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Pauline

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Ich hatte keine Minute zu verlieren und der nächste Tag war schon zur Abreise bestimmt. Ich ging also in mein Zimmer, um einige unerläßliche Vorbereitungen zu treffen. Pauline ging in den Garten, wo ich sie, sobald meine Zurüstungen gemacht waren, aufsuchte.

Ich fand sie auf derselben Bank sitzend, wo sie mir ihre Geschichte erzählt hatte. Seit dieser Zeit war, gleichsam als wenn sie wirklich in die Arme des Todes gesunken wäre, wie man glaubte, kein Echo aus Frankreich zu ihr gedrungen, um sie zu erwecken. Vielleicht war sie nicht mehr fern von jenem Ziele der Ruhe und die Zukunft knüpfte sich vielleicht bald auf eine schmerzhafte Weise an die Vergangenheit, die ich mit allen Kräften aus ihrem Gedächtnisse zu verwischen strebte.

Sie reisen also ab? fragte sie.

Ich muß! Pauline, antwortete ich, mit einer Stimme, in die ich so viel Ruhe zu legen suchte, als möglich. Sie wissen besser als irgend Jemand, daß es Umstände giebt, welche über uns verfügen, und die uns oft einer Stelle entrücken, die wir nie verlassen wollten, wie der Wind ein Blatt entführt. Das Glück meiner Mutter, das Glück meiner Schwester, selbst das meinige, von welchem ich nicht reden würde, wenn es allein auf dem Spiele stände, hängen von meinem pünktlichen Eintreffen ab.

So gehen Sie, sagte Pauline traurig, gehen Sie, weil es so sein muß, aber vergessen Sie nicht, daß Sie in England auch eine mutterlose Schwester haben, deren ganzes Glück noch außerdem auf Ihnen beruht, und die gern etwas zu dem Ihrigen beitragen möchte!. . .

O! Pauline, rief ich, sie in meine Arme schließend, sagen Sie mir, zweifeln Sie einen Augenblick an meiner Liebe? Glauben Sie nicht, daß der Augenblick der glücklichste für mich sein wird, in welchem ich wieder dieses kleine Haus betrete, das uns den Blicken der Welt entzieht?. . . Glauben Sie nicht, daß es ein größeres Glück für mich ist, als ich je zu hoffen gewagt habe, mit Ihnen, in der Hoffnung auf noch glücklichere Tage, ein Leben wie Bruder und Schwester zu leben! O! sagen Sie, glauben Sie es?. . .

Ja, ich glaube es, antwortete Pauline, denn es wäre undankbar, daran zu zweifeln. Ihre Liebe für mich war so bescheiden, so erhaben, daß ich von ihr sprechen kann, ohne zu erröten, als redete ich von Ihren Tugenden. Was Sie unter dem noch größeren Glücke meinen, Alfred, verstehe ich nicht. . . Unser Glück hängt nach meiner Überzeugung von der Reinheit unseres Verhältnisses ab und je sonderbarer, ja vielleicht ohne Gleichen meine Lage ist, je mehr ich der Pflichten gegen die Gesellschaft entbunden bin, desto mehr bin ich mir schuldig, sie streng zu erfüllen. . . .

O! ja, ja, sagte ich, ich verstehe Sie und Gott möge mich dafür strafen, wenn ich es je versuche, eine Blume aus Ihrer Märtyrerkrone zu pflücken und an ihre Stelle einen Gewissensbiß einzufügen! Aber es können Umstände eintreten, die Sie frei machen. . . . Die Lebensart, welche der Graf führt, – verzeihen Sie, daß ich auf dieses Thema komme – setzen ihn mehr als jeden Andern. . . ..

O!. . . ich weiß es. . . Auch sehe ich nie in eine Zeitung, ohne zu seufzen. . . Der Gedanke, daß ich jenen Namen erblicken könnte, vielleicht in einen blutigen Prozess verwickelt, den Mann, den ich den meinigen nannte, vielleicht von einem ehrlosen Tode bedroht. . . . Ach!. . . was sprechen Sie in einem solchen Falle von Glück, gesetzt auch ich überlebte ihn?. . .

O! dann. . . und vor Allem, Pauline, würden Sie nicht eben sowohl die liebenswürdigste, die angebetetste Frau bleiben?. . . Hat er nicht selbst da für gesorgt, Sie sicher zu stellen, daß kein Flecken seines schmutzigen Gewerbes, noch seines Blutes an Ihnen haftet?. . . Aber ich will davon nicht sprechen, Pauline! In einem nächtlichen Überfalle, selbst in einem Duelle kann der Graf seinen Tod finden. . . O! es ist schrecklich, ich weiß es, keine andere Hoffnung auf Glück zu haben, als diejenige, die aus einer Wunde fließt oder dem Munde eines Menschen zugleich mit seinem Blute und seinem letzten Seufzer entströmt!. . . Aber wäre ein solches Ende nicht auch für Sie eine Wohlthat des Zufalls. . . ein Vergessen der Vorsehung?. . .

