Das verlorene Paradies

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LUNATA

Das verlorene Paradies

Das verlorene Paradies

Episches Gedicht

© 1667 John Milton

Originaltitel Paradise Lost

Aus dem Englischen von Adolf Böttger

© Lunata Berlin 2020

Inhalt

Erster Gesang

Zweiter Gesang

Dritter Gesang

Vierter Gesang

Fünfter Gesang

Sechster Gesang

Siebenter Gesang

Achter Gesang

Neunter Gesang

Zehnter Gesang

Elfter Gesang

Zwölfter Gesang

Erster Gesang

Des Menschen erste Schuld und jene Frucht

Des strengverbotnen Baums, die durch Genuss

Tod in die Welt gebracht und jeglich Weh,

Die Eden raubte, bis ein größrer Mensch

Des Heiles Sitz uns wiederum errang:

Besing' o Himmelsmuse, die auf Horebs,

Auf Sinai's verborgnem Gipfel einst,

Den Hirten entflammte, der zuerst belehrt

Das auserwählte Volk, wie Erd und Himmel

Im Anfang aus dem Chaos sich erhob;

Von dorther, oder wenn des Sion Hügel,

Siloah's Quell, der bei des Herrn Orakel

Hinfloß, dich mehr erfreut, so ruf ich dich

Von dort herab, mein kühnes Lied zu weih'n,

Das nicht gemeinen Flugs Aeoniens Berg

Mit solchen Dingen überschweben will,

An die sich Vers und Prosa nie gewagt.

Vor Allem du beseele mich, o Geist,

Der offne Herzen mehr als Tempel liebt:

Du bist allwissend, warst vom Anbeginn

Und ruhtest brütend einer Taube gleich

Mit mächtig ausgespreiztem Flügelpaar,

Den ungeheuern Abgrund fruchtbar machend.

Was in mir dunkel ist, erleuchte du,

Was in mir niedrig, heb' und stütze du;

Daß ich gemäß dem hohen Gegenstand

Die Wege Gottes zu den Menschen preisend

Die ewige Vorsehung verteid'gen mag.

O sprich zuerst – denn Nichts verbirgt der Himmel,

Die tiefe Hölle Nichts vor deinem Blick –

O sprich, was unser erstes Elternpaar

In jener Seligkeit und Himmelsgunst

Bewog, von ihrem Schöpfer abzufallen,

Um ein Verbot sein Wort zu übertreten,

Sie, die doch sonst die Herrscher dieser Welt?

Sprich! wer verführte sie zu dieser Schuld?

Der Höllendrache, Jener, dessen List

Von Rach' und Neid erregt, der Menschen Mutter

Zu einer Zeit betrog, als ihn sein Stolz

Herab vom Himmel stürzte samt der ganzen

Rebellischen Engelschar, mit deren Hülfe

Er glorreich seines Gleichen zu beherrschen

Und Gott sich gleich zu stellen trachtete,

Da er durch Widerstand und ehrsuchtvoll

Verruchten Krieg im Himmel gegen Gottes

Alleinherrschaft erhob, und stolzen Kampf,

Der fruchtlos blieb. Des Allerhöchsten Macht

Stieß häuptlings ihn aus den äther'schen Höh'n

Furchtbaren Sturzes glutumflammt hinab

Zum bodenlosen Abgrund, dort zu wohnen

In Diamantketten und in Feuerpein,

Da dem Allmächtgen er gewagt zu trotzen.

Neun Mal die Zeit, die bei den Sterblichen

Den Tag, die Nacht bezeichnet, lag er dort

Besiegt mit seiner schaudervollen Horde,

Im Feuerpfuhl sich wälzend, sinnverwirrt,

Und doch unsterblich; denn zu größrer Qual

War er verdammt, nun martert der Gedanke

Verlornen Glückes ihn, und ew'ger Pein;

Die düstern Augen wirft er rund umher,

Die Angst und tiefe Traurigkeit verraten,

Worein verstockter Stolz und Hass sich mischt;

Er sieht, so weit als Engel können sehn,

In seiner Lage wüst' und elend sich,

Ein furchtbarlich Gefängnis flammt um ihn,

Gleich einem Feuerofen, doch den Flammen

Entstrahlt kein Licht; nur sichtbar finstre Nacht

Enthüllt ihm hier die Gruppen tiefen Weh's,

Die Gegenden der Sorgen, düstre Schatten,

Wo Friede nicht, noch Ruhe je verweilt,

Wohin selbst Hoffnung, die sonst Allen naht,

Nicht kommen kann; nur endlos grimme Pein

Mischt sich der Feuerflut, genährt von Schwefel,

Der ewig brennt und nimmer sich verzehrt.

