Бесплатно

La San Felice Band 3

Текст
0
Отзывы
iOSAndroidWindows Phone
Куда отправить ссылку на приложение?
Не закрывайте это окно, пока не введёте код в мобильном устройстве
ПовторитьСсылка отправлена

По требованию правообладателя эта книга недоступна для скачивания в виде файла.

Однако вы можете читать её в наших мобильных приложениях (даже без подключения к сети интернет) и онлайн на сайте ЛитРес.

Отметить прочитанной
Шрифт:Меньше АаБольше Аа

Diese Uniformen wurden von einem Brigadier und vier Dragonern getragen, welche einen Reisewagen eskortierten, dessen Gang, obschon es ein Postwagen war, sich nicht nach dem der Pferde, die ihn zogen, richtete, sondern nach dem der Pferde, die ihn eskortierten.

Übrigens sollte die Neugier des Bürgers Garat sehr bald befriedigt werden; der Wagen und seine Escorte kamen auf ihn zu und konnten sich seiner nähern Besichtigung nicht entziehen, mochte nun der Wagen sich begnügen an der Post die Pferde zu wechseln, oder mochten die Reisenden welche er enthielt, in dem Gasthaus einkehren, denn die Post war das erste Haus zu einer Rechten und das Gasthaus stand ihm gegenüber.

Er brauchte aber nicht einmal dieses Anhalten abzuwarten. Als der Brigadier ihn erblickte und die Uniform eines hohen Beamten der Republik erkannte, setzte er sein Pferd in Galopp, sprengte dem Wagen um hundert oder hundertundfünfzig Schritte voran und machte vor dem Gesandten Halt, indem er die Hand an seinen Helm legte und wartete, befragt zu werden.

»Mein Freund,« sagte der Gesandte mit seiner gewöhnlichen Leutseligkeit, »ich bin der Bürger Garat, Gesandter der Republik am Hofe von Neapel, und dies gibt mir das Recht Euch zu fragen, wer die Personen sind, die sich in diesem von Euch eskortierten Reisewagen befinden.«

»Zwei alte Ci-devant-Damen in ziemlich schlechtem Zustand, Bürger Gesandter,« antwortete der Brigadier »und ein Ci-devant, der, wenn er mit Ihnen spricht, sie Prinzessinen nennt.«

»Kennt Ihr die Namen dieser Damen?«

»Die eine heißt Madame Victoire und die andere Adelaide.«

»Ah! ah!« sagte der Gesandte.

»Ja,« fuhr der Brigadier fort, »wie es scheint, waren die Tanten des Tyrannen, welchen man guillotiniert hat. Im Augenblick der Revolution sind sie nach Oesterreich geflohen, von Wien sind sie nach Rom gegangen und in Rom ist es ihnen, als die Republik auch hierhergekommen, Angst geworden, als ob die Republik gegen solche alte Nachthauben Krieg führte! Sie wären daher aus Rom gern eben so entflohen, wie sie aus Paris und Wien entflohen sind, wie ich aber gehört, gab es noch eine dritte Schwester, die älteste, eine ganz gebrechliche alte Dame, welche man Madame Sophie nannte. Diese ist krank geworden und die andern haben sie nicht verlassen wollen, was übrigens ganz hübsch von diesen war. Endlich haben sie den General Berthier um Erlaubniß zum Aufenthalt gebeten – ich langweile Sie aber wohl durch mein Geschwätz, Bürger und Gesandter, nicht wahr?«

»Nein, durchaus nicht, mein wackerer Freund. Im Gegentheil, was Ihr mir da erzählt, interessiert mich in hohem Grade.«

