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Из серии: Der Weg Der Vampire #7
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„Es ist uns eine große Freude“, sagte sie.

„Und wir danken Euch für Eure Großmütigkeit“, sagte Caleb.

„Bist du ein König?“, fragte Scarlet und trat vor. „Gibt es hier eine echte Prinzessin?“

Der König blickte hinunter und brach in schallendes Gelächter aus, lauter und tiefer als zuvor. „Also, ich bin in der Tat ein König – aber hier gibt es fürchte ich keine Prinzessin. Nur uns Männer. Aber vielleicht kannst du dem abhelfen, meine Schöne!“, sagte er mit einem Lachen, hob Scarlet hoch und wirbelte sie herum. „Und wie ist wohl dein Name?“

Scarlet wurde rot, plötzlich schüchtern.

„Scarlet“, sagte sie und blickte zu Boden. „Und das ist Ruth“, sagte sie und deutete hinunter.

Ruth bellte wie zur Antwort, und McCleod setzte sie lachend ab und streichelte Ruth übers Fell.

„Ich bin sicher, ihr seid alle am Verhungern“, sagte er. „Auf zum Schloss!“, rief er. „Es ist Zeit zu feiern!“

Alle seine Männer jubelten auf, drehten sich im Einklang herum und brachen zum Eingang zur Burg auf. Dabei standen reihenweise die Wachen stramm.

Sam legte einen Arm um Caitlins Schulter, und Caleb um Pollys, und gemeinsam gingen sie auf den Burgeingang zu. Caitlin wusste, dass sie das nicht tun sollte, doch trotz allem ließ sie die Hoffnung zu, dass, wieder einmal, sie diesmal ein dauerhaftes Zuhause gefunden hatten, einen Ort auf der Welt, an dem sie alle endlich für immer in Frieden leben konnten.

KAPITEL SECHS

Es war die herzlichste und aufwendigste Begrüßung, die Caitlin sich nur vorstellen hätte können. Ihre Ankunft war wie eine einzige lange Feier gewesen. Sie waren einem Clansmitglied nach dem anderen über den Weg gelaufen, und sie sah Gesichter, die sie schon eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr gesehen hatte – Barbara, Cain und viele andere. Sie alle hatten sich zum Mittagessen an einer riesigen Bankett-Tafel eingefunden, in der warmen Burg aus Stein, mit Fellen unter ihren Füßen, Fackeln an den Wänden, einem prasselnden Kaminfeuer und umherlaufenden Hunden. Der Raum fühlte sich warm und gemütlich an, und Caitlin erkannte, dass es draußen schon kalt war – Ende Oktober, hatte man Caitlin gesagt. Im Jahr 1350. Caitlin konnte es nicht glauben. Sie war beinahe siebenhundert Jahre vom 21. Jahrhundert entfernt.

Sie hatte sich immer vorgestellt, wie es sei würde, in dieser Zeitepoche zu leben, in der Zeit von Rittern, Rüstungen, Burgen…doch sie hatte es sich nie auch nur annähernd so vorgestellt. Trotz der völlig anderen Umgebung, dem Fehlen von großen Städten, waren die Leute dennoch sehr herzlich, sehr intelligent und sehr menschlich. Auf viele Arten nicht so anders wie die Leute aus ihrer eigenen Zeit.

Caitlin fühlte sich in dieser Zeit und an diesem Ort zu Hause. Sie hatte stundenlang mit Sam und Polly geplaudert, ihre Geschichten gehört, ihre Version dessen, was in England passiert war. Sie hatte voller Entsetzen vernommen, was zwischen Sergei und Polly vorgefallen war, und war so stolz auf Sam, dass er sie gerettet hatte.

Und die ganze Nacht hindurch konnte sie nicht umhin, zu bemerken, dass Sam kaum seine Augen von Polly nahm. Als große Schwester nahm sie wahr, dass in seinem Inneren eine große Weiterentwicklung stattgefunden hatte. Endlich schien er reifer, und erstmals wahrhaftig und völlig verliebt.

