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Pauline

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Das Los war dem Grafen zwei Mal hinter einander günstig; er hatte sowohl die Wahl des Platzes, als auch den ersten Schuß. Er nahm seine Stellung gerade der Sonne entgegen und wählte so aus freiem Willen den für ihn ungünstigsten Platz. Ich bemerkte ihm dieß; er verneigte sich mit der Erwiderung, da das Schicksal ihm die Wahl überlassen habe, so fände er es für gut, den Platz zu behalten, den er gewählt habe. Ich verfugte mich nun auf den meinigen in der bestimmten Entfernung.

Die Sekundanten luden nun unsere Pistolen; ich hatte also Zeit, den Grafen zu beobachten und muß gestehen, daß er fortwährend jene Ruhe und jene Kälte eines vollkommen mutigen Mannes behielt. Keine Gebärde, kein Wort entschlüpfte ihm, welches sich nicht in den Grenzen des Anstandes gehalten hätte. Die Sekundanten näherten sich uns, reichten Jedem eine Pistole und legten die andere zu unsern Füßen; dann entfernten sie sich. Der Graf erneuerte zum zweiten Male seine Aufforderung an mich, zuerst zu schießen; ich lehnte sie nochmals ab. Wir verneigten uns gegen unsere Sekundanten, dann nahm ich eine Stellung an, die mich möglichst gegen die Kugel meines Gegners deckte. Ich machte mich so schmal als möglich und suchte mich durch den Kolben meiner Pistole zu decken, deren Lauf gerade vor meiner Brust stand, in dem leeren Raum zwischen dem Vorderarme und der Schulter. Kaum hatte ich diese vorsichtige Stellung eingenommen, so machten uns die Sekundanten ihrerseits eine Verbeugung und der ältere von ihnen gab das Zeichen, indem er sagte: Los, meine Herren! In demselben Augenblicke sah ich eine Flamme aufblitzen, ich vernahm den Schuß des Grafen und fühlte eine doppelte Erschütterung an der Schulter und an der Brust. Die Kugel hatte den Lauf meiner Pistole getroffen, war davon ab, gesprungen und durch das Fleisch meiner Schulter gedrungen. Der Graf schien erstaunt, mich nicht niederstürzen zu sehen.

Sie sind verwundet? sagte er, einen Schritt vorwärts gehend.

Es ist nichts, antwortete ich und nahm meine Pistole in die linke Hand. Die Reihe ist an mir, mein Herr. Der Graf warf die abgeschossene Pistole weg und begab sich wieder an seinen Platz.

Ich zielte langsam und bedächtig, dann gab ich Feuer. Ich glaubte Anfangs, ich hätte nicht getroffen, denn der Graf blieb unbeweglich, und ich sah ihn die andere Pistole erheben. Allein noch ehe der Lauf derselben meine Höhe erreichte, bemächtigte sich seiner ein krampfhaftes Zittern, die Waffe entfiel ihm, er wollte sprechen, ein Blutstrom entquoll seinem Munde, er sank plötzlich tot nie, der. Die Kugel hatte ihm die Brust durchbohrt.

Die Zeugen traten sogleich an den Grafen heran, dann gingen sie auf mich zu. Unter ihnen befand sich auch ein Oberchirurg, den ich bat, meinem Gegner seinen Beistand zu leisten, indem ich ihn bedeutender verwundet glaubte, als mich.

Das ist unnötig, sagte er kopfschüttelnd, er bedarf Niemandes Hilfe mehr.

Habe ich als Ehrenmann gehandelt, meine Herrn? fragte ich sie.

Sie verneigten sich zum Zeichen der Bejahung.

Nun, Doktor, sprach ich, meine Kleider ablegend, so haben Sie die Güte, mir eine Kleinigkeit auf meine Wunde zu legen, damit das Blut gestillt werde, denn ich muß den Augenblick wieder abreisen.

Noch Eins, sagte der ältere Offizier zu mir, während der Chirurg den Verband vollendete, wo lassen wir den Leichnam Ihres Freundes hinschaffen?

In die Straße Bourbon Nr. 16, in das Hotel des Herrn von Beuzeval, erwiderte ich – über diese naive Frage lächelnd.

