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Katharine Blum

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Fünfzehntes Kapitel
Die Schlange

Der junge Mann war so verändert, daß seine beiden Kameraden ihn eine Zeit lang ansahen, ohne ihn zu erkennen. Endlich sagte Lajeunesse.

»'s ist Bernhard . . .Guten Tag, Bernhard,«

»Guten Tag,« antwortete Bernhard barsch, dem es offenbar unangenehm war, sie da zu sehen.

»Du bist auch da?« fragte Bobineau.

»Warum nicht? Ist es denn verboten hierherzukommen?«

»Verboten ist's freilich nicht,« antwortete Bobineau. »Ich wundere mich nur, Dich allein zu sehen.«

»Mit wem sollte ich sein?«

»Wenn man eine junge schöne Braut hat . . .«

»Reden wir davon nicht,« sagte Bernhard stirnrunzelnd; dann stieß er den Gewehrkolben auf den Tisch und rief: »Wein!«

»Still!« sagte Lajeunesse.

»Warum?«

»Der Inspektor ist da.«

»Nun. . .?«

»Ich sage weiter nichts, als, der Inspektor ist da.«

»Was kümmert's mich, ob der Inspektor hier oder anderswo ist?«

»Dann ist es etwas anderes.«

Bobineau stieß Lajeunesse mit dem Einbogen an und sagte:

»Es ist zu Hause etwas vorgekommen.«

Lajeunesse gab zu verstehen, daß er derselben Meinung sei, dann sagte er zu Bernhard:

»Bernhard, ich wollte Dir weder Vorschriften machen, noch Dich ärgern, aber Du weißt es ja, der Inspektor sieht unser einen nicht gern in der Schenke.«

»Wenn ich aber gern in das Wirtshaus gehe?« entgegnete Bernhard. »Glaubst Du, der Inspektor hintere mich daran?« Er pochte noch stärker als das erste Mal mit dem Kolben auf den Tisch und rief lauter: »Wein! Wein!«

»Wir wollen gehen,« sagte Bobineau zu Lajeunesse. »Will er dumme Streiche machen, so mag er's tun. Komm. Leb wohl, Bernhard.«

»Adieu!« antwortete dieser kurz.

Die beiden andern entfernten sich in einer Richtung, in welcher sie dem Inspektor nicht begegnen konnten, der übrigens in ein Gespräch vertieft war, nicht gut sehen konnte und vorüberging, ohne seine Leute zu erkennen.

»Kommt denn Niemand?« rief Bernhard und klopfte zum dritten Male als wolle er den Tisch zertrümmern.

Mutter Tellier kam endlich mit einer Flasche Wein in jeder Hand, ohne zu wissen, wer der ungestüme Gast sei.

»Da! Da!« sagte sie. »Der Wein auf Flaschen war ausgegangen und wir mußten erst wieder abziehen.«

Jetzt erst erkannte sie Bernhard.

»Ach. Sie sind's?« fragte sie. »Du lieber Gott, wie blass Sie aussehen!«

»Meinen Sie? Eben darum will ich trinken. Der Wein giebt Farbe.«

»Sie sind gewiß krank,« fuhr die Frau fort.

Bernhard zuckte die Achseln, nahm ihr eine Flasche aus der Hand und sagte:

»Geben Sie her.«

Er setzte die Flasche an den Mund und trank daraus.

»Herr Gott!« rief da die gute Frau, die staunend zusah, da etwas der Art ganz gegen das Wesen Bernhards war. »Sie werden sich schaden.«

»Ah!« entgegnete Bernhard, indem er sich setzte. »Lassen Sie mich immer diese Flasche austrinken, wer weiß, ob Sie mir jemals eine andere bringen.«

Das Staunen der Mutter Tellier wuchs mehr und mehr, so daß sie alle ihre andern Gäste vergaß.

»Was ist denn geschehen?« fragte sie teilnehmend.

»Gar Nichts; aber geben Sie mir Tinte, eine Feder und Papier.«

Mutter Tellier eilte fort.