Solch einen Ort erschuf der ewge Richter

Für die Empörer, deren Kerker hier

Aus tiefstem Dunkel gähnt, daß sie von Gott

Und Himmelslicht drei Mal so weit entfernt,

Als wie der Mittelpunkt vom letzten Pol.

Wie ungleich jenem Raum, aus dem sie fielen!

Dort sieht er die Genomen seines Fall's

Von Flut und Wirbelwind der Feuermassen

Verschlungen, und an seiner Seite wälzen

Den Einen, an Verbrechen und Gewalt

Ihm selbst der nächste, der bekannt dereinst

In Palästina ward als Beelzebub.

Zu diesem wandt der Erzfeind jetzo sich,

Der in dem Himmel Satan wird genannt,

Mit trotzigem Wort das grause Schweigen brechend:

»Wenn Du es bist, – doch o! wie tief gefallen,

Wie ungleich Dem, der in den Lichtgefilden

Mit höchstem Glanz bekleidet, Myriaden

An Schimmer überstrahlte – wenn Du's bist,

Den wechselseitig Bündnis, gleicher Plan,

Hoffnung und Wagnis in der großen Tat

Mit mir verband, und Elend nun im Sturz –

Du siehst, in welchen Pfuhl, aus welcher Höhe

Gestürzt wir sind, so mächtig war sein Donner,

Wer hat vorher auch dieser grausen Waffe

Gewalt gekannt? doch weder dies, noch auch

Was sonst des mächtigen Siegers Grimm verhängt,

Läßt mich bereun und meinen Willen ändern,

Ob ich verändert auch im äußern Glanz,

Groll fühl ich ob beleidigten Verdienstes,

Was mit dem Höchsten mich zu kämpfen zwang,

Und mich zum Streit die unermessne Macht

Bewehrter Geisterscharen führen hieß,

Die seine Herrschaft wagten zu verschmähn,

Die mich erwählten, seiner Allgewalt

Sich widersetzten, auf den Himmelsau'n

In zweifelhaften Treffen seinen Thron

Erschütternd. Ob das Schlachtfeld auch verloren,

Ist doch nicht Alles hin; der Wille nicht,

Der unbesiegbar, nicht der Rache Durst,

Der ewge Hass und Mut, sich nie zu beugen,

Und was noch sonst unüberwindlich ist:

Den einen Ruhm soll nimmer mir sein Grimm

Und seine Macht entreißen. Wollt' ich jetzt

Kniebeugend ihn um seine Gnade flehn

Und seine Macht vergöttern, dessen Reich

Jüngst vor dem Schrecken dieses Arms erbebte,

So wär' es wahrlich niedrig, wäre Schmach

Und größre Schande noch als unser Sturz,

Da nach dem Schicksal nie die Macht der Götter,

In uns das Himmlische nie schwinden kann;

Weil die Erfahrung dieses großen Kampfs

An Kräften uns nicht schwächer; ja nur stärker

An Vorsicht machte, können wir mit mehr

Erfolg und Hoffnung ewge Fehde wagen,

Die unversöhnlich mit Gewalt und List

Den größten unsrer Feinde soll bekriegen,

Der triumphierend jetzt im Freudetaumel

Des Himmels Herrschaft ganz allein besitzt.«

So sprach der abgefallnen Engel Herr

Laut prahlend, doch gefoltert von Verzweiflung

Und keck entgegnet ihm sein Mitgenoß:

»O Fürst und Haupt so vieler Herrschermächte,

Die in den Krieg die Seraphim geführt,

Die furchtlos bei der schreckenvollsten Tat

Des ewgen Himmelskönigs Thron bedrohten,

Zu prüfen seiner Oberherrschaft Kraft,

Ob sie auf Zufall oder Macht gestützt:

Wohl seh ich und beklag' ich dies Ereignis,

Das durch der Niederlage grausen Sturz

Den Himmel uns verlor und unser ganzes

Gewaltiges Heer furchtbar zertrümmerte,

So weit als Götter oder Himmelswesen

Zu Grunde gehn, denn Geist und Seele bleibt

Unüberwindlich; bald auch kehrt die Kraft,

Ob unser Ruhm auch schwand und unser Glück

Von endlos arger Pein verschlungen ward.