Bei diesen Worten schwang ich mich in den Sattel meines Pferdes, welches ein Husar nebst dem des Grafen am Zügel hielt, dankte den Herren zum letzten Male für ihren guten, redlichen Beistand, grüßte sie nochmals mit der Hand und jagte im Galopp die Straße nach Paris zurück.

Es war Zeit, daß ich ankam. Meine Mutter war in Verzweiflung. Da sie mich vergeblich zum Frühstück erwartet hatte, war sie endlich in mein Zimmer gegangen und hatte in einem der Schubkasten meines Sekretärs den an sie gerichteten Brief gefunden.

Ich riß ihr denselben aus den Händen und warf ihn mit dem an Pauline gerichteten in's Feuer. Dann umarmte ich sie, wie man eine Mutter umarmt, die man nicht wieder zu sehen glaubt und die man verläßt, ohne zu wissen, wenn man sie wieder sehen wird.

XVI

Acht Tage nach dem Vorfalle, den ich dir eben erzählt habe, fuhr Alfred fort, saßen wir in unserm kleinen Hause in Piccadilly beim Frühstück an einem Teetische uns gegenüber, als Pauline, die eine englische Zeitung las, plötzlich erbleichte, das Journal fallen ließ, einen Schrei ausstieß und in Ohnmacht sank. Ich sprang sogleich nach der Klingel und riß heftig an derselben; ihre Kammerfrauen eilten herbei, wir brachten sie in ihr Zimmer, und während sie entkleidet wurde, eilte ich hinunter, um nach dem Doktor zu schicken und in dem Journale nach der Ursache dieses plötzlichen Unfalles zu forschen. Kaum hatte ich es geöffnet, so fielen meine Augen auf folgende aus dem Courrier francai übersetzten Zeilen:

»Wir erhalten soeben sehr sonderbare und Geheimnisvolle Nachrichten über ein Duell, welches zu Versailles statt fand und dessen Veranlassung, wie es scheint, nur in, den noch unbekannten Beweggründen eines tiefen Hasses zu suchen ist.

»Vorgestern früh, den 5ten August 1833, kamen zwei junge Leute, welche dem Pariser hohen Adel anzugehören schienen, in unsere Stadt, jeder allein, zu Pferde, ohne Bedienten. Der eine begab sich in die königliche Kaserne, der andere in das Café de la Régence, wo sie zwei Offiziere baten, sie nach dem Kampfplatz zu begleiten. Jeder der Duellanten hatte seine Waffen mitgebracht; die Bedingungen, unter welchen das Duell statt finden sollte, wurden festgesetzt, und die beiden Gegner schössen in einer Entfernung von zwanzig Schritten auf einander. Der eine von Beiden blieb tod auf dem Platze, der andere, dessen Namen man noch nicht weiß, reiste trotz einer schweren Wunde, da die Kugel seines Gegners durch seine Schulter gegangen war, sogleich wieder nach Paris ab.

»Der Gebliebene ist Graf Horaz von Beuzeval. Der Name seines Gegners ist noch unbekannt.

Pauline hatte diesen Artikel gelesen, und die Wirkung, welche er auf sie hervorgebracht hatte, war um so größer, da diese Nachricht sie ganz unvorbereitet traf. Seit meiner Rückkehr hatte ich den Namen ihres Gemahls niemals genannt, und obgleich ich die Notwendigkeit einsah, ihr früher oder später den Todesfall mitzuteilen, welcher sie frei machte, jedoch ohne die näheren Umstände an zugeben, welche diese Freiheit herbeiführten, hatte ich doch noch keinen Versuch zu dieser Mitteilung gemacht. Ich war weit entfernt, daran zu denken, daß die Journale meine Vorsicht vereiteln und ihr auf eine plumpe, schonungslose Weise eine Nachricht mitteilen, würden, deren Bekanntmachung, bei ihrem sehr schwankenden Gesundheitszustand, mehr als bei jeder andern Frau mit der größten Schonung geschehen mußte.

