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La San Felice Band 4

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»Als die Amme die Erscheinung der Frau beschrieb, welche mich gewiegt und mir ein Schlummerlied gesungen, und als sie ihm sagte, daß diese Frau aus der Mitte der Stirn einen rothen Fleck gehabt, begnügte er sich zu antworten: »Das ist seine Mutter gewesen!«

Mehr als einmal,« fuhr der Verwundete mit noch mehr veränderter Stimme fort, »erzähltes mein Vater mir später diesen Vorfall und dieser starke, gewaltige Geist zweifelte nicht, daß auf mein Geschrei der glückselige Schatten der Mutter von Gott die Erlaubniß erhalten, vom Himmel herabzusteigen, um den Hunger und das Wehklagen ihres Kindes zu stillen.«

»Und späten,« fragte Luisa bleich und selbst schaudernd, »später haben Sie Ihre Mutter nochmals gesehen?«

»Dreimal,« antwortete der junge Mann. »Das erste Mal war es in der Nacht, welche dem Tage voranging, wo ich sie rächte. Ich sah sie mit jenem rothen Flecken mitten aus der Stirn sich meinem Bette nähern. Sie neigte sich über mich, um mich zu küssen. Ich fühlte die Berührung ihrer kalten Lippen und etwas, was einer Thräne glich, fiel in dem Augenblick, wo sie sich aufrichtete, auf meine Stirn. Ich wollte sie nun in meine Arme fassen und festhalten, aber sie verschwand. Ich sprang aus dem Bett und eilte in das Zimmer meines Vaters. Eine Kerze brannte hier. Ich näherte mich einem Spiegel. Das, was ich für eine Thräne gehalten, war ein Blutstropfen, der ihrer Wunde entfallen war. Mein Vater härte, nachdem ich ihn geweckt, meine Erzählung ruhig an und sagte lächelnd:

»Morgen wird sich die Wunde geschlossen haben.«

»Am nächsten Tage erschoß ich den Mörder meiner Mutter.«

Luisa barg erschrocken ihr Haupt in dem Kopfkissen des Verwundeten.

»Zweimal seit jener Nacht habe ich sie wiedergesehen.« fuhr Salvato mit beinahe erloschener Stimme fort. »Da sie aber nun gerächt war, so war der Blutflecken von ihrer Stirn verschwunden.

Als Salvato diese Erzählung, welche für seine Kräfte sehr lang gewesen, beendet hatte, sank er theils vor Ermüdung, theils vor Gemüthsbewegung, bleich und erschöpft auf seinen Pfühl zurück.

Luisa stieß einen Schrei aus.

Sie eilte nach der Thür und hätte, indem sie dieselbe öffnete, Nina, welche an dieser Thür horchte, beinahe über den Haufen gerannt.

Sie achtete indeß jetzt nur wenig darauf.

»Das Riechfläschchen!« rief sie. »Er ist ohnmächtig geworden.«

»Das Riechfläschchen befindet sich in Ihrem Zimmer, Signora,« antwortete Nina.

Luisa eilte sofort in das Zimmer,« suchte aber vergebens. Als sie zu dem Verwundeten zurückkehrte, stützte Giovannina den Kopf des jungen Mannes mit ihrem Arme, drückte ihn an ihre Brust und ließ ihn den Inhalt des Flacons athmen.

»Zürnen Sie mir nicht, Signora,« sagte Nina. »Das Flacon stand auf dem Kamin hinter der Pendule. Als ich Sie so bestürzt sah, verlor ich ebenfalls den Kopf. Es ist aber Alles wieder gut. Signor Salvato kommt eben wieder zu sich.

In der That schlug der junge Mann in diesem Augenblick die Augen auf, welche sofort Luisa suchten.

Giovannina, welche die Richtung dieses Blickes recht wohl bemerkte, legte den Kopf des Verwundeten behutsam wieder auf seine Kissen, und trat dann in eine Fensterbrüstung zurück, wo sie sich eine Thräne trocknete, während Luisa ihre Stelle zu Häuptern des Verwundeten einnahm, und Michele, den Kopf zu der halb geöffnet gebliebenen Thür hereinsteckend fragte:«

»Bedarfst Du vielleicht meiner, Schwesterchen?«

Zweites Capitel.
Andreas Backer

Luisas ganze Seele lag in ihren Augen und diese Augen waren auf die Salvatos geheftet, welcher seine Pflegerin erkennend lächelnd wieder zum Bewußtsein erwachte.

