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La San Felice Band 3

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Wir bitten unsere Leser, uns diese Umständlichkeit zu verzeihen. Da jedoch die unerbittliche Geschichte uns zwingt, eine große Anzahl Leute von allen Nationen und aus allen Classen in unsere Erzählung einzuführen, so müssen wir bei denen, welche eine gewisse Bedeutung darin erlangen, etwas ausführlicher verweilen.

Wir sagen es noch einmal: es ist eine unermeßliche Epopöe, die wir hier schreiben und gleich dem Homer, dem König der epischen Dichter, sind wir genöthigt, unsere Soldaten aufzuzählen.

Eben so wie wir im Großen, folgte Cesare dem Beispiele des Verfassers der Iliade im Kleinen. Er nannte seine sechs Cameraden einen nach dem andern der Prinzessin Madame Adelaide her, diese aber hatte sich besonders gemerkt, was der junge Corse ihr von Bocchechiampe's adeliger Abkunft gesagt, und deshalb war es speciell dieser, an welchen sie sich wendete.

»Herr von Cesare hat mir gesagt, daß Sie ein Edelmann seien,« sagte sie zu ihm.

»Dann hat er mir zu viel Ehre erwiesen,« königliche Hoheit. Ich bin höchstens adelig.«

»Ah, dann machen Sie also einen Unterschied zwischen adelig und Edelmann, mein Herr?«

»Allerdings, Madame, und ich habe die Ehre, einer Kaste anzugehören, die auf ihre Rechte eben deshalb, weil dieselben verkannt werden, zu eifersüchtig ist, als daß ich mir deren anmaßen sollte, die mir nicht zukommen. Ich könnte meinen zweihundertjährigen Adel und meine Eigenschaft als Malteserritter beweisen, wenn es noch einen Malteserorden gäbe, aber ich würde in große Verlegenheit kommen, wenn ich meinen Adel bis auf 1399 zurückführen sollte, um dann in die Carrossen des Königs steigen zu dürfen.«

»Dennoch aber werden Sie in die unsere steigen, mein Herr,« sagte die alte Prinzessin, sich aufrichtend.

»Erst wenn ich wieder herausgestiegen sein werde, Madame,« sagte der junge Mann sich verneigend, »werde ich mich rühmen, Edelmann zu sein.«

»Hörst Du, liebe Schwester, hörst Du?« rief Madame Adelaide. »Das ist sehr hübsch, was er da sagt. Nun sind wir doch endlich unter Leuten, wie sie für uns passen.«

Und die alte Prinzessin athmete freier auf.

In diesem Augenblick trat der Graf von Chatillon wieder ein.

»Nun, Chatillon, was sagte der Brigadier Martin?« fragte Madame Adelaide.

»Er sagte ganz einfach, wenn Eure königliche Hoheit ihm dieses Anerbieten durch einen Andern als mich hätte machen lassen, so würde er diesem die Ohren abgeschnitten haben.«

»Und Ihnen?«

»Nun, mir hat er gütigst Schonung angedeihen lassen. Er nahm sogar an, was ich ihm bot.«

»Und was boten Sie ihm denn?«

»Einen Händedruck.«

»Einen Händedruck, Chatillon? Sie haben einem Jakobiner einen Händedruck angeboten? Warum sind Sie, da Sie einmal so weit waren, nicht auch mit einer rothen Mütze auf dem Kopfe zurückgekommen? Es ist unglaublich! Ein Brigadier weist zehn Louis d'or zurück und ein Graf von Chatillon drückt einem Jakobiner die Hand! In der That, ich begreife nicht mehr diese Gesellschaft, die man geschaffen hat.«

»Oder vielmehr, die man vernichtet hat,« sagte Madame Victoire, immer noch in ihrem Gebetbuch lesend.

»Ja vernichtet, Du hast Recht, liebe Schwester; vernichtet, dies ist das richtige Wort. Werden wir es aber erleben, sie neu geschaffen zu sehen?«

»Dies bezweifle ich.«

»Mittlerweile, Chatillon, erheilen Sie Ihre Befehle. Um vier Uhr reisen wir weiter. Mit einer Escorte wie die dieser Herren können wir es wagen, des Nachts zu reisen. Herr von Bocchechiampe, Sie werden mit uns speisen.«

Und mit einer Geberde, in welcher mehr Herrschsucht als Würde lag, verabschiedete die alte Prinzessin ihre sieben Vertheidiger, ohne im mindesten zu fühlen, wie verletzend es für die jungen Männer sein mußte, den vornehmsten unter ihnen mit Ausschluß der übrigen zu ihrem und ihrer Schwester Diner eingeladen zu haben.