Nun? sagte Pauline mit fragendem Blick.

Nun! Pauline, erwiderte ich, würde dann der Mann, der sich ohne Bedingung zu Ihrem Freund», zu Ihrem Beschützer, zu Ihrem Bruder machte, nicht das Recht auf einen andern Namen haben?. . .

Aber hat dieser Mann auch über die Verbindung nachgedacht, die er eingehen würde, wenn er jenen Namen verlangte?

Ohne Zweifel, und er sieht darin viel Glück Verheißendes, ohne irgend etwas Abschreckendes zu erblicken. . . .

Hat er daran gedacht, daß ich aus Frankreich verbannt bin, daß selbst der Tod des Grafen diesen Bann nicht lösen wird, und daß ich die Pflichten, welche ich mir während seines Lebens auflegte, auch noch nach seinem Tode für bindend halten werde?. . .

Pauline, sagte ich zu ihr, ich habe an Alles gedacht. Das Jahr, welches wir nun mit einander verlebt haben, war das glücklichste meines Lebens. Wie ich Ihnen schon erklärt habe, bindet mich nichts an einen Ort der Welt mehr, als an den andern. Das Land, in welchem Sie sind, wird mein Vaterland sein.

Nun wohl! sagte Pauline mit einem so sanften Tone, der mehr als Versprechen, der alle Hoffnung in sich schloß, – kehren Sie mit diesen Gesinnungen zurück, wir wollen Alles der Zukunft überlassen und uns Gott anvertrauen.

Ich fiel ihr zu Füßen, ich küßte ihr die Knie.

Noch in derselben Nacht verließ ich London. Gegen Mittag kam ich zu Havre an; sogleich nahm ich Extrapost und reiste weiter; um ein Uhr früh war ich bei meiner Mutter.

Sie war mit Gabrielen in Gesellschaft. Ich frug sogleich wo, und erfuhr, daß sie bei Lord G., dem englischen Gesandten, seien. Ich fragte weiter, ob die Damen allein dorthin gegangen seien; man sagte mir, daß der Graf Horaz sie abgeholt habe. Ich kleidete mich schnell um, bestieg ein Cabriolet und ließ mich zu dem Hotel des Gesandten fahren.

Als ich ankam, hatten sich schon viele Personen entfernt und die Salons fingen an, sich zu lichten, doch war noch Gesellschaft genug da, um nicht bemerkt zu werden.

Ich erkannte bald meine Mutter, welche saß, und meine Schwester, welche tanzte, erstere mit jener ihr eigentümlichen Heiterkeit des Geistes, letztere mit kindlichem Vergnügen. Ich blieb an der Türe stehen, denn ich wollte nicht mitten auf einem Ballsaale erkannt werden. Über dem suchte ich noch eine dritte Person, die auch gegenwärtig sein mußte. Ich forschte nicht lange vergebens, der Graf lehnte an der Begleitung der Tür, die mir gerade gegenüber war.

Ich erkannte ihn auf den ersten Blick; es war derselbe Mann, den mir Pauline geschildert hatte, es war derselbe Unbekannte, welchen ich beim Scheine des Mondes in der Abtei Grand-Pré erblickte. Ich fand an ihm Alles, was ich suchte: eine ruhige blasse Gestalt, blonde Haare, welche ihm ein Ansehen von Jugend gaben, schwarze Augen, welche seiner Physiognomie einen so besonderen Charakter aufdrückten, endlich jene Falte auf der Stirn, welche, vielleicht in Folge von Gewissensbissen und Sorgen, seit einem Jahre noch breiter und tiefer geworden war. Der Contretanz hatte geendigt, Gabriele setzte sich neben ihre Mutter. Sogleich bat ich einen Bedienten, er möge Frau von Nerval und ihrer Tochter sagen, daß sie Jemand in dem Garderobenzimmer erwarte. Meine Mutter und Schwester schrien laut auf vor Erstaunen und Freude, als sie mich erblickten. Wir waren allein, ich konnte sie umarmen. Meine Mutter konnte kaum ihren Augen trauen, die mich sahen, und ihren Armen, die mich an ihr Herz drückten. Ich war mit solcher Eile gereist, daß sie ihren Brief kaum in meinen Händen glaubte. In der Tat, den Tag vorher um diese Zeit, war ich noch in London.

