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Der Pastor von Ashbourn

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– Mein Herr, die Mutter wünscht zu wissen, was Sie wollen.

– Was ich will? Zuvörderst, mein schönes Kind, will ich Dich küssen, wenn Deine Mutter es erlaubt.

– O ja, sagte er.

Und er streckte mir seine beiden Arme entgegen.

Ich hob ihn unter den Achseln auf und küßte feine beiden dicken rosigen Wangen. Die Mutter lächelte, indem sie uns anblickte. Eine Mutter lächelt immer, wenn man ihr Kind küßt.?

– Und nun, was wollen Sie? fragte mich der kleine Georges, als ich ihn wieder auf den Boden gestellt hatte.

– Ich wünschte, mein schönes Kind, die wenigen Zeilen abzuschreiben, die auf diesem Steine eingegraben sind.

– Ah! ja, die Grabschrift Boatswain’s?

– Du kennst Boatswain? fragte ich ihn.

– Den Hund Lord Byron’s. ja, ich kenne ihn.

Indem er sich hierauf an seine Mutter wandte, übersetzte er ihr meinen Wunsch auf Englisch. Die junge Frau lächelte, stand auf, küßte ihr Kind und ging quer über den Rasen zu ihrem Gatten.

– Verscheuche ich Deine Mutter, mein kleiner Freund? fragte ich den Knaben.

– O nein, sagte er, sie holt den Vater.

Während dieser Zeit hatte sich das kleine Mädchen wieder auf ihre Beine erhoben und sich uns trippelnd genähert.

– Georges, sagte sie in eben so gutem Französisch als das, welches soeben ihr Bruder gesprochen hatte, warum läßt Du mich denn so ganz allein? Liebst Du mich etwa nicht mehr?

– Doch, Adda, ich liebe Dich immer noch, sagte der Knabe, aber die Mutter hat mich gerufen.

– Was will der große Herr?

– Du siehst es wohl, antwortete der kleine Knabe, er will die Grabschrift des armen Boatswain abschreiben.

– Ah! fragte das kleine Mädchen, wozu?

– Ich weiß es nicht . . . vielleicht um sie in einem Buche anzubringen.

Das kleine Mädchen blickte mich neugierig an.

Während ich die Grabschrift des wackeren Neufoundländers abschrieb, folgte ich den Kindern mit den Augen und verlor nichts von ihrer Unterhaltung.

Als ich das letzte Wort abgeschrieben, erhob ich den Kopf wieder, und sah außer den beiden Kindern die Frau und den Gatten neben mir.

– Mein Herr, sagte der Gatte zu mir, werden Sie mir in meiner Eigenschaft als halber Landsmann erlauben, Ihnen alle Auskunft anzubieten, welche Sie wünschen können?

– Die Art, mit welcher Ihre beiden Kinder und Sie französisch sprechen, mein Herr, berechtigt mich, Ihnen nicht den Titel als halber, sondern als ganzer Landsmann zu geben, und in dieser Beziehung nehme ich mit Vergnügen das Anerbieten an, das Sie mir machen. Nur lassen Sie mich Ihnen sagen, wer ich bin, damit ich das Recht habe, Sie gleichfalls zu fragen, wer Sie sind.

Ich nannte mich. Er ließ mich meinen Namen zwei Male wiederholen, und indem er sich nach seiner Frau umwandte, richtete er einige Worte auf Englisch an sie, welche bewirkten, daß diese auf der Stelle mich mit unverholener Neugierde anblickte.

– Verzeihung! mein Herr, unterbrach ich ihn lächelnd, ohne selbst englisch zu sprechen, verstehe ich es genug, um Ihnen zu sagen, daß Sie mir viel zu viel Ehre erzeigen. . . . Ich komme weder als Nebenbuhler, noch als Nacheiferer hierher; ich komme als bescheidener Bewunderer, als frommer Pilger. Jetzt ist an Ihnen die Reihe, mein Herr, mir zu sagen, wer Sie sind, und mir zu erklären, welchem erfreulichen Zufalle ich das Glück Ihrer Begegnung verdanke.