Bocchechiampe bat seine Cameraden durch einen Wink um Verzeihung für die ihm erwiesene Gunst. Sie antworteten ihm durch einen Druck der Hand.

Ganz wie Cesare gesagt, war die Musik, welche man gehört, die, welche dem Brautzuge Francescas und Peppino's voranschritt.

Der Zug war zahlreich, denn, wie Cesare ebenfalls gesagt, war man im Allgemeinen auf eine durch Michele Pezza herbeigeführte Katastrophe gefaßt.

Beim Betreten der Terrasse richteten sich daher die Blicke der Neuvermälten auch sofort auf die halbverfallene Mauer, auf welcher sich vom frühen Morgen an der Urheber ihrer Unruhe befunden.

Die Mauer war leer.

Uebrigens zeigte kein Gegenstand die düstere Färbung, welche in den Augen des vermeinten Königs der Schöpfung sein Verschwinden aus dieser Welt immer ankündigen zu müssen scheint.

Es war Mittag. Die in ihrem vollen Glanze am Himmel stehende Sonne ließ ihre Strahlen durch das Spalier fallen, welches über den Köpfen der Hochzeitsgäste einen grünen Baldachin bildete. Die Drosseln zwitscherten, die Amseln fangen, die Sperlinge piepten und die mit Wein gefüllten geschliffenen Caraffen spiegelten mitten aus ihren flüssigen Rubinen einen Goldglanz zurück.

Peppino athmete auf. Er sah den Tod nirgends, sondern im Gegentheile das Leben überall. Es ist ja auch so schön, zu leben, wenn man mit der Geliebten soeben vermählt worden und endlich bei dem seit zwei Jahren erwarteten Tage angelangt ist.

Einen Augenblick lang vergaß er Michele Pezza und dessen letzte Drohung, von welcher er noch bleich war.

Was Don Antonio betraf, der weniger mit diesem Gedanken beschäftigt war als Peppino, so hatte er an der Thür den zerbrochenen Wagen und auf der Terrasse den Eigenthümer dieses Wagens gefunden. Sich hinter dem Ohr kratzend, ging er auf ihn zu.

Die Arbeit kam an einem solchen Tage sehr ungelegen.

»Also,« fragte er den Gesandten, den er immer noch blos für einen vornehmen Reisenden hielt, »Sie bestehen durchaus darauf, Excellenz, Ihre Reise heute noch weiter fortzusetzen?«

»Ja, darauf bestehe ich,« antwortete der Bürger Garat. »Man erwartet mich in Rom wegen einer Angelegenheit von der größten Bedeutung und ich habe durch den Unfall, der mir begegnet ist, ohnehin schon drei bis vier Stunden versäumt.«

»Wohlan, ein ehrlicher Mann hält sein Wort. Ich habe gesagt, wenn Sie uns die Ehre erzeigt haben würden, mit uns ein Glas Wein auf die glückliche Vermälung dieser Kinder zu trinken, so würde man dann arbeiten. Trinken wir und arbeiten wir dann.«

Man füllte sämmtliche auf dem Tische stehende Gläser und reichte dem Fremden das mit einem goldenen Rande verzierte Ehrenglas.

Der Gesandte trank, um sein Wort zu halten, auf die glückliche Vereinigung Francescas und Peppino's. Die jungen Mädchen riefen: »Es lebe Peppino!« Die jungen Bursche: »Es lebe Francesca!« und Trommeln und Guitarren stimmten die lustigste Tarantella an.

»Wohlan,« sagte Meister della Rota zu Peppino, »es handelt sich jetzt nicht darum, verliebte Blicke auszutauschen, sondern sich an die Arbeit zu machen. Alles hat seine Zeit. Umarme deine Frau, Junge, und dann an die Arbeit.«

Peppino ließ sich den ersten Theil dieser Aufforderung nicht zweimal sagen. Er faßte ein junges Weib in die Arme und drückte mit einem dankbaren Blick gen Himmel sie an sein Herz.

In dem Augenblick aber, wo er, indem er die Augen mit jenem unbeschreiblichen Ausdruck der Liebe, welche lange gewartet hat und endlich befriedigt zu werden im Begriff steht, auf Francesca herabsenkte und seine Lippen den ihrigen näherte, knallte ein Schuß, man hörte eine Kugel pfeifen und dann folgte ein dumpfes Geräusch.