»Tinte, eine Feder und Papier,« wiederholte Molicar, welcher die dritte Flasche Bobineaus und Lajeunesses beinahe geleert hatte und noch mehr betrunken geworden war . . . »Geht man denn ins Wirtshaus, um Tinte, Feder und Papier zu verlangen? Ins Wirtshaus geht man, um Wein zu fordern.« Und um seine Behauptung sogleich praktisch auszuführen, rief er: »Wein! Mutter Tellier, Wein!«

Mutter Tellier überließ es der Magd Babette, Molicar zu bedienen, war unterdes zurückgekommen und hatte Bernhard die Schreibmaterialien gebracht. Er sah zu ihr empor und da sie schwarzgekleidet ging, fragte er:

»Warum trauern Sie?«

Die gute Frau erblasste nun ihrerseits und sagte halb schluchzend:

»Wissen Sie denn das große Unglück nicht mehr, das mir widerfahren ist?«

»Ich erinnere mich nicht.«

»Sie waren ja selbst mit bei dem Begräbnisse . . . Ich traure über meinen Anton, der vor vier Wochen starb.«

»Arme Frau!«

»Ich hatte nur ihn, den einzigen Sohn und der liebe Gott hat mir ihn doch genommen. Er fehlt mir überall. Wenn eine Mutter ihren Sohn zwanzig Jahre lang immer bei sich gehabt hat und auf einmal ist er fort, . . . kann sie Nichts tun als weinen, wenn's auch Nichts hilft; denn verloren ist verloren.«

Und die gute Frau schluchzte.

Diesen Augenblick wählte Molicar, um ein Liedchen anzustimmen, sein Lieblingslied, den Gradmesser seiner »Seligkeit.« Wenn er das Lied zu singen anfing, war er betrunken. Er sang:

 
»Wenn nur ein einz'ger Traubenstock,
In meinem Garten stände.«
 

Da dieses Lied einen schneidenden Kontrast zu dem Schmerze der Mutter Tellier machte, an welchem Bernhard so innigen Anteil nahm, sprang dieser auf und rief:

»Willst Du wohl schweigen?«

Molicar achtete auf das Verbot nicht und fing noch einmal an:

 
»Wenn nur ein einz'ger Traubenstock . . .«
 

»Schweige, sage ich Dir!« wiederholte der junge Mann mit einer drohenden Gebärde.

»Warum soll ich nicht singen?« fragte Molicar.

»Hörst Du denn nicht, was die Frau sagt? Siehst Du nicht, daß eine Frau hier weint, um ihren Sohn weint?«

»'s ist wahr. Ich will leise singen.« Und er begann leiser:

 
»Wenn nur ein . . .«
 

»Nicht leise und nicht laut!« fiel Bernhard ein. »Schweig oder geh!«

»'s ist schon gut,« antwortete Molicar; »ich gehe. Mir gefallen die Wirtshäuser, wo man lacht, die gar nicht, wo man weint. Mutter Tellier, Mutter Tellier,« setzte er hinzu und klopfte auf den Tisch; »hier ist das Geld.«

»Geh nur,« bemerkte Bernhard, »ich werde Deine Zeche mit bezahlen.«

»Auch gut,« antwortete Molicar, der aufstand und wankend, an den Bäumen sich anhaltend fortging und immer lauter sang, je weiter er fortkam:

 
»Wenn nur ein einz'ger Traubenstock,
In meinem Garten stände.«
 

Bernhard sah ihm eine Zeit lang nach, dann sagte er zu der noch immer still weinenden Wirtin:

»Recht haben Sie: verloren ist verloren . . . Ich wollte, ich wäre an der Stelle Ihres Sohnes und Ihr Sohn nicht gestorben.«

»Ach. Gott behüte Sie!« fiel die Frau ein.

»Wahrhaftig, 's geht mir von Herzen.«

»Und Sie haben so gute Eltern!« fuhr die Frau fort. »Wenn Sie wüßten, wie weh es einer Mutter thut, ihr Kind zu verlieren, würden Sie einen solchen Wunsch nicht aussprechen.«

Bernhard versuchte unterdes zu schreiben, aber vergeblich; die Hand zitterte ihm so sehr, daß er keinen Buchstaben zuwege brachte.

»Ich kann nicht! Es geht nicht!« sagte er und stampfte die Feder auf den Tisch.

