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La San Felice Band 4

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Neuntes Capitel.
Pontius Pilatus

Als Ferrari den König erblickte, schob er die beiden Männer, die ihn führten, zur Seite, that, als ob die Gegenwart seines Herrn schon hinreichte, ihm die Kräfte wiederzugeben, allein drei Schritte vorwärts und zog, während die beiden Männer sich entfernten und die Thür hinter sich schlossen, mit der rechten Hand die Depesche aus der Tasche und überreichte sie dem König, während er die linke militärisch grüßend an seine Stirn legte.

»Gut,« sagte der König kurz, indem er die Depesche ergriff. »Wie es scheint, hast Du Dich abwerfen lassen, Dummkopf.«

»Sire,« antwortete Ferrari, »Eure Majestät weiß, daß es in allen Ställen des Königreichs kein Pferd gibt, welches im Stande wäre mich abzuwerfen. Mein Pferd stürzte, nicht ich, und wenn das Pferd stürzt, Sire, so muß der Reiter, und wäre er König, dasselbe thun.«

»Und wo begegnete Dir dieser Unfall?« fragte Ferdinand.

»Im Schloßhofe zu Caserta, Sire.«

»Aber was zum Teufel machtest Du denn in dem Schloßhofe zu Caserta?«

»Der Postmeister hatte mir gesagt, der König sei im Schlosse.«

»Allerdings war ich dort,« murrte der König, »aber schon um sieben Uhr Abends fuhr ich von dort wieder zurück.«

»Sire,« sagte der Cardinal, welcher Ferrari erbleichen und taumeln sah, »wenn Sie diese Befragung fortsetzen wollen, so müssen Sie diesem Manne erlauben, sich zu setzen, sonst könnte er leicht ohnmächtig werden.«

»Gut,« sagte Ferdinand. »Setze Dich, Dummkopf.«

Der Cardinal schob rasch einen Sessel herbei.

Es war die höchste Zeit. Noch einige Secunden und Ferrari wäre niedergestürzt, so aber sank er blos in den Sessel.

Als der Cardinal den Stuhl zurechtgerückt hatte, nahm der König, der über die Mühe, die Ruffo sich wegen seines Couriers gab, ganz erstaunt zu sein schien, ihn bei Seite und sagte:

»Sie haben gehört, Cardinal, in Caserta.«

»Ja, Sire.«

»Gerade in Caserta!« wiederholte der König mit Nachdruck.

Dann fuhr er zu Ferrari gewendet fort:

»Wie geschah denn Alles eigentlich?«

»Sire, es war Abendgesellschaft bei der Königin,« antwortete der Courier. »Der Hof war mit einer Menge Wagen angefüllt. Ich lenkte mein Pferd zu scharf um die Ecke und hielt es dabei nicht straff genug. Es stürzte und ich schlug mit dem Kopfe an einen Eckstein.«

»Hm!« sagte der König.

Dann drehte er den Brief mehrmals in der Hand herum, als ob er zögerte ihn zu öffnen.

»Und dieser Brief,« sagte er, »ist vom Kaiser?«

»Ja, Sire, ich mußte zwei Stunden länger warten, als ich berechnet, denn der Kaiser war in Schönbrunn.«

»Nun sehen wir, was mein Neffe schreibt. Kommen Sie, Cardinal.«

»Erlauben Sie, Sire, daß ich diesem Manne ein Glas Wasser reiche und ihm ein Riechfläschchen in die Hand gebe, dafern Ew. Majestät ihm nicht gestattet, sich in sein Zimmer zurückzuziehen, in welchem Falle ich die Leute rufen würde, die ihn hierher gebracht, um ihn wieder zurückführen zu lassen.«

»Nein, nein, Eminentissime. Sie können sich doch denken, daß ich ihn zu befragen habe.«

In diesem Augenblick hörte man an der Thür kratzen, welche aus dem Cabinet in das Schlafzimmer führte, und hinter der Thür ächzen und winseln.

Es war Jupiter, welcher Ferrari erkannte und der, um seinen Freund besorgter als Ferdinand um seinen Diener, hineingelassen zu werden verlangte.

Auch Ferrari erkannte Jupiter und streckte unwillkürlich den Arm nach der Thür aus.

»Willst Du wohl schweigen, Bestie!« rief Ferdinand, mit dem Fuße stampfend.

Ferrari ließ seinen Arm sinken.