Jetzt trat der Doktor ein; ich sagte ihm, daß eine starke Gemütsbewegung bei Paulinen einen neuen heftigen Anfall herbeigeführt habe. Wir gingen Beide zu ihr, sie lag noch immer in Ohnmacht, obgleich man ihr Wasser in's Gesicht gespritzt und sie flüchtige Reizmittel hatte einatmen lassen. Der Doktor sagte, daß er ihr zur Ader lassen müße und machte sogleich Vorbereitungen zu dieser Operation; da verließ mich der Mut und zitternd, wie ein Weib, eilte ich in den Garten.

Hier blieb ich fast eine halbe Stundenden Kopf in die Hand gestützt und von tausend Gedanken bestürmt, die sich in meinem Geiste durchkreuzten. Ich war bei Allem, was vorgegangen war, nur den Eingebungen meines Hasses gegen den Grafen und meiner Liebe gegen meine Schwester gefolgt; ich haßte diesen Menschen von dem Tage an, an welchem er mir durch seine Vermählung mit Paulinen mein ganzes Glück raubte und das Bedürfnis einer persönlichen Rache, sowie die Begierde den moralischen Schmerz durch einen physischen zu vergelten, hatte mich gegen meinen Willen hingerissen. Ich wollte ihn töten oder selbst getötet sein, das war Alles. – Jetzt, da dieser Wunsch erfüllt war, sah ich erst alle Folgen, die sich daraus entwickelten.

Man klopfte mich auf die Schulter; es war der Doktor.

Und Pauline! rief ich, die Hände faltend, aus.

Sie ist wieder zur Besinnung zurückgekehrt. . .

Ich erhob mich, um zu ihr zu eilen; der Doktor hielt mich jedoch zurück.

Hören Sie, fuhr er fort, der Anfall ist bedenklich; sie hat vor Allem Ruhe nötig. . . Betreten Sie für den Augenblick ihr Zimmer nicht.

Und warum? fragte ich ihn.

Weil es durchaus nötig ist, daß jede heftige Bewegung vermieden wird. Ich habe Sie nie wegen Ihrer Stellung zu ihr befragt, ich verlange keine vertrauliche Mitteilung darüber. Sie nennen sie ihre Schwester, sind Sie wirklich ihr Bruder? Als Menschen interessiert es mich nicht, dieß zu erfahren, für den Arzt jedoch ist es von großer Wichtigkeit. Ihre Gegenwart, selbst Ihre Stimme macht auf Paulinen einen sichtbaren Eindruck. . . Ich habe es immer bemerkt und noch vor einem Augenblicke, als ich ihre Hand in der meinigen hielt, beschleunigte die Nennung Ihres Namens den Pulsschlag auf eine sehr auffallende Weise. Ich habe befohlen, daß außer mir und ihren Kammerfrauen Niemand ihr Zimmer betrete. Handeln Sie nicht gegen diesen Befehl.

Es ist also gefährlich? rief ich.

Für eine so erschütterte Organisation, wie die ihrige, ist Alles gefährlich. Ihr wäre ein Trank nötig, der die Vergangenheit vergessen macht, denn irgend eine traurige Erinnerung, ein Gram, ein Kummer zehrt an ihrem Leben.

Ja, ja, erwiderte ich, Ihnen ist nichts verborgen, Sie haben Alles mit den Augen der Wissenschaft durchschaut. . . Nein, sie ist nicht meine Schwester, sie ist nicht meine Frau, sie ist nicht meine Geliebte: sie ist ein engelgleiches Wesen, welches ich über Alles liebe, dem ich das verlorene Glück nicht wieder geben kann und das in meinen Armen den Märtyrertod sterben wird. . . Ich werde Alles tun, Doktor, was Sie wünschen, ich werde ihr Zimmer nicht eher betreten, bis Sie mir Erlaubnis gegeben haben, ich werde Ihnen wie ein Kind gehorchen. Aber wenn werde ich sie wieder sehen dürfen?

 

Ich werde während des Tages wieder kommen. . .

Aber mein Gott! was soll ich anfangen?. . . .

Nur Mut!. . . sein Sie Mann!

Ach, wenn Sie wüßten, wie sehr ich sie liebe!. . .

