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Из серии: Ein Riley Paige Krimi #7
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KAPITEL SECHS

Sobald Riley wieder in ihrem Wagen saß, sah sie sich die Informationen genauer an, die sie von Dekan Autrey bekommen hatte. Sie erinnerte sich an die Details von Deanna Webbers Tod.

Natürlich, dachte sie, als sie alte Nachrichtenartikel auf ihrem Telefon aufrief. Die Tochter der Abgeordneten.

Abgeordnete Hazel Webber war eine aufsteigende Politikerin, verheiratet mit einem bekannten Maryland Anwalt. Der Tod ihrer Tochter war im letzten Herbst groß in den Nachrichten gewesen. Damals hatte Riley den Berichten nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt. Sie kamen ihr eher wie Klatschblätter Gerüchte vor, als richtige Nachrichten – die Art von Dingen, die Rileys Meinung nach niemanden außer der Familie angingen.

Jetzt war sie anderer Meinung.

Sie fand die Telefonnummer vom Büro der Abgeordneten in Washington. Als sie die Nummer wählte, meldete sich eine effizient klingende Rezeptionistin am anderen Ende.

"Hier spricht Spezialagentin Riley Paige, vom FBI", sagte Riley. "Ich würde gerne ein Meeting mit der Abgeordneten Webber arrangieren."

"Darf ich fragen, worum es geht?"

"Ich muss mit ihr über den Tod ihrer Tochter sprechen."

Schweigen.

Riley sagte, "Es tut mir leid die Abgeordnete und ihre Familie bezüglich dieser schrecklichen Tragödie zu stören. Aber wir müssen noch ein paar offenen Fragen nachgehen."

Wieder Schweigen.

"Es tut mir leid", sagte die Rezeptionistin dann langsam. "Aber die Abgeordnete ist derzeit nicht in Washington. Sie werden warten müssen, bis sie wieder aus Maryland zurück ist."

"Und wann genau ist das?", fragte Riley.

"Das kann ich nicht sagen. Sie werden einfach noch einmal anrufen müssen."

Die Frau beendete den Anruf ohne ein weiteres Wort.

Sie ist in Maryland, dachte Riley.

Sie führte eine schnelle Suche durch und fand heraus, dass Hazel Webber im Maryland Horse Country lebte. Es sah nicht so aus, als würde das Haus schwer zu finden sein.

Aber bevor Riley den Motor starten konnte, klingelte ihr Handy.

"Hier ist Hazel Webber", sagte die Anruferin.

Riley war überrascht. Die Rezeptionistin musste sofort nach dem Anruf mit der Abgeordneten Kontakt aufgenommen haben. Sie hatte nicht damit gerechnet von der Abgeordneten selbst zu hören, erst recht nicht so schnell.

"Wie kann ich Ihnen helfen?", fragte Webber.

Riley erklärte, sie wolle mit ihr über einige offene Fragen bezüglich dem Tod ihrer Tochter sprechen.

"Könnten Sie ein wenig genauer sein?", bat Webber.

"Das würde ich lieber persönlich tun", sagte Riley.

Webber schwieg einen Moment.

"Ich befürchte, das ist nicht möglich. Und ich möchte Sie und Ihre Vorgesetzten bitten, mich und meine Familie nicht weiter zu belästigen. Wir beginnen gerade erst zu heilen. Ich bin sicher, das verstehen Sie."

Riley war von dem eisigen Ton der Frau verblüfft. Sie konnte nicht die leiseste Spur von Trauer entdecken.

"Abgeordnete Webber, wenn sie mir nur ein klein wenig ihrer Zeit––"

"Ich habe nein gesagt."

Webber beendete den Anruf.

Riley war sprachlos. Sie hatte keine Ahnung, was sie von diesem kurzen, seltsamen Austausch halten sollte.

Sie wusste nur, dass sie einen Nerv getroffen hatte.

Und, dass sie so sofort nach Maryland fahren musste.

*

Es war eine angenehme, zweistündige Fahrt. Da das Wetter gut war, nahm Riley die Route, die über die Chesapeake Bay Bridge führte, die Maut gerne zahlend, um über das Wasser fahren zu können.

Bald fand sie sich im Horse Country von Maryland, wo hübsche Holzzäune Weiden umschlossen und lange Alleen zu eleganten Häusern und Scheunen weit ab der Straßen führten.