Er schlug die Augen vollends auf und murmelte:

»O, so zu sterben!«

»O nein, nein, nicht sterben!« rief Luisa.

»Ich weiß wohl, daß es besser wäre so zu leben,« fuhr Salvato fort; »aber —«

Er stieß einen Seufzer aus, welcher das Antlitz der jungen Frau berührte wie der glühende Athem des Sirocco.

Sie schüttelte den Kopf, ohne Zweifel um das magnetische Fluidum zu entfernen, von welchem dieser flammende Seufzer begleitet war, legte den Kopf des Verwundeten auf das Kissen, setzte sich auf den Lehnstuhl am oberen Ende des Bettes, drehte sich dann nach Michele herum und sagte, seine Frage ein wenig spät beantwortend:

»Nein, ich bedarf deiner glücklicherweise nicht. Komm aber nur herein und sieh, wie gut es mit unserem Patienten geht.«

Michele näherte sich auf den Fußspitzen, als ob er fürchtete einen Schlafenden zu wecken.

»Er sieht jetzt wirklich besser aus, als da wir, die alte Nanno und ich, ihn verließen.«

»Mein Freund,« sagte die Gattin des Chevaliers San Felice zu dem Verwundeten, »es ist der junge Mann, welcher in der Nacht, wo Sie beinahe ermordet worden wären, Ihnen Beistand leisten half.«

»O, ich erkenne ihn,« sagte Salvato lächelnd. »Er stampfte auch die Kräuter« welche jene Frau, die ich nicht wieder gesehen, mir auf meine Wunde legte.«

»Er ist schon mehrmals wieder da gewesen, denn er nimmt, wie wir Alle, großes Interesse an Ihnen, man hat ihn aber nicht hineingelassen.«

»Na, das habe ich weiter nicht übel genommen,« sagte Michele. »Ich bin nicht so empfindlich.«

Salvato lachte und reichte ihm die Hand.

Michele ergriff die Hund, welche Salvato ihm bot, und betrachtete sie, indem er sie in den seinigen festhielt.

»Sieh nur, Schwesterchen,« sagte er, »man sollte meinen, es sei dies eine Damenhand. Man sollte kaum glauben, daß eine solche kleine, niedliche Hand den Säbel so kräftig zu führen verstünde.«

Salvato lächelte.

Michele schaute sich um.

»Was suchst Du?« fragte Luisa.

»Jetzt, nachdem ich die Hand gesehen, suche ich den, Säbel. Es muß eine schöne Waffe sein.«

»Du möchtest wohl einen solchen haben, wenn Du einmal Oberst sein wirst? Nicht wahr Michele?« sagte Luisa lächelnd.

»Michele soll Oberst werden?« fragte Salvato.

»O, nun kann mir das nicht fehlen,« antwortete der Lazzarone.

»Wieso kann Dir denn das nun nicht mehr fehlen?« fragte Luisa.

»Die alte Nanno hat es mir prophezeit, und Alles, was diese prophezeit, geht auch in Erfüllung.«

»Michele!« rief die Gattin des Chevaliers San Felice.

»Nun, hat sie Dir nicht gesagt, daß ein schöner junger Mann, welcher vom Pausilippo herabkäme, in großer Gefahr schwebe, daß er von sechs Männern angefallen würde und daß es ein großes Glück für Dich wäre, wenn diese sechs Männer ihn umbrächten, denn außerdem würdest Du Dich in ihn verlieben und diese Liebe würde die Ursache deines Todes sein?«

»Michele! Michele!» rief Luisa, indem sie ihren Sessel von dem Bette hinwegrückte, während Giovannian ihr bleiches Gesicht hinter dem rothen Fenstervorhange hervorsteckte.

Der Verwundete betrachtete Michele und Luisa mit aufmerksamem Blick.

»Wie,« fragte dann Letzterer, »man hat Ihnen prophezeit, daß ich die Ursache Ihres Todes sein würde?«

»Ja wohl,« mischte Michele sich ein.