Und doch schien Polly diesmal ein wenig ausweichender. Caitlin fand es schwieriger, genau herauszulesen, wie sie gefühlsmäßig zu Sam stand. Vielleicht lag es daran, dass Polly zurückgezogener war. Oder vielleicht lag es dran, dass es Polly diesmal wirklich etwas bedeutete. Caitlin konnte spüren, tief drin, dass Sam ihr die Welt bedeutete, und dass sie besonders vorsichtig war, ihre Gefühle nicht offenzulegen, oder es nicht zu vermasseln. Caitlin fiel auf, dass hin und wieder, wenn Sam nicht hinschaute, Polly ihm verstohlen einen Blick zuwarf. Doch dann wandte sie rasch die Augen ab, damit Sam sie nicht dabei erwischen konnte, wie sie ihn ansah.

Caitlin spürte, über jeden Zweifel erhaben, dass ihr Bruder und ihre beste Freundin dabei waren, ein Paar zu werden. Der Gedanke daran begeisterte sie. Und es amüsierte sie, dass sie beide immer noch verdrängten, was zwischen ihnen vorging – und sogar versuchten, so zu tun, als wäre nichts.

Der Tisch war auch voll mit neuen menschlichen Freunden, und Caitlin lernte so viele Leute kennen, denen sie sich nahe fühlte. Sie alle waren Krieger. Der König saß am Kopf der Tafel, umringt von seinen dutzenden Rittern. Den ganzen Nachmittag hindurch sangen sie Trinklieder und lachten laut, während sie Geschichten von Schlachten und Jagdausflügen erzählten. Caitlin konnte sehen, dass diese Schotten herzliche, freundliche, gastfreundliche Leute waren, die gerne tranken und gut erzählen konnten. Und doch waren sie auch äußerst nobel und stolz, und große Krieger.

Das Mahl und die Geschichten zogen sich über Stunden hin, und das Mittagessen dehnte sich in den späten Nachmittag hinein. Fackeln brannten aus und wurden erneuert. Dutzende neue Holzscheite wurden in den massiven Steinkamin gelegt; riesige Weinfässer wurden nachgefüllt. Schließlich wurden die Hunde alle müde und schliefen auf den Teppichen ein. Scarlet schlief auf Caitlins Schoß ein, während Ruth sich neben Scarlet einrollte. Ruth war gut gefüttert worden, dank Scarlet, die ihr einen nicht enden wollenden Fleischvorrat zusteckte. Ein Dutzend Hunde saßen um den Tisch herum, bettelten um Reste, doch sie alle waren vernünftig genug, sich von Ruth fernzuhalten. Und Ruth, zufrieden, hatte auch kein Interesse daran, sich mit ihnen herumzuschlagen.

Selbst einige der Krieger, randvoll mit Speis und Trank, nickten schließlich auf ihren Fellen ein. Caitlin erwischte sich dabei, abzudriften, in Gedanken an andere Zeiten und Orte zu versinken, andere Angelegenheiten. Sie fing an, sich zu fragen, was ihr nächster Hinweis sein würde; ob ihr Vater in dieser Zeit sein würde; wohin ihre nächste Reise sie führen würde. Die Augen fielen ihr zu, als sie plötzlich ihren Namen hörte.

Es war der König, McCleod, der sie über den Lärm hinweg ansprach.

„Und was denkst du, Caitlin?“, fragte er wieder.

Dabei wurde der fröhliche Tisch langsam still, als Leute sich zu ihr herumdrehten.

Caitlin fühlte sich verlegen, da sie dem Gespräch nicht gefolgt war. Der König blickte sie an, als würde er auf eine Antwort warten. Schließlich räusperte er sich.

„Was denkst du über den Heiligen Gral?“, fragte er erneut.

Den heiligen Gral?, wunderte sich Caitlin. Darüber hatten sie sich unterhalten?

Sie hatte keine Ahnung. Sie hatte überhaupt noch nie über den Heiligen Gral nachgedacht und wusste kaum, was es war. Sie wünschte nun, dass sie ihrem Gespräch gelauscht hätte. Sie versuchte, sich daran zu erinnern, was es war, und dachte an Märchen aus der Kindheit zurück, Sagen und Legenden. Den Geschichten von König Arthur. Excalibur. Der Heilige Gral…

Langsam fiel es ihr wieder ein. Wenn sie sich recht erinnerte, war der Heilige Gral Gerüchten nach ein Kelch oder Becher, der angeblich eine spezielle Flüssigkeit enthielt… Ja, nun fiel es ihr wieder ein. Manche Leute sagten, dass der Heilige Gral das Blut Christi enthielt; dass es einen unsterblich machte, davon zu trinken. Falls sie sich recht erinnerte, hatten die Ritter Jahrhunderte damit verbracht, danach zu suchen, hatten ihr Leben dafür riskiert, ihn zu finden, bis ans Ende der Welt. Und niemandem war es je gelungen.

