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Tausend und Ein Gespenst

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In dem Augenblicke, wo meine Augen auf dem Sacke verweilten, wiederholte dieselbe Stimme, aber weit schwächer, aber noch weit klagender, den Namen:

– Albert!

Vor Entsetzen erstarrt richtete ich mich auf; diese Stimme schien aus dem Innern des Sackes zu kommen.

Ich befühlte mich, um mich zu überzeugen, ob ich schliefe oder ob ich wachte; dann schritt ich steif, indem ich wie ein Mann von Stein ging, mit ausgestreckten Armen auf den Sack zu, in welchen ich eine meiner Hände senkte.

Nun schien es mir, als ob noch warme Lippen sich auf meine Hand drückten.

Ich war zu diesem Grade des Schreckens gelangt, wo gerade das Uebermaß des Schreckens uns den Muth wiedergibt. Ich nahm diesen Kopf, und indem ich nach meinem Sessel zurückkehrte, auf welchen ich sank, stellte ich ihn auf den Tisch.

O! Ich stieß einen schrecklichen Schrei aus. Dieser Kopf, dessen Lippen noch warm schienen, dessen Augen halb geschlossen waren, war der Kopf Solanges!

Ich glaubte wahnsinnig zu werden. Ich rief drei Male:

Solange! Solange! Solange!

Bei dem dritten Male öffneten sich die Augen wieder, blickten mich an, ließen zwei Thronen fallen, und indem sie eine feuchte Flamme aussprühten, wie, als ob die Seele ihnen entströmte, schlossen sie sich wieder, um sich nicht mehr zu öffnen.

Ich stand wahnsinnig, sinnlos, rasend auf; ich wollte entfliehen; aber indem ich aufstand, blieb ich mit dem Schooße meines Rockes an dem Tische hängen; der Tisch fiel, zog das Licht nach sich, welches erlosch, der Kopf rollte herab, indem er mich selbst, außer mir, nach sich zog. Nun, auf dem Boden liegend, schien es mir, als ob dieser Kopf auf den Steinplatten dem meinigen zuglitte; seine Lippen berührten meine Lippen, ein eisiger Schauder verbreitete sich durch meinen ganzen Körper; ich stieß ein Stöhnen aus und sank in Ohnmacht.

Am folgenden Tage fanden mich die Todtengräber um sechs Uhr Morgens eben so kalt als die Steinplatten wieder, auf denen ich lag.

Durch den Brief ihres Vaters erkannt, war Solange an demselben Tage verhaftet, verurtheilt, und an denselben Tage hingerichtet worden.

Der Kopf, welcher mich angeredet, die Augen, welche mich angeblickt, die Lippen, welche meine Lippen geküßt hatten, es waren die Lippen, die Augen, der Kopf Solanges!

Sie wissen, Lenoir, fuhr Herr Ledru fort, indem er sich nach dem Chevalier umwandte, daß ich zu jener Zeit beinahe gestorben wäre.

VIII.
Die Katze, der Gerichtsdiener und das Skelett

Die durch die Erzählung des Herrn Ledru hervorgebrachte Wirkung war schrecklich; Niemand von uns dachte daran, gegen diesen Eindruck zu wirken, nicht einmal der Doctor. Von Herrn Ledru angeredet, antwortete der Chevalier Lenoir durch ein einfaches Zeichen der Zustimmung; die bleiche Dame, welche sich einen Augenblick lang auf ihrem Kanapee aufgerichtet hatte, war wieder auf ihre Kissen zurückgesunken, und hatte nur durch einen Seufzer ein Lebenszeichen von sich gegeben; der Polizeicommissär, der in alle dem keinen Stoff zu einer Protokoll-Aufnahme sah, sagte kein Wort. – Was mich anbetrifft, so merkte ich mir alle die Umstände der Catastrophe in meinem Kopfe, um sie darin wiederzufinden, – wenn es mir eines Tages gefallen sollte, sie wieder zu erzählen, – und was Alliette und den Abbé Moulle anbelangt, so ging das Abenteuer zu sehr in ihre Ideen ein, als daß sie es zu bestreiten versuchten.

Der Abbé Moulle brach im Gegentheile zuerst das Schweigen, und indem er in gewisser Art die allgemeine Meinung darstellte, sagte er:

– Ich glaube das, was Sie uns erzählt haben, – mein lieber Ledru; aber wie erklären Sie sich diesen Vorfall, wie man in der materiellen Sprache sagt?

