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Buttler und Gordon.
Die Unglückseligen! Wie ahnungslos
Sie in das ausgespannte Mordnetz stürzen
In ihrer blinden Siegestrunkenheit! —
Ich kann sie nicht beklagen. Dieser Illo,
Der übermütig freche Bösewicht,
Der sich in seines Kaisers Blut will baden!
Tut, wie er Euch befohlen. Schickt Patrouillen
Herum, sorgt für die Sicherheit der Festung;
Sind jene oben, schließ ich gleich die Burg,
Daß in der Stadt nichts von der Tat verlaute!
O eilt nicht so! Erst sagt mir —
Ihr vernahmt's,
Der nächste Morgen schon gehört den Schweden.
Die Nacht nur ist noch unser, sie sind schnell,
Noch schneller wollen wir sein – Lebet wohl.
Ach Eure Blicke sagen mir nichts Gutes.
Versprechet mir —
Der Sonne Licht ist unter,
Herabsteigt ein verhängnisvoller Abend —
Sie macht ihr Dünkel sicher. Wehrlos gibt sie
Ihr böser Stern in unsre Hand, und mitten
In ihrem trunknen Glückeswahne soll
Der scharfe Stahl ihr Leben rasch zerschneiden.
Ein großer Rechenkünstler war der Fürst
Von jeher, alles wußt' er zu berechnen,
Die Menschen wußt' er, gleich des Brettspiels Steinen,
Nach seinem Zweck zu setzen und zu schieben,
Nicht Anstand nahm er, andrer Ehr' und Würde
Und guten Ruf zu würfeln und zu spielen.
Gerechnet hat er fort und fort, und endlich
Wird doch der Kalkul irrig sein; er wird
Sein Leben selbst hineingerechnet haben,
Wie jener dort in seinem Zirkel fallen.
O seiner Fehler nicht gedenket jetzt!
An seine Größe denkt, an seine Milde,
An seines Herzens liebenswerte Züge,
An alle Edeltaten seines Lebens,
Und laßt sie in das aufgehobne Schwert
Als Engel bittend, gnadeflehend fallen.
Es ist zu spät. Nicht Mitleid darf ich fühlen,
Ich darf nur blutige Gedanken haben.
(Gordons Hand fassend.)
Gordon! Nicht meines Hasses Trieb – Ich liebe
Den Herzog nicht und hab dazu nicht Ursach' —
Doch nicht mein Haß macht mich zu seinem Mörder.
Sein böses Schicksal ist's. Das Unglück treibt mich,
Die feindliche Zusammenkunft der Dinge.
Es denkt der Mensch die freie Tat zu tun,
Umsonst! Er ist das Spielwerk nur der blinden
Gewalt, die aus der eignen Wahl ihm schnell
Die furchtbare Notwendigkeit erschafft.
Was hälf's ihm auch, wenn mir für ihn im Herzen
Was redete – Ich muß ihn dennoch töten.
O wenn das Herz Euch warnt, folgt seinem Triebe!
Das Herz ist Gottes Stimme, Menschenwerk
Ist aller Klugheit künstliche Berechnung.
Was kann aus blut'ger Tat Euch Glückliches
Gedeihen? O aus Blut entspringt nicht Gutes!
Soll sie die Staffel Euch zur Größe bauen?
O glaubt das nicht – Es kann der Mord bisweilen
Den Königen, der Mörder nie gefallen.
Ihr wißt nicht. Fragt nicht. Warum mußten auch
Die Schweden siegen und so eilend nahn!
Gern überließ ich ihn des Kaisers Gnade,
Sein Blut nicht will ich. Nein, er möchte leben.
Doch meines Wortes Ehre muß ich lösen.
Und sterben muß er, oder – hört und wißt! —
Ich bin entehrt, wenn uns der Fürst entkommt.
O solchen Mann zu retten —
Was?
Ist eines Opfers wert – Seid edelmütig!
