend, der wilde Krieger, und schwang den Stab, den er in der Rechten hielt – »Bleicher Verräther! wirf die heilige Hülle ab, die Dir nicht gebührt – zu Boden mit Dir, Mac Donald – Mörder Deines Weibes, zu Boden, denn die Stunde der Rache hat Dich ereilt!«

Wie von einem jähen Strahl getroffen, schrack der entlarvte Verbrecher, als die ersten zürnenden Laute sein Ohr erreichten, zusammen. – Verloren – das Blut schoß ihm in eisiger Kälte zum Herzen, – aber es war nur ein Augenblick, was hatte er auch jetzt noch zu wagen, wo Alles auf dem Spiele stand.

»Zu mir, Tomson!« schrie er, und mit Blitzesschnelle fuhr die Büchse empor – ein Moment, und der scharfe, blendende Strahl zuckte aus dem Lauf – harmlos aber zischte die Kugel über dem Kopf des Häuptlings hin in die Luft, denn dieser, die Absicht des Feindes schon vorherahnend, traf mit seinem langen, gewichtigen Stab das Rohr von unten, und schlug es gerade im entscheidenden Augenblick empor. Tomson riß jetzt zwar auch mit der Rechten seinen Cutlaß, mit der Linken die eine Pistole hervor, von allen Seiten warfen sich aber die Eingeborenen über ihn, und während die Nächsten gegen Mac Donald anstürmten, und ihn zu Boden schleuderten, faßten und umschlangen die Uebrigen den Seemann und seinen, schon vor Angst halbtodten Gefährten, banden ihnen die Hände auf den Rücken, und nahmen ihnen Alles ab, was niet- und nagellos an ihnen war.

Mac Donald kämpfte aber wie ein Rasender – den Tomahawk hatte er, als er seine Kugel vergeudet sah, aus der Scheide gerissen, und der Streich, den er damit gegen den, auf ihn eindringenden Häuptling führte, wäre jedenfalls für diesen verderblich geworden, hätte nicht in demselben Augenblick der Schlag eines Patu19 seine Stirne getroffen, und ihn besinnungslos zu Boden geworfen.

Noch im Stürzen griff er nach dem Fell, das er bis dahin, von dem Tapamantel verdeckt, bei sich getragen, des Häuptlings Faust lag aber an seiner Kehle, und als dieser die Matte von seinem Antlitz riß, und die wilde, ihn umdrängende Schaar den erkannte, den sie als ihren Todfeind geächtet und verfolgt, da stieg jauchzendes Triumphgeschrei in die Lüfte, und der Führer mußte seinen Stab über das Opfer legen, daß die gerechte Rache nicht dem entzogen würde, dem sie gebührte.

Tomson, der in Kampf und Ueberfall, ja sogar in der eigenen Noth und Lebensgefahr, in der er selbst sich befand, doch nicht das immer drohender werdende Firmament vergessen hatte, und ängstlich dabei seines armen Fahrzeugs gedachte, rang noch wüthend mit denen, die ihn hielten und bewachten. Der Häuptling aber, als er den eigenen Feind in sicherem Gewahrsam sah, schritt auf ihn zu, legte die Hand leicht auf seine Schulter und sagte, während ihm der Seemann mit finster drohendem Blick ins Auge schaute.