»Sire,« sagte Ruffo, »wollen Sie nicht erlauben, daß zwei Freunde, nachdem sie einander bei der Abreise Lebewohl gesagt, bei der Ankunft einander guten Tag sagen?«

Und in der Voraussetzung, daß Jupiter bei dem Courier die Stelle eines Glases Wasser und eines Riechfläschchens vertreten würde, benutzte der Cardinal den Umstand, daß der König nachdem er die Depesche entsiegelt, sich in das Lesen derselben versenkte, um dem Hunde die Thür des Schlafzimmers zu öffnen.

Jupiter schien zu errathen, wem er diese Gefälligkeit verdankte, und daß dieselbe ihm gegen den Willen seines Herrn erzeigt worden, denn er kroch leise und so weit als möglich von dem König entfernt auf Ferrari zu, ging um den Sessel desselben herum, und versteckte sich hinter diesem – und dem darauf Sitzenden, indem er blos verstohlen seinen Kopf liebkosend zwischen den Schenkel und die Hand seines Pflegevaters schob.

»Cardinal,« sagte der König, »mein lieber Cardinal.«

»Hier bin ich, Sire,« antwortete Ruffo.

»Lesen Sie.«

Während der Cardinal den Brief ergriff, und seinerseits las, wendete der König sich wieder zu dem Courier mit der Frage:

»Hat der Kaiser diesen Brief selbst geschrieben?«

»Das weiß ich nicht, Sire,« antwortete der Courier, »wohl aber weiß ich, daß er mir ihn selbst gegeben.

»Und seitdem er ihn Dir gegeben, hat Niemand diesen Brief zu Gesicht bekommen?«

»Nein, das kann ich beschwören, Sire.«

»Du hast ihn stets bei Dir getragen?«

»Ich hatte ihn in dem Augenblick, wo ich ohnmächtig ward, in meiner Tasche und als ich wieder zu mir kam, war er noch darin.«

»Du bist also ohnmächtig gewesen?«

»Ich konnte nichts dafür; der Sturz war ein zu heftiger, Sire.«

»Und was hat man mit Dir gemacht, als Du ohnmächtig wurdest?«

»Man hat mich in die Apotheke getragen.«

»Wer hat dies gethan?«

»Signor Richard.«

»Wer ist Signor Richard? Ich kenne ihn nicht.«

»Der Secretär des Generalcapitäns Acton.«

»Und wer hat Dich verbunden?«

»Der Arzt von Santa Maria.«

»Sonst Niemand?«

»Ich habe sonst Niemand gesehen als diesen und Richard, Sire.«

Ruffo näherte sich dem Könige.

»Haben Ew. Majestät gelesen?« fragte er.

»Ja wohl,« sagte der König, »und Sie?«

»Ich habe auch gelesen.«

»Was sagen Sie dazu?«

»Ich sage, Sire, daß der Brief sehr bestimmt lautet. Die Nachrichten, welche der Kaiser von Rom erhält, sind, wie es scheint, dieselben wie die unsrigen. Er sagt, Ew. Majestät sollten die Armee des Generals Championnet auf sich nehmen; er werde mit der des Generals Joubert dasselbe thun.«

»Ja,« sagte der König, »und sehen Sie, er fügt hinzu, daß er, sobald ich in Rom sein werde, mit hundertundfünfzigtausend Mann über die Grenze rücken wird.«

»Diese Erklärung läßt keinen Zweifel zu.«

»Der Hauptinhalt des Briefes,« hob Ferdinand mit mißtrauischer Miene wieder an, »ist eben nicht von der Hand des Kaisers.«

»Nein; der Gruß aber und die Unterschrift sind eigenhändig. Vielleicht ist Se. kaiserliche Majestät Ihres Secretärs sicher genug gewesen, um ihm dieses Geheimniß anzuvertrauen.«

Der König nahm den Brief wieder aus Ruffo’s Händen und drehte ihn mehrmals herum.

»Wollen Sie mir das Siegel zeigen, Sire?«

»O,« sagte der König, »was das Siegel betrifft, so ist daran nichts auszusetzen. Es ist wirklich der Kopf des Kaisers Marcus Antonius. Ich habe ihn sofort erkannt.«

»Marcus Aurelius, wollen Sie sagen, Sire.«

»Marcus Antonius oder Marcus Aurelius,« murmelte der König, »läuft dies nicht auf Eins hinaus?«

»Nicht ganz, Sire,« entgegnete Ruffo lächelnd. »Dies ist jedoch nicht die Frage, um welche es sich jetzt handelt. Die Adresse ist von der Hand des Kaisers, die Unterschrift ist von der Hand des Kaisers – in der That, Sire, mehr können Sie nicht verlangen. Haben Sie noch weitere Fragen an Ihren Courier zu richten?«

»Nein, er möge gehen und sich verbinden lassen.«

Mit diesen Worten drehte der König seinem Courier den Rücken.