– Ich erkläre mir ihn nicht, sagte Herr Ledru, – ich erzähle ihn; sonst Nichts.

– Ja. wie erklären Sie ihn? fragte der Doctor, – denn am Ende, welches die Fortdauer des Lebens auch sein möge, so werden Sie doch nicht annehmen, daß ein abgeschnittener Kopf nach Verlauf von zwei Stunden spricht, anblickt und handelt.

– Wenn ich es mir erklärt hätte, mein lieber Doctor, sagte Herr Ledru, so würde ich keine so schreckliche Krankheit in Folge dieses Ereignisses bestanden haben.

– Aber am Ende, Doctor, sagte der Chevalier Lenoir, wie erklären Sie es sich selbst? – denn Sie nehmen nicht an, daß Herr Ledru uns eine absichtlich erfundene Geschichte erzählt hat; – seine Krankheit ist gleichfalls eine materielle Thatsache.

– Bei Gott! Eine große Sache, durch eine Verblendung. Herr Ledru hat zu sehen geglaubt, Herr Ledru hat zu hören gelaubt, das ist gerade für ihn, wie, als ob er gesehen oder gehört hätte. – Die Organe, welche die Wahrnehmung dem Sessorium zu führen, – das heißt dem Gehirne, – können durch die Umstände, welche Einfluß auf sie haben, gestört sein; – in diesem Falle trüben sie sich, und indem sie sich trüben, übertragen sie falsche Wahrnehmungen; man glaubt zu hören, man hört; man glaubt zu sehen, und man sieht.

Die Kälte, der Regen, die Dunkelheit hatten die Organe des Herrn Ledru getrübt, das ist Alles. Der Wahnsinnige sieht und hört gleichfalls das, was er zu sehen und zu hören glaubt; die Verblendung ist ein augenblicklicher Wahnsinn; man behält die Erinnerung davon, wenn sie verschwunden ist. Das ist Alles.

– Aber wenn sie nicht verschwindet? fragte der Abbé Moulle.

– Nun denn! Dann wird die Krankheit zur unheilbaren Krankheit, und man stirbt daran.

– Und Sie haben zuweilen diese Arten von Krankheiten behandelt, Doctor?

– Nein, aber ich habe einige Aerzte gekannt, welche sie behandelt haben, und unter andern einen englischen Doctor, der Walter Scott auf seiner Reise nach Frankreich begleitete.

– Der Ihnen erzählt hat?

– Etwas dem Ähnliches, was uns so eben unser Wirth erzählt hat. etwas vielleicht sogar noch weit Außerordentlicheres.

– Und das Sie von der materiellen Seite erklären, fragte der Abbé Moulle,

– Natürlicher Weise.

– Und können Sie uns den Fall erzählen, der Ihnen von dem englischen Doctor erzählt worden ist?

– Ohne Zweifel.

– Ah! Erzählen Sie, Doctor, erzählen Sie.

– Muß es sein?

– Ei, ohne Zweifelt rief Jedermann aus.

– Es sei. Der Arzt, welcher Walter Scott nach Frankreich begleitete, nannte sich Doctor Sympson; er war einer der ausgezeichnetsten Männer der Facultät von Edinburg, und dem zu Folge mit den angesehensten Personen der Stadt befreundet.

Unter der Zahl dieser Personen befand sich ein Richter an dem Criminal-Gerichtshofe, dessen Namen er mir nicht genannt hat. – Der Name war das einzige Geheimniß, das er für angemessen fand, in dieser ganzen Angelegenheit zu verschweigen.

Dieser Richter, den er gewöhnlich als Arzt behandelte. verfiel sichtlich ohne irgend eine scheinbare Ursache der Störung in der Gesundheit; eine finstere Schwermuth hatte sich seiner bemächtigt. Seine Familie hatte bei verschiedenen Veranlassungen den Doctor befragt, und der Doctor hatte gleichfalls seine Freunde befragt, ohne etwas Anderes aus ihnen herauszubringen, als unbestimmte Antworten, welche seine Besorgnis, nur noch mehr erregt hatten, indem sie ihm bewiesen, daß ein Geheimniß obwalte, daß aber der Kranke dieses Geheimniß nicht sagen wollte.