Weder meine Mutter, noch meine Schwester dachten daran, wieder in den Saal zurückzukehren. Sie verlangten ihre Mäntel, hüllten sich in ihre Pelze und gaben dem Bedienten Befehl, den Wagen vorfahren zu lassen, worauf Gabriele Meiner Mutter einige Worte in's Ohr raunte.

Du Hast Recht, rief diese; – und der Graf Horaz. . .

Morgen werde ich ihm einen Besuch machen und Euch bei ihm entschuldigen, sagte ich.

Hier ist er, sprach Gabriele.

In der Tat, der Graf hatte bemerkt, daß seine Damen den Saal verließen und da er die selben nach einiger Zeit nicht zurückkommen sah, hatte er sich aufgemacht, sie zu suchen, und fand sie nun im Begriff, weg zu gehen.

Ich gestehe, daß ein Frösteln meinen ganzen Körper überlief, als ich diesen Mann auf uns zu kommen sah. Meine Mutter fühlte, wie sich mein Arm in dem ihrigen zusammenzog, sie sah, wie sich meine Blicke mit denen des Grafen kreuzten und sie sprach, durch jenen mütterlichen Instinkt getrieben, der jede Gefahr in voraus wittert, noch ehe einer oder der andere von uns Beiden den Mund öffnete.

Verzeihen Sie, es ist mein Sohn, den wir nun seit einem Jahre nicht gesehen haben. Er ist eben von London angekommen. – Der Graf verneigte sich.

Sollte ich der einzige sein, Madame, sagte der Graf mit sanfter Stimme zu ihr, den diese Rückkehr betrüben müßte, und wird sie mich des Glücks berauben, Sie wieder nach Hause zu geleiten?

Das ist möglich, mein Herr, erwiderte ich, indem ich kaum an mich halten konnte, denn da, wo ich bin, haben meine Mutter und Schwester keinen andern Kavalier nötig.

Aber es ist ja der Graf Horaz! sagte meine Mutter, sich lebhaft nach mir umdrehend.

Ich kenne den Herrn, antwortete ich mit einem Tone, in welchen ich so viel Beleidigendes legte, als möglich.

Ich bemerkte, wie meine Mutter und Schwester zitterten. Der Graf wurde entsetzlich blaß, doch verriet, außer dieser Blässe, kein anderes Zeichen seine innere Bewegung. Er bemerkte die Furcht meiner Mutter, er verneigte sich und verließ das Zimmer mit einer Artigkeit und einem Anstande, die mir einen Maßstab gaben, nach welchem ich vielleicht mein Benehmen hätte einrichten sollen. Meiner Mutter ängstliche Blicke folgten ihm, und nachdem er verschwunden war, sagte sie:

 

Gehen wir! gehen wir! und zog mich nach der Treppe.

Wir gingen hinab, stiegen in den Wagen und kamen zu Hause an, ohne ein Wort gewechselt zu haben.

XV

Man kann übrigens leicht denken, daß sich in unsern Köpfen die verschiedenartigsten Gedanken kreuzten; meine Mutter war kaum in das Zimmer getreten, so gab sie Gabrielen ein Zeichen, sich in ihr Schlafgemach zu begeben. Das arme Kind kam, um mir ihre Stirn zum Kusse darzubieten, wie sie es früher stets that, aber kaum fühlte sie, daß meine Lippen sie berührten und meine Arme sie an meine Brust drückten, so brach sie in Tränen aus. Mein Blick senkte sich auf sie, ich sah in ihr Herz und bemitleidete sie.

Liebe kleine Schwester, sprach ich zu ihr, du darfst nicht böse auf mich sein, wegen Dinge, die ich nicht ändern kann. Gott schickt die Verhältnisse, denen der Mensch gehorchen muß. Seit dem unser Vater tod ist, bin ich selbst für dich verantwortlich, mir kommt es zu, über dein Leben zu wachen und es glücklich zu machen.

O ja, ja, sagte Gabriele, du bist Herr, was du anordnest, werde ich befolgen, sei, deshalb ohne Sorgen. Aber ich kann eine gewisse Furcht nicht unterdrücken, ohne zu wissen, was ich fürchte, und muß weinen, ohne zu wissen, warum?

Beruhige dich, sagte ich zu ihr, die größte Gefahr ist für dich vorüber; Dank sei, dem Himmel, der über dir wachte. Gehe in dein Zimmer, bete wie eine junge Seele beten muß; das Gebet vertreibt die Furcht und trocknet die Tränen. Geh'!

Gabriele umarmte mich und ging. Meine Mutter folgte ihr ängstlich mit den Augen. Nachdem die Tür sich hinter ihr geschlossen hatte, sprach sie:

Was bedeutet das Alles?

