Praktische Fälle zum Kommunalrecht Nordrhein-Westfalen

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7. Fall: Satzungsrecht, fehlerhafte Bekanntmachung, Klage gegen Satzung

Sachverhalt

In seiner Sitzung am 19. September hat der Rat der Stadt St u.a. die Änderung des § 12 der Hauptsatzung (öffentliche Bekanntmachungen) dahin gehend beschlossen, dass statt der bisherigen Form der öffentlichen Bekanntmachung im Amtsblatt der Stadt öffentliche Bekanntmachungen im „Generalanzeiger" (regionale Tageszeitung) erfolgen sollen.

In der Sitzung waren sämtliche 51 Mitglieder des Rates (gesetzliche Mitgliederzahl) anwesend. Für die Änderung des §12 der Hauptsatzung stimmten 22 Mitglieder, 15 stimmten dagegen, 14 enthielten sich der Stimme.

Die Änderung wurde am 25. September im Amtsblatt der Stadt St öffentlich bekannt gemacht.

In der Ratssitzung am 6. November beschloss der Rat u.a. einstimmig die Änderung der Hundesteuersatzung, mit der die Hundesteuersätze drastisch erhöht werden.

Nach der Bekanntmachung der Satzung zur Änderung der Hundesteuersatzung im „Generalanzeiger" regt sich erheblicher Unmut bei den Hundehaltern in der Stadt St, insbesondere bei den Mitgliedern des örtlichen Schäferhundevereins. Vertreter des Schäferhundevereins vereinbarten einen Gesprächstermin mit dem Bürgermeister. Das Gespräch soll in Kürze stattfinden.

Aufgabe

Sie sind Sachbearbeiter im Steueramt der Stadt St. Der Bürgermeister beauftragt Sie zu prüfen,

1.welche Argumente die Vereinsvertreter außer den nach ihrer Meinung zu hohen Hundesteuersätzen gegen die Satzung zur Änderung der Hundesteuersatzung vorbringen könnten und

2.ob die Hundehalter mit rechtlichen Mitteln gegen diese Änderungssatzung vorgehen können.

Lösung

1. Denkbar wäre, dass die Vertreter des Schäferhundevereins Bedenken gegen die Wirksamkeit der Änderungssatzung haben könnten.

Die Wirksamkeit einer Satzung setzt u.a. voraus, dass sie ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht worden ist (§ 7 Abs. 4 Satz 1 GO). Die Form der Bekanntmachung ist gem. § 4 Abs. 2 BekanntmVO in der Hauptsatzung zu regeln.

In der Ratssitzung am 19. September hat der Rat über die Änderung des § 12 der Hauptsatzung (öffentliche Bekanntmachungsform) beschlossen. Nach § 7 Abs. 3 Satz 3 GO kann der Rat die Änderung der Hauptsatzung nur mit der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Mitglieder des Rates beschließen. Die gesetzliche Zahl der Mitglieder beträgt 51. Zur Änderung der Hauptsatzung ist folglich die Zustimmung von mindestens 26 Mitgliedern erforderlich.

Im vorliegenden Falle stimmten 22 Mitglieder für die Änderung der Hauptsatzung. Damit wurde die zur Änderung der Hauptsatzung erforderliche Mehrheit nicht erreicht. Die Änderung des § 12 der Hauptsatzung ist folglich in Ermangelung der erforderlichen Mehrheit nicht beschlossen worden. Der Rat hat in seiner Sitzung am 19. September die Änderung gewissermaßen abgelehnt.

Somit gilt § 12 der Hauptsatzung noch in der ungeänderten Fassung. Die durch § 12 der Hauptsatzung vorgeschriebene Form der öffentlichen Bekanntmachung ist nach wie vor die Veröffentlichung im Amtsblatt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die nicht beschlossene Änderungssatzung im Amtsblatt ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist.

Zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Satzung zur Änderung der Hundesteuersatzung war zur Bekanntmachung von Satzungen also noch die Veröffentlichung im Amtsblatt vorgeschrieben. Nur Satzungen, die in dieser Form veröffentlicht werden, können wirksam werden.