»Fürchtet nichts, Sir. – Nicht Ihr habt die Gesetze unseres Landes gebrochen und mit Füßen getreten, wie es Jener that. Er log, als er Euch sagte, daß er nur Einen der ihm feindlich gesinnten Häuptlinge im offenen Kampfe erschlagen. Er log, als er sich unter Heki's Schutz erklärte, denn ich bin Heki selbst, und keinen grimmigeren Feind hat er auf dieser Welt, als mich. Aus dem, durch das Gesetz des Tabu geheiligten Platz stahl er das Eigenthum seines, durch ihn schändlich gemordeten Weibes, und wie ein feiger Verräther entfloh er damals der gerechten Strafe. Er log auch, als er sich für den Eigenthümer, auch nur eines Fuß breit neuseeländischen Bodens erklärte – dem Gatten meiner Schwester gehörte es, nicht ihrem Mörder. Nur zu gut kannte er aber unsere Sitten, und vielleicht wäre es ihm gelungen, unter dem Schutz desselben Glaubens, den er zu gleicher Zeit brach und schändete, seinen Raub in Sicherheit zu bringen, hätte ihn nicht sein Etuë20 selbst in die Hand der Rache gegeben. Nur ihm gilt jetzt unser Zorn. Ihr dagegen mögt in kurzer Zeit ungehindert zu Euerem Fahrzeug zurückkehren; doch hütet Euch, neuseeländischen Boden wieder zu betreten.«

Tomson, obgleich aufs Aeußerste erstaunt, wie der Neuseeländer Alles das wissen konnte, was sie doch an Bord seines eigenen kleinen Kasuar verhandelt, war dennoch gerade jetzt viel zu sehr mit diesem selbst beschäftigt, um irgend einem anderen Gegenstand einen mehr als flüchtigen Gedanken zu zollen.

»Ungehindert?« rief er trotzig, und schaute mit wildem und doch besorgtem Blick nach dem südlichen Horizont hinüber – »seht dort das aufsteigende Wetter an, und sagt dann noch einmal, daß es ungehindert geschehen wird. Seeschlangen und Eisbären! wenn der Sturm dort unser kleines Fahrzeug an jenen verdammten Riffen überrascht, möchte ich keinen Schilling für Alles, was an Bord lebt, geben.«

»Will Euch Euer Gott strafen, daß Ihr den Frieden dieses Landes gebrochen,« sagte der Wilde ruhig, »was kümmert das mich. Ich war es nicht, der Euch hierhergerufen.« Und ohne die Gefangenen weiter eines Blickes zu würdigen, wechselte er einige Worte mit seinen Leuten, und schritt diesen langsam voran in das Dickicht, wohin ihm die Schaar, die Gefangenen in der Mitte, folgte.

Die Sonne sank – im Westen deckten nur leise, purpurne Dunstschleier den Horizont, düster aber und schwarz von dem Wiederglanz der scheidenden Strahlen, thürmten sich im Süden immer dichtere, undurchdringlichere Wolkenmassen empor. Was der Tag und die sengende Gluth seines Gestirns bis dahin niedergehalten, quoll jetzt in nicht mehr dämmbarer Gewalt höher und höher. Aber nicht rasch stürmte es herbei, wie die jähen Gewitter des Golfstroms, mit ihren daherjagenden Böen und Wirbelstößen, langsam kämpfte es seine Bahn herauf, gegen den heißen Nord, langsam aber sicher gewann es sich jeden Fuß breit Bahn, und die Wasser der Bai, als ob sie den nahen und fürchterlichen Kampf der Elemente ahneten, schmiegten sich leicht zitternd an das Ufer an, und hoben nur manchmal, in kleinen, ängstlichen Spritzwellen die Häupter, um zu sehen, ob der gefürchtete Gegner noch nicht nahe, und sie aufrüttele aus ihrer stillen, friedlichen Ruhe.

Delphin und Schwertfisch zogen sich in ihre dunkle Tiefe hinab, und das Albatroß selbst suchte, die schweren, mächtigen Fittiche hebend, den Schutz des festen Landes, während nur noch »Mutter Careys Küchelchen,« die flüchtige Sturmschwalbe der Meere, in leichten Kreisen über die Wogen strich, und mit den nach ihr aufspritzenden Wassern zu spielen schien.

Rasch, wie der Tag entstanden, sank er in Nacht zurück, graue Dämmerung, durch all' die schwarzen, empordrängenden Nebelschichten nur noch unheimlicher und düsterer gemacht, hüllte bald den stillen Wald in ihren grauen Schleier, und Meer und Luft verschmolzen zu einer ununterscheidbaren Masse.