Sie hielt vor dem Tor zu Webbers Anwesen. Ein stämmiger uniformierter Wächter trat aus seiner Hütte und kam auf sie zu.

Riley zeigte ihre Marke und stellte sich vor.

"Ich bin hier um Abgeordnete Webber zu sehen", sagte sie.

Der Wächter trat einen Schritt zurück und sprach in sein Mikrofon. Dann trat er wieder zu Riley.

"Die Abgeordnete sagt, das muss ein Irrtum sein", sagte er. "Sie erwartet Sie nicht."

Riley lächelte, so breit sie konnte.

"Oh, ist sie gerade beschäftigt? Das ist okay, mein Terminkalender ist heute nicht voll. Ich warte einfach hier, bis sie Zeit hat."

Der Wächter sah sie finster an und versuchte sie mit seinem Blick einzuschüchtern.

"Ich fürchte, Sie werden gehen müssen, Ma'am", sagte er.

Riley zuckte mit den Achseln, als würde sie die Bedeutung seiner Worte nicht verstehen.

"Nein, wirklich, das passt schon. Kein Problem. Ich kann hier warten."

Der Wächter entfernte sich wieder, um in sein Mikrofon zu sprechen. Nachdem er Riley einen Moment düster angestarrt hatte, ging er zurück in seine Hütte und öffnete das Tor. Riley fuhr hindurch.

Sie fuhr durch eine weite, schneebedeckte Weide, auf der ein paar Pferde frei herumliefen. Es war eine friedliche Szenerie.

Als sie das Haus erreichte, war es sogar noch größer, als sie erwartet hatte – ein modernes Herrenhaus. Sie erspähte ein weiteres, gepflegtes Haus gleich hinter einer kleinen Anhöhe in der hügeligen Landschaft.

Ein asiatischer Mann erwartete sie stumm an der Tür. Er war so groß und breit wie ein Sumo Ringer, was seinen formellen, Butler-ähnlichen Anzug auf groteske Weise unangebracht erscheinen ließ. Er führte Riley durch einen gewölbten Flur mit einem Boden, der aus einem teuer aussehenden rotbraunen Holz bestand.

Schließlich wurde sie von einer kleinen, grimmig dreinblickenden Frau in Empfang genommen, die sie wortlos in ein Büro führte, dessen Sauberkeit Riley fast unheimlich war.

"Warten Sie hier", sagte die Frau.

Sie ging und schloss die Tür hinter sich.

Riley saß in einem Stuhl vor dem Schreibtisch. Minuten verstrichen. Sie war versucht sich die Unterlagen auf dem Schreibtisch anzusehen oder vielleicht sogar den Computer. Aber sie wusste, dass vermutlich jede ihrer Bewegungen von Sicherheitskameras aufgezeichnet wurde.

Dann schwebte endlich Abgeordnete Hazel Webber in den Raum.

Sie war eine große Frau – dünn, aber imposant. Sie sah nicht alt genug aus, um schon so lange im Kongress zu sitzen, wie Riley angenommen hatte – weder sah sie alt genug aus, um eine Tochter im College-Alter zu haben. Eine gewisse Steifheit um ihre Augen könnte sowohl Gewohnheit, als auch Botox bedingt sein, vielleicht auch beides.

Riley erinnerte sich daran, sie im Fernsehen gesehen zu haben. Normalerweise fiel ihr jedes Mal, wenn sie jemanden traf, den sie aus dem Fernsehen kannte, auf, wie anders sie im wahren Leben aussahen. Seltsamerweise war dies bei Hazel Webber nicht der Fall. Es war, als wäre sie wahrhaftig zweidimensional – ein fast unnatürlich oberflächlicher Mensch in jeglicher Hinsicht.

Ihr Outfit verwirrte Riley ebenso. Warum trug sie ein Jackett über ihrem leichten Pullover? Das Haus war warm genug.

Teil ihres Stils, nehme ich an, dachte Riley.

Das Jackett gab ihr ein formelleres Aussehen, als es Stoffhosen und ein Pullover wären. Vielleicht war es auch eine Art von Rüstung, um sich vor aufrichtigem menschlichem Kontakt zu schützen.