»Freilich, Sie zittern ja, als hätten Sie das Fieber.«

»Mutter Tellier, tun Sie mir einen Gefallen.«

»Recht gern, Herr Watrin,« antwortete die Frau. »Was denn?«

»Es ist gar nicht weit von hier nach dem »Neuen Hause.«

»Ein Viertelstündchen, wenn man gut geht.«

»Thun Sie mir den Gefallen, gehen Sie hin und fragen Sie nach Katharine.«

»Ist sie wieder da?«

»Ja, seit heute früh, und sagen Sie ihr, ich würde ihr bald schreiben.«

»Sie würden ihr bald schreiben?«

»Morgen, sobald ich nicht mehr zittere.«

»Wollen Sie fort von hier?«

»Es soll Krieg mit den Algeriern haben.«

»Ach, was geht Sie der Krieg an? Sie haben sich ja bei der Stellung freigelost.«

»Sie gehen hin und sagen so, nicht wahr?«

»Ja, recht gern, aber . . .«

»Nun?«

»Was soll ich Ihren Eltern sagen?«

»Nichts.«

»Nichts?«

»Nichts, als daß ich bei Ihnen gewesen wäre, daß sie mich nicht wiedersehen würden und daß ich ihnen Lebewohl sagte.«

»Lebewohl?« wiederholte Mutter Tellier.

»Sagen Sie ihnen noch, sie möchten Katharine bei sich behalten, ich würde ihnen dankbar für Alles sein, was sie für sie tun, und wenn ich sterben sollte, wie Ihr Anton, sollten sie Katharine ihre Erbin sein lassen.«

Darauf ließ er erschöpft den Kopf auf die beiden Hände sinken.

Mutter Tellier sah ihn mitleidig an und sagte dann:

»Ich will's ausrichten. Es wird Nacht und die Leute sind schon fast Alle fort; Babette wird Alles allein verrichten können. Ich will gehen.«

In der Ferne hörte man Molicar noch immer singen:

 
»Wenn nur ein einz'ger Traubenstock,
In meinem Garten stände.«
 

Bernhard saß einige Augenblicke in tiefen, schmerzlichen Gedanken, die sich in seinem krampfigen Gliederzucken verrieten, dann richtete er sich empor, schüttelte den Kopf und sprach mit sich selbst:

»Muth! Noch ein Glas und dann fort!«

»Ich ginge so nicht,« sagte hinter ihm eine Stimme, bei deren Klange er zusammenfuhr.

»Du bist es, Mathias?« fragte er.

»Ich bin's.«

»Was sagtest Du?«

»Haben Sie's nicht gehört?«

»Gehört wohl, aber nicht verstanden.«

»Ich sagte, an Ihrer Stelle ginge ich nicht so fort.«

»Nicht?«

»Nein, wenigstens nicht ohne . . .«

»Ohne was?«

»Ohne mich an der einen oder andern Person zu rächen. Nun ist's heraus.«

»Kann ich mich an Vater und Mutter rächen?« entgegnete Bernhard achselzuckend.

»An Vater und Mutter? Von denen ist gar nicht die Rede.«

»Von wem sonst?«

»Von dem Pariser und Mamsell Katharine.«

»Von Katharine und Chollet?« wiederholte Bernhard, und er sprang auf als habe ihn eine Viper in den Fuß gebissen.

»Mathias! Mathias!«

»Schon gut; ich merke, daß ich Nichts sagen darf, sonst geht es mir wieder schlecht.«

 

»Nein, Mathias; ich schwöre es Dir zu. Sprich!«

»Errathen Sie's denn nicht?«

»Was soll ich errathen? Rede! Rede!«

»Sie wollen ein gescheiter Mann sein und sind blind und taub?«

»Hast Du etwas gesehen oder gehört?«

»Die Eule sieht ganz deutlich in der Nacht,« antwortete Mathias; »sie hat die Augen offen, wenn die Andern sie zudrücken; sie wacht, wenn die Andern schlafen.«

»Nun, was hast Du gesehen und gehört?« fragte Bernhard so ruhig als möglich. »Lass mich nicht lange schmachten.«

»Es hat sich ein Hindernis bei Ihrer Heirath gefunden, nicht wahr?«

»Ja.«

»Wissen Sie, wo es liegt?«

Bernhards Stirn bedeckte sich mit Schweißperlen.

»An meinem Vater,« sagte er.

»An dem Vater? der wünscht nichts mehr, als Sie glücklich zu sehen. Er hat Sie ja so lieb.«

»Es liegt also an Jemand, der mich nicht liebt?«

»Hm!« sagte Mathias, der die schielenden Augen von keiner Bewegung Bernhards abwendete. »Manche Leute stellen sich, als liebten sie Sie und es heißt bei ihnen: mein lieber Bernhard hier und mein lieber Bernhard da, und am Ende führt man Sie doch an.«

»Wo liegt das Hindernis, Mathias?«

»Ich werde mich hüten; wenn ich es sage, packen Sie mich an der Kehle und erwürgen mich.«

»Gewiß nicht, Mathias.«

»Ich will aus Vorsorge wenigstens etwas wegtreten.« Er trat ein Paar Schritte zurück und sagte: »das Hindernis liegt an Katharine.«

Bernhard wurde totenbleich, rührte sich aber nicht.