Doch wie, wenn unser Sieger (dessen Kraft

Ich anerkennen muß, da nicht geringere

Die unsern Kräfte je besiegen konnte)

Uns Geist und Stärke ließ, um unsre Qual

Ganz kräftig zu erdulden und zu leiden,

Daß seinem Rächerzorne wir genügen,

Und ihm als Knechte nach dem Kriegesrecht

Zu Dienste stehn; gleichviel, zu welchem Fron,

Um hier im Hag der Hölle bei dem Feuer,

Ob in dem Pfuhl als Boten mitzuwirken:

Was frommt es uns, daß unvermindert wir

 

Die Stärke so wie ewges Dasein fühlen,

Um ewige Bestrafung auszustehn?«

Worauf der Erzfeind rasch erwiderte:

»Gefallner Cherub, schwach zu sein ist elend

Im Tun und Leiden; doch versichert sei,

Nie wird mehr Gutes unser Handeln sein,

Das Böse tun wird unsre höchste Lust,

Als seines hohen Willens Gegenteil,

Den wir bekriegt. Wenn seine Vorsehung

Aus unserm Bösen Gutes schaffen will,

So müssen diesen Zweck wir ihm vereiteln,

Im Guten Stoff zum Bösen stets zu finden.

Dies wird uns oft gelingen, und vielleicht

Ihn öfters kränken, und wenn ich nicht irre

Vom Ziel ihm den geheimsten Willen lenken.

Doch sieh, der grimmige Sieger hat die Diener

Der Rache schon zum Tor des Himmels wieder

Zurückgewinkt; die Schwefelhagelflut,

Die uns im Sturme nachgeschüttelt ward,

Hat ausgetobt, im wilden Flammenmeer,

Das uns umwogt, als wir vom Himmel stürzten;

Der Donner, mit dem roten Blitz beschwingt

Und ungestümer Wut, hat seinen Köcher

Vielleicht erschöpft, und läßt allmählich nach,

Zu brüllen durch den endlos wüsten Schlund.

Laß die Gelegenheit uns nicht versäumen,

Die uns des Feinds gesättigte Wut verschafft.

Siehst du die furchtbar öde Heide dort,

Die Wohnung der Verzweiflung, ohne Licht,

Bis auf den Schimmer dieser fahlen Flammen,

Die blaß und schrecklich flimmern? Dorthin laß

Uns retten aus der Feuerwogen Stößen,

Laß dort uns ruhn, wenn irgend Ruhe dort,

Und sammelnd unser tiefbetrübtes Heer

Erwägen, wie wir unsern Schaden bessern,

Und unser furchtbar Elend überstehn,

Wie aus der Hoffnung wir Verstärkung schöpfen,

Wo nicht, Entschlossenheit aus der Verzweiflung.«

So sprach der Satan zu dem Leidgefährten,

Das Haupt der Flut enthoben, und die Augen

In Flammen funkelnd; niederwärts gebeugt

Schwamm mehre Hufen weithin ausgestreckt

Sein Körper auf den Wogen lang und breit,

An Größe jenen Riesen gleich der Fabel,

Wie die Titanen oder Erdgebornen,

Die Zeus bekriegt, wie Typhon und Briareus,

Die einst die Schlucht beim alten Tarsus barg,

Wie jenes Seegetier, der Leviathan,

Den Gott als allergrößtes Wesen schuf,

Das in des Ozeans Gewässern schwimmt,

Den, wenn er in Norwegens Schaume schlummert,

Der Schiffer einer nachtereilten Barke

Oft für ein Eiland hält, und, wie man sagt,

Wirft dann der Seemann in die Schuppenhaut

Den Anker, und liegt vor dem Wind geschützt

An seiner Seite, wenn noch nachtumhüllt

Dem Meer nicht der ersehnte Morgen lacht.

So ausgestreckt lag jetzt der Satan da,

Gekettet an den Feuersee; wohl nimmer

Hätt' er sein Haupt erhoben, wenn der Wille

Und die Erlaubnis des Allwaltenden

Ihm Raum zu seinem finstern Werke ließ,

Damit er selbst durch wiederholten Frevel

Verdammnis auf sich häufe, da er Andern,

Zu schaden sucht' und dann voll Grimm gewahrt,

Wie alle Bosheit Gutes nur erschuf,

Und den durch ihn verführten Menschenkindern

Unendlich Huld und Gnad' erwiesen wird,

Doch wälzt auf ihn sich dreifach Rach' und Wut, –

Jetzt richtet aus dem Pfuhl er sich empor,

Gewalt'gen Wuchses, von den beiden Seiten

Zurückgetrieben, senken sich der Flammen

Hochzackige Gipfel, rollen in die Wogen

Und lassen mittenin ein schrecklich Tal.