Das Herz und nicht die Meinung ehrt den Mann.
Er ist ein großer Herr, der Fürst – Ich aber
Bin nur ein kleines Haupt, das wollt Ihr sagen.
Was liegt der Welt dran, meint Ihr, ob der niedrig
Geborene sich ehret oder schändet,
Wenn nur der Fürstliche gerettet wird.
– Ein jeder gibt den Wert sich selbst. Wie hoch ich
Mich selbst anschlagen will, das steht bei mir.
So hoch gestellt ist keiner auf der Erde,
Daß ich mich selber neben ihm verachte.
Den Menschen macht sein Wille groß und klein,
Und weil ich meinem treu bin, muß er sterben.
O einen Felsen streb ich zu bewegen!
Ihr seid von Menschen menschlich nicht gezeugt.
Nicht hindern kann ich Euch, ihn aber rette
Ein Gott aus Eurer fürchterlichen Hand.
(Sie gehen ab.)
Ein Zimmer bei der Herzogin. Thekla in einem Sessel, bleich, mit geschloßnen Augen. Herzogin und Fräulein von Neubrunn um sie beschäftigt. Wallenstein und die Gräfin im Gespräch.
Wie wußte sie es denn so schnell?
Sie scheint
Unglück geahnt zu haben. Das Gerücht
Von einer Schlacht erschreckte sie, worin
Der kaiserliche Oberst sei gefallen.
Ich sah es gleich. Sie flog dem schwedischen
Kurier entgegen und entriß ihm schnell
Durch Fragen das unglückliche Geheimnis.
Zu spät vermißten wir sie, eilten nach,
Ohnmächtig lag sie schon in seinen Armen.
So unbereitet mußte dieser Schlag
Sie treffen! Armes Kind! – Wie ist's? Erholt sie sich?
(Indem er sich zur Herzogin wendet.)
Sie schlägt die Augen auf.
Sie lebt!
Wo bin ich?
Komm zu dir, Thekla. Sei mein starkes Mädchen!
Sieh deiner Mutter liebende Gestalt
Und deines Vaters Arme, die dich halten.
Wo ist er? Ist er nicht mehr hier?
Wer, meine Tochter?
Der dieses Unglückswort aussprach —
O denke nicht daran, mein Kind! Hinweg
Von diesem Bilde wende die Gedanken.
Laßt ihren Kummer reden! Laßt sie klagen!
Mischt eure Tränen mit den ihrigen.
Denn einen großen Schmerz hat sie erfahren;
Doch wird sie's überstehn, denn meine Thekla
Hat ihres Vaters unbezwungnes Herz.
Ich bin nicht krank. Ich habe Kraft, zu stehn.
Was weint die Mutter? Hab ich sie erschreckt?
Es ist vorüber, ich besinne mich wieder.
(Sie ist aufgestanden und sucht mit den Augen im Zimmer.)
Wo ist er? Man verberge mir ihn nicht.
Ich habe Stärke gnug, ich will ihn hören.
Nein, Thekla! Dieser Unglücksbote soll
Nie wieder unter deine Augen treten.
Mein Vater —
Liebes Kind!
Ich bin nicht schwach,
Ich werde mich auch bald noch mehr erholen.
Gewähren Sie mir eine Bitte.
Sprich!
Erlauben Sie, daß dieser fremde Mann
Gerufen werde! daß ich ihn allein
Vernehme und befrage.
Nimmermehr!
Nein! Das ist nicht zu raten! Gib's nicht zu!
Warum willst du ihn sprechen, meine Tochter?
Ich bin gefaßter, wenn ich alles weiß.
Ich will nicht hintergangen sein. Die Mutter
Will mich nur schonen. Ich will nicht geschont sein.
Das Schrecklichste ist ja gesagt, ich kann
Nichts Schrecklichers mehr hören.