Der Doktor drückte mir die Hand, ich begleitete ihn bis zur Türe und blieb unbeweglich an derselben Stelle stehen, wo er mich verlassen hatte. Endlich erwachte ich aus dieser Apathie, stieg die Treppe hinauf, näherte mich ihrer Tür und horchte, da ich nicht hinein zu gehen wagte. Ich glaubte, Pauline schlafe, doch drang bald ein unterdrücktes Schluchzen zu meinen Ohren, ich griff nach der Klinke. Da erinnerte ich mich noch zu rechter Zeit meines Versprechens und eilte, um es zu halten, aus dem Hause, stieg in den ersten Mietwagen, der mir vorkam und ließ mich nach Regent's-Park fahren.

Ich irrte beinahe zwei Stunden wie ein Wahnsinniger zwischen den Spaziergängern, Bäumen und Statuen herum; dann kehrte ich nach Hause zurück. An der Türe begegnete ich einem Diener, der in großer Eile war. Er wollte den Doktor holen, Pauline hatte einen neuen nervösen Anfall gehabt, in Folge dessen sie irre redete. Dieß Mal konnte ich mich nicht halten, ich stürzte in ihr Zimmer, warf mich vor ihrem Bette auf die Knie und ergriff ihre herabhängende Hand. Sie schien meine Gegenwart nicht zu bemerken; ihr Athen, war sehr unregelmäßig und keuchend, ihre Augen waren geschlossen, einige unzusammenhängende Worte ohne Sinn entschlüpften ihrem Munde. Der Doktor kam.

Sie haben nicht Wort gehalten, sagte er.

Ach! erwiderte ich, sie hat mich nicht erkannt. Doch fühlte ich bei dem Tone meiner Stimme ihre Hand erzittern. Ich überließ nun dem Doktor meinen Platz, der sich dem Bette näherte, den Puls der Kranken fühlte und darauf erklärte, daß ein zweiter Aderlass nötig sei,. Ungeachtet dieser neuen Blutentziehung nahm die Aufregung mehr und mehr zu und bis zum Abend zeigte sich eine Hirnentzünduug.

Acht Tage und acht Nächte war Pauline die Beute einer schrecklichen Geistesverwirrung. Sie kannte Niemanden, glaubte sich stets bedroht und schrie fortwährend nach Hilfe. Nach dieser Zeit ließ die Heftigkeit des Übels nach. Eine außerordentliche Schwäche, eine Erschöpfung aller Kräfte folgte dieser fürchterlichen Aufregung. Endlich am Morgen des neunten Tages öffnete sie nach einem etwas ruhigeren Schlummer die Augen, erkannte mich und nannte meinen Namen. Was in diesem Augenblicke in mir vorging, läßt sich schwer beschreiben. Ich warf mich auf die Knie und weinte, den Kopf gegen das Bett gelehnt, wie ein Kind. Jetzt trat der Doktor ein und gebot mir, mich zurückzuziehen, da er jede Gemütsbewegung der Kranken fürchtete. Ich wollte widerstehen, allein Pauline drückte mir die Hand und sprach mit leiser Stimme:

Gehen Sie!. . .

Ich gehorchte. Seit acht Tagen und acht Nächten hatte ich nicht geschlafen; ich legte mich daher auf's Bett, um, über ihren Zustand einiger Maßen beruhigt, des Schlafes zu genießen, dessen ich so nothwendig bedurfte, als sie.

Die Entzündung verschwand in der Tat allmählich und nach Verlauf von drei Wochen war nur noch eine große Schwäche zurückgeblieben; aber während dieser Zeit hatte das chronische Übel, von welchem sie bereits ein Jahr vorher bedroht war, neue Fortschritte gemacht. Der Doktor riet uns dasselbe Mittel, welches schon einmal geholfen hatte und ich beschloss, die letzten schönen Tage des Jahres noch zu benutzen, um mit ihr die Schweiz zu durchreisen und Neapel zu erreichen, wo wir den Winter zubringen wollten. Ich teilte Paulinen diesen Plan mit; sie lächelte traurig über die Hoffnung, welche ich auf diese Zerstreuung gründete, gab jedoch mit kindlicher Unterwürfigkeit zu Allem ihre Zustimmung. Wir reisten nun in den ersten Tagen des Septembers nach Ostende ab, durchflogen Flandern, gingen rheinaufwärts bis Basel, besuchten den Bieler und Neuburger See und verweilten einige Tage in Genf; dann durchstrichen wir das Berner Oberland, überstiegen den Brünig und kamen eben von Altorf, als du uns zu Fluelen am Vierwaldstädter See trafst, ohne dich mit uns vereinigen zu können.