»Und Sie, die Sie mich nicht konnten, und folglich auch kein Interesse an mir haben konnten, Sie haben den Sbirren nicht gestattet, ihr Werk zu vollenden?«

»Nun, sehen Sie,« sagte Michele an Luisa’s Statt antwortend, »als sie die Pistolen knallen, als sie die Säbel klirren hörte, als sie sah, daß ich, ein Mann, und zwar ein Mann, der keine Furcht kennt, gleichwohl nicht wagte, Ihnen zu Hilfe zu eilen, weil Sie es mit den Sbirren der Königin zu thun hatten, da sagte sie: »Nun, dann muß ich ihn retten!» und sofort eilte sie in den Garten. Ha, Sie hätten sie sehen sollen! Sie lief nicht, sie flog.«

»O Michele! Michele!«

»Nun« hast Du das nicht vielleicht gesagt« Schwesterchen? Hast Du es vielleicht nicht gethan?«

»Aber wozu brauchst Du es wieder zu erzählen?« rief Luisa, indem sie das Gesicht in den Händen barg. – Salvato streckte den Arm aus und zog die Hände weg, in welchen die junge Frau ihr schamrothes Antlitz und ihre thränenfeuchten Augen barg.

»Sie weinen?« sagte er. »Bereuen Sie also jetzt wohl, mir das Leben gerettet zu haben?«

»Nein, aber ich schäme mich dessen, was dieser Knabe Ihnen gesagt hat. Man nennt ihn Michele den Narren, und er verdient diesen Beinamen in der That.«

Dann wendete sie sich zu der Zofe und fuhr fort:

»Ich habe sehr unrecht daran gethan, Nina, daß ich Dich ausschalt, weil Du ihn nicht eingelassen. Du hattest sehr wohl daran gethan.«

Ei, ei, Schwesterchen, das, was Du sagst, ist Nicht schön,« sagte der Lazzarone, »und diesmal sprichst Du nicht mit deinem Herzen.«

»Ihre Hand, Luisa! Ihre Hand!« sagte der Verwundete in bittendem Tone.

Die durch so viele widerstreitende Gefühle erschöpfte und ermattete Frau ließ ihren Kopf an die Lehne des Sessels sinken, schloß die Augen und legte ihre zitternde Hand in die des jungen Mannes.

Salvato ergriff sie begierig. Luisa ließ einen Seufzer hören. Dieser Seufzer bestätigte Alles, was der Lazzarone gesagt hatte.

Michele sah diesen Auftritt, von welchem er nichts verstand und der dagegen von Giovannina, die mit krampfhaft geballten Händen und stierem Blick gleich einer Bildsäule der Eifersucht da stand, nur zu gut begriffen ward.

»Wohlan, sei unbesorgt, mein Freund,« sagte Salvato in heiterem Tone zu dem Lazzarone. Ich selbst werde Dir deinen Officierssäbel geben – nicht den, womit ich die Schurken, die mich anfielen, tractirt habe, denn sie haben mir denselben genommen, wohl aber einen andern, der eben so viel Werth besitzen wird.«

»Nun, die Sache läßt sieh immer besser an,« sagte Michele; » es fehlt mir nun weiter nichts mehr als das Patent, die Epauletten, die Uniform und das Pferd.«

Dann wendete er sich zu der Zofe und sagte:

»Aber hörst Du denn nicht, Nina? Man läutet ja, daß der Klingeldraht reißen möchte!«

Nina schien wie aus einem Schlafe zu erwachen.

 

»Man läutet?« sagte sie. »Wo denn?«

»An der Thür, wie es scheint.«

»Ja, an der Hausthür,« setzte Luisa hinzu und sagte dann rasch und leise zu Salvato: »Mein Gemahl ist es nicht, denn dieser kommt stets durch die Gartenthür zurück. Geh!« fuhr sie zu Nina gewendet fort, »lauf! Eile! ich bin nicht zu Hause, hörst Du?«

»Schwesterchen ist nicht zu Hause, hörst Du wohl, Nina?« wiederholte Michele.

Nina verließ das Zimmer, ohne zu antworten.

Luisa näherte sich dem Verwundeten. Sie fühlte sich, ohne zu wissen warum, bei dem Geschwätz des redseligen Michele wohler und ungezwungener als unter dem Blick der schweigenden Nina.

Es geschah dies aber, wie gesagt, instinktartig und ohne daß sie über die guten Gesinnungen ihres Milchbruders oder die bösen Triebe ihrer Zofe weiter nachgedacht hätte.