»Oho!« sagte der Gesandte, »das war eine Kugel, die höchst wahrscheinlich mir gelten sollte.«

»Sie irren sich, stammelte Peppino, indem er zu Francescas Füßen niedersank; »diese Kugel gilt mir.«

Und ein heißer Blutstrom entquoll seinem Munde.

Francesca stieß einen lauten Schrei aus und stürzte vor dem Körper ihres Gatten auf die Knie nieder.

Aller Augen wendeten sich nach dem Punkte, von wo der Schuß hergekommen. Ein leichter weißlicher Rauch stieg in einer Entfernung von etwa hundert Schritten zwischen den Pappeln empor.

Gleich darauf sah man unter den Bäumen einen jungen Mann, welcher mit raschen Sprüngen und einer Flinte in der Hand den Berg erkletterte.

»Fra Michele!« riefen die Augenzeugen dieses Schauspiels, »Fra Michele!«

Auf einer Art Plattform blieb der Fliehende stehen und rief mit drohender Geberde:

»Ich heiße nicht mehr Fra Michele! Von diesem Augenblick an heiße ich Fra Diavolo.«

Und unter diesem Namen ward er wirklich später bekannt. Die Taufe des Mordes trug über die der Erlösung den Sieg davon.

Der Getroffene hatte mittlerweile seinen letzten Seufzer ausgehaucht.

Zwölftes Capitel.
Der Palast Corsini in Rom

Da wir einmal auf dem Wege nach Rom sind, so wollen wir unserm Gesandten zu Championnet voran eilen, eben so wie wir ihm zu dem Stellmacher Don Antonio vorangeeilt sind.

In einem der größten Zimmer des ungeheuren Palastes Corsini, welcher nach einander von Joseph Buonaparte, als Gesandten der Republik, und von Berthier bewohnt worden, welcher hierhergekommen war, um den an Basseville und Duphot verübten doppelten Meuchelmord zu rächen, wandelten Donnerstags am 24. September zwischen elf und zwölf Uhr Mittags zwei Männer auf und ab.

Von Zeit zu Zeit blieben sie an großen Tischen stehen, auf welchen ein Plan des alten und des neuen Rom, eine Karte der durch den Vertrag von Tolentino beschnittenen römischen Staaten und eine ganze Sammlung Kupferstiche von Piranese ausgebreitet lagen.

Auf anderen kleinen Tischen lagen ältere und neuere Geschichtswerke, darunter ein Livius, ein Polybius, ein Montecuculi, Cäsar‘s Commentarien, ein Tacitus, ein Virgil, ein Horaz, ein Juvenal, ein Macchiavelli, kurz eine fast vollständige Sammlung von classischen Büchern, welche sich auf die Geschichte Roms oder auf die Kriege der Römer bezogen.

 

Jeder dieser Tische trug übrigens Schreibmaterialien, mit Notizen bedeckte Bogen Papier neben weißen Blättern, die ihrerseits ebenfalls beschrieben zu werden erwarteten und verriethen, daß der zeitweilige Wirth dieses Palastes sich von den Strapazen des Krieges, wenn auch nicht durch die Studien des Gelehrten, doch wenigstens durch die Lektüre des Freundes der Wissenschaften erholte.

Diese beiden Männer waren, bis auf höchstens drei Jahr, von einem und demselben Alter, das heißt der eine zählte sechsunddreißig, der andere dreiunddreißig Jahre.

Der ältere der beiden war gleichzeitig auch der kleinste. Er trug noch den Puder von 89, hatte den Zopf beibehalten und glänzte durch eine gewisse aristokratische Miene, welche er ohne Zweifel der außerordentlichen Sauberkeit seiner Kleidung und der Feinheit und Weiße seiner Wäsche verdankte.

Sein schwarzes Auge war lebhaft, entschlossen und kühn, sein Bart sorgfältig rasiert, so daß weder von Schnurr- noch von Backenbart etwas zu sehen war.

Sein Costüm war das der republikanischen Generale des Directoriums. Sein Hut, sein Säbel und seine Pistolen lagen auf einem Tische, der dem Stuhle, auf welchem er beim Schreiben zu sitzen pflegte, so nahe stand, daß er sie mit ausgestreckter Hand erreichen konnte.

Dies war der Mann, welchen wir unsern Lesern schon oft genannt haben. Es war Jean Etienne Championnet, Obercommandant der Armee von Rom.