Dann steuert er mit ausgespannten Schwingen

Im Flug empor, auf finstern Lüften schwebend,

Die ungewohnte Last empfinden, bis er dann,

Das trockne Land erreicht, wenn Land es war,

Wo immerfort ein festes Feuer glimmt,

So wie der See von flüssigen Flammen glühte:

An Farbe schien es so, als ob die Kraft

Der unterirdischen Winde Felsen reißt

Von dem Pelorus und dem donnernden

Geborstnen Aetna, dessen Eingeweide

Brandträchtig und verbrennbar Feuer fängt,

Das, durch die Wut der Lava noch erhöht,

Vereint dem Sturme, nur versengten Boden

Voll Qualm und Rauch zurückläßt. Solchen Ort

Der Ruh fand des verfluchten Fußes Sohle!

Ihm folgte schnell sein treuer Mitgenoß,

Frohlockend prahlten Beide jetzt als Götter

Durch eigne neuerlangte Kraft, und nicht

Durch die Erlaubnis einer höhern Macht

Dem stygischen Glutenmeer entflohn zu sein.

Dann sprach der Mund des tiefgefallnen Engels:

»Ist dies die Gegend, dies das Land und Klima,

Der Sitz, den mit dem Himmel wir vertauschen,

Das trübe Dunkel für das Himmelslicht?

So sei's, weil er, der jetzt Gebieter ist,

Verfügen kann, was er als Recht gebeut:

Am besten ist's, recht fern von ihm zu sein,

Den, an Vernunft uns gleich, nur die Gewalt

Erhoben über Gleiche! Fahre wohl

Glückselig Feld, der ew'gen Freude Sitz!

Heil Schrecknis Dir! Heil Dir o Unterwelt!

Und Du o tiefste Hölle huldige jetzt

Dem neuen Herrn, der einen Geist besitzt,

Der unverändert bleibt durch Raum und Zeit.

Es ist der Geist sein eigner Raum, er kann

In sich selbst einen Himmel aus der Hölle,

Und aus dem Himmel eine Hölle schaffen.

Was gilt das Wo, bin ich nur immer ich,

Und was ich sein soll, doch nur größer nicht,

Als er, der durch den Donner mächt'ger ward!

Hier sind wir frei; hier baute nicht der Herr,

Um Neid zu wecken, wird uns nicht von hier

Vertreiben; sicher können hier wir herrschen,

Und wie mich dünkt, ist Herrschen würd'ger Lohn

Und wär's auch in der Hölle; besser ist

Der Hölle Herr sein, als des Himmels Sklave.

Doch warum lassen wir die treuen Freunde,

Die Kampfgenossen und des Falles Brüder,

Betäubt im Pfuhle der Vergessenheit,

Und rufen sie nicht her, um die Behausung

Die unglückselige mit uns zu teilen;

Ha! oder noch ein Mal vereinten Kampfs

Zu wagen, ob vom Himmel wir gewinnen,

Ob in der Hölle noch verlieren können?«

So sprach der Satan, und Beelzebub

Erwidert ihm: »Du Führer dieser Scharen,

Die der Allmächtige nur bezwingen konnte,

Wenn sie nur ein Mal Deine Stimme hören,

Die in Gefahr der Hoffnung Unterpfand,

Und oft in Not gehört ward, in des Kampfes

Gewühle, wutentbrannt, die beste Losung:

Dann wird sie bald ein neuer Mut beleben,

Die krümmend jetzt im Feuermeer sich wälzen,

Wie wir so eben noch, betäubt, erschreckt;

Kein Wunder, nach so schwindeltiefem Sturz!«

Kaum schwieg er still, als schon der Satan sich

Zum Ufer wandte, den gewichtigen Schild,

Groß, breit und rund, und von ätherischem Stoff

Am Rücken tragend. Hing der breite Kreis

Doch auf den Schultern, wie des Mondes Scheibe,

Wann sie durch's Glas Toscaniens Künstler sieht

Des Abends von Fiesole's Gebirg

Und von Valdarno, neues Land entdeckend

Samt Fluss und Bergen auf dem fleckigen Kreise.

Sein Speer, wogegen selbst die höchste Tanne,

Gefällt auf Norwegs Bergen, sie als Mast

Im größten Admiralschiff aufzupflanzen,

Ein schwaches Stäbchen wär', dient ihm als Stütze

Bei seinem Gang auf glühendem Gestein,

Ungleich dem Gang auf dem Azur des Himmels.