„Denkst du, er wird je gefunden werden?“, fragte McCleod erneut.

Caitlin räusperte sich, während der gesamte Tisch auf Antwort wartend auf sie blickte.

„Ähm…“, setzte sie an. „Ich habe nicht wirklich darüber nachgedacht“, antwortete sie. „Aber wenn er wirklich existiert…dann sehe ich keinen Grund, warum er nicht gefunden werden sollte.“

Ein zustimmendes Murmeln zog über den Tisch.

„Siehst du“, sagte McCleod zu einem seiner Ritter. „Sie ist ein Optimist. Auch ich denke, er wird gefunden werden.“

„Ein Ammenmärchen“, sagte ein Ritter.

„Und was tut man damit, wenn man ihn findet?“, fragte ein weiterer Ritter. „Das ist die wahre Frage.“

„Was wohl, ich mache mich unsterblich“, antwortete der König und brach in herzhaftes Gelächter aus.

„Dafür braucht Ihr keinen Heiligen Gral“, sagte ein weiterer Ritter. „Ihr müsst nur gewandelt werden.“

Eine angespannte Stille legte sich plötzlich über den Tisch. Die Worte des Ritters waren sichtlich unpassend gewesen, hatten eine Grenze überschritten und ein Tabuthema erwähnt. Er senkte beschämt den Kopf, seinen Fehler erkennend.

Caitlin sah McCleods plötzliche finstere Miene, und in dem Moment wurde ihr klar, dass er sich verzweifelt danach sehnte, gewandelt zu werden. Und dass er es Aidens Clan schmerzlich übel nahm, dass sie sich ihm widersetzten. Sichtlich hatte dieser Ritter einen wunden Punkt angesprochen, den einzigen Spannungspunkt zwischen den beiden Arten.

„Und wie ist sie?“, fragte der König laut, seine Frage aus irgendeinem Grund an Caitlin gerichtet. „Die Unsterblichkeit?“

Caitlin fragte sich, warum er sie gefragt hatte, von all den Vampiren im Raum. Hätte er sich nicht jemand anderen heraussuchen können?

Sie dachte darüber nach. Wie war sie? Was konnte sie nur darauf sagen? Einerseits liebte sie die Unsterblichkeit, liebte es, in all diesen Zeiten und Orten zu leben, ihre Familie und Freunde wieder und wieder zu sehen, in jeder neuen Zeit. Andererseits wünschte sich ein Teil von ihr immer noch, sie hätte ein normales, einfaches Leben; wünschte sich, dass die Dinge einen normalen Verlauf hätten. Vor allem fühlte sie sich überrascht darüber, wie kurz die Unsterblichkeit erschien: einerseits fühlte sie sich an wie eine Ewigkeit – doch andererseits fühlte es sich für sie trotzdem immer so an, als wäre nie genug Zeit.

„Es fühlt sich nicht so permanent an, wie man es sich vielleicht vorstellt.“

 

Der Rest der Tafel nickte zustimmend über ihre Antwort.

McCleod erhob sich plötzlich vom Tisch. Dabei erhoben sich auch alle anderen.

Gerade als Caitlin den seltsamen Wortwechsel in ihrem Kopf noch einmal durchspielte und sich fragte, ob sie ihn verärgert hatte, spürte sie plötzlich seine Gegenwart hinter sich. Sie drehte sich herum, und er stand über ihr.

„Du bist weiser als man dir ansieht“, sagte er. „Komm mit mir. Und bring deine Freunde mit. Ich möchte dir etwas zeigen. Etwas, das schon seit sehr langer Zeit auf dich wartet.“

Caitlin war überrascht. Sie hatte keine Ahnung, was es sein mochte.

