Was unter dem Mond geschah

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„Wir müssen Sie bitten mit uns zu kommen. Bitte folgen Sie uns widerstandslos und vermeiden Sie Aufsehen. Das ist in unser aller Interesse.“

Nick war überrascht, fing sich aber gleich: „ Was liegt denn gegen mich vor?“

Die beiden Polizisten sahen sich an, dann fuhr Mr. Hubbard fort: „Das klären wir in unserem Büro. Bitte kommen Sie jetzt einfach mit.“

Nick war nicht bereit, der Aufforderung zu folgen. Polizei, das ging dann doch zu weit.

„Ich komme auf keinen Fall mit, bevor Sie mir nicht gesagt haben, was Sie von mir wollen.“

Mr. Hubbard versuchte es noch einmal: „Wir haben nur den Befehl, Sie umgehend in unser Büro zu bringen. Alles Weitere wird unser Chef Ihnen sagen.“

Nick sah ein, dass er die beiden Polizisten nicht so ohne Weiteres los wurde. Er würde wohl mitgehen müssen.

„Also gut.“

Die beiden Polizisten sahen sich an und atmeten merklich auf. Sie fühlten sich nicht ganz wohl in ihrer Haut. Sie hatten den Auftrag erhalten, diesen Amerikaner auf ihre Dienststelle zu bringen, man hatte ihnen aber nicht gesagt, warum. Nick schulterte seinen Rucksack, die beiden Beamten nahmen ihn in ihre Mitte und sie gingen los.

Einige Umstehende, die die Szene beobachtet hatten, lächelten bedauernd, andere grinsten schadenfroh. War wohl wieder einer, der anscheinend etwas Verbotenes mit sich führte. Geschah ihm recht. Selbst schuld, wenn er sich erwischen ließ.

24.

Bridget sah die Szene aus einiger Entfernung. Sie blieb mitten zwischen den vielen Menschen, die hier unterwegs waren, stehen. Ihre Gedanken rasten. Simmons! Wieder mal. Wahrscheinlich hatte er die Flughafenpolizei alarmiert und die hatten die Passagierliste gecheckt.

Sie hatten bestimmt auch schon die Autovermietungen überprüft und wussten, dass Nick einen Wagen gebucht hatte. Jetzt hatten sie ihn.

Sie musste sich etwas einfallen lassen und zwar schnell. Sie folgte den Dreien in einiger Entfernung. Gleichzeitig musste sie aufpassen, dass sie nicht ihren eigenen Verfolgern in die Arme lief. Simmons hatte bestimmt schon Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, um sie zu finden.

Die Wanderung ging durch die ganze Ankunftshalle, vorbei an den vielen Geschäften, Getränkeständen und sonstigen Läden. Vor einer unscheinbaren Tür, neben der ein kleiner Magnetscanner mit Zahlentastatur hing, stoppten sie. Einer der Polizisten tippte einen Code in das Gerät, die Tür ging mit einem lauten Klicken auf und die Beamten verschwanden mit Nick hinter der Tür. Die Tür ging automatisch wieder hinter ihnen zu. Bridget rutschte das Herz in die Kniekehle. Sie hatte ihn verloren. Was sollte sie jetzt tun?

25.

Die Beamten brachten Nick hinter der Tür, die ins Freie führte, zu einem Wagen.

„Bitte steigen Sie ein.“ Sagte Mr. Hubbard und hielt ihm die Tür auf.

Nick nahm im Wagen auf der Rückbank Platz, Mr. Hubbard setzte sich zu ihm, der andere Polizist setzte sich auf den Fahrersitz, startete den Wagen und sie fuhren los.

Der Wagen fuhr unter Gebäuden, zwischen Flugzeugen, auf aufgemalten Straßen und an viel Personal des Flughafens vorbei. An einem Gebäude, Nick hatte mittlerweile die Orientierung verloren, hielt der Wagen an und sie stiegen aus. Vor ihnen war wieder eine unscheinbare Tür mit Zahlenschloss. Mr. Hubbard gab wieder einen Code ein, die Tür schwang auf und sie traten ein. Durch ein Labyrinth von Gängen und Treppen ging es ins Innere des Gebäudes.

Nick dachte schon, es würde kein Ende nehmen, da öffnete sich eine Tür und sie betraten ein modern eingerichtetes Büro. Hinter dem Schreibtisch saß ein hagerer älterer Mann, mit freundlichem Gesicht, weißen Haaren und im grauen Anzug. Er erhob sich, als die Beamten mit Nick eintraten und ging mit einem freundlichen Lächeln und ausgestreckter Rechten auf Nick zu.