»Das sind die Menschen« für welche man sich todtschlagen läßt,« murmelte Ruffo, indem er sich nach der Klingelschnur bewegte.

Auf den Ruf der Glocke trat der dienstthuende Lakai ein.

»Ruft einmal die beiden Lakaien zurück, welche Ferrari hierhergeführt haben,« sagte der Cardinal.

»O« ich danke, Eminenz,« bemerkte der Courier. Ich habe mich so ziemlich wieder erholt, und werde mein Zimmer recht wohl allein erreichen können.«

In der That erhob sich Ferrari, verneigte sich gegen den König und lenkte, von Jupiter gefolgt, seine Schritte nach der Thür.

»Hierher, Jupiter!« rief der König.

Jupiter blieb nur halb gehorchend stehen, begleitete Ferrari mit den Augen, bis dieser im Vorzimmer war, und legte sich dann winselnd unter den Tisch des Königs.

»Nun, Dummkopf, was willst Du?« fragte Ferdinand den Lakai, der immer noch an der Thür stand.

»Sire,« antwortete dieser fast erschrocken, »Se. Excellenz Sir William Hamilton, der Gesandte Englands, läßt fragen, ob Ew. Majestät ihm die Ehre erzeigen will, ihn zu empfangen.«

»Zum Henker! weißt Du nicht, daß ich ihn stets empfange?«

Der Lakai entfernte sich.

»Soll ich mich zurückziehen, Sire?« fragte der Cardinal.

»Nein, durchaus nicht, Eminentissime, Sie bleiben. Die Feierlichkeit, womit man diese Audienz von mir verlangt, verräth eine officielle Mittheilung und es wird mir höchst wahrscheinlich lieb sein, Sie über diese Mittheilung zu Rathe ziehen zu können.«

Die Thür öffnete sich wieder.

»Se. Excellenz der Gesandte des englischen Hofes,« sagte der Lakai, ohne sich wieder zu zeigen.

»Zitto!« sagte der König, indem er den Brief des Kaisers dem Cardinal zeigte und dann in die Tasche steckte.

Der Cardinal machte eine Geberde, welche so viel bedeutete wie: »Sire, diese Ermahnung ist überflüssig.«

Sir William Hamilton trat ein.

Er grüßte den König und dann den Cardinal.

»Seien Sie mir willkommen,« sagte der König, »und zwar um so willkommener, als ich Sie in Caserta glaubte.«

»Ich war allerdings dort, Sire, die Königin hat uns aber die Ehre erzeigt, Lady Hamilton und mich in ihrem Wagen mit zurückzunehmen.«

 

»Ah, die Königin ist also wieder da?«

»Ja, Sire.«

»Sind Sie schon lange zurück?«

»Nein, erst seit einigen Augenblicken und da ich Eurer Majestät eine Mittheilung zu machen habe —«

Der König sah Ruffo an und blinzelte mit dem Auge.

»Ist es eine geheime Mittheilung?« fragte er.

»Das kommt darauf an, Sire,« hob Sir William an.

»Wohl in Bezug auf den Krieg.« fragte der König.

»Sehr richtig, Sire, in Bezug auf den Krieg.«

»In diesem Falle können Sie in Gegenwart Sr. Eminenz sprechen. Wir unterhielten uns eben über diesen Gegenstand, als man Sie meldete.«

Der Cardinal und Sir William begrüßten sich, was sie nur thaten, wenn sie nicht anders konnten.

»Wohlan,« sagte Sir William, die Conversation wieder anknüpfend, »Lord Nelson hat den gestrigen Abend in Caserta zugebracht und uns, Lady Hamilton und mir, einen Brief zurückgelassen, welchen ich für meine Pflicht halte Eurer Majestät mitzutheilen.«

»Ist dieser Brief englisch geschrieben?«

»Lord Nelson spricht nur diese Sprache, wenn aber Eure Majestät es wünschen, so werde ich die Ehre haben, Ihnen den Brief in’s Italienische zu übersetzen.«

»Lesen Sie, Sir William,« sagte der König; »wir hören.«

Und in der That gab der König, um den von ihm gebrauchten Plural zu rechtfertigen, Ruffo einen Wink, ebenfalls mit zuzuhören.

Der Brief – ein historisches Aktenstück von der größten Bedeutung, weil er es war, wodurch Ferdinand der Vierte sich bestimmen ließ, Frankreich den Krieg zu erklären – lautete wie folgt:

»An Lady Hamilton.

»Neapel« den 3. October 1798.