McCleod drehte sich herum und schritt aus dem Saal, und Caitlin und Caleb erhoben sich, gefolgt von Sam und Polly, und folgten ihm. Sie warfen einander verwunderte Blicke zu.

Sie überquerten den großen steinernen Fußboden und folgten dem König durch die enorme Kammer und zu einer Seitentür hinaus, während die Ritter um die Tafel sich langsam wieder setzten und ihr Mahl fortsetzten.

McCleod ging schweigend weiter, einen engen, von Fackeln beleuchteten Gang entlang, mit Caitlin, Caleb, Sam und Polly hinter ihm. Die uralten Steingänge führten sie auf gewundenem Weg zu einer Treppe.

McCleod nahm eine Fackel von der Wand und führte sie die dunkle Treppe hinab in die scheinbare Finsternis. Im Gehen, fragte sich Caitlin langsam, wohin genau er sie führte. Was konnte er ihnen bloß zu zeigen haben? Eine Art uralte Waffe vielleicht?

Schließlich erreichten sie eine unterirdische Ebene, von Fackeln gut beleuchtet, und Caitlin war von dem Anblick verblüfft. Die niedrige Gewölbedecke glänzte golden. Caitlin konnte Bildnisse von Christus sehen, von Rittern, Szenen aus der Bibel, gemischt mit verschiedenen seltsamen Zeichen und Symbolen. Der Boden war aus uraltem, abgenutztem Stein, und Caitlin hatte das Gefühl, als hätten sie eine geheime Schatzkammer betreten.

Caitlins Herz schlug schneller, als sie ahnte, dass ihnen etwas Bedeutsames bevorstand. Sie schritt schneller, beeilte sich, mit dem König Schritt zu halten.

„Die Schatzkammer des Clan McCleod, schon seit tausend Jahren. Hier unten bewahren wir unsere heiligsten Schätze, Waffen und Besitztümer auf. Doch eines der Besitztümer ist wertvoller, geheiligter, als all die anderen.“

Er hielt an und wandte sich an sie.

„Es ist ein Schatz, den wir nur für dich aufbewahrt haben.“

Er nahm eine Fackel von der Wand, und dabei öffnete sich plötzlich eine Geheimtür im Stein. Caitlin war erstaunt: sie hätte nicht geahnt, dass sie da war.

McCloud führte sie einen weiteren gewundenen Korridor entlang. Schließlich kamen sie in einer kleinen Nische zu stehen. Vor ihnen stand ein Thron, auf dem ein einzelner Gegenstand lag: eine kleine, juwelenbesetzte Schatzkiste. Das Fackellicht flackerte über sie, erleuchtete sie, und McCleod fasste vorsichtig nach ihr und hob sie hoch.

Langsam öffnete er den Deckel. Caitlin konnte es nicht glauben.

Da in der Kiste lag ein einzelnes Stück uralten Pergaments, von verblichener, antiker Farbe, zerknittert und in der Hälfte durchgerissen. Es war bedeckt mit uralter Handschrift, zart geschrieben, in einer Sprache, die Caitlin nicht erkannte. Am Rand entlang standen mehrfarbige Buchstaben, Zeichnungen und Symbole, und in seiner Mitte war eine halbkreisförmige Zeichnung. Doch da es zerrissen war, konnte Caitlin nicht erkennen, was es sein sollte.

„Für dich“, sagte er, hob es sorgsam hoch und hielt es ihr hin.

Caitlin nahm das zerrissene Stück Pergament, fühlte es in ihren Fingern knittern und hielt es gegen das Fackellicht. Es war eine herausgerissene Seite, möglicherweise aus einem Buch. Mit all seiner zierlichen Symbolik sah es aus wie ein regelrechtes kleines Kunstwerk.

„Es ist die fehlende Seite aus dem Heiligen Buch“, erklärte McCleod. „Wenn du das Buch findest, wird die Seite vollständig sein. Und wenn sie das ist, wirst du die Reliquie finden, die wir alle suchen.“

Er wandte sich ihr zu.