»Nun dann sind Sie nicht schwer zu befriedigen, Bürger Gesandter. Ich wollte also sagen, eine Woche nach Ankunft des Generals Championnet, welcher mich alle zwei Tage hinschickte, um mich nach dem Befinden der Kranken zu erkundigen, wünschten die beiden andern Schwestern, nachdem die kranke gestorben und begraben war, Rom zu verlassen und sich nach Neapel zu begeben, wo sie, wie ich höre, Verwandte haben, die sich in guten Verhältnissen befinden. Dabei aber fürchteten sie unterwegs als verdächtig angehalten zu werden und der General Championnet sagte zu mir: »Brigadier Martin, Du bist ein Mann von Erziehung, Du weißt mit den Frauen zu sprechen. Nimm vier Mann und begleite diese beiden alten Creaturen, welche im Grunde genommen doch Töchter Frankreichs sind, bis über die Grenze. Also, Brigadier Martin, alle mögliche Rücksicht, verstehst Du? Sprich mit ihnen nur in der dritten Person und mit dem Helm in der Hand wie mit Vorgesetzten!« »Aber, Bürger General,« antwortete ich, »wenn nur ihrer zwei sind, wie kann ich dann mit ihnen in der dritten Person sprechen?« Der General lachte über die Albernheit, die ihm entschlüpft war, und sagte: »Brigadier Martin, Du bist noch klüger, als ich glaubte. Es sind drei Personen, mein Freund, nur ist die dritte ein Mann, nämlich der Ehrencavalier der beiden Frauen; man nennt ihn den Graf von Chatillon!« – »Bürger General,« antwortete ich ihm, »ich glaubte, es gäbe keine Grafen mehr.« – »In Frankreich,« entgegnete er, »gibt es allerdings keine mehr, im Ausland aber und besonders in Italien treiben sich hier und da immer noch einige herum.« – »Und, mein General, ich diesen Chatillon Graf oder Bürger nennen?« – »Nenne ihn wie Du willst; ich glaube aber Du wirst ihm sowohl als den Personen, die er begleitet, mehr Vergnügen machen, wenn Du ihn Herr Graf, als wenn Du ihn Bürger – nennst, und da weiter nichts darauf ankommt und Niemanden dadurch ein Unrecht zugefügt wird, so kannst immerhin ganz laut: Herr Graf sagen.« – Und so habe ich es auf dem ganzen Wege gemacht. Es schien dies an wirklich den armen alten Damen zu gefallen und sie sagten: »Das ist ein wohlerzogener junger Mann, mein lieber Graf. Wie heißt Du, mein Freund?« Ich hatte Lust, ihn zu antworten, daß ich auf alle Fälle besser erzogen wäre als sie, da ich ihren Grafen nicht duzte, während sie dies doch mit mir thaten; ich begnügte mich indessen zu entgegnen: »Es ist schon gut, es ist schon gut, ich heiße Martin. Auch haben sie sich während des ganzen Weges, wenn irgend etwas wollten, allemal an mich gewendet und mich einmal über das andere lieber Martin genannt. Sie begreifen aber wohl, Bürger Gesandter, daß dies weiter nichts auf sich haben kann, denn die jüngste der beiden Damen zählt neunundsechzig Jahre.«

»Und bis wie weit hat der General Championnet Euch befohlen, sie zu geleiten?«

»Bis über die Grenze und selbst noch weiter, wenn sie es wünschten.«

»Dann, Bürger Brigadier, habt Ihr eurer Instruction genügt, denn Ihr habt die Grenze passiert und seid hier schon zwei Poststationen über dieselbe hinaus. Uebrigens würde es auch vielleicht mit Gefahr verknüpft sein, noch weiter zu gehen.«

»Für mich oder für die alten Damen?«

»Für Euch.«

»O, wenn es weiter nichts ist, Bürger Gesandter, so so hat dies weiter nichts zu sagen, wissen Sie. Der Brigadier Martin kennt die Gefahr und ist mehr als einmal ihr Bettgenosse gewesen.«

»Hier wäre aber die Gefahr zwecklos und könnte ernste Folgen haben. Ihr werdet daher euren beiden Prinzessinnen mittheilen, daß euer Dienst bei ihnen beendet ist.«

»Aber dann werden sie ein schönes Geschrei erheben, das sage ich Ihnen im Voraus, Bürger Gesandter. Mein Gott, was soll aus den armen Mädchen werden, wenn sie ihren Martin nicht mehr haben? Sehen Sie, sie haben schon bemerkt, daß ich nicht mehr in ihrer Nähe bin, und suchen mich mit ängstlichen Blicken.«

In der That hatte während dieser Unterredung oder während dieser Erzählung – denn die wenigen Worte, welche der Bürger Garat gesprochen, waren in dem Vortrage des Brigadier Martin nur als Fragezeichen zu betrachten – der Wagen der alten Prinzessinnen vor dem Gasthause del Riposo d'Orazio Halt gemacht, und als sie ihren Beschützer in einer eifrigen Conversation mit einer Person sahen, die das Costüm der hohen republikanischen Beamten trug, fürchteten sie, daß irgend ein Complott gegen ihre Sicherheit gesponnen oder Gegenbefehl in Bezug auf ihre Reise ertheilt werde.

Deshalb riefen sie nach dem Commandanten ihrer Escorte in einem Tone und mit einer Miene, welche der Eigenliebe des Brigadier Martin in hohem Grade schmeichelhaft sein mußte.

Auf einen Wink des Bürgers Garat und während dieser, um sich eine peinliche Unterredung zu ersparen, in die Allee des Stellmachers zurückkehrte und auf der jetzt leeren Terrasse Platz nahm, ritt Martin an den Schlag des Wagens und setzte, die Hand am Helme, wie Championnet ihn instruiert, die königlichen Reisenden von der so eben von einem Vorgesetzten ihm erheilten Ordre, nach Rom zurückzukehren, in Kenntniß.