Riley stand auf, um sich vorzustellen, aber Webber sprach zuerst.

"Agentin Riley Paige, BAU", sagte sie. "Ich weiß."

Ohne ein weiteres Wort setzte sie sich hinter den Schreibtisch.

"Was wollen Sie mir sagen?", fragte Webber.

Riley spürte einen leichten Alarm. Natürlich hatte sie nichts, was sie ihr sagen konnte. Der ganze Besuch war ein Bluff und Webber kam ihr plötzlich als die Art von Frau vor, die nicht einfach zu bluffen war. Riley stand das Wasser bis zum Hals und sie musste sich bemühen nicht unterzugehen.

"Ich bin tatsächlich hier, um Sie um Informationen zu bitten", sagte Riley. "Ist Ihr Mann zu Hause?"

"Ja", sagte die Frau.

"Wäre es möglich, mit Ihnen beiden zu sprechen?"

"Er weiß, dass Sie hier sind."

Ihre vage Antwort entwaffnete Riley, aber sie zeigte es nicht. Die Frau richtete ihre kalten, blauen Augen auf Rileys. Riley zuckte nicht. Sie starrte einfach zurück und rüstete sich für den unausgesprochenen Kampf der Willensstärken.

Riley sagte, "Das BAU untersucht eine ungewöhnliche Anzahl von scheinbaren Selbstmorden am Byars College."

"Scheinbare Selbstmorde?", warf Webber mit hochgezogener Augenbraue ein. "Ich würde Deannas Selbstmord kaum als 'scheinbar' beschreiben. Er erschien mir und meinem Mann real genug."

Riley könnte schwören die Temperatur im Raum war gerade um ein paar Grad gefallen. Webber zeigte nicht den leisesten Hauch von Emotionen, bei der Erwähnung des Todes ihrer Tochter.

Sie hat Eiswasser in den Venen, dachte Riley.

"Ich hätte gerne, dass Sie mir erzählen, was passiert ist", sagte Riley.

"Warum? Ich bin sicher, dass Sie den Bericht gelesen haben."

Natürlich hatte Riley nichts dergleichen getan. Aber sie musste weiter bluffen, um das Gespräch am Laufen zu halten.

"Es würde helfen, wenn ich es in Ihren eigenen Worten hören könnte", sagte sie.

Webber schwieg für einen Augenblick. Sie wandte ihren Blick nicht ab. Riley allerdings auch nicht.

"Deanna wurde bei einem Reitunfall im letzten Sommer verletzt", sagte Webber. "Sie erlitt einen komplizierten Hüftbruch. Es schien notwendig zu werden, sie ganz zu ersetzen. Damit waren die Tage ihrer Reitturniere vorbei. Das hat ihr das Herz gebrochen."

 

Webber hielt inne.

"Sie hat Oxycodon für den Schmerz genommen. Sie hat eine Überdosis genommen – absichtlich. Und das ist alles, was es dazu zu sagen gibt."

Riley spürte, dass sie etwas unausgesprochen ließ.

"Wo ist es passiert?", fragte sie.

"In ihrem Zimmer", sagte Webber. "Sie lag in ihrem Bett. Der Gerichtsmediziner hat gesagt, sie ist an Atemstillstand gestorben. Sie sah aus, als würde sie schlafen, als das Dienstmädchen sie gefunden hat."

Und dann – blinzelte Webber.

Sie hatte tatsächlich geblinzelt.

Sie war im Kampf der Willensstärke gestrauchelt.

Sie lügt! wurde Riley klar.

Rileys Pulsschlag nahm zu.

Jetzt musste sie wirklich den Druck erhöhen und genau die richtigen Fragen stellen.

Aber bevor Riley eine Frage stellen konnte, öffnete sich die Tür zum Büro. Die Frau, die Riley hereingeführt hatte, kam in den Raum.

"Abgeordnete, ich muss Sie sprechen, bitte", sagte sie.

Webber sah erleichtert aus, als sie von ihrem Schreibtisch aufstand und ihrer Assistentin aus der Tür folgte.

Riley atmete langsam durch.

Sie wünschte, sie wäre nicht unterbrochen worden.

Sie war sich sicher, dass sie in der Lage gewesen wäre, Hazel Webbers Fassade zu knacken.