„Ah, da sind Sie ja. Mr. Page, nehme ich an.“ Und an die Beamten gewandt: „Danke meine Herren, Sie können gehen.“

Er schüttelte Nick die Hand: „Mein Name ist Reefs, bitte setzen Sie sich.“ Er zeigt auf die lederne Sitzgruppe, die neben dem Schreibtisch stand.

Nick hatte keine Lust auf Höflichkeiten. Er blieb stehen: „Warum bin ich hier? Hier bei Ihnen, meine ich?“

Reefs ging zu einem kleinen Beistelltisch und fragte: „Darf ich Ihnen etwas anbieten? Tee, Kaffee, Wasser oder etwas Stärkeres?“

Nick riss sich sichtlich zusammen: „Nein, danke. Ich wiederhole: Warum bin ich hier?“

Reefs kam wieder auf ihn zu und sagte: „Sie wissen es nicht?“

„Nein, sonst würde ich nicht fragen.“

„Das ist jetzt erstaunlich. Ich dachte, das wäre offensichtlich.“ Erwiderte Reefs, drehte sich um, ging um seinen Schreibtisch und setzte sich wieder.

„Ist es nicht, also?“

Er stütze die Ellenbogen auf und faltete die Hände: „Mr. Page, Sie pflegen, sagen wir mal, eine Bekanntschaft zu einer Dame.“ Er machte eine Pause.

„Und?“ fragte Nick.

„Es gibt hier bei uns in England Personen, die stehen unter besonderem, nun, Schutz.“ sagte Reefs und lehnte sich wieder in seinem Stuhl zurück. „Ich denke, Sie haben mittlerweile schon bemerkt, dass die Bekanntschaft mit dieser Dame, nicht ganz unkompliziert ist?“

Nick sagte nichts, sah ihn nur an.

Reefs stand auf. Seine Freundlichkeit war einer fast unwirschen Ernsthaftigkeit gewichen: „Mr. Page, leider muss ich Ihnen mitteilen, dass Sie in diesem Land nicht willkommen sind. Ich muss Sie bitten, den nächsten Flug nach Hause zu nehmen.“

Nick traute seinen Ohren nicht: „Wie bitte?“

Sein Ton wurde noch schärfer: „Sie haben mich verstanden. Der nächste Flug nach Los Angeles geht morgen früh um acht Uhr. Ich darf Sie bitten, solange Gast in unserem Flughafenhotel zu sein. Es wird alles für Sie vorbereitet.“

Er drückte auf einen Knopf. Sofort ging die Tür auf und die beiden Polizisten traten ein. Reefs wandte sich an sie: „Mr. Page wird uns morgen früh wieder verlassen. Bitte begleiten Sie ihn zum Hotel und leisten Sie ihm bis dahin, wie besprochen, Gesellschaft.“

Die beiden Polizisten nickten und sahen dann zu Nick. Er stand wie versteinert. Man warf ihn aus England hinaus und das unter Polizeischutz. Das wurde ja immer schöner. Die Polizisten setzten sich in Bewegung. Nick ging automatisch mit. Erst mal tun, was sie sagen, entschied er. Dadurch gewinne ich etwas Zeit.

Sein Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Wer war Bridget wirklich? Eine Person, die unter besonderem Schutz steht, hatte dieser Mr. Reefs gesagt. Aber jetzt musste er erst einmal weg, die beiden Polizisten los werden und sich dann auf die Suche nach ihr machen. Ob es ihr gelungen war, Simmons abzuhängen? Die Polizisten gingen erneut endlose Gänge mit ihm entlang und Treppen hinunter. Nick versuchte gar nicht erst, sich zu orientieren. Er folgte den Polizisten einfach. Nach einiger Zeit standen sie wieder vor der kleinen Tür, durch die sie gekommen waren.

Mr. Hubbard gab den Code ein, die Tür öffnete sich und davor stand der Wagen. Sie stiegen wieder alle wie vorhin in den Wagen und fuhren los. Nach ein paar Minuten Fahrt durch das Labyrinth des Flughafens fuhren sie am Eingang des Hotels vor. Der Fahrer stieg aus und hielt Nick die Tür auf, während dessen stieg Hubbard ebenfalls aus und sie betraten zusammen das Hotel durch eine große Glastür, die sich mit einem leisen Zischen öffnete. Mr. Hubbard ging zum Rezeptionisten und holte den Schlüssel, während Nick von dem anderen Polizisten zum Lift begleitet wurde.

Da kam Nick eine Idee. Jetzt musste er genau aufpassen. Es könnte klappen. Es waren zwei Lifte nebeneinander.

