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Pauline

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Ich mochte ungefähr zwei Stunden geschlafen haben, als ich durch das Geräusch einer Türe geweckt wurde, die in ihren Angeln knarrte und an die Wand schlug. Ich riß die Augen groß auf, wie man zu tun pflegt, wenn man aus einem unruhigen Schlafe gestört wird, erhob mich schnell und versteckte mich instinktmäßig hinter einen Pfeiler. Aber, so viel ich mich auch umsah, ich sah und hörte nichts. Indessen blieb ich nichts desto weniger auf meiner Hut, überzeugt, daß das Geräusch, welches mich geweckt hatte, keine Täuschung eines Traumes sei,.

III

Der Sturm hatte sich gelegt, und obgleich der Himmel noch mit schwarzen Wolken bedeckt war, so erglänzte doch bisweilen ein Mondstrahl durch dieselben. Während eines solchen hellen Zwischenraums, den die Finsternis jedoch bald wieder verdrängte, wandte ich meine Augen von der Türe ab, deren Knarren ich gehört zu haben glaubte, um meine nächsten Umgebungen zu betrachten. So viel ich trotz der Finsternis bemerken konnte, befand ich mich in einer alten verfallenen Abtei und zwar, den noch stehenden Resten nach zu urteilen, in der Kapelle derselben. Zu meiner Rechten und Linken liefen die beiden Korridore des Klosters hin, durch niedrige gewölbte Bogen gestützt, während vor mir einige zerbrochene, platt auf der Erde liegende, von Gras überwachsene Steine den kleinen Friedhof bezeichneten, auf welchem die früheren Bewohner des Klosters, am Fuße eines alten, wandelbaren, seines Christusbildes beraubten Kreuzes, von den Mühen, des Lebens ausruhten.

Du weißt es, fuhr Alfred fort, und Jeder, auch der Kühnste, wird zugeben, daß die äußeren Zustände des Körpers einen bedeutenden Einfluß auf die Seelentätigkeit ausüben. Kaum dem fürchterlichen Sturme entronnen, war ich halb erstarrt in diese mir gänzlich unbekannte Ruine gekommen und endlich, von Müdigkeit überwältigt, in einen unruhigen Schlaf gefallen, aus welchem mich ein in dieser Einsamkeit ungewöhnliches Geräusch erweckte. Bei meinem Erwachen endlich sah ich mich auf dem Schauplatze des Raubens und Mordens, wodurch seit zwei Monaten die ganze Normandie in Schrecken gesetzt wurde; ich war allein, ohne Waffen und, wie ich dir sagte, in einer Gemütsstimmung, welche, durch die vorhergegangenen Anstrengungen des Körpers hervorgerufen, die erschlaffte geistige Tätigkeit behinderte, ihre gewöhnliche Energie wieder zu gewinnen. Du wirst es daher auch gar nicht ungewöhnlich finden, daß alle die Erzählungen, die ich am Kamine meiner Wirtin gehört hatte, in meinem Gedächtnisse wieder erwachten, und daß ich unbeweglich hinter meinem Pfeiler stehen blieb, anstatt mich niederzulegen und wieder zu schlafen. Über dem war ich überzeugt, daß ein von Menschen ausgehendes Geräusch mich aus dem Schlafe gestört hatte. Meine Augen wandten sich unwillkürlich von den langen finstren Korridoren immer wieder nach jener in die Mauer eingefügten Türe durch welche, meiner Überzeugung nach, Jemand gegangen sein mußte. Wohl zwanzig Mal war ich Willens, hinzugehen und an dieser Türe zu horchen, ob nicht irgend ein Geräusch meine Vermutung bestätige, allein ich mußte, um dahin zu gelangen, einen Raum überschreiten, den der Mond ganz erhellte. Dann konnten ja aber auch Andere, so gut wie ich, in dieser Klosterruine eine Zuflucht gesucht haben und sich vor meinen Blicken ebenso wohl verborgen halten wollen, als ich mich vor den ihrigen, indem sie im Dunkeln blieben und sich ruhig verhielten. Gleichwohl verbreitete sich in der folgenden Viertelstunde eine solche Ruhe und Stille über die Einöde, daß ich mich entschloß, den nächsten Augenblick, in welchem eine Wolke den Mond bedecken würde, zu benutzen, um den mich von jener Vertiefung trennenden Raum von 15 – 20 Schritten zu überschreiten und an der Türe zu horchen. Dieser Augenblick ließ sich nicht lange erwarten. Der Mond verbarg sich alsbald und es trat eine so tiefe Finsternis ein, daß ich ohne Gefahr meinen Entschluß ausführen zu können glaubte. Ich entfernte mich also von meinem Pfeiler, an dem ich bis jetzt, gleich einer gotischen Verzierung, wie angeheftet gelehnt hatte, und mit verhaltenem Atem, von Pfeiler zu Pfeiler schleichend und bei jedem Schritte horchend, gelangte ich zur Mauer des Korridors. Ich ging einen Augenblick in diesen hin, mich an seiner Wand haltend, gelangte so an die Treppe, welche in die Wölbung führte, stieg drei Stufen hinab und befand mich an der Türe.