Gräfin und Herzogin
(zu Wallenstein)
Tu es nicht!
Ich wurde überrascht von meinem Schrecken,
Mein Herz verriet mich bei dem fremden Mann,
Er war ein Zeuge meiner Schwachheit, ja,
Ich sank in seine Arme – das beschämt mich.
Herstellen muß ich mich in seiner Achtung,
Und sprechen muß ich ihn, notwendig, daß
Der fremde Mann nicht ungleich von mir denke.
Ich finde, sie hat recht – und bin geneigt,
Ihr diese Bitte zu gewähren. Ruft ihn.
(Fräulein Neubrunn geht hinaus.)
Ich, deine Mutter, aber will dabei sein.
Am liebsten spräch' ich ihn allein. Ich werde
Alsdann um so gefaßter mich betragen.
Laß es geschehn. Laß sie's mit ihm allein
Ausmachen. Es gibt Schmerzen, wo der Mensch
Sich selber nur helfen kann, ein starkes Herz
Will sich auf seine Stärke nur verlassen.
In ihrer, nicht an fremder Brust muß sie
Kraft schöpfen, diesen Schlag zu überstehn.
Es ist mein starkes Mädchen; nicht als Weib,
Als Heldin will ich sie behandelt sehn.
(Er will gehen.)
Wo gehst du hin? Ich hörte Terzky sagen,
Du denkest morgen früh von hier zu gehn,
Uns aber hierzulassen.
Ja, ihr bleibt
Dem Schutze wackrer Männer übergeben.
O nimm uns mit dir, Bruder! Laß uns nicht
In dieser düstern Einsamkeit dem Ausgang
Mit sorgendem Gemüt engegenharren.
Das gegenwärt'ge Unglück trägt sich leicht,
Doch grauenvoll vergrößert es der Zweifel
Und der Erwartung Qual dem weit Entfernten.
Wer spricht von Unglück? Beßre deine Rede.
Ich hab ganz andre Hoffnungen.
So nimm uns mit. O laß uns nicht zurück
In diesem Ort der traurigen Bedeutung,
Denn schwer ist mir das Herz in diesen Mauern,
Und wie ein Totenkeller haucht mich's an,
Ich kann nicht sagen, wie der Ort mir widert.
O führ uns weg! Komm, Schwester, bitt ihn auch,
Daß er uns fortnimmt! Hilf mir, liebe Nichte.
Des Ortes böse Zeichen will ich ändern:
Er sei's, der mir mein Teuerstes bewahrte.
Der schwed'sche Herr!
Laßt sie mit ihm allein.
(Ab.)
Sieh, wie du dich entfärbtest! Kind, du kannst ihn
Unmöglich sprechen. Folge deiner Mutter.
Die Neubrunn mag denn in der Nähe bleiben.
(Herzogin und Gräfin gehen ab.)
Thekla. Der schwedische Hauptmann. Fräulein Neubrunn.
Prinzessin – ich – muß um Verzeihung bitten,
Mein unbesonnen rasches Wort – Wie konnt' ich —
Sie haben mich in meinem Schmerz gesehn,
Ein unglücksvoller Zufall machte Sie
Aus einem Fremdling schnell mir zum Vertrauten.
Ich fürchte, daß Sie meinen Anblick hassen,
Denn meine Zunge sprach ein traurig Wort.
Die Schuld ist mein. Ich selbst entriß es Ihnen,
Sie waren nur die Stimme meines Schicksals.
Mein Schrecken unterbrach den angefangnen
Bericht. Ich bitte drum, daß Sie ihn enden.
Prinzessin, es wird Ihren Schmerz erneuern.
Ich bin darauf gefaßt – Ich will gefaßt sein.
Wie fing das Treffen an? Vollenden Sie.
Wir standen, keines Überfalls gewärtig,
Bei Neustadt schwach verschanzt in unserm Lager,
Als gegen Abend eine Wolke Staubes
Aufstieg vom Wald her, unser Vortrab fliehend
Ins Lager stürzte, rief: der Feind sei da.