»An Katharine?« wiederholte er. »Und meinst Du, Katharine liebe mich nicht?«

»Das meine ich,« antwortete Mathias, den die Ruhe Bernhards kühner machte. »Manche Mädchen, wenn sie in Paris gewesen sind, sind lieber in Paris die Maitressen eines jungen Herrn, als die Frau eines armen Teufels auf dem Dorfe.«

»Das soll sich doch nicht auf den Pariser und Katharine beziehen?«

»Wer weiß?«

»Unglückseliger!« rief Bernhard, indem er aufsprang und mit einem Satze Mathias packte.

»Sagte ich's nicht?« entgegnete dieser halb erwürgt unter heftigen Anstrengungen, sich frei zu machen. »Sie erwürgen mich! Um Gottes willen! Ich sage Nichts mehr.«

Bernhard wollte Alles wissen. Wer einmal die Lippen an dem bitteren Becher der Eifersucht benetzt hat, will ihn leeren vom Schaum bis zu dem Bodensatze. Er ließ also den Mathias los und sagte:

»Nimm's nicht übel . . . Rede weiter, . . . Aber wehe Dir, wenn Du lügst!«

»Nun, wenn ich lüge, ist's Zeit, daß Sie bös werden .. . Sie werden aber im voraus bös und deshalb schweige ich lieber.«

»Ich that nicht recht.« entgegnete Bernhard, der sich zur Ruhe zwang, obgleich alle Nattern der Eifersucht in seinem Herzen wühlten.

»Ich will doch lieber Nichts sagen,« fuhr Mathias fort, »aber Ihnen die Sache zeigen. Sie sind ein ungläubiger Thomas. Unter einer Bedingung.«

»Welche?«

»Daß Sie mir Ihr Wort geben, bis zu Ende zuzusehen.«

»Ich gebe Dir mein Wort. Aber wie weiß ich, daß es das Ende ist? Wann habe ich Alles gesehen?«

»Wann Sie Chollet und Katharine an der Prinzenquelle gesehen haben,«

»Wann werde ich dies sehen?«

»Wie weit ist es über acht Uhr?«

Bernhard zog mit fester Hand seine Uhr hervor. Je näher er dem Kampfe kam, um so ruhiger wurde er wieder.

»Drei Viertel auf Neun,« sagte er.

»Also in einer Viertelstunde,« entgegnete Mathias. »Das ist doch nicht lange?«

»Um neun Uhr!« wiederholte Bernhard und strich mit der Hand über die Stirn. »Katharine und der Pariser! . . . Was wollen sie an der Prinzenquelle?«

»Ja, das weiß ich nicht . . . Vielleicht sich wegen der Abreise besprechen,« sagte Mathias.

»Abreise?« wiederholte Bernhard, der seinen Kopf mit beiden Händen hielt, als fürchte er, derselbe werde ihm zerspringen.

»Der Pariser suchte wenigstens heute Abend in der Stadt Gold.«

»Mathias, Du lässt mich lange leiden. Tust Du das aus Mutwillen, dann wehe Dir!«

»Still!« sagte Mathias.

»Pferdegetrappel,« murmelte Bernhard.

Mathias legte eine Hand auf Bernhards Arm, streckte die andere nach der Gegend aus, wo man das Pferd kommen hörte und sagte:

»Da, sehen Sie!«

Bernhard sah in dem beginnenden Dunkel unter den Bäumen einen Reiter herankommen, in dem sein Haß sofort den Nebenbuhler erkannte.

Unwillkürlich trat er hinter den nächsten Baum.

Sechzehntes Kapitel
Gelegenheit macht Diebe

Der Reiter hielt etwa fünfzig Schritt von dem Hause der Mutter Tellier an, sah sich um, stieg ab und band das Pferd an einen Baum.

Nach einem zweiten forschenden Blicke nach dem Dunkel umher, trat er auf das Wirtshaus zu.

»Da ist er!« flüsterte Bernhard. »Er kommt.« Und er wollte ihm entgegentreten, aber Mathias hielt ihn zurück.

»Wenn Sie nicht gelassen sind, sehen Sie Nichts,« sagte er.