Endlich drang der Doctor Sympson eines Tages dermaßen in ihn, daß sein Freund ihm gestehen mögte, daß er krank wäre, daß dieser, indem er ihn mit einem traurigen Lächeln bei den Händen ergriff, zu ihm sagte:

– Nun denn! Ja, ich bin krank, und meine Krankheit, lieber Doctor, ist um so unheilbarer, als sie gänzlich in meiner Einbildung liegt.

– Wie! In Ihrer Einbildung.

– Ja, ich werde wahnsinnig.

– Sie werden wahnsinnig! Und in was, ich bitte Sie? Sie haben einen klaren Blick, eine ruhige Stimme, – er ergriff ihn bei der Hand, – einen vortrefflichen Puls.

– Und das ist es gerade, was das Gefährliche meines Zustandes ausmacht, lieber Doctor, nämlich daß ich es sehe und es beurtheile.

– Aber worin besteht am Ende Ihr Wahnsinn?

– Verschließen Sie die Thüre, damit man uns nicht stört, Doctor, und ich will es Ihnen sagen.

Der Doctor verschloß die Thüre und kehrte zurück, sich neben seinen Freund zu setzen.

– Erinnern Sie sich des letzten Criminalprocesses, sagte der Richter zu ihm, in welchem ich berufen gewesen bin ein Urtheil auszusprechen?

– Ja; über einen schottischen Räuber, der von Ihnen zum Galgen verurtheilr und gehangen worden ist.

– Ganz recht. Nun denn! In dem Augenblicke, wo ich das Unheil aussprach, sprühte eine Flamme aus seinen Augen und er zeigte mir drohend die Faust. Ich achtete nicht darauf. . . Solche Drohungen sind bei den Verurtheilten häufig. Aber am Tage nach der Hinrichtung erschien der Scharfrichter bei mir, indem er mich demüthig über seinen Besuch um Verzeihung bat, aber mir erklärte, daß er geglaubt hätte, mich von Etwas benachrichtigen zu müssen; der Räuber war gestorben, indem er eine Art von Beschwörung gegen mich aussprach, und indem er sagte, daß ich am folgenden Tage um sechs Uhr, der Stunde, in welcher er hingerichtet worden war, Nachrichten von ihm erhalten würde.

Ich glaubte an irgend eine Ueberraschung seiner Kameraden, an irgend eine Rache mit bewaffneter Hand, und als die sechste Stunde herbeikam, schloß ich mich mit einem Paar Pistolen auf meinem Schreibtische in mein Kabinet ein.

Es schlug sechs Uhr auf der Standuhr meines Kamines. Ich war den ganzen Tag über mit dieser Mittheilung des Scharfrichters beschäftigt gewesen. Aber der letzte Schlag erbebte auf der Glocke, ohne daß ich etwas Anderes hörte, als ein gewisses Schnurren, dessen Ursache ich nicht wußte. Ich wandte mich um, und erblickte eine große schwarze und feuerfarbige Katze. Wie war sie herreingekommen? Es war unmöglich, das zu sagen; meine Thüren und meine Fenster waren verschlossen. Sie mußte während des Tages in das Zimmer eingesperrt gewesen sein.

 

Ich hatte mein Vesperbrod nicht genommen; ich schellte, mein Bedienter kam, aber er konnte nicht eintreten, da ich mich von Innen eingeschlossen hatte; ich ging an die Thüre und machte sie auf. Nun sprach ich ihm von der schwarzen und feuerfarbigen Katze; aber wir suchten sie vergebens, sie war verschwunden.

Ich bekümmerte mich nicht weiter darum; der Abend verfloß, die Nacht brach an, dann der Tag, dann verfloß der Tag, dann schlug es sechs Uhr. Im selben Augenblicke hörte ich dasselbe Geräusch hinter mir und sah dieselbe Katze.

Dieses Mal sprang sie auf meinen Schooß.

Ich habe keinen Widerwillen gegen die Katzen, und dennoch verursachte diese Vertraulichkeit mir einen unangenehmen Eindruck. Ich verjagte sie von meinem Schooße. Aber kaum war sie auf dem Boden, als sie von Neuem auf mich sprang. Ich stieß sie zurück, aber eben so vergebens, als das erste Mal. Nun stand ich auf und ging in dem Zimmer auf und ab; die Katze folgte mir Schritt vor Schritt; unwillig über diese Beharrlichkeit, schellte ich wie am Tage zuvor, mein Bedienter trat ein, aber die Katze entfloh unter das Bett, wo wir sie vergebens suchten; sobald sie sich unter dem Bette befunden hatte, war sie verschwunden.