Die Satzung zur Änderung der Hundesteuersatzung wurde im „Generalanzeiger" veröffentlicht. Sie ist nicht ordnungsgemäß öffentlich bekannt gemacht und folglich nicht in Kraft.

Dieser Mangel kann zeitlich unbegrenzt geltend gemacht werden (§ 7 Abs. 6 Satz 1 GO).

2. Nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO kann durch Landesrecht vorgeschrieben werden, dass das Oberverwaltungsgericht auf Antrag über die Gültigkeit einer Satzung entscheidet (abstrakte Normenkontrolle). Das Land NRW hat von dieser Ermächtigung keinen Gebrauch gemacht. Eine abstrakte Normenkontrolle ist in NrW daher nur zulässig, soweit sie bundesgesetzlich vorgesehen ist.

Nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO entscheidet das Oberverwaltungsgericht auf Antrag über die Gültigkeit von Satzungen, die nach den Vorschriften des BauGB erlassen worden sind. Die Satzung zur Änderung der Hundesteuersatzung ist nicht nach den Vorschriften des BauGB, sondern aufgrund des KAG erlassen worden.

Eine abstrakte Normenkontrolle zur Überprüfung der Gültigkeit der Satzung zur Änderung der Hundesteuersatzung scheidet somit aus.

Sollte die Stadt St aufgrund der nichtigen Hundesteuersatzung Steuerbescheide (VA) mit den neuen erhöhten Steuersätzen erlassen, könnten Hundehalter dagegen Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht erheben. Im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Hundesteuerbescheides wird vom Verwaltungsgericht auch die Rechtmäßigkeit der Satzung geprüft (Inzidenterprüfung). Allerdings wird - anders als bei der abstrakten Normenkontrolle - keine allgemein verbindliche Nichtigkeitserklärung bezüglich der Satzung ausgesprochen. Das Verwaltungsgericht hebt lediglich den Hundesteuerbescheid auf.

Sollte die Stadt St. die Nichtigkeit der Änderungssatzung mit den erhöhten Hundesteuersätzen erkennen, könnte sie rechtmäßige Hundesteuerbescheide aufgrund der nicht geänderten Hundesteuersatzung mit den geringeren Steuersätzen erlassen. Da die Änderungssatzung zur Hundesteuersatzung wegen der nicht ordnungsgemäßen öffentlichen Bekanntmachung nicht in Kraft getreten ist und somit die bestehende Hundesteuersatzung nicht ändern konnte, besteht die bestehende Hundesteuersatzung in ungeänderter Form mit bisherigen Steuersätzen fort.

8. Fall: Satzungsrecht, Bekanntmachungsform

Sachverhalt

§ 5 der Hauptsatzung der Gemeinde G hat folgenden Wortlaut: „Satzungen werden bekannt gemacht durch Veröffentlichung in den am Ort erscheinenden Tageszeitungen".

Aufgabe

Ist diese Regelung rechtmäßig?

Lösung

Nach § 4 Abs. 1 Buchst. b BekanntmVO ist als Bekanntmachungsform die Veröffentlichung in einer (oder mehreren) Tageszeitung grundsätzlich zulässig. Gem. §4 Abs. 2 Satz 2 BekanntmVO sind die Zeitungen allerdings in der Hauptsatzung namentlich zu bezeichnen. Die Formulierung „Veröffentlichung in den am Ort erscheinenden Tageszeitungen" genügt dieser Konkretisierungsanforderung nicht.

§ 5 der Hauptsatzung ist somit rechtswidrig.

9. Fall: Satzungsrecht, Bekanntmachungsorgan

Sachverhalt

Die Hauptsatzung der in Nordrhein-Westfalen gelegenen Gemeinde G sieht vor, dass Satzungen bekannt gemacht werden durch Veröffentlichung in der Tageszeitung „Kieler Nachrichten".

Aufgabe

Wie beurteilen Sie die Rechtmäßigkeit dieser Regelung?

Lösung

Nach § 4 Abs. 1 Buchst. b BekanntmVO ist als Bekanntmachungsform die Veröffentlichung in einer Tageszeitung (= regelmäßig, mindestens einmal wöchentlich erscheinend) zulässig. Die Tageszeitung ist gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 BekanntmVO namentlich zu bezeichnen.