Schon lauschte ich an derselben wenigstens zehn Minuten, ohne irgend Etwas zu hören und schon regten sich Zweifel gegen meine frühere Überzeugung. Ich kam zu dem Glauben zurück, daß mich ein Traum getäuscht habe und ich der einzige Bewohner dieser Ruinen sei, die mir als Asyl dienten. Ich entfernte mich daher von der Türe, um nach meinem Pfeiler zurückzukehren, als der Mond wieder erschien und den Raum erhellte, den ich, um auf meinen Posten zu gelangen, nochmals überschreiten mußte. Eben im Begriff, meinen Weg fortzusetzen, löste sich ein Stein vom Gewölbe und fiel herab. Ich hörte das Geräusch, welches das Herabrollen dieses Steins verursachte, und, obgleich ich die Ursachen desselben kannte, überlief mich doch ein Schauder, der mich noch einen Augenblick in dem Schatten des über mir hervorragenden Gewölbes und von der Ausführung meines Entschlusses zurückhielt. Da war es mir plötzlich, als hörte ich hinter mir ein entferntes, aber anhaltendes Geräusch, dem ähnlich, welches eine Tür in einem unterirdischen Gewölbe von sich giebt, wenn sie geschlossen wird. Dann vernahm ich entfernte Schritte, welche sich mehr und mehr näherten. Man stieg die tiefe Treppe herauf, zu welcher die drei Stufen gehörten, auf denen ich hinabgestiegen war. In diesem Augenblicke verschwand der Mond wieder. Mit einem Sprung stürzte ich mich in den Korridor und rückwärts gehend, die Hände hinter mich haltend, die Augen auf die Vertiefung gerichtet, welche ich eben verlassen hatte, erreichte ich jenen schützenden Pfeiler wieder und nahm meinen vorigen Platz ein. Kaum einen Augenblick dort angelangt, vernahm ich das nämliche Knarren, welches mich geweckt hatte. Die Türe wurde geöffnet und wieder verschlossen. Dann erschien ein Mann, trat aus dem Schatten hervor, blieb einige Augenblicke stehen, um zu horchen und sich umzusehen, begab sich darauf, nachdem er Alles ruhig gefunden, in den Korridor und wandte sich nach dem mir entgegengesetzten Ende desselben. Er war kaum zehn Schritte gegangen, so verlor ich ihn aus dem Gesicht, so dicht war die Finsternis. Der Mond erschien jedoch nach einer kleinen Weile wieder und ich erblickte den Geheimnisvollen am Ende des Friedhofes mit einem Spaten in der Hand. Er grub ein oder zwei Schaufeln Erde aus, warf einen Gegenstand, den ich nicht erkennen konnte, in das Loch, welches er gegraben hatte, und legte dann einen Grabstein auf die Stelle, dem er sein Depositum anvertraut hatte, jedenfalls um vor den Menschen jede Spur seiner Handlung zu verbergen. – Nachdem er so seine Vorsichtsmaßregeln genommen hatte, sah er sich von Neuem um. Da er aber nichts Bedenkliches hörte und sah, lehnte er seinen Spaten an einen Pfeiler und verschwand unter einer Wölbung.

Alles dieß geschah in ganz kurzer Zeit und in nur geringer Entfernung von mir. Allein trotz der Schnelligkeit dieses Nachtwandlers, hatte ich doch in ihm einen jungen Mann von 28 bis 30 Jahren erkannt, mit blonden Haaren und von mittlerer Größe. Er war mit einfachen Beinkleidern von blauem Tuche bekleidet, wie sie die Bauern gewöhnlich Sonntags tragen, doch deutete ein Jagdmesser an seinem Gürtel, dessen Griff ich im Mondscheine erglänzen sah, darauf hin, daß er einem andern Stande als dem, welchen sein übriges Äußere ihm anwies, angehöre. Von seiner Figur eine genauere Beschreibung zu geben, bin ich nicht im Stande, würde jedoch dessen ungeachtet ihn bei einem künftigen Zusammentreffen wieder zu erkennen im Stande sein.