Nur der leuchtende Schaum einzelner Wellen stach weiß und geisterhaft gegen seinen dunklen Hintergrund ab, und durch das leise, kochende Gähren und Brausen, aus all' der Nacht und Finsterniß hervor, strahlte das helle, einzelne Licht des fernen Schooners, während drei, rasch nach einander abgefeuerte Schüsse die fernen Freunde vor der nahen drohenden Gefahr warnten.

Da glitt aus der sicheren, schmalen Mündung des Ta-po-kaï, zwischen den weit überhängenden, schaukelnden Zweigen vor, eines der langen, scharfgebauten, neuseeländischen Canoes, deren Führung die Eingeborenen mit so meisterhafter Hand zu leiten wissen. Acht Männer saßen an den Rudern, doch mit den Gesichtern nach vorn, und die Ruder frei in den Händen, während Heki, seinen Stab noch immer in der Rechten, mit der Linken dagegen das hohe, mit Albatroßfedern gezierte Steuer regierend, aufrecht im Stern des Canoes stand und den Lauf des flüchtigen Bootes lenkte. Im Boden desselben, und dicht vor dem Häuptling, lagen drei dunkle gebundene Gestalten, aber kein Wort kam über ihre Lippen, schweigend starrten sie zu dem, drohend über ihn ausgespannten Firmament empor, und ebenso lautlos tauchten die Eingeborenen ihre Ruder in die nur leise zischenden Wogen, über die sie mit Pfeilesschnelle dahinschossen.

Es war Ebbe und die Strömung trug sie ihrem Ziel gerade entgegen, doch hielt der Steuernde nicht gerade auf das Licht zu, sondern ließ dasselbe eher zur rechten liegen, als ob er durch den engen Kanal in die offene See hinausfahren wollte. Tomson mußte auch wohl einen solchen Verdacht gefaßt haben, denn er hob mehre Male ängstlich den Kopf und starrte nach seinem Fahrzeug hinüber; endlich konnte er es aber nicht länger aushalten, und versuchte sich mit einem leise gemurmelten Fluch emporzurichten. Da wandte sich der, dicht vor ihm kauernde Insulaner rasch nach ihm um, und das drohend gehobene, schwere Ruder verrieth nur zu deutlich, was ihm bevorstehe, wenn er sich jetzt einer Macht nicht geduldig füge, der er doch keinen Widerstand zu leisten vermochte. Van Broon lag, halbtodt vor Angst und Entsetzen, neben ihm – wer aber konnte die dritte, regungslose Gestalt im Boote sein? Hatten die Wilden ihrer Rache wirklich entsagt, oder – großer Gott, war es gar die Leiche Dumfry's, die sie – nein, der Körper lebte und bewegte sich, doch weiter vermochte der Seemann Nichts zu erkennen. Seine Aufmerksamkeit wurde auch jetzt zu sehr auf den Schooner selbst gelenkt, denn der Bug ihres Canoes neigte sich plötzlich diesem zu, und hielt gerade darauf hin.

Jetzt schienen aber auch die Geister des Sturmes zum ersten Mal die Fesseln zu brechen, die sie bis dahin in Schranken gehalten; ein greller Blitz erleuchtete mit fast mehr als Tageshelle das südliche Firmament, die hochaufkochenden Wasser, und während noch der Donner in weiter Ferne nachrollte, kam der brausende Orkan jubelnd und jauchzend über das Meer daher, griff wie im Spiel die zurückschreckenden Wogen auf, und trug ihren glänzenden, funkelnden Schaum hoch mit sich in die wirbelnde Luft hinein.