„Den Heiligen Gral.“

KAPITEL SIEBEN

Caitlin saß in ihrem geräumigen Zimmer in Dunvegan Castle an einem Schreibtisch und blickte aus dem Fenster hinaus in den Sonnenuntergang. Sie betrachtete die zerrissene Seite, die McCleod ihr überreicht hatte, und hielt sie gegen das Licht. Langsam ließ sie ihre Fingerspitzen über die geprägten lateinischen Buchstaben gleiten. Sie sahen uralt aus, und fühlten sich auch so an. Die gesamte Seite war so wunderschön und detailreich gestaltet, und sie bewunderte die bunten Verzierungen entlang des Randes. Damals, erkannte sie, wurden Bücher als Kunstwerke für sich gefertigt.

Caleb lag auf ihrem Bett, während Scarlet und Ruth auf einem Haufen Fellen vor dem Kamin am anderen Ende des Raums ausgestreckt lagen. Dieser Raum war so weitläufig, dass sich Caitlin selbst mit ihnen allen darin mit ihren Gedanken alleine fühlte. In den Nachbarzimmern, wusste sie, waren Sam und Polly untergebracht. Es war ein langer Tag gewesen, und ein langes Festmahl mit Aidens Clan und den Männern des Königs, und sie ließen sich nun alle zur Nachtruhe nieder.

Caitlin musste unentwegt an die zerrissene Seite denken, den Hinweis, wohin er sie führen mochte, und ob er den vierte Schlüssel hervorbringen würde. Würde ihr Vater diesmal da sein? Konnte es sein, dass er ganz in der Nähe wartete? Ihr Herz schlug beim Gedanken daran schneller. Bedeutete das, dass sie endlich das Schild finden würde? Dass alles endlich vorbei sein würde? Und was würde sie dann tun? Wohin würde sie als nächstes gehen?

Es war alles zu überwältigend für sie, um darüber nachzudenken. Sie fühlte, sie musste sich auf den einen Hinweis vor ihr konzentrieren, einen Schritt nach dem anderen gehen. Sie dachte daran, was McCleod über den Heiligen Gral gesagt hatte. Er hatte ihr gesagt, dass er und seine Männer ihr Leben der Suche nach dem Gral gewidmet hatten. Dass der Legende nach eine Frau ankommen und sie zu ihm führen würde. Er glaubte, dass sie, Caitlin, diese Frau war. Und deswegen hatte er ihr seinen wertvollen Hinweis, das uralte Stück Papier, überlassen.

Doch Caitlin war sich nicht so sicher. War der Gral nur ein Mythos? Oder war er echt? Und was hatte er mit ihrer Suche zu tun?

Caitlin wusste nicht, wohin all dies führen würde, doch als sie nachdachte, erkannte sie, dass sie wieder einmal endlich in dieser Burg, mit diesen Leuten, einen Ort gefunden hatte, wo sie einen Sinn von Frieden und innerer Ruhe empfand. Sie fühlte sich auf Skye zu Hause, in dieser Burg, mit diesem König, mit seinen Rittern, und natürlich wiedervereint mit Aidens Clan. Sie war begeistert, mit Caleb, Scarlet, Sam und Polly vereint zu sein. Wieder einmal fühlte sich endlich alles mit der Welt in Ordnung an. Es war kalt und windig hier draußen, und mit dem prasselnden Kaminfeuer war es hier drin gemütlich, und sie wollte nicht wirklich da hinaus und noch mehr Hinweisen nachjagen. Sie wollte genau hier bleiben. Sie konnte sich vorstellen, sich hier mit Caleb, Scarlet und Ruth ein Heim aufzubauen.

Wenn sie ihre Mission weiter verfolgten, wie würde sich das auf ihre Beziehung mit Caleb auswirken? Oder konnte es gar Scarlet oder Ruth in Gefahr bringen? Es schien, dass immer dann, wenn sie einem der Schlüssel näher kam, schlimme Dinge zu passieren begannen.

Caitlin setzte langsam das brüchige Stück Papier ab und starrte stattdessen auf ihr ungeöffnetes Tagebuch, das vor ihr auf dem Schreibtisch lag. Es war nun abgenutzt, von der Nutzung ganz dick, und sah selbst schon wie eine Reliquie aus. Sie blätterte langsam hindurch, alle Seiten, bis sie beinahe am Ende des Buchs angekommen war. Sie erkannte erschrocken, dass nicht mehr viele leere Seiten übrig waren. Sie konnte es nicht glauben. Als sie das Tagebuch begonnen hatte, schien es, als würde es ewig ausreichen.