Du wirst wohl glauben, daß das, was ich gesehen, mir für den Rest der Nacht jede Hoffnung, jeden Gedanken an Schlaf benahm. Ich blieb, ohne eine Spur von Müdigkeit zu fühlen, aufrecht stehen, ganz in Gedanken versunken über dieses Geheimnis, welches zu erforschen ich fest entschlössen war. Für den Augenblick war dieß unmöglich. Ich war, wie schon gesagt, ohne Waffen, hatte keinen Schlüssel zu jener Türe, und kein Brecheisen, sie zu öffnen. Über dem mußte ich wohl überlegen, ob es geratener sei, Anzeige davon zu machen, oder das Abenteuer allein zu bestehen, wobei ich am Ende, wie Don Quixotte, nichts fand, als Windmühlen. Sobald der Tag graute, verließ ich meinen Aufenthalt auf demselben Wege, welchen ich gekommen war und befand mich bald wieder am Abhange des Hügels. Ein starker Nebel bedeckte das Meer. Ich stieg an den Strand hinab und ließ mich dort, um das Schwinden desselben abzuwarten, nieder. Nach einer halben Stunde ging die Sonne auf und ihre ersten Strahlen zerstreuten den Nebel, der den noch vom Sturme des vorigen Abends bewegten, tobenden Ocean bedeckte.

Ich hatte die Hoffnung, weine Barke wieder zu finden, welche die steigende Fluth an die Küste geworfen haben mußte, und in der Tat fand ich dieselbe zwischen den Steinen der Küste gestrandet, ohne sie jedoch zu meiner Rückkehr nach Trouville benutzen zu können. Das Meer hatte sich bereits zurückgezogen und die Entfernung war zu groß, das Fahrzeug flott machen zu können. Dann war auch, wahrscheinlich durch einen Stoß an die Felsen, ein Bret im Boden zerschmettert. Glücklicherweise ist die dortige Küste von vielen Fischern bewohnt und kaum war eine halbe Stunde verflossen, so bemerkte ich in einiger Entfernung ein Fahrzeug. Bald kam dasselbe ziemlich nahe; ich rief, gab Zeichen und wurde bemerkt und verstanden, denn das Fahrzeug richtete seinen Lauf nach mir zu. Ich legte nun den Mast, das Segel und die Ruder in das angekommene, damit nicht eine neue Flut sie hinwegspüle, das Fahrzeug selbst ließ ich zurück. Sein Eigentümer mochte selbst sehen, ob es zum ferneren Gebrauche noch tauglich sei, oder nicht, und ob ich nur die teilweise Ausbesserung oder das Ganze zu bezahlen habe. Die Fischer, welche mich wie einen neuen Robinson Crusoe aufnahmen, waren aus Trouville selbst, erkannten mich, und bezeigten mir ihre Freude, mich noch unter den Lebenden zu finden. Sie hatten mich den Tag vorher abfahren sehen und da ich nicht zurückkehrte, geglaubt, ich sei, ertrunken. Ich erzählte ihnen meinen Schiffbruch, sagte ihnen, daß ich die Nacht hinter einem Felsen zugebracht habe und erkundigte mich nach den Ruinen, die sich auf dem Hügel erhoben und uns, sobald wir uns vom Ufer entfernten, zu Gesichte kamen. Sie erzählten mir, daß es die Ruinen der Abtei Grand-Pré wären und zu dem Parke des vom Grafen Horaz von Beuzeval bewohnten Schlosses Burcy gehörten.

 

Dieß war das zweite Mal, daß mir der Name dieses Mannes genannt wurde welcher durch eine alte Erinnerung, die derselbe in mir hervorrief, mein Herz erbeben machte. – Der Graf Horaz von Beuzeval war der Gemahl des Fräuleins Pauline von Meulien.

Pauline von Meulien! rief ich, Alfred unterbrechend. Pauline von Meulien!. . . und nun erinnerte ich mich vollkommen. Ja, es war dieselbe. . . ja, es war die Dame, mit der ich in der Schweiz und in Italien zusammentraf! Wir waren in den Salons der Prinzessin B., des Herzogs von F., der Frau von M. zusammen gewesen. Wie war es möglich, daß ich sie nicht wieder erkannte, so blaß, so abgezehrt sie auch sein mochte? O! es war eine reizende Dame, voll Talente, voll Anmut und Geist! Sie hatte schöne schwarze Haare, sanfte glänzende Augen! Armes Kind! armes Kind! Ach, ich erinnere mich ihrer, ich erkenne sie jetzt wieder.