»Du hast Recht,« antwortete Bernhard, und er trat in die Schattenseite des Baumes, während Mathias in die Laubhütte schlüpfte wie eine Schlange, die er wirklich gespielt hatte.

Der Reiter kam immer näher und befand sich nun in dem Lichtkreise der Leuchter, die noch auf den Tischen standen, die allmählich von allen Trinkern verlassen worden waren. Das Wirtshaus war leer, oder schien es doch zu sein; Louis Chollet glaubte allein zu sein.

»Das muß das Haus der Mutter Tellier sein,« sagte er halblaut; »aber der Teufel mag wissen, wo die Prinzenquelle ist.«

Bernhard war so nahe bei ihm, daß er die leise gesprochenen Worte hören konnte. Er sah sich nach Mathias um, der aber, wie wir wissen, in der Hütte sich versteckt hatte.

»Heda! Frau Tellier!« rief Chollet.

Babette kam auf den Ruf herbei und sagte:

»Frau Tellier ist nicht da. Sie ist zu Watrins gegangen.«

»Wenn sie nur der Katharine nicht begegnet und sie abhält.«

Bernhard hörte zitternd auch diese Worte.

»Komm einmal her, Kind,« sagte der Pariser zu dem Mädchen. »Vielleicht kannst Du mir sagen, was ich wissen möchte.«

»Vielleicht.«

»Ist es weit von hier zur Prinzenquelle?«

»Ach nein, höchstens hundert Schritte,« sagte Babette, wies auf die große Eiche und setzte hinzu: »von der Eiche aus können Sie sie sehen.«

»Zeige sie mir.«

»Das Mädchen ging den kleinen Hügel hinan, auf dem die Eiche, eine Zeitgenossin Franz I., stand und sagte,:

»Dort unten, wo im Mondscheine das Wässerchen wie Silber schimmert, das ist die Quelle.«

»Schönen Dank.«

»Nicht Ursache.«

»Und da etwas für die Mühe,«

Chollet, den das Glück freigebig machte, zog seine goldgefüllte Börse, um ein Stück heraus zu nehmen; aber die schwere Börse entfiel ihm, und ein Teil ihres Inhaltes rollte an den Boden.

»Warten Sie,« sagte Babette, »ich will leuchten . . . Sie brauchen nicht zu säen, das geht nicht auf.«

»Ach!« seufzte Bernhard, welcher das Geld klingen hörte; »es ist also doch wahr,«

Babette hatte ein Licht geholt, hielt es nahe an den Erdboden und beleuchtete so eine große Anzahl Goldstücke, die im Sande umher lagen, während noch viel mehr in der Börse selbst geblieben waren.

Chollet bückte sich und las das Gold auf, Wären seine Gedanken nicht ganz bei dieser Arbeit gewesen, würde er den breiten Kopf des Mathias haben sehen können, der mit seinen begehrlichen Augen aus der Hüfte sich herausstreckte.

»Da ist ein Mal viel Gold!« murmelte er. »Manche Leute haben so viel, und Manche gar keines.«

Als Chollet ein Mal aufsah, zog Mathias den Kopf in die Hütte hinein, wie eine Schildkröte den ihrigen in den Panzer. Der Pariser hatte alles Verlorene aufgelesen und das letzte Stück gab er Babette mit den Worten:

»Ich danke Dir; das ist Dein,«

»Ein Goldstück?« fragte das Mädchen erfreut. »Sie irren sich wohl?«

»Nein, hebe es auf zu Deiner Ausstattung.

»In diesem Augenblicke schlug es im Dorfe Neun. Chollet legte die Hand auf die Brust, um sich zu überzeugen, daß die Börse fest in der Brusttasche liege, sah von der Eiche nach der Prinzenquelle hin, ging dann nach derselben und verschwand bald.

Babette betrachtete ihr Goldstück freudig, kehrte in das Haus zurück und fing an, die Fensterladen desselben zuzumachen, worauf sie auch die Türe schloß.

Bernhard blieb allein im Dunkel, oder glaubte wenigstens allein zu sein, denn er dachte auch an Mathias nicht mehr. Er lehnte noch an der Buche. Eine Hand drückte er auf das Herz; die andere hielt den Lauf des Gewehres.

Mathias betrachtete ihn von der Hütte aus.

