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Kleine Romane und Novellen

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– Leidet die Frau Gräfin etwa?

– Nein, antwortete Gemma mit schwacher Stimme, aber finden Sie nicht, dass diese Wohlgerüche berauschend sind?

– Will die Frau Gräfin, dass ich das Fenster aufmache?

– Hüten Sie sich davor; es ist mir allerdings so, als ob ich sterben würde; aber es scheint mir auch, als ob der Tod sehr süß sei. Nehmen Sie mir meinen Kopfputz ab, er drückt mich, und ich habe nicht mehr die Kraft, ihn zu tragen.

– Gidsa gehorchte, und die langen Haare der Gräfin sanken wallend auf auf den Boden.

– Empfinden Sie denn nichts dem Ähnliches, was ich empfinde, Gidsa? Es ist ein unbekanntes Wohlsein, etwas Himmlisches, das mir in den Adern fließt; ich werde irgend einen Liebestrank getrunken haben. Helfen Sie mir doch, mich aufzurichten, und führen Sie mich vor diesen Spiegel.

Gidsa unterstützte die Gräfin und half ihr an den Kamin. Vor ihm angelangt, stützte sie ihre beiden Ellenbogen auf das Gesims, senkte ihren Kopf auf ihre Hände und betrachtete sich.

Jetzt, sagte sie, lassen Sie alles das forttragen, entkleiden Sie mich, und lassen Sie mich allein.

Die Kammerfrau gehorchte, die Diener der Gräfin deckten den Tisch ab, und als sie sich entfernt, vollzog Gidsa den zweiten Teil des Befehls ihrer Gebieterin, ohne dass sie sich von dem Spiegel entfernte; nur erhob sie schmachtend die Arme, einen nach dem andern, um ihrer Kammerfrau die Möglichkeit zu lassen, ihren Dienst zu versehen, den sie gänzlich ausführte, ohne dass die Gräfin aus der Art von Entzücken erwachte, in das sie versunken war; endlich verließ sie das Zimmer, wie ihre Gebieterin es ihr befohlen hatte, und ließ sie allein.

Die Gräfin vollendete maschinenmäßig und in einem Zustande, gleich dem des Somnambulismus, den Rest ihrer Nachttoilette, legte sich zu Bett, blieb einen Augenblick lang auf ihren Ellbogen gestützt und die Blicke auf die Tür geheftet, dann endlich fielen allmählich, trotz ihren Anstrengungen, wach zu bleiben, ihre Augenlider zu, ihre Augen schlossen sich und sie ließ den Kopf in die Kissen zurücksinken, indem sie einen langen Seufzer ausstieß und den Namen Rodolfos flüsterte.

Am folgenden Morgen streckte Gemma, als sie erwachte, die Hand aus, wie als ob sie jemand an ihrer Seite zu finden glaubte, aber sie war allein.

Ihre Augen irrten nun in dem Zimmer herum, dann hefteten sie sich auf den neben ihrem Bette stehenden Tisch; auf diesem Tische lag ein offener Brief, sie nahm ihn und las:

»Frau Gräfin,

»Ich konnte die Rache eines Räubers an Ihnen nehmen, ich habe es vorgezogen, mir ein fürstliches Vergnügen zu gewähren; damit Sie aber beim Erwachen nicht glauben möchten, dass Sie geträumt, so habe ich Ihnen einen Beweis der Wirklichkeit zurückgelassen, betrachten Sie sich in ihrem Spiegel.

Pascal Bruno.«

Gemma fühlte sich am ganzen Körper schaudern, ein kalter Schweiß bedeckte ihr die Stirn; sie streckte die Hand aus, um zu rufen, aber indem sie sich aus weiblichen Instinkt zurückhielt, sammelte sie alle ihre Kräfte, sprang aus ihrem Bette, eilte vor den Spiegel und stieß einen Schrei aus; ihre Haare und ihre Augenbrauen warm rasiert.

Sogleich hüllte sie sich in einen Schleier, warf sich in ihren Wagen und befahl, nach Palermo zurückzukehren.

Kaum war sie dort angelangt, als sie dem Fürsten von Carini schrieb, dass ihr Beichtvater ihr zur Büßung ihrer Sünden befohlen hätte, sich die Haare und die Augenbrauen abzuschneiden, und ein Jahr lang in ein Kloster zu gehen.