Sie hob die Feder, tauchte sie in die Tinte und begann zu schreiben.

Ich kann nicht glauben, dass dieses Tagebuch beinahe zu Ende ist. Ich sehe mir einige meiner älteren Einträge an, wie die aus New York City, und es fühlt sich an, als wäre es ganze Lebzeiten her. Doch es fühlt sich auch an, als wäre es erst gestern passiert.

Ich erinnere mich zurück an alles, was ich durchgemacht habe, und ich weiß nicht einmal mehr, wo ich anfangen soll. Es fühlt sich an, als wäre zu viel vorgefallen, als dass ich dich mit allem auf den neuesten Stand bringen könnte. Also werde ich dir nur die wichtigsten Dinge erzählen.

Caleb lebt. Er hat seine Krankheit überlebt. Ich bin wieder mit ihm zusammen. Und wir werden heiraten. Nichts macht mich glücklicher.

Scarlet, das schönste achtjährige Mädchen der Welt, ist in unser Leben getreten. Sie ist nun unsere Tochter. Auch sie hat ihre Krankheit überlebt und ich bin überglücklich.

Nicht zu sprechen von Ruth, die größer und stärker geworden ist, als es Rose je war, und die womöglich das loyalste und beschützerischste Tier ist, das mir je begegnet ist. Sie ist genauso sehr Teil unserer Familie wie Scarlet und Caleb.

Und es freut mich sehr, wieder mit Sam und Polly vereint zu sein. Endlich fühlt es sich an, als wäre meine ganze Familie wieder zusammen, unter einem Dach.

Ich bin nervös vor unserer Hochzeit. Caleb und ich hatten noch keine Gelegenheit, darüber zu sprechen, doch ich fühle, dass es bald sein wird. Als ich jünger war, habe ich immer versucht, mir meinen Hochzeitstag vorzustellen. Doch ich habe mir nie auch nur annähernd so etwas vorgestellt, wie das hier sein wird. Eine Vampirhochzeit? Wie wird sie aussehen?

Ich hoffe, dass er mich immer noch so sehr liebt wie ich ihn. Ich spüre, dass er das tut. Ich frage mich, ob er auch nervös ist vor unserer Hochzeit?

Ich sehe auf meinen Ring hinunter, den Ring, den er mir gegeben hat, so schön, mit all diesen glitzernden Juwelen bestückt. Es fühlt sich nicht real an. Nichts davon. Doch zugleich fühle ich mich, als wäre ich schon immer mit ihm verbunden gewesen.

Ich will meinen Vater finden. Sehr sogar. Doch ich will nicht länger suchen, und ich will nicht, dass die Dinge sich ändern. Nichts von all dem hier. Ich will mit Caleb zusammensein. Und ich will, dass unsere Hochzeit stattfindet. Ist es falsch, unsere Hochzeit an erste Stelle zu setzen?

Caitlin schloss ihr Tagebuch und legte die Feder ab. Immer noch verloren in einer anderen Welt, blinzelte sie und blickte sich im Raum um. Sie fragte sich, wie viel Zeit vergangen war, während sie vor sich hin gegrübelt hatte; sie blickte aus dem Fenster und sah, dass die Dämmerung hereingebrochen war, und als sie sich im Zimmer umblickte, sah sie, dass Scarlet und Ruth immer noch fest schliefen. Auf der anderen Seite des Zimmers, im Licht der Fackeln, schien auch Caleb zu schlafen.

Auch Caitlin fühlte sich müde. Sie fühlte, dass sie ihren Kopf klar bekommen musste, frische Luft schnappen. Sie stand leise vom Schreibtisch auf und durchquerte das Zimmer, entschlossen, hinauszuschlüpfen. Sie packte sich unterwegs einen Überwurf aus Fell und legte ihn sich um die Schultern. Gerade, als sie die Tür erreicht hatte, hörte sie jedoch ein leises Räuspern.

Sie blickte hinüber und sah, dass Caleb sie mit einem offenen Auge ansah und sie zu sich winkte.

Sie kehrte um und kam an seine Seite, und als er auf das Bett klopfte, setzte sie sich neben ihn.

