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Olympia von Clèves

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LIII.

Der Kammerdiener von Herrn von Fréjus

Herr von Richelieu hatte dem König versprochen, er wollte sein Wort nicht brechen.



Er machte also dem Herrn Kardinal von Fleury den Besuch, den Saint-Ceran von einem Botschafter, der von seiner Sendung zurückgekehrt, erwartete.



Herr von Fleury, Bischof von Fréjus, Erzieher des Königs, verdient wohl einige Züge unserer Feder, und wäre es nur zum Verrständniß der Rolle, die er in diesem Buche spielen wird.



Das war in der Zeit, um die es sich handelt, ein betagter, verschmitzter, übersättigter Geistlicher, wie später Beaumarchais sagte, ein Greis jung für die Intrige, ein Geist fruchtbar an kleinen Mitteln, die er mit Muße unter der Regierung von Ludwig XIV. im Schatten der Roben des Pater Lachaise und von Frau von Maintenon studiert hatte.



Er kannte den Hof, er war des Königs sicher; mehrere Versuche, die man gemacht, um ihn aus dem Besitze zu setzen, hatten sich zur Verwirrung und Beschämung seiner Feinde gewendet, und er hatte nicht den geringsten Ruhm daraus zu ziehen geschienen.



Im Gegenteil, bei jedem neuen Triumphe wurde er demütiger, als zuvor.



Man hatte bei drei kritischen Umständen, als schon sein Credit zu wanken schien, den jungen König mit Tränen und Schreien ungeduldigen Zorns seinen alten Lehrer wieder verlangen sehen, der ihn an Spielzeug, an Bonbons und au eine sehr große Freiheit bei dem, was ihn nicht von seiner Politik entfernte, gewöhnt hatte.



Fleury besaß also das Geheimnis, das den Leuten von Hofe das Maß von allen denjenigen gibt, mit welchen sie es zu tun haben, ein unfehlbares Geheimnis, um zu regieren: das Talent, sich hinter einem Throne zu schirmen und mit verborgenen Fäden die Arme und die Zunge des Automaten in Bewegung zu setzen, der unter dem pomphaften Namen König figurirt.



In diesem Augenblick suchte sich Fleury des Herrn Herzogs von Bourbon, des ersten Ministers, zu entledigen, den er selbst zu diesem Amte nach dem Tode des Regenten hatte ernennen lassen.,



Die Scandal-Liebhaber sagten, Fleury wolle selbst regieren; die Leute ohne Empfänglichkeit erklärten, der Herr Herzog verdiene die Intimität des Kardinals wegen seiner Manieren, welche die Regentschaft unter einem König fortsetzten, dessen Character sich als moralisch und wesentlich reformierend ankündigte.



Eine Tatsache ist es, daß Herr von Bourbon oder vielmehr Frau von Prie den der Königin widerstrebenden Kardinal stürzen wollte, und daß der Kardinal alle Fugen am Harnisch des Ministers suchte, um ihn an den guten Stellen zu treffen.



Man kennt durch die Unterredung des Herzogs von Richelieu mit Frau von Prie die Wunden des Herrn Herzogs, und man wird vielleicht staunen, daß unter Leuten von einer Moralität, welche so sicher, sich zu verstehen, nicht mehr wirkliche Sympathie herrschte.



Der Leser, der bei dieser Angelegenheit ohne Herrn von Richelieu rechnen würde, liefe jedoch Gefahr, sich zu täuschen. Der Herzog war nicht von Wien zurückgekehrt, um dieser ganzen Hofpolitik fremd zu bleiben, in welche wir den Leser mit vollen Segeln haben einlaufen lassen.



Der Herzog kam beim Kardinal an.



Fleury, der die Einfachheit bis zur Prätension trieb, ging, für die meiste Zeit, nach Issy zu den Sulpicianern, seinen Freunden, und tat sein Bestes, um ihnen die Jansenisten verfolgen zu helfen.



Er studierte gründlich die Theologie, ehe er zur höheren Politik überging.



Umgeben von seinem Beichtiger, dem Abbé Polet, von seinem Kammerdiener Barjac, die ihn Einer nach dem Andern, zuweilen Einer zu gleicher Zeit mit dem Andern, führten, kam er mit Bescheidenheit zurück, – mit der Bescheidenheit eines Mannes, der Bischof geworden ist und Papst zu werden hofft.



Die Menge beeiferte sich immer, ihn in Issy zu sehen, wenn er, der Hofmeister des Königs und der Gebieter Frankreichs, geruhte, die Thüren dieser Einsiedelei offen zu lassen; Thüren, an welche Jeder demütig klopfte, und die besser bewacht waren, als die des Louvre.