Das Canoe arbeitete sich indessen mit rasender Schnelle durch und über den gährenden Schaum hin, der die ganze See bedeckte. Schon konnten sie die dunklen Umrisse des Kasuar selbst erkennen, und in dem nämlichen Augenblick, als ein zweiter blendender Strahl sein weißes Licht über das Meer goß, glitt es dicht an die Bulwarks des, noch vor seinem Anker reitenden Schooners hinan. Im Nu war es am Bug desselben befestigt, und die wachthabenden Matrosen fuhren entsetzt empor, als plötzlich, wie der stürmischen Tiefe entstiegen, dunkle, geisterhafte Gestalten an ihren Bord sprangen. Wohl griffen sie, kaum etwas anderes, als einen nächtlichen Ueberfall der Wilden ahnend, und zum Tod erschreckt, zu Allem, was ihnen nur als Wehr und Waffe unter die Hände kam. Ehe sie aber selbst im Stande waren, das recht zu begreifen, was um sie her vorging, erschütterte plötzlich ein heftiger Stoß den zitternden Schooner bis in seinen Kiel hinab. Zu gleicher Zeit, ja fast in demselben Moment, gellte ein wildes, dämonisches Jubelgeschrei in ihre Ohren, und der dunkle Schatten des schlanken Canoes schnellte plötzlich wieder von ihrem Fahrzeug zurück, in die weiße, zischende Fluth. Trotzig bäumten sich die in zürnendem Unmuth anwachsenden Wogen darum her, und griffen mit den zerrinnenden Armen danach, doch unberührt von dem Allen, und still und regungslos, wie sie gekommen, stand die hohe, dunkle Gestalt am Steuer, die Ruderer arbeiteten, und das Canoe schoß, wie von Geisterhand getragen, durch den aufgerüttelten Grimm des tobenden Elements.

 

»Hülfe!« ächzte in diesem Augenblick Van Broon, der durch das Steigen des Schooners von dem Platz wo er lag, gegen die Bulwarks angeworfen wurde und jetzt nichts anderes glaubte, als er läge schon über Bord – »Hülfe – Hülfe!«

Die Matrosen trauten kaum ihren Sinnen, als sie die bekannte Stimme hörten, der Ruf ihres Capitäns riß sie aber bald aus ihrem ersten stummen Staunen.

»Alle an Deck!« schrie er. »Alle an Deck, und hier – Bill, Ned – Bob – Donnerwetter ist keiner der Hallunken da – bindet uns los hier – verdamm Euere Augen, hört Ihr nicht?«

Rasch sprangen die ihm nächsten hinzu, und wenn sie auch nicht begreifen konnten, was hier vorgegangen, ja kaum, wie ihr Capitän eigentlich an Bord gekommen sei, so ließ ihnen die Gefahr des Augenblicks doch keine Zeit zu Fragen und Erstaunen – hier galt es nur zu handeln, und schnell banden sie die Stricke los, mit denen die drei Gefangenen umwunden waren. Da erhellte wiederum ein zuckender Strahl das Meer – Tomson's, wie fast aller Uebrigen Blicke fielen neugierig auf die dritte Gestalt, die noch immer laut- und regungslos zwischen ihnen stand, und das Erstaunen läßt sich denken, mit dem sie fast zu gleicher Zeit ausriefen – »Ned – der Sträfling!«

Obgleich nun Tomson allerdings nicht begriff, wie der Sträfling sowohl ans Ufer, als auch in ihr Boot gekommen sein könne, so wurde ihm doch jetzt auch plötzlich klar, daß es eben dieser Bube sein müsse, der sie verrathen und ihren Feinden überliefert hätte. Die Sorge um sein Fahrzeug ließ ihm aber für den Augenblick keine Zeit zu solchen Betrachtungen.

»Segel los« – schrie er – »Pest und Teufel, wir treiben – die heillosen Schufte haben unser Ankertau durchgehauen – steht bei dem Gaffelsegel, ihr Leute – die Brefock auf – steht bei, sag' ich – Schufte die Ihr seid« – und rasch, unter wild gegebenen Befehlen und Flüchen sprang der würdige Seemann selbst ans Steuerruder, während die Matrosen, in der eigenen Gefahr Alles übrige um sich her vergessend, nur den Schooner vor dem ihm drohenden Verderben zu bewahren suchten.