Die heiße Luft umloht mit Feuer ihn;

Doch ruhig hielt er's aus bis an's Gestad

Des Feuermeers, hier rief er seiner Horde,

Den Engeln, die betäubt in Scharen lagen,

Herbstblättern gleich, auf Valombrosa's Bäche

Gestreut, wo die Etrurischen Schatten sich

In Bogen wölben, oder so dicht, wie Schilf,

Wann mit entfesseltem Wind bewehrt Orion

Des roten Meeres Küste peitscht, des Wogen

Busiris samt den Reisigen aus Memphis

Versenkt dereinst, als Gosens Gäste sie

Treulosen Grolls verfolgten, die am Strand

Die Leichen schwimmend auf dem Meere sahn

Samt den zerbrochnen Wagen; so verstreut,

Zerrüttet und verloren lagen diese,

Die Flut bedeckend und betäubt ob ihrer

So schmählichen Verwandlung. – Da

Rief er so laut, daß hohl der Hölle Tiefen

Es widerhallten: »Fürsten, Herrscher, Krieger,

Des Himmels Blüten, des euch jetzt verlornen,

Wenn ein Entsetzen ew'ge Geister je

Erschüttern kann; habt ihr den Ort gewählt,

Um nach des Krieges Mühn euch Ruh zu gönnen

Und eurem Mut, weil ihr den Schlummer hier

So süß, wie in den Himmelstalen findet?

Schwort ihr, in dieser hingeworfnen Stellung

Den Sieger anzubeten, der nun Seraph

Und Cherub in der Glut sich wälzen sieht,

Mit ringsverstreuten Waffen, bis behend

Der Diener Schar vom Himmelstor den Vorteil

Erblickt und niederstürmt, um uns Erschöpfte

In Grund zu treten, mit verketteten

Blitzkeulen an den Grund des Pfuhls zu schmieden?

Erwacht! erhebt euch oder bleibt gestürzt!«

Sie hörten ihn beschämt, erhoben sich

Auf ihren Schwingen, so wie Menschen wohl,

Die Wache halten, schlafend von dem Obern

Gefunden werden, den sie fürchten, rasch

Auftaumeln, ehe ganz erwacht sie sind.

Noch kannten sie die traurige Lage nicht,

Noch fühlten sie die grenzenlose Pein;

Doch schnell gehorchten wohl Unzählige

Des Herrschers Stimme. Wie der mächtige Stab,

Von Amrams Sohn geschwungen um die Küste,

Einst an Ägyptens unheilvollem Tage

Ein schwarz Gewölk Heuschrecken herbeschwor,

Vom Ost zusammengeblasen gleich der Nacht

Auf jenes frechen Pharao Reiche hängend,

Des Nils Gestad verdunkelnd: so auch schwebten

Zahllos jetzt unter ihrer Hölle Kuppel

Die bösen Engel in den Flammengluten,

Die sie von allen Seiten rings umflossen,

Bis als ein Zeichen den erhobnen Speer

Ihr Sultan schwang, um ihren Flug zu leiten,

Dann ließen sie auf festen Schwefelgrund

Im Gleichgewicht sich nieder und erfüllten

Die ganze Flur, ein Schwarm, wie nie der Norden

Aus seinen Eisgefilden einen sandte,

Die Donau und den Rhein zu überschreiten,

Als die barbarischen Söhne gleich der Sündflut

Nach Süden kamen, unter Gibraltar hin

Bis zu dem Sande Libyens sich verbreitend,

Nun eilten gleich von jeglicher Partei

Die Häupter dahin, wo ihr Führer stand;

Gestalten, die als Götter menschliche

Gebilde weithin übertrafen, würdig,

Gewaltig, die im Himmel früher thronten

Obwohl ihr Name dort nicht mehr verzeichnet,

Denn ausgelöscht sind sie und ausgetilgt,

Seit der Empörung aus dem Buch des Lebens.

Noch führten sie die neuen Namen nicht,

Die unter Eva's Söhnen sie empfingen,

Als sie durch Gottes hohe Zulassung

Auf Erden wallten zu der Menschen Prüfung,

Durch Lug und Trug der Menschheit größten Teil

Verführten, Gott den Schöpfer zu verleugnen,

Und dessen unsichtbare Herrlichkeit

In eines Tieres Bildnis umzuwandeln,

Das sie geschmückt mit heitrer Frömmelei

Voll Pomp und Gold ja Teufel göttlich selbst

Anbeteten. Sie wurden dann bekannt

Der Heidenwelt in mannigfacher Form.