Ja, sagte Alfred, mit bewegter und unterdrückter Stimme, ja. . . sie war es. . . auch sie hatte dich wieder erkannt und deshalb floh sie dich mit großer Sorgfalt. Sie war ein Engel von Schönheit, Anmut und Sanftmuth: du weißt es selbst, denn wir haben sie mehr als einmal zusammen gesehen, wie du vorhin selbst geäußert hast, aber das weist du nicht, daß ich sie von ganzer Seele liebte, daß ich jedenfalls Alles aufgeboten hätte, sie zu der Meinigen zu machen, hätte ich damals das Vermögen besessen, welches ich jetzt mein eigen nenne. Aber ich schwieg, weil ich ärmer war als sie. Ich sah ein, daß ich mein Lebensglück auf's Spiel setzte, wenn ich sie länger sähe und reiste deshalb nach Spanien. Während ich in Madrid war, erfuhr ich, daß Fräulein Pauline von Meulien den Grafen Horaz von Beuzeval geheiratet habe.

Die neuen Ideen, welche der eben von den Fischern ausgesprochene Name in mir weckte, fingen an, die Eindrücke zu verwischen, welche bisher das sonderbare Abenteuer der vorigen Nacht in mir zurückgelassen hatte. Außerdem trugen der helle Tag, der heitere Sonnenschein und die geringe Übereinstimmung, in welcher dergleichen Abenteuer mit unserer gewöhnlichen Lebensnorm stehen, dazu bei, mich Alles wie einen Traum betrachten zu lassen. Der Gedanke, eine Anzeige zu machen, war ganz verschwunden und nur der Wunsch geblieben, einen Versuch anzustellen, dieses Alles selbst zu ergründen. Über dem machte ich mir Vorwürfe, daß ich mich einen Augenblick vom Schrecken hatte bewältigen lassen und wollte mir selbst ausreichende Genugtuung geben. »

Gegen elf Uhr Morgens kam ich in Trouville an. Jedermann beglückwünschte mich, denn man hatte allgemein geglaubt, ich sei, ertrunken oder ermordet und Alle freuten sich, daß ich mit einer Steifheit aller Glieder davongekommen war. Bald sank ich vor Müdigkeit nieder, legte mich sogleich zu Bette, befahl, mich um 5 Uhr zu wecken und mir einen Wagen nach Pont l'Evêque zu bestellen, wo ich die Nacht zubringen wollte. Meine Befehle wurden pünktlich vollzogen und um 8 Uhr war ich an dem Orte der Bestimmung. Des andern Morgens um 6 Uhr nahm ich Postpferde und ritt in Begleitung eines Führers nach Dives. Von da aus wollte ich als einfacher Spaziergänger nach der Meeresküste gehen, diese verfolgen bis ich die Ruinen der Abtei Grand-Pré erreichte und dort als Freund schöner Landschaften die Örtlichkeit in Augenschein nehmen, dieselbe mir tief einprägen, um sie in der Nacht wieder zu erkennen und dahin zurückzukehren. Ein unvorhergesehener Umstand zerstörte diesen Plan und führte mich auf einem andern Wege zum Ziel.

Beim Postmeister in Dives angekommen, der auch zugleich Maire war, fand ich die Gend'armerie vor der Türe versammelt und die ganze Stadt in Aufruhr. Ein neuer Mord war begangen worden und diesmal mit einer beispiellosen Kühnheit. Die Gräfin von Beuzeval, erst vor einigen Tagen von Paris angekommen, war im Park des Schlosses, welches sie mit dem Grafen und einigen seiner Freunde bewohnte, ermordet worden. – Verstehst du? – Pauline. . . die Dame, welche ich geliebt hatte und deren Andenken, in meinem Herzen wieder erwacht, ganz in demselben lebte. . . Pauline, ermordet,. . . ermordet, während der Nacht, im Parke ihres Schlosses, als ich mich gerade in der daran stoßenden Abtei befand, ungefähr 500 Schritte von ihr entfernt. Es war kaum glaublich. . . . Doch plötzlich erinnerte ich mich wieder an jene Erscheinung, an jene Türe, jenen Menschen; ich war im Begriff, zu sprechen, Alles zu erzählen, als mich, ich weiß nicht welches, Vorgefühl davon abhielt. Noch hatte ich nicht genug Gewißheit und beschloß, bevor ich etwas entdecke, meine Forschungen zu beendigen. —