IX

Am ersten Mai 1805 war ein Fest auf dem Schloss Castelnuovo; Pascal Bruno war guter Laune, und gab einem seiner guten Freunde, Namens Placido Meli, einem ehrbaren Schmuggler aus dem Dorfe Gesso, und zwei Mädchen, welche dieser letztere von Messina in der Absicht mitgebracht hatte, eine vergnügte Nacht zuzubringen, ein Abendessen. Diese freundschaftliche Aufmerksamkeit hatte Bruno innig gerührt, und um nicht an Artigkeit gegen einen so vorsorglichen Kameraden zurückzubleiben, hatte er es übernommen, der Gesellschaft die Ehre seines Hauses zu erzeigen, dem zu Folge waren die besten Weine von Sizilien und Calabrien aus den Keller, der kleinen Feste heraufgeholt, die ersten Köche von Bauso angenommen, und all dieser seltsame Luxus, in welchem sich der Held unserer Geschichte zuweilen gefiel, für diese Veranlassung entfaltet.

Das Gelage war teufelmäßig im Zuge, und dennoch waren die Tischgenossen erst an dem Anfange des Mittagessens, als Ali eintrat und Placido ein Billet eines Bauern von Gesso überbrachte. Placido las es, und indem er das Papier zornig zwischen seinen Händen zerrieb, rief er aus:

– Bei Christi Blut! er hat seine Stunde gut gewählt!

– Wer das, Gevatter? sagte Bruno.

– Bei Gott! Der Kapitän Luigi Cama von Villa-San-Giovanni.

– Ah! sagte Bruno, unser Rumlieferant?

– Ja, antwortete Placido; er lässt mir melden, dass er sich an dem Strande befindet und dass er eine ganze Ladung hat, deren er sich zu entledigen wünscht, bevor die Douaniers seine Ankunft erfahren.

– Die Geschäfte vor Allem, Gevatter, sagte Bruno. Ich werde Dich erwarten, ich bin in guter Gesellschaft, und sei unbesorgt, wenn Du nicht zu lange ausbleibst, so wirst Du von alledem wiederfinden, was Du zurücklässt, und mehr, als Du davon nehmen kannst.

– Es ist die Sache einer Stunde, erwiderte Placido, indem er sich in die Gründe seines Wirtes zu fügen schien; das Meer ist fünf Hundert Schritte weit von hier.

– Und wir haben die ganze Nacht, sagte Pascal.

– Guten Appetit, Gevatter.

– Glückliche Reise, Meister.

Placido entfernte sich, Bruno blieb allein mit den beiden Mädchen, und, wie er es seinem Gast versprochen hatte, litt die Fröhlichkeit des Abendessens durchaus nicht durch diese Abwesenheit; Bruno war liebenswürdig für zwei, und das Gespräch und die Pantomime begann eine höchst lebhafte Wendung zu nehmen, als die Tür aufging und eine neue Person eintrat, Pascal wandte sich um und erkannte den maltesischen Kaufmann, von welchem wir bereits mehrere Male gesprochen haben, und von dem er einer der besten Kunden geworden war.

– Ah! bei Gott! sagte er, seien Sie willkommen, besonders wenn Sie Serailpastillen, Tabak von Latakis und Schärpen von Tunis mitbringen; hier sind zwei Odalisken, welche erwarten, dass ich ihnen das Taschentuch zuwerfe, und es wird ihnen eben so lieb sein, dass es mit Gold gestickt ist, als wenn es von einfachem Mousselin wäre. Apropos, Ihr Opium hat Wunder getan.

– Es freut mich, antwortete der Maltheser, aber in in diesem Augenblicke komme ich wegen anderer Sachen, als meinem Handel.

– Du kommst zum Nachtessen, nicht wahr? Dann setze Dich dorthin, und sei ein zweites Mal willkommen; das ist ein königlicher Platz, einer Flasche gegenüber und zwischen zwei Mädchen.

– Euer Wein ist vortrefflich, ich bin überzeugt davon, und diese Damen scheinen mir liebenswürdig, antwortete der Maltheser, aber ich habe Ihnen etwas Wichtiges mitzuteilen.

– Mir?

– Ihnen.

– Sag.

– Ihnen allein.

– Dann auf morgen die Mitteilung, mein würdiger Kommandeur.

– Ich muss Sie auf der Stelle sprechen.

– Dann sprich vor Allen; es ist hier Niemand zu viel, und wenn ich mich wohl befinde, so ist es mein Grundsatz, mich nicht stören zu lassen, handelt es sich auch um mein Leben.

– Gerade um dieses handelt es sich.

– Bah! sagte Bruno, indem er die Gläser füllte, es gibt einen Gott für die rechtschaffenen Leute. Auf Deine Gesundheit, Kommandeur. – Der Maltheser leerte sein Glas. – Es ist gut! jetzt setze Dich und predige, wir hören Dir zu.