Nach Verlauf von etwa fünf Minuten trat Nina wieder ein, näherte sich ihrer Gebieterin geheimnißvoll und sagte leise zu ihr:

»Signora, Signor Andreas Backer ist da und wünscht Sie zu sprechen.«

»Nun, hast Du ihm nicht gesagt, daß ich nicht zu Hause sei?« entgegnete Luisa so laut, daß Salvato, wenn er auch die Frage nicht gehört, wenigstens die Antwort hören konnte.

»Ich wußte nicht, ob ich das dürfte, Signora,« antwortete Nina immer noch leise; »erstens weil ich weiß, daß er Ihr Bankier ist, und zweitens, weil er sagte, es handle sich um eine wichtige Angelegenheit.«

»Wichtige Angelegenheiten werden mit meinem Gemahl abgemacht, aber nicht mit mir.«

»Sehr richtig, Signora,« fuhr Giovannina immer noch in demselben Tone fort; »ich fürchtete aber, er könne wiederkommen, wenn der Herr Chevalier da wäre und diesem dann sagen, er habe Signora nicht zu Hause angetroffen, und da Sie nicht zu lügen verstehen, Signora, so glaube ich, es wäre vielleicht besser, wenn Sie ihn empfingen.«

»Also dies hast Du für gut gefunden?« sagte Luisa, indem sie ihre Dienerin ansah.

Nina schlug die Augen nieder.

»Wenn ich unrecht gehandelt habe, Signora, so ist es noch Zeit die Sache zu ändern; es wird ihn aber sehr kränken, den armen jungen Mann.«

»Nein,« sagte Luisa, nachdem sie einen Augenblick nachgedacht; »es ist in der That besser, wenn ich ihn empfange, und Du hast recht gethan, mein Kind.«

Dann sagte sie zu Salvato, welcher sich abgewendet hatte, als er sah, daß Giovannina leise mit ihrer Herrin sprach:

»Ich komme sogleich wieder. Bleiben Sie mittlerweile ruhig. Die Audienz wird nicht lange dauern.«

Dann wechselte sie mit ihm noch einen Händedruck und ein Lächeln, erhob sich und verließ das Zimmer.

Kaum hatte die Thür sich hinter ihr geschlossen, so machte Salvato die Augen zu, wie er allemal zu thun pflegte, wenn Luisa nicht mehr im Zimmer war.

Michele glaubte, er wolle schlafen und näherte sich daher Giovannina.

»Wer kam denn?« fragte er in gedämpftem Tone mit der Neugier eines Halbwilden, dessen Instinkt nicht den gesellschaftlichen Convenienzen unterworfen ist.

Nina, welche mit ihrer Herrin sehr leise gesprochen, erhob die Stimme ein wenig, so daß Salvato, welcher das, was sie zu ihrer Herrin gesagt, nicht gehört, hören konnte, was sie zu Michele sagte.

»Es ist jener reiche, elegante junge Bankier,« sagte sie. »Du kennst ihn doch?«

»Nicht übel!« entgegnete Michele, »nun soll ich gar noch die Bankiers kennen.«

»Wie, Du kennst Signor Andreas Backer nicht?«

»Wer ist Signor Andreas Backer?«

»Wie, Du entsinnst Dich nicht? Es ist ja jener hübsche, blonde junge Mann – ein Deutscher oder ein Engländer, ich weiß es selbst nicht recht, der aber unserer Herrin, ehe sie den Chevalier heiratete, den Hof machte.«

»Ah, ganz recht. Ist es nicht derselbe, bei dem Luisa ihr ganzes Vermögen stehen hat?«

»Ja wohl, derselbe.«

»Schön, schön. Wenn ich Oberst sein werde, wenn ich die Epauletten und den mir von Signor Salvato versprochenen Säbel habe, wird es mir, um vollständig equipirt zu sein, nur noch an einem Pferde fehlen wie das, auf welchem dieser Signor Backer spazieren reitet«

Nina gab keine Antwort; sie hatte, während sie sprach, ihren Blick auf den Verwundeten geheftet und an dem beinahe unbemerkbaren Zucken seiner Gesichtsmuskeln bemerkt, daß der vermeinte Schläfer von dem, was sie zu Michele gesagt, kein Wort verloren.

