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Es war mit dem Schafott wie mit den Gefängnissen, die, nachdem sie den Royalisten gedient, jetzt den Jakobinern dienten. Weit entfernt davon, das Schafott einzureißen, ließ man es fortarbeiten, nur daß jetzt republikanische Häupter darauf fielen, wie vordem royalistische.

Eine dieser Hinrichtungen führte einen großen Tumult herbei und beinahe wäre alles verloren gewesen.

Das neue Tribunal verdammte einen gewissen Alexander Lambert, einen sehr populären Mann in Toulon, zum Tode. Eine Verschwörung, ihn zu retten, bildete sich und wirklich stürzte sich in dem Augenblicke, wo man Lambert zum Tode führte, eine Unmasse Volks auf die Wache, welche ihn eskortierte. Der traurige Zug war in der Straße der Kupferschmiede angekommen, welche nun der Schauplatz eines schrecklichen Kampfes ward. Als ein Mann der Eskorte sah, daß das Volk siegen würde, schoß er auf den Gefangenen, welcher gefährlich, vielleicht aber nicht tödlich verwundet, obgleich die Kugel ihm durch den Leib gegangen war, zu Boden stürzte.

Wie dem auch sein mag, endlich gelang es den Sektionen, die Oberhand zu gewinnen. Die Angreifer wurden in die Flucht geschlagen, Alexis Lambert, dessen Blutspur man wie der eines verwundeten Wildes folgte, fiel wieder in die Hände der Sektionäre, welche sich um die Beute stritten. Die einen wollten, daß man seine Hinrichtung aufschieben, die anderen, daß man dieselbe augenblicklich vollziehen sollte. Die Mehrzahl stimmte für die unmittelbare Hinrichtung und wirklich ward Alexis Lambert noch an demselben Tage enthauptet.

Toulon ward von dem Konvent außer dem Gesetz erklärt. Sonderbarerweise aber hatte Toulon, ungeachtet seines Aufstandes, alle republikanischen Einrichtungen beibehalten und die Trikolore wehte noch immer über der Stadt. Die Royalisten glaubten noch nicht genug getan zu haben. Als sie nach dem Meere blickten, sahen sie die anglo-spanisch-neapolitanische Flotte den Hafen blockieren. Sie beschlossen, Toulon den Engländern zu übergeben und durch diesen Verrat dem Banne des Nationalkonvents zu entrinnen.

Man begann Unterhandlungen mit dem Admirale Hood anzuknüpfen, der jedoch nichts entscheiden wollte, so lange er nicht der Mitwirkung des Generals Grafen Maudés, Platzkommandanten, und des Admirals Trogof, des Kommandanten der Flotte, sicher wäre. Beide gingen auf den Plan ein, allein man konnte dem Kontreadmiral Saint-Julien, der ein unverbesserlicher Jakobiner war, nicht so leicht Vernunft beibringen.

Kaum hatte er Kenntnis von dem Plane erhalten, so versammelte er, anstatt denselben zu unterstützen, seine Mannschaft, hielt eine feurige Rede und ließ die Offiziere und Matrosen schwören, nie zu dulden, daß die feindlichen Flotten in den Hafen von Toulon einliefen.

Der Kontreadmiral Saint-Julien hatte zu dieser republikanischen Rede einen Augenblick benutzt, wo sein Vorgesetzter am Ufer war. Als Saint-Julien die Einmütigkeit nicht seiner Mannschaft allein, sondern auch die der anderen Schiffe sah, nahm er den Befehl über das Geschwader und manöverierte auf solche Weise, daß es ihm gelang, die Passage der Reede vollkommen zu sperren.

Wenn die Royalisten jetzt keinen verzweifelten Schlag führten, so waren sie verloren. Die Armee des Generals Carteaux, welcher soeben Marseille genommen, marschierte gegen Toulon und indem Saint-Julien die Reede sperrte, schnitt er ihnen den Rückzug ab.

Die Royalisten versuchten diesen verzweifelten Schritt und er gelang.

Sie schlossen mit den Engländern einen Vertrag, in welchem ausgemacht ward, daß, wenn sie in den Hafen von Toulon kämen, sie die Stadt im Namen und als Verbündete Sr. Majestät des Königs Ludwig des Siebzehnten in Besitz nehmen sollten. Nachdem dieser Vertrag geschlossen worden, erklärten sie die Flotte für eine Rebellin gegen den allgemeinen Willen der Einwohner und beschlossen, daß Gewalt gegen sie angewendet werde.