Die Gensd'armes, welche bereits um 4 Uhr Morgens Nachricht von dem Morde erhalten hatten, suchten den Maire, den Friedensrichter und zwei Ärzte, um das Protocoll aufzunehmen. Der Maire und der Friedensrichter waren bereit, aber einer der beiden Ärzte war in Angelegenheiten seiner Praxis abwesend und konnte der Einladung,der Behörde nicht folgen. Ich hatte früher in der Charité Anatomie studiert, so weit sie für meine Kunst, die Malerkunst, mir von Nutzen sein konnte und erbot mich, als ein der Chirurgie Beflissener die Stelle des abwesenden Arztes auszufüllen. Aus Mangel eines bessern wurde ich angenommen und wir reisten nach dem Schlosse Burcy ab. Mein ganzes Benehmen war instinktmäßig: ich wollte Pauline noch einmal sehen, bevor sich der Deckel des Sarges für immer über ihr schloß, oder ich folgte vielmehr einer inneren Stimme, die mir vom Himmel kam.

Wir kamen im Schlosse an. Der Graf war denselben Morgen noch nach Caen abgereist, um vom dortigen Präfekten die Erlaubnis auszuwirken, die Leiche nach Paris schaffen zu dürfen, wo sich das Familienbegräbnis befand. Er hatte zu seiner Entfernung die Zeit benutzt, in welcher die Justiz ihr Amt mit jener kalten, für den Verzweifelnden so schmerzlichen Förmlichkeit verwaltete.

Einer seiner Freunde empfing und führte uns in das Zimmer der Gräfin. Kaum konnte ich mich aufrecht halten; die Füße zitterten unter mir, mein Herz schlug heftig; ich mußte bleich sein, wie das Opfer des Todes, welches uns erwartete. Wir traten in das Zimmer, das noch ganz mit dem Geruche des Lebens erfüllt war. Ich warf bestürzt den scheuen Blick umher, und bemerkte auf einem Bette eine menschliche Gestalt, welche das über sie gedeckte Tuch deutlich verriet. Jetzt schwand all' mein Mut. Ich lehnte mich an die Türe, während der Arzt mit jener Ruhe, jener unbegreiflichen Gefühllosigkeit, welche die Gewohnheit endlich mit sich bringt, auf das Bett zuschritt. Er hob das Tuch auf, welches den Leichnam bedeckte, und entblößte den Kopf. – Ich glaubte, noch zu träumen oder mich im Reiche der Zauberei zu befinden. – Der auf dem Bette ausgestreckte Leichnam war nicht der der Gräfin von Beuzeval! – die ermordete Dame, deren Tod wir erweisen sollten, war nicht Pauline!. . .

IV

Es war eine Dame mit blonden Haaren, blauen Augen, weißem Teint und zierlichen Händen; sie war jung und schön, aber es war Pauline nicht.

Die Wunde befand sich in der rechten Seite; die Kugel war zwischen zwei Rippen durchgegangen und hatte das Herz so durchbohrt, daß ein augenblicklicher Tod erfolgt sein mußte. Alles dieß war ein so sonderbares Geheimnis, daß ich mich ganz darin verlor. Ich wußte nicht, auf wen ich meinen Verdacht richten sollte, aber so viel stand fest, daß diese Frau, welche ihr Gemahl für tod erklärte, nicht Pauline war und man unter deren Namen eine Fremde begraben wollte.