Das bedeutet, erwiderte ich in einem ehrerbietigen, doch festen Tone, daß diese Ehe, von welcher Sie mir geschrieben haben, nie statt finden kann, daß Gabriele den Grafen Horaz nicht heiraten werde.

Aber ich habe sie fast schon zugesagt, sprach meine Mutter.

Ich werde Sie ihres Versprechens entbinden, das ist meine Sorge.

Aber, mein Gott, sage mir doch warum, ohne irgend einen Grund?. . . .

Halten Sie mich für unsinnig, indem Sie glauben, daß ich ein so heiliges Band, wie ein gegebenes Wort, zerreißen sollte, ohne Gründe dazu zu haben?

Aber ich hoffe, daß du mir dieselben mitteilen wirst.

Das ist unmöglich, ganz unmöglich, liebe Mutter; mich bindet ein Eid.

Ich weiß, daß man dem Grafen Horaz Vieles Schuld giebt, doch kann man ihm Nichts beweisen. Glaubst du an alle jene Verleumdungen?

Ich glaube bloß das, was meine Augen sehen, liebe Mutter, und ich habe gesehen!. . .

O!. . .

Hören Sie. Sie wissen, daß ich Sie liebe, daß ich meine Schwester liebe. Sie wissen, daß ich nicht zaudere, einen unwandelbaren Entschluss zu fassen, wenn es ihrer Beider Glück betrifft. Sie wissen auch, daß ich Mann genug bin, Sie in einer so ernsten Angelegenheit nicht durch eine Luge zu schrecken. Nun wohl, liebe Mutter, ich sage es Ihnen nochmals, ich schwöre es Ihnen zu, wenn diese Ehe vollzogen wäre, wenn ich nicht zur rechten Zeit gekommen, wenn der Schatten meines Vaters während meiner Abwesenheit nicht aus dem Grabe gestiegen wäre, um sich zwischen seine Tochter und diesen Menschen zu stellen, wenn sich Gabriele in dieser Stunde Madame Horaz de Beuzeval nannte, so würde nur Eins zu tun übrig bleiben, und dieß würde ich tun, glauben Sie mir: Dieß wäre, Sie und Ihre Tochter sogleich hinweg zuführen, Frankreich zu fliehen und nie dahin zurückzukehren, in einem fremden Lande Vergessenheit und Verborgenheit zu suchen, statt der Schande, die uns im Vaterlande unausbleiblich ereilen würde.

Aber kannst du mir nicht sagen?. . .

Ich kann nichts sagen, ich habe einen Eid geschworen; wenn ich reden dürfte, ich brauchte nur ein einziges Wort zu sagen und meine Schwester wäre gerettet.

Nun, bedroht sie denn eine Gefahr?

Nein, wenigstens nicht, so lange ich lebe.

Mein Gott, mein Gott, du erschreckst mich!

Ich bemerkte jetzt, daß ich mich zu weit hatte hinreißen lassen.

Hören Sie, fuhr ich fort, vielleicht ist dieß Alles nicht so wichtig als ich glaube. Es ist zwischen Ihnen und dem Grafen noch nichts fest beschlossen, es ist der Welt noch nichts bekannt, bloß leere Gerüchte, bloß Mutmaßungen, nicht wahr?

Diesen Abend begleitete uns der Graf erst zum zweiten Male.

Nun wohl, liebe Mutter, so ergreifen Sie den ersten besten Vorwand, um ihn abzuweisen. Schließen Sie Ihre Tür für Alle, für den Grafen, wie für die Übrigen. Ich will es übernehmen, ihm begreiflich zu machen, daß seine Besuche unnütz sind.

Alfred, sagte meine Mutter erschrocken, vor Allem ist Klugheit, Schonung und Beachtung des Anstandes nötig. Der Graf ist kein Mann, den man so ganz ohne triftigen Grund zurückweisen kann. . . .

Beruhigen Sie sich, meine Mutter, ich werde die Regeln des Anstandes nicht aus den Augen setzen. Was die triftigen Gründe betrifft, so werde ihm auch diese anführen.

Handle, wie du willst, du bist das Haupt der Familie, Alfred, und ich werde nichts gegen deinen Willen tun, aber ich bitte dich um des Himmels willen, überlege jedes Wort wohl, welches du dem Grafen sagst, und wenn du ihm einen abschlägigen Bescheid giebst, so tue dieß auf eine möglichst schonende Weise. – Meine Mutter sah, daß ich ein Licht ergriff. – Ja, fuhr sie fort, du hast Recht, ich denke gar nicht an deine Ermüdung. Geh' in dein Zimmer, es wird morgen noch Zeit sein, an Alles dieses zu denken. – Ich umarmte sie. Sie hielt meine Hand noch in der ihrigen und sprach: du versprichst mir also, den Stolz des Grafen zu schonen?