Demgemäß stellte man auf alle Posten, wo republikanische Offiziere standen, royalistische und besonders an den dicken Turm, dessen Kommandanten man auftrug, die glühenden Batterien zu heizen und beim ersten Signal auf die Flotte zu schießen, während der Admiral Hood sie von seiner Seite angreifen und den Eingang in den Hafen zu erzwingen suchen sollte.

Diese Nachrichten wurden dem Kontreadmiral Saint-Julien mitgeteilt, der darauf erwiderte, daß er die Stadt bombardieren und alle Schiffe sich zum Kampf fertig machen lassen werde.

Ein blutiger Bürgerkrieg war im Begriff auszubrechen und niemand kann sagen, wie die Sache hätte enden können, als die Fregatte »Die Perle«, welche der Leutnant Van Kempen befehligte, sich plötzlich von der Flotte trennte und für die Stadt erklärte. Der Admiral benutzte die Gelegenheit sogleich. Er ließ sich nach der Fregatte rudern und pflanzte auf derselben seine Kommandantenflagge auf, denn er wußte, welchen Zauber dieselbe auf die Matrosen ausübte.

Wirklich verließ auch ein Teil des Geschwaders bei dem Anblick derselben den Kontreadmiral Saint-Julien. Da ihm bloß noch sieben Schiffe blieben, so beschloß er, sich in die Mitte der englischen Flotte zu begeben, ein Entschluß, den er mit unerhörtem Glück ausführte.

Von nun an aber war Toulon ohne Verteidiger und die nun herrschenden Royalisten ließen die Engländer herein.

Obgleich die Erzählung dieser Ereignisse nicht zu den Memoiren einer Frau zu gehören scheint, so habe ich doch aus zwei Gründen dabei verweilt. Erstens hatten diese Ereignisse großen Einfluß auf andere, an denen ich später nur regen Anteil nahm, und Zweitens hat meine Vertrautheit mit der Königin von Neapel es mir möglich gemacht, Einzelheiten zu erfahren, die selbst Geschichtsschreibern, die über diese Epoche geschrieben haben, unbekannt geblieben sind.

Vierzehntes Capitel

Einige Zeit nach der Ankunft Nelsons in Neapel begab ich mich, vielleicht vor der gewöhnlichen Stunde, zur Königin. Man sagte mir zu meinem großen Erstaunen, daß die Königin sich eingeschlossen, und daß sie verboten habe, irgend jemanden ohne ihre Erlaubnis bei ihr eintreten, zu lassen.

Da die Königin mit mir jedoch stets eine Ausnahme gemacht, so zog ich mich zurück, erstaunt, daß diese Ausnahme heute nicht wie an anderen Tagen beibehalten worden, als ich im Zimmer der Königin klingeln hörte.

Man eilte bei dem Geräusch der Klingel herbei und fragte an der geschlossenen Tür:

»Was befehlen Ihre Majestät?«

»Ruft Louis Custode,« erwiderte die Königin.

Da ich wissen wollte, warum ich wie die andern an die Tür ihres Zimmers gewiesen worden, so rief ich:

»Ich bin da, Majestät!«

»Emma!« sagte sie und öffnete die Tür ganz weit.

»Ich sehe wohl, daß du da bist,« sagte Karoline lachend, »warum stehst du denn aber hier?«

»Weil,« erwiderte ich, »Eure Majestät jedem, wer es auch sein mag, den Eintritt in Ihr Zimmer verboten haben.«

»Bist du denn jemals mit dem,« ›wer es auch sein mag‹ gemeint? Du bist Emma, das heißt meine Freundin, die einzige, vor der ich keine Geheimnisse habe. Komm, komm!«

Und sie rief mich durch eine Kopfbewegung ebenso wie mit dem Munde.

Ich folgte ihr. In ihrem Schlafzimmer lagen auf einem breiten Kanapee, welches dem Bett gegenüber stand, eine ganze Welt von Papieren, die wie ein Wasserfall von dem Sofa auf den Boden gefallen waren.

»O Gott!« rief ich, »ich hoffe, daß Ihre Majestät nicht verurteilt ist, dies alles zu lesen?«

»Nein, ich habe es aber gelesen, ohne dazu verurteilt zu sein.«

»Dann überrascht es mich nicht, daß Ihre Majestät heute morgen so bleich und so leidend aussehen.«

»Das ist begreiflich, denn ich habe nicht geschlafen.«

»Was haben Ihre Majestät denn getan?«

»Ich habe es dir ja gesagt, ich habe alle diese Papiere, die du hier liegen siehst, vom ersten bis zum letzten gelesen.«

»Und zu welchem Zweck?«

»Sieh', an wen diese Papiere adressiert sind,« sagte Karoline und zeigte mir ein Kuvert.