Aber ihre Gelegenheit war noch nicht vorbei.

Wenn Webber zurückkam, würde Riley erneut anfangen.

Es dauerte nicht einmal eine Minute, bevor die Tür sich wieder öffnete. Webber schien ihre Selbstsicherheit wiedergewonnen zu haben.

Sie stand in der offenen Tür und sagte, "Agentin Paige – wenn Sie wirklich Agentin Paige sind – ich fürchte, ich muss Sie bitten, zu gehen."

Riley schluckte hart.

"Ich verstehe nicht."

"Meine Assistentin hat gerade das BAU angerufen. Sie haben dort absolut keine Ahnung von einer Untersuchung bezüglich Selbstmorden am Byars College. Also, wer immer Sie auch sind––"

Riley zog ihre Marke heraus.

"Ich bin Spezialagentin Riley Paige", sagte sie bestimmt. "Und ich werde dafür sorgen, dass eine solche Untersuchung so schnell wie möglich eingeleitet wird."

Sie ging an Hazel Webber vorbei aus dem Büro.

Auf ihrem Weg aus dem Haus, war ihr klar, dass sie sich gerade einen Feind gemacht hatte – und zwar einen gefährlichen.

Es war eine andere Art von Gefahr, als die, die sie gewohnt war.

Hazel Webber war keiner der Psychopathen, dessen bevorzugte Waffen Ketten, Messer, Pistolen, oder Gasfackeln waren.

Sie war eine Frau ohne Gewissen und ihre Waffen waren Geld und Macht.

Riley bevorzugte die Art von Gegner, die sie schlagen oder erschießen konnte. Trotzdem war sie bereit, sich mit Webber auseinanderzusetzen, egal welche Drohungen sie ihr entgegenschleudern würde.

Sie hat mich über ihre Tochter angelogen, dachte Riley immer wieder.

Und nun war Riley entschlossen, die Wahrheit herauszufinden.

Das Haus erschien nun leer zu sein. Riley war überrascht es zu verlassen, ohne auch nur auf einen Menschen zu treffen. Sie hatte beinahe das Gefühl, sie könnte die Gemälde von der Wand nehmen, ohne dass sie erwischt wurde.

Sie ging nach draußen, stieg in ihren Wagen, und fuhr davon.

Als sie das Tor des Anwesens erreichte, sah sie, dass es verschlossen war. Gleich davor standen der stämmige Wächter, der sie hereingelassen hatte, und der enorme Butler. Beide hatten ihre Arme verschränkt und warteten ganz offensichtlich auf sie.

KAPITEL SIEBEN

Die beiden Männer wirkten bedrohlich. Sie sahen außerdem ein wenig lächerlich aus – der kleinere von beiden trug eine Wächteruniform, sein sehr viel breiterer Partner trug seinen ultraformellen Butleranzug.

Wie ein paar Zirkusclowns, dachte sie.

Aber sie wusste, dass sie nicht versuchten lustig zu sein.

Riley hielt direkt vor ihnen. Sie rollte ihr Fenster nach unten, lehnte sich nach draußen und rief ihnen zu:

"Gibt es ein Problem, Gentlemen?"

Der Wächter kam näher, direkt auf ihren Wagen zu.

Der kolossale Butler stapfte auf das Beifahrerfenster zu.

Er sprach in einem donnernden Bass.

"Abgeordnete Webber würde gerne ein Missverständnis aufklären."

"Und das wäre?"

"Sie möchte, dass Sie verstehen, dass Schnüffler hier nicht erwünscht sind."

Jetzt verstand Riley.

Webber und ihre Assistentin waren offenbar zu dem Schluss gekommen, dass Riley eine Betrügerin und keine wirklich FBI Agentin war. Sie schienen zu vermuten, dass sie eine Reporterin war, die eine Art Exposé über die Abgeordnete schreiben wollte.

Ohne Zweifel waren diese beiden Typen es gewohnt, mit neugierigen Reportern umzugehen.

Riley zog wieder ihre Marke aus der Tasche.

"Ich denke, es hat tatsächlich ein Missverständnis gegeben", sagte sie. "Ich bin wirklich eine Spezialagentin des FBI."

Der große Mann grinste abfällig. Er glaubte scheinbar, ihre Marke sei eine Fälschung.