Der andere, von Wuchs größer, wie wir schon bemerkt, und blond von Haar, verrieth durch die Frische seiner Gesichtsfarbe eine nordische Abstammung. Sein Auge war blau, feucht und hell, die Nase von mittlerer Größe, die Lippen schmal und das Kinn hatte jene stark hervorragende Form, welche das vorherrschende Kennzeichen der wilden Naturen, das heißt der erobernden Naturen ist.

Dabei aber hatte seine ganze Erscheinung den Ausdruck einer Ruhe, welche nicht blos einen im Feuer unerschrockenen Soldaten, sondern auch einen General machen mußte, welcher alle Hilfsquellen in sich vereinigte, die nur eine Frucht echter Kaltblütigkeit sein können.

Er war von irischer Familie, aber in Frankreich geboren. Anfangs hatte er in dem irländischen Corps von Dillon gedient, sich bei Jemappes ausgezeichnet, war nach der Schlacht zum Oberst ernannt worden, hatte den Herzog von Aork zu verschiedenen Malen geschlagen, im Jahre 1795 den Wahal auf dem Eise überschritten, sich an der Spitze einer Infanterie der holländischen Flotte bemächtigt, war zum Divisionsgeneral ernannt und endlich nach Rom geschickt worden, wo er eine Division unter Championnet commandirte.

Dieser Mann war Joseph Alexander Macdonald, der später Marschall von Frankreich ward und als Herzog von Tarent starb.

Diese beiden Männer waren für den, der sie, während sie so plauderten, angesehen hätte, zwei Soldaten, für den aber, der ihr Gespräch gehört, wären sie zwei Philosophen, zwei Archäologen, zwei Historiker gewesen.

Es war eine Eigenthümlichkeit der französischen Revolution – und die Sache begreift sich sehr leicht, weil die Armee aus Elementen zusammengesetzt war, die allen Classen der Gesellschaft angehörten – daß sie neben einen Cartaux, einen Rossignol und einen Luckner auch einen Miollis, einen Championnet, einen Ségur, das heißt neben das materielle, rohe Element das geistige und veredelte stellte.

»In der That, mein lieber Macdonald,« sagte Championnet, »je mehr ich diese römische Geschichte mitten in Rom und ganz besonders die dieses großen Kriegsmannes, dieses großen Redners, dieses großen Gesetzgebers, dieses großen Dichters, dieses großen Philosophen, dieses großen Politikers studiere, welchen man Cäsar nennt und dessen Commentarien der Katechismus eines Jeden sein müssen, welcher darnach trachtet, eine Armee zu commandieren, desto mehr bin ich überzeugt, daß unsere Professoren der Geschichte sich in Bezug auf das Element, welches Cäsar in Rom präsentierte, vollständig täuschen. Lucan mag immerhin zu Gunsten Catos einen der schönsten lateinischen Verse machen, welche jemals gemacht worden sind; Cäsar mein Freund, war die Humanität, Cato war nur das Recht.«

»Und Brutus und Cassius, was waren diese?« fragte Macdonald mit dem Lächeln eines Menschen, der nur halb überzeugt ist.

»Brutus und Cassius – Sie werden wohl gleich bis an die Decke springen, denn ich weiß, daß ich damit den Gegenstand Ihres Cultus berühre – Brutus und Cassius waren zwei theoretische Republikaner, der eine einredlicher, der andere ein falscher; eine Art Laureaten der Schule von Athen, Nachahmer des Harmodius und Aristogiton, Kurzsichtige, die nicht weiter sahen, als ihr Dolch reichte, beschränkte Köpfe, welche die von Cäsar geträumte Assimilation der Welt nicht begreifen konnten. Ich muß hinzufügen, daß wir intelligenten Republikaner Cäsar verherrlichen und seine Mörder verwünschen müssen.«

»Das ist ein Paradoxon, welches sich vertheidigen läßt, mein lieber General; um es aber als eine Wahrheit geltend zu machen, bedürfte man auch Ihres Geistes und Ihrer Beredsamkeit.«

»Ach, mein lieber Joseph, erinnern Sie sich unserer Promenade gestern im Museum des Capitols? Nicht ohne Grund sagte ich zu Ihnen: »Macdonald, betrachten Sie diese Büste des Brutus; Macdonald, betrachten Sie diesen Kopf Cäsar's.« Erinnern Sie sich noch beider?«

»Ja wohl.«

»Nun dann vergleichen Sie diese gewaltige, aber zusammengepreßte Stirn mit dem Haar, welches bis auf die Augenbrauen herabhängt, was übrigens das Kennzeichen des echten römischen Typus ist; vergleichen Sie diese dichten, zusammengezogenen Augenbrauen, welche das düstere Auge fast verhüllen, mit der breiten, offenen Stirn Cäsars, mit seinen Adleraugen.«