Der Polizist drückte den Liftknopf und sie warteten.

Nick sah nach oben und sah, dass der Lift, vor dem sie standen, hier seine Endstation hatte. Beim anderen Lift brannte der Pfeil nach unten. Er fuhr also weiter. Dieser war zuerst in der Halle. Die Tür öffnete sich und ein paar Leute stiegen aus. Jetzt musste er die richtige Zeit abwarten.

Hubbard stand noch an der Rezeption und sprach mit dem Angestellten dort. Der andere Polizist stand etwa einen Meter entfernt von Nick. Nick täuschte ein Niesen vor und der Polizist drehte sich weg. In diesem Moment gingen die Lifttüren wieder zu. Nick schlüpfte gerade noch hinein. Der Polizist wollte noch hinterher springen, aber es war zu spät. Die Türen reagierten nicht mehr, sie schlossen sich.

Nick lächelte dem Pärchen, das in Bademänteln im Lift stand freundlich zu. Im Keller war anscheinend der Wellnessbereich und die Beiden waren auf dem Weg zum Schwimmbad.

In der Halle waren die Polizisten in heller Aufregung. Hubbard hatte gesehen, was geschehen war und rief dem anderen Polizisten zu, der wie wild auf den Liftknopf drückte: „Das hat keinen Sinn. Los, die Treppe, er fährt nach unten.“

Sie rannten beide zur Treppe und eilten sie, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, hinunter.

Mit dem Lift unten angekommen, stieg das Pärchen aus. Nick nahm nun allen Mut zusammen und drückte den Knopf für das Erdgeschoss. Wenn er Glück hatte, waren die Polizisten auf dem Weg über die Treppe nach unten.

Im Erdgeschoss angekommen öffneten sich die Türen des Lifts. Er wartete einen Augenblick, dann wagte er einen Blick nach draußen. An der Rezeption standen viele Leute, es war wohl gerade ein Reisebus mit Japanern angekommen. Niemand beachtete ihn. Er durchquerte beherrscht, jedoch so schnell er unauffällig konnte, die Halle, ging durch die Glastür nach draußen und kam dann auf dem Vorplatz. Er musste in irgendeine Richtung gehen, um nicht aufzufallen. Da war rechts so gut wie links. Er wandte sich nach rechts und ging schnellen Schrittes, aber immer darauf bedacht, keine unnötige Aufmerksamkeit zu erregen. Er drehte sich ein paar Mal um, aber von den Polizisten war nichts mehr zu sehen. In einiger Entfernung sah er eine Reihe von Taxis stehen. Wie sollte es jetzt weiter gehen? Wo war Bridget? Hatte er eine Chance, eine Nadel in diesem riesigen Heuhaufen zu finden? Zumal er jetzt bestimmt auch noch die Flughafenpolizei auf den Fersen hatte. Er ging zu einem der Taxis und stieg ein.

 

26.

Bridget blieb nur kurz stehen. Sie hatte Nick fast gehabt und nun doch verloren. Was sollte sie jetzt tun? Sie drehte sich um und ging langsam zu den Läden zurück. Da kam ihr eine Idee. Sie machte erneut kehrt und steuerte auf die Autovermietung zu. Ein Versuch war es wert.

Sie ging zu der Theke und sogleich war ein Angestellter bei ihr. Der Angestellte war noch sehr jung, etwas dicklich, mit strähnigem, etwas zu langem Haar und einem Bart. Er lehnte sich über die Theke: „Guten Tag. Kann ich Ihnen helfen?“

Sie legte einen verzweifelten Ton in ihre Stimme: „Oh ja, das können Sie sicher. Mein Mann hat einen Mietwagen bei Ihnen gebucht und vorhin den Schlüssel abgeholt. Er hat ihn mir gegeben und ist noch Zigaretten einkaufen gegangen. Ich musste dringend zur Toilette und da ist mir der Schlüssel in die Schüssel gefallen. Leider hatte ich schon die Spülung betätigt. Der Schlüssel ist weg. Jetzt wollte ich Sie fragen, ob Sie nicht einen Ersatzschlüssel für den Wagen haben. Ich bezahle Ihnen jeden Preis. Wenn mein Mann das erfährt, oh je, Sie können sich nicht vorstellen, was er mit mir machen wird. Er hält mich so schon für einen Tollpatsch. Können Sie mir helfen?“

Sie sah den Angestellten von unter her verzweifelt an und schob eine bisschen die Unterlippe vor. Der stellte sich gerade hin und holte theatralisch Luft: „Sie wissen, dass das nicht billig wird. Die Schlüssel müssen extra angefertigt werden.“

Bridget dachte, nun mach dich nicht wichtig. Das ist mir egal. Rück einfach den Ersatzschlüssel raus.