"Steigen Sie bitte aus dem Wagen", sagte er.

"Lieber nicht, danke", erwiderte Riley. "Ich würde es wirklich zu schätzen wissen, wenn Sie das Tor öffnen würden."

Riley hatte ihre Tür unverschlossen gelassen. Der große Mann öffnete sie.

"Steigen Sie bitte aus dem Wagen", wiederholte er.

Riley stöhnte leise auf.

Das wird nicht gut enden, dachte sie.

Riley stieg aus dem Wagen und schloss die Tür. Die beiden Männer stellten sich in kurzem Abstand nebeneinander vor sie.

Riley fragte sich, welcher von ihnen sich zuerst bewegen würde.

Dann ließ der große Mann seine Knöchel knacken und kam auf sie zu.

Riley trat ihm entgegen.

Als er nach ihr griff, packte sie ihn am Kragen und dem Ärmel seines linken Arms und brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Dann drehte sie sich auf ihrem linken Fuß schnell um die eigene Achse und duckte sich. Sie spürte das massive Gewicht des Mannes kaum, als sein gesamter Körper über ihren Rücken flog. Er landete mit einem lauten Knall kopfüber vor ihrer Autotür und schlug mit dem Kopf auf dem Boden auf.

Das Auto hat am meisten abbekommen, dachte sie in einem Anflug von Unmut.

Der andere Mann bewegte sich bereits auf sie zu und sie wirbelte herum.

Sie landete einen Tritt in seine Weichteile. Er klappte stöhnend zusammen und Riley konnte sehen, dass dieser kleine Kampf vorbei war.

Sie nahm die Pistole des Mannes aus seinem Hüftholster.

Dann betrachtete sie ihr Werk.

Der große Mann lag noch immer in einem Haufen neben dem Auto und starrte sie verängstigt an. Die Tür des Wagens war verbeult, aber nicht so schlimm, wie Riley befürchtet hatte. Der uniformierte Mann war auf Händen und Knien und schnappte nach Luft.

Sie hielt die Pistole, mit dem Griff zuerst, dem Wächter entgegen.

"Das scheinen Sie verloren zu haben", sagte sie mit süßlicher Stimme.

Mit zitternden Händen streckte er sich nach der Waffe aus.

Riley zog sie wieder weg.

"Nicht so schnell", sagte sie. "Nicht bevor Sie das Tor geöffnet haben."

Sie nahm den Mann bei der Hand und half ihm auf die Beine. Er stolperte zurück zur Hütte und öffnete das Tor. Riley ging zu ihrem Wagen.

"Entschuldigen Sie bitte", sagte sie zu dem enormen Mann.

Immer noch verängstigt dreinblickend, kroch der Mann wie ein gigantischer Krebs beiseite, um Riley aus dem Weg zu gehen. Sie stieg in ihr Auto und fuhr durch das Tor. Die Waffe warf sie durch das Fenster auf den Boden, während sie wegfuhr.

Die denken nicht mehr, dass ich ein Reporter bin, dachte sie.

Sie war sich außerdem sicher, dass die Abgeordnete es ebenfalls sehr schnell wissen würde.

*

Einige Stunden später fuhr Riley auf den Parkplatz vor dem BAU Gebäude. Dort saß sie für einige Minuten. Sie war nicht einmal während dem letzten Monat hier gewesen. Sie hatte nicht erwartet, so schnell zurück zu sein. Es fühlte sich seltsam an.

Sie stellte den Motor aus, zog den Schlüssel ab, stieg aus dem Wagen, und ging in das Gebäude. Auf dem Weg zu ihrem Büro wurde sie von Freunden und Kollegen in variierenden Stufen von Willkommen, Überraschung, oder Zurückhaltung begrüßt.

Sie hielt am Büro ihres Partners, Bill Jeffreys, aber er war nicht da. Vermutlich war er an einem Fall, diesmal mit einem anderen Partner.

Sie spürte einen kleinen Stich der Einsamkeit – sogar der Eifersucht.

In vielerlei Hinsicht war Bill ihr bester Freund.

Trotzdem, vielleicht war es gerade gut so. Bill wusste nicht, dass sie und Ryan wieder zusammen waren, und er würde es nicht gutheißen. Er hatte zu oft ihre Hand gehalten, während der schmerzhaften Trennung und Scheidung. Er würde nur schwer glauben, dass Ryan sich geändert hatte.