»An den Bürger Mackau, Gesandter der französischen Republik in Neapel.«

Ich blickte die Königin an.

»Wie!« fragte ich sie erstaunt, »der Bürger Mackau teilt Ihrer Majestät die Briefe mit, die er von seiner Regierung erhält?«

»O welche Unschuld!« rief die Königin.

In diesem Augenblicke hörte man eine Stimme, welche vor der Tür sagte:

»Hier ist der Mann, den Eure Majestät haben rufen lassen.«

Karoline zog den Riegel, den sie vorgeschoben, selbst zurück und öffnete die Tür.

Ein Mann, der zu der Dienerschaft zu gehören schien, trat ein.

Als er die Königin erblickte, verneigte er sich bis auf die Erde.

»Ist es gewiß,« fragte ihn Karoline, »daß ich hier alle Papiere der französischen Gesandtschaft habe?«

»Alle, ohne Ausnahme, Majestät! Selbst die, welche in dem Schreibtisch des Gesandten lagen.«

»Du lügst nicht?«

»Ihre Majestät werden es an dem Geschrei sehen, welches der Gesandte erheben wird, wenn er bemerkt, daß er bestohlen worden ist.«

»Ich habe dir zweitausend Dukaten für diesen Diebstahl versprechen lassen.«

»Ja, Majestät, und ich habe tausend als Abschlagszahlung erhalten.«

»Obgleich die Papiere nicht so sind, wie ich es wünschte so sind doch hier die anderen tausend Dukaten.«

»Ich danke, Majestät; man hat mir aber noch mehr versprochen.«

»Was denn noch?«

»Da ich der einzige bin, der das Zimmer des Gesandten betreten, so wird man mich zuerst in Verdacht haben und gewiß festnehmen.«

»Was kann es dir denn schaden, wenn die Richter dich nicht verurteilen?«

»Ich werde dennoch einige Monate im Gefängnis sitzen müssen.«

»Was kann das dir denn aber schaden, wenn du für jeden Monat, den du im Gefängnis zubringen wirst, hundert Dukaten erhältst?«

»Wenigstens ist dies dann eine Entschädigung. Auf alle Fälle vertraue ich mich der Gnade der Königin an.«

»Lasse dich festnehmen, leugne kühn, was auch für Beweise wider dich sein werden, stelle uns unter keinem Vorwand bloß und sei ruhig.«

 

Der Dieb – denn, wie man gesehen haben wird, war es wirklich ein Dieb – steckte die Börse ein.

»Wie!« sagte die Königin, »du zählst ja nicht?«

»O, das wäre ja ein Beweis von Mißtrauen.«

»Es ist gut, du wirst wegen deines Vertrauens belohnt werden. Verlaß mich jetzt.«

Der Mann verneigte sich abermals bis auf die Erde und ging fort.

»Nun?« fragte mich die Königin, »verstehst du jetzt den Stand der Dinge?«

»Nein, denn ich kann nicht glauben, daß Ihre Majestät den französischen Gesandten durch diesen Mann haben seiner Papiere berauben lassen.«

»Dies ist aber dennoch die einfache und genaue Wahrheit.«

Ich gestehe, daß ich erschrak, denn ich dachte, daß ein auf den Befehl meiner Königin ausgeführter Diebstahl doch immer ein Diebstahl sei.

Karoline erriet, was in meinem Innern vorging.

»Ich glaubte in diesen Papieren Beweise für ein Einverständnis zwischen den Jakobinern von Neapel und den Jakobinern von Paris zu finden,« sagte sie. »Ich habe mich allerdings geirrt, jedoch darin etwas nicht weniger Wichtiges gefunden.«

»Und was haben Ihre Majestät gefunden?«

»Warte,« sagte Karoline, »es ist mir, als ob das der Tritt des Königs wäre – ja, er ist es. – Was will er denn zu dieser Stunde bei mir?«

In diesem Augenblicke klopfte man ziemlich laut an die Tür.

»Ob ich nicht recht habe!« sagte die Königin, indem sie sich so setzte, daß sie die Papiere unter den Falten ihres Gewandes verbarg.

Ich öffnete.

Der König sah sehr unruhig aus.

»Mein Himmel!« rief Karoline lachend, »was fehlt Ihnen denn, mein Herr, und warum sehen Sie denn so verstört aus?«

»Sie wissen wohl nicht, was diese Nacht geschehen ist?«

»Nein, wenn Sie mir es aber gesagt haben werden, so werde ich es wissen.«

»Gestatten Sie aber vorher, daß ich als galanter Kavalier Mylady die Hand küsse und mich nach dem Befinden Sir Hamiltons erkundige.«

Ich reichte dem König die Hand, die er, wie er gesagt, galant küßte.