Luisa hatte sich mittlerweile in den Salon begeben, wo der angemeldete Besuch wartete.

Im ersten Augenblick kostete es ihr Mühe Andreas Backer zu erkennen. Er war im Hofkostüm gekleidet und hatte seinen langen englischen Backenbart – eine Zierde, welche, beiläufig gesagt, König Ferdinand verabscheute – abgeschnitten; er trug das Comthurkreuz des Ordens vom heiligen Georg am Halse, den dazugehörigen Stern auf dem Frack, kurze Beinkleider und den Degen an der Seite.

Ein leichtes Lächeln umspielte Luisa’s Lippen. In welcher Absicht machte der junge Bankier ihr in diesem Kostüm einen solchen Besuch um halb zwölf Uhr Morgens?

Ohne Zweifel stand sie im Begriff es zu erfahren.

Uebrigens müssen wir uns beeilen zu sagen, daß Andreas Backer von angelsächsischer Abstammung und ein sehr hübscher junger Mann war. Er zählte sechs- bis achtundzwanzig Jahre, war blond, frisch, rosig und hatte den viereckigen Kopf der Rechnungsmenschen, das hervorragende Kinn des hartnäckigen Speculanten und die spatelförmige Hand des Geldzählers.

In der Regel anmuthig und ungezwungen, schien er in diesem Kostbar, welches er nicht gewöhnlich trug, sich ein wenig befangen zu fühlen.

Gleichwohl aber schien er auch stolz darauf zu sein, denn er hatte sich, wie rein zufällig, vor einen Spiegel gestellt, um die Wirkung zu sehen, welche das St. Georgs Kreuz an seinem Halse und der Stern desselben Ordens auf seiner Brust machte.

»Mein Gott, Signor Andreas»e sagte Luisa. nachdem sie ihn einen Augenblick betrachtet und ihm Zeit gelassen, sich ehrerbietig zu verneigen. »Sie nehmen sich ja heute ganz prachtvoll aus! Nun wundere ich mich nicht mehr, daß Sie mich heute besuchen. Ohne Zweifel wünschen Sie, daß ich das Vergnügen habe, Sie in Ihrer ganzen Glorie zu sehen. Was haben Sie denn vor? Denn um mir einen Geschäftsbesuch zu machen, haben Sie dieses Hofkostüm doch ganz gewiß nicht angelegt.«

»Wenn ich geglaubt hätte, Signora, daß es Ihnen mehr Vergnügen machte, mich in diesem Kostüm als in meinen gewöhnlichen Kleidern zu sehen, so hätte ich nicht erst den heutigen Tag abgewartet, um es anzulegen. Ich weiß aber, Signora, daß Sie zur Zahl jener intelligenten Frauen gehören, welche, stets die Kleidung wählend, welche ihnen am besten zusagt, sehr wenig die Art und Weise betrachten, auf welche Andere gekleidet sind. Mein Besuch ist eine Wirkung meines Willens, das Kostüm aber, in welchem ich bei Ihnen erscheine, ist das Ergebniß der Umstände. Der König hat vor drei Tagen geruht wich zum Comthur des St. Georg-Ordens zu ernennen und auf heute nach Caserta zur Tafel einzuladen.«

»Sie sind heute zur königlichen Tafel in Caserta eingeladen?« sagte Luisa mit einem Ausdruck von Ueberraschung, welcher einen eben nicht schmeichelhaften Grad von Erstaunen in Bezug auf die Rechte verrieth, welche der junge Mann sich vielleicht wegen dieser Einladung zur Tafel des Königs beilegte, welcher in den Straßen der tollste Lazzarone, in seinem Schlosse aber der aristokratischste König war. »Ich bringe Ihnen meinen aufrichtigsten Glückwunsch dar, Signor Backer,« setzte Luisa nach einer kleinen Pause hinzu.