So rasch die Fluth nämlich, als sie an diesem Morgen in die Bucht eingelaufen, das enge Felsenthor landeinwärts durchströmte, so reißend schoß auch jetzt, noch von dem wirbelnden Wind getrieben, die Ebbe hinaus, und das kleine, schaukelnde Fahrzeug, das in der letzten Minute den Felsen näher und näher getrieben war, fühlte kaum den Druck des Segels, unter den es das schnell gerichtete Steuer brachte, als es sich auch im wilden Ansprung auf die nächste Woge schwang, und jetzt, von Strömung und Wind begünstigt, rasend schnell durch die Fluth dem gähnenden Thor entgegen brauste. Kaum noch hundert Schritt war es von diesem entfernt – deutlich konnten sie das wilde Anstürmen der Wogen erkennen, die sich wie feurige Strahlenkämme an seinen starren Häuptern brachen – jetzt schien es, als ob der zitternde Schooner, mit vollem, gewaltigen Anlauf, toll und wild gerade hinanstürmen wolle auf den Felsenkamm, der ihn zerschmettert der Tiefe zusenden mußte. Die Mannschaft stand unthätig am Bug – die nächste Secunde sollte ihr Schicksal entscheiden, und nur noch wenige Klaftern Seeraum trennte sie von ihrem Tod. Dicht vor ihnen ragte der Fels empor, und das Schiff – ha, es neigte sich ab – großer Gott, jener scharrende Laut, der das Herzblut der Männer stocken machte – es war die Seitenwand des Kasuar im vorbeischnellenden Druck an der Steinsäule des linken Thores. – Und der Schooner? – frei und frank schoß er von der nachdrängenden Fluth gehoben, in die offene See hinaus, dicht hinein in das enggereefte Segel legte sich der nachdrängende Sturm, und wie dem Element angehörig, tanzte das wackere, kleine Seeboot gerettet auf dem wogenden, zürnenden Meer.

Noch hatten sich die Matrosen nicht von der fürchterlichen Angst des Augenblicks erholt – noch standen die Leute still und regungslos an ihren Plätzen, und wagten es kaum zu glauben, daß die Gefahr jetzt wirklich vorüber sei, denn die offene See fürchtete keiner, da rief sie aufs Neue Tomson's Stimme zu den eben vorübergegangenen, aber in der Gefahr des Augenblicks schon fast vergessenen Scenen zurück.

»Bindet den Schuft – den Ned, und werft ihn in den Raum hinunter – Du Bob, nimm hier das Steuer, bis ich einen Anderen der Leute herschicke. Hallo – wo ist Van Broon – wo ist der Holländer, hat ihn die Angst getödtet?«

Das war jedoch keineswegs der Fall; der würdige Mann hatte in der That von dem Umfang der Gefahr, die sie eben noch bedroht, keine Ahnung gehabt, sondern nur ruhig seinen Platz hinter einem der Wasserfässer behauptet, wo er wenigstens nicht durch das Schaukeln des Fahrzeugs umhergeworfen werden konnte. Seine ganze Aufmerksamkeit schien aber bis dahin ein ziemliches, ansehnliches Packet ausschließlich beschäftigt zu haben, das ihm die Insulaner, als sie ihre Gefangenen an Bord des Kasuar gebracht, in den Arm gedrückt, und dessen Inhalt er der vielen darum gewundenen Bänder wegen, noch nicht erforschen gekonnt, obgleich es ihm bei dem Leuchten der Blitze allerdings so vorkam, als ob das darumgeschlagene Fell dasselbe sei, was Dumfry auf der Insel geraubt und wegen dem sie, wie er jetzt wohl glauben mußte, die ganze unglückselige Fahrt unternommen. Sobald er übrigens Tomson's Ruf hörte, arbeitete er sich nach besten Kräften zu ihm hin, und dieser, nachdem er ihm mit kurzen Worten die Existenz des Packets, wie die Schwierigkeit es zu öffnen, angezeigt, zog rasch sein Messer und durchschnitt die Schnüre.