»Oder Falkenaugen, occhi griffagni, wie Dante jagt.«

»Nigris et vegetis oculis,« sagt Suetonius, »und wenn Sie erlauben, so werde ich mich an Suetonius halten, seine schwarzen, lebensvollen Augen. Begnügen wir uns daher damit, und Sie werden sehen, auf welcher Seite die Intelligenz war. Man machte Cäsar den Vorwurf, daß er den Senat für Senatoren geöffnet, die nicht einmal den Weg dahin kannten. Dies war aber sein Genie und gleichzeitig das Genie Roms, Athens, und unter Athen verstehe ich Griechenland. Athen ist nur die Colonie; sie schwärmt und jetzt nach außen an. Rom ist die Adoption; es trachtet nach dem Weltall und assimiliert es sich. Die orientalische Civilisation, Egypten, Syrien, Griechenland, Alles ist hier vorübergegangen. Die occidentalische Barbarei, Hiberien, Gallien, ja selbst Armorica, Alles wird hier vorübergehen. Die durch Karthago repräsentierte semitische Welt und Judäa leisten Rom Widerstand. Karthago wird vernichtet, die Juden werden zerstreut, die ganze Welt wird über Rom regieren, weil die ganze Welt in Rom ist. Nach einem Augustus, Tiberius, Caligula, Claudius und Nero, das heißt nach den römischen Cäsaren, kommen die Flavier, die schon nur Italiener sind, dann die Antonine, welche Spanier und Gallier sind, dann Septimus, Caracalla, Heliogabalus, Alexander Severus, welche Afrikaner und Syrier sind. Erst nach dem Araber Philippus, dem Gothen Maximinius, nach Aurelianus und Probus kommen jene abgehärteten Bauern Illyriens, um sich auf den Thron zu setzen, der unter dem Hunnen Augustulus zusammenbricht, welcher in der Campagna mit einer Rente von sechstausend Pfund Gold stirbt, die ihm Odoaker, König der Heruler, ausgesetzt hatte. Alles ist um Rom herum in Trümmer gefallen, nur Rom allein steht noch. Capitoli immobile saxum.«

»Glauben Sie nicht, daß eben dieses Gemisch von Rassen es ist, welchem die Italiener die Schwächung ihres Muthes und die Verweichlichung ihres Charakters zuzuschreiben haben?« fragte Macdonald.

»Ach, Sie sind auch wie die Andern, mein lieber Macdonald. Sie beurtheilen den Grund nach der Oberfläche, weil die Lazzaroni feig und faul sind – vielleicht kommen wir eines Tages auch von dieser Meinung zurück – darf man daraus den Schluß ziehen, daß alle Neapolitaner feig und faul seien? Betrachten Sie einmal die beiden Exemplare, welche Neapel uns geschickt hat – Salvato Palmieri und Hector Caraffa. Kennen Sie unter allen unseren Legionen – zwei gewaltigere Persönlichkeiten? Der Unterschied, der zwischen den Italienern und uns besteht, mein lieber Joseph – und ich fürchte sehr, daß dieser Unterschied zu unserem Nachtheile laute – ist der, daß wir unsern Gewohnheiten als Unterthan treu, für einen Menschen sterben werden, während man in Italien im Allgemeinen nur für die Ideen stirbt. Die Italiener huldigen allerdings nicht wie wir dem abenteuerlichen Suchen nach zwecklosen Gefahren, aber dies ist ein Erbtheil von unserm Vorvätern, den alten Galliern. Ebenso huldigen sie auch nicht wie wir der ritterlichen Vergötterung des Weibes, weil sie in ihrer ganzen Geschichte weder eine Jeanne d'Arc noch eine Agnes Sorel haben. Sie huldigen nicht wie wir der enthusiastischen Träumerei der feudalen Welt, denn sie haben weder einen Carl den Großen, noch einen Ludwig den Heiligen, dafür aber haben sie etwas Anderes – einen strengen Genius, welcher allen unklaren Sympathien fremd ist. Der Krieg ist bei ihnen eine Wissenschaft geworden. Die italienischen Condottieri sind unsere Lehrmeister in der Strategie. Was waren unsere Heerführer des Mittelalters, unsere Chevaliers von Crecy, von Poitiers und Azincourt gegen einen Sforza, einen Malatesta, einen Braccio, einen Gangrande, einen Farnese, einen Carmagnola, einen Baglioni, einen Ezzelino? Der erste Feldherr des Alterthums, Cäsar, ist ein Italiener und dieser Buonaparte, der uns Alle einen nach den andern verspeisen wird, wie Cäsar Borgia ganz Italien Blatt um Blatt aufessen wollte, dieser kleine Buonaparte, den man in Egypten eingesperrt glaubt, der aber auf die eine oder die andere Weise, müßte er auch die Flügel des Dädalus oder den Hippogryphen Astophs entlehnen, herauskommen wird, ist abermals ein Mann von italienischer Abstammung. Man braucht, um sich davon zu überzeugen, nur ein mageres, trockenes Profil zu sehen; es liegt darin gleichzeitig etwas von Cäsar, von Dante und von Macchiavelli.«