Wie hatten eben nur noch Zeit, uns schnell
Aufs Pferd zu werfen, da durchbrachen schon,
In vollem Rosseslauf dahergesprengt,
Die Pappenheimer den Verhack; schnell war
Der Graben auch, der sich ums Lager zog,
Von diesen stürm'schen Scharen überflogen.
Doch unbesonnen hatte sie der Mut
Vorausgeführt den andern, weit dahinten
War noch das Fußvolk, nur die Pappenheimer waren
Dem kühnen Führer kühn gefolgt. —
(Thekla macht eine Bewegung. Der Hauptmann hält einen Augenblick inne, bis sie ihm einen Wink gibt, fortzufahren.)
Von vorn und von den Flanken faßten wir
Sie jetzo mit der ganzen Reiterei
Und drängten sie zurück zum Graben, wo
Das Fußvolk, schnell geordnet, einen Rechen
Von Piken ihnen starr entgegenstreckte.
Nicht vorwärts konnten sie, auch nicht zurück,
Gekeilt in drangvoll fürchterliche Enge.
Da rief der Rheingraf ihrem Führer zu,
In guter Schlacht sich ehrlich zu ergeben,
Doch Oberst Piccolomini —
(Thekla schwindelnd, faßt einen Sessel.)
ihn machte
Der Helmbusch kenntlich und das lange Haar,
Vom raschen Ritte war's ihm losgegangen —
Zum Graben winkt er, sprengt, der erste, selbst
Sein edles Roß darüber weg, ihm stürzt
Das Regiment nach – doch – schon war's geschehen!
Sein Pferd, von einer Partisan durchstoßen, bäumt
Sich wütend, schleudert weit den Reiter ab,
Und hoch weg über ihn geht die Gewalt
Der Rosse, keinem Zügel mehr gehorchend.
(Thekla, welche die letzten Reden mit allen Zeichen wachsender Angst begleitet, verfällt in ein heftiges Zittern, sie will sinken, Fräulein Neubrunn eilt hinzu und empfängt sie in ihren Armen.)
Mein teures Fräulein —
Ich entferne mich.
Es ist vorüber – Bringen Sie's zu Ende.
Da ergriff, als sie den Führer fallen sahn,
Die Truppen grimmig wütende Verzweiflung.
Der eignen Rettung denkt jetzt keiner mehr,
Gleich wilden Tigern fechten sie, er reizt
Ihr starrer Widerstand die Unsrigen,
Und eher nicht erfolgt des Kampfes Ende,
Als bis der letzte Mann gefallen ist.
Und wo – wo ist – Sie sagten mir nicht alles.
Heut früh bestatteten wir ihn. Ihn trugen
Zwölf Jünglinge der edelsten Geschlechter,
Das ganze Heer begleitete die Bahre.
Ein Lorbeer schmückte seinen Sarg, drauf legte
Der Rheingraf selbst den eignen Siegerdegen.
Auch Tränen fehlten seinem Schicksal nicht,
Denn viele sind bei uns, die seine Großmut
Und seiner Sitten Freundlichkeit erfahren,
Und alle rührte sein Geschick. Gern hätte
Der Rheingraf ihn gerettet, doch er selbst
Vereitelt' es; man sagt, er wollte sterben.
Mein teures Fräulein – Fräulein, sehn Sie auf!
O warum mußten Sie darauf bestehn!
– Wo ist sein Grab?
In einer Klosterkirche
Bei Neustadt ist er beigesetzt, bis man
Von seinem Vater Nachricht eingezogen.
Wie heißt das Kloster?
Sankt Kathrinenstift.
Ist's weit bis dahin?
Sieben Meilen zählt man.
Wie geht der Weg?
Man kommt bei Tirschenreit
Und Falkenberg durch unsre ersten Posten.