Diesen Anforderungen wird mit der Regelung der Bekanntmachung in den „Kieler Nachrichten" entsprochen. Sie ist mit dem Wortlaut des § 4 BekanntmVO vereinbar. Es fragt sich aber, ob der Sinn der Veröffentlichungspflicht von Satzungen der Regelung nicht entgegensteht.

Sinn der Veröffentlichungspflicht überhaupt ist, dass die von der Satzungsregelung potenziell Betroffenen von den Vorschriften Kenntnis erlangen können. Dies ist zwar prinzipiell bei einer Veröffentlichung in den „Kieler Nachrichten" möglich. Allerdings ist zu bedenken, dass die „Kieler Nachrichten" nicht ohne Weiteres in einer nordrhein-westfälischen Gemeinde erhältlich sind, jedenfalls nicht ohne Abonnement.

Es ist für die Einwohner nicht zumutbar, außergewöhnliche Anstrengungen zu unternehmen, um an das Veröffentlichungsorgan von Satzungen zu gelangen. Da nicht feststeht, wann wieder eine Veröffentlichung stattfindet, müsste man die „Kieler Nachrichten" abonnieren, um sicher zu gehen, eine Satzungsveröffentlichung nicht zu verpassen. Man wäre gezwungen, eine Zeitung zu abonnieren, die vom lokalen Berichtszuschnitt in einer nordrhein-westfälischen Gemeinde kaum von Interesse sein dürfte.

Dem mit der Veröffentlichungsverpflichtung von Satzungen verfolgten Sinn wird nur entsprochen, wenn das Veröffentlichungsorgan in der Gemeinde ohne unzumutbare Schwierigkeiten durch jedermann unschwer erhältlich ist. Dies ist im vorliegenden Fall nicht gewährleistet. Die Regelung der Hauptsatzung verstößt nicht gegen den Wortlaut, wohl aber gegen den Sinn des Veröffentlichungsgebots (§ 4 BekanntmVO).

Die Hauptsatzungsregelung ist folglich rechtswidrig.

10. Fall: Satzungsrecht, Bekanntmachungsform, Änderung der Hauptsatzung

Sachverhalt

Der Rat der Stadt St hat einschließlich Bürgermeister 39 Mitglieder (gesetzliche Mitgliederzahl). Auf der Tagesordnung der gestrigen Ratssitzung stand u.a. der Punkt: „Änderung der Hauptsatzung (Änderung der Bekanntmachungsform)". Anstelle der bisherigen Bekanntmachung im Amtsblatt der Stadt St sollen Satzungen künftig bekannt gemacht werden durch Veröffentlichung auf der Homepage der Stadt St. In der Ratssitzung stimmten 18 Mitglieder für eine entsprechende Änderung der Hauptsatzung, zehn stimmten dagegen und elf enthielten sich der Stimme.

Aufgabe

Der Bürgermeister beauftragt Sie zu prüfen, ob eine Beanstandung des Beschlusses zur Änderung der Hauptsatzung in Betracht kommt.

Lösung

Nach § 54 Abs. 2 GO müsste der Bürgermeister den Beschluss beanstanden, wenn er geltendes Recht verletzt.

 

Eine Rechtsverletzung könnte sich aus einem Verstoß gegen § 4 BekanntmVO ergeben. § 4 Abs. 1 BekanntmVO führt die zugelassenen Veröffentlichungsformen abschließend auf. Die Bekanntmachung durch Veröffentlichung auf der Homepage ist danach nicht zulässig.

Der Beschluss verstößt also gegen § 4 Abs. 1 BekanntmVO und müsste vom Bürgermeister beanstandet werden.

Die Beanstandung setzt aber voraus, dass der Beschluss (dieses rechtswidrigen Inhalts) überhaupt rechtswirksam gefasst worden ist.

Nach § 7 Abs. 3 Satz 3 GO kann der Rat die Änderung der Hauptsatzung nur mit der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Mitglieder beschließen. Die gesetzliche Mitgliederzahl beträgt 39, die Mehrheit also mindestens 20 Stimmen. Für die Änderung stimmten 18 Mitglieder. Die zur Änderung der Hauptsatzung erforderliche Mehrheit von 20 Stimmen wurde nicht erreicht. Folglich wurde die Änderung der Hauptsatzung mit dem rechtswidrigen Inhalt nicht beschlossen. Ein rechtswidriger Beschluss liegt also gar nicht vor.