Der Kaufmann sah wohl, dass er sich in die Laune seines Wirtes fügen müsste, er gehorchte ihm dem zu Folge.

– So ist es recht, sagte Bruno, und jetzt, was gibt es?

– Sie wissen, fuhr der Maltheser fort, dass die Richter von Cavaruso, von Spadafora, von Bouso, von Saponara, von Divicto und von Romita verhaftet Worden sind.

– Ich habe so etwas sagen hören, sagte Pascal Bruno nachlässig, indem er ein volles Glas Wein von Morsalla leerte, welcher der Madera Siziliens ist.

– Und Sie wissen die Ursache dieser Verhaftung?

– Ich denke sie mir; ist es nicht, weil der Fürst von Carini, übler Laune darüber, dass seine Geliebte sich in ein Kloster zurückgezogen hat, findet, dass sie zu viel Langsamkeit und Ungeschicklichkeit auf die Verhaftung eines gewissen Pascal Bruno verwenden, dessen Kopf drei Tausend Dukaten wert ist?

– Ganz recht.

– Sie sehen, dass ich von dem unterrichtet bin, was vorgeht.

– Indessen ist es möglich, dass es gewisse Dinge gibt, die Sie nicht wissen.

– Gott allein ist groß, wie Ali sagt; aber fahren Sie fort, und ich werde meine Unwissenheit gestehen, ich wünsche Nichts mehr, als mich zu unterrichten.

– Wohlan! die sechs Richter haben sich versammelt, und haben jeder fünf und zwanzig Unzen zusammengelegt, was Hundert und fünfzig macht.

– Oder auch, antwortete Bruno immer mit derselben Sorglosigkeit, achtzehn Hundert und neunzig Livres. Sie sehen, dass wenn ich meine Bücher nicht pünktlich führe, es nicht deshalb geschieht, weil ich nicht rechnen kann . . . weiter?

– Nachher haben sie diese Summe zwei oder drei Leuten anbieten lassen, welche sie als Ihren gewöhnlichen Umgang kennen, ob sie ihnen helfen wollten, Sie gefangen zu nehmen.

– Mögen sie anbieten; ich bin fest überzeugt, dass sie auf zehn Meilen in der Runde keinen Verräter finden werden.

– Sie irren sich, sagte der Maltheser, der Verräter ist gefunden.

– Ah! äußerte Bruno, indem er die Stirn runzelte und die Hand an seinen Dolch legte, und woher weißt Du das?

– O! mein Gott, auf die einfachste und natürlichste Weise, ich war gestern in Messina bei dem Fürsten von Carini, der mich hatte rufen lassen, um türkische Stoffe zu kaufen, als ein Bedienter ihm ein paar Worte ins Ohr sagte. – Es ist gut, antwortete der Fürst laut, er möge eintreten. – Er gab mir nun einen Wink, in ein Kabinett zu treten, ich gehorchte, und da er durchaus nicht ahnete, dass ich Sie kenne, so hörte ich die Unterhaltung, welche Sie betraf.

 

– Ja, nun denn?

– Nun denn! der Mann, den man meldete, war der Verräter; er machte sich anheischig, die Thor Ihrer Feste zu öffnen, sie ohne Verteidigung zu überliefern, während Sie zu Nacht äßen, und selbst die Gendarmen bis in Ihren Speisesaal zu führen.

– Und kennst Du den Namen dieses Mannes? sagte Bruno.

– Es ist Plaeide Meli, antwortete der Maltheser.

– Gottes Blut! rief Pascal die Zähne knirschend aus, er war so eben hier.

– Und er ist ausgegangen?

– Einen Augenblick, bevor Sie kamen.

– Dann holt er die Gendarmen und die Compagnieen; denn so viel ich urteilen kann, waren Sie mit dem Abendessen beschäftigt.

– Du siehst es.

– Ganz recht. Wenn Sie fliehen wollen, so ist kein Augenblick zu verlieren.

– Ach fliehen! sagte Bruno lachend. Ali! . . .Ali! . . . – Ali trat ein. – Verschließe das Thor des Schlosses, mein Sohn, laß drei meiner Hunde in dem Hofe los, laß den vierten, Lionna, heraufkommen . . . und mach die Munition zurecht. – Die Frauen stießen Geschrei aus. – O! schweigt, meine Göttinnen, fuhr Bruno mit befehlender Gebärde fort, es handelt sich hier nicht darum, zu singen; still, und geschwind, wenn es beliebt. – Die Frauen schwiegen. – Leiste diesen Damen Gesellschaft, Kommandeur, fügte Bruno hinzu, was mich anbetrifft, so muss ich meine Runde machen.«

Pascal nahm seine Büchse, schnallte seine Patronentasche um und schritt auf die Thür zu, aber in dem Augenblicke, als er die Schwelle betreten wollte, blieb er horchend stehen.