Hier bildete sich auch Herr Hercules von Fleury insgeheim einen Hof, dessen erste Operationen ihn in seinen ehrgeizigen Absichten unterstützen und zu einer Macht führen sollten, nach der er duckmäuserisch begehrte.



Leutseligkeit gegen alle diese Söhne der Roués heuchelnd, die es nicht mehr wagten, sich in Gegenwart des ehemaligen Gouverneur des Königs an den Tisch zu setzen, wo ihre Väter, lustige Gefährten des Regenten, Orgie gemacht, hatte der Bischof, um die Wahrheit zu sagen, keinen erklärten Feind.



Ich nehme die Kriegsleute aus, die ihn durchdrungen hatten, doch das war ein seltenes Privilegium,



Die Geistesart des Gouverneur gehörte ganz ihm, und diese Geistesart, die ihm eigentümlich war, hielt ihn ab, je auch nur ein wenig mehr davon zu zeigen, als er sehen lassen wollte.



Die Leute mit Specialität haben das Problem der Universalität gelöst oder glauben es wenigstens gelöst zu haben. In einer Sache sich auszeichnen heißt die ganze Welt der Neidischen verletzen, heißt mehr vereinigen, als das Ganze der Vollkommenheiten, das die Welt gewöhnlich gestattet.



Die Welt der Höflinge hatte also für Herrn von Fleury so viel Verehrung und Vertrauen, als der Hofmeister von Ludwig XV. wünschen konnte. Sein ganz verschleierter Ehrgeiz, wenn man so sagen darf, gegenüber einer so hellsehenden Welt, wie die, welche die Vorzimmer eines neuen Hofes füllt, ließ die Stellung erraten, die er einnehmen konnte; erschien sie zu verachten, und man wusste ihm allgemein Dank dafür, daß er sie verachtete.



Der Bischof, ein gewandter Diplomat, benutzte mit einer bewunderungswürdigen Weisheit alle einzelne Gewogenheiten, die ihm den Weg zu der Macht, nach der er begehrte, bahnen sollten.



Mazarin, dieser Zögling von Richelieu, der sich eins Macht constituirt, welche der große Kardinal vergebens an sich zu reißen gehofft hatte, Mazarin und Richelieu betrachtete Herr von Fleury als die Vorbilder, welche er schon durch die günstigen Chancen, die ihm seine Zukunft zu bieten schien, verwischt glaubte.



Hätte man diesem Mann das Vermögen von einem der Pairs der neuen Beförderung geboten, er würde es mit Geringschätzung ausgeschlagen haben.



Tag für Tag seine kleine Intrige für den andern Tag machen; eine Woche arbeiten, um die andere Woche zu verdienen, wenn er in der Begeisterung war; einen Monat lang den folgenden Monat zu verdienen suchen, Wenn ihn seine Inspiration unterstützte, dies war sein



Leben, dies war seine unablässige Arbeit, seitdem er am Hofe hielt. Ludwig XV., der Enkel von Ludwig XIV., derjenige, welcher wie sein Großvater sagen konnte: »Der Staat, das bin ich!« der König gehörte nicht Frankreich; er gehörte nicht sich selbst: er gehörte Fleury, der ihn für seine eigene Rechnung, für sein eigenes Glück erzogen hatte.



Fleury war auch auf alle Welt eifersüchtig; Fleury betrachtete auch mit Eifersucht die Königin, diese erste Vergötterung des Königs, seit dem ihm seine Spielzeuge gleichgültig waren.



Die Königin hatte begriffen: sie gab ihm seine Feindschaft zurück, sie machte Gegengewicht mit dem Herzog von Bourbon und der Marquise von Prie, ihren Paten, als es sich um das Königreich Frankreich gehandelt hatte.



Richelieu, indem er, am Tage vor seinem Besuche, die Kälte der Königin hinnahm, spielte ein vortreffliches Spiel, um sich dem Kardinal zu nähern. Wir wollen ihm nach Issy in seinen Kartencombinationen folgen.



Fleury erwartete ihn dort. Dieser Mann, der in der Zurückgezogenheit lebte, dieser einsame Mann wusste besser als der Polizeilieutenant Alles, was bei Hofe vorging.



Richelieu, der an seinen Gewohnheiten nicht zweifeln konnte, bereitete sich aus die Reise vor. Er wünschte sich dazu Glück, denn schon im Vorzimmer traf er Barjac.



Dieser Barjac war eine sonderbare Gattung von Menschen; ergraut im Dienste des Kardinals, dessen Glück, eine etwas launenhafte Prinzessin, er unterstützt, hatte durch dreißig Jahre der Treue, der Ergebenheit eine solche Herrschaft über den Kardinal erlangt, das dieser ihm nicht nur die materielle Direction seines Lebens, sondern auch einen großen Teil der geistigen überließ.