»Sie haben Recht, wenn Sie sich wundern, Signora, daß dem Sohne eines Bankiers eine solche Ehre widerfährt,« entgegnete der junge Mann, der sich durch die Art und Weise, auf welche Luisa ihm Glück wünschte, ein wenig verletzt fühlte. »Sie haben wahrscheinlich noch nicht gehört, daß Ludwig der Vierzehnte von Frankreich, ein so großer Aristokrat er auch war, eines Tags den Bankier S. Bernard, welchem er fünfundzwanzig Millionen abborgen wollte, einlud, bei ihm in Versailles zu speisen. Wie es scheint, bedarf jetzt der König Ferdinand eben so nothwendig Geld als sein Ahn, Ludwig der Vierzehnte, und da mein Vater der Samuel Bernard von Neapel ist, so ladet der König seinen Sohn Andreas Backer ein, mit ihm in Caserta zu speisen, was das Versailles Sr. Majestät des Königs ist. Um sicher zu sein, daß die fünfundzwanzig Millionen ihm nicht entgehen, hat er dem Lump, den er zu seiner Tafel einladet, diese Halfter über den Hals geworfen, mit deren Hilfe er ihn dann zur Geldkasse zu führen hofft.«

»Sie sind ein Mann von Geist, Signor Andreas. Ich bemerke dies nicht erst heute und wenn der Geist genügte, um die Thore der königlichen Schlösser zu öffnen, so könnten Sie zur Tafel aller Könige eingeladen werden. Sie verglichen Ihren Vater mit Samuel Bernard und ich, die ich seine unverbrüchliche Rechtschaffenheit und coulante Geschäftsführung kenne, nehme für meine Person den Vergleich an. Samuel Bernard besaß ein edles Herz und leistete nicht blos unter Ludwig dem Vierzehnten, sondern auch unter Ludwig dem Fünfzehnten Frankreich wichtige und hohe Dienste. Nun, was sehen Sie mich so an?«

»Ich sehe Sie nicht an, Signora, ich bewundere Sie.«

»Und warum?«

»Weil ich glaube, daß Sie wahrscheinlich in Neapel die einzige Frau sind, die etwas von Samuel Bernard weiß, und welche das Talent besitzt, einem Manne, der recht wohl fühlt, daß er, da es sich um einen einfachen Besuch handelt, sich Ihnen in einem lächerlichen Aufzuge präsentiert, ein Compliment zu machen.«

»Soll ich mich deswegen bei Ihnen entschuldigen, Signor Andreas? Ich bin dazu bereit.«

»O nein, Signora, nein. Selbst der Spott würde in Ihrem Munde eine reizende Plauderei, welche der eitelste Mann, selbst auf Kosten seiner Eigenliebe, so viel als möglich zu verlängern wünscht.«

»In der That, Signor Andreas,« entgegnete Luisa, »Sie fangen an mich in Verlegenheit zu bringen und um mich derselben zu entreißen, beeile ich mich, Sie zu fragen, ob es vielleicht einen neuen Weg gibt, welcher über Mergellina nach Caserta führt.«

»Nein, da ich aber erst in zwei Stunden in Caserta zu sein brauche, so glaubte ich, Signora, diese Zeit benutzen zu können, um mit Ihnen über eine Angelegenheit zu sprechen, welche eben mit dieser Fahrt nach Caserta in enger Verbindung steht.«

»Mein Gott, lieber Signor Andreas, Sie werden doch nicht die Ihnen bewiesene königliche Gunst benützen wollen, um mich zur Ehrendame der Königin ernennen zu lassen? Ich sage Ihnen im Voraus, daß ich diese Ehre ablehnen würde.«

»Davor bewahre mich Gott! Obgleich ein eifriger Diener der königlichen Familie, für welche ich mein Leben, ja für die ich – was für einen Bankier mehr bedeutet als das Leben – mein Geld opfern würde, so weiß ich doch, daß es reine Seelen gibt, welche sich von Regionen, in welchen man eine gewisse Atmosphäre athmet, fern halten müssen, ebenso wie Der, welcher gesund bleiben will, die Miasmen der pontinischen Sümpfe und die Dünste des Sees von Agnano meiden muß. Das Gold aber, welches ein unveränderliches Metall ist, kann sich kühn da zeigen, wo der leicht zu trübende Krystall sich nicht hinwagen würde. Unser Haus steht jetzt in Begriff, – ein großes Geschäft mit dem König abzuschließen. Der König erzeigt uns die Ehre, uns unter einer Garantie Englands fünfundzwanzig Millionen abzuborgen. Es ist dies ein sicheres Geschäft, mit welchem das angelegte Geld anstatt vier oder fünf Procent Nutzen dessen sieben bis acht Procent abwerfen kann. Man wird sich beeilen, uns Coupons zu dieser Anleihe abzuverlangen, bei welcher unser Haus persönlich mit acht Millionen betheiligt sein wird. Ich komme daher, um Sie, ehe wir die Sache öffentlich bekannt werden lassen, zu fragen, ob Sie sich vielleicht auch mit dabei zu betheiligen wünschen.