– Was gibt es? sagte der Maltheser.

– Hören Sie nicht meine Hunde heulen? der Feind rückt heran; sehen Sie, sie kommen noch fünf Minuten später, als Sie. – Still, meine Tiger, fuhr Bruno fort, indem er das Fenster aufmachte und ein besonderes Pfeifen hören ließ. – Es ist gut, es ist gut, ich bin benachrichtigt. – Die Hunde stöhnten leise und schwiegen; die Frauen und der Maltheser schauderten vor Schrecken, indem sie errieten, dass sich irgend etwas Schreckliches zutragen würde. In diesem Augenblicke trat Ali mit der Lieblingshündin Pascals ein; das edle Tier ging gerade auf seinen Herrn zu, richtete sich auf seinen Hinterfüßen auf, legte ihm die beiden Vorderfüße auf die Schultern, blickte ihn voller Verstand an und begann leise zu heulen.

– Ja, ja, Lionna, sagte Bruno, ja, Du bist ein herrliches Thier. – Dann streichelte er es mit der Hand und küßte es auf die Stirn, wie er es mit einer Geliebten gemacht hätte.Die Hündin stieß ein zweites leises und klagendes Geheul aus. – Gehen wir, Lionna, fuhr Pascal fort, es scheint, dass es Eile hat. Gehen wir, meine Schöne, gehen wir. – Und er entfernte sich, indem er den Maltheser und die beiden Frauen in dem Eßzimmer ließ.

Pascal ging in den Hof hinab und fand die drei Hunde, welche sich unruhig gebärdeten, aber ohne noch anzudeuten, dass die Gefahr sehr dringend wäre. Nun machte er die Gartentür auf und begann die Runde desselben zu machen. Plötzlich blieb Lionna stehen, hielt die Nase in den Wind und ging gerade auf einen Punkt des geschlossenen Raumes zu. An dem Fuße der Mauer angelangt, richtete sie sich auf, wie um sie zu ersteigen, indem sie ihre Zähne an einander klappern ließ und dumpf brüllte, wobei sie nachsah, ob ihr Herr ihr gefolgt wäre. Pascal Bruno stand hinter ihr.

Er verstand, dass in dieser Richtung und nur einige Schritte weit entfernt ein Feind versteckt wäre, und indem er sich erinnerte, dass das Fenster von dem Zimmer, in welchem Paolo Tommasi Gefangener gewesen war, gerade auf diesen Punkt die Aussicht hatte, so ging er rasch wieder hinauf, von Lionna gefolgt, welche mit offenem Rachen und blutigen Augen durch das Zimmer ging, in welchem die beiden Mädchen voller Angst das Ende dieses Abenteuers abwarteten, trat in das anstoßende Zimmer, das ohne Licht war, und dessen Fenster offen stand. Kaum eingetreten, legte sich Lionna auf den flachen Leib, kroch wie eine Schlange nach dem Fenster, dann, als sie nur noch einige Fuß weit von demselben entfernt war, und bevor Pascal nur daran dachte, sie zurückzuhalten, sprang sie wie ein Panther durch die ihr gebotene Öffnung, indem sie sich wenig darum bekümmerte, auf der andern Seite zwanzig Fuß hoch hinabzufallen.

Pascal fand sich zugleich mit der Hündin am Fenster; er sah sie drei Sprünge nach einem alleinstehenden Olivenbaum machen, dann hörte er einen Schrei. Lionna hatte einen hinter diesem Olivenbaum versteckten Mann bei der Gurgel gepackt.

– Zu Hilfe! rief eine Stimme aus, welche Pascal als die Placido’s erkannte; zu Hilfe, Pascal! zu Hilfe! . . . ruf Deinen Hund zurück, oder ich schlitze ihm den Bauch auf.

– Pack an! . . Lionna, pack an! Beiß ihn tot, beiß ihn tot, Lionna! bring den Verräter um! . . .

Placido erriet nun, dass Bruno Alles wusste, nun stieß auch er ein Brüllen des Schmerzes und des Zornes aus, und ein Kampf auf Tod und Leben begann zwischen dem Manne und dem Hunde.Bruno sah auf seine Büchse gestützt diesem seltsamen Zweikampfe zu. Während zehn Minuten sah er bei dem Ungewissen Scheine des Mondes zwei Körper kämpfen, fallen und wieder aufstehen, von denen er weder die Natur, noch die Gestalt unterscheiden konnte, so sehr schienen sie nur noch einen auszumachen.Während zehn Minuten hörte er verworrenes Geschrei, ohne dass er das Geheul des Menschen von dem des Hundes zu unterscheiden vermochte; endlich, nach Verlauf von zehn Minuten fiel der eine von den beiden, um nicht wieder aufzustehen, es war der Mensch.