Wie der Brigadier Martin sehr richtig vorausgesehen, versetzte diese Mittheilung die alten Damen in große Unruhe. Sie beriethen sich zuerst mit einander selbst, dann mit ihrem Chrencavalier, und das Resultat dieser doppelten Berathung war, daß Graf Chatillon sich bei dem Unbekannten in der blauen Uniform und mit dem dreifarbigen Federbusch nach den Gründen erkundigen sollte, welche den Brigadier Martin und seine vier Mann abhalten könnten, noch weiter mitzugehen.

Der Graf von Chatillon stieg aus dem Wagen, folgte dem Wege, den er den republikanischen Beamten hatte einschlagen sehen, und fand, als er am andern Ende der Allee anlangte, ihn auf Don Antonios Terrasse sitzend und mit den Augen mechanisch und vielleicht, ohne ihn zu sehen, einem jungen Mann folgend, welcher in dem Augenblick, wo der Graf eingetreten war, von der Scheidemauer in den Garten des Stellmachers herübersprang und mit einer Flinte auf der Schulter diesen Garten nach seiner ganzen Länge durchschritt.

Es war dies in diesem Lande der Unabhängigkeit, wo Jeder bewaffnet einhergeht und wo die Einhegungen nur den Zweck zu haben scheinen, der Behendigkeit der Passanten zur Uebung zu dienen, etwas so Einfaches, daß der Gesandte dieser Thatsache nur mittelmäßige Aufmerksamkeit zu widmen schien – eine Aufmerksamkeit, von welcher er überdies durch das Erscheinen des Grafen von Chatillon sofort wieder abgelenkt ward.

Der Graf kam auf ihn zu.

Der Bürger Garat erhob sich.

Garat, der Sohn eines Arztes in Ustaritz, hatte eine ausgezeichnete Erziehung genossen und war vielseitig gebildet. Er hatte im vertrauten Umgange mit den Philosophen und Encyclopädisten gelebt und durch seine verschiedenen Lobreden auf Suger, auf Herrn von Montausier und Fontenelle akademische Preise erworben.

Er war ein Mann vom Welt, vor allen Dingen eleganter Sprecher und bediente sich des jakobinischen Wörterbuches nur bei gewissen Gelegenheiten und wenn er nicht anders konnte.

Als er den Grafen von Chatillon auf sich zukommen sah, erhob er sich und ging ihm die Hälfte des Weges entgegen.

Die beiden Herren begrüßten einander mit einer Courtoisie, welche weit mehr nach Ludwig dem Fünfzehnten all nach dem Directorium schmeckte.

»Soll ich mein Herr oder Bürger sagen?«, fragte der Graf von Chatillon lächelnd.

 

»Sagen Sie, wie Sie wollen, Herr Graf. Es wird mir stets eine Ehre sein, die Fragen zu beantworten, welch Sie wahrscheinlich von Seiten der königlichen Hoheiten an mich richten werden.«

»Das laß ich mir gefallen!« sagte der Graf. »Ich schätze mich glücklich, mitten in diesen barbarischen Gegenden einen civilisierten Menschen zu treffen. Ich komme also im Namen Ihrer königlichen Hoheiten, da Sie mir erlauben, den Töchtern Ludwigs des Fünfzehnten diesen Titel zu bewahren, um Sie zu fragen, nicht als ob ich Sie zur Rede stellen wollte, sondern um eine für die Gemüthsruhe der Prinzessinnen wesentliche Auskunft zu erlangen, worin der Wille oder das Hinderniß besteht, welches nicht erlaubt, daß die Prinzessinnen die Escorte, welche der General Championnet so freundlich gewesen ist, ihnen zu geben, bis nach Neapel behalten?«

Garat lächelte.

»Ich begreife recht wohl den Unterschied, der zwischen dem Worte Hinderniß und dem Wort Wille besteht, Herr Graf, und ich werde Ihnen beweisen, daß das Hinderniß vorhanden und daß, wenn gleichzeitig ein Wille sich kundgibt, derselbe ein mehr wohl- als übelwollender ist.«

»Nun, so beginnen Sie zunächst mit dem Hinderniß,« jagte der Graf, sich verneigend.