Barjac verdankte dieses Vertrauen und dieses Ansehen einer großen Gewandtheit gemischt mit einer hinreichenden Dosis von Offenherzigkeit; er liebte wirklich und bewunderte seinen Herrn, was kein mittelmäßiger Beweis von seiner Gutmütigkeit war, und da er Aufrichtigkeit für das Interesse des Kardinals besaß, so ließ man es ihm hingehen, daß er einige Anordnungen für sein eigenes Interesse traf.



Ein politischer Diener, sagte er wir, wenn er von den Kabinettsangelegenheiten sprach, wie er ehedem:

unser Silberzeug und unser Park

 sagte, wenn er von den Angelegenheiten von Herrn von Fréjus sprach.



Barjac mit Zartheit behandeln war eine Wissenschaft erster Notwendigkeit bei Seiner Herrlichkeit, welche sehr oft, wenn ihre Tafel voll war, die ausgezeichnetsten Höflinge zu Barjac mit den Worten schickte:



»Es ist kein Platz mehr hier, speisen Sie mit Barjac.«



Zwischen dem Worte von Richelieu: »Meine Herren, ich verlange, daß der König bedient werde,« und dem Worte von Fleury: »Meine Herrn, speisen Sie doch mit Barjac,« liegt die ganze Geschichte des französischen Adels seit 1620 bis 1720: ein Jahrhundert der Hinfälligkeit und Servilität.



Doch dieser so mächtige Barjac war kein Dummkopf, der sich leicht mit dem Zauber des Weihrauchs führen ließ: viele Höflinge hatten sich die Finger daran verbrannt. Barjac wusste die Kohlen auf diejenigen zurückzuwerfen, die ihn mit Ungeschicklichkeiten beräucherten.



Als eines Tags ein Herzog und Pair, der bei ihm speiste, ihn umarmt, begrüßt, bei Tische mit tausend Vertraulichkeiten überhäuft, ganz wie seines Gleichen behandelt hatte, stand Barjac auf, nahm einen Teller mit der rechten Hand, eine Serviette mit der linken, bediente den vornehmen Herrn und sagte zu ihm:

 



»Gnädiger Herr, wenn Sie sich so bei Barjac vergessen, geziemt es sich doch nicht, daß sich der arme Barjac bei Ihnen vergisst.«



Ein solcher Kämpe war schwer zu bezähmen.



Richelieu trat ein.



»Guten Morgen, Barjac,« sagte er; »wie geht es Ihnen?«



»Der Herr Herzog!« rief Barjac sein Gesicht entfaltend, als ob er erstaunt gewesen wäre.



»Von fern zurückgekehrt, Barjac! Ah! Barjac, Sie werden stark, mein Freund!«



»Sie finden, Herr Herzog?«



»So geht es, wenn man sich nicht mit der Politik beschäftigt.«



Barjac lächelte fein.



»Monseigneur hat eine gute Reise gehabt?« sagte er.



»Eine vortreffliche! Sieht man Herrn von Fréjus?«



»Er war nicht benachrichtigt, doch er wird glücklich sein, Sie zu sehen.«



Sie weiden mir einen Dienst erweisen, wenn Sie mich allein einführen.«



»Noch einen Augenblick Geduld, wenn es Ihnen gefällig wäre; wir haben beute ein Gewimmel: lauter Angelegenheiten von der letzten Woche. Es ist der Schweif der abscheulichen Geschichte mit Spanien, von der Sie etwas wissen.«



»Ja,« sagte Richelieu: »Ihre Katholische Majestät will durchaus nichts hören.«



»Ah! man muss gestehen,« versetzte Barjac, »wir haben sie grausam dadurch verletzt, daß wir die Infantin zurückgeschickt. Setzen Sie sich an ihre Stelle, Herr Herzog, wenn Sie Kinder im Ausland etabliert hätten, und man schickte sie Ihnen zurück wie irrtümliche Ware!«



»Sie haben Recht, das wird endlos sein.«



»Nur von Seiten der Königin von Spanien, denn der König . . .«



»Oh! Seine Katholische Majestät Philipp V. hegt keinen Groll: er hat beinahe nicht mehr genug Grund hierfür; doch, mein lieber Barjac, sagen Sie mir, wird der Herr Kardinal lange warten lassen?«



Barjac, der Kammerdiener, Barjac, dem seine kleine Gewalt doch nicht die volle Freiheit gegen die Manieren des vornehmen Mannes geben konnte, die ihn immer bezähmten, verführt überdies durch die wechselnde Vertraulichkeit des Herzogs, ging Barjac auf der Stelle ab, um ihn dem Kardinal zu melden.