Bruno pfiff Lionna, schritt von Neuem durch das Esszimmer, ohne ein Wort zu sagen, ging rasch hinab und machte seiner Lieblingshündin das Thor auf, aber in dem Augenblicke, wo sie ganz blutig von Messerstichen zurückkehrte, sah er in der Straße, welche von dem Dorfe nach dem Schloss hinaufführte, unter einem Strahle des Mondes Flintenläufe blitzen. Sogleich verrammelte er die Tür, und ging wieder in das Zimmer hinauf, in welchem sich die zitternden Gäste befanden. Der Maltheser trank, die beiden Mädchen sagten ihre Gebete her.

– Nun? sagte der Maltheser.

– Nun, Kommandeur? wiederholte Bruno.

– Placido?

– Er hat sein Teil, sagte Bruno, aber da fällt eine andere Legion von Teufeln uns auf den Leib.

– Welche?

– Die Gendarmen und die Compagnieen von Messina, wenn ich mich nicht irre.

– Und was wollen Sie tun?

– Zuvörderst, so viel als ich vermag von ihnen töten.

– Und nachher?

– Nachher . . . werde ich mich mit dem Reste in die Luft sprengen.

Die Mädchen stießen lautes Geschrei aus.

– Ali, fuhr Pascal fort, führe diese Mädchen in den Keller, und gib ihnen Alles, was sie von Dir verlangen, ausgenommen Licht, aus Furcht, dass sie Feuer an das Pulver legen möchten, bevor es Zeit ist.

Die armen Geschöpfe fielen auf die Knie.

– Vorwärts, vorwärts, sagte Bruno mit dem Fuße stampfend, gehorcht! Und er sagte das mit einer solchen Gebärde und in einem solchen Tone, dass die beiden Mädchen aufstanden und Ali folgten, ohne dass sie eine einzige Klage auszustoßen wagten.

– Und jetzt, Kommandeur, sagte Bruno, als sie hinausgegangen waren, löschen Sie die Lichter aus und stellen Sie sich in eine Ecke, wo die Kugeln Sie nicht treffen können, denn da kommen die Musikanten, und die Tarantella wird beginnen.

X

Einige Augenblicke nachher kehrte Ali zurück, indem vier Gewehre von demselben Kaliber und einen Korb voller Patronen auf seiner Schulter trug. Pascal Bruno machte alle Fenster auf, um zugleich nach den verschiedenen Seiten die Spitze zu bieten.

Ali nahm ein Gewehr und wollte sich an eines von ihnen stellen.

– Nein, mein Sohn, sagte Pascal mit einem ganz väterlichen Ausdrucke zu ihm, nein, das geht mich allein an. Ich will Dein Schicksal nicht auf diese Weise mit dem meinigen verbinden; ich will Dich nicht dahin mit fortreißen, wohin ich gehe. Du bist jung, nichts hat bis jetzt noch Dein Leben aus der gewöhnlichen Bahn fort getrieben; folge mir, bleibe in der von den Menschen vorgeschriebenen Bahn.

– Vater, sagte der junge Mann mit seiner sanften Stimme, warum willst Du nicht, dass ich Dich verteidige, wie Lionna Dich verteidigt hat? Du weißt wohl, dass ich nur Dich habe und dass ich, wenn Du stirbst, mit Dir sterben werde.

– Nicht doch, Ali, wenn ich sterbe, so werde ich vielleicht auf der Erde irgend einen geheimnisvollen und schrecklichen Auftrag zurücklassen, den ich nur meinem Sohne anvertrauen konnte, mein Sohn muss daher leben, um das zu tun, was ihm sein Vater befehlen wird.

– Es ist gut, sagte Ali.

Der Vater ist der Herr, der Sohn wird gehorchen.

»Pascal ließ seine Hand fallen, Ali ergriff und küsste sie.

– Werde ich Dir dann zu nichts dienen, Vater? sagte der Knabe.

– Lade die Gewehre, antwortete Bruno.

Ali machte sich an das Werk.

– Und ich? rief der Maltheser aus der, Ecke, in welche er sich gesetzt hatte.

Sie, Kommandeur, Sie behalte ich, um Sie als Parlamentär abzusenden.