»Mein werther Signor Backer, ich bin Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit unendlich verpflichtet,« entgegnete Luisa. »Sie wissen aber, daß Geschäfte und zwar ganz besonders Geldgeschäfte nicht mich, sondern blos den Chevalier angehen. Gegenwärtig nun plaudert derselbe, wie Ihnen bekannt sein wird, höchst wahrscheinlich auf der obersten Sprosse seiner Leiter sitzend mit Seiner königlichen Hoheit dem Prinzen von Calabrien. Sie hätten daher in die Bibliothek des Palastes gehen sollen, aber nicht hierher kommen. Uebrigens wäre auch in der Nähe des Thronerben Ihr Galakostüm weit eher am Platze gewesen als in der meinigen.«

»Signora, Sie sind grausam gegen einen Mann, welcher, da er so selten Gelegenheit hat, Ihnen seine Huldigungen darzubringen, diese Gelegenheit, wenn dieselbe sich darbietet, mit Begier ergreift.«

»Ich glaubte,« entgegnete Luisa im naivsten Tone, »der Chevalier hätte Ihnen gesagt, daß wir alle Donnerstage von sechs bis zehn Uhr Abends bereit sind, Besuche zu empfangen. Sollte er es vergessen haben, so sage ich es Ihnen hiermit zugleich in seinem Namen. Hütten Sie es blos vergessen, so will ich Sie hiermit daran erinnert haben.«

 

»O Signora, Signora!« stammelte der junge Bankier; »wenn Sie gewollt hätten, so hätten Sie einen Mann, der Sie liebte und der sich nun gezwungen siebt, Sie blos anzubeten, sehr glücklich machen können.«

Luisa betrachtete den jungen Backer mit ihrem großen schwarzen Auge, welches ruhig und durchsichtig war wie ein Diamant Nigritiens. Dann trat sie ihm einen Schritt näher, bot ihm die Hand und sagte:

»Signor Backer, Sie haben mir die Ehre erzeigt, Luisa Molina um die Hand zu bitten, welche jetzt die Gattin des Chevaliers San Felice Ihnen bietet. Wenn ich erlauben wollte, daß Sie dieselbe mit einem andern Rechte als dem eines Freundes drückten, so würden Sie sich in mir täuschen und mit einer Frau sprechen, die Ihrer nicht würdig wäre. Es war nicht die Laune eines Augenblicks, welche mich bewog, Ihnen den Chevalier vorzuziehen, der beinahe dreimal so alt ist als ich, und zweimal so alt als Sie. Der Grund lag vielmehr in dem tiefen Gefühle kindlicher Dankbarkeit, welches ich ihm geweiht. Was er mir vor zwei Jahren war, ist er heute noch. Bleiben Sie Ihrerseits das, was der Chevalier, der Sie achtet, Ihnen angeboten hat zu sein, nämlich mein Freund, und beweisen Sie mir, daß Sie dieser Freundschaft würdig sind, dadurch, daß Sie mich nie wieder an einen Umstand erinnern, wo ich gezwungen war, durch eine abschlägige Antwort ein edles Herz zu verwunden, welches weder Groll noch Hoffnung hegen darf.«

Sie verneigte sich würdevoll und setzte hinzu:

»Der Chevalier wird die Ehre haben, bei Ihrem Herrn Vater vorzusprechen und ihm die Antwort auf Ihren Vorschlag zu bringen.«

»Wenn Sie nicht erlauben, daß man Sie liebe oder bewundere, antwortete der junge Mann, »so können Sie wenigstens nicht verhindern, daß man Sie anbete.«

Und sich seinerseits mit dem Ausdrucke der tiefsten Ehrerbietung verneigend, entfernte er sich, einen Seufzer unterdrückend.

Was Luisa betraf, so hörte sie, ohne in ihrer jugendlichen Unschuld zu bedenken, daß sie die Moral, welche sie predigte, vielleicht durch ihr Handeln Lügen strafte, kaum die Hausthür sich hinter dem jungen Bankier schließen und seine Equipage davonrollen, als sie auch schon mit der Schnelligkeit des Vogels, welcher in sein Nest zurückkehrt, nach dem Zimmer des Verwundeten eilte.