Ich weiß nicht, was ich eigentlich bei der ganzen chirurgischen Operation nützte, eben so wenig, was ich unter das Protokoll schrieb. Zum Glück schien der Arzt von Dives seine Überlegenheit über einen Studierenden und den Vorrang der Provinz gegen Paris beweisen zu wollen. Er versah alle Geschäfte allein und verlangte von mir nichts, als die Unterzeichnung. Die Operation dauerte beinahe zwei Stunden. Nachher begaben wir uns in den Speisesaal, wo einige Erfrischungen für uns bereit standen. Während meine Gefährten der höflichen Einladung entsprachen, und sich zu Tische setzten, lehnte ich mich an das Kreuz eines Fensters, welches die Aussicht in's Freie gewährte. Eine Viertelstunde mochte ich so gestanden haben, als ein Reiter, mit Staub bedeckt, im Galopp in den Hof Jagde, vom Pferde sprang, und, ohne sich darum zu kümmern, ob Jemand da wäre, der es in Empfang nähme, nach der Treppe eilte. – Eine Überraschung folgte bei mir der andern; dieser Mann, den ich nur halb gesehen hatte, wurde, obgleich er die Kleider gewechselt hatte, doch augenblicklich von mir erkannt. Es war derselbe, den ich aus dem Gewölbe kommen sah, es war der Mann mit den blauen Beinkleidern, mit dem Spaten und Jagdmesser. Ich rief einen Bedienten zu mir und fragte ihn, wer der eben angekommene Kavalier sei,. »Es ist unser Herr, erwiderte er mir, der Graf von Beuzeval, der eben von Caen zurückkommt, wohin er gereist war, um die Erlaubnis nachzusuchen, die Leiche nach Paris bringen zu dürfen. Ich fragte ihn ferner, ob er gesonnen sei, bald dahin aufzubrechen? »Heute noch, antwortete er, der Wagen, welcher den Leichnam der Frau Gräfin transportieren soll, steht bereit, und die Postpferde sind um 5 Uhr bestellt. Beim Herausgehen aus dem Speisesaale vernahmen wir Hammerschläge. Es war der Tischler, der den Sarg schloß. – Alles geschah in gehöriger Ordnung, aber, wie man sah, in großer Eile.

Ich reiste von Dives ab. Um 3 Uhr war ich in Pont l'Evêque, um 4 Uhr in Trouville. —

Mein Entschluß für diese Nacht war gefaßt. Ich wollte mir selbst Auskunft verschaffen und, im Fall mein Plan nicht gelänge, den andern Tag Alles anzeigen und es dann der Polizei überlassen, die Sache weiter zu verfolgen.

Das Erste, was ich demnach nach meiner Rückkehr that, war, daß ich eine Barke mietete und zwar diesmal mit zwei Männern, die sie leiten sollten. Dann ging ich in mein Zimmer, steckte ein Paar gute Doppelpistolen in meinen Gürtel, knöpfte meinen Palletot darüber, um meiner Wirtin diese schrecklichen Vorbereitungen zu verbergen. In die Barke ließ ich eine Fackel und ein Brecheisen bringen und stieg dann selbst, mit meiner Flinte bewaffnet, ein, indem ich als Vorwand meines Ausflugs den Wunsch äußerte, Möwen und Taucher schießen zu wollen.

diesmal war der Wind günstig. In weniger als 3 Stunden waren wir auf der Höhe der Mündung der Dive. Da angekommen befahl ich meinen Matrosen, bis zum gänzlichen Einbruch der Nacht anzuhalten. Nachdem Alles finster war, ließ ich nach der Küste zusteuern und landete.

Nun gab ich meinen Leuten die letzte Instruction. Sie sollten mich in einer Felsenhöhle erwarten. Einer um den Andern Wache halten und bereit sein, auf den ersten Wink abzureisen. Im Fall ich vor Tagesanbruch nicht zurück wäre, sollten sie nach Trouville eilen und dem Maire ein versiegeltes Packet übergeben. Dieß enthielt die von mir niedergeschriebene und unterzeichnete Anzeige, die Angabe der näheren Umstände der Expedition, die ich zu machen im Begriff war, und die Bezeichnung des Orts, wo man mich tot oder lebendig wieder finden würde. Nachdem ich so meine Vorsichtsmaßregeln genommen hatte, hing ich die Flinte über, nahm die Fackel, das Brecheisen und ein Feuerzeug mit, um nötigen Falls Feuer anzünden zu können, und suchte nun den Weg wieder zu finden, welchen ich das erste Mal eingeschlagen hatte.

Bald erkannte ich denselben, stieg den Berg hinauf und die ersten Strahlen des Mondes zeigten mir die Ruinen der alten Abtei. Ich durchschritt die Vorhalle und befand mich, wie das erste Mal, in der Kapelle.

Auch jetzt schlug mir das Herz heftig, aber mehr vor Erwartung, als Furcht. Ich hatte Zeit gehabt, einen festen Entschluß zu fassen, der nicht auf jene physische Aufregung, welche uns für den Augenblick einen tollkühnen Mut einflößt, sondern auf die moralische Reflexion gestützt war, welche unsern Vorsatz weise, aber auch unwiderruflich macht.