Ich ging am Abend aus, und besuchte zwei bis drei Freunde; dann kehrte ich nach Haus zurück, in welches ich mittels eines Hauptschlüssels eintrat.

Da ich kein Licht hatte, so ging ich aus Furcht mich an irgend etwas zu stoßen vorsichtig die Treppe hinauf. Als ich auf die letzte Stufe gelangte, hörte ich meinen Bedienten, der sich mit der Kammerjungfer meiner Frau unterhielt.

Mein ausgesprochener Name veranlaßte, daß ich auf das horchte, was er sagte, und nun hörte ich ihn das ganze Abenteuer von gestern und Heute erzählen; nur fügte er hinzu: der Herr muß wahnsinnig werden, es befand sich eben so wenig eine schwarz und feuerfarbige Katze in dem Zimmer, als sich eine solche in meiner Hand befand.

Diese wenigen Worte erschreckten mich; entweder war die Erscheinung wirklich, oder sie war falsch; wenn die Erscheinung wirklich war, so befand ich mich unter der Last einer übernatürlichen Sache; wenn die Erscheinung falsch war, wenn ich etwas zu sehen glaubte, das nicht bestand, wie mein Bedienter es gesagt hatte, so wurde ich wahnsinnig.

Sie werden errathen, mit welcher mit Furcht gemischter Ungeduld ich die sechste Stunde erwartete; am folgenden Tage behielt ich unter dem Vorwand etwas zu ordnen meinen Bedienten bei mir zurück; es schlug sechs Uhr, während er da war; bei dem letzten Schlage der Glocke hörte ich dasselbe Geräusch und sah meine Katze wieder.

Sie saß neben mir.

Ich blieb einen Augenblick lang ohne etwas zu sagen, indem ich hoffte, daß mein Bedienter das Thier erblicken und zuerst davon sprechen würde; aber er ging in meinem Zimmer hin und her, ohne daß er etwas zu sehen schien.

Ich ergriff einen Moment, wo er in der Linie, die er durchschreiten mußte, um den Auftrag auszuführen, den ich ihm geben wollte, fast auf die Katze treten mußte.

– Stellen Sie meine Schelle auf meinen Tisch, John, sagte ich zu ihm.

Er stand an dem Kopfende meines Bettes, die Schelle stand auf dem Kamine; um von dem Kopfende

meines Bettes nach dem Kamine zu gehen, mußte er nothwendiger Weise über das Thier gehen.

Er setzte sich in Bewegung; aber in dem Augenblicke, wo sein Fuß sich aus sie zu stellen im Begriffe stand, sprang die Katze auf meinen Schooß.

John sah sie nicht oder schien sie zum Mindesten nicht zu sehen.

Ich gestehe, daß ein kalter Schweiß auf meine Stirn trat, und daß die Worte: »Der Herr muß wahnsinnig werden, sich auf eine schreckliche Weise meinen Gedanken wieder vorstellten.

– John, sagte ich zu ihm, sehen Sie nichts auf meinem Schooße?

John blickte mich an. Dann sagte er wie ein Mensch, der einen Entschluß faßt:

– Doch, mein Herr, ich sehe eine Katze.

Ich athmete wieder auf.

Ich nahm die Katze und sagte zu ihm:

– Dann tragen Sie sie hinaus, John, ich bitte Sie. Seine Hände kamen den meinigen entgegen; ich legte ihm das Thier auf die Arme, worauf er auf einen Wink von mir das Zimmer verließ.

Ich war ein wenig beruhigt; während zehn Minuten blickte ich mit einem Reste von Angst um mich; da ich aber kein lebendiges Wesen, das irgend einer Thierart angehörte, erblickt hatte, so beschloß ich zu sehen, was John mit der Katze gemacht hätte.

Ich verließ daher mein Zimmer in der Absicht, ihn darüber zu fragen, als ich, indem ich den Fuß auf die Schwelle der Thür des Salons setzte, ein lautes Gelächter hörte, das aus dem Toilettenkabinette meiner Frau kam. Ich näherte mich leise auf den Fußzehen, und hörte die Stimme Johns.