– Mein Herr, sagte er zu mir, ich habe einen sehr unbekannten Namen: ich heiße Regnier. Ich bin von Ursprung Franzose; denn im Jahre 1680 entfloh der Großvater meines Großvaters vor den Verfolgungen Ludwig’s XIV. gegen die Protestanten, und ließ sich in England nieder. Seit dieser Zeit wurden meine Urgroßväter, mein Großvater und mein Vater geboren und starben in diesem Lande der Freiheit, das so gastfreundschaftlich für uns gewesen, daß es uns ein zweites Vaterland geworden ist; – oder vielmehr ist jetzt Frankreich nur mein zweites Vaterland, weil wir seit drei Generationen naturalisirte Engländer sind, obgleich wir den Gebrauch beibehalten haben, uns unter uns in der Colonie, wie man sagt, zu verheirathen. Aber ich habe als der Erste die angenommenen Gebräuche gebrochen, und eine Engländerin geheirathet. Ich wohne fünf Meilen weit von hier in dem Dorfe Ashbourn, dessen Pastor ich bin. Newstead-Abbey ist einer meiner Lieblings-Spaziergänge, und durch die Eisenbahn, die uns in weniger als einer Stunde in die Nähe führt, kann ich mir monatlich einmal das Vergnügen gewähren, hier mit meiner Frau und meinen Kindern spazieren zu gehen.

– Sie sind ein großer Bewunderer des Verfassers von Childe-Harold, mein Herr?

– Ich gestehe es. . . Es ist, wo nicht die reinste, doch wenigstens die kräftigste Poesie, die jemals gedichtet worden ist. Außerdem hatte mein Vater, der vor mir Pastor von Ashbourn war, Byron zu der Zeit jener fröhlichen Tage gekannt, die man seine Thorheiten nennt; er sah ihn seinen Kampf gegen die schottischen Revuen beginnen, und ich habe zu Haus noch den Entwurf der fünfzig ersten Verse seiner Satire, die er meinem Vater geschenkt, nachdem er sie ihm vorgelesen hatte.

– O’ wahrhaftig?

– Außerdem, fuhr der junge Pastor fort, knüpft ein sonderbarer Umstand mein Leben an den Tod Lord Byron’s. Ich bin am 17. Juli 1824 geboren, während man die Leiche des großen Dichters in das Grabgewölbe seiner Vorfahren hinabließ. Mein Vater, welcher der Leichenfeier beigewohnt hatte, fand am Abend bei seiner Rückkehr in das Pfarrhaus von Ashbourn einen neuen Gast: dieser war ich.

Ich hätte sehr gewünscht, daß der Zufall Sie veranlaßt hätte, heute dieses Bruchstück der Satire bei sich zu führen, diesen ersten Ausbruch des Zornes, der ein so großes Aufsehen in Europa gemacht, und Byron zum Dichter geweiht hat.

– Haben Sie niemals etwas von seiner Handschrift gesehen?

– Doch . . . Lord Byron ist mit einem meiner Freunde befreundet gewesen, dessen Name Ihnen wahrscheinlich nicht unbekannt ist, denn dieser Name ist in England noch weit volksthümlicher als in Frankreich, mit dem Grafen von Orsay.

– Gewiß, ich kenne ihn!

– Aber, – da Sie sagen daß es ein Entwurf ist, den Sie besitzen, – so hätte ich sehen mögen, ob Byron leicht arbeitete und ob er viel strich.

– O! Sie dürften der Probe nicht trauen, die ich in Händen habe: die Verse sind leicht, wenn der verletzte Dichter jene Muse beschwört, die man die Rache nennt! In den fünfzig ersten Versen befinden sich kaum zehn Aenderungen. Aber wenn Sie diese Verse zu sehen wünschen . . . warten Sie. . .

Und indem er sich an seine Frau wandte, sagte er einige Worte auf Englisch zu ihr.

– Thun Sie das nicht, unterbrach ich ihn lachend, denn ich würde es annehmen.

– Und das wäre ein großes Vergnügen für uns!

Er schlug seiner Frau vor, mich nach Ashbourn mitzunehmen, und mir die Gastfreundschaft im Pfarrhause anzubieten.

Dann sagte er, als ob er einen neuen Einfall gehabt hätte:

– Nun! ja, kommen Sie, ich habe Ihnen ein Geschenk zu machen!

– Mir?

– Ja. . . O! glauben Sie nicht, daß es die Verse Byron’s sind: diese Verse sind ein Familien-Erbe und Sie werden begreifen, daß ich darauf halte.

– Sein Sie unbesorgt! ich werde nicht die Unbescheidenheit begehen, sie von Ihnen zu verlangen!

– Wohlan! aber Sie haben zugesagt? begann er wieder mit einem Blicke und einer Betonung, welche das Vergnügen andeuteten, das ich ihm machen würde, wenn ich das Anerbieten eben so freiheraus annähme, als es gemacht war.

Ich reichte ihm die Hand.

– Einverstanden, antwortete ich, ich bin Ihr Gast bis zur Stunde des letzten Eisenbahnzuges.

– Sie kehren nach London zurück?