Als sie die Tür zu ihrem Büro öffnete, musste sie ein zweites Mal hinsehen, um sicherzugehen, dass sie im richtigen Raum stand. Es sah alles viel zu ordentlich und organisiert aus. Hatten sie ihr Büro einem anderen Agenten gegeben? Arbeitet gerade jemand anderes hier?

Riley öffnete eine Schublade und fand vertraute Unterlagen, wenn auch besser geordnet.

Wer würde hier alles für sie aufräumen?

Sicherlich nicht Bill. Er würde es besser wissen.

Vielleicht Lucy Vargas, dachte sie.

Lucy war eine junge Agentin, mit der sowohl sie, als auch Bill gearbeitet hatten, eine, die sie beide mochten. Falls Lucy hinter all dieser Ordnung steckte, dann hatte sie wenigstens nur versucht hilfreich zu sein.

Riley saß an ihrem Schreibtisch.

Bilder und Erinnerungen trafen sie – der Sarg des Mädchens, ihre am Boden zerstörten Eltern, und Rileys schrecklicher Traum von dem hängenden Mädchen, umgeben von Erinnerungsstücken. Sie erinnerte sich auch, wie Dekan Autrey ihren Fragen ausgewichen war und Hazel Webber regelrecht gelogen hatte.

Sie erinnerte sich an das, was sie zu Hazel Webber gesagt hatte. Sie hatte versprochen, eine offizielle Untersuchung einzuleiten. Es war an der Zeit dieses Versprechen einzuhalten.

Sie nahm ihr Telefon und klingelte Brent Meredith, ihren Boss, an.

Als der Teamchef abnahm, sagte sie, "Sir, hier ist Riley Paige. Ich habe mich gefragt, ob––"

Sie wollte ihn um ein paar Minuten seiner Zeit bitten, als seine Stimme durch den Hörer donnerte.

"Agentin Paige, kommen Sie sofort in mein Büro."

Riley schauderte.

Meredith war definitiv wütend auf sie.

KAPITEL ACHT

Als Riley ins Büro von Brent Meredith eilte, fand sie ihn neben seinem Schreibtisch stehend auf sie wartend wieder.

"Schließen Sie die Tür", sagte er. "Setzen Sie sich."

Riley tat, wie ihr geheißen wurde.

Immer noch stehend, schwieg Meredith für einen Augenblick. Er starrte Riley einfach nur finster an. Er war ein großer Mann – breit gebaut mit kantigen Zügen. Und er war selbst in seiner besten Laune einschüchternd.

Gerade jetzt, war er nicht bester Laune.

"Gibt es etwas, das Sie mir sagen wollen, Agentin Paige?", fragte er.

Riley schluckte. Sie nahm an, dass ihre Aktivitäten des Tages bereits bei ihm angekommen waren.

"Vielleicht fangen Sie besser an, Sir", sagte sie schwach.

Er trat auf sie zu.

"Ich habe zwei Beschwerden über Sie von höherer Stelle bekommen", sagte er.

Rileys Mut sank. Sie wusste, wen Meredith mit 'höherer Stelle' meinte. Die Beschwerden waren vom leitenden Spezialagent Carl Walder selbst gekommen – einem verachtenswerten kleinen Mann, der Riley mehr als einmal wegen Ungehorsam suspendiert hatte.

Meredith knurrte, "Walder sagt mir, dass er einen Anruf von einem Dekan eines kleinen Colleges bekommen hat."

"Ja, Byars College. Aber wenn Sie mir erlauben zu erklären––"

Meredith unterbrach sie wieder.

"Der Dekan sagt, Sie seien in sein Büro gekommen und hätten absurde Anschuldigen erhoben."

"Das ist nicht, was passiert ist, Sir", versuchte Riley einzuwerfen.

Aber Meredith beachtete sie gar nicht.

"Walder hat außerdem einen Anruf von der Abgeordneten Hazel Webber bekommen. Sie sagt, Sie haben sich Zugang zu ihrem Haus verschafft und sie belästigt. Sie haben sogar über einen nicht existierenden Fall gelogen. Und dann haben Sie zwei ihrer Mitarbeiter angegriffen. Sie haben Sie mit ihrer Waffe bedroht."