O Muse, nenne jetzt die Namen Jener,

Die aus dem Schlummer in dem Feuerbett

Auf ihres großen Kaisers Ruf erwachten,

Wie einzeln sie nach ihrem Würdegrad

Hinschritten, wo am öden Strand er weilte,

Indes der niedre Haufe ferne blieb.

Die Häupter waren Jene, die, der Hölle

Entsteigend, ihren Raub auf Erden suchten

Und später ihren Sitz bei Gottes Thron

Und ihren Altar bei dem seinen nahmen,

 

Von Völkern rings als Götter angebetet,

Sie wagten frech Jehovah sich zu nahn,

Der donnernd unter Cherubscharen thronte

Auf Zion, stellten selbst im Heiligtum

Oft ihre Götzen auf, entheiligten

Mit fluchbeladnen Dingen die Gebräuche

Und hehre Gottesfeier, um sein Licht

Mit ihrem Dunkel kecklich zu verhöhnen.

Moloch zuerst, der schreckenvolle Fürst,

Befleckt mit Menschenblut und Elterntränen,

Obwohl durch das Gelärm' der Pauk' und Trommel

Das laute Schrein der Kinder ward betäubt,

Die durch das Feuer zu dem Götzen gingen.

In Rabba und in dessen Wasserfläche

Ehrt ihn der Ammonit, zu Argob und

Zu Basan bis zum Strom des fernen Arnon.

Mit trotziger Nachbarschaft noch nicht zufrieden,

Betört er auch durch Ränke Salomo's

Hochweises Herz, daß er ihm Tempel baute,

Dem Tempel Gottes gegenüber just

Auf jenem Hügel, der mit Gräuel bedeckt,

Daß er das reizendholde Tal von Hinnon,

Tophet und schwarz Gehenna dann genannt,

Ein Höllenvorbild, ihm als Hain erteilte. –

Dann nahte Chemos, Schreckbild Moabs Söhnen,

Von Aroer bis Nebo, bis zur Wüste

Von Abarim im Süden weithinein,

In Hesebon und Horonaim Herrscher;

In Seons Reich, noch weiter als das Tal

Von Sibma, welches blüht' und weinumkränzt,

Und Eleale bis zum Asphalt-Sumpf.

Auch Peos hieß er, als er Israel

Auf seinem Zug vom Nil zu Sittim reizte

Ihn anzubeten, was sie schwer dann büßten.

Von da dehnt er die üpp'gen Orgien aus

Bis an den Hain des mörderischen Moloch

Auf jenem Gräuelhügel, Wollust wohnte

Dicht bei dem Hasse; bis sie Beide dann

Der fromme Josiah zur Hölle trieb.

Dann kamen jene, die einst von der Flut

Des alten Euphrat bis zu jenem Bach,

Der Syriens Boden von Ägypten scheidet,

Baalim und Astaroth als Namen führten,

Die männlichen, die weiblichen Geschlechts,

Denn Geister können, wenn sie irgend wollen,

Ein jegliches Geschlecht, ja beide führen,

So zart und einfach ist ihr reiner Stoff:

Durch Glieder und Gelenke nicht gezwängt,

Noch auf der Knochen spröde Kraft gestützt,

Wie plumpes Fleisch; nein, was auch für Gestalt

Sie wählen, ob verdichtet, ob gedehnt,

Licht oder dunkel, sie vermögen doch

Die luftigen Geschäfte zu vollziehn

Sowohl des Hasses Werke, wie der Liebe.

Für sie verließ der Stamm von Israel

Oft die lebendge Kraft, und ließ verödet

Den heiligen Altar, sich tiefer beugend

Vor tierischen Götzen; dafür wurden tief

Auch ihre Häupter in der Schlacht gebeugt

Und sanken vor den Speeren schnöder Feinde.

Mit dieser Schar kam Astaroth heran,

Astarte von Phöniziern genannt,

Die Himmelskönigin mit Mondeshörnern,

Vor deren Bild nächtlich bei Mondenschein

Sidoniens Jungfrau'n beteten und sangen;

In Zion auch blieb sie nicht unbesungen,

Wo auf dem Berg der Schmach ihr Tempel stand,

Erbaut von jenem buhlerischen König,

Des großes Herz, von schönen Heidinnen

Verführt, in niedern Götzendienst verfiel.

Nach ihn kam Thammuz, dessen Wunde jährlich

Zum Libanon die Töchter Syriens lockte,

Um einen ganzen Sommertag hindurch

In Liebesklagen sein Geschick zu singen,

Und weil der Quell Adonis aus dem Felsen

Ganz purpurn floß zur See, vermeinten sie,

Es sei das Blut des jährlich wunden Thammuz.