Ich verspreche es Ihnen, liebe Mutter, umarmte sie nochmals und verließ das Zimmer.

Meine Mutter hatte Recht, ich fiel fast vor Müdigkeit um. Ich legte mich sogleich zu Bette und schlief in einem Zuge, bis früh zehn Uhr.

Als ich erwachte, fand ich einen Brief des Grafen vor. Ich hatte ihn erwartet, doch hätte ich nicht geglaubt, daß er von so viel Ruhe und Mäßigung zeugen würde, er war ein Muster von Höflichkeit und Anstand; hier ist er:

Mein Herr!

»Wie sehr ich auch wünschte, daß dieser Brief

»sicher in Ihre Hände gelange, so wollte ich ihn

»doch weder durch einen Diener, noch durch einen

»Freund übergeben lassen. Diese Art der Über-

»sendung, obgleich sie bei solchen Gelegenheiten die

»gewöhnlichste ist, hätte bei denjenigen Personell

»Unruhe erregen können, die Ihnen teuer sind und

»die ich, Sie werden es, wie ich hoffe, erlauben, trotz

»dem, was bei Lord G. gestern zwischen uns vorfiel,

»als mir nicht fremd und gleichgültig ansehe.

»Sie werden übrigens wohl einsehen, mein

»Herr, daß einige Worte, die wir gestern wech-

»selten, eine Erklärung fordern. Werden Sie wohl

»so gütig sein, mir Zeit und Ort zu bestimmen,

»wo Sie mir diese geben können? Die Natur die-

»ser Angelegenheit erfordert es, wie ich glaube, daß

»sie geheim bleibt, und daß nicht mehr Zeugen

»dabei sind, als die Beteiligten. Doch wenn Sie

»es wünschen, werde ich zwei Freunde mitbringen.

»Ich glaube, Ihnen gestern den Beweis gegeben

»zu haben, daß ich Sie schon als Bruder betrachtete.

»Glauben Sie, daß es mir sehr leid

»tun würde, diesem Namen zu entsagen und daß

»es meinen Hoffnungen und Gefühlen ganz, zuwiderlaufen

»würde, wenn ich Sie als Gegner und »Feind behandeln müßte.

Graf Horaz.

Ich antwortete sogleich:

Herr Graf!

»Sie hatten Sich nicht geirrt, ich erwartete

»Ihren Brief und danke Ihnen herzlich für die

»Vorsicht, mit welcher Sie denselben an mich haben »gelangen lassen.

»Da diese Vorsicht in Bezug auf Sie unnötig

»ist und viel darauf ankommt, daß Ihnen

»meine Antwort pünktlich übergeben werde, so erlauben

»Sie mir wohl, daß ich sie durch einen

»Bedienten übersende.

»Es ist auch meine Meinung, daß eine Erklärung

»zwischen uns nötig ist und wenn Sie

»damit einverstanden sind, kann diese noch heute

»Statt finden. Ich werde ausreiten und um Ein

»Uhr Mittags in dem Boulogner Holze, in der

»Allee de la Muette sein. Ich brauche Ihnen wohl

»nicht erst zu sagen, Herr Graf, daß es mir sehr

»angenehm sein wird, Sie dort zu treffen. Zeugen

»sind meines Erachtens bei diesem ersten Zusammentreffen

»ganz unnötig.

»Es bleibt mir nun, nachdem ich alle Punkte

»Ihres Briefes beantwortet habe, nur noch übrig,

»mit Ihnen von dm Gesinnungen zu sprechen,

»welche ich gegen Sie hege, und ich möchte herzlich

»wünschen, daß dieselben mir von meinem Herzen

»eingegeben wären; unglücklicher Weise sind sie mir

»aber von meinem Gewissen vorgeschrieben.

Alfred von Nerval.

Nachdem dieser Brief geschrieben und abgesandt war, ging ich zu meiner Mutter hinunter. Sie hatte sich in der Tat erkundigt, ob Niemand von Seiten des Grafen da gewesen sei, und ich fand sie durch die Antwort der Dienerschaft beruhigt. Gabriele hatte die Erlaubnis nachgesucht und erhalten, in ihrem Zimmer zu bleiben. Nach dem Frühstück wurde mir das Pferd vorgeführt, welches ich bestellt hatte, und meine Befehle waren pünktlich befolgt worden; der Sattel war mit Pistolenhalftern versehen. In diese steckte ich ein Paar sehr gute, geladene Duellpistolen, denn ich hatte nicht vergessen, daß der Graf nie ohne Waffen ausging.