– Wahrscheinlich.

– Und auf dreiviertel des Weges von Liverpool, gehen Sie nicht bis dorthin?

– Was der Teufel soll ich in einer Handelsstadt machen? Ich habe die größte Achtung vor dem Gewerbfleiße, aber derselbe langweilt mich zum Sterben, wie alles Ehrwürdige.

– Sie haben Unrecht, Sie müssen Liverpool sehen.

– Das sagte mir Lord Holland gestern auch; er hat mir sogar einen Brief an seinen Banquier gegeben.

– Wer ist das?

– Warten Sie doch. . .

Ich zog den Brief aus meiner Tasche.

– James Barlow und Compagnie.

– Straße der blauen Taverne?

– Ganz Recht.

– Ein Grund mehr, um nach Liverpool zu gehen!

– Sie glauben, daß, wenn ich die Reise nicht wegen Liverpool, sie doch wegen der Herren James Barlow und Compagnie machen würde?

– Sie werden sie nicht wegen Dieser, Sie werden sie wegen Ihrer machen.

– Ich verstehe Sie nicht.

– Wohlan! nehmen Sie zum Beispiel an, daß ich Ihnen, wenn sie nach Ashbourn kommen, den Stoff zu einem Romane von sechs bis acht Bänden gäbe!

– Zuvörderst würden Sie mir ein Vergnügen machen, weil, mein lieber Landsmann, der von Ihnen angedeutete Gegenstand zu einem Romane zuverlässig etwas Ausgezeichnetes sein wird.

– Aber nehmen sie ferner an, daß diese sechs oder acht Bände nur ein erster Theil wären?

– Gut! ich verstehe. . . und daß der zweite Theil sich in Liverpool befindet?

– Ja.

– Bei den Herren James Barlow und Compagnie?

– Ganz recht.

– In diesem Falle würde ich nach Liverpool gehen.

– So gehen wir denn! ich wußte es wohl.

Indem er sich hierauf nach seiner Frau umwandte, sagte er auf Englisch zu ihr:

– Herr Dumas geht mit uns nach Ashbourn.

Sie schien einige Einwürfe in Bezug auf Haushaltungs-Angelegenheiten zu machen.

– Gut, gut, gut! begann der junge Pastor wieder auf Französisch, meine Frau zittert bei dem Gedanken, einem Manne von Ihrem Stande anzubieten, was die Küche gerade liefert, und ich sage ihr, daß wir Sie mit den Briefen des Pastors Bemrode speisen würden.

– Wer ist das. der Pastor Bemrode?

– Sie errathen nicht? Es ist der Held Ihres Romanes, ein Charakter voller Gutmüthigkeit, Stolz und Treuherzigkeit, etwas zwischen Sterne und Goldsmith, zwischen dem Vicar von Wakefield und der sentimentalen Reise.

 

– Kurz, ein Meisterwerk?

– Meiner Treue!

– Es gelte für ein Meisterwerk! ich nehme es in Beschlag.

– Nur ist dieses Meisterwerk in Briefen.

– O! welches Geschrei wird mein Verleger ausstoßen!

– Warum?

– Warum? Er wird nicht recht wissen, warum, aber er wird dennoch aufschreien.

– Aber am Ende muß er einen Grund haben.

– Weil bei uns ein Vorurtheil gegen die Romane in Briefen herrscht. . . Man sagt, daß sie langweilig sind.

– Ah! ja, ich verstehe, wegen der Clarisse Harlow und der Neuen Heloise . . . Sie werden darauf antworten, indem Sie einen Roman mit unterhaltenden Briefen herausgeben, Sie haben Schwierigeres als das geleistet!

– Meinen Sie?

– Uebrigens, wenn Sie die Briefe gelesen haben, wird es Ihnen immer freistehen, sie nicht herauszugeben.

– Ich behalte also meinen freien Willen?

– Das versteht sich von selbst . . . Verstehe ich, ein Dorfpastor! mich etwa auf das, was unterhaltend oder langweilig ist?

– O! was das anbetrifft, so würde ich mich eher auf Sie, als auf gewisse Kritiker unter meinen Freunden oder meinen Feinden verlassen!

– Dann lassen Sie uns gehen, denn meine Frau befindet sich wie auf glühenden Kohlen bei dem Gedanken, daß wir den nächsten Zug der Eisenbahn verfehlen möchten, und sie nicht die von jeder Hausfrau verlangten zwei Stunden Zeit haben würde, um ihrem Gaste ein Mittagessen vorzusetzen.

Ich zog meine Uhr.

– Um wieviel Uhr kommt der Zug vorüber?