In diesem Augenblicke sah Pascal Bruno die Gewehre einer zweiten Truppe blitzen, welche von dem Gebirge herabkam, und die so geraden Weges auf den abgesonderten Olivenbaum zuschritt, an dessen Fuße Placido’s Leiche lag, dass es augenscheinlich war, dass diese Truppe zu einem gegebenen Rendezvous kam. Die, welche voraus gingen, stießen auf die Leiche; nun bildete sich ein Kreis um sie, aber Niemand vermochte sie zu erkennen, so sehr hatten die scharfen Zähne Lionna’s sie entstellt. Indessen, da Placido ihnen unter diesem Olivenbaum das Rendezvous gegeben hatte, da die Leiche an dem Fuße dieses Olivenbaumes lag und kein anderes lebendiges Wesen sich in der Umgegend zeigte, so war es augenscheinlich, dass der Tote Placido selbst wäre. Die Soldaten schlossen daraus, dass der Verrat entdeckt wäre und dass Bruno auf seiner Hut sein müsste. Nun hielten sie an, um zu beraten. An dem Fenster stehend, folgte Pascal allen ihren Bewegungen. In diesem Augenblicke trat der Mond hinter einer Wolke hervor. Sein Schein fiel auf ihn, einer der Soldaten erblickte ihn und deutete ihn seinen Kameraden mit der Hand an; der Ruf: Der Bandit! . . . der Bandit!. ließ sich in den Gliedern hören und war augenblicklich von einem Pelotonfeuer gefolgt. Einige Kugeln prallten von der Mauer ab, andere flogen pfeifend an den Ohren und über dem Kopfe dessen vorbei, an den sie gerichtet waren, und drangen in die Balken der Decke. Pascal antwortete, indem er nacheinander die vier Gewehre abfeuerte, welche Ali geladen hatte; vier Mann fielen.

Die Compagnieen, welche nicht aus Linientruppen, sondern aus einer Art von Nationalgarde bestanden, welche für die Sicherheit der Straße errichtet war, zögerten einen Augenblick, als sie den Tod so rasch sich entgegenkommen sahen. Alle diese Leute, welche auf den Verrat Placido’s gerechnet, hatten einen leichten Fang zu machen gehofft, aber statt dessen war es eine wahre Belagerung, welche sie machen mussten. Nun aber fehlte ihnen jedes zu einer Belagerung notwendige Gerät, die Mauern der kleinen Feste waren hoch und ihre Thore fest, und sie hatten weder Leitern noch Beile, es blieb noch die Möglichkeit, Pascal in dem Augenblicke zu töten, war er genötigt war, sich frei zu stellen, um durch das Fenster zu zielen; aber das war eine ziemlich schlechte Aussicht für Leute, welche von der Unverwundbarkeit ihres Gegners überzeugt waren. Das Manöver, das sie für das notwendigste hielten, war daher, sich außer Schussweite zurückzuziehen, um über das zu beraten, was dabei zu thun wäre, aber ihr Rückzug ging nicht rasch genug vor sich, dass Pascal Bruno nicht die Zeit gehabt hätte, ihnen zwei neue Todesboten zu senden.

Als Pascal sich von dieser Seite für den Augenblick unbelagert sah, trat er an das gegenüber befindliche Fenster, welches die Aussicht auf das Dorf hatte; die Flintenschüsse hatten diesen ersten Haufen aufmerksam gemacht; kaum war er daher auch an dem Fenster erschienen, als er von einem Hagel von Kugeln empfangen wurde; aber dasselbe wunderbare Glück bewahrte ihn vor dem Tode; es war nun an eine Bezauberung zu glauben, während dagegen jeder seine Schüsse in dieser Masse traf, und Pascal konnte nach den Flüchen, welche er hörte, schließen, dass sie nicht umsonst gewesen waren.

Nun ereignete sich für diesen Haufen dasselbe, wie für den andern: Unordnung entstand in seinen Gliedern, indessen stellten sie sich, statt die Flucht zu ergreifen, gegen die Mauern der Feste selbst, ein Manöver, das Bruno in die Unmöglichkeit versetzte, auf seine Feinde zu schießen, ohne die Hälfte des Körpers aus dem Fenster hervorzustrecken. Da nun aber der Bandit es für unnötig hielt, sich dieser Gefahr auszusetzen, so war die Folge von diesem doppelten Akte der Vorsicht, dass das Feuer für den Augenblick aufhörte.

 

– Sind wir mit ihnen fertig, sagte der Maltheser, und können wir Victoria rufen?

– Noch nicht, sagte Bruno, es ist nur ein Waffenstillstand; sie sind ohne Zweifel in das Dorf gegangen, um Leitern und Beile zu holen, und wir werden bald Nachrichten von ihnen erhalten. Seien Sie aber unbesorgt, fuhr der Bandit fort, indem er zwei Gläser füllte, wir werden nicht gegen sie zurückbleiben und ihnen Nachrichten von uns geben. . . Ali, hole ein Fass Pulver. Auf Ihre Gesundheit, Kommandeur.