»Sir William befindet sich ausgezeichnet gut,« erwiderte ich, »und wird sich sehr darüber freuen, daß Ew. Majestät sich seiner so gnädig erinnern.«

»Jetzt, nachdem Sie diese Pflichten erfüllt haben,« hob die Königin wieder an, »erzählen Sie mir die schreckliche Begebenheit, die sich diese Nacht ereignet hat.«

»Nun, diese Nacht hat man die Papiere der französischen Gesandtschaft gestohlen.«

»Bah!«

»Und heute morgen hat der Kanzler in Namen des Bürgers Mackau bei dem General Acton auf Klage angetragen.«

»Wirklich?«

»Und die Klage lautet dahin, daß man eine Person am Hofe von Neapel der Tat verdächtig hält.«

»Dann ist er intelligenter, als ich glaubte.«

»Wer er?«

»Der Bürger Mackau.«

»Was meinen Sie?«

»Ich meine, daß Ihr bester Spürhund, Sire, die Spur der Papiere nicht besser hätte verfolgen können, als es der Bürger Mackau getan.«

»Wie, Madame! Sie wissen um diesen Diebstahl?«

»Ja, ich habe davon sprechen hören.«

»Und Sie wissen, wo die Papiere sind?«

»Ich vermute es.«

»Wo sind sie denn aber?«

»Wollen Sie es wissen?«

»Gewiß, und wäre es nur um den Forderungen des Bürgers Mackau nachzukommen.«

»Nun, hier sind sie!« sagte die Königin, indem sie sich erhob und die Papiere sichtbar machte, auf denen sie gesessen, und die sie unter den Falten ihres Gewandes verborgen hatte.

»O mein Gott!« rief der König erbleichend.

»Emma! Emma« sagte die Königin lachend, »rücke Seiner Majestät einen Fauteuil hin, sie wird schwach.«

Die Lachlust steckte auch mich an und ich rückte dem König einen Lehnstuhl hin, auf dem er niedersank.

»Madame,« sagte er, »man wird aber erfahren, daß wir es sind, die die Papiere haben stehlen lassen, und der Diebstahl dieser Papiere zieht einen Krieg mit Frankreich nach sich!«

»Erstens, mein Herr,« sagte die Königin, »haben nicht wir die Papiere stehlen lassen, sondern ich habe es getan; zweitens wird man nicht erfahren, daß ich es gewesen bin, und drittens hätten wir auch ohne den Diebstahl dieser Papiere einen Krieg mit Frankreich gehabt. Der Diebstahl der Papiere ändert also nichts.«

»Und warum hätten wir ohnedies Krieg mit Frankreich?«

»Ganz einfach, weil der Bürger Mackau Augen hat, weil er unsere Rüstungen gesehen, die Soldaten und Schiffe, die wir nach Toulon geschickt haben, gezählt hat, weil Frankreich von allem unterrichtet ist und weiß, daß wir viertausend Mann und vier Schiffe in Toulon haben.«

»Wir können dem französischen Gesandten dennoch nicht die geforderte Genugtuung verweigern.«

»Und welche Genugtuung fordert er?«

»Kriminelle Untersuchung des Diebstahls, wenn der Dieb ein Neapolitaner ist.«

»Geben Sie ihm nur diese Genugtuung!«

»Wenn der Dieb nun aber gesteht?«

»Er wird nichts gestehen!«

»Wenn er aber dennoch verurteilt wird?«

»Er wird nicht verurteilt werden, da er vor einem neapolitanischen Tribunal stehen wird.«

»O Madame,« sagte der König, »verlassen Sie sich nicht darauf; heutzutage strebt man nach Unabhängigkeit.«

»Eben das will ich verhindern, mein Herr,« sagte die Königin, indem sie die Stirn runzelte, »und wenn es sein muß, so werde ich mit den Tribunalen den Anfang machen.«

»So ist dies also Ihre Sache?«

»Jawohl!«

»Sie wollen dies Geschäft auf sich nehmen?«

»Ja.«

»Dann handeln Sie nach Ihrem Dafürhalten. Meinetwegen mag geschehen, was da will, wenn mir nur meine Wälder bleiben, in denen ich jagen, und ich den Golf behalte, wo ich fischen kann.«

»Und San-Leucio, wo Sie sich ausruhen können,« fügte die Königin mit verächtlichem Lachen hinzu.