Ich war schon ein Viertel auf zwölf Uhr auf dem Platze, so groß war meine Ungeduld. Ich durchritt diese Allee in ihrer ganzen Länge; beim Umkehren bemerkte ich einen Kavalier, vom andern Ende mir entgegenkommen: es war der Graf Horaz. Kaum hatten wir uns gegenseitig erkannt, so gaben wir unseren Pferden die Sporen und begegneten uns mitten in der Allee. Ich bemerkte, daß er ebenfalls Pistolenhalftern am Sattel hatte.

Sie sehen, sagte der Graf Horaz zu mir, mich mit Höflichkeit und lächelndem Munde grüßend, daß mein Verlangen, Sie zu treffen, eben so groß war, als das Ihrige, denn wir sind beide vor der bestimmten Stunde da.

Ich habe in einem Tage und einer Nacht hundert Lieues zurückgelegt, um dieses Vergnügen zu haben, Herr Graf, erwiderte ich, mich verneigend; Sie sehen, daß ich nicht nachstehe.

Ich setze voraus, daß die Beweggründe, welche Sie mit solcher Eile nach Paris zurückgeführt haben, kein Geheimnis sind, das ich nicht erfahren dürfte und obgleich der Wunsch, Sie kennen zu lernen und Ihnen die Hand zu drücken, mich leicht hätte veranlassen können, dieselbe Tour in noch kürzerer Zeit zurückzulegen, wenn es möglich wäre, so bin ich doch nicht so eitel, zu glauben, daß ein gleicher Grund Sie veranlaßt hat, England zu verlassen.

Sie haben Recht, mein Herr. Ganz andere Interessen, das Wohl einer Familie, deren Ehre kompromittiert werden sollte, sind die Ursache, warum ich London verließ und nach Paris kam.

Die Ausdrücke, erwiderte der Graf, sich verneigend und mit einem Lächeln, welches immer bitterer wurde, die Ausdrücke, deren Sie sich bedienen, lassen mich hoffen, daß nicht der Brief, welchen Frau von Nerval an Sie schrieb, um Ihnen die beabsichtigte Verbindung zwischen Fräulein Gabriele und mir anzuzeigen, die Ursache ihrer Rückkunft ist.

Sie irren sich, denn ich bin nur gekommen, mich dieser Verbindung zu widersetzen.

Der Graf erbleichte, seine Lippen schlössen sich; doch nahm er bald wieder seine gewöhnliche Ruhe an.

Ich hoffe, sagte er, daß Sie die Gefühle achten, welche mich mit kaltem Blute die sonderbaren Antworten anhören lassen, welche Sie mir geben. Diese Kaltblütigkeit ist ein Beweis, die sehr ich eine Verbindung mit Ihnen wünschte und dieser Wunsch ist so groß, daß ich so unbescheiden sein werde, die Nachforschung noch weiter zu treiben. Würden Sie mir wohl die Ehre erzeigen, mein Herr, mir zu sagen, welche Ursache Sie zu dieser blinden Abneigung haben, die Sie so frei gegen mich äußern? Lassen Sie uns neben einander weiter reiten und unser Gespräch fortsetzen.

Ich ließ mein Pferd gleichen Schritt mit dem seinigen gehen und wir ritten die Allee entlang anscheinend wie zwei Freunde, welche spazieren reiten.

 

Ich erwarte Antwort, mein Herr, nahm der Graf wieder das Wort.

Nun wohl, Herr Graf, erwiderte ich, so erlauben Sie mir, Ihr Urteil über die Meinung, die ich von Ihnen hege, zu berichtigen; sie beruht nicht auf einer blinden Abneigung, sondern auf wohlbegründeter Verachtung.

Der Graf erhob sich in den Steigbügeln, wie Einer, dessen Geduld erschöpft ist, dann strich er sich mit der Hand über die Stirn und antwortete mit einer Stimme, an welcher schwerlich die geringste Veränderung zu bemerken war:

Es ist sehr gefährlich, mein Herr, dergleichen Meinungen zu fassen und noch gefährlicher, sie zu äußern, bevor man Denjenigen nicht ganz genau kennt, der sie uns einflößt.

Und wer hat Ihnen gesagt, daß ich Sie nicht genau kenne? antwortete ich, ihm in's Gesicht sehend.

Und doch, wenn mein Gedächtnis nicht trügt, sah ich Sie gestern zum ersten Male.

Nein, der Zufall oder vielmehr die Vorsehung hat uns schon einmal einander genähert; es ist wahr, es war Nacht, Sie haben mich nicht gesehen.

Unterstützen Sie mein Gedächtnis, sagte der Graf, ich bin sehr ungeschickt, Rätsel zu lösen.