»Capitän,« sagte da Einer der Matrosen, der in gleicher Zeit zu ihnen trat, »Ned trägt, in ein Stück indianische Matte eingeschlagen, eine ganze Parthie Geldstücke um den Hals gebunden, will aber nicht gestehen, woher er sie hat – wollt Ihr so gut sein und sie in Verwahr nehmen?«

»Geld!« frug Tomson erstaunt, »wo mag der Schuft das aufgetrieben haben? – und dieß Packet?«

Er hatte die Bänder gelöst, schlug das Fell auseinander, und wollte eben mit der Hand nach dem Inhalte fühlen, da zuckte wieder ein heller Blitz von den grollenden Wolken nieder, und einen Schrei des Entsetzens stießen die Männer aus, denn von der dunklen Hülle umgeben, dem schwefelgelben Strahl schauerlich und graß beleuchtet, starrten ihnen die bleichen, verzerrten Todtenzüge Dumfry's entgegen.

Wild tobte der Sturm – die Wogen schäumten und brausten, und das kleine Fahrzeug kämpfte die ganze Nacht gegen den heulenden Grimm der Elemente an. Endlich dämmerte der Morgen, das milde Tageslicht beschwichtigte den Orkan, und die weißen Segel des Kasuar blähten sich der Heimat entgegen; am Starbordgangweg aber standen die Matrosen, und mit dem leise gemurmelten Gebet der ernsten Schaar sank, während eben am östlichen Horizont die aufsteigende Sonne ihr heiteres Leben über die See blitzte, das blutige Todtenhaupt des Gerichteten in die dunkle Tiefe hinab.

16Die Neuseeländer lieben, wie fast alle wilde Nationen, den Putz, und schmücken besonders gern Kopf und Ohren, wie ihre Waffen, Häuser und Begräbnißplätze mit bunten, wehenden Federn; der kostbarste geachtetste Zierrath aber ist eine kleine, eigenthümliche Figur, Teiki genannt, die einen wunderlich gestalteten Mann mit großen rothen Augen vorstellt. Dieser Schmuck wird aus einem besondern grünen Stein geschnitten, und für einen Amulet, daher auch für ungemein werthvoll gehalten, und selten trennt sich ein Eingeborner von solchem Heiligthum, das als Erbstück gewöhnlich in den Familien bleibt.
17Nordamerikanische Indianerin.
18Dieser Stab, von den Neuseeländern I Henei genannt, ist ein eigenthümliches, fast scepterartiges Emblem der Häuptlinge. Er besteht aus hartem Holz, und trägt als Knopf ein grotesk geschnitztes Gesicht mit ausgestreckter Zunge – was den Trotz gegen die Feinde bedeuten soll – die Augen sind aus kleinen Stücken Perlmutter hergestellt, und rothe Papageienfedern und Büschel von Hundehaaren umwehen ihn. Dieser Stab wird sowohl im Krieg als am Berathungsfeuer geführt, und zwar jedesmal dem Häuptling übergeben, der gerade das Wort führt. Er behält ihn dann hoch in der Hand und läuft damit vor den ihm aufmerksam Zuhörenden, im Eifer seiner lebendig ausgestoßenen Worte, auf und ab.
19Der Patu ist ebenfalls eine beliebte und fürchterliche Waffe der Insulaner. Er besteht aus leichtem Holz, ist etwa vier Fuß lang und hat oben eine beilartig geschärfte Kante. Der Kopf ist, wie bei dem Henei, mit Federn und Haarbüscheln geschmückt.
20Die bösen Geister der Neuseeländer.
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