Bernhard schien in eine Bildsäule verwandelt zu sein, so ganz bewegungslos und still stand er ein Paar Minuten da. Endlich schien wieder Leben in ihn zu kommen, er sah sich um und rief leise:

»Mathias! Mathias!«

Dieser hütete sich wohl zu antworten, da ihm aber der Klang der Stimme Bernhards dessen große Aufregung verriet, verdoppelte er seine Aufmerksamkeit.

»Er ist fort,« sprach Bernhard leise weiter; er wird sich gescheut haben vor dem, was geschehen dürfte, und mit Recht, wenn Katharine wirklich kommt.«

Er trat darauf hinter dem Baume hervor und ging einige Schritte in derselben Richtung, nach welcher sein Nebenbuhler gewendet. Plötzlich blieb er stehen und sagte:

»Er braucht doch auch nicht blos in Katharinen verliebt zu sein. Mathias kann sich geirrt haben, und die, welche er hier erwartet, ist vielleicht ein Mädchen aus der Stadt oder aus Corcy . . . Wir werden ja sehen.«

Die Füße schienen ihm den Dienst zu versagen und er fuhr fort:

»Mut, Bernhard . . . Es ist immer besser, man weiß woran man ist. Ach, Katharine,« sagte er mit einem tiefen Seufzer, als er an die Eiche gelangte, »wenn Du so sehr falsch bist, wenn Du mich so hintergehst, glaube ich an Nichts mehr, nein, an gar Nichts in der Welt. Ich liebte Dich so sehr, so tief, so aufrichtig, ich hätte mein Leben für Dich gegeben.«

Mit einem unbeschreiblich drohenden Ausdrucke sah er sich um, dann fuhr er fort:

»Zum Glück sind Alle fort und die Lichter aus. Wenn etwas geschieht, ist es zwischen den Beiden, der Nacht und mir abgemacht.«

Er lehnte sich an den Eichenstamm und atmete tief.

Der Pariser war noch allein und hatte das Gewehr angelegt wie ein Jäger auf dem Anstand. Bernhard verlor keine Bewegung des Nebenbuhlers aus den Augen. »Wenn ich ihr entgegen ginge?« dachte er dann. »Wenn ich sie in Verlegenheit brächte? Aber nein. Ich erführe doch Nichts; sie würde lügen.«

Er blickte nach der Seite.

»Da Geräusch?« sagte er. »Nein, es ist sein Pferd, das ungeduldig scharrt . . . Aber hier! Mein Gott, bewegt sich Nichts unter den Bäumen?«

Er strich mit der Hand über die Augen.

»Ja, ja,« fuhr er dumpf fort; »ein Frauenzimmer . . . Sie zögert . . . Nein, sie geht weiter . . . Sie muß jetzt über die Lichtung, . . . da werde ich ja sehen . . .«

Es folgte eine Pause, dann sagte Bernhard in grauenhaftem Ton:

»Es ist Katharine. Und er hat sie gesehen, er will ihr entgegen . . . Weit soll er nicht kommen.«

Er richtete sich empor und flüsterte:

»Katharine! Katharine! Das Blut, das ich vergieße, komme über Dich!«

Er zog langsam das Gewehr an die Achsel. Drei Mal senkte sich seine Wange auf den Kolben, drei Mal berührte der Finger den Drücker, aber jedes Mal entfernte sich Wange und Finger wieder. Endlich trat ihm der Angstschweiß auf die Stirn und er ächzte:

»Nein, nein, ein Mörder bin ich nicht . . . Ich bin ein ehrlicher Mann. Herr, mein Gott, stehe mir bei!«

Er warf das Gewehr von sich, und floh ohne zu wissen wohin.

Es folgte eine neue Pause, Mathias aber streckte den Kopf aus der Hütte, kroch mit angehaltenem Atem bis an den Fuß der Eiche, sah von da nach der Prinzenquelle, streckte die Hand nach dem Gewehre Bernhards aus, fasste dasselbe krampfhaft und flüsterte:

»Warum hat er so viel Gold! Gelegenheit macht Diebe.«

Er legte an und zielte nach dem jungen Pariser.

Ein Blitz leuchtete durch die Nacht, ein Knall folgte, und Louis Chollet stürzte mit einem Aufschrei nieder.

Darauf folgte ein anderer Schrei, ein Schrei Katharinens, die zögernd stehen geblieben war, als sie den Pariser da fand, wo sie ihren Geliebten zu finden geglaubt hatte, und entsetzt entfloh, als sie den Nebenbuhler Bernhards fallen sah.

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