»Würde mir Ihre Majestät die Ehre erweisen, sich um San-Leucio zu kümmern?« fragte der König.

»Und warum sollte ich das, wenn jetzt an der Spitze dieser interessanten Kolonie ein so verdienstvoller Mann wie der Kardinal Ruffo steht? O, wenn er anstatt Inspektor Schatzmeister wäre, so würde ich vielleicht nicht so ruhig sein.«

»Was haben Sie denn gegen den armen Kardinal? Ich versichere Sie, daß er ein Mann von großer Ergebenheit für uns ist.«

»Für Sie wollen Sie wohl sagen?«

»Du mein Gott, Madame,« sagte der König lachend, »sind wir denn nicht beide eins

»O nein, mein Herr, und ich rühme mich dessen.«

»Sie behandeln mich heute morgen sehr ungnädig, Madame.«

»Behandle ich Sie denn abends besser als am Morgen?«

»Was soll denn Lady Hamilton von mir denken?«

»Lady Hamilton bildet ihre Meinungen nach den meinigen.«

»Das heißt,« sagte der König lachend, »daß Lady Hamilton mir, wie Sie, die Ehre erweist, mich zu verabscheuen.«

»O!« sagte die Königin, »Sie wissen recht wohl, daß ich ein anderes Gefühl als das des Hasses für Sie empfinde.«

»Ich sehe nun wohl ein, daß ich heute morgen bei Ihnen nicht das letzte Wort behalte.«

»Waren Sie deshalb gekommen?«

»Nein, Madame; ich war gekommen, um Sie zu sehen und Ihnen die Neuigkeiten des Morgens mitzuteilen.«

»Nun gut, ich will Ihnen dafür die Neuigkeiten des Tages sagen. Wir, Monsignor Acton und ich, haben beschlossen, daß zwei Schiffe und dreitausend Mann Verstärkung zur anglo-spanischen Flotte gesandt werden. Die Generale von Gambo und Pignatelli sollen den Oberbefehl erhalten. Ich überlasse Ihnen die Ehre der Initiative, wenn Sie dieselbe heute im Kabinettsrat nehmen wollen, nur drängen Sie zur Eile, denn der Kapitän Nelson verlangt diese Verstärkung durchaus.«

»Und wird es mir durch diese Tätigkeit gelingen, Ihre Gnade wiederzuerlangen?«

»Sie haben dieselbe ja niemals verloren, mein Herr,« sagte die Königin mit halb anmutigem, halb spöttischem Lächeln.

Der König näherte sich ihr, faßte ihre Hand und küßte dieselbe, indem er sie mit einem unbeschreiblichen Ausdruck anblickte.

»So sind Sie also entschieden zum Krieg entschlossen?«

»Ja, entschieden, mein Herr, und dies um so entschiedener, als es gar nicht anders geht.«

»So sei es denn, Madame! In den Kampf! Sie werden sehen, daß, wenn der Augenblick gekommen sein wird, den Degen aus der Scheide zu ziehen, ich eben so tapfer sein werde, wie jeder andere.«

»Das wird Ihnen um so leichter sein, mein Herr, da König Carl der Dritte, als er Neapel verließ, Ihnen den Degen zurückgelassen hat, mit dem Philipp Spanien und er selbst das Königreich Neapel besiegt hatte. Nun ist dieser Degen seit der Schlacht von Velletri nicht ans Tageslicht gekommen und in dreiundvierzig Jahren kann zwischen einer Scheide und einer Klinge vieles geschehen.«

»Meiner Treu, meine liebe Schulmeisterin,« sagte der König kopfschüttelnd. »Sie besitzen für mich zu viel Geist und ich lasse Sie daher im alleinigen Besitz des Terrains.«

Nachdem er sich vor uns verneigt, zog er sich zurück.

»Jetzt,« sagte die Königin, »während mein teurer Gemahl ein Alexander oder ein Cäsar wird, wollen wir die nutzlosen Papiere verbrennen und nur die aufheben, die es wert sind.«

Wir machten uns ans Werk und ich muß offen bekennen, daß dieser entschiedene Charakter mich in seinem Willen mit fortriß, wie ein Gestirn den Trabanten in seinen Kreislauf mitzieht.

Die Begebenheiten, die ich soeben erzählt, waren acht oder zehn Tage vor der Ankunft des Kapitän Nelson geschehen, auf den zurückzukommen, es jetzt Zeit ist.