Sie sprach mit verzweifelter Stimme weiter: „Gibt es denn keine Möglichkeit mir zu helfen? Ich dachte, so ein kompetenter und gutaussehender junger Mann wie Sie, wäre mit gewissen Schwierigkeiten vertraut und könnte jedes Problem lösen. So dachte ich jedenfalls, als ich Sie von Weitem sah.“ Oh Nein, dachte sie. Jetzt muss ich dem Kerl auch noch den Bart kraulen. Aber es half. „Wie ist denn Ihr Name?“

„Page.“

Sichtlich geschmeichelt durch das Kompliment, errötete der junge Mann leicht. Er drehte sich um, ging zu einem Schlüsselkasten, kramte darin herum, holte einen Schlüssel heraus, las das Etikett und kam zurück. „Da haben wir ja den Ersatzschlüssel. Ich muss Ihnen den aber auf die Rechnung setzen.“

„Oh, das ist schon in Ordnung. Nach diesem Urlaub hier, wird mein Mann gerne die Rechnung bezahlen. Dafür werde ich schon sorgen, wenn sie wissen, was ich meine.“ Sie sah den jungen Mann an und lächelte verschwörerisch. Sie schlug innerlich die Hände über dem Kopf zusammen. Zu was ließ sie sich herab? Aber egal. Es musste sein.

Der junge Mann errötete jetzt bis unter die Haarspitzen.

„Könnten Sie mir jetzt noch verraten, wo der Wagen steht?“ fragte Bridget, „Mein Mann hat es mir erklärt, aber in der Aufregung habe ich es vergessen.“

„Äh ja, natürlich.“ Erwiderte er und erklärte ihr den Weg.

Sie nahm seine Hand und bedankte sich herzlich: „Ich danke Ihnen vielmals. Das war wirklich sehr lieb von ihnen.“

Er behielt die rosa Farbe im Gesicht bei und lächelte ihr verlegen nach.

Bridget dachte, wenn sie Nick hätten, würde es keinen Sinn machen, das Auto zu beobachten. Sie könnte also in Ruhe damit wegfahren.

Sie ging an den Läden vorbei, die Sonnenbrillen, Schals und Tücher anboten. Sie kaufte sich ein Kopftuch und eine Sonnenbrille, zog ihren Blazer aus und knotete ihn sich um die Hüften. So würde man sie auf den Überwachungskameras vielleicht nicht gleich erkennen. Sie bezahlte alles mit dem wenigen Bargeld, das sie in der Tasche hatte. Bargeld brauchte Bridget sonst nur sehr wenig und hatte deshalb auch kaum etwas dabei.

Sie beeilte sich, um zum Ausgang zu kommen. Ihr Herz klopfte ihr bis zum Hals. Ihr wurde bewusst, dass dies kein Streich war, so wie früher an der Schule, sondern ernst. Und es war auch keine Juliet da, mit der man sich am Ende des Tages totlachen konnte. Aber bis jetzt ging es gut. Der Angestellte hatte ihr den Weg gut erklärt, so dass Bridget sich zurecht fand. Ein leises Gefühl der Erleichterung stieg in ihr hoch.

Kurz vor dem Parkplatz der Autovermietung nahm ihre Aufregung wieder zu. Sie war hochkonzentriert, spähte unauffällig nach allen Seiten und dann entdeckte sie sie: Zwei Sicherheitsbeamte standen gleich neben dem Mietwagen und hielten Ausschau. Bridget fluchte innerlich. Sie drehte ab und wechselte auf den Gehweg auf der anderen Straßenseite. Die Beamten schauten kurz zu ihr hin. Sie gab sich wie eine normale Passantin und winkte jemandem Imaginären in der Ferne zu. Wenn sie Aufmerksamkeit auf sich lenkte, drehten sich die Beamten vielleicht weg und tatsächlich, es funktionierte. Sie verloren das Interesse an ihr.

Bridget lief einfach weiter. Sie wusste nicht, was sie jetzt tun sollte. Irgendwann würde der Weg schon enden. Dann würde sie schon weitersehen. Plötzlich hakte sie von hinten jemand unter. Sie erschrak und schaute zur Seite.