Dies Liebesmärchen weckte gleiche Glut

In Zions Töchtern, deren Leidenschaft

Ezechiel im heiligen Vorhof sah,

Als durch Visionen seinem Auge ward

Des falschen Juda Götzendienst gezeigt.

Dann folgte der, des Trauer ernstlich klagte,

Als die gefangne Bundeslade wild

Sein Bild zermalmte, Haupt und Hände selbst

Im eignen Tempel ihm am Fußgesims

Abschlug, daß rasch es auf den Boden stürzte

Zur Schande der Verehrer, – dies war Dagon,

Ein Ungeheuer des Meers, halb Fisch, halb Mensch,

Doch hat er seinen Tempel hoch erbaut

Zu Azot, längs dem Strande Palästina's,

Gefürchtet auch, in Gad und Askalon,

In Akkaron bis an die Grenzen Gaza's.

Ihm folgte Rimmon, dessen Lieblingsort

Damaskus war, an dem fruchtbaren Strand

Abbana's, Pharphars, der kristallnen Ströme.

Auch er war gegen Gottes Tempel frech,

Verlor einst einen Kranken und gewann

Dort einen König Abas, jenen Narren,

Den keck er zwang, des Herrn Altar zu schänden,

Und einen syrischen dafür zu baun,

Auf dem man die verhassten Opfer brannte,

Und Götter ehrte, die er überwunden.

Dann naht ein Zug mit Namen alten Rufs

Osiris, Isis, Orus und ihr Tross.

Mit Zauberei'n und rätselhaften Bildern

Betrogen sie Ägypten samt den Priestern,

Daß das fanatische Volk in Tiergestalt

Anstatt in Menschenform die Götter suchte.

Auch Israel entging nicht dieser Pest,

Als ihr geborgtes Gold das Kalb erschuf

Am Horeb, und der wildempörte König

Die Sünd' in Bethel und in Dan verdoppelt',

Als er den Schöpfer gleich dem Stiere formte,

Jehovahn, der in einer Nacht zugleich,

Als an Ägypten er vorüberzog,

Die Erstgebornen samt den blöckenden

Abgöttern schlug. – Zuletzt kam Belial,

Gemeinrer Geist fiel von dem Himmel nie,

Der nur das Laster um das Laster liebte;

Ihm stand kein Tempel, rauchte kein Altar,

Doch wer ist mehr in beiden wohl als er,

Wenn selbst der Priester Gottesleugner wird,

Wie Eli's Söhne, die mit Wollust einst

Und mit Gewalttat Gottes Haus beschimpften?

An Höfen und Palästen herrscht er auch,

In üppigen Städten, wo des Schwelgens Jubel

Und Schuld sich über ihre höchsten Türme

Erhebt. Wenn Nacht die Straßen dunkel hüllt,

Dann wanken Belials Söhne wild heraus

Von Wein und frechem Übermut erfüllt.

Die Straßen Sodoms waren Zeugen des,

Und jene Nacht in Gibeah, wo ein Weib

Gastfrei man preisgab, Ärgres zu verhüten.

Die Ersten waren dies an Rang und Macht,

Die Übrigen zu nennen wär' zu lang.

Wenn auch die Namen weit und breit berühmt,

Ioniens Götter, von dem Stamme Javan's

Verehrt als Götter, doch nach eigner Beichte

Weit spätern Ursprungs als wie Erd und Himmel,

Die hohen Eltern; Titan, Erstgeborner

Des Himmels mit der ganzen Riesenbrut,

Dem von dem jüngern Bruder, vom Saturn

Das Recht der Erstgeburt entrissen ward.

Saturn empfing von seinem Sohn mit Rhea,

Vom Jupiter dafür ein gleiches Los;

So herrschte Jupiter! Zuerst bekannt

War diese Schar in Kreta und auf Ida,

Beherrschte dann auf des Olympus Schnee

Die Mittelluft, als ihren höchsten Himmel,

Auch auf der Klippe Delphis, zu Dodona,

Entlang die Grenzen all des Dorerlands;

Dann jene, welche mit Saturn entflohn

Hesperien zu, hin über Adria,

Der Kelten fernstes Inselmeer durchstreifend.

Sie all' und Andre kamen scharenweis

Doch mit gesenktem und betrübtem Blick,

Worin ein schwacher Freudestrahl nur glänzte,

Daß sie verzweifelt nicht ihr Haupt gefunden

Und im Verlust sich selber nicht verloren.