Eine Beanstandung kommt daher nicht in Betracht.

11. Fall: Satzungsrecht, Satzungsermächtigung

Sachverhalt

Die Gemeinde G beabsichtigt, unter Berufung auf die Satzungsermächtigung nach § 7 GO eine „Satzung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf den Straßen, Wegen und Plätzen in der Gemeinde G" zu erlassen, in der eine Vielzahl ordnungsrechtlicher Tatbestände in Form von Verboten und Geboten geregelt werden soll.

Aufgabe

Wäre der Erlass einer solchen Satzung rechtmäßig?

Lösung

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 GO können die Gemeinden ihre Angelegenheiten durch Satzung regeln, soweit Gesetze nicht etwas anderes bestimmen.

Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in der Gemeinde sind gemeindliche Angelegenheiten. Folglich wäre die Gemeinde G am Erlass einer Satzung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auf den Straßen, Wegen und Plätzen nur gehindert, wenn Gesetze bestimmen würden, dass eine solche satzungsrechtliche Regelung nicht zulässig ist.

Eine gesetzliche Bestimmung dieser Art könnte in § 27 Abs. 1 OBG zu sehen sein.

Danach können die Gemeinden zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung Verordnungen erlassen. Diese Verordnungen sind Rechtsverordnungen. Wegen dieser speziellen Ermächtigung zum Erlass einer Rechtsverordnung ist für eine satzungsrechtliche Regelung kein Raum. § 27 Abs. 1 OBG ist eine andere die Satzungsermächtigung einschränkende gesetzliche Bestimmung i. S. v. § 7 Abs. 1 Satz 1 GO.

Der Erlass der beabsichtigten Satzung wäre folglich nicht rechtmäßig.

Gleichwohl könnte die Gemeinde G ihr Regelungsvorhaben in Form einer Ordnungsbehördlichen Verordnung nach § 27 Abs. 1 OBG verwirklichen.

12. Fall: Satzungsrecht, Inhaltsermächtigung

Sachverhalt

Der Rat hat in seiner letzten Sitzung eine „Satzung zur Regelung der Entschädigung von Rats- und Ausschussmitgliedern" beschlossen. Diese Satzung setzt den Regelstundensatz sowie den stündlichen, täglichen und monatlichen Höchstbetrag des Ersatzes des Verdienstausfalles fest. Weiterhin regelt die Satzung die Einzelheiten der Erstattung von Kinderbetreuungskosten.

Aufgabe

Sie sind Sachbearbeiter im Ratsbüro und erhalten den Auftrag zu prüfen, ob dem Bürgermeister nun die Bekanntmachungsanordnung zur Unterzeichnung vorgelegt werden kann.

Lösung

Nach § 62 Abs. 2 Satz 2 GO führt der Bürgermeister die Beschlüsse des Rates durch. Er darf aber nur rechtmäßige Beschlüsse durchführen; rechtswidrige Beschlüsse muss er nach § 54 Abs. 2 GO beanstanden. Durchführung eines Satzungsbeschlusses bedeutet die Veranlassung der Bekanntmachung. Dies geschieht durch die Bekanntmachungsanordnung gem. § 2 Abs. 4 BekanntmVO und die nachfolgende tatsächliche Bekanntmachung.

Folglich ist vor der Fertigung der Bekanntmachungsanordnung zu prüfen, ob der Satzungsbeschluss formell und materiell rechtmäßig ist. Zur Prüfung der formellen Rechtmäßigkeit bietet der Sachverhalt außer der Organkompetenz keine Anhaltspunkte.

Fraglich ist aber, ob eine spezielle Satzung dieses Regelungsinhaltes zulässig ist.

Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 GO setzt die Hauptsatzung den Regelstundensatz fest (unbedingter Pflichtinhalt der Hauptsatzung). Ebenso ist der stündliche Höchstbetrag des Verdienstausfallersatzes gem. §45 Abs. 3 Satz 3 GO in der Hauptsatzung festzulegen (unbedingter Pflichtinhalt). Falls ein täglicher und monatlicher Höchstbetrag des Verdienstausfallersatzes festgelegt werden soll, so hat dies ebenfalls durch die Hauptsatzung zu geschehen (bedingter Pflichtinhalt). Auch die Regelung der Einzelheiten der Erstattung von Kinderbetreuungskosten hat nach § 45 Abs. 4 Satz 3 GO in der Hauptsatzung zu erfolgen (bedingter Pflichtinhalt).