– Was wollen Sie mit diesem Fasse machen? sagte der Maltheser mit einer gewissen Besorgnis.

– O! fast nichts. . . Sie werden sehen.

Ali kehrte mit dem verlangten Gegenstande zurück.

– Es ist gut, fuhr Bruno fort, jetzt nimm einen Bohrer und bohre ein Loch in dieses Fass.

Ali gehorchte mit der passiven Schnelligkeit, welche das hervortretende Zeichen seiner Ergebenheit war. Während dieser Zeit zerriss Pascal eine Serviette, zog die Fäden aus, vereinigte sie, rollte sie in dem Pulver einer Patrone, steckte diese Lunte in das Loch des Fasses und verstopfte dieses Loch mit angefeuchtetem Pulver, das zugleich die Lunte befehligte; kaum hatte er diese Vorbereitungen getroffen, als Anschläge an dem Thor erschallten.

– Bin ich ein guter Prophet? sagte Bruno, indem er das Fass nach dem Eingange des Zimmers rollte, welches auf eine in den Hof führende Treppe ging, und indem er aus dem Feuer ein Stück brennendes Tannenholz nahm.

– Ah! äußerte der Maltheser, ich . . . fange an zu begreifen .

– Vater, sagte Ali, sie kehren von der Seite des Gebirges mit einer Leiter zurück.

Bruno eilte an das Fenster, aus welchem er das erste Mal Feuer gegeben hatte, und sah, dass in der Thal seine Gegner sich das Ersteignungswerkzeug verschafft hatten, das ihnen fehlte, und dass sie, beschämt über ihren ersten Rückzug, mit einer gewissen Fassung zum Angriffe zurückkehrten.

– Sind die Gewehre geladen? sagte Bruno.

– Ja, Vater, antwortete Ali, indem er ihm seine Büchse reichte.

Ohne sie anzublicken, nahm Bruno die Waffe, welche ihm der Knabe reichte, setzte sie langsam gegen seine Achsel und zielte mit weit mehr Aufmerksamkeit, als er es bis dahin getan hatte; der Schuss fiel, einer der beiden Leute, welche die Leiter trugen, sank zu Boden.

Ein Zweiter nahm seine Stelle ein; Bruno nahm ein zweites Gewehr und der Soldat fiel neben seinem Kameraden.

Zwei andere Männer folgten den Getöteten und wurden gleichfalls getötet; die Leiter schien die verhängnisvolle Eigenschaft der Arche zu haben, kaum hatte man die Hand daran gelegt, als man tot zu Boden sank. Die Stürmer zogen sich ein zweites Mal zurück, indem sie ihre Leiter zurückließen und ein eben so nutzloses Feuer als die andern gaben.

Während dessen verdoppelten die, welche das Thor angriffen, ihre Axtschläge; auch die Hunde heulten von Zeit zu Zeit auf eine grässliche Weise, die Schläge wurden weit dumpfer und das Gebell weit erbitterter. Endlich wurde ein Flügel des Tores eingeschlagen, zwei bis drei Mann drangen durch diese Öffnung; aber aus ihrem Angstgeschrei schlossen ihre Kameraden, dass sie es mit weit schrecklicheren Feinden zu tun hätten, als sie es anfangs geglaubt; es war keine Möglichkeit, auf die Hunde zu schießen, ohne die Menschen zu töten. Ein Teil der Belagerer drang daher allmählich durch die Öffnung, der Hof füllte sich bald, und nun begann eine Art von Teilgefecht zwischen den Soldaten und den vier Bullenbeißern, die voller Erbitterung die schmale Treppe verteidigten, welche nachdem ersten Stocke der Feste führte.Plötzlich ging die auf der Höhe dieser Treppe befindliche Tür auf und das von Bruno zubereitete Fass Pulver, das von Stufe zu Stufe sprang, platzte wie eine Bombe in Mitte dieses Gemetzels.

Der Ausbruch war schrecklich, eine Mauer stürzte ein, Alles, was sich in dem Hofe befand, wurde vernichtet.