Man führte den Herzog sogleich ein.



Beim Anblick des Herzogs stand ein stattlicher Greis von strengem Gesicht, der bei Fleury saß, auf, grüßte ernst und entfernte sich alsbald, doch nicht ohne zuvor den sehr abgemessenen Gruß von Herrn von Richelieu in Empfang genommen zu haben.



Denn dieser Greis war die zweite Macht nach Herrn von Fleury oder vielmehr neben ihm.



Es war der Pater Polet, sein Beichtiger, der furchtbare Verfolger der Jansenisten, dem sicherlich nur Ludwig XIV. und die Gelegenheit fehlten, um den französischen Boden von den Ketzereien von Arnaud und Nicolle zu reinigen.



Der Herzog blieb mit dem Bischof allein.




LIV.

Herr von Fréjus, Erzieher von König Ludwig XV

Der Kardinal war alt, aber noch frisch; er hatte eine salbungsreiche und überzeugende Leutseligkeit, welche, in Augenblicken und für gewisse Angelegenheiten, seinen Mitteilungen die Feierlichkeit gab, der ihn der völlige Mangel an Genie bei den großen Veranlassungen beraubt hätte.



Er hatte den ruhigen, forschenden Blick des Mannes, der gewohnt ist, ferner als im Geiste zu suchen, das Gewissen zu durchgraben.



In dem was man ihm sagte, hörte er kaum etwas Anderes, als das, was man ihm nicht sagte. Er durchdrang die Form und verfehlte selten, das Übrige zu erraten.



Herr von Fréjus, Anfangs Abbé, dann Bischof, dann Kardinal; Herr von Fleury, ein mittelmäßiger Mensch, der dennoch, unumschränkt in seiner scheinbaren Demut, die höchste Stellung von Europa einnahm, machte seine Politik mit der Erinnerung der Traditionen der letzten Regierung. Man hätte glauben sollen, es sei, in Abwesenheit von Ludwig XIV., ein Interim des Pater Letellier.



Als Richelieu eingeführt war, begann Fleury mit Höflichkeiten. Der Gesandte, wie man sich denken kann, blieb nicht gegen ihn im Rückstand. Mit dem vollkommenen Takt, den er besaß, hatte er schon aus dem Gruß, schon aus dem Blicke von Herrn von Fréjus erraten, daß er sich nur ermutigen zu lassen brauchte.



Der Kardinal machte ihm als ein Mann von gutem Anstand Komplimente über seine Unterhandlung beim Kaiser.



»Monseigneur,« sagte Richelieu, »die Sache war leicht, ich hatte Ihre Ideen.«



»Gleichviel,« erwiderte Fleury, »es war schwierig für einen so jungen Mann, wie Sie sind, diese, von der Wiege an schwerfällige, deutsche Köpfe zum Guten zu lenken.«



Richelieu lächelte.



»Monseigneur,« entgegnete er, »Sie täuschen sich im Anschein. Ich bin nicht jung.«



»Man sagt es,« versetzte Herr von Fréjus. ebenfalls lächelnd. »Sollte das zufällig wahr sein?«



»Oh! Monseigneur, mit einem Worte werden Sie begreifen, warum ich nicht mehr jung zu sein nötig habe.«



»Sprechen Sie dieses Wort aus, Herr Herzog.«



»Ich bin ehrgeizig geworden.«



»Gut! das musste früher oder später bei dem Enkel des großen Kardinal kommen.«



»Nun! Monseigneur, das ist gekommen.«



»Werden Sie den Krieg oder die Diplomatie treiben?«



»Das Eine oder das Andere, nach der Wahl Seiner Majestät.«



Und indem er diese Worte sprach, verbeugte sich der Herzog auf eine Art, um Fleury zu beweisen, während er eine falsche Adresse aus den Brief setze, den er aus die Post warf, wünsche er doch, daß dieser Brief an die wahre gelange.



Fleury erwiderte dies mit einem kleinen freundschaftlichen Gruß, welcher bedeutete, er habe vollkommen begriffen.



»Sie stehen gut mit dem Könige?« fragte er.



»Ich hoffe es, Monseigneur. Ich komme so eben an und bin seit zwei Jahren Niemand beschwerlich gewesen.«



»Wie haben Sie den König gefunden?«



»Bezaubernd.«



»Nicht wahr?«



»Und ganz königliche Manieren. Nur. . .«



»Was denn?« fragte Herr von Fréjus.