Fünfzehntes Capitel

Man wird sich der Antwort erinnern, die Desdemona auf die Frage des Senats von Venedig gab:

»Wie habt Ihr, die Ihr jung, schön und edel seid, den Mann lieben können, der weder edel, noch schön, noch jung ist?«

Desdemona erwidert:

»Er erzählte mir von seinen Reisen, seinen Gefahren, Kämpfen und stundenlang hing meine Seele an seinen Lippen.«

Ungefähr ebenso war es, ich will nicht sagen mit dem ersten Gefühl der Liebe, sondern mit dem ersten Gefühl von Sympathie, welches mir Nelson einflößte.

Er war ein rauher Seemann, eine Art John Bull, der symbolische Typus des englischen Volkes. Von den ehrgeizigsten Wünschen beseelt, ward er, da er fern von den Thronen geboren worden, bei der ersten Annäherung derselben, von dem Glanz geblendet, der von ihnen ausging.

Hier ist seine Geschichte, wie er sie eines Abends der Königin und mir erzählte.

Er war am 29. September 1758 in einem kleinen Dorfe der Grafschaft Norfolk geboren. Demnach war er zu der Zeit, wo ich ihn kennen lernte, fünfunddreißig Jahre alt.

Er hatte Teneriffa noch nicht belagert und auch den korsischen Feldzug noch nicht mitgemacht; daher hatte er auch noch weder den rechten Arm, noch das linke Auge verloren.

Er war der Sohn eines einfachen Geistlichen. Das Dorf, wo er geboren ward, hieß Burnham-Thorpes.

Seine Mutter starb jung und hinterließ der Fürsorge des armen Dorfgeistlichen elf Kinder.

Der Vater erzog sie sparsam und mit der milden Liebe, welche die Glieder einer armen und zahlreichen Familie miteinander verbindet. Er unterrichtete sie alle selbst, Knaben wie Mädchen, richtete aber seine Gesundheit dabei zu Grunde, und um dieselbe wieder herzustellen, war er genötigt, die Bäder von Bath zu brauchen.

Der älteste Sohn, William Nelson, übernahm in der Abwesenheit des Vaters die Leitung der kleinen Kolonie.

Die arme Familie hatte einen Verwandten, einen Bruder der Mutter, welcher mit der Familie Walpole verwandt war. Dieser Onkel war Schiffskapitän und hieß Morris Suckling.

Eines Tages wollte der Zufall – wovon hängt oft das Schicksal der Menschen, selbst der gekrönten Häupter ab! – eines Tages wollte der Zufall, daß der kleine Horace Nelson während des Osterfestes in einer Zeitung las, daß sein Onkel den Oberbefehl über den »Reasonable«, ein Schiff von vierundsechzig Kanonen, erhalten hatte.

»Bruder,« rief er, indem er sich an William wendete, »schreibe sogleich, ohne einen Augenblick Zeit zu verlieren, an den Vater, und bitte ihn, meinen Onkel Morris zu fragen, ob ich mit ihm zur See gehen dürfte.«

Noch an demselben Tage ward der Brief abgeschickt. Als der Vater denselben las, rief er aus:

»Ich glaube, Horatio ist dazu berufen. Ich würde nicht erstaunen, wenn er die höchste Mastspitze erkletterte!«

Wirklich tat Nelson das auch.

Suckling nahm den Vorschlag an, und der kleine Nelson, der so schmächtig wie eine Weidenrute war, ward an Bord des »Reasonable« aufgenommen.

Horatio Nelson machte auf diesem Schiffe zwei Reisen, eine dritte auf dem »Triumph«, und nachdem das letztere desarmiert worden, schiffte er sich auf einem Kauffahrteischiffe ein. Bei seiner Rückkehr nach London fand er seinen Onkel als Direktor einer praktischen Seemannsschule auf demselben »Triumph«, auf dem er gesegelt, wieder. Er trat in diese Schule ein, da ihm aber dieses Leben auf süßem Wasser unerträglich, so ließ er sich freiwillig zum Teilnehmen an einer Entdeckungsexpedition nach dem Nordpol anwerben.

 

Demgemäß begab er sich an Bord des »Race-Corse«. Nachdem das Schiff die äußersten Grenzen des Ozeans erreicht, blieb es zwischen den Eisbergen festsitzen. Bei einer dieser Expeditionen auf dem in Eis verwandelten Meere begegnete der junge Horatio einem Bären und griff diesen zuerst an, obgleich er weiter keine Waffe als ein Messer besaß. Von seinem furchtbaren Gegner fest umschlungen, wäre er beinahe zwischen den Armen des Ungeheuers erstickt, als einer seiner Gefährten den Bären ins Ohr schoß und tötete.