Simmons! „Ich muss sagen, kein schlechter Trick mit dem Ersatzschlüssel. Leider hat es doch nicht so ganz geklappt. Wie man hört, haben Sie dem Kerl ja ganz schön eingeheizt. Zum Glück für mich hat es sein Kollege mitbekommen. Dem kam das Ganze nicht geheuer vor und er hatte Angst um den Wagen. Er hat die Flughafenpolizei alarmiert. Den Rest können sie sich ja denken.“

Bridgets Mund war trocken. Sie brachte fast kein Wort heraus. „Und warum erzählen Sie mir das?“

„Um Ihnen zu zeigen, dass auch der perfekteste Plan daneben gehen kann.“

Sie liefen einfach immer weiter. Plötzlich blieb sie stehen. Simmons fasste sie fester am Arm.

„Ich hoffe, Sie sind zufrieden.“ sagte sie mit eiskalter Stimme.

Simmons erwiderte: „Ich werde nicht fürs Zufriedensein bezahlt.“

Im selben Augenblick kam die schwarze Limousine angerollt. Der Fahrer stieg aus und hielt ihr die Tür auf. Sie zögerte und blickte Simmons böse an. Der wies mit dem Kopf auf die Rückbank und sagte, zu ihrer Überraschung, sehr sanft: „Bitte steigen Sie ein.“

27.

Nick hatte dem Fahrer gesagt, dass er in die Stadt fahren solle. Unterwegs fragte er ihn, ob er eine preiswerte Unterkunft wisse, in der man einige Nächte bleiben könnte. Der Taxifahrer, ein junger Mann mit Dreitagebart, brummte etwas von: „Geht klar Mann. Kenn da was. Is wahrscheinlich genau das Richtige. Gehört ner Freundin von mir. Geht barzahlen?“

Nick überlegte kurz: „Nimmt sie auch Dollar?“

„Klar, Mann, Hauptsache Scheine. Sind wohl Amerikaner?“

Nick wollte nicht mehr sagen, als er schon hatte, machte nur: „Mmmh.“ und der junge Mann verstand sogleich.

Der Fahrer betätigte seine Freisprechanlage. Nick hörte, wie er mit einer Frau am anderen Ende sprach. Nach Beendigung des Gesprächs, sagte zu Nick über seine Schulter: „Geht in Ordnung Mann. Sie hat Platz.“

Die Fahrt dauerte ziemlich lange. Sie fuhren über die Autobahn zur Stadt. Nick konnte von weitem die Skyline von London sehen. Sie rückte immer näher und der Verkehr wurde zusehends mehr. Die Häuser standen dichter beisammen. Der Fahrer lenkte das Taxi zügig und sicher durch die Straßen. Zum Schluss fuhren sie durch eine Mischung aus Wohn- und Geschäftshäusern, eine vierspurige Hauptstraße entlang. Der Wagen bog in eine Seitenstraße, in der sich georgianische Häuser aneinanderreihten. Rechts und links der Straße standen Bäume. Es sah aus wie im Reiseführer.

Vor einem der Häuser hielt das Taxi, der Fahrer drehte sich um und sagte: „Da wären wir. Wär mir recht, Sie bezahlen mich erst, dann melde ich Sie an.“

Für Nick war das in Ordnung. Er bezahlte den nicht unerheblichen Betrag mit der Kreditkarte und gab ihm zusätzlich einen 50 Dollar Schein. „Hier ein bisschen Trinkgeld. Dafür haben Sie mich nie gesehen, klar?“

Der Fahrer nahm den Schein und sagte: „Wer soll denn schon nach Ihnen fragen?“ Er sah Nick an, der darauf aber keine Antwort geben wollte. Der junge Mann verstand und drehte sich wieder zurück. „Klar, Kumpel. Weiß gar nicht, wen Sie meinen.“ Obwohl Nick den Fahrer nicht kannte, hatte er ein gewisses Vertrauen zu ihm, wollte aber trotzdem nicht alles preisgeben.

Was blieb ihm auch anderes übrig? Er war allein, mitten in London und auf Hilfe angewiesen. Sie stiegen aus dem Taxi aus und der Fahrer bedeutete Nick, ihm die Treppe hinauf zu folgen. An der Haustür klingelte er und nach kurzer Zeit kam eine junge Frau und öffnete die Tür. Als sie sah, wer da stand, fiel sie dem jungen Mann um den Hals und sagte: „Nigel, da bist Du ja und Du bringst Deinen Gast gleich mit.“

„Ja, muss aber gleich wieder los. Will ihn nur abliefern. Mach‘s gut und sei lieb zu ihm.“

Er ging die Treppe hinunter, winkte Nick kurz zu, stieg in sein Taxi und fuhr los.