– Meine liebe Freundin, – sagte er zu der Kammerjungfer, – der Herr wird nicht wahnsinnig, – nein, er ist es. – Wie Du weißt, besteht sein Wahnsinn darin, eine schwarze und feuerfarbige Katze zu sehen. – Heute Abend hat er mich gefragt, ob ich diese Katze nicht auf seinem Schooße sähe.

– Und was hast Du geantwortet? antwortete die Kammerjungfer.

– Bei Gott! ich habe geantwortet, daß ich sie sähe, sagte John. Ich habe den armen lieben Mann nicht ärgern wollen; errathe nun, was er gethan hat?

– Wie soll ich das errathen?

– Nun denn! er hat die vermeintliche Katze von seinem Schooße genommen, mir sie auf die Arme gelegt und zu mir gesagt: – Trage sie fort! – Trage sie fort! – Ich habe die Katze herzhaft fortgetragen, und er ist zufrieden gewesen.

– Aber wenn Du die Katze fortgetragen hast, – so bestand die Katze also.

– Nicht doch, die Katze bestand nur in seiner Einbildung. Aber wozu hätte ihm das genützt, wenn ich ihm die Wahrheit gesagt hätte? – mich aus dem Hause werfen zu lassen; – meiner Treue, nein, ich befinde mich hier gut und ich bleibe. – Er gibt mir fünf und zwanzig Pfund jährlich, – um eine Katze zu sehen. Ich sehe sie. – Er soll mir dreißig geben, und ich werde deren zwei sehen.

Ich hatte nicht den Muth mehr zu hören. Ich stieß einen Seufzer aus und kehrte in mein Zimmer zurück.

Mein Zimmer war leer. . .

Am folgenden Tage fand sich um sechs Uhr meine Gesellschafterin wie gewöhnlich wieder bei mir ein, und verschwand erst am folgenden Morgen.

Was soll ich Ihnen sagen, mein Freund? fuhr der Kranke fort, einen Monat lang erneuerte sich dieselbe Erscheinung jeden Abend, und ich fing an mich an ihre Gegenwart zu gewöhnen; am dreißigsten Tage nach der Hinrichtung schlug es sechs Uhr, ohne daß die Katze erschien.

Ich glaubte von ihr befreit zu sein, ich schlief nicht vor Freude; den ganzen Morgen des folgenden Tages drängte ich so zu sagen die Zeit vor mir her; ich hatte Eile die verhängnißvolle Stunde zu erreichen. Von fünf bis sechs Uhr verließen meine Augen meine Standuhr nicht. Ich folgte dem Gange des großen Zeigers von Minute zu Minute. Endlich erreichte er die Zahl XII., das Knarren der Uhr ließ sich hören, – dann that der Hammer den ersten, den zweiten, den dritten, den vierten, den fünften, endlich den sechsten Schlag! . . .

Bei dem sechsten Schlage ging meine Thür auf. . .

Bei dem sechsten Schlage ging meine Thür auf, sagte der unglückliche Richter, und ich sah eine Art von Gerichtsboten der Kammer in einem Kostüme eintreten, wie als ob er im dem Dienste des Lord Lieutenants von Schottland gestanden hätte.

Mein erster Gedanke war, daß der Lord Lieutenant mir irgend ein Schreiben sende, und ich streckte die Hand nach meinem Unbekannten aus. Aber er schien auf meine Geberde durchaus nicht geachtet zu haben, und stellte sich hinter meinem Sessel.

Ich hatte nicht nöthig mich umzuwenden, um ihn zu sehen; ich befand mich dem Spiegel gegenüber, und ich sah ihn in diesem Spiegel.

Ich stand auf und ging; er folgte mir in der Entfernung einiger Schritte.

Ich kehrte nach meinem Tische zurück und schellte.

Mein Bedienter erschien, aber er sah den Gerichtsboten eben so wenig, als er die Katze gesehen hatte.

Ich schickte ihn wieder fort und blieb mit dieser seltsamen Person allein, welche ich alle Zeit hatte nach meinem Gefallen zu betrachten.

Er trug das Hofkleid, den Haarbeutel, den Degen an der Seile, eine gestickte Weste und seinen Hut unter dem Arme.