Du wirst dir nun erklären können, warum wir dich nicht erwarten konnten. Pauline, die deine Absicht bemerkte, unser Fahrzeug zu benutzen, fragte mich nach deinem Namen und erinnerte sich sogleich, dich mehrere Male in Gesellschaft getroffen zu haben, sei, es bei der Gräfin M. . . oder bei der Prinzessin Bel. . . . Schon bei dem bloßen Gedanken, sich dir gegenüber zu befinden, nahm ihr Gesicht einen solchen Ausdruck von Schrecken an, daß ich meinen Schiffern befahl, das Fahrzeug mit Hilfe der Ruder vom Ufer zu entfernen, möchtest du auch von meiner Unhöflichkeit denken, was du wollest.

Pauline setzte sich auf den Boden des Fahrzeuges, ich ließ mich neben ihr nieder und sie stützte ihren Kopf auf meine Knie. Es waren gerade zwei Jahr, daß sie Frankreich verlassen hatte, eben so leidend, eben so auf mich gestützt. Ich hatte während dieser Zeit treulich die Verbindlichkeiten erfüllt, die ich übernommen hatte, ich hatte sie wie ein Bruder bewacht, wie eine Schwester geachtet, all' mein geistiges Streben war dahin gerichtet gewesen, ihr einen Schmerz zu sparen oder ihr Vergnügen zu bereiten; alle Wünsche meines Herzens liefen auf die Hoffnung hinaus, einst von ihr geliebt zu werden. Wenn man lange Zeit mit einer Person zusammen gelebt hat, so trifft es oft, daß ein und derselbe Gedanke in Beiden zugleich entsteht. Ich sah ihre Augen sich mit Tränen füllen, sie seufzte, drückte meine Hand und sprach:

Ach, wie gütig sind Sie?

Ich zitterte bei dieser auf meine Gedanken so treffenden Antwort.

Finden Sie, daß ich Alles getan habe, was ich zu tun schuldig war? sprach ich.

O, Sie sind der schützende Engel, meiner Jugend gewesen, welcher für einen Augenblick entschwunden war, den mir aber Gott unter dem Namen meines Bruders zurückgab!

Nun, und wollen Sie zum Lohne meiner Ergebenheit gar nichts für mich tun?

Ach! was könnte ich jetzt für ihr Glück tun? erwiderte Pauline; Sie lieben?. . . Alfred, im Angesicht dieses See's, dieser Gebirge, dieses Himmels, dieser erhabenen Natur, im Angesicht Gottes, der dieß Alles geschaffen hat, versichere ich Ihnen, daß ich Sie liebe. Ja, Alfred, ich liebe Sie und indem ich Ihnen dieß versichere, sage ich Ihnen nichts Neues.

O! ja, ja, ich weiß es, antwortete ich, aber es ist nicht genug, daß Sie mich lieben, Sie müssen Ihr Leben durch unlösbare Bande an das meinige binden. Dieser Schutz, welchen ich durch Ihre Gunst übernahm, muß für mich ein Recht werden.

Sie lächelte traurig.

Warum lächeln Sie? sagte ich zu ihr.

Weil Sie stets die irdische Zukunft und ich die des Himmels vor Augen habe. Noch immer!. . . sprach ich.

Keine Täuschung, Alfred. Täuschungen verbittern die Schmerzen und machen sie unheilbar. Wenn ich mich der Täuschung hingegeben hätte, glauben Sie, daß ich meine Mutter nicht von meinem Leben in Kenntniß gesetzt haben würde? Aber dann hätte ich meine Mutter und Sie zum zweiten Male verlassen müssen, und das wäre zu viel. So habe ich im Voraus Mitleiden mit mir selbst gehabt und mich einer großen Freude beraubt, um mir einen größeren Schmerz zu ersparen.