»Der König langweilt sich.«



»Was sagen Sie da!«



»Eine offizielle Neuigkeit, Monseigneur, denn der König in Person hat mich beauftragt, sie Ihnen mitzuteilen.«



»Der König langweilt sich?«



»Zum Sterben.«



»Das ist nicht möglich!«



»Es ist wirklich so, Monseigneur.«



»Und er hat es Ihnen gesagt?«



«Gestern Abend, ausdrücklich.«



»Wo dies?«



»Beim Spiele der Königin, wohin ich mich meiner Pflicht gemäß begeben hatte.«



Die acht letzten Worte unterbrachen aus den Lippen von Herrn von Fréjus eine nach den vier ersten angefangene Grimasse.



«Oh! das ist äußerst ernst,« sagte der Kardinal, glücklich. durch diese zarte Gewandtheit von Richelieu mitten in den Strom der Unterredung geworfen worden zu sein. »Lassen Sie uns das erwägen, wenn Sie mir einen Augenblick schenken können, Herr Herzog.«



»Das ganze Leben, Herr Kardinal.«



»Nun! so benutzen wir es, um zu plaudern.«



Er klingelte, und Barjac trat ein.



»Barjac,« sagte Herr von Fréjus, »heißen Sie Jedermann weggehen; ich bin müde und werde heute Niemand mehr sehen,«



Barjac lächelte Richelieu zu und entfernte sich wieder.



»Ich kann mich über das, was Sie mir gesagt haben, nicht fassen,« rief Herr von Fréjus; »und in der Tat, wenn Sie es nicht wären . . .«



»Sie wissen, daß ich nicht mehr lüge.«



»Nicht mehr . . . Nie?«



»Nie mehr, Monseigneur . . . ausgenommen in Wien gegen die Spanier; auch geschah dies nur einige Male.«



»Für das wohl des Dienstes?«



»Ich habe die Absolution dafür gehabt.«



»Ein außerordentlicher Mann! Sie werden also immer derselbe sein?«



»Oh! nein, Monseigneur: ich sagte Ihnen schon, ich habe mich so sehr geändert, daß ich mich nicht mehr erkenne.«



»Ich will sagen, man müsse sich immer mit Ihnen vor der ganzen Welt beschäftigen.«



»Das ist nicht meine Schuld.«



»Wessen Schuld ist es denn?«



»Es ist die Schuld der Leute, welche die Güte haben, mir mehr Wert zuzuerkennen, als ich wirklich besitze.«



»Gut! ich wollte mit Ihnen einzig und allein vom König sprechen, und ich sehe mich dahin gebracht, daß ich nur von Ihnen rede.«



»Ein armseliger Gegenstand, Monseigneur.«



»Lachen Sie nicht.

Sie

 würden behaupten, Sie lassen sich die Absolution geben?»



»Ich bin sehr religiös, Monseigneur.«



»Oh! Herzog,« sagte der Greis den Kopf schüttelnd, »mir scheint, ich höre noch in meinen Ohren gewisse Gerüchte von Wien klingen, welche alle diese Bekehrungswunder Lügen strafen.«



»Wenn ich mich nicht sehr täusche, weiß ich, was Sie meinen,« erwiderte Richelieu.



»Ja, eine gewisse Szene.«



»Der Magie?«



»Ganz richtig.«



»Wohl! Monseigneur, erweisen Sie mir die Ehre, mir, einem armen Fremden, zu sagen, wie man Ihnen die Sache erzählt hat; dann werde ich Ihnen die Wahrheit sagen.«



«Oh! das ist kurz. Man hat erzählt, Sie haben mit Herrn von Sinzendorf Versuche der weißen Magie gemacht.«



»Wo dies, Monseigneur?«



»An einem abgelegenen Orte, bei Wien . . . in Steinbrüchen, glaube ich, und dort haben Sie mit dem Magier, der Sie zu viel oder zu wenig den Teufel habe sehen lassen, einen Streit bekommen, in Folge dessen man den armen Teufel, – Ich spreche vom Magier, wohlverstanden, – todt, – sagen wir das Wort, – ermordet gefunden.«



»Alles dies ist die genaue Wahrheit, Monseigneur; schneiden wir nur von dieser ganzen Erzählung ein Wort weg.«



»Das Wort ermordet, nicht wahr?«



»Wenn es Ihnen gefällig wäre.«



»Also weder Sie, noch Herr von Sinzendorf . . .«



»Keiner von uns Beiden hat den Magier ermordet.«



»Er ist aber doch gestorben.«



»Es ist wahr, er hat uns diesen boshaften Streich gespielt; hören Sie jedoch, wie sich die Sache zugetragen hat. Herr von Sinzendorf und ich, wir ließen uns die Nativität stellen.«



»Sie gestehen es?«



»Ja. Monseigneur, und hierin liegt die Sünde.«



Herr von Fleury bestätigte als Theolog durch ein Nicken mit dem Kopfe.