Folglich ist der gesamte Regelungsbereich der „Satzung zur Regelung der Entschädigung von Rats- und Ausschussmitgliedern" nach der GO ausschließlich der Regelung durch die Hauptsatzung vorbehalten. Für eine spezielle Satzung zur Regelung dieser Fragen ist daher kein Raum. Dies ist rechtlich auch insofern bedeutsam, als zum Erlass und zur Änderung der Hauptsatzung nach §7 Abs. 3 Satz 3 GO die Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Mitglieder des Rates erforderlich ist, während zum Erlass und zur Änderung aller übrigen Satzungen Stimmenmehrheit gem. § 50 Abs. 1 GO (= Mehrheit der abgegebenen Stimmen ohne Berücksichtigung von ungültigen Stimmen und Stimmenthaltungen, § 50 Abs. 5 GO) genügt.

Die Unterzeichnung einer Bekanntmachungsanordnung kommt nicht in Betracht.

13. Fall: Satzungsrecht, Genehmigungspflicht

Sachverhalt

Eine genehmigungspflichtige Satzung ist von der Genehmigungsbehörde befristet genehmigt worden. Fünf Tage vor Ablauf der Befristung fällt dem zuständigen gemeindlichen Sachbearbeiter der drohende Fristablauf auf. Es wird daraufhin vom zuständigen Amt der Gemeindeverwaltung ein Antrag auf weitere Genehmigung der Satzung vorbereitet, der drei Tage vor Fristablauf vom Bürgermeister unterzeichnet und am gleichen Tage der zuständigen Genehmigungsbehörde durch Boten vorgelegt wird. In dem Antrag wird eine umgehende Genehmigung erbeten, damit bezüglich der Geltung der Satzung keine Unterbrechung entsteht.

Aufgabe

Sie sind der zuständige Sachbearbeiter der Genehmigungsbehörde. Materielle satzungsrechtliche Bedenken gegen eine weitere Genehmigung der Satzung bestehen nicht. Würden sie die weitere Genehmigung erteilen?

Lösung

Bedenken gegen eine weitere Genehmigung könnten hinsichtlich der Zuständigkeit zur Entscheidung über die Beantragung der weiteren Genehmigung bestehen.

Mit dem Ende der Wirksamkeit der Genehmigung (Endbefristung) tritt die Satzung grundsätzlich außer Kraft. Die Entscheidung über die Beantragung einer weiteren Genehmigung ist folglich eine Entscheidung über die Weitergeltung der Satzung. Es handelt sich also um eine Entscheidung, die einem Satzungsbeschluss rechtlich gleichkommt. Nach § 41 Abs. 1 Satz 2 Buchst. f GO ist dafür immer der Rat zuständig. Damit ist auch ausgeschlossen, dass es sich um ein Geschäft laufender Verwaltung handeln könnte, für das der Bürgermeister gem. § 41 Abs. 3 GO zuständig wäre.

Zur Beantragung einer weiteren Genehmigung ist folglich ein Ratsbeschluss erforderlich. Schon die im Sachverhalt angegebenen Fristen lassen eindeutig darauf schließen, dass kein Ratsbeschluss zur Beantragung einer weiteren Genehmigung und damit der Weitergeltung der Satzung vorliegt. Der Bürgermeister ist für die Entscheidung der Beantragung einer weiteren Genehmigung nicht zuständig.

Die beantragte Genehmigung kann somit nicht erteilt werden.

14. Fall: Satzungsrecht, Genehmigung mit einer Maßgabe

Sachverhalt

Die zuständige Genehmigungsbehörde erteilt für eine genehmigungspflichtige Satzung die Genehmigung „mit der Maßgabe, dass in §4 Abs. 1 der Satzung das Wort ,und' durch das Wort ,oder' ersetzt wird".

Aufgabe

1.Wie ist diese Maßgabe verwaltungsrechtlich zu qualifizieren?