Ich war in der Nacht vom 27sten zum 28sten September in den Ruinen der Abtei Grand-Pré.

Der Graf zitterte und griff nach der Pistolenhalfter. Ich machte dieselbe Bewegung; er bemerkte es.

Nun? erwiderte er, sich sogleich wieder fassend.

Nun! ich habe Sie aus dem unterirdischen Gewölbe herauskommen sehen, ich habe gesehen, wie Sie einen Schlüssel vergruben.

Und welchen Entschluss haben Sie nach dieser Entdeckung gefaßt?

Den, Fräulein Gabriele von Nerval nicht auf dieselbe Weise ermorden zu lassen, wie Sie versucht haben, Fräulein Pauline von Meulien zu ermorden.

Pauline ist nicht tod?. . . rief der Graf, indem er sein Pferd anhielt und für dieß Mal jenen teuflischen Gleichmut verlor, der ihn bis jetzt keinen Augenblick verlassen hatte.

Nein, mein Herr, Pauline ist nicht tod, antwortete ich, mein Pferd mich anhaltend; Pauline lebt trotz des Briefes, den Sie ihr schrieben, trotz des Giftes, welches Sie ihr eingeschenkt hatten, trotz der drei Tore, hinter welchen dieselbe eingeschlossen war und die ich geöffnet habe, ich, mit jenem Schlüssel, den ich von Ihnen hatte eingraben sehen. Begreifen Sie nun?

Vollkommen, erwiderte der Graf, die Hand in eine Pistolenhalfter steckend, aber ich begreife nicht, warum Sie, im Besitz solcher Geheimnisse und solcher Beweise, mich nicht ohne Weiteres angezeigt haben.

Das kommt daher, mein Herr, weil ich einen heiligen Eid geschworen habe; ich bin genötigt, Sie im Zweikampfe zu töten, als wenn Sie ein Mann von Ehre wären. Lassen Sie also Ihre Pistolen, denn dadurch, daß Sie mich ermorden, können Sie Ihre Lage nur verschlimmern.

Sie haben Recht, erwiderte der Graf, indem er seine Pistolenhalfter wieder schloß. und sein Pferd wieder in Schritt gehen ließ. Wenn werden wir uns schlagen?

Morgen früh, wenn Sie wollen, sagte ich und ließ meinem Pferde gleichfalls den Zügel.

Sehr wohl, und wo?

Zu Versailles, wenn Ihnen dieser Ort gefällt. Gut. Um neun Uhr werde ich Sie mit meinen Zeugen erwarten.

Die Herren Max und Heinrich, nicht wahr?

Haben Sie Etwas gegen sie einzuwenden?

Ja, ich will mich wohl mit einem Mörder schlagen, aber ich kann nicht zugeben, daß er zwei seiner Genossen zu Sekundanten nimmt; das geht nicht an.

Nun, so stellen Sie Ihre Bedingungen, sagte der Graf, sich die Lippen blutig beißend.

Da es nötig ist, daß unser Zusammentreffen ein Geheimnis bleibt, welchen Ausgang es auch haben möge, so wollen wir unsere Zeugen aus den Offizieren der Garnison in Versailles wählen, die uns nicht kennen und die dem Duelle nur aus dem Grunde beiwohnen werden, um der Anschuldigung eines Mordes vorzubeugen. Ist Ihnen dieses genehm?

Vortrefflich, mein Herr. . . Und die Waffen?

Nun, Mein Herr, da wir uns mit dem Degen leicht eine kleine, unbedeutende Wunde beibringen könnten, die uns vielleicht an der Fortsetzung des Kampfes hindern würde, so scheint mir die Pistole den Vorzug zu verdienen. Bringen Sie die Ihrige mit, ich werde die meinige besorgen.

Aber, erwiderte der Graf, wir haben Beide Waffen bei uns, wir sind über die Bedingungen einig, warum wollen wir die Sache bis auf Morgen verschieben, da wir sie doch noch heute abmachen können?

Weil ich noch mehrere Anordnungen zu treffen habe, welche diesen Aufschub nötig machen. Ich glaube, mich gegen Sie so benommen zu haben, daß ich diesen Aufschub wohl fordern kann. Was Ihre Furcht betrifft, so sein Sie ganz ruhig. Ich wiederhole Ihnen nochmals, daß ich einen Eid geschworen habe.

Das ist hinreichend, mein Herr, antwortete der Graf, sich verneigend, auf Morgen also, um neun Uhr.

Auf Morgen um neun Uhr.

Wir grüßten uns zum letzten Male und entfernten uns im Galopp, der eine nach diesem, der andere nach jenem Ende der Allee.