»Der Zauberer fing damit an, daß er uns einige Wahrheiten und viele Lügen erzählte. Er theilte uns gewisse in der Diplomatie unbekannte Hofgeheimnisse mit.«



»Das war also ein Zauberer von gutem Hause?«



»Sodann erbot er sich, Jedem von uns zu verschaffen, was uns am meisten gefiele.«



»Sie verlangten von ihm, immer von den Frauen geliebt zu werden?«



«Mein Gott! nein, Monseigneur, denn darin lag gerade die Frage. Ich hatte die Eitelkeit, zu glauben, dieses Verlangen sei unnötig.«



»Sehen Sie!«



»Ich verlangte den Schlüssel zum Herzen der Prinzen.«



»Ah! Ah! ich sehe Sie kommen, immer Ihre Ideen des Ehrgeizes.«



»Sie haben um diese Zeit gekeimt.«



»Nun! hat er Ihnen diesen Schlüssel gegeben?«



»Monseigneur, die Sache war ihrem Abschluss nahe, als ein unerwartetes Ereignis unsere Pläne verrückte. Eifersüchtig auf den Schlüssel zum Herzen der Prinzen, in Betracht, daß er ihn zu besitzen glaubte, verlangte Herr von Sinzendorf den Schlüssel zum Herzen der Frauen.«



»Der Zauberer konnte Sie Beide befriedigen, ohne den Einen oder den Andern von Ihnen vor den Kopf zu stoßen.»



»Hier ist gerade das Drama. Kaum hatte er diese unvorsichtigen Worte von sich gegeben, als ihm der Zauberer antwortete, für gewisse Leute sei der Schlüssel zum Herzen der Frauen unnütz, weil die Frauen kein Herz haben.«



»Ho!« machte Herr von Fleury.



»Es war ein wenig Übertreibung hierbei. Herr von Sinzendorf greift auch sogleich die Sache auf und erklärt die Behauptung des Zauberers für verleumderisch.



»Bah!«



»Das ist begreiflich, Monseigneur. Herr von Sinzendorf hatte in diesem Augenblick die zärtlichste Neigung für eine Dame, auf deren Liebe er zählen zu können glaubte.«



»

Vanitas vanitatum!

« murmelte Herr von Fleury.



«Ganz richtig, Monseigneur: mochte nun der Zauberer diese Leidenschaft kennen, mochte er wirklich Zauberer sein und sie erraten: er antwortete:



»Mein Herr, Frau von * * *, die Sie lieben, ist der schlechteste Beweis, den Sie zur Unterstützung Ihrer Ansicht über die Frauen wählen konnten.««



»Oh! der Pfeil war nicht stumpf.«



»Er stach auch Herr von Sinzendorf mitten ins Herz; der Zorn stieg ihm in die Augen, und er rief:



»»Hai Bursche! Du lügst!««



»»Mein Herr,«« erwiderte der Zauberer, ohne aus der Fassung zu kommen, »»man müsste nie einen Mann, und noch weniger einen Zauberer Lügen strafen, und besonders müsste man nie denjenigen beleidigen, welchen man belästigt hat.««



»Das war ein sehr empfindlicher Zauberer.«



»Diese Reflexion machte ich mir auch, Monseigneur. Seine Empfindlichkeit setzte mich in Erstaunen. Er schien mir unter dieser Sache etwas ganz Anderes zu erraten, als das, was Herr von Sinzendorf selbst darin zu sehen geglaubt hatte. Der Ort war schlecht gewählt, wie Sie gesagt haben, Monseigneur. Wir befanden uns mitten unter Steinbrüchen, eine Meile von Wien, bei Nacht, ohne Licht, nur von einem ziemlich bleichen Monde beschienen; dieser Zauberer hatte das Aussehen eines Menschen, der mit der Einsamkeit ziemlich vertraut und ganz bereit ist, seinen Nutzen daraus zu ziehen. Ich bedeutete Herrn von Sinzendorf durch Winken, er möge schweigen. Doch er ließ sich fortreißen. Er forderte den Zauberer heraus, ihm über Frau von * * * etwas zu beweisen, was ihm unangenehm wäre.«

 



»Was tat dann der Zauberer?«



»Ah! Monseigneur, der Zauberer wurde von seinem bösen Sterne angetrieben. Er sprach, er sprach beinahe eine halbe Stunde und unterrichtete Herrn von Sinzendorf, der bald krampfhaft zuckte, bald erröthete und erbleichte, von Dingen, die mich zugleich lachen, beben und zittern machten.«



»Was für ein Mensch war es denn?«



»Ein unglücklicher Mensch, Monseigneur; er trieb Herrn von Sinzendorf aufs Äußerste, und dieser wollte ihn bestrafen; als dies der verdammte Zauberer sah, zog er mitten aus den Steinen einen kurzen, aber soliden Degen, den er hier verborgen hatte, und empfing Herrn von Sinzendorf auf eine so derbe Art, daß die Partie sich für meinen Gefährten in eine Katastrophe zu verwandeln drohte.«



»Und was für ein Mann war Herr von Sinzendorf?« fragte Herr von Fleury.