 

Riley stellten sich bei dieser Anschuldigung die Nackenhaare auf.

"Das ist wirklich nicht, was passiert ist, Sir."

"Was ist dann passiert?"

"Es war die Waffe des Wächters", platzte sie heraus.

Sobald die Worte aus dem Mund waren, wurde Riley klar:

Das ist nicht richtig herausgekommen.

"Ich habe versucht, sie zurückzugeben!", sagte sie.

Aber sie wusste sofort, das hat nicht geholfen.

Ein langes Schweigen fiel.

Meredith atmete tief ein. Schließlich sagte er, "Sie sollten besser eine gute Erklärung für Ihr Verhalten haben, Agentin Paige."

Riley seufzt.

"Sir, es hat alleine in diesem Schuljahr drei verdächtige Todesfälle am Byars College gegeben. Alles angebliche Selbstmorde. Ich glaube nicht, dass sie das waren."

"Das ist das Erste, was ich davon höre", sagte Meredith.

"Ich verstehe, Sir. Und ich bin hergekommen, um mit Ihnen darüber zu reden."

Meredith wartete auf weitere Erklärungen.

"Eine Freundin meiner Tochter hatte eine Schwester am Byars College – Lois Pennington, Erstsemester. Ihre Familie hat sie letzten Sonntag in der Garage hängend gefunden. Ihre Schwester glaubt nicht, dass es Selbstmord war. Ich habe die Eltern befragt, und––"

Meredith rief laut genug, dass er auch auf dem Flur zu hören war:

"Sie haben die Eltern befragt?"

"Ja, Sir", sagte Riley leise.

Meredith brauchte einen Moment, um sich zu beruhigen.

"Muss ich Ihnen sagen, dass das kein BAU Fall ist?"

"Nein, Sir", sagte Riley.

"Tatsächlich, soweit ich weiß, ist es überhaupt kein Fall."

Riley wusste nicht, was sie als Nächstes sagen sollte.

"Also, was haben die Eltern gesagt?", fragte Meredith. "Denken sie, dass es Selbstmord war?"

"Ja", gab Riley mit leiser Stimme zu.

Jetzt war es an Meredith sprachlos zu sein. Er schüttelte konsterniert den Kopf.

"Sir, ich weiß, wie das klingt", sagte Riley. "Aber der Dekan am Byars hat etwas verheimlicht. Und Hazel Webber hat mich über den Tod ihrer Tochter belogen."

"Woher wissen Sie das?"

"Ich weiß es einfach!"

Riley sah Meredith beschwörend an.

"Sir, nach all den Jahren wissen Sie sicherlich, dass meine Instinkte gut sind. Wenn ich ein bestimmtes Bauchgefühl habe, dann liege ich fast immer richtig. Sie müssen mir vertrauen. Da stimmt etwas nicht, an den Toden dieser Mädchen."

"Riley, Sie wissen, dass das so nicht funktioniert."

Riley war aus dem Konzept gebracht. Meredith nannte sie nur selten beim Vornamen – nur, wenn er ernsthaft besorgt um sie war. Sie wusste, dass er sie schätzte, mochte, und respektierte und sie fühlte ebenso.

Er lehnte sich gegen seinen Schreibtisch und zuckte unzufrieden mit den Schultern.

"Vielleicht haben Sie recht, vielleicht auch nicht", sagte er mit einem Seufzen. "Wie auch immer, ich kann keinen BAU Fall daraus machen, nur weil Ihr Bauchgefühl sich meldet. Dafür braucht es eine Menge mehr."

Meredith sah sie nun besorgt an.

"Agentin Paige, Sie haben eine Menge durchgemacht. Sie haben viele gefährliche Fälle übernommen und beim letzten ist ihr Partner beinahe durch eine Vergiftung umgekommen. Und Sie haben ein neues Familienmitglied, um das sie sich kümmern müssen, und …"

"Und was?", fragte Riley.

Meredith hielt inne und sagte dann, "Ich habe Sie vor einem Monat beurlaubt. Sie schienen das für eine gute Idee zu halten. Das letzte Mal, als wir gesprochen haben, wollten Sie sogar mehr Zeit. Ich denke, das ist das Beste. Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie brauchen. Sie haben die Ruhe nötig."