Er lächelte sie an, während er langsam die Augen öffnete. Wie immer war sie von seiner Schönheit hingerissen. Seine Gesichtszüge waren so perfekt, so scharf und glatt, sein Kiefer und seine Wangenknochen ausgeprägt, seine Lippen voll und weich, seine Nase gewinkelt und perfekt. Er blinzelte seine langen Wimpern, dann strich er ihr mit einer Hand durchs Haar.

„Wir hatten kaum Gelegenheit, zu reden“, sagte er.

„Ich weiß“, lächelte sie zurück.

„Ich möchte, dass du weißt, wie sehr ich dich immer noch liebe“, sagte er.

Caitlin lächelte. „Ich liebe dich auch.“

„Und dass ich es nicht erwarten kann, mit dir verheiratet zu sein“, fügte er mit breiter werdendem Lächeln hinzu.

Er setzte sich auf und küsste sie, und sie küssten einander lange im Fackellicht.

Caitlin fühlte, wie ihr Herz sich erwärmte. Genau das hatte sie hören wollen. Es war unheimlich, wie sehr er schon immer ihre Gedanken lesen konnte.

„Nun, da wir hier sind, möchte ich dich heiraten. Bevor wir unsere Suche fortsetzen. Genau hier. An diesem Ort.“ Er betrachtete sie. „Was denkst du?“

Sie sah ihn an, ihr Herz vor widersprüchlichen Gefühlen rasend. Genau das wollte sie selbst. Doch sie hatte auch Angst. Sie war nicht sicher, wie sie reagieren sollte.

Schließlich stand sie auf.

„Wohin gehst du?“, fragte er.

„Ich bin bald zurück“, sagte sie. „Ich muss nur meinen Kopf freibekommen.“

 

Sie küsste ihn noch einmal, dann verließ sie das Zimmer und schloss sanft die Türe hinter sich. Sie wusste, wenn sie geblieben wäre, wäre sie in seinen Armen gelandet, im Bett. Und zuerst musste sie wirklich ihre Gedanken sammeln. Nicht, dass sie irgendwelche Zweifel hatte, was ihn betraf. Oder über ihre Heirat. Oder über ihre Hochzeit. Doch sie fühlte immer noch einen Konflikt, eine Zerrissenheit darüber, ob sie da draußen sein sollte und ihre Mission erfüllen. War es egoistisch, die Hochzeit an erste Stelle zu setzen?

Als Caitlin den leeren Steinkorridor entlang ging, ihre Schritte widerhallend, entdeckte sie eine Treppe, die nach oben führte, und sah Tageslicht herunterscheinen. Das Dach der Burg, erkannte sie. Das war genau der richtige Ort, um Privatsphäre und Frischluft zu bekommen.

Caitlin eilte die Treppe hinauf und in das Dämmerlicht hinaus. Es war hier oben kälter, als sie gedacht hatte, dank eines starken späten Oktoberwindes. Sie wickelte ihre Felle fest um ihre Schultern und war dankbar für die Wärme.

Während Caitlin langsam die Zinnen entlangspazierte, blickte sie in dem wenigen Licht, das übrig war, über die Landschaft hinaus. Sie war atemberaubend schön. Auf einer Seite saß das Schloss am Ufer eines ausladenden Sees, der in Nebel getaucht war. Auf der anderen Seite lag ein großes Gebiet mit Bäumen und Hügeln und Tälern. Dieser Ort fühlte sich magisch an.

Caitlin ging an den Rand der Zinnen, starrte hinaus, nahm die Landschaft in sich auf – als sie plötzlich die Gegenwart von jemand anderem spürte. Sie wusste nicht, wie das möglich sein konnte, da das gesamte Dach leer gewesen war. Langsam drehte sie sich herum, unsicher, was ihr bevorstand.

Sie konnte es nicht glauben.

Da am anderen Ende des Daches stand eine einsame Gestalt, mit dem Rücken zu ihr, und blickte über den See hinaus. Ein elektrisches Kribbeln durchlief sie. Sie brauchte seine langen, fließenden Roben nicht zu sehen, sein langes silbernes Haar, oder den Stab an seiner Seite, um zu wissen, wer es war.

Aiden.

Kann es wirklich sein?, fragte sie sich. Oder war es nur eine Illusion in der Dämmerung?