Ich machte eine bittende Bewegung.

Ich liebe Sie, Alfred! wiederholte sie, und ich werde Ihnen dieß so oft sagen, als mein Mund noch zwei Worte aussprechen kann; fragen Sie mich weiter nichts und wachen Sie selbst darüber, daß ich ohne irgend einen Vorwurf sterbe. . .

Was konnte ich tun, was konnte ich sagen gegen eine solche Überzeugung? Paulinen umarmen, mit ihr über das Glück weinen, welches uns Gott hätte gewähren können, und über das Unglücks welches das Schicksal über uns verhängt hatte.

Wir blieben einige Tage in Luzern, dann reisten wir nach Zürich ab und passierten den See und kamen nach Pfeffers. Hier wollten wir eine oder zwei Wochen bleiben, denn ich hoffte, daß die Heilquelle vorteilhaft auf Paulinens Gesundheit einwirken würde. Wir besuchten jene heilsame Quelle, auf welche ich meine Hoffnung gründete und begegneten dir bei der Rückkehr auf jenem schmalen Stege in dem dunkeln unterirdischen Gange. Pauline berührte dich fast und dieses zweite Begegnen verursachte ihr so große Unruhe, daß sie im Augenblicke abreisen wollte. Ich wagte nicht, ihr zu widersprechen und wir reisten auf der Stelle nach Konstanz.

Es unterlag für mich keinem Zweifel mehr, daß Pauline von Tage zu Tage auf eine auffallende Weise schwächer wurde. Du hast noch nie jene schreckliche Qual empfunden und wirst sie hoffentlich nie empfinden, welche uns das Gefühl verursacht, ein Herz, das wir lieben, unter unsern Händen absterben zu sehen, den Finger auf dem Puls jeden Tag einige fieberhafte Schläge mehr zu zählen und sich jedes Mal, wenn man diesen geliebten Körper in einem von Liebe und Schmerz gemischten Gefühle an' seine Brust drückt, sagen zu müssen, daß in einer Woche, in vierzehn Tagen, in einem Monate vielleicht diese Schöpfung Gottes, die lebt, denkt und liebt, nichts mehr als ein kalter Leichnam sein wird ohne Worte, ohne Liebe!

Was Paulinen betrifft, so schien sie, je näher die Zeit der Trennung herannahte, desto mehr die Schätze ihres Geistes und Herzens für diese letzten Augenblicke zu entwickeln. Ohne Zweifel erhellte meine Liebe diese Dämmerung ihres Lebens, aber dieser letzte Monat, welcher zwischen der Zeit, wo wir dich in Pfeffer trafen, und dem Abende lag, an welchem du von der Terrasse des Gasthofes am Lagio Maggiore jenen Strauß von Orangenzweigen in unseren Wagen fallen ließest, wird stets vor meinem Geiste stehen, wie vor dem Geiste der Propheten die Erscheinung der Engel stehen mußte, die ihnen das Wort des Herrn überbrachten.

So gelangten wir nach Arona. Hier schien mir Pauline bei dem ersten Windhauche aus Italien neu aufzuleben und wir wollten uns deshalb nur eine Nacht hier aufhalten, denn alle meine Hoffnung war jetzt auf Neapel gerichtet. Doch war sie am andern Tage so leidend, daß sie erst spät aufstehen konnte. Ich zog es deshalb vor, ein Fahrzeug zu mieten, statt die Reise nach Sesto-Calende im Wagen fortzusetzen. Gegen fünf Uhr des Abends schifften wir uns ein.

Je mehr wir uns diesem Orte näherten, desto deutlicher erschien uns in den warmen goldnen Strahlen der Sonne die kleine Stadt, ausgebreitet an den mit Gärten von Orangen, Myrthen und Rosenlorbeeren geschmückten Hügeln. Pauline war von dem Anblicke so hingerissen, daß ich neue Hoffnung für die Erheiterung ihres Gemütes schöpfte.

Sie denken gewiß, daß es sehr angenehm sein müsse, in dieser herrlichen Gegend zu leben?