Nelson war sechzehn Jahre alt und noch so schwächlich, daß man ihn kaum für zwölf alt hielt.

»Warum hast du bei deiner geringen Kraft,« fragte ihn der Kapitän, »einen solchen Gegner angegriffen?«

»Ich wollte sein Fell meinem Vater und meinen Schwestern mitbringen,« erwiderte Nelson.

Die rauhen Proben, denen das Meer die Seefahrer unterwirft, verdoppelten später Nelsons Kräfte und befestigten seine Gesundheit.

Nachdem das Schiff aus den Eisfelsen befreit worden, befand es sich dann wieder im offenen Meere. Hierauf begab sich Nelson auf das Schiff »Sea Horse«, ein Schiff von zwanzig Kanonen, und befuhr den indischen Ozean. Nachdem er zwei Jahre an den Küsten desselben verweilt, wo die Luft vergiftet ist, kehrte der junge Seemann in einem Zustand solcher Kränklichkeit zurück, daß man glaubte, er würde sterben.

Sechs Monate genügten jedoch, um ihn wieder herzustellen. Er benutzte die Zeit seiner Genesung dazu, um sich für seine Examina vorzubereiten, aus denen er siegreich und mit dem Grade eines Marineunterleutnants hervorging. Hierauf kämpfte er gegen Amerika, als es den Unabhängigkeitskrieg begonnen, verteidigte Jamaika gegen den Admiral Estaing, ging nach Südamerika und erneuerte hier die Heldentaten jener Küstenbrüder, deren Geschichte mit dem Zauber eines Romans bis zu uns gedrungen ist.

Eines Tages schlief er bei einem seiner Streifzüge in den Wäldern von Peru am Fuße eines Baumes ein. Eine Schlange kroch in den Mantel, in den Nelson sich eingewickelt hatte.

Eine Bewegung, welche der Schlafende machte, störte die Schlange, welche ihn biß. Es war eine schwarze Schlange von der gefährlichsten Gattung. Das Gegengift, welches die Eingeborenen noch rechtzeitig innerlich und äußerlich bei ihm anwendeten, rettete den jungen Seemann, zum zweiten Male aber kam er todkrank nach England zurück.

Er genas jedoch wieder, wenn auch nicht vollständig, und sein ganzes Leben hindurch fühlte er die Nachwirkung dieser Vergiftung.

Drei Monate nach seiner Rückkehr erhielt er auf die Empfehlung des Lord Cornwallis den Oberbefehl über eine Brigg von 26 Kanonen, mit der er in der Nordsee kreuzte und die Küste Dänemarks kennen lernte.

Im Frühling ward Nelson nach Nordamerika geschickt. Von vier französischen Fregatten verfolgt und umringt, entkam er dadurch, daß er mit seiner Brigg durch einen bis dahin für unzugänglich gehaltenen Paß segelte.

Er berührte Kanada.

Hier war es, wo Nelson zum ersten Male liebte, und an der Heftigkeit dieser ersten Leidenschaft konnte man sehen, welchen Einfluß die Liebe auf sein Leben haben würde. Um sich nicht von der Frau zu trennen, die er liebte, wollte er seine Entlassung einreichen, seinem Beruf entsagen und sein Schiff nach England zurückschicken, selbst aber zurückbleiben. Seine Untergebenen, die ihn anbeteten, behandelten ihn wie einen Tollen und beschlossen, ihn von seiner Tollheit zu heilen. Sie taten nämlich, als ob sie seinen Befehlen gehorchten, entfernten sich, kamen die Nacht zurück, drangen bis in sein Zimmer, fesselten ihn an Händen und Füßen, und nachdem sie ihn so in ihrer Gewalt hatten, schleppten sie ihn an Bord, lichteten die Anker und gaben ihm die Freiheit erst dann wieder, als man sich auf dem offenen Meer befand.

Diese Leidenschaft erlosch nur, um einer andern das Feld zu räumen. Bei seiner Rückkehr nach England verliebte er sich in Mistreß Nisbett, eine junge Witwe von neunzehn Jahren und heiratete sie.

Er nahm seine junge Frau und einen reizenden kleinen Knaben, namens Josua, einen Sohn aus ihrer ersten Ehe, mit in das Haus seines sterbenden Vaters und zum zweiten Male glaubte man ihn für den Seemannsberuf verloren.