Riley fühlte sich entmutigt und geschlagen. Aber sie wusste auch, dass es keinen Sinn hatte zu diskutieren. Meredith hatte recht. Er konnte keinen Fall daraus machen, nur aufgrund dessen, was Sie ihm erzählt hatte. Vor allem nicht mit einem bürokratischen Albtraum wie Walder, der ihnen im Nacken saß.

"Es tut mir leid, Sir", sagte sie. "Ich gehe jetzt nach Hause."

Sie fühlte sich unendlich alleine, als sie Merediths Büro verließ und aus dem Gebäude ging. Aber sie war noch nicht bereit, ihren Verdacht beiseite zu schieben. Ihr Bauchgefühl war dafür zu stark. Sie wusste, dass sie etwas tun musste.

Das Wichtigste zuerst, dachte sie.

Sie musste mehr Informationen bekommen. Sie musste beweisen, dass etwas nicht stimmte.

Aber wie sollte sie das alleine tun?

*

Riley kam eine halbe Stunde vor dem Abendessen nach Hause. Sie ging in die Küche und fand Gabriela, die eine weitere ihrer leckeren Spezialitäten aus Guatemala, gallo en perro, einen scharfen Eintopf, zubereitete.

"Sind die Mädchen zu Hause?", fragte Riley.

"Sí. Sie sind in Aprils Zimmer und machen zusammen Hausaufgaben."

Riley war ein wenig erleichtert. Zumindest zu Hause schien alles gut zu laufen.

"Was ist mit Ryan?", fragte Riley.

"Er hat angerufen. Er kommt später."

Riley spürte ein leichtes Unbehagen. Es erinnerte sie an die schlechten Zeiten mit Ryan. Aber sie sagte sich selbst, dass sie sich keine Sorgen machen musste. Ryans Job war einfach anstrengend. Und außerdem sorgte Rileys eigener Job dafür, dass sie häufiger von Zuhause weg war, als sie wollte.

Sie ging nach oben und warf ihren Computer an. Sie suchte nach Informationen zu Deanna Webbers Tod, konnte aber nichts finden, was sie nicht bereits wusste. Dann suchte sie nach Cory Linz, dem anderen Mädchen, das gestorben war. Wieder fand sie nur dürftige Informationen.

Sie suchte nach Todesanzeigen, die das Byars College erwähnten, und fand insgesamt sechs. Einer war im Krankenhaus gestorben, nach einem langen Kampf mit Krebs. Von den anderen erkannte sie die Fotos von drei jungen Frauen. Es waren Deanna Webber, Lois Pennington, und Cory Linz. Aber sie erkannte weder den jungen Mann, noch die junge Frau in den anderen beiden Todesanzeigen. Ihre Namen waren Kirk Farrell und Constance Yoh, beides Studenten.

Natürlich erwähnte keine der Todesanzeigen, dass der oder die Verstorbene Selbstmord begangen hatte. Die meisten waren sehr vage, was die Todesursache anging.

Riley lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und seufzte.

Sie brauchte Hilfe. Aber an wen konnte sie sich wenden? Sie hatte noch immer keinen Zugang zu den Techies in Quantico.

Sie schauderte bei einer anderen Möglichkeit.

Nein, nicht Shane Hatcher, dachte sie.

Das kriminelle Genie, das von Sing Sing geflohen war und ihr bei mehr als einem Fall geholfen hatte. Ihr Versagen – oder war es ihr Widerwillen – ihn zu fassen, hatte deutlichen Unmut bei Rileys Vorgesetzten des BAUs ausgelöst.

Sie wusste sehr wohl, wie sie ihn kontaktieren konnte.

Tatsächlich könnte sie es sofort, hier an ihrem Computer.

Nein, dachte Riley mit einem weiteren Schaudern. Absolut nicht.

Aber an wen sollte sie sich sonst wenden?

Da erinnerte sie sich an etwas, das ihr Hatcher in einer ähnlichen Situation gesagt hatte.

"Ich denke du weißt, mit wem du im FBI reden musst, wenn du Persona Non Grata geworden bist. Noch jemand, der sich nicht um die Regeln schert."

Riley spürte leichte Aufregung.

Sie wusste genau, wessen Hilfe sie brauchte.

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