„Hallo, ich bin Dana.“ Die junge Frau streckte Nick die Hand hin. „Kommen Sie doch herein.“

Nick nahm kurz ihre Hand, dann gingen sie zusammen in den Flur. Es roch eigentümlich in dem Haus. Der Holzboden glänzte, als wäre er gerade frisch poliert worden. Der schmale Flur setzte sich im Hausinnern fort. Auf der linken Seite öffnete sich ein Durchgang zu einem Esszimmer. Die Wände waren hellblau gestrichen, die Fenster zur Straße hin mit beigen Vorhängen behängt. Der Tisch und die Stühle waren aus dunklem Holz und schienen, wie die Vitrine an der Seitenwand, schon sehr alt zu sein. Sie waren jedoch tadellos gepflegt.

Dana bemerkte, dass ihr Gast sich umsah: „Überrascht, was?“

Nick lächelte nur. Auf der rechten Seite war der gleiche Durchgang und es gab ein spiegelgleiches Zimmer. In der Mitte der gegenüberliegenden Wand war ein Kamin, vor dem standen drei gelbe Sofas in U-Form, davor ein niedriger Tisch. Ein gemütliches Wohnzimmer. Im Flur führte an der linken Wand eine Treppe in das obere Stockwerk.

„Ich habe das Haus von meinen Großeltern geerbt und will es so erhalten, wie es war, als sie noch lebten. Dazu muss ich leider Geld verdienen. Ich studiere noch. Ich kann es mir aber nicht leisten ein offizielles Bed and Breakfast zu eröffnen. Also bringt mir Nigel manchmal Gäste. Ist das ok für Sie?“

Nick atmete innerlich auf. Ein inoffizielles Quartier war genau richtig. „Das ist mir sogar sehr recht.“

„Ich zeige Ihnen erst mal Ihr Zimmer, dann kommen Sie in die Küche und ich mache Ihnen einen Tee.“

Sie stieg die Treppe hinauf und Nick folgte ihr. Es ging zwei Stockwerke nach oben. Oben angekommen öffnete sie gleich neben der Treppe eine Tür. Das Zimmer war ordentlich groß, in der Mitte stand ein schönes altes Doppelbett, dazu kamen ein Schrank, ein kleines Sofa, ein Schreibtisch mit Stuhl und ein Nachttisch als Möblierung. Dana öffnete noch eine kleine Tür an der Seitenwand des Bettes: „Hier ist ein kleines Bad. Ich hoffe, es gefällt Ihnen.“

Nick hatte im Moment keinen Blick mehr für die Ausstattung. Er wollte nicht noch mehr Zeit verlieren. Er trat ein und meinte sogleich: „Es ist perfekt.“

„Ok, dann lasse ich Sie jetzt allein. Wenn Sie soweit sind, wie gesagt, Tee gibt’s in der Küche, Erdgeschoss, hinter der Treppe. Ist nicht zu verfehlen.“ Sie ging hinaus und schloss die Tür hinter sich.

Nick hatte etwas vergessen. Er rief ihr hinterher: „Moment noch.“ Die Tür öffnete sich wieder und Dana streckte den Kopf herein. „Wo bin ich hier eigentlich? Ich meine, die Adresse?“

„Notting Hill, Pembridge Road 13.“ Sie schloss die Tür wieder.

Na Bravo, dachte Nick, 13.

28.

Bridget saß wie versteinert im Wagen. Nichts hatte geklappt. Der ganze schöne Plan war danebengegangen. Hatte sie Nick jetzt verloren? Sie durfte nicht daran denken. Das durfte einfach nicht sein. Sie hatte die Liebe gefunden und noch bevor sie sie richtig kennenlernen durfte, schien es vorbei zu sein. Wo er jetzt wohl war?

„Wo ist er?“ fragte sie tonlos.

Simmons gab keine Antwort.

Sie sahen beide starr geradeaus.

Sie fragte noch einmal: „Wo ist er?“

Simmons räusperte sich: „Ich weiß nicht, ob es gut wäre, Ihnen das zu sagen.“

„Warum? Haben Sie Angst, ich könnte mich zu ihm durchschlagen?“

Simmons machte ein sonderbares Geräusch mit den Zähnen. „Wer weiß. Nachdem, was Sie in den letzten Tagen so alles gebracht haben, traue ich Ihnen mittlerweile alles zu. Sie sind aufsässig geworden.“

 

„Aufsässig nennen Sie das? Ich habe doch nur jemanden kennengelernt und mich verliebt. Das passiert jeden Tag auf der Welt.“