Zweideutige Röte färbte sein Gesicht,

Doch schnell den alten Stolz zusammennehmend

Erhob er schmeichelnd ihren schwachen Mut

Mit hohen Worten, die nach Würde klangen

Ob sie gehaltlos auch, und bannte so

Der Seinen Furcht. Sogleich befahl er dann,

Daß unter lautem, kriegerischen Klang

Der Zinken und Trompeten sein Panier

Erhoben werde; dieser Ehre wert

Hielt Azazel, ein stolzer Cherub, sich,

Der unverweilt am glanz'gen Stabesschaft

Die königliche Fahn' entrollt, die frei

Ein Meteor im Windeszuge blitzte,

Mit goldnem Prunk und Gemmen reich besetzt,

Den Waffen und Trophän der Seraphim.

Nun schallt aus lauterklingendem Metall

Der kriegerische Ton, drin allgemein

Der Krieger Schrei sich mischt, daß die Gewölbe

Der Hölle dröhnen, und das Reich des Chaos,

Die alte Nacht von außen selbst erschüttert.

Im Nu sah man zehntausend Banner wehn,

Durch's Dunkel in den hellsten Farben flatternd,

Ein Wald von Speeren hob sich hoch empor,

Es drängten Helme sich, geschlossne Schilde

In dichten Reihn aus unermessner Tiefe.

In regelrechtem Phalanx schritten sie,

Nach dorischen Flöten und Schalmeienklängen,

Die vor der Schlacht des Altertumes Helden

Dereinst zum edelsten Gefühl erhob,

Wut ward gemildert zur Besonnenheit,

Daß unbewegt sie Flucht und Rückzug mehr

Als Sterben fürchteten; auch war's die Macht

Der Töne den verstörten Sinn zu stillen,

Und Zweifel, Furcht und Angst und Schmerz zu bannen

Aus menschlichen und göttlichen Gemütern.

So rückten sie, vereinte Stärke hauchend,

Mit festem Sinne, schweigend, unter sanftem

Getön der Flöten an, das ihre Pein

Beim Schreiten auf dem Glutgrund linderte.

Jetzt hielten sie, als näher sie gerückt,

In einer Schreckensfronte grauser Länge,

Mit blendenden Waffen, wie sie Krieger tragen,

Die lang bei Schild und Speer ergraut, erwartend,

Was ihres mächtigen Oberhaupts Befehl.

Rundum schweift sein erfahrnes Auge jetzt,

Durchfliegt gewandt die ganze Kriegerschar,

Die Ordnung und ihr Äußeres, wie Götter;

Dann überzählt er sie, und Stolz erfüllt

Sein Herz, und pocht verhärtet auf die Stärke.

Denn nie, seitdem der Mensch erschaffen, ward

Ein großes Heer gesehn, das im Vergleich

Mit diesem nicht ein kleines Völkchen wär',

Von Kranichen bekriegt, und wenn sich auch

Mit ihm vereint die Riesenbrut von Pflegra,

Die Helden, die bei Ilion und Theben

Gefochten unter Götterschutz und Schirm,

Ob auch mit ihm vereint die Ritterschaft

Britaniens und Armorica's, die einst

Mit Artus kämpfte, wie Romanzen melden,

Samt allen Gläub'gen und Ungläubigen,

Die in Asparamont und Montalban,

Damaskus und Marocco, Trapezunt

Seitdem gefochten, oder samt den Truppen,

Die einst Biserta sandt' aus Afrika,

Als Karl der Große mit den Palatinen

Bei Fontarabia fiel. – So weit dies Heer

Auch den Vergleich mit Menschen übertraf,

So fügt es doch dem Führer sich, der Alle

An Wuchs und Haltung, einem Turme gleich

Stolz überragte, denn noch hatte seine

Gestalt nicht all den frühern Glanz verloren.

Er sah wie ein gestürzter hoher Engel,

Des Glanzes Übermaß nur war verdunkelt;

Wie wenn die eben aufgegangne Sonne

Durch nebelhafte Luft des Horizonts,

Beraubt der hellen Strahlen, schimmert, oder

In düsterer Verdunklung hinterm Mond

Ein Zwielicht wirft auf unsrer Erde Hälfte,

Mit Furcht vor Wechsel Könige bedrohend:

Also verdunkelt, doch vor Allen strahlend

Stand Satan, auf der Stirne zwar die Narben

Des Donners, und auf seiner welken Wange

Das Mal des Kummers, aber wilder Mut

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