Und wirklich bedurfte es der Kriegserklärung Frankreichs gegen England, um ihn dem angenehmen Dunkel zu entreißen, in welches er sich geflüchtet. Die Admiralität suchte ihn in seinem Hause auf und übertrug ihm den Oberbefehl über den »Agamemnon«, mit dem er zum Geschwader des Admirals Hood im Mittelmeere zog. Er kam gerade noch zeitig genug, um an der Einnahme von Toulon teilzunehmen, nach welcher man ihn, wie man bereits gesehen, nach Neapel schickte, wo er Verstärkung holen sollte.

Ich habe gesagt, wie er von dem König und der Königin empfangen ward. Einmal zum Kriege entschlossen, konnte Ferdinand nicht bessere Nachrichten wünschen, als wie Nelson sie ihm brachte. Man hatte offen und vollständig mit Frankreich gebrochen. Auf die Klage des Bürgers Mackau hatte man den Dieb der Papiere des französischen Gesandten festgenommen, vor ein Tribunal gestellt und freigesprochen, obgleich die Beweise seiner Strafbarkeit offenkundig vorlagen.

Wie die Königin aus den Briefen des Gesandten ersehen, hatte Mackau alle Wortbrüchigkeiten des Hofes von Neapel erkannt. Er hatte die Flotte in See gehen, Nelson ankommen sehen, das Echo der Artigkeiten, welche der König, wie die Königin dem Seehelden erwiesen, war bis zur französischen Gesandtschaft gedrungen, kurz, eines Morgens erhielt der Gesandte von seiner Regierung den Befehl, Neapel zu verlassen und war, über die neapolitanische wie päpstliche Regierung aufgebracht, abgereist. Mit ihm reisten die Gattin und die Tochter Basseville's, den man in Rom ermordet. Die eine beweinte den Vater, die andere den Gatten.

Von der Terrasse des Palastes aus sahen wir Mackau sich auf ein neutrales Schiff begeben und da er seinerseits eine Gruppe Frauen den königlichen Zimmern gegenüber sah, so glaubte er, die Königin sei auch da und streckte die Arme drohend nach uns aus.

Ich hatte jedoch in dem Gefolge des Gesandten für nichts Augen, als für jene beiden schwarzgekleideten Frauen, deren Trauer lauter um Rache schrie, als die drohende Gebärde des Gesandten.

Nelson war von dem Empfange, der ihm vom Könige, von der Königin und Sir William bereitet worden, berauscht. Als ein Kind des Volks, fern vom Hofe geboren, fühlte er gleich wie ich den Zauber, den ein königliches Lächeln ausübt, tiefer als die Personen, welche von Geburt einen höheren Rang besitzen.

Hier folgt der Brief, den er am 14. September 1793 an seine Gattin schrieb:

»An Mistreß Nelson

Die Nachrichten, die ich gebracht habe, sind mit der größten Zufriedenheit aufgenommen worden. Nachdem der König mir zuerst einen Besuch an Bord des »Agamemnon« abgestattet, hat er sich zweimal nach meinem Befinden erkundigen lassen. Er nennt die Engländer die Retter Italiens und besonders die Retter seines Reiches. Übrigens habe ich für Lord Hood mit einem Eifer gearbeitet, wie niemand denselben weitertreiben kann, und ich übersende ihm den herrlichsten Brief, den die Hand eines Königs je geschrieben.

Ich habe diesen Brief durch die Verwendung Sir William Hamilton's und des Premierministers, der ein Engländer ist, erhalten. Lady Hamilton empfindet anbetungswürdige Teilnahme für Josua.

Diese Lady Hamilton ist eine junge Frau von ausgezeichnetem Anstand, die dem Rang, zu dem sie erhoben worden ist, alle Ehre macht. Ich werde Lord Hood sechstausend Mann Verstärkung von hier zuführen.

Grüße meinen lieben Vater, wie auch Lord und Lady Walpole. Ich bin wie stets dein Dich liebender

Horace Nelson.«

Solange Nelson sich in Neapel aufhielt, wohnte er in dem Gesandtschaftshotel. Ich habe bereits gesagt, welchen Eindruck er auf mich hervorbrachte. Später wiederholte er mir oft, daß er mich von dem ersten Augenblicke an, wo er mich gesehen, geliebt habe; während dieser ersten Reise jedoch sprachen nur seine Blicke und noch so wenig entschlossen, daß er abreiste und mich in dem Zweifel zurückließ, ob er mich liebte, oder nur einfach eine brüderliche Zuneigung für mich empfände.

Bei mir galt das Gefühl, welches ich empfand, wenn es überhaupt die Grenzen der Freundschaft überschritt, gänzlich dem schönen Jüngling, dem Sohn der Mistreß Nisbett, der in einem Alter von dreizehn oder vierzehn Jahren bereits die Uniform eines Marineoffiziers trug.

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