»Das Hinderniß ist folgendes, Herr Graf. Seit gestern Mitternacht ist zwischen dem Königreich beider Sicilien und der französischen Republik der Krieg erklärt. Die Folge hiervon ist, daß eine aus fünf Feinden bestehende Escorte, wie Sie selbst begreifen werden, für die königlichen Hoheiten mehr eine Gefahr als ein Schutz wäre. Was den Willen betrifft, welcher der meinige ist und den Sie nun ganz natürlich aus dem Hinderniß sich ergeben sehen, so ist er darauf gerichtet, die erlauchten Reisenden nicht Beleidigungen und ihre Escorte nicht der Gefahr, ermordet zu werden, auszusetzen. Habe ich die kategorische Frage auch kategorisch beantwortet, Herr Graf?«

»So kategorisch, mein Herr, daß ich mich freuen würde, wenn Sie sich dazu verstehen wollten, den königlichen Hoheiten zu wiederholen, was Sie mir so eben die Ehre erzeigt haben zu sagen.«

»Mit großem Vergnügen würde ich dies thun, Herr Graf; eine zarte Rücksicht aber, welche Sie, wie ich überzeugt bin, wenn sie Ihnen bekannt wäre, respectiren würden, beraubt mich zu meinem großen Bedauern der Ehre, den Prinzessinnen meine Huldigungen darbringen zu können.«

»Haben Sie irgend einen Grund, diese Rücksicht geheim zu halten?«

»Nein, durchaus nicht. Ich fürchte einfach blos, daß meine Gegenwart den Prinzessinnen unangenehm sei.«

»Unmöglich!« »Ich weiß, mit wem ich die Ehre habe zu sprechen, mein Herr. Sie sind der Graf von Chatillon, Ehrencavalier Ihrer königlichen Hoheiten, und dies ist mein Vortheil, den ich vor Ihnen voraus habe, denn Sie wissen nicht wer ich bin.«

»Sie sind – dies steht außer allem Zweifel – ein Mann von Welt und von vollkommener Courtoisie.«

»Und eben deshalb, mein Herr, wurde ich von dem Convent zu der verhängnißvollen Ehre ausersehen, dem König Ludwig dem Sechzehnten ein Todesurtheil zu verlesen.«

Der Graf von Chatillon prallte einen Schritt zurück, als ob er sich plötzlich einer Schlange gegenüber sähe.

»Dann sind Sie ja das Conventmitglied Garat!« rief er.

»Sehr richtig, Herr Graf. Sie sehen, wenn mein Name auf Sie, der Sie, so viel ich weiß, kein Verwandter des Königs Ludwigs des Sechzehnten sind, diese Wirkung äußert, welche Wirkung er erst auf diese armen Prinzessinnen äußern würde, welche seine Tanten waren. Allerdings,« setzte der Gesandte mit seinem feinen Lächeln hinzu, »waren sie ihrem Neffen, so lange er lebte, nicht sonderlich gewogen, heute aber weiß ich, daß sie ihn anbeten. Der Tod ist wie die Nacht. Er bringt guten Rath.«

Der Graf von Chatillon verneigte sich und ging, um den Prinzessinnen Victoire und Adelaide das Resultat der Conversation, die er soeben gehabt, mitzutheilen.

Elftes Capitel.
Fra Diavolo

Die beiden alten Prinzessinnen, mit deren Schutz der Brigadier Martin beauftragt war, und zu welchen der Graf von Chatillon, der ganz entsetzt war, nicht blos einen Königsmörder, sondern auch den gesehen zu haben, welcher Ludwig dem Sechzehnten ein Todesurtheil vorgelesen, zurückkehrte die beiden alten Prinzessinnen, sagen wir, sind für diejenigen unserer Leser, welche sich ein wenig mit unseren Werken vertraut gemacht haben, keine ganz neuen Bekanntschaften.

Sie haben dieselben dreißig Jahre jünger in unserem Buche: Josef Balsamo nicht blos unter dem Namen, mit welchem wir sie soeben bezeichnet, sondern auch unter dem etwas weniger poetischen Spitznamen »Loque« und »Chiffe« auftreten sehen, welche der König Ludwig der Fünfzehnte in seiner väterlichen Vertraulichkeit ihnen gegeben hatte.

Wir haben ferner gesehen, daß die dritte, die Prinzessin Sophie, welche ihr königlicher Erzeuger, um die Trilogie seiner Töchter vollständig zu machen, mit dem harmonischen Namen Graille9 getauft hatte, in Rom gestorben war und durch ihre Krankheit die Abreise ihrer beiden Schwestern verzögert hatte, so daß sie in Folge dieser Verzögerung in Itri mit dem von Neapel kommenden französischen Gesandten zusammentrafen.

Die Chronique scandaleuse hatte Madame Victoire stets respectirt und man versicherte, daß diese ihr ganzes Leben lang einen untadelhaften Wandel geführt habe. Da die bösen Zungen aber stets ein Sühnopfer haben müssen, so waren sie mit umso größerer Wuth über Madame Adelaide hergefallen.