»Aber Sie werden wenigstens zugeben, mein lieber General, wie enthusiastisch Sie auch für die Römer eingenommen sind, daß zwischen den Römern der Gracchen oder selbst denen Rienzis und den heutigen ein großer Unterschied ist.«

»Dieser Unterschied ist nicht so groß, als Sie glauben, Macdonald. Der Beruf des alten Rom war militärische oder politische Thätigkeit. Es sollte die Welt erst erobern und dann regieren. Jetzt, wo es seinerseits erobert ist und regiert wird, träumt es, weil es nicht mehr handeln kann. Seit den drei Wochen, die ich hier bin, mache ich weiter nichts, als daß ich diese monumentale Menschenrasse in ihren Straßen und auf ihren öffentlichen Plätzen betrachte. Ja, mein lieber Freund, diese Menschen sind für mich Basreliefs, die von der ehernen Säule des Trajan herabgestiegen sind, weiter nichts, die aber leben und einhergehen. Jeder von ihnen ist der civis romanus, ein viel zu vornehmer Herr und viel zu sehr Herrscher der Welt, um zu arbeiten. Ihre Schnitter lassen sie aus den Abruzzen kommen, ihre Lastträger holen sie von Bergamo. Wenn ihr Mantel Löcher hat, so lassen sie sich denselben von einem Juden, aber nicht durch ihr Weib ausbessern. Ist sie nicht die römische Matrone? Allerdings nicht mehr die aus der Zeit Lucretias, welche Wolle spinnt und das Haus hütet. Nein, wohl aber die aus der Zeit Catilinas und Neros, welche sich entehrt glauben würde, wenn sie eine Nadel führte, es geschähe denn, um Cicero die Zunge zu durchbohren oder Octavia die Augen auszukratzen. Wie sollen die Nachkommen von Menschen, welche von Thür zu Thür gingen, um ihre Almosen einzusammeln, welche sechs Monate von dem Verkaufe ihrer Stimmen auf dem Marsfelde lebten, an welche Cato, Cäsar und Augustus das Getreide scheffelweise austheilen ließen, für welche Pompejus Forum und Bäder baute, die einen Präfekt der Annona hatten, dessen Pflicht es war, sie zu ernähren, die noch heute einen haben, der sie aber nicht mehr ernährt, auf einmal anfangen, ihren edlen Fingern knechtische Arbeit zuzumuthen? Nein, von diesen Menschen können Sie nicht verlangen, daß sie arbeiten. War das Volk »König« nicht ein Volk von Bettlern? Alles, was Sie von diesem Volke verlangen können, nachdem es eine Krone verloren hat, ist, daß es nobel bettle, und dies thut es. Beschuldigen Sie es der Rohheit, wenn Sie wollen, aber nicht der Schwäche, denn ein Messer würde darauf antworten. Sein Messer verläßt es eben so wenig, als das Schwert den Legionär verließ. Das Messer ist das Schwert des Sclaven.«

»Davon können wir allerdings erzählen. Sehen wir nicht von diesem Fenster aus, welches auf den Garten geht, den Platz, wo dieses Volk unsern Duphot, und von diesem, welches auf die Straße geht, den, wo es Basseville ermordete? Aber was sehe ich dort?« sagte Macdonald, indem er sich mit einem Ausruf des Erstaunens selbst unterbrach. »Da kommt ein Postwagen. Gott verzeihe mir, es ist der Bürger Garat!«

 

»Was für ein Garat?«

»Der Gesandte der Republik am Hofe von Neapel.«

»Unmöglich.«

»Er ist es wirklich, General.«

Championnet warf einen Blick auf die Straße, erkannte Garat ebenfalls und eilte, sofort die Wichtigkeit dieses Ereignisses begreifend, nach der Thür des Salons, den er in ein Bibliothekzimmer und Arbeitscabinet umgewandelt hatte.