»Mylady.

»Das Interesse, welches Sie und Sir William Hamilton stets für Ihre sicilischen Majestäten gehegt, ist seit sechs Jahren meinem Herzen eingegraben und ich kann in Wahrheit sagen, daß ich bei allen Gelegenheiten, welche sich dargeboten, und dieselben sind zahlreich gewesen, niemals aufgehört habe, meine aufrichtige Sympathie für das Glück dieses Königreichs kundzugeben.

»In Folge dieser Anhänglichkeit Mylady, kann ich gegen das, was in dem Königreich der beiden Sicilien vorgegangen ist und gegenwärtig darin vorgeht, ebensowenig gleichgültig bleiben, wie gegen das Unglück, welches nach dem, was ich, ohne Diplomat zu sein, klar voraussehe, dieses ganze so loyale Land heimsuchen wird und zwar in Folge der schlechtesten Politik, die es geben kann, nämlich der des Zauderns.

»Seit meiner Ankunft in diesen Meeren, das heißt seit dem letztvergangenen Monat Mai, habe ich in dem sicilianischen Volke ein seinem Monarchen treuergebenes Volk kennen gelernt, welches die Franzosen und die Grundsätze derselben gründlich verabscheut. Seit meinem Verweilen in Neapel habe ich dieselbe Erfahrung gemacht und die Neapolitaner vom ersten bis zum letzten bereit gefunden, Krieg gegen die Franzosen zu führen, welche, wie man weiß, eine Armee von Räubern organisiren, um dieses Königreich zu plündern und die Monarchie zu stürzen.

»Und in der That ist die Politik Frankreichs nicht immer die gewesen, die Regierungen in trügerische Sicherheit zu wiegen und dann zu vernichten? Und wie ich schon versichert habe, weiß man vielleicht nicht, daß Neapel das Land ist, welches die Franzosen vorzugsweise der Plünderung preisgeben möchten.

»Da ich dies weiß und mir zugleich bekannt ist, daß Seine sicilische Majestät eine mächtige Armee besitzt, welche, wie man mir versichert, bereit ist, in ein Land zu rücken, welches ihr die Arme öffnet und wobei sich der Vortheil bietet, den Krieg anderwärts hinzutragen, anstatt ihn hier festen Fußes zu erwarten, so wundere ich mich, daß diese Armee nicht schon seit einem Monat auf dem Marsche ist.

»Ich hoffe ganz bestimmt, daß die so glückliche Ankunft des Generals Mack die Regierung drängen wird, den günstigsten Augenblick zu benutzen, welchen die Vorsehung ihm gewährt hat, denn wenn er wartet, bis er hier angegriffen wird, anstatt den Krieg nach auswärts zu tragen, so braucht man kein Prophet zu sein, um vorauszusagen, daß diese Königreiche verloren sind und die Monarchie vernichtet wird.

»Wenn nun unglücklicher Weise die neapolitanische Regierung bei diesem verwerflichen und unheilvollen System des Zauderns beharrt, so empfehle ich Ihnen, meine Freundin, Ihre Kostbarkeiten und Ihre Personen bei der ersten Nachricht von einer Invasion zum Einschiffen bereit zu halten. Es ist meine Pflicht an Ihre Sicherheit zu denken und dafür zu sorgen. Es thut mir leid, bedenken zu müssen, daß dies auch in Bezug auf die liebenswürdige Königin von Neapel und ihre Familie nothwendig werden kann; das Beste aber wäre, wenn die Worte des großen William Pitt: »Die kühnsten Maßregeln sind stets die sichersten,« zur Richtschnur für die Handlungsweise der Minister dieses Landes würden.

»Dies, Mylady, ist der aufrichtige Wunsch Ihres ergebenen Bewunderers und Freundes

Horaz Nelson.«

»Ist dies Alles?« fragte der König.

»Es ist noch eine Nachschrift da, Sire,« antwortete Sir William.

»Lassen Sie uns die Nachschrift hören. Es müßte denn —«

Er machte eine Bewegung, welche unverkennbar sagen wollte:

»Es müßte denn sein, daß dieselbe blos für Lady Hamilton bestimmt wäre.«

Sir William nahm den Brief sofort wieder zur Hand und beeilte sich weiter zu lesen:

»Ich bitte Sie, Mylady, diesen Brief für Sir William Hamilton, an welchen ich mit aller ihm gebührenden Ehrfurcht schreibe, als einen Beweis der festen und unabänderlichen Meinung eines englischen Admirals zu betrachten, welcher seine Treue gegen seinen Monarchen zu bethätigen wünscht, indem er zugleich für das Glück Ihrer sicilischen Majestäten und ihres Königreichs Alles thut, was in seinen Kräften steht.«

»Ist dies nun Alles?« fragte der König wieder.