Bei dem Pfeiler angekommen, an dessen Fuße ich geschlafen hatte, stand ich einen Augen blick still, um einen Blick auf meine Umgebung zu werfen. Außer dem fortwährenden Rauschen, welches das Atmen des Meeres zu sein scheint, ließ sich kein Geräusch vernehmen. Ich entschloß mich nun, nach einer gewissen Ordnung fortzuschreiten und vorerst den Ort zu untersuchen, wo der Graf von Beuzeval (denn ich war überzeugt, daß dieser es war) einen Gegenstand verborgen hatte, den ich nicht erkennen konnte. Ich ließ die Fackel und das Brecheisen an dem Pfeiler, nahm meine Flinte von der Schulter, um zur Vertheidigung bereit zu sein, erreichte den Korridor, schritt den dunklen Säulengang entlang, fand den Spaten an einem der Pfeiler lehnend und bemächtigte mich desselben. Nun verhielt ich mich einen Augenblick still und unbeweglich, um mich von meinem Alleinsein zu überzeugen, und eilte dann, den Verwahrungsort zu erreichen. Ich hob den Grabstein auf, wie der Graf gethan hatte, fand die Erde frisch umgestochen, legte meine Flinte auf den Boden und stach nun mit dem Spaten in das bereits aufgelockerte Erdreich. Schon im ersten Wurf Erde sah ich einen Schlüssel glänzen. Ich füllte das. Loch wieder zu, legte den Stein darauf, nahm meine Flinte vom Boden auf und lehnte den Spaten an den Ort, wo ich ihn gefunden hatte. Dann verweilte ich einen Augenblick an der dunkelsten Stelle, um einigermaßen meine Gedanken zu sammeln.

 

Es unterlag keinem Zweifel, dieser Schlüssel öffnete die Tür, aus welcher ich den Grafen hatten kommen sehen. Demnach hatte ich das Brecheisen nicht nötig und ließ es hinter dem Pfeiler. Ich nahm bloß die Fackel, nahete mich nun der gewölbten Türe, stieg die drei Stufen hinab und versuchte, den Schlüssel in das Schlüsselloch zu stecken. Er paßte. Als ich zum zweiten Male herum drehte, öffnete sich der Riegel und ich trat ein. Im Begriff, die Tür wieder zu verschließen, dachte ich daran, daß mich ein Zufall verhindern könne, dieselbe mit dem Schlüssel wieder zu öffnen. Ich holte deshalb das Brecheisen noch und versteckte dasselbe tief unter der vierten und fünften Stufe dann verschloß ich die Tür wieder und befand mich nun in der tiefsten Finsternis. Nun zündete ich die Fackel an und erhellte so den unterirdischen Raum.

Der Gang, in welchem ich mich befand, glich dem Eingange in einen Keller, war 5 bis 6 Fuß breit und hatte Wände und Gewölbe von Stein. Eine Treppe von 20 Stufen lag vor mir, an deren Fuße eine abhängige Fläche immer tiefer unter der Erde fortlief. Einige Schritte vor mir befand sich eine zweite Tür. Ich ging nach ihr hin, legte mein Ohr an die eichenen Bohlen, hörte aber nichts; ich trat ein, wie durch die erste, ohne sie jedoch hinter mir zu verschließen, und befand mich nun im Grabgewölbe der Äbte. Die Mönche wurden auf dem Friedhof begraben.

Ich blieb einen Augenblick stehen, überzeugt, daß ich mich bald am Ziele befinden werde. Meine Maßregeln waren zwar zu gut genommen, als daß ich etwas zu fürchten gehabt hätte, doch wirst du mir wohl glauben, fuhr Alfred fort, daß die Örtlichkeit nicht ohne Einfluß auf mich war. Ich legte die Hand an meine mit Schweiß bedeckte Stirn Und blieb einen Augenblick ruhig stehen, um mich zu sammeln. Was werde ich finden? Gewiss einen Leichenstein, seit 3 Tagen errichtet! Plötzlich schauderte ich zusammen; ich glaubte einen Seufzer zu hören.

Dieses Geräusch gab mir meinen ganzen Mut zurück, statt ihn zu vermindern. Ich eilte schnell vorwärts. Aber woher war dieser Seufzer gekommen? Während ich noch so um mich schaute, ließ sich ein zweiter vernehmen. Ich stürzte nach der Seite hin, woher er zu kommen schien, suchte mit meinen Augen in jedem Grabgewölbe, ohne etwas zu bemerken als Leichensteine mit Inschriften, die die Namen derjenigen nannten, welche unter ihrem Schutze ruhten. Endlich beim letzten, verborgensten und entferntesten derselben angekommen, bemerkte ich ein weibliches Wesen, in einem Winkel sitzend, die Hände in einander gefaltet, die Augen geschlossen. Neben ihr auf einem Steine lag ein Brief, und daneben standen eine erloschene Lampe und ein leeres Glas. War ich zu spät gekommen? War sie schon tot? Ich suchte das Gitter mit dem Schlüssel zu öffnen, allein er passte nicht; bei dem Geräusch, welches ich machte, öffnete, die Frau die Augen, entfernte unter Zuckungen die Haare, welche ihr Gesicht bedeckten und stand nach einem Augenblick aufrecht vor mir, wie ein Gespenst. Ich stieß einen Schrei aus und den Namen – Pauline!