Sie überquerte das Dach, ging langsam zu ihm hinüber und blieb in einigen Schritten Entfernung stehen. Er stand so still, sein Haar wehte in der Brise, und er drehte sich nicht herum. Einen Moment lang fragte sie sich, ob er echt war. Dann kam seine Stimme.

„Du bist weit gekommen“, sagte er, sein Rücken immer noch zu ihr.

Langsam drehte er sich zu ihr herum. Seine Augen waren ein großes, leuchtendes Blau, selbst in dem düsteren Licht, und sie schienen direkt durch sie hindurch zu sehen. Wie immer war sein Gesicht ausdruckslos. Eindringlich.

Caitlin war begeistert, ihn hier zu sehen. Es gab so viele Fragen, die sie ihm dringend stellen wollte, und wie üblich schien er genau in dem Moment zu erscheinen, wo sie am meisten seine Führung brauchen konnte.

„Ich wusste nicht, ob ich dich wiedersehen würde“, sagte sie.

„Du wirst mich immer sehen können“, antwortete er. „Manchmal in Person, und manchmal anders“, antwortete er kryptisch.

Ein Schweigen hing zwischen ihnen, während sie versuchte, ihre Gedanken zu sammeln.

„Es ist nur noch ein Schlüssel übrig“, hörte sie sich selbst sagen. „Bedeutet das, dass ich bald meinen Vater sehen werde?“

Er betrachtete sie, dann blickte er langsam davon.

Schließlich sagte er: „Das hängt von deinen Handlungen ab, nicht wahr?“

Seine Gewohnheit, eine Frage mit einer Gegenfrage zu beantworten, trieb sie jedes Mal in den Wahnsinn. Sie musste es erneut versuchen.

„Der neue Hinweis“, sagte sie. „Die Seite. Die zerrissene Seite. Ich weiß nicht, wohin sie führt. Ich weiß nicht, wonach ich suchen soll. Oder wo.“

Aiden starrte in den Horizont.

„Manchmal suchen die Hinweise nach dir“, antwortete er. „Das weißt du jetzt. Manchmal musst du warten, bis sich die Dinge zu erkennen geben.“

Caitlin dachte darüber nach. Wollte er ihr sagen, sie sollte nichts tun?

„Dann…gibt es nichts für mich zu tun?“, fragte sie.

„Es gibt viel für dich zu tun“, antwortete Aiden.

Er wandte sich ihr zu, und langsam, zum ersten Mal, seit Caitlin sich erinnern konnte, begann er zu lächeln. „Du hast eine Hochzeit vorzubereiten.“

Caitlin lächelte zurück.

„Das wollte ich. Doch ich war besorgt, das würde sorglos sein“, sagte sie. „Dass ich es aufschieben sollte. Dass ich zuerst suchen sollte.“

Aiden schüttelte langsam den Kopf.

„Eine Vampir-Hochzeit ist keine sorglose Angelegenheit. Es ist ein geheiligtes Ereignis. Es ist die Verbindung zweier Vampir-Seelen. Es wird euch beiden mehr Kraft verleihen, und mehr Kraft dem gesamten Clan. Und es wird dein Wachstum, deine Fertigkeiten, nur vertiefen. Ich bin stolz auf dich. Du bist stark gewachsen. Doch wenn du auf die nächste Ebene aufsteigen möchtest, brauchst du das. Jede Verbindung bringt ihre eigene Kraft. Sowohl für das Paar als auch für die Einzelperson.“

Caitlin fühlte sich erleichtert, aufgeregt – jedoch auch nervös.

„Aber ich weiß nicht, wie man diese Art von Hochzeit vorbereitet. Ich wüsste kaum, wie man auch nur eine Menschenhochzeit plant.“

Aiden lächelte. „Du hast viele Freunde, die dir helfen werden. Und ich werde der Zeremonie vorstehen.“ Er lächelte. „Immerhin bin ich Priester.“

Caitlin lächelte breit; der Gedanke daran gefiel ihr.

„Also, was muss ich jetzt tun?“, fragte Caitlin, aufgeregt, nervös, nicht wissend, wo sie anfangen sollte.

Er lächelte.

„Gehe zu Caleb. Und sag Ja. Lass die Liebe den Rest erledigen.“

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