„Ja, aber es wäre besser gewesen, Ihnen wäre es nicht passiert und schon gar nicht mit dieser Konsequenz. Das wissen Sie selbst.“ Er sah sie jetzt an. „Hören Sie, Mylady.“ Er benutzte jetzt die offizielle Anrede. „Glauben Sie nicht, mir macht es Spaß, Sie so zu jagen und Ihnen den Spaß zu verderben. Bisher war das nicht nötig gewesen. Die Versteckspielchen, die wir in den letzten Jahren manchmal miteinander gespielt haben, waren recht erfrischend. Es ist mein Job, Sie zu beschützen, aber es war nicht vorgesehen, dass Sie sich in den Staaten ernsthaft verlieben. Und schon gar nicht, dass der junge Mann mit hierher nach Hause kommt. Der Kronrat ist außer sich und will Sie umgehend sehen. Er tritt in diesen Minuten zu einer Sondersitzung zusammen. Man erwartet Sie. Ich fürchte, Sie müssen sich auf eine gehörige Abreibung gefasst machen.“

Jetzt war die Katze aus dem Sack. Bridgets Kloß im Magen verdichtete sich zu Beton. Sie hatte damit gerechnet, vor den Kronrat zitiert zu werden, aber doch nicht gleich heute. Insgeheim hatte sie gehofft, ihre Eltern könnten sie davor bewahren, aber die hatten in dieser Hinsicht noch nie etwas ausrichten können. Warum also jetzt? Ausgerechnet jetzt? Sie wussten ja nicht mal, was mit Bridget passiert war. Sie schluckte schwer und ihre Gedanken waren genauso schwer.

„Sagen Sie mir wenigstens, wo Nick ist. Bitte.“ Sie flehte ihn regelrecht an.

Er wirkte jetzt sichtlich gequält. „Mylady, bitte hören Sie auf zu fragen und bringen mich nicht in Gewissensnot. Man hat mir verboten, es Ihnen zu sagen.“

Bridget gab auf. Sie hatte Simmons in den letzten Tagen genug Schwierigkeiten gemacht und trotz seines undankbaren Jobs mochte sie den kauzigen Sicherheitschef. Er hatte ein etwas brummiges Wesen, war aber im Grunde seines Herzens ein guter Mensch, der seine Aufgabe, die Sicherheit seines Schützlings, sehr ernst nahm.

Bridget fiel ein, dass Nick und sie im Flugzeug von Plan B gesprochen hatten. Sie hatte das eigentlich für einen Scherz gehalten, da sie überzeugt war, dass Plan A gelingen würde. Aber nun rückte Westminster Abbey in die Nähe. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Die Limousine bog in den Hof des Parlaments ein. Der Kronrat tagte in diesem Gebäude. Das konnten sie doch nicht wirklich machen. Sie hatte gerade einen langen Flug hinter sich, von ihrer seelischen Anspannung ganz zu schweigen.

Sie sah bestimmt nicht gut aus und jetzt auch noch das. Ihr blieb wirklich nichts erspart. Sie schwankte zwischen Mutlosigkeit und Trotz, Resignation und Kampfeswille. Was würde die Oberhand behalten? War ihre Liebe zu Nick so stark, dass sie sich gegen alles, was bisher in ihrem Leben Bestand hatte, stellen konnte? Sie wusste es selbst nicht. Sie entschied sich erstmal dafür, zu sehen, was kommt und die Augen offen zu halten. Nein, kampflos wollte sie sich nicht ergeben. Nicks Gesicht erschien vor ihr, sein Lächeln bei ihrer Unterhaltung, seine Verzweiflung, als sie gehen wollte, sein zärtlicher Ausdruck, als sie sich von ihm verabschiedet hatte. Und dann erinnerte sie sich an ihren ersten Kuss. An dieses wunderbare Gefühl, das er in ihr hervorgerufen hatte. Nein, nein und nochmals nein. Sie wollte es wenigstens versuchen. Ihr Kampfeswille behielt die Oberhand.

29.

Der Wagen hielt vor einem Seiteneingang. Bridget fragte Simmons: „Kann ich mich wenigstens irgendwo vorher frisch machen? Wie Sie wissen, bin ich schon lange auf den Beinen und im Flugzeug habe ich auch nicht viel geschlafen.“

„Es ist schon alles für Sie vorbereitet.“ Simmons war wirklich gut im Organisieren.

Die Wagentüren gingen auf, sie stiegen aus und wurden von wartenden Sicherheitsbeamten durch den Seiteneingang auf eine Treppe zugeleitet. Sie gingen die Treppe ein Stockwerk hoch und einen Gang entlang. Vor einer Tür blieb Simmons stehen, zog eine Magnetkarte durch den dortigen Scanner und die Tür öffnete sich mit einem Klick. Er ließ Bridget eintreten.