»Ja, Sire,« antwortete Sir William.

»Dieser Brief verdient, daß man darüber nachdenket,« sagte der König.

»Er enthält die Rathschläge eines wahrhaften Freundes,« antwortete Sir William.

»Ich glaube, Lord Nelson hat versprochen, uns mehr als Freund zu sein, mein lieber Sir William. Er hat versprochen, unser Bundesgenoß zu sein.«

»Und er wird sein Versprechen halten. So lange als Lord Nelson und seine Flotte das tyrrhenische und sicilische Meer halten, haben Eure Majestäten nicht zu fürchten, daß Ihre Küsten durch ein einziges französisches Schiff isultirt werden; er glaubt aber, Sire, binnen hier und sechs bis acht Wochen eine andere Bestimmung zu erhalten. Deswegen wäre es zweckmäßig, keine Zeit zu verlieren.«

»Man sollte in der That meinen, sie hätten sich miteinander verabredet,« sagte der König leise zum Cardinal.

»Und wenn dies der Fall wäre,« antwortete dieser in demselben Tone wie der König, »so wäre dies nur um so besser.«

»Sagen Sie mir einmal Ihre aufrichtige Meinung über diesen Krieg, Cardinal.«

»Ich glaube, Sire, daß, wenn der Kaiser von Oesterreich das gegebene Versprechen hält und Nelson Ihre Küsten gewissenhaft bewacht, es dann in der That besser wäre, die Franzosen zu überrumpeln und anzugreifen, als zu warten, bis sie dasselbe mit Ihnen thun.«

»Dann wollen Sie also den Krieg, Cardinal?«

»Ich glaube, daß unter den Umständen, in welchen Eure Majestät sich befindet, Warten das Schlimmste ist.«

»Will Nelson den Krieg?« fragte der König den englischen Gesandten.

»Er räth wenigstens dazu mit der Wärme einer aufrichtigen und unerschütterlichen Anhänglichkeit.«

»Und wollen auch Sie den Krieg?« fuhr der König fort, indem er Sir William selbst befragte.

»Als Gesandter Englands antworte ich, daß, wenn ich ja sage, ich die Wünsche meines Monarchen fördere.«

»Cardinal,« sagte der König, indem er mit dem Finger auf seinen Nachttisch zeigte, »thun Sie mir den Gefallen, Wasser in dieses Becken zu gießen und mir dann zu geben.«

Der Cardinal gehorchte, ohne die mindeste Bemerkung zu machen, goß Wasser in das Becken und hielt dieses dem König hin.

Der König schlug seine Manschetten zurück und wusch sich die Hände, indem er sie mit einem gewissen Grade von Wuth rieb.

»Sie sehen wohl, was ich mache, Sir William?« fragte er.

»Allerdings sehe ich es,« sagte der Gesandte Englands, »aber ich kann es mir nicht recht erklären.«

»Nun wohl, dann will ich es Ihnen erklären,« sagte der König. »Ich mache es wie Pontius Pilatus: ich wasche meine Hände in Unschuld.«

Zehntes Capitel.
Die Staatsinquisitoren

Der Generalcapitän Acton hatte nicht den Befehl vergessen, welchen die Königin ihm an demselben Morgen ertheilt, sondern die Staatsinquisitoren in des schwarze oder dunkle Zimmer zusammenberufen.

Die neunte Stunde war die zu dieser Versammlung bestimmte, erstens aber um seinen Eifer zu beweisen und zweitens aus persönlicher Unruhe hatte jeder zuerst kommen wollen, so daß um halb neun Uhr schon alle drei beisammen waren.

Diese drei Männer, deren Namen noch jetzt in Neapel verwünscht werden und von dem Historiker neben denen eines Laffemas und selbst eines Jeffrey genannt zu werden verdienen, hießen Fürst von Castelcicala, Guidobaldi und Vanni.

Der Fürst von Castelcicala, der erste dem Range nach, war Gesandter in London, als die Königin, welche ihre öffentliche und geheime Rache unter den Schutz eines der ersten Namen von Neapel zu stellen wünschte, ihn von seinem Posten zurückrief.

Sie brauchte einen vornehmen Herrn, welcher geneigt war, Alles ihrem Ehrgeize zu opfern und bereit, jeden Kelch der Schmach zu leeren, dafern er nur auf dem Boden desselben Gold und Gunstbezeigungen fand.