In dem Augenblick, wo er diese Thür öffnete, kam der Gesandte die letzte Stufe der Treppe herauf und erschien auf dem Vorplatz.

Macdonald wollte sich entfernen, Championnet aber hielt ihn zurück.

»Sie sind mein linker und zuweilen auch mein rechter Arm; bleiben Sie, mein lieber General.«

Beide warteten mit Ungeduld auf die Nachrichten, welche Garat von Neapel brachte.

Die Begrüßungen waren kurz. Championnet und Garat drückten einander die Hand, Macdonald ward vorgestellt und Garat begann seinen Bericht.

Dieser Bericht war aus den Dingen zusammengesetzt, welche wir vor unseren Augen haben geschehen sehen – der Ankunft Nelsons, den Festen, welche ihm gegeben worden, und der Erklärung, welche der Gesandte sich verbunden glaubte zu erlassen, um die Würde der Republik zu wahren.

Dann erzählte der Gesandte als Beigabe den Unfall, der seinem Wagen zwischen Castellane und Itri zugestoßen; wie dieser Unfall ihn genöthigt, bei dem Stellmacher Don Antonio zu verweilen; wie er den alten Prinzessinnen mit ihrer Escorte, die er gehindert, weiter mitzugehen, begegnet war; wie er die Ermordung des Schwiegersohnes Don Antonios durch einen jungen Mann mit angesehen, welcher sich Fra Diavolo genannt und dem herrschenden Gebrauche gemäß nach dem Gebirge entflohen war, um Bandit zu werden und der Strafe für sein Verbrechen zu entrinnen, und wie er endlich das Pferd des Brigadier Martin genommen und diesen in Itri zurückgelassen, damit er später mit seinem Wagen nachkäme, während er selbst in Fondi einen andern gemiethet, mit welchem er so eben ohne einen andern Unfall als eine Verzögerung von sechs Stunden in Rom angelangt sei.

Der Brigadier Martin und die vier Mann Escorte, setzte er hinzu, würden aller Wahrscheinlichkeit nach im Laufe des nächstfolgenden Tages anlangen.

Championnet hatte den Gesandten bis zu Ende erzählen lassen, ohne ihn zu unterbrechen, und immer gehofft, ein Wort von seinem Abgesandten zu hören.

Als aber der Bürger Garat mit seiner Erzählung fertig war, ohne den Namen Salvato's Palmieri genannt zu haben, begann Championnet zu fürchten, daß der Gesandte Neapel schon verlassen gehabt, als sein Adjutant daselbst angekommen sei und daß sie sich demgemäß unterwegs gekreuzt hätten.

Der Obergeneral, der deshalb sehr unruhig ward und nicht wußte, was Salvato nach der Abreise des Gesandten begegnet sein konnte, wollte eben eine Reihe Fragen über diesen Punkt an Garat richten, als ein Geräusch, welches sich im Vorzimmer hören ließ, seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm.

In demselben Augenblick öffnete sich die Thür und die Schildwache meldete, daß ein Mann, der wie ein Bauer gekleidet sei, durchaus mit dem General sprechen wolle.

Die Stimme der Schildwache übertäubend, rief aber eine andere in kräftigem Tone:

»Ich bin es, mein General, ich, Hector Caraffa. Ich bringe Ihnen Nachrichten von Salvato.«

»Laßt ihn eintreten, morbleu, laßt ihn eintreten!« rief Championnet. »Eben wollte ich mich bei dem Bürger Garat erkundigen. Kommen Sie, Hector, kommen Sie. Sie sind zweimal willkommen.«

Der Graf von Ruvo stürzte in das Zimmer und warf sich dem General an die Brust.

»Ach, mein General, mein theurer General!« rief er, »wie freue ich mich, Sie wiederzusehen!«

»Sprachen Sie nicht von Salvato, Hector? Was für Nachrichten bringen Sie uns von ihm?«

»Gute und schlimme zu gleicher Zeit – gute, weil er jetzt sehr leicht todt sein könnte, aber es nicht ist; schlimme, weil man ihm während seines bewußtlosen Zustandes den Brief geraubt hat, den Sie ihm an den Bürger Garat mitgegeben.«

»Sie hatten ihm einen Brief an mich mitgegeben?« fragte Garat.

Hector drehte sich herum.

»Ah, Sie, mein Herr, sind also der Gesandte der Republik?« fragte er Garat.

Dieser verneigte sich.

»Schlimme Nachrichten! schlimme Nachrichten!« murmelte Championnet.