2.Was ist zu veranlassen, wenn die Gemeinde möchte, dass die Satzung wirksam wird?

Lösung

1. Die aufsichtsbehördliche Genehmigung ist ein Verwaltungsakt. Bei der Maßgabe könnte es sich um eine Nebenbestimmung in Form der Bedingung handeln.

Nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG NRW ist eine Bedingung eine Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt.

Die Genehmigung stellt für die Gemeinde eine Vergünstigung (rechtlicher Vorteil) dar. Diese Genehmigung ist aber noch nicht wirksam. Sie wird erst wirksam, wenn der Rat die aufsichtsbehördliche Maßgabe akzeptiert und einen entsprechenden „Beitrittsbeschluss" fasst. Dieser Beschluss ist das zukünftige Ereignis, von dem die Wirksamkeit der Genehmigung abhängt. Ob der Rat einen solchen Beschluss fasst, ist aber (zum Zeitpunkt der Erteilung der Genehmigung für die Genehmigungsbehörde) ungewiss. Die Wirksamkeit der Genehmigung (Vergünstigung) hängt also von dem Beitrittsbeschluss des Rates (zukünftiges Ereignis) ab, wobei nicht sicher ist, ob der Rat diesen Beschluss fassen wird (ungewisser Eintritt).

Folglich handelt es sich bei der Maßgabe, um eine (aufschiebende) Bedingung (= Nebenbestimmung zum Verwaltungsakt).

2. Wenn die Gemeinde möchte, dass die genehmigungspflichtige Satzung wirksam wird, muss sie dafür sorgen, dass die aufschiebende Bedingung eintritt. Dazu ist erforderlich, dass der Rat einen sog. Beitrittsbeschluss fasst, mit dem er der aufsichtsbehördlichen Maßgabe „beitritt" (§ 2 Abs. 1 Satz 3 BekanntmVO). Der Rat braucht sich bei diesem erneuten Beschluss nicht mehr mit der gesamten Satzung zu befassen, sondern muss nur beschließen, dass in § 4 Abs. 1 der Satzung das Wort „und" durch das Wort „oder" ersetzt wird. Ist ein solcher Ratsbeschluss gefasst, kann die Satzung öffentlich bekannt gemacht werden. Eine erneute Vorlage an die Aufsichtsbehörde ist nicht erforderlich.

15. Fall: Satzungsrecht, Übertragung der Satzungsbefugnis

Sachverhalt

Der Rat der Gemeinde G hat beschlossen, die Befugnis zum Erlass, zur Änderung und zur Aufhebung von Abgabensatzungen auf den Finanzausschuss zu übertragen.

Begründet wird dies damit, dass der Rat entlastet werden müsse und im Finanzausschuss ohnehin die spezielle Fachkompetenz vorhanden sei. Außerdem werde die Zuständigkeit im Sinne effizienter Arbeitserledigung lediglich von einem größeren auf ein kleineres demokratisch legitimiertes Gremium übertragen, da dem Finanzausschuss nach § 58 Abs. 3 i. V. m. § 59 GO nur Ratsmitglieder angehören dürfen.

Aufgabe

Der Bürgermeister hat nachträglich Bedenken gegen die Übertragung und beauftragt Sie mit der Überprüfung der Rechtmäßigkeit.

Lösung

Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 GO ist der Rat grundsätzlich für die Entscheidung aller Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung zuständig, soweit die GO nichts anderes bestimmt.

§ 41 Abs. 2 GO sieht die Möglichkeit der Übertragung von Entscheidungsbefugnissen u.a. auf Ausschüsse ausdrücklich vor. Allerdings ist die Entscheidungsbefugnis über bestimmte Angelegenheiten nicht übertragbar. Nach § 41 Abs. 1 Satz 2 Buchst. f GO darf der Rat die Entscheidung über den Erlass, die Änderung und die Aufhebung von Satzungen nicht übertragen.

Somit ist der Beschluss, die Befugnis zum Erlass, zur Änderung und zur Aufhebung von Abgabensatzungen auf den Finanzausschuss zu übertragen, rechtswidrig und vom Bürgermeister nach § 54 Abs. 2 Satz 1 GO zu beanstanden.

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