Um zehn Uhr legte ich mich zu Bett; nun, wie um gleichfalls die Nacht so bequem als möglich zuzubringen, setzte er sich meinem Bette gegenüber in einen Sessel.

Ich wandte den Kopf nach der Seite der Wand; da es mir aber unmöglich war einzuschlafen, so wandt ich mich zwei bis drei Male wieder um, und zwei bis drei Male sah ich ihn bei dem Lichte meiner Nachtlampe in demselben Sessel.

Auch er schlief nicht.

Endlich sah ich die ersten Strahlen des Tages durch die Zwischenräume der Läden in mein Zimmer dringen, ich wandte mich ein letztes Mal nach meinem Mann um: er war verschwunden, der Sessel war leer.

Bis zum Abend war ich von meiner Erscheinung befreit.

Am Abend fand Empfang bei dem Großcommissär der Kirche statt, und ich rief unter dem Vormunde, mein Feierkleid zurecht zu machen, um sechs Uhr weniger fünf Minuten meinen Bedienten, indem ich ihm befahl, die Riegel der Thür vorzuschieben.

Er gehorchte.

Bei dem letzten Schlage der sechsten Stunde heftete ich die Augen auf die Thür; die Thür ging auf und mein Gerichtsbote trat ein.

Ich ging auf der Stelle nach der Thür; die Thür war wieder verschlossen; die Riegel schienen nicht aus ihren Haken gegangen zu sein, ich wandte mich um, der Gerichtsbote stand hinter meinem Sessel, und John ging in dem Zimmer hin und her, ohne daß er im Mindesten mit ihm beschäftigt schien.

Es war augenscheinlich, daß er eben so wenig den Mann sah, als er das Thier gesehen hatte. Ich kleidete mich an.

Nun trug sich etwas Seltsames zu; voll Aufmerksamkeit für mich. half mein neuer Hausgenosse John bei alle dem, was er that, ohne daß John es bemerkte, daß man ihm helfe. So hielt John meinen Rock bei dem Kragen, das Gespenst unterstützte die Schöße; so reichte mir John mein Beinkleid bei dem Gürtel, das Gespenst hielt es bei den Beinen.

Ich hatte niemals einen dienstfertigeren Bedienten gehabt.

Die Stunde meines Ausganges kam herbei.

Nun, statt mir zu folgen, ging der Gerichtsbote mir voraus, schlüpfte durch die Thür meines Zimmers, ging die Treppe hinab, hielt sich, den Hut unter dem Arme, hinter John, der den Schlag des Wagens aufmachte, und als John ihn verschlossen und seinen Platz hinter dem Wagen eingenommen hatte, stieg er auf den Bock des Kutschers, der zur Rechten rückte, um ihm Platz zu machen.

An der Thür des Großcommissärs der Kirche hielt der Wagen; John machte den Schlag auf, aber das Gespenst befand sich bereits hinter ihm auf seinem Posten. Kaum war ich ausgestiegen, als das Gespenst mir vorauseilte, indem es durch die Bedienten drang, welche die Eingangsthür überfüllten, und nachsah, ob ich ihm folgte.

Nun ergriff mich die Lust bei dem Kutscher denselben Versuch anzustellen, den ich bei John angestellt hatte.

– Patrick, fragte ich ihn, wer war der Mann, der neben Euch saß.

– Welcher Mann, Eure Gnaden?

– Der Mann, der auf Eurem Bocke saß.

Patrick machte große erstaunte Augen, indem er um sich blickte.

– Es ist gut, sagte ich zu ihm, ich irrte mich.

Ich trat nun auch ein.

Der Gerichtsbote war auf der Treppe stehen geblieben und erwartete mich. Sobald er mich meinen Weg wieder einschlagen sah, schlug er den seinigen wieder ein, trat vor mir ein, wie um mich in dem Empfangssaale zu melden; dann, als ich eingetreten war, nahm er m dem Vorzimmer den Platz wieder ein, der sich für ihn geziemte.

Wie für John und wie für Patrick war das Gespenst für Jedermann unsichtbar gewesen.

Nun verwandelte sich meine Furcht in Entsetzen, und ich sah ein, daß ich wahrhaft wahnsinnig würde.

Von diesem Abende an wurde man die Veränderung gewahr, welche in mir vorging.– Jedermann fragte mich, welche Sorgen mich beschäftigten, – Sie, wie die Andern.