Sie dachte an den Fürsten von Castelcicala. Derselbe nahm ihr Anerbieten ohne Widerspruch an. Er hatte begriffen, daß beim Herabsteigen zuweilen mehr zu gewinnen ist, als beim Hinaufsteigen, und nachdem er berechnet, was der Mann, welcher dem Hasse einer Königin diente, von der Dankbarkeit einer solchen erwarten konnte, verwandelte er sich aus einem Fürsten in einen Sbirren und aus einem Gesandten in einen Spion.

Guidobaldi war, indem er die ihm dargebotene Mission annahm, weder höher noch tiefer gestiegen. Schon früher ungerechter Richter, war er derselbe gewissenlose Mensch geblieben, welcher er immer gewesen. Mit der königlichen Gunst beehrt und als Mitglied einer Staatsjunta anstatt Mitglied eines einfachen Gerichtshofes zu sein, hatte er nun für seine Handlungsweise blos eine umfänglichere Basis.

Wie gefürchtet und verabscheut aber auch der Fürst von Castelcicala und der Richter Guidobaldi waren, so waren sie dies doch immer noch weniger als der Procurator Vanni. Dieser hatte unter dem Menschengeschlecht bis jetzt noch nicht seines gleichen, und wenn die Zukunft in dem Sicilianer Speciale ein widerwärtiges Seitenstück zu ihm lieferte, so war dasselbe doch damals noch nicht bekannt.

Glich er nicht Fouquier-Tinville?« wird mich der Leser vielleicht fragen.

Nein, man muß gerecht sein gegen Alle, selbst gegen die Fouquier-Tinville.

Dieser war Ankläger des Wohlfahrtsausschusses. Wie dem Opferer führte man ihm das Schlachtopfer zu und sagte zu ihm: »Tödte!« Er ging aber nicht aus, um Opfer zu suchen. Er war nicht wie Vanni gleichzeitig Spion, um zu entdecken, Sbirre, um festzunehmen, Richter, um zu verdummen.

»Was wirft man mir vor?« rief Fauquier-Tinville seinen Richtern zu, welche ihn beschuldigten, daß er dreitausend Köpfe fallen gemacht. »Bin ich wohl ein Mensch? Ich bin ein Beil. Wenn Sie mich in Anklagezustand versetzen, so müssen Sie es mit dem Messer der Guillotine auch thun.«

Nein, unter den Thieren, in der Familie der des Nachts auf Raub ausgehenden wilden Bestien muß man ein Seitenstück zu Vanni suchen.

Er glich dem Wolf und der Hyäne nicht blos in moralischer, sondern auch in physischer Beziehung; er that die unvorhergesehenen Sprünge des erstern, wenn es galt, die Beute zu fassen, den krummen und geräuschlosen Gang der letztern, wenn es galt, sich an die Beute heranzuschleichen.

Er war mehr groß als klein. Sein Blick war düster und concentrirt. Sein Gesicht war aschfahl und gleich jenem furchtbaren Carl von Anjou, von welchem Villani uns ein so prachtvolles Porträt hinterlassen, lachte er niemals und schlief wenig.

Das erste Mal, wo er an der ersten Junta, welcher er angehörte, seinen Platz einnahm, trat er mit von Angst und Unruhe verstörten Zügen in den Sitzungssaal. War dieser Ausdruck erheuchelt oder wahr?«

Mit auf die Stirn hinaufgeschobener Brille, an alle Möbel anstoßend, näherte er sich seinen Collegen und rief:

»Meine Herren, meine Herren, seit zwei Monaten schlafe ich keinen Augenblick, weil ich die Gefahren sehe, welcher mein König ausgesetzt ist.«

 

Und da er bei jeder Gelegenheit nicht aufhörte zu sagen: mein König, so antwortete der Präsident der Junta, die Geduld verlierend, und rief:

»Ihr König? Was verstehen Sie unter diesen Worten, hinter welchen sich unter dem Anschein des Eifers blos Ihr Stolz versteckt? Warum sagen Sie nicht wie wir einfach: unser König

Vanni antwortete hierauf nichts, wir aber wollen an seiner Stelle antworten:

Der, welcher unter einer schwachen und despotischen Regierung sagt: mein König, muß nothwendig die Oberhand über den gewinnen, welcher blos unser König sagt.

In Folge des Eifers, welchen Vanni, wie wir bereits gesagt, entwickelte, füllten die Gefängnisse sich mit Verdächtigen. Angeblich Schuldige wurden in Kerker zusammengepfercht, wo sie Luft, Licht und Brot entbehren mußten. Einmal in eines dieser Gräber eingeschlossen, wußte der Gefangene, der oft nicht einmal die Ursache seiner Verhaftung kannte, nicht blos nicht, wann er wieder in Freiheit gesetzt, sondern auch nicht, wann er überhaupt nur vor Gericht gestellt werden würde.