Ihr erster Blick, als sie in das Zimmer trat, galt natürlich Salvato.

Dieser war sehr bleich. Seine Augen waren geschlossen und aus seinem marmorähnlichen Gesichte ruhte der Ausdruck eines lebhaften Schmerzes.

Erschrocken eilte Luisa auf ihn zu, und da er bei ihrer Annäherung nicht, wie er sonst zu thun pflegte, die Augen aufschlug, so fragte sie auf französisch:

»Schlafen Sie, mein Freund, oder sollten Sie ohnmächtig geworden sein?«

»Ich schlafe nicht und ich bin auch nicht ohnmächtig. Machen Sie sich keine Sorge, Signora,« antwortete Salvato, indem er die Augen ein wenig öffnete, aber ohne Luisa anzusehen.

»Signora,« wiederholte Luisa erstaunt, »Sie nennen mich Signora!«

»Entschuldigen Sie,« hob der junge Mann wieder an, »ich habe Schmerzen.«

»Wo?«

»In meiner Wunde.«

»Sie täuschen mich, mein Freund! O, ich habe den Ausdruck Ihrer Züge drei schmerzvolle Tage lang studiert. Nein« Sie leiden nicht an dem Schmerze Ihrer Wunde; Sie leiden an einem moralischen Schmerz.«

Salvato schüttelte den Kopf.

»Sagen Sie mir sofort, von welcher Art dieser Schmerz ist,« rief Luisa, »ich will es!«

»Sie wollen es?« fragte Salvato. »Sie wollen es – verstehen Sie wohl?«

»Ja, denn ich habe das Recht dazu. Hat der Arzt nicht gesagt, daß ich jede Gemüthsbewegung von Ihnen fern halten solle?«

»Wohlan; da Sie es wollen, so will ich es Ihnen sagen,« entgegnete Salvato, indem er Luisa fest anschaute. »Ich bin eifersüchtig.«

»Eifersüchtig! Mein Gott, auf wen denn?« fragte Luisa.

»Auf Sie.«

»Auf mich!« rief sie, ohne daß sie auch nur daran dachte, diesmal sich zu erzürnen. »Warum? Wie? In wie fern? Um eifersüchtig zu sein, muß man nothwendig einen Beweggrund haben.«

»Wie kommt es, daß Sie eine halbe Stunde aus diesem Zimmer weggeblieben sind, während Sie doch nur einige Minuten bleiben wollten? Und wer ist dieser Signor Backer, welcher das Vorrecht genießt, mir eine halbe Stunde von Ihrer Gegenwart zu stehlen?«

Das Gesicht der jungen Frau gewann einen Ausdruck von himmlischem Glück. Salvato hatte ihr somit gesagt, daß er sie liebte, ohne dabei das Wort Liebe auszusprechen.

Sie senkte das Haupt so tief zu ihm herab, daß ihr Haar beinahe sein Gesicht berührte, welches sie mit ihrem Athem fächelte und mit ihrem Blicke bedeckte.

»Seien Sie doch kein Kind,« sagte sie mit jener Melodie der Stimme, welche ihren Ursprung in den tiefsten Fasern des Herzens hat. »Sie wollen wissen, wer jener Mann ist? was er hier gewollt hat? warum er solange geblieben ist? Ich will es Ihnen sagen.«

»Nein, nein, nein!« murmelte der Verwundete; »nein, ich brauche nichts mehr zu wissen. Ich danke, ich danke!«

»Wofür danken Sie? Warum danken Sie?«

»Weil Ihre Augen mir Alles gesagt haben, geliebte Luisa. Ha, Ihre Hand! Ihre Hand!«

Luisa reichte ihre Hand dem Verwundeten, welcher krampfhaft seine Lippen darauf drückte, während eine Thräne aus seinem Auge rollte und als flüssige Perle auf dieser Hand zitterte.

Der Mann mit dem ehernen Herzen hatte geweint. Ohne sich von dem, was sie that, Rechenschaft zu geben, hob Luisa ihre Hand an die Lippen und trank diese Thräne.

Es war dies der Zaubertrank jener unwiderstehlichen und unbeugsamen Liebe, welche die Wahrsagerin Nanno prophezeit hatte.

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