– Um drei Viertel auf Eins.

– Es ist zwölf Uhr zwanzig Minuten.

– Und wir haben mit den Kindern zwei Meilen zu machen.

– Ich habe einen Wagen und Pferde, welche wie der Wind gehen . . . Sammeln Sie Ihre Heerde (die Kinder pflückten wieder Blumen); ich lasse anspannen und wir fahren ab.

– Aber Sie haben Newstead-Abbey kaum gesehen.

– Sie werden mir erzählen, was ich nicht gesehen habe.

– Gestehen Sie, daß der Pastor Bemrode Ihnen im Kopfe herumgeht.

– O! ich gestehe es.

– Wohlan! lassen Sie anspannen . . . Georges! Adda! Die beiden in dem Rasen liegenden Kinder richteten sich wieder auf, und man sah ihre Köpfe über dem hohen Grase erscheinen.

Ich eilte bereits nach dem Wagen.

Der Kutscher war eben mit dem Anspannen fertig, als die junge und schöne Familie an dem dunkeln Thore von Newstead-Abbey erschien. Wir stiegen in den Wagen: eine Viertelstunde nachher waren wir auf der Station; eine Stunde später stiegen wir in Cheadle aus.

Dort streckte mein Landsmann die Hand aus, und indem er mir einen Kirchthurm zeigte, um den herum ungefähr hundert unter grünen Bäumen verborgene Häuser sich erhoben, Alles ohngefähr zwei Meilen weit von uns, sagte er zu mir:

– Das ist Ashbourn!

VII.
Die Briefe des Pastors Bemrode

Ich habe nicht im Geringsten nöthig, meinen Lesern das Dorf Ashbourn zu beschreiben, sie kennen es, wie das Pfarrhaus, sie haben es besucht.

Das Dorf hat sich um einige zwanzig Häuser vergrößert, das Pfarrhaus aber sein altes Ansehen behalten; nur sind die Freseo-Gemälde des Pastors Bemrode, die anmuthigen Altäre Hymens, die sanften, sich über einem gekreuzten Köcher und Bogen schnäbelnden Tauben unter einer perlgrauen Tapete mit dunkelgrauem Laubwerk verschwunden.

Der Speisesaal ist derselbe, ebenso das Arbeitszimmer, und es geht immer noch auf denselben kleinen Garten, in welchem zwar nicht dieselbe Nachtigall, aber die Nachkommen derjenigen singen, welche zur Zeit der guten Madame Snart darin so lieblich sang, daß der Doctor Bemrode sie für die Seele des letzten Kindes hielt, das seine Wirthin verloren hatte.

Aber, wie man wohl begreifen wird, konnten alle diese Dinge mich bei meinem Eintritte in das Pfarrhaus, mit dessen Sagen ich durchaus unbekannt war, nicht überraschen.

Ich bemerkte nur das Aussehn von Sauberkeit und Wohlhabenheit, welches auf der Schwelle der von jungen Leuten bewohnten Häuser zu lächeln pflegt; die Freude des Eltern und Kinder durch sein eifriges Gebell und sein Wedeln des Schwanzes begrüßenden Hundes; und,eine junge Magd, halb Kammerjungfer, halb Köchin, mit einem gut müthigen Lächeln auf den Lippen.

Sobald die kleine Karavane zurückgekehrt war, nahm Jeder seinen Platz ein: die Frau ging in die Küche hinunter, die Magd eilte auf den Hühnerhof, die Kinder liefen in den Garten, und nachdem man mich in ein hübsches kleines Zimmer in dem ersten Stocke geführt hatte, dessen Fenster auf die Heerstraße ging, verließ mich der Gatte, um die Briefe zu holen. Zehn Minuten nachher kehrte er mit einigen fünfzig Briefen in der einen und einem Manuscript in der anderen Hand zurück.

– Nehmen Sie, sagte er, indem er die Papiere vor mich legte, hier ist Ihr Roman fix und fertig.

– Ich danke Ihnen, mein Wirth . . . Sie wissen, daß die Romane so mir in die Hände fallen, wie man sagt. Aber ich fürchte Etwas. . .

– Was?

– Daß die Uebersetzung für mehr Mühe, als die Ausarbeitung macht, und bei dem dritten Briefe den Pastor Bemrode verlasse, um aus einen Capitain Paul, auf einen Harmental oder auf irgend einen d’Artagnan zurückzukommen.

– Ich habe den Fall vorausgesehen, antwortete mir mein Wirth lächelnd.

Ich blickte ihn an.

– Sie können gut voraussehen, sagte ich zu ihm.