Ich fand mein Gespenst in dem Vorzimmer wieder. – Wie bei meiner Ankunft eilte er mir bei meinem Forts gehen voraus, kehrte mit mir nach Haus und hinter mir in mein Zimmer zurück, und setzte sich in den Sessel, in dem er sich die Nacht vorher gesetzt hatte.

Nun wollte ich mich versichern, ob irgend etwas Wirkliches und besonders etwas Fühlbares an dieser Erscheinung wäre. Ich nahm allen meinen Muth zusammen, und setzte mich rückwärts schreitend auf den Sessel.

Ich fühlte nichts, aber ich sah ihn in dem Spiegel hinter mir stehen.

Wie am Abende zuvor legte ich mich zu Bett, aber erst um ein Uhr Morgens. Sobald ich in meinem Bette war, sah ich ihn auf seinem Sessel wieder. Am folgenden Morgen verschwand er. Die Erscheinung dauerte einen Monat. Nach Verlauf eines Monats fehlte sie gegen ihre Gewohnheit und blieb einen Tag aus.

 

Dieses Mal glaubte ich nicht mehr an ein gänzliches Verschwinden, wie das erste Mal, sondern an irgend eine schreckliche Veränderung, und statt mein Alleinsein zu genießen, erwartete ich den folgenden Tag voll Entsetzen.

Am folgenden Tage hörte ich bei dem letzten Schlage der sechsten Stunde ein leises Rauschen in den Vorhängen meines Bettes, und an dem Durchschnittspunkte, den sie hinter dem Bette an der Wand bildeten, erblickte ich ein Skelett.

Dieses Mal, mein Freund, war es, wenn ich mich so ausdrücken darf, das lebendige Bild des Todes.

Das Skelett befand sich dort regungslos, und blickte mich mit seinen hohlen Augen an.

Ich stand auf, machte mehrere Gänge in meinem Zimmer, der Kopf folgte allen meinen Bewegungen. Die Augen verließen mich keinen Augenblick, der Körper blieb regungslos.

Diese Nacht hatte ich nicht den Muth mich zu Bett zu legen. Ich schlief, oder ich blieb vielmehr mit geschlossenen Augen in dem Lehnstuhl, in welchem gewöhnlich das Gespenst saß, nach dessen Gegenwart ich mich nun sogar sehnte.

Mit dem Tage verschwand das Skelett.

Ich befahl John, mein Bett von der Stelle zu rücken und die Vorhänge zuzuziehen.

Bei dem letzten Schlage der sechsten Stunde hörte ich dasselbe Rauschen, ich sah die Vorhänge sich bewegen, dann erblickte ich zwei Knochenhände, welche die Vorhänge meines Bettes zurückschlugen, und, als die Vorhänge zurückgeschlagen waren, nahm das Skelett in der Oeffnung den Platz ein, den es die Nacht zuvor eingenommen hatte.

Dieses Mal hatte ich den Muth, mich zu Bett zu legen.

Der Kopf, welcher wie am Tage zuvor allen meinen Bewegungen gefolgt war, neigte sich nun zu mir.

Die Augen, welche mich wie in der vorhergehenden Nacht keinen Augenblick aus dem Gesicht verloren hatten, hefteten sich nun auf mich.

Sie werden begreifen, welche Nacht ich zubrachte! Nun denn! mein lieber Dotter, ich bringe jetzt zwanzig ähnliche Nächte zu. Jetzt wissen Sie, was ich habe; werden Sie es noch unternehmen mich zu heilen?

– Ich werde es zum Mindesten versuchen, antwortete der Doctor.

– Wie das? lassen Sie hören.

– Ich bin überzeugt, daß das Gespenst, welches Sie sehen, nur in Ihrer Einbildung besteht.

– Was liegt mir daran, ob es besteht oder nicht, wenn ich es sehe?

– Sie wollen, daß ich versuche es zu sehen, nicht wahr?

– Das ist es. was ich wünsche.

– Wann das?

– Sobald als möglich. Morgen.

– Es sei, morgen. . . bis dahin, guten Muth?

Der Kranke lächelte traurig.

Am folgenden Tage trat der Doctor um sieben Uhr Morgens in das Zimmer seines Freundes.