Nein, erwiderte sie, ich dachte nur daran, daß es weniger schmerzhaft sein muß, hier zu sterben. Ich habe mir stets, fuhr sie fort, die Gräber mitten in einem schönen, von Wohlgerüchen durchdufteten Garten liegend geträumt, umgeben von Sträuchern und Blumen. Bei uns beschäftigt man sich nicht genug mit der letzten Wohnung derer, die wir lieben. Man schmückt das Bett, auf welchem sie einen Tag liegen und vergisst ihre Ruhestätte für die Ewigkeit. . . .. Wenn ich vor Ihnen sterben sollte, Alfred, sprach sie nach einem Augenblick des Schweigens weiter, und wenn Sie so edel wären, die Sorgfalt, welche Sie der Lebenden widmeten, auch der Toten noch ferner zu schenken, so wünschte ich, daß Sie sich dessen, erinnerten, was ich Ihnen eben gesagt habe.

O, Pauline! Pauline! rief ich, sie umarmend und sie konvulsivisch an mein Herz drückend, aus, reden Sie nicht so, Sie töten mich!

Nun wohl, mein Freund, es sei, erwiderte sie; ich wollte Ihnen dieß nur ein für allemal sagen, denn ich weiß, daß Sie es nie vergessen werden, wenn ich es Ihnen einmal gesagt habe. Sie haben Recht, sprechen wir nicht mehr davon. . . . Ich fühle mich überdies besser, der Aufenthalt in Neapel wird mir sehr wohltun; ich habe mich lange dahin gesehnt.

Ja, sagte ich, sie unterbrechend, bald werden wir in Neapel sein. Wir werden uns für diesen Winter ein kleines Haus in Sorrente oder Resina mieten, Sie werden dort den Winter zubringen, erwärmt von einer Sonne, die sich nie verbirgt, im Frühjahr werden Sie, wie die ganze Natur, zu neuem Leben erwachen. . . . Mein Gott, was fehlt Ihnen?. . .

O! wie leide ich, sagte Pauline, sich dehnend und die Hand auf die Brust legend. Sie sehen, Alfred, der Tod ist selbst auf unsere Traume eifersüchtig und sendet mir neue Schmerzen, um mich aus denselben zu wecken!. . .

Wir blieben nun in Schweigen versunken, bis zu dem Augenblicke, wo wir landeten. Pauline wollte gehen, allein sie war so schwach, daß ihre Füße sie nicht trugen. Es begann Nacht zu werden, ich nahm sie in meine Arme und trug sie bis zum Gasthaus.

 

Hier ließ ich mir ein Zimmer geben, welches an das ihrige stieß. Seit langer Zeit herrschte zwischen uns ein so heiliges, geschwisterliches, geweihtes Verhältnis, daß sie unter meinen Augen einschlief, wie unter denen einer Mutter. Wohl einsehend, daß sie leidender war, als je zuvor und daß es unmöglich sein werde, unsere Reise den folgenden Tag fortzusetzen, sandte ich mit Extrapost einen erpressen Boten in meinem Wagen nach Mailand, um den Dr. Scarpa zu holen.

Nun ging ich wieder zu Pauline. Sie lag im Bette; ich setzte mich ihr gegenüber. Es schien, als habe sie mir Etwas zu sagen, was sie nicht auszusprechen wage, denn ich überraschte sehr oft ihre Blicke, die mit einem noch nie bemerkten Ausdrucke des Zweifels auf mir hafteten.

Was wünschen Sie? sagte ich zu ihr, Sie scheinen mich Etwas fragen zu wollen und dennoch fehlt Ihnen der Mut, es zu tun. Schon mehrere Male habe ich bemerkt, daß Sie mich so ansehen: bin ich nicht Ihr Freund, Ihr Bruder?

O! Sie sind mehr als dieses, antwortete sie, es giebt keinen Namen für das, was Sie mir sind. Ja, ja, ein Zweifel peinigt mich, ein schrecklicher Zweifel! ich werde Ihnen dieß später erklären, in einem Augenblicke, wo Sie nicht wagen werden. Mir eine Unwahrheit zu sagen. Aber dieser Augenblick ist noch nicht gekommen. Ich betrachte Sie, um Sie so oft als möglich zu sehen. . . ich betrachte Sie, weil ich Sie liebe!. . .