Wer kommandiert sie?
Oberst Seckendorf.
Sie haben mich in meinem Schmerz gesehn
Und mir ein menschlich Herz gezeigt – Empfangen Sie
(indem sie ihm den Ring gibt)
Ein Angedenken dieser Stunde – Gehn Sie.
Prinzessin —
(Thekla winkt ihm schweigend, zu gehen, und verläßt ihn. Hauptmann zaudert und will reden. Fräulein Neubrunn wiederholt den Wink. Er geht ab.)
Thekla. Neubrunn.
Jetzt, gute Neubrunn, zeige mir die Liebe,
Die du mir stets gelobt, beweise dich
Als meine treue Freundin und Gefährtin!
– Wir müssen fort, noch diese Nacht.
Fort, und wohin?
Wohin? Es ist nur ein Ort in der Welt!
Wo er bestattet liegt, zu seinem Sarge!
Was können Sie dort wollen, teures Fräulein?
Was dort, Unglückliche! So würdest du
Nicht fragen, wenn du je geliebt. Dort, dort
Ist alles, was noch übrig ist von ihm,
Der einz'ge Fleck ist mir die ganze Erde.
– O halte mich nicht auf! Komm und mach Anstalt.
Laß uns auf Mittel denken, zu entfliehen.
Bedachten Sie auch Ihres Vaters Zorn?
Ich fürchte keines Menschen Zürnen mehr.
Den Hohn der Welt! des Tadels arge Zunge!
Ich suche einen auf, der nicht mehr ist.
Will ich denn in die Arme – o mein Gott!
Ich will ja in die Gruft nur des Geliebten.
Und wir allein, zwei hilflos schwache Weiber?
Wir waffnen uns, mein Arm soll dich beschützen.
Bei dunkler Nachtzeit?
Nacht wird uns verbergen.
In dieser rauhen Sturmnacht?
Ward ihm sanft
Gebettet, unter den Hufen seiner Rosse?
O Gott! – und dann die vielen Feindesposten!
Man wird uns nicht durchlassen.
Es sind Menschen,
Frei geht das Unglück durch die ganze Erde!
Die weite Reise —
Zählt der Pilger Meilen,
Wenn er zum fernen Gnadenbilde wallt?
Die Möglichkeit, aus dieser Stadt zu kommen?
Gold öffnet uns die Tore. Geh nur, geh!
Wenn man uns kennt?
In einer Flüchtigen,
Verzweifelnden sucht niemand Friedlands Tochter.
Wo finden wir die Pferde zu der Flucht?
Mein Kavalier verschafft sie. Geh und ruf ihn.
Wagt er das ohne Wissen seines Herrn?
Er wird es tun. O geh nur! Zaudre nicht.
Ach! und was wird aus Ihrer Mutter werden,
Wenn Sie verschwunden sind?
O meine Mutter!
So viel schon leidet sie, die gute Mutter,
Soll sie auch dieser letzte Schlag noch treffen?
Ich kann's Ihr nicht ersparen! – Geh nur, geh.
Bedenken Sie doch ja wohl, was Sie tun.
Bedacht ist schon, was zu bedenken ist.
Und sind wir dort, was soll mit Ihnen werden?
Dort wird's ein Gott mir in die Seele geben.
Ihr Herz ist jetzt voll Unruh, teures Fräulein,
Das ist der Weg nicht, der zur Ruhe führt.
Zur tiefen Ruh, wie er sie auch gefunden.
– O eile! geh! Mach keine Worte mehr!
Es zíeht mich fort, ich weiß nicht, wie ich's nenne,
Unwiderstehlich fort zu seinem Grabe!
Dort wird mir leichter werden, augenblicklich!
Das herzerstickende Band des Schmerzens wird
Sich lösen – Meine Tränen werden fließen.
O geh, wir könnten längst schon auf dem Weg sein.