»Ein sehr wohl erzogener, sehr gut unterrichteter, doch er hatte es mit einer starken Gegenpartei zu tun. Er wurde vom Zauberer mit solcher Gewalt angegriffen, daß ich glaubte, es sei Zeit, mich vom einfachen Zuschauer zum Schauspieler zu machen. Es handelte sich darum, Herrn von Sinzendorf zu retten; ein falscher Schritt hatte ihm das Verderben bereitet, er war aus dem Lager gebracht, klitschte rückwärts, fiel nieder, und der Zauberer stürzte auf ihn los, um ihm den Rest zu geben.«



»Ei! das war also der Teufel, dieser Mensch?«



»Der Teufel in Person, Monseigneur, ich habe es immer gedacht, und der Beweis . . .«



Herr von Richelieu hielt inne.



»Ah l Sie haben einen Beweis?«



»Ja, Monseigneur, zum Beweise dient, daß er von mir einen Degenstich erhielt, der unter der rechten Brust eindrang und unter der linken Schulter heraus kam, ohne daß aus der einen oder der andern Wunde auch nur ein einziger Tropfen Bluts aussickerte.«



»Nun! Sie sehen, er erhielt von Ihnen einen Degenstich, Herzog.«



»Ja, Monseigneur, und zwei von Herrn von Sinzendorf, den die Hilfe, die ich ihm geleistet hatte, wieder in den gehörigen Stand setzte. Wir waren im Falle legitimer Verteidigung, Monseigneur, und mein Gewissen macht mir keinen Vorwurf.«



»Kurz, Sie haben den Teufel getödtet, das ist das Klarste, was ich in Allem dem sehe.«



»Monseigneur kennt das Sprichwort: Es ist besser, wir tödten den Teufel, als daß der Teufel. . .«



»Uns tödtet. Armer Zauberer! wie Schade, daß er es mit zwei Narren, wie Sie, zu tun gehabt hat! Wäre ich an Ihrer Stelle gewesen, so hätte der Zauberer mich nicht beleidigt, und ich hätte den Zauberer nicht beleidigt; ich hätte Alles erfahren, was Sie wissen, und noch viele andere Dinge; das ist die Frucht der Geduld.«



»Oh! Monseigneur, obgleich wir ein wenig lebhaft gewesen sind, ich gestehe es zu, so hatte der arme Teufel doch Zeit gehabt, uns von einer Menge guter Dinge zu unterrichten.«



»Ich glaube Ihnen; doch ich bitte, kommen wir aus Ihre Bekehrung zurück.«



»Sie datiert gerade von damals, Monseigneur. Schuldig, beinahe einen Menschen aus Gründen, die nicht ganz zu rechtfertigen, getödtet zu haben, brach ich mit der Neugierde, brach ich mit den Frauen, brach ich mit dem Zorn, was die drei großen Steine des Anstoßes im Leben sind.«



»Lassen Sie hören, was hat Ihnen der Zauber« gesagt?«



»Wohl! Monseigneur, er hat mir auf eine zuverlässige Art das Mittel angegeben, den Königen zu gefallen.«



»Hat er Geheimhaltung von Ihnen gefordert?«



»Monseigneur, ich würde Sie nichts lehren, Sie, den der König vergöttert! lassen Sie mich also ein wenig für mich die Vorteil behalten, die ich unter Weges einernte.«



»Da Sie so verschwiegen sind, so machen Sie allein von Ihren Mitteln Gebrauch; aber benützen Sie dieselben schnell; der König langweilt sich, sagen Sie; gefallen Sie ihm dadurch, daß Sie ihn belustigen.«



»Daraus ziele ich ab, Monseigneur, das ist auch der Grund meines Besuches in Issy.«



»In Issy, Herr Herzog!« rief der Kardinal, welcher glaubte, Richelieu überliefere sich zu frühe, und noch länger seine Diplomatie destillieren wollte. »Sie sagen, Sie seien nach Issy gekommen, um den König zu zerstreuen? Ei! Herr Herzog, was könnten Sie dem König Anderes zurückzubringen finden, als eine Langweile, welche noch viel größer, als die seinige?«



»Monseigneur,« erwiderte der Herzog, »Sie haben mich nicht verstanden. Ich habe nie danach getrachtet, durch weltliche Gedanken diese fromme Einsamkeit, in der Sie leben, zu stören. Gott soll mich behüten! Und dann sind das meine Ideen.«



Der Kardinal schlug sein beobachtendes Auge zum Herzog auf, als wollte er ihn fragen, welche Art von Ideen er haben könnte, sollte er nicht die haben, von denen man wünschte, daß er sie hätte.