Ich legte ihren Kopf sanft an meine Schulter und wir blieben wohl eine Stunde in dieser Stellung, während welcher ich ihren keuchenden Atem meine Wangen berühren und ihr Herz an meiner Brust schlagen fühlte. Endlich versicherte sie mir, daß sie sich wohler fühle und bat mich, in mein Zimmer zu gehen. Ich erhob mich, um ihren Wunsch zu erfüllen und wollte sie, wie gewöhnlich, auf die Stirn küssen, als sie ihre Arme um meinen Hals schlang und ihre Lippen auf meinen Mund preßte: Ich liebe dich! murmelte sie in einem Kusse, und ihr Kopf fiel auf das Kissen zurück. Ich wollte sie an meine Brust drücken, allein sie drängte mich sanft zurück, ohne die Augen zu öffnen. Laß mich. mein Alfred, sprach sie, ich liebe dich! Mir ist wohl. . . ich bin glücklich!. . .

Ich verließ das Zimmer, denn ich wäre nicht im Stande gewesen, in dieser exaltierten Stimmung, in welche mich jener fieberhafte Kuß versetzt hatte, noch länger dort zu verweilen, doch ließ ich die Tür offen, welche mein Zimmer mit dem ihrigen verband, um beim geringsten Geräusch bei der Hand zu sein. Anstatt mich aber zu Bett zu begeben, begnügte ich mich, nur meine Reisekleider abzulegen und ein Fenster zu öffnen, um mich einigermaßen zu erfrischen.

Der Balkon meines Fensters gewährte die Aussicht nach jenen reizenden Gärten, welche wir, uns Sesto nähernd, vom See aus bereits gesehen hatten. Inmitten der Citronengebüsche und dem Dickicht von Rosenlorbeeren erhoben sich beim Scheine des Mondes einige Statuen auf ihren Fußgestellen, weiß wie Schatten. Indem ich meine Augen unverwandt auf dieselben richtete, verwirrten sich meine Blicke; ich glaubte zu bemerken, wie sie sich belebten und mit ihren Händen nach der Erde zeigten. Diese Täuschung wurde so groß, daß ich mir einbildete, meinen Namen von ihnen rufen zu hören, ich fühlte mir an die Stirn, denn ich glaubte, wahnsinnig zu sein. Mein Name, zum zweiten Male von einer noch klagenderen Stimme gerufen, machte mich erzittern; ich kehrte in mein Zimmer zurück und horchte. Zum dritten Male drang mein Name zu meinen Ohren, aber noch schwächer die Stimme kam aus dem Nebenzimmer, es war Pauline, die mich rief; ich stürzte hinein.

Sie war es; im Begriff ihren Geist auszuhauchen, hatte sie nicht einsam sterben wollen und war, da ich nicht antwortete, in ihrem Todeskampfe aufgestanden, um mich zu suchen. Sie lag auf den Knien. Ich eilte auf sie zu, um sie in meine Arme zu nehmen; sie gab mir ein Zeichen, daß sie mich Etwas fragen wolle. Doch außer Stande zu sprechen und fühlend, daß ihr Ende nahe sei, ergriff sie den Ärmel meines Hemdes, riß ihn mit den Händen entzwei und entblößte so die kaum geschlossene Wunde, welche ich erst drei Monate vorher durch die Kugel des Grafen Horaz empfing. Mit dem Finger auf die Narbe zeigend, stieß sie einen Schrei aus, fiel zurück und schloß die Augen.

Ich trug sie auf ihr Bett und hatte kaum Zeit, meine Lippen auf die ihrigen zu drücken, um ihren letzten Seufzer aufzufangen.

Der Wille Paulinens wurde erfüllt. Sie ruht in einem jener Gärten, welche die Aussicht auf den See gestatten, mitten unter den Wohlgerüchen der Orangen und dem Schatten der Myrrhen und Rosenlorbeeren.

Ich weiß es, erwiderte ich Alfred, denn ich war vier Tage später in Sesto, nachdem du es verlassen hattest und habe auf ihrem Grabe gebetet, ohne zu wissen, wen es umschließe.

Ende
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