Diese galt in der That für die Heldin eines ziemlich scandalösen Abenteuers, dessen Held ihr eigener Vater war.

Obschon Ludwig der Fünfzehnte kein Patriarch war und ich, wenn Gott das moderne Sodom vom Feuer hätte verzehren lassen, bezweifle, daß er ihn wie Loth durch einen seiner Engel aufgefordert hätte, die dem Untergange geweihte Stadt bei Zeiten zu verlassen, so behauptete man doch, daß dieses Abenteuer, allerdings nicht in seinen Einzelheiten, wohl aber in der Hauptsache, sein Vorbild in der Familie des Canaaniters Loth gehabt habe, welcher, wie man sich erinnert, durch ein beklagenswerthes Vergessen der Familienbande der Vater Moab's und Amons ward.

Die Vergeßlichkeit des Königs Ludwigs des Fünfzehnten und seiner Tochter, Madame Adelaide, war um die Hälfte weniger fruchtbar gewesen und es war blos ein Kind männlichen Geschlechtes daraus hervorgegangen, welches in Colorno, im Großherzogthume Parma geboren, unter dem Namen des Grafen Louis von Narbonne, einer der elegantesten Cavaliere, gleichzeitig aber auch einer der leersten Köpfe am Hofe Ludwigs des Sechzehnten ward.

Frau von Staël, welche nach dem Rücktritte ihres Vaters, des Herrn von Necker, den Vorsitz im Cabinetsrathe verloren, aber immer noch einen gewissen Einfluß behalten hatte, ließ ihn im Jahre 1793 zum Kriegsminister ernennen und suchte, sich in dem moralischen und intellectuellen Werthe dieses schönen Cavaliers täuschend, ihm ein wenig von ihrem Genie in den Kopf und ein wenig von ihrem Herzen in die Brust zu pflanzen.

Ihre Bemühungen scheiterten. Es hätte ein Riese dazu gehört, um die Situation zu beherrschen, und Herr von Narbonne war ein Zwerg oder, wenn man lieber, ein gewöhnlicher Mensch. Die Situation zermalmte ihn.

Am 10. August in Anklagestand versetzt, passierte er die Meerenge und begab sich nach London zu den emigrierten Prinzen, aber ohne jemals den Degen gegen Frankreich zu ziehen. Obschon nicht im Stande, es zu retten, hatte er wenigstens das Verdienst, daß er es nicht mit ins Verderben zu stürzen suchte.

Als die drei alten Prinzessinnen sich entschlossen, Versailles zu verlassen, war es Herr von Narbonne, welcher mit allen Vorbereitungen zu ihrer Flucht beauftragt ward. Dieselbe fand am 21. Januar 1791 statt und eine der letzten Reden Mirabeaus, eine seiner schönsten, galt diesem Vorfall und dem Thema: »Ueber die Freiheit der Auswanderung.«

Aus der Meldung des Brigadier Martin haben wir ersehen, daß die Prinzessinnen nach einander in Wien und Rom gewohnt und vor der Revolution, die, nachdem sie in den Norden Italiens eingedrungen, nun auch in den Süden eindrang, zurückweichend, beschlossen hatten, die sich in »guten Umständen befindenden Verwandten aufzusuchen, welche sie in dem Königreich Neapel hatten.

Diese sich in guten Umständen befindenden Verwandten, die sich aber sehr bald in sehr schlechten Umständen befinden sollten, waren der König Ferdinand und die Königin Caroline.

Ganz wie der Brigadier Martin vermuthet, versetzte die Mittheilung, welche der Graf von Chatillon ihnen zurückbrachte, die beiden Prinzessinnen in große Unruhe. Der Gedanke, ihre Reise ohne andere Escorte als die ihres Ehrencavaliers fortzusetzen, der übrigens, um die Nerven der beiden armen alten Damen zu schonen, ihnen die Nähe des furchtbaren Conventmitglieds verschwiegen hatte, fortzusetzen, hatte allerdings nichts sonderlich Beruhigendes.

Sie waren deshalb in der größten Verzweiflung, als ein Diener des Gasthauses ehrerbietig an die Thür pochte und dem Herrn Grafen von Chatillon meldete, daß ein junger Mann, der seit gestern Abend angelangt sei, um die Gunst bitten ließe, ihm einige Worte sagen zu dürfen.

Der Graf von Chatillon ging hinaus und kam beinahe sofort wieder, indem er den Prinzessinnen meldete, der fragliche junge Mann sei ein Soldat von der Armee Condés und Ueberbringer eines Briefes von dem Herrn Grafen Louis von Narbonne, welcher Brief an Ihre königlichen Hoheiten, speziell aber an Madame Adelaide adressiert sei.