Doch der Herzog hatte sich eine Rolle gemacht.



»Monseigneur,« sagte er, »ich habe wohl nachgedacht, seitdem ich den König so traurig gesehen, und ich habe mich damit beschäftigt, ihm Unterhaltungen zu finden, über deren Gegenstand ich Sie um Ruth fragen will.«



»Ah! das heiße ich sprechen,« rief Fleury. »Lassen Sie hören, Herr Herzog, lassen Sie hören, Sie sind ein Mann von gutem Rat, und in Dingen der Belustigung müssen Sie von erster Stärke sein. Der König hat sich nicht schlecht adressiert.«



Richelieu lächelte bescheiden, wie ein Prediger, den man vor der Predigt lobt.



«Monseigneur,« sagte er, »ich habe eine ziemlich tiefe Kenntnis von den Gefühlen, welche die Könige Europas für unseren jungen König hegen. Es ist nicht nur Freundschaft, es ist wie Vaterschaft mit etwas noch Zärtlicherem. Man sollte glauben, es sei eine Liebe und eine Neugierde zugleich.«



»Worauf zielt er ab?« fragte sich der Kardinal, der, mit den Ellenbogen aus den Tisch gestützt, jedes Wort des Redners verschlang.



Richelieu fuhr fort:



»Sie werden erfahren haben, daß Seine Majestät überall das Kind Europas genannt wird?«



»Man hat es mir gesagt,« erwiderte Fleury; »doch ich sehe nicht klar. . .«



»Was ich will? ich komme dazu, Monseigneur. Bei einem Logiker von Ihrer Stärke glaubte ich die Vorsicht des Eingangs nicht vernachlässigen zu dürfen; ich will Ihnen vorschlagen, den König reisen zu lassen.«



»Reisen!« rief Fleury.



»Empfangsfeierlichkeiten, zahllose Freudenfeuer, Acclamationen der Völker, Festmahle, Cavalcaden, Seefahrten werden eine Belustigung sein, die man sechs Monate kann dauern lassen.«



»Den König sechs Monate reisen lassen!« wiederholte Fleury ganz erstaunt; »das fällt Ihnen nicht ein! Es ist nicht möglich, daß Sie mir im Ernste sagten, ich soll mich sechs Monate vom König trennen.«



»Sie sollen sich nicht von ihm trennen, Monseigneur, da Sie ihn begleiten werden.«



»Ich, den König begleiten!« fuhr Fleury fort, in dem er sich heftig in seinem Lehnstuhl hin und her bewegte. »Ich, in diesem unaufhörlichen Geräusch leben! ich tausend Meilen machen! Ah! Herr Herzog, haben Sie wirklich im Ernste gesprochen?«



»Im Ernste, Monseigneur.«



»Den König zerstreuen! ihn tödten! mich auch tödten!«



»Ei! Monseigneur man reist so bequem heut zu Tage! Und dann welche Bundeslade! Das ist eine von Frankreich zu allen durch den Krieg von uns getrennten Reichen geschlagene Brücke.«



Der Kardinal schüttelte den Kopf mit der Verzweiflung, welche die besten Diplomaten nicht verbergen können, wenn derjenige, welchen sie überhören wollen, statt in das Garn zu gehen, entwischt und sie zu neuen Kombinationen nötigt.



Scheinbar geärgert durch den geringen Erfolg seiner Eröffnung, weidete sich Richelieu innerlich an der grausamen Täuschung des Greises.



»Ihre Idee, Herr Herzog, ist vielleicht vortrefflich,« sagte Fleury, »doch sie ist leider unausführbar.«



»Verzichten wir darauf, den König zu zerstreuen,« erwiderte Richelieu, indem er einen ungeheuren Seufzer von sich gab.«



»Sie haben nichts Anderes gefunden, Sie, der Sie so erfindungsreich sind?« fragte der Kardinal.



»Ach! nein, Monseigneur.«



»Erlauben Sie mir, Ihnen zu sagen, daß Sie, als Sie Ihr Herr Vater im Alter des Königs nötigte, mit Ihrem Hofmeister zu reisen, die Sache

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