Nicht Ruhe find ich, bis ich diesen Mauern
Entrunnen bin – sie stürzen auf mich ein —
Fortstoßend treibt mich eine dunkle Macht
Von dannen – Was ist das für ein Gefühl!
Es füllen sich mir alle Räume dieses Hauses
Mit bleichen, hohlen Geisterbildern an —
Ich habe keinen Platz mehr – Immer neue!
Es drängt mich das entsetzliche Gewimmel
Aus diesen Wänden fort, die Lebende!
Sie setzen mich in Angst und Schrecken, Fräulein,
Daß ich nun selber nicht zu bleiben wage.
Ich geh und rufe gleich den Rosenberg.
(Geht ab.)
Sein Geist ist's, der micht ruft. Es ist die Schar
Der Treuen, die sich rächend ihm geopfert.
Unedler Säumnis klagen sie mich an.
Sie wollten auch im Tod nicht von ihm lassen,
Der ihres Lebens Führer war – Das taten
Die rohen Herzen, und ich sollte leben!
– Nein! Auch für mich ward jener Lorbeerkranz,
Der deine Totenbahre schmückt, gewunden.
Was ist das Leben ohne Liebesglanz?
Ich werf es hin, da sein Gehalt verschwunden.
Ja, da ich dich, den Liebenden gefunden,
Da war das Leben etwas. Glänzend lag
Vor mir der neue goldne Tag!
Mir träumte von zwei himmelschönen Stunden.
Du standest an dem Eingang in der Welt,
Die ich betrat mit klösterlichem Zagen,
Sie war von tausend Sonnen aufgehellt;
Ein guter Engel schienst du hingestellt,
Mich aus der Kindheit fabelhaften Tagen
Schnell auf des Lebens Gipfel hinzutragen.
Mein erst Empfinden war des Himmels Glück,
In dein Herz fiel mein erster Blick!
(Sie sinkt hier in Nachdenken und fährt dann mit Zeichen des Grauens auf.)
– Da kommt das Schicksal – Roh und kalt
Faßt es des Freundes zärtliche Gestalt
Und wirft ihn unter den Hufschlag seiner Pferde —
– Das ist das Los des Schönen auf der Erde!
Thekla. Fräulein Neubrunn mit dem Stallmeister.
Hier ist er, Fräulein, und er will es tun.
Willst du uns Pferde schaffen, Rosenberg?
Ich will sie schaffen.
Willst du uns begleiten?
Mein Fräulein, bis ans End' der Welt.
Du kannst
Zum Herzog aber nicht zurück mehr kehren.
Ich bleib bei Ihnen.
Ich will dich belohnen
Und einem andern Herrn empfehlen. Kannst du
Uns aus der Festung bringen unentdeckt?
Ich kann's.
Wann kann ich gehn?
In dieser Stunde.
– Wo geht die Reise hin?
Nach – sag's ihm, Neubrunn!
Nach Neustadt.
Wohl, ich geh, es zu besorgen.
(Ab.)
Ach, da kommt Ihre Mutter, Fräulein.
Gott!
Thekla. Neubrunn. Die Herzogin.
Er ist hinweg, ich finde dich gefaßter.
Ich bin es, Mutter – Lassen Sie mich jetzt
Bald schlafen gehen und die Neubrunn um mich sein.
Ich brauche Ruh.
Du sollst sie haben, Thekla.
Ich geh getröstet weg, da ich den Vater
Beruhigen kann.
Gut Nacht denn, liebe Mutter.
(Sie fällt ihr um den Hals und umarmt sie in großer Bewegung.)
Du bist noch nicht ganz ruhig, meine Tochter.
Du zitterst ja so heftig, und dein Herz
Klopft hörbar an dem meinen.
Schlaf wird es besänftigen
– Gut Nacht, geliebte Mutter!
(Indem sie aus den Armen der Mutter sich losmacht, fällt der Vorhang.)
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