Die beiden Dinge klangen gut in den Ohren der bei den Prinzessinnen, erstens das Prädicat eines Soldaten der Armee Condés, dann die Empfehlung des Grafen von Narbonne.

Man ließ den Ueberbringer des Briefes eintreten.

Es war ein junger Mann von vier- bis fünfundzwanzig Jahren, blond von Bart und Haar, angenehm von Gesicht, frisch und rosig wie ein Mädchen. Er war sauber, wenn auch nicht elegant gekleidet.

Seine Art, sich zu präsentieren, verrieth, obschon sie von einer gewissen unter der Uniform angenommenen Steifheit nicht ganz frei war, eine gute Geburt und eine gewisse Routine im gesellschaftlichen Umgange.

Er verneigte sich ehrerbietig und an der Thür stehen bleibend. Der Graf von Chatillon zeigte mit der Hand auf Madame Adelaide.

Der junge Mann näherte sich drei Schritte, ließ sich auf ein Knie nieder und überreichte der alten Prinzessin den Brief.

»Lesen Sie, Chatillon, lesen Sie,« sagte Madame Adelaide. »Ich weiß nicht, wo ich meine Brille habe.«

Dann gab sie mit huldvollem Lächeln dem jungen Mann einen Wink, daß er aufstehen solle.

Der Graf von Chatillon las den Brief, drehte sich dann zu den Prinzessinnen herum und sagte:

»Meine Damen, dieser Brief ist in der That von dem Herrn Grafen Louis von Narbonne, welcher Ihren königlichen Hoheiten den Ueberbringer Giovani Battista de Cesare, einen geborenen Corsen, empfiehlt, welcher mit seinen Cameraden in der Armee Condés gedient hat und ihm selbst durch den Chevalier Vermègues empfohlen worden ist. Er fügt, indem er Ihren königlichen Hoheiten seine treu ergebenen Huldigungen zu Füßen legt, hinzu, daß Sie das, was Sie für diesen würdigen jungen Mann thun, niemals zu bereuen haben würden.«

Madame Victoire ließ ihrer Schwester das Wort und begnügte sich durch Kopfnicken ihren Beifall zu erkennen zu geben.

»Also, mein Herr,« sagte Madame Adelaide, »Sie sind von adeliger Abkunft?«

»Madame,« antwortete der junge Mann, »wir Corsen machen alle Anspruch darauf, von adeliger Abkunft zu sein, da ich mich aber Eurer königlichen Hoheit zunächst durch meine Aufrichtigkeit bekannt machen möchte, so antworte ich, daß ich ganz einfach von einer alten Familie Caporali abstamme. Einer unserer Ahnen befehligte, unter die Titel Caporale, einen District Corsicas während eines jener langen Kriege, welche wir gegen die Genuesen führten. Von meinen Cameraden ist nur ein einziger, Herr von Bocchechiampe, in dem Sinne von Adel, wie Eure königliche Hoheit es versteht. Die fünf andern haben, obschon einer davon den vornehmen Namen Colonna führt, eben so ich kein Recht auf das goldene Buch.«

»Herr Graf, sagte Madame Victoire, »ich finde daß dieser junge Mann sich sehr gut ausdrückt. Mein Sie nicht auch?«

»Dies nimmt mich durchaus nicht Wunder, merkte Madame Adelaide. »Es versteht sich von selbst, daß Herr von Narbonne ihn sonst nicht an uns empfohlen haben würde.«

 

Dann wendete sie sich zu Cesare und sagte:

»Erzählen Sie weiter, junger Mann, Sie sagen also daß Sie in der Armee des Prinzen von Condé gedient haben?«

»Ich und drei meiner Cameraden, Madame, Bocchechiampe, Colonna und Guidone, wir waren mit Seiner königlichen Hoheit bei Weißenburg, bei Hagenau, Bentheim, wo Bocchechiampe und ich verwundet wurden. Unglücklicherweise kam der Frieden von Campoformio dazwischen. Der Prinz sah sich genöthigt, seine Armee verabschieden und wir sahen uns ohne Mittel und ohne Stellung in England. Hier erinnerte sich der Herr Chevalier von Vermègues, daß er uns im Feuer gesehen, und versicherte dem Herrn Grafen von Narbonne, daß wir der Sache, für die wir gekämpft, keine Schande machten. Da wir nicht wußten, was wir beginnen sollten, so baten wir den Herrn Grafen um einen Rath. Er rieth uns nach Neapel zu gehen, wo, wie er sagte, der König sich zum Krieg rüstete und wo wir bei der Erfahrung, die wir bereits erlangt und auf Grund unserer Zeugnisse nicht ermangeln könnten Verwendung zu finden. Unglücklicherweise kannten wir Niemand in Neapel, der Herr Graf von Narbonne beseitigte jedoch diese Schwierigkeit, indem er uns sagte, daß wir, wenn auch nicht in Neapel, doch wenigstens in Rom Ihren königlichen Hoheiten begegnen würden. Hierauf erzeigte er mir die Ehre, mir den Brief zu geben, den ich soeben dem Herrn Grafen von Chatillon überreicht habe.«