Da stürzte sie hinter dem Gitter auf die Kniee nieder.

O! schrie sie, mit dem Ausdrucke der fürchterlichsten Todesangst, befreien Sie mich aus diesem Orte! Ich habe nichts gesehen, ich werde nichts sagen, ich schwöre es bei meiner Mutter!

Pauline! Pauline! wiederholte ich, ihre Hände durch das Gitter ergreifend, Sie haben nichts zu fürchten. Ich komme zu Ihrer Hilfe, zu Ihrem Beistand, ich komme, Sie zu retten!

O! sagte sie, sich erhebend, mich zu retten – mich zu retten. . . ja, mich zu retten. Öffnen Sie diese Tür, öffnen Sie dieselbe schnell, denn so lange sie noch verschlossen ist, glaube ich nicht, was Sie mir sagen. Um's Himmels willen, öffnen Sie. – Bei diesen Worten ergriff sie das Gitter und schüttelte es mit einer Kraft, die ich einer Frau nie zugetraut hätte.

Beruhigen Sie sich, beruhigen Sie sich, sagte ich zu ihr, ich habe keinen Schlüssel zu dieser Türe; aber ich besitze Mittel, sie zu öffnen; ich werde sie sogleich holen.

Verlassen Sie mich nicht! schrie Pauline, meinen Arm durch das Gitter mit ungeheurer Kraft ergreifend, verlassen Sie mich nicht, ich würde Sie sonst nicht wiedersehen!

Pauline, erwiderte ich, und beleuchtete mein Gesicht mit der Fackel, erkennen Sie mich nicht? O! betrachten Sie mich und sagen Sie, ob Sie dann noch glauben, daß ich Sie verlassen könnte.

Pauline heftete ihre großen schwarzen Augen auf mich, suchte sich einige Augenblicke zu entsinnen und rief dann plötzlich: Alfred von Nerval!

O, haben Sie Dank! haben Sie Dank! rief ich; Sie haben mich nicht vergessen! Ja, ich bin es, der Sie so innig liebte, der Sie noch liebt! Mir können Sie sich anvertrauen!

, Eine plötzliche Rothe überflog ihr blasses Gesicht, – so verschämt ist das weibliche Herz, – dann ließ sie meinen Arm los.

Werden Sie lange abwesend sein? frug sie mich.

Fünf Minuten.

So gehen Sie, aber lassen Sie mir diese Fackel, die Finsternis tödtet mich.

Ich reichte ihr die Fackel. Sie steckte den Arm durch das Gitter, ergriff dieselbe und lehnte ihr Gesicht zwischen zwei Gitterstangen, um mir mit den Augen so weit wie möglich folgen zu können. Ich eilte nun auf dem Wege zurück, den ich gekommen war. Bei der ersten Türe wandte ich mich um, und sah Paulinen noch in der nämlichen Stellung unbeweglich, wie eine Statue, die eine Fackel in ihrer marmornen Hand hält.

Noch fünf und zwanzig Schritte und ich fand die Treppe und auf der vierten Stufe das Brecheisen, welches ich dort verborgen hatte. Sogleich eilte ich zurück und fand Paulinen noch in derselben Stellung. Sie stieß einen Schrei der Freude aus und ich beeilte mich nun, das Gitter zu öffnen.

Das Schloß war so fest, daß ich mich vergebens bemühte. Ich mußte es also an dem Haspen versuchen und bearbeitete nun den Stein. Pauline leuchtete mir und nach fünf Minuten waren die beiden Bänder des einen Türflügels losgerissen; ich zog daran und er wich. – Pauline fiel auf die Knie. – Nun erst glaubte sie, daß sie frei sei.

Ich überließ sie einige Augenblicke ihrem Dankgebete und trat dann in das Gewölbe. Sogleich drehte sie sich lebhaft um, ergriff den offenen Brief und verbarg ihn in ihrem Busen. Diese Bewegung erinnerte mich an das leere Glas; ich ergriff es mit Bangigkeit und auf dem Boden desselben befand sich, ungefähr einen halben Finger hoch, eine weißliche Massen

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