Vanni beschäftigte sich mit denen, welche ins Gefängniß gebracht worden, sobald sie nur einmal darin waren, nicht weiter, sondern blos mit denen, die es noch einzukerkern gab. Wenn eine Mutter, eine Frau, ein Sohn, eine Schwester, eine Geliebte zu Vanni kam, um für einen Sohn, einen Gatten, einen Bruder, einen Geliebten zu bitten, so erschwerte diese Bitte das Verbrechen des Gefangenen noch. Wenn die Advocaten an den König recurrirten, so ward die Sache mehr als vergeblich, sie ward gefährlich, weil Vanni dann von dem König an die Königin appellierte, und weil, wenn der König auch zuweilen verzieh, dies doch von der Königin niemals geschah.

Vanni hatte sich ganz im Gegensatze zu Guidobaldi – und dies war es, was ihn noch furchtbarer machte – den Ruf eines gerechten, aber unbeugsamen Richters erworben. Er vereinigte mit einem grenzenlosen Ehrgeize eben so grenzenlose Grausamkeit und zum Unglücke für die Menschheit war er gleichzeitig Enthusiast. Die Angelegenheit, welche ihn beschäftigte, war stets eine unermeßliche Angelegenheit, weil er sie im Mikroskop seiner Phantasie betrachtete.

Solche Menschen sind nicht blos gefährlich für die, welche sie zu richten haben, sondern auch verderblich für die, von welchen sie zu Richtern gemacht werden, weil sie ihren Ehrgeiz nicht durch wahrhaft große Thaten zu befriedigen wissen, und deshalb ihren kleinen Thaten, den einzigen, wozu sie fähig sind, eine eingebildete Größe andichten.

Diesen Ruf als gerechter, aber unbeugsamer Richter hatte er sich zunächst durch das Verfahren begründet, welches er in Bezug auf den Fürsten von Tarsia beobachtet.

Der Fürst von Tarsia hatte vor dem Cardinal Ruffo die Seidenfabrik in San Leucio dirigiert. Es war dies ein doppelter Fehler sowohl von Seiten des Königs als auch des Fürsten, denn der König hätte den Fürsten von Tarsia nicht zu einem solchen Posten ernennen und der Fürst von Tarsia ihn nicht annehmen sollen. Unbekannt mit dem Rechnungswesen, aber unfähig, einen Betrug zu begehen, selbst ehrlicher Mann, verstand der Fürst gleichwohl nicht, sich mit ehrlichen Leuten zu umgeben und so kam es, daß nach Verlauf von einigen Jahren sich in der Rechnungsführung des Fürsten ein Deficit von hunderttausend Thalern herausstellte, welches Vanni beauftragt ward zu liquidieren.

Nichts war leichter als diese Liquidation. Der Fürst besaß ein Vermögen von einer Million Dukaten und erbot sich, zu bezahlen. Wenn er aber bezahlte, so machte die Sache kein Aufsehen, keinen Lärm mehr und der Vortheil, welchen Vanni von dieser Angelegenheit hoffte, löste sich in nichts auf. Binnen zwei Stunden konnte die Sache beendet und das Deficit gedeckt sein, ohne daß das Vermögen des Fürsten eine fühlbare Verminderung erlitt. Auf die Art und Weise aber, wie der Liquidator die Sache führte, dauerte der Proreß zehn Jahre, das Deficit blieb ungedeckt und der Prinz kam um Vermögen und guten Namen.

Vanni besaß nun aber einen Namen, welcher ihm die blutige Ehre verschaffte, zum Mitgliede der Staatsjunta von 1796 ernannt zu werden. Sobald er einmal ernannt war, begann er laut und überall zu schreien, daß er für die Sicherheit seiner erhabenen Monarchen nicht bürgen könne, wenn man ihn nicht in Neapel allein wenigstens zwanzigtausend Jakobiner einkerkern ließe. Jedesmal, wo er die Königin sah, näherte er sich ihr entweder mit einem jener Sprünge, die er dem Wolf nachahmte, oder mit jenem krummen Gange, den er der Hyäne abgelernt, und sagte:

»Madame« ich habe den Faden einer Verschwörung in Händen – Madame, ich bin einem neuen Complotte auf die Spur gekommen.«

Und Carolina welche sich fortwährend von Complotten und Verschwörungen umringt glaubte, sagte:

»Fahren Sie so fort, Vanni; dienen Sie Ihrer Königin gut und Sie werden dafür belohnt werden.«

Dieses Schreckenssystem dauerte über drei Jahre. Nach Verlauf dieser Zeit wuchs die öffentliche Entrüstung wie eine Sturmflut, und schlug gewissermaßen an die Mauern der Gefängnisse, wo so Viele eingekerkert saßen, ohne daß man auch nur einem Einzigen etwas Strafbares zu beweisen im Stande gewesen wäre. Nach Verlauf von drei Jahren hatten die mit der Wuth des politischen Hasses geführten Untersuchungen kein Vergehen zu constatiren vermocht. Vanni nahm nun zu einer letzten Hoffnung, zu einem letzten Hilfsmittel seine Zuflucht, nämlich zur Tortur.

Für Vanni aber war die gewöhnliche Tortur noch nicht genug. Traditionen, welche bis in das Mittelalter, einer Epoche, seit welcher die Tortur nicht wieder in Anwendung gekommen, zurückreichten, erzählen, daß feste Gemüther und rüstige Körper diese Qualen ausgehalten hatten. Er verlangte daher die außerordentliche Tortur, welche die Gesetzgeber des Alterthums in den Fällen autorisierten, wo es sich um Majestätsverbrechen handelte. Er verlangte, daß die Anführer des Complotts, nämlich der Chevalier von Medici, der Herzog von Cancano, der Abbé Monticelli und sieben oder acht andere jener Tortur unterworfen würden, welche er selbst mit jenem unheilverkündenden Lächeln, welches seinen Mund verzerrte, als er hoffte, daß seine Gunst ihm bewilligt werden würde, näher bezeichnete, indem er sagte:

»Tormenti spietati come sopra cadaveri,« das heißt: »Martern gleich denen, welche man den Leichnamen zufügen würde.«

Das Gewissen der Richter empörte sich, und obschon Guidobaldi und Castelcicala für die Tortur »wir an Leichnamen« sich erklärten, so verwarf das Tribunal doch, mit Ausnahme dieser beiden Mitglieder, den Antrag einstimmig.

Diese Einstimmigkeit war die Rettung der Gefangenen und der Sturz Vannis.

Die Gefangenen wurden in Freiheit gesetzt, die Junta ward durch die öffentliche Entrüstung gezwungen, sich aufzulösen, und Vanni von seinem Platz als Fiscalprocurator herabgestoßen.

Nun war es die Königin, welche ihm die Hand reichte. Sie ließ ihn zum Marquis ernennen, und bildete aus diesen drei Männern, auf welchen die allgemeine Verwünschung lastete, ihr eigenes Tribunal, ihre Privatinquisition, welche in der Einsamkeit richtete und im Finstern ihre Streiche führte, aber nicht mit dem Schwert des Henkers, sondern mit dem Dolche des Sbirren.

Pasquale de Simone haben wir bereits bei der Arbeit gesehen, wir werden auch Guidobaldi, Castelcicala und Vanni dabei sehen.

Die drei Staatsinquisitoren waren also in dem schwarzen Zimmer versammelt.

Unruhig und düster saßen sie um den von der Bronzelampe beleuchteten grünen Tisch herum. Der Schirm der Lampe ließ ihre Gesichter im Schatten, so daß sie einander selbst nicht erkannt haben würden, wenn sie nicht schon gewußt hätten, wer sie wären.

Die Botschaft der Königin beunruhigte sie. Hatte ein Spion, der geschickter war als sie ein Complott entdeckt?

Jeder war daher mit seinen eigenen peinlichen Gedanken beschäftigt, ohne sich darüber gegen seine Collegen auszusprechen, und alle erwarteten mit Spannung, daß die Thür der königlichen Gemächer sich öffne und die Königin zum Vorschein käme.

Von Zeit zu Zeit warf jeder einen raschen und verstohlenen Blick in den dunkelsten Winkel des Zimmers.

In diesem Winkel saß nämlich, ganz im Schatten und kaum sichtbar, der Sbirre Pasquale de Simone.

Vielleicht wußte er mehr als sie, denn er war mehr als sie in die Geheimnisse der Königin eingeweiht. Obschon sie ihm aber Befehle ertheilten, so hätte doch keiner der Staatsinquisitoren jetzt gewagt, ihn zu befragen.

Seine Anwesenheit bewies blos, daß es sich um eine ernste Angelegenheit handle.

Pasquale de Simone war selbst in den Augen der Staatsinquisitoren eine weit furchtbarere Persönlichkeit als Meister Donato.

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