»Aber, mein Herr,« fragte die alte Prinzessin, »wie kommt es, daß Sie uns gerade hier treffen und daß Sie uns diesen Brief nicht schon früher überbracht haben?«

»Allerdings, Madame, hätten wir die Ehre haben können, ihn in Rom zu überreichen. Aber erstens weilten Sie am Sterbebett Ihrer Hoheit der Prinzessin Sophie und Sie würden in Ihrem Schmerz nicht Muße gehabt haben, sich mit uns zu beschäftigen. Zweitens wurden wir von der republikanischen Polizei überwacht und mußten fürchten, Eure königlichen Hoheiten zu compromittieren. Wir besaßen noch einige Mittel und lebten von diesen, indem wir einen günstigeren Augenblick erwarteten, wo wir Sie um Ihren Schutz bitten könnten. Vor acht Tagen hatten Sie den Schmerz, Ihre königliche Hoheit die Prinzessin Sophie zu verlieren, und entschlossen sich nach Neapel abzureisen. Wir hatten Sorge getragen, uns fortwährend von Ihren Absichten unterrichtet zu halten, und gingen am Tage Ihrer Abreise Sie hier zu erwarten, wo wir gestern Nacht gelangt sind. Einen Augenblick lang glaubten wir, als die Escorte sahen, welche die Carrosse Euer königlichen Hoheiten begleiteten, es sei Alles für uns verloren. Die Vorsehung hat aber im Gegentheil gewollt, daß gerade hier Ihrer Escorte der Befehl zur Rückkehr nach Rom ertheilt ward. Wir kommen daher, um uns als Ersatz dieser Escorte anzubieten. Es handelt sich um weiter nichts, als in Ihrem Dienste das Leben zu opfern. So viel Werth wie Andere besitzen wir auch und bitten Sie, uns den Vorzug zu geben.«

Der junge Mann sprach die letzten Worte mit vieler Würde und die Verbeugung, womit er sie begleitete, eine den Anforderungen der Courtoisie so entspreche, daß die alte Prinzessin, indem sie sich nach dem Grafen Chatillon herumdrehte, sagte:

»Gestehen Sie, Chatillon, daß Sie wenig Edelleute sich auf noblere Weise haben ausdrücken hören, als dieser junge Corse thut, der doch nur Corporal gewesen ist.«

»Ich bitte um Verzeihung, königliche Hoheit,« entgegnete Cesare mit verächtlichem Lächeln. »Einer meiner Ahnherren, Madame, war Caporale, das heißt Commandant einer Provinz. Ich dagegen hatte eben so wie Herr von Bocchechiampe, die Ehre, in der Armee des Prinzen von Condé Lieutenant von der Artillerie zu sein.«

»Hoffen wir, daß Sie nicht dieselbe Carrière machen, welche der kleine Buonaparte, Ihr Landmann, bei der Artillerie gemacht hat.«

Dann drehte sich die Prinzessin wieder nach dem Grafen herum und sagte:

»Wohlan, Chatillon, Sie sehen, daß die Sache sich wunderschön trifft. In dem Augenblick, wo unsere Escorte uns verläßt, schickt die Vorsehung, wie Herr von – Herr von – wie sagten Sie, daß Sie heißen, lieber Freund?«

»Von Cesare, königliche Hoheit.«

»Schickt die Vorsehung, wie Herr von Cesare sehr richtig sagte, uns eine andere. Meine Ansicht geht dahin, daß wir dieselbe annehmen. Was sagen Sie dazu, liebe Schwester?«

»Was ich sage? Ich sage, daß ich Gott danke, daß er uns von diesen Jakobinern erlöst hat, deren dreifarbige Federbüsche mir Nervenzufälle verursachten.«

»Und ich bin froh, daß ich den Anführer dieser Escorte, den Bürger Brigadier Martin, los bin, welcher wie versessen darauf war, sich fortwährend an mich zu wenden, um sich nach den Befehlen meiner königlichen Hoheit zu erkundigen. Wenn ich bedenke, daß ich mich genöthigt sah, ihm freundlich zuzulächeln, während ich doch eher Lust gehabt hätte, ihm den Hals umzudrehen!«

Dann wendete sie sich wieder zu Cesare und sagte:

»Mein Herr, Sie können mir Ihre Cameraden vorstellen. Ich wünsche, dieselben so bald als möglich kennen zu lernen.«

»Vielleicht wäre es besser, wenn Ihre königlichen Hoheiten warteten, bis der Brigadier Martin und seine Leute fort sind,« machte Herr von Chatillon bemerklich.