Es entstand ein Augenblick der Bestürzung unter den Belagernden, inzwischen hatten sich die beiden Truppen vereinigt, und sie boten noch eine Mannschaft von mehr als dreihundert Streitern. Ein Gefühl tiefer Scham bemächtigte sich dieser Menge, sich so durch einen einzigen Mann in Schach gehalten zu sehen; die Anführer benutzten es, um sie anzufeuern. Bei ihrer Stimme bildeten die Belagernden eine Kolonne, eine Bresche war durch den Sturz der Mauer angebracht, sie marschierten in guter Ordnung auf sie zu, und indem sie sich in ihrer ganzen Breite entfalteten, überschritten sie dieselbe ohne Hindernis, drangen in den Hof und befanden sich der Treppe gegenüber. Dort entstand nochmals ein Augenblick des Zögerns. Endlich begannen einige sie unter ermutigenden Zuruf ihrer Kameraden zu ersteigen, die andern folgten ihnen, das Gedränge füllte die Treppe, und bald darauf war es den ersten, wenn sie auch hätten zurückweichen wollen, nicht mehr möglich; sie waren daher gezwungen, die Tür anzugreifen; aber gegen ihre Erwartung gab die Tür ohne Widerstand nach.

Die Belagerer verbreiteten sich nun unter lautem Siegesgeschrei in dem ersten Zimmer. In diesem Augenblicke öffnete sich die Tür des zweiten, und die Soldaten erblickten Bruno auf einem Pulverfass sitzend, indem er in jeder Hand eine Pistole hielt; zu gleicher Zeit stürzte der Maltheser entsetzt aus der offenen Tür, indem er mit einem Ausdrucke voller Wahrheit ausrief, der keinen Zweifel übrig ließ:

– Zurück! Alle zurück! die Feste ist unterminiert; wenn Ihr einen Schritt weiter tut, so springen wir in die Luft! . . .

Die Tür verschloss sich wie durch einen Zauber wieder, das Siegesgeschrei verwandelte sich in Schreckensgeschrei; man hörte diese ganze Menge die schmale Treppe hinabstürzen, welche in den Hof führte; einige sprangen aus den Fenstern, es schien diesen Leuten, als ob sie die Erde unter ihren Füßen erbeben fühlten. Nach Verlauf von fünf Minuten war Bruno von Neuem alleiniger Herr der Feste; was den Maltheser anbelangt, so hatte er die Gelegenheit benutzt, um sich zurückzuziehen.

Pascal, welcher kein Geräusch mehr hörte, stand auf und ging an ein Fenster; die Belagerung war in eine Blockade verwandelt; Posten waren allen Ausgängen gegenüber aufgestellt, und die, welche sie bildeten, hatten sich vor dem Feuer des Platzes hinter Karren und Fässern gesichert; es war augenscheinlich, dass ein neuer Feldzugsplan angenommen worden wäre.

– Es scheint, dass sie uns durch Hunger zu nehmen gedenken, sagte Bruno.

– Die Hunde! antwortete Ali.

– Beschimpfe die armen Tiere nicht, welche bei meiner Verteidigung gestorben sind, sagte Bruno lächelnd, und nenne die Menschen Menschen.

– Vater! rief Ali aus.

– Nun?

– Siehst Du?

– Was?

– Diesen Schein? . . .

– In der Tat, was bedeutet er? . . . Das ist noch nicht der anbrechende Tag; außerdem kommt er aus Norden und nicht aus Osten.

– Es ist das Feuer, das im Dorfe ist, sagte Ali.

– Bei Christi Blut! ist das wahr? . . .

In diesem Augenblicke begann man lautes Notgeschrei zu hören . . .

Bruno stürzte auf die Türe zu und befand sich dem Maltheser gegenüber.

– Sie sind es, Kommandeur? rief Pascal aus.

– Ja, ich bin es, . . . ich selbst. . . Irren Sie sich nicht und halten Sie mich nicht für einen andern. Ich bin ein Freund.

– Sein Sie willkommen, was geht vor?

– Was vorgeht? Da sie verzweifeln, Sie gefangen zu nehmen, so haben Sie das Dorf in Brand gesteckt, und sie werden es nicht eher löschen, als bis die Bauern einwilligen, gegen Sie zu rücken; was sie anbetrifft, so haben sie genug.

– Und die Bauern?

– Sie weigern sich.

– Ja. . . ja. . . ich wusste es im Voraus; sie würden eher alle ihre Häuser abbrennen lassen, als ein Haar meines Hauptes anzutasten . . . Es ist gut, Kommandeur; kehren Sie zu denen zurück, welche Sie senden, und sagen Sie ihnen, sie sollten das Feuer löschen.

– Wie das?

– Ich ergebe mich.

– Du ergibst Dich, Vater? rief Ali aus.

– Ja . . . aber ich habe mein Wort gegeben, mich nur einem einzigen Manne zu ergeben, und ich werde mich nur ihm ergeben, man lösche daher die Feuersbrunst, wie ich gesagt habe, und hole mir diesen Mann von Messina.

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