Sie betrat ein Zimmer, das wie ein kleines Appartement eingerichtet war. Es befand sich ein Schrankbett darin, das im Moment eingeklappt war, eine kleine Couch, ein Couchtisch, eine kleine Küchenzeile mit einem Tisch, zwei Stühlen und ein kleiner Schrank. Auf der rechten Seite ging eine Tür ab, die in ein kleines Duschbad führte. Man hatte Bridgets Kosmetikkoffer hineingestellt. Im Schrank, der offen war, sah Bridget frische Kleider für sich hängen. Sie drehte sich zu Simmons um: „Könnte ich was zu trinken haben?“

„Ich lasse Ihnen etwas bringen.“ Simmons drehte sich um und verließ das Appartement.

Als sich die Tür hinter ihm schloss, ging Bridget zum Fenster und sah hinaus. Es ging hinüber zur Westminster Abbey. Da war die Kirche. So nah und doch so fern. Gedankenverloren zog sie sich aus. Sie ging ins Bad, stieg in die Dusche und ließ warmes Wasser über sich laufen. Das tat gut und Bridget fühlte sich ein bisschen besser. Das wärmende Gefühl des Wassers hatte etwas Tröstliches Sie stieg aus und trocknete sich mit einem riesigen Handtuch ab. Plötzlich klopfte es an der Badezimmertür. Ganz leise nur. In Bridget stieg die Wut hoch. Konnte man sie nicht wenigstens in Ruhe duschen lassen?

„Ja, was gibt es denn?“ Fragte sie ärgerlich.

Die Tür ging langsam einen Spalt auf und Juliet streckte den Kopf zur Tür herein. „Na, Mylady, brauchen Sie vielleicht Hilfe?“

„Juliet!“ rief Bridget, rannte auf sie zu und die Freundinnen umarmten sich. Sie drückten sich kurz und Bridget fühlte sich gleich besser. Jetzt bestand vielleicht wieder Hoffnung. Juliet trug die Uniform eines Zimmermädchens. Bridget hielt sie auf Armeslänge von sich und sah sie an. „Neuer Job?“

Juliet lachte: „Ja, beinahe. Jetzt beeil Dich.“

Sie fing an, sich auszuziehen. In diesem Moment verstand Bridget. Sie lief zum Schrank und holte ein paar Sachen heraus. Sie würden die Kleider tauschen.

Bridget fragte atemlos: „Wie hast Du davon erfahren?“

Juliet antwortete: „Durch einen Zufall. Ich wollte Dich in den Staaten anrufen, dort hat man mir aber gesagt, dass Du bereits abgereist bist. Auf Deinem Handy warst Du auch nicht zu erreichen. Da schwante mir gleich, dass etwas nicht stimmen konnte. Mein Dienstmädchen hat eine Freundin hier in der Küche. Die hat ihr erzählt, dass der Kronrat heute tagt. Da muss immer etwas Besonderes serviert werden. Der Duke of Hampstead besteht auf die sauren Nierchen. Das Mädchen in der Küche hat mir den Zutritt ermöglicht. Ich muss nur aufpassen, dass Simmons nicht herausbekommt, wer das war.“

„Aber Du wirst Ärger bekommen, wenn das rauskommt. Und diesmal so richtig.“

„Das ist mir egal. Was können sie mir schon tun?“ Juliet zuckte mit den Schultern und wirkte so resolut.

Mit gespielter Ernsthaftigkeit sagte Bridget: „Eigentlich habe ich ein Hühnchen mit Dir zu rupfen.“

Juliet tat ahnungslos. „Warum das?“

Bridget lächelte zaghaft. „Dein Rat, mich auf dieses Abendessen einzulassen, hat ganz schön was durcheinander gebracht.“

Juliet sah sie erwartungsvoll an. „Ach wirklich?“ fragte sie.

Bridget machte ein ernstes Gesicht und sagte beinahe resigniert. „Juliet, Nick ist ein wunderbarer Mann. Ich habe mich Hals über Kopf in ihn verliebt. Und wahrscheinlich auch hoffnungslos. Er ist mir hierher gefolgt und wir haben uns auf dem Flughafen verpasst. Jetzt weiß ich nicht, wo er ist.“

Juliet machte den Reißverschluss an Bridgets Kleid zu. Dabei sagte sie: „OK. Dann werden wir Dich jetzt erst mal wie geplant aus der Schusslinie nehmen. Nick suchen kannst Du später.“ Sie drehte sich wieder zu ihr und sagte: „Du weißt ja immerhin, wo er wohnt.“ Sie grinste sie an.

Das machte Bridget wieder Mut.

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