– Nun denn! fragte er ihn, das Skelett?

– Es ist so eben verschwunden, antwortete dieser mit schwacher Stimme.

– Wohlan! wir wollen uns so einrichten, daß es heute Nacht nicht wieder kömmt.

– Thun Sie es.

– Zuvörderst, Sie sagen, daß es mit dem letzten Schlage der sechsten Stunde eintritt?

– Unfehlbar.

– Fangen wir damit an, die Uhr stehen zu lassen, und er hielt den Pendel an.

– Was wollen Sie thun?

– Ich will Ihnen die Möglichkeit nehmen, die Zeit zu berechnen.

– Gut.

– Jetzt wollen wir die Läden verschlossen halten, und die Vorhänge der Fenster zuziehen.

– Warum das?

– Immer zu demselben Zwecke, damit Sie sich keine Rechenschaft von dem Gange des Tagses abzulegen vermögen.

– Thun Sie es.

Die Läden wurden zugemacht, die Vorhänge zugezogen, und man zündete Kerzen an.

– Halten Sie ein Frühstück und ein Mittagessen bereit, John, sagte der Doctor, wir wollen nicht zu bestimmten Stunden bedient sein, sondern nur dann, wenn ich rufen werde.

– Sie hören, John, sagte der Kranke.

– Ja, mein Herr.

– Dann, geben Sie uns Karten, Würfel, Dominos, und lassen Sie uns allein.

Die verlangten Gegenstände wurden von John gebracht, der sich entfernte.

Der Doctor begann damit, den Kranken nach seinen Kräften zu zerstreuen, bald indem er plauderte, bald ins dem er mit ihm spielte; dann, als er Hunger hatte, schellte er.

John, welcher wußte, warum man geschellt hatte, brachte das Frühstück.

Nach dem Frühstücke begann die Parthie wieder, und wurde durch einen neuen Schellenzug des Doctors unterbrochen.

John brachte das Mittagessen.

Man aß, man trank, nahm den Kaffee zu sich und begann wieder zu spielen. So unter vier Augen zugebracht, schien der Tag lang. Der Doctor glaubte die Zeit in seinem Geiste ermessen zu haben, und daß die verhängnißvolle Stunde vorüber sein müßte.

– Nun denn! sagte er, indem er aufstand, Victoria.

– Wie, Victoria? fragte der Kranke.

– Ohne Zweifel, es muß zum Mindesten acht bis neun Uhr sein, und das Skelett ist nicht gekommen.

– Sehen Sie nach Ihrer Uhr, Doctor, da es die einzige im Hause ist, welche geht, und wenn die Stunde vorüber ist, so werde ich, meiner Treue, wie Sie Victoria rufen.

Der Doctor sah nach seiner Uhr, aber sagte Nichts.

– Sie hatten sich geirrt, nicht wahr, Doctor? sagte der Kranke, es ist gerade sechs Uhr.

– Ja, nun denn!

– Nun denn! da tritt das Skelett ein.

Und der Kranke warf sich mit einem tiefen Seufzer zurück.

Der Doctor blickte nach allen Seiten,

– Wo sehen Sie es denn? fragte er.

– An seinem gewöhnlichen Platze, hinter meinem Bette, zwischen den Vorhängen.

Der Doctor stand auf, zog das Bett vor, ging hinter dasselbe und nahm zwischen den Vorhängen den Platz ein, den das Skelett einnehmen sollte.

– Und jetzt, sagte er, sehen Sie es immer noch?

– Ich sehe nicht mehr den untern Theil seines Körpers, da der Ihrige es mir verbirgt, aber ich sehe seinen Schädel.

– Wo das?

– Ueber Ihrer rechten Schulter. Es ist, als ob Sie zwei Köpfe hätten, den einen lebendig, den andern todt.

So ungläubig er auch war, so schauderte der Doctor doch unwillkürlich.

Er wandte sich um, aber er sah nichts.

– Mein Freund, sagte er trauriger Weise, indem er zu dem Kranken zurückkehrte, wenn Sie einige testamentliche Bestimmungen zu treffen haben, so thun Sie es.

Und er entfernte sich.

Als John neun Tage nachher in das Zimmer seines Herrn trat, fand er ihn todt in seinem Bette.

Es war, genau gerechnet, drei Monate her, seitdem der Räuber hingerichtet worden war.

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