Der Aufschub, den ich vom Grafen verlangt hatte, währte in der Tat nicht länger, als nötig war, um meine Angelegenheiten in Ordnung zu bringen. Sobald ich demnach nach Hause zurückgekommen war, schloß ich mich in mein Zimmer ein.

Ich verbarg mir keineswegs, daß der Ausgang des Kampfes, den ich bestehen sollte, sehr zweifelhaft war: ich kannte die Kaltblütigkeit und Geschicklichkeit des Grafen. Ich konnte leicht getötet werden und für diesen Fall mußte ich für Paulinens Lage Sorge tragen.

Obgleich ich bei Allem, was ich dir eben erzählte, ihren Namen nicht ein einziges Mal genannt habe, fuhr Alfred fort, so brauche ich dir doch wohl nicht erst zu sagen, daß die Erinnerung an sie mich keinen Augenblick verließ. Die Gefühle, welche beim Anblick meiner Mutter und Schwester in mir erwachten, hatten sich an diejenigen angereiht, die ich für sie empfand, ohne jedoch denselben Eintrag zu tun und ich fühlte nun, wie sehr ich sie liebte, als ich die Feder ergriff, um ihr, vielleicht zum letzten Male, zu schreiben. Ich fügte dem Briefe eine Verfügung über eine Rente von 10000 Francs bei und adressierte ihn an den Doktor Sercey, Grosvenor-Square, zu London.

Die übrige Zeit des Tages und einen Theil der Nacht brachte ich mit ähnlichen Vorbereitungen zu, legte mich erst um zwei Uhr Morgens zu Bette und befahl meinem Bedienten, mich um sechs Uhr zu wecken.

Er kam diesem Befehle pünktlich nach, wie er überhaupt ein Mensch war, auf welchen ich in jeder Hinsicht zählen konnte. Er war einer jener alten Diener, wie man sie in den deutschen Schauspielen findet, welche die Väter ihren Söhnen hinterlassen, ich hatte ihn ebenfalls von meinem Vater geerbt. Ich beauftragte ihn mit der Besorgung des Briefes und befahl ihm, denselben selbst nach London zu bringen, im Fall ich im Zweikampf bleiben sollte. Ich übergab ihm zur Entschädigung für diese Reise zweihundert Louisd'or, im entgegengesetzten Falle sollte er diese Summe als Geschenk behalten. Überdieß zeigte ich ihm die Schublade, in welcher sich auch das letzte Lebewohl für meine Mutter befand und welches er dieser übergeben sollte, im Fall das Schicksal mir ungünstig sein würde. Weiter sollte er noch für mich bis fünf Uhr Abends eine Postchaise bereithalten und, wenn ich bis zu dieser Zeit noch nicht zurückgekehrt wäre, sich selbst nach Versailles auf den Weg zu machen, um zu sehen, was aus mir geworden sei,. Ich stieg zu Pferde 5 um drei Viertel auf neun Uhr war ich mit meinen Zeugen auf dem Platze. Dieß waren, laut der Bestimmung, zwei mir ganz unbekannte Husarenoffiziere, die jedoch keinen Augenblick Bedenken trugen, mir diesen Dienst zu erweisen. Meine Versicherung, daß es eine Angelegenheit sei, bei welcher die Ehre einer achtenswerten Familie auf dem Spiel stehe, war hinreichend, um meiner Aufforderung ohne weitere Erkundigung Folge zu leisten. Nur den Franzosen ist es möglich, zu gleicher Seit und nach Umständen die größten Schwätzer oder die Verschwiegensten zu sein.

Kaum hatten wir fünf Minuten gewartet, so erschien auch der Graf mit seinen Zeugen. Wir suchten nun einen passenden Ort und fanden ihn durch Hilfe unserer Sekundanten, die daran gewöhnt sind, dergleichen Lokalitäten auszumitteln. Auf diesem Platze angekommen, teilten wir den Herren unsere Kampfbedingungen mit und baten sie, die Waffen zu untersuchen. Der Graf hatte Pistolen von Lepage, die meinigen waren von Devismes, beide doppelröhrig und von demselben Caliber, wie fast alle Duellpistolen.

Der Graf verleugnete den Ruf der Tapferkeit und Höflichkeit auch jetzt nicht; er wollte mir alle Vorteile einräumen, was ich jedoch nicht annahm. Es wurde demnach beschlossen, daß das Los über die Stellung und den ersten Schuß entscheiden solle. Die Entfernung wurde auf zwanzig Schritte bestimmt und die Grenze durch ein zweites geladenes Pistol bezeichnet, um den Kampf fortsetzen zu können, wenn keine der ersten Kugeln tödlich sein sollte.

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