»Und warum? wie so? Erklären Sie mir das,« sagte der Gesandte.

»Mein Gott, die Sache ist die. Ich schrieb Ihnen, daß wir jetzt nicht im Stande sind, uns zu schlagen. Ich sagte Ihnen in meinem Brief, daß es uns an Allem fehle, an Leuten, an Geld, an Brod, an Bekleidungsstücken, an Munition. Ich bat Sie, Alles, was in Ihren Kräften stünde, zu thun, um den Frieden zwischen dem Königreich der beiden Sicilien und der Republik noch eine Zeit lang zu erhalten. Wie es aber scheint, ist mein Bote zu spät gekommen. Wahrscheinlich waren Sie schon fort oder er ist verwundet worden, – was weiß ich? Erzählen Sie uns doch die ganze Geschichte, Hector. Wenn mein Brief in die Hände unserer Feinde gefallen ist, so ist dies allerdings ein großes Unglück, ein noch größeres Unglück aber wäre es, wenn mein lieber Salvato an seinen Wunden stürbe, denn sagten Sie nicht, er sei verwundet, man habe ihn ermorden wollen, oder so etwas?

»Und zu drei Viertheilen ist es auch gelungen. Man hatte ihn ausspioniert und war ihm nachgeschlichen. Beim Herauskommen aus dem Palast der Königin Johanna in Mergellina lauerten ihm sechs Mann auf. Sie, der Sie Salvato kennen, können sich leicht denken, daß er sich nicht abwürgen ließ wie ein junges Huhn. Er tödtete zwei seiner Angreifer und verwundete zwei, endlich aber warf einer der Sbirren, ihr Anführer, Pasquale de Simone, der im speciellen Dienste der Königin steht, sein Messer nach ihm und dieses drang ihm bis ans Heft in die Brust.

»Und wo und wie ist er gefallen?«

»O, in dieser Beziehung beruhigen Sie sich, mein General. Es gibt Leute, welchen das Glück nie untreu wird. Salvato fiel in die Arme der schönsten Frau von Neapel, die ihn vor Aller Augen verborgen hält, natürlich auch vor denen ihres Mannes.«

»Und die Wunde? die Wunde?« rief der General. »Sie wissen, Hector, daß ich Salvato liebe wie meinen Sohn.«

»Die Wunde ist schwer, sehr schwer, aber nicht tödtlich. Uebrigens ist es der erste Arzt von Neapel, einer der Unsern, der ihn in Behandlung genommen und für sein Wiederaufkommen bürgt. O, er hat sich herrlich gehalten, unser Salvato. Er hat Ihnen seine Geschichte niemals erzählt. Dieselbe ist ein, förmlicher Roman und zwar ein furchtbarer Roman, mein lieber General, gleich dem Macduff Shakespeares ist er aus dem Leibe einer Todten geschnitten worden. Er wird Ihnen dies Alles eines Tages oder vielmehr eines Abends im Bivouac erzählen, um Ihnen die Zeit zu vertreiben. Jetzt aber handelt es sich um etwas Anderes. Das Niedermetzeln der Unsern hat in Neapel begonnen. Cirillo war, als er sich zu mir begeben wollte, um mir die Nachricht, die ich überbringe, mitzutheilen, zwei Stunden lang auf dem Quai aufgehalten worden.«

»Und wodurch? Durch einen Scheiterhaufen, welcher den Weg versperrte und auf welchem die Lazzaroni die beiden Brüder della Torre lebendig verbrannten.«

»Die Verworfenen!« rief Championnet.

»Denken Sie sich! Ein Dichter und ein Bücherwurm, ich frage Sie, was konnten diese Leute gethan haben? Uebrigens spricht man von einem großen Cabinetsrath, welcher im Palast stattgefunden haben soll. Ich weiß es von Nicolino Carracciolo, welcher der Geliebte der San Clemente, einer der Ehrendamen der Königin, ist. Der Krieg gegen die Republik ist beschlossen. Oesterreich liefert den General.«

»Kennen Sie ihn?«

»Ja, es ist der Baron Carl Mack.«

»Na, dies ist kein Name, dem ein sonderlichen Schrecken einjagender Ruf voranginge.«

»Allerdings nicht, aber weit furchtbarer ist der Umstand, daß England sich in die Sache mischt und das Geld liefert. Eine Armee von sechzigtausend Mann steht bereit, in acht Tagen gegen Rom zu marschieren, wenn es sein muß und dann – doch, ich glaube, das ist Alles, was ich zu melden habe.«

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