»Und warum dies, Graf?«

»Nun, damit er nicht diesen Herren bei Ihren königlichen Hoheiten begegne, wenn er kommt, um Abschied von Ihnen zu nehmen.«

»Wenn er kommt, um Abschied von uns zu nehmen? Was mich betrifft, so hoffe ich, daß der Wicht nicht die Unverschämtheit besitzen wird, mir noch einmal vor die Augen zu kommen. Nehmen Sie zehn Louisdor, Chatillon, und geben sie dieselben dem Brigadier Martin für ihn und seine Leute. Ich will nicht, daß diese widerwärtigen Jakobiner sagen können, sie hätten uns einen Dienst geleistet, ohne dafür bezahlt worden zu sein.«

»Ich werde thun, was Ew. königliche Hoheit mir befiehlt, aber ich zweifle, daß der Brigadier etwas annimmt.«

»Daß er was annimmt?«

»Die zehn Louisdor, welche Ew. königliche Hoheit ihm anbietet.«

»Er würde sich dieselben lieber selbst nehmen, nicht wahr? Diesmal wird er sich aber wohl begnügen müssen, sie zu empfangen. Aber was ist das für eine Musik? Sollte man uns erkannt haben und uns eine Serenade bringen?«

»Es wäre dies allerdings Pflicht der Einwohner, Madame,« antwortete der junge Corse lächelnd, »wenn sie wüßten, wen sie die Ehre haben in ihren Mauern zu besitzen. Sie wissen dies aber nicht, wenigstens setze ich dies voraus, und diese Musik ist einfach die einer Hochzeit, welche aus der Kirche kommt. Die Tochter des Stellmachers, welcher diesem Gasthause gegenüber wohnt, vermählt sich, und da ein Nebenbuhler vorhanden ist, so vermuthet man, dieser Tag werde nicht ohne ein tragisches Ereigniß vorübergehen. Wir, die wir seit gestern Abend hier sind, haben Zeit gehabt, uns von den Ortsneuigkeiten zu unterrichten.«

»Schon gut, schon gut, sagte Madame Adelaide; » mit diesen Leuten haben wir nichts zu thun. Stellen Sie uns Ihre Cameraden vor, Herr von Cesare, stellen Sie sie uns vor. Wenn sie Ihnen gleichen, so können sie unseres Wohlwollens im Voraus versichert sein. Und Sie, Chatillon, tragen Sie diese zehn Louisdor zu dem Bürger Brigadier Martin und wenn er sich dafür bei uns zu bedanken wünscht, so sagen Sie ihm, daß wir, meine Schwester und ich, uns unwohl fühlten.«

Der Graf von Chatillon und der Lieutenant Cesare entfernten sich, um die soeben empfangenen Befehle auszuführen.

Cesare war der Erste, der mit seinen Cameraden zurückkam, und dies war sehr einfach. Die jungen Leute hatten in ihrer Begier zu wissen, was die königlichen Prinzessinnen beschließen würden, im Vorzimmer gewartet.

Sie brauchten daher blos durch die Thür einzutreten, welche Cesare ihnen öffnete.

Madame Victoire, welche stets einen gewissen Hang zur Frömmigkeit gehabt, hatte ihr Gebetbuch ergriffen und las ihre Messe, welche sie nicht hatte hören können. Sie begnügte sich, einen flüchtigen Blick auf die jungen Männer zu werfen und eine beifällige Geberde zu machen.

Nicht so aber war es mit Madame Adelaide. Diese hielt eine förmliche Musterung.

Cesare stellte ihr eine Cameraden vor.

Es waren sämmtlich Corsen. Die Namen des Vorstellers und dreier von ihnen kennen wir schon: Francesco Bocchechiampe, Ugo Colonna und Antonio Guione. Die drei andern hießen: Raimondo Cortara, Lorenzo Durazzo und Stefano Pittaluga.

9Loque, ein Fetzen; Chiffe, ein Lumpen; Graille, die Krähe.
Купите 3 книги одновременно и выберите четвёртую в подарок!

Чтобы воспользоваться акцией, добавьте нужные книги в корзину. Сделать это можно на странице каждой книги, либо в общем списке:

  1. Нажмите на многоточие
    рядом с книгой
  2. Выберите пункт
    «Добавить в корзину»