– Ja, ich hatte mir immer gedacht, daß Sie oder irgend einer Ihrer Collegen, Balzac, Sue oder Georges Sand nach Newstead-Abbey, kommen, ich seine dortige Anwesenheit erfahren würde und ihm das Geschenk anbieten wollte, das ich Ihnen jetzt mache.

– Und, seien Sie offenherzig, welchem von den vieren hätten Sie vorgezogen dieses Geschenk zu machen?

– Georges Sand. Der Stoff des Romans ist ganz in der Art ihrer ländlichen Erzählungen bearbeitet.

– Ja, während es bei mir, nicht wahr, leicht zu errathen sein wird, daß es wieder irgend ein neuer Zufall ist, der mir dieses Manuskript geliefert hat.

– Das ist um so wahrscheinlicher, als es durchaus nicht in Ihrer Manier ist.

– Es ist nicht zu ändern; ich werde aber versuchen, der Kritik zuvorzukommen; ich werde unser Zusammentreffen in allen seinen Umständen erzählen, wie ich die Art und Weise erzählt habe, auf welche ich in der Bibliothek das merkwürdige Manuscript des Grafen de la Fère gefunden hatte, aus welchem die Musquetaire entstanden sind; ich werde. . . ich will die Wahrheit sagen; um so schlimmer für die, welche mir dann nicht glauben!

– Aber Sie werden sagen können, daß Sie die Briefe nach dem Original überseht haben. Es wird Ihnen dann doch das kleine Verdienst der Uebersetzung bleiben.

– Die Uebersetzung ist es gerade, die mich in Verlegenheit setzt!

– Sie ist schon ausgeführt.

– Wie, schon ausgeführt?

– Ja.

– Durch wen?

– Durch mich.

– Durch Sie?

– Hier, sehen Sie das Manuscript.

Ich nahm ihm das Manuscript aus den Händen.

– Das ist die Uebersetzung dieses ungeheuren Packeis von Briefen?

– Ich habe mich in meinen freien Augenblicken damit unterhalten, sie zu übersetzen.

– Wahrlich, Sie sind ein köstlicher Mann!

– Ah! Sie werden finden, daß die Arbeit vielleicht nicht sehr literarisch ist, aber wenigstens ist sie sehr buchstäblich.

– Aber da die Arbeit ganz beendet ist, mein lieber Wirth, so wird es. wie mir scheint, nur etwas sehr Einfaches zu thun geben.

– Was?

– Diese Briefe unter Ihrem Namen herauszugeben. Der Pastor lächelte.

– Ich habe nicht den Ehrgeiz. den der arme Herr Bemrode immer gehabt hat.

– Welchen Ehrgeiz?

– Den, gedruckt zu werden.

– Er hatte diesen Ehrgeiz?

– Sie werden es aus seinen Briefen sehen.

– Nun! ich bürge Ihnen für Eines: nämlich, daß. wenn es in dieser ganzen dicken Geschichte irgend etwas von Interesse giebt, – und dieses Interesse muß vorhanden sein, da ein Mann wie Sie sich die Mühe gegeben hat, sie zu übersetzen, – dieser Ehrgeiz des wackeren Pastors verwirkliche, werden wird.

– Eine schöne Freude für ihn!

– Wie, eine schöne Freude? er ist also gestorben?

– Vor ungefähr vierzig bis fünfzig Jahren, ja.

– Den Teufel!

– Jetzt verlasse ich Sie. . . Sie haben zu Ihrer Linken die Originalbriefe, zu Ihrer Rechten die Uebersetzung, und in dieser Ecke ein Fernrohr.

– Ein Fernrohr! was soll ich damit anfangen?

– Wer weiß? Sie werden vielleicht die Umgegend zu betrachten haben.

– Mein lieber Wirth, Sie sind geheimnißvoll wie das Schloß Udolph’s!

– An das Werk! und in zwei Stunden kehre ich zurück, um Ihnen zu sagen, daß das Mittagessen angerichtet ist.

– Thun Sie das!

Mein Wirth verließ das Zimmer.

Man muß gegen sich selbstgerecht sein; ich werde mir daher die Gerechtigkeit zu sagen, daß ich mit dem Versuche anfing, die Originalbriefe zu lesen; aber ich muß hinzufügen, daß ich, bis zur Hälfte des ersten gelangt, diese Arbeit gegen das einfache Lesen der Uebersetzung aufgab. Nach Verlauf von zwei Stunden trat mein Wirth auf die Minute wieder ein; ich hörte das jedoch nicht, ich stand mit dem Fernrohr in der Hand an dem Fenster. Er klopfte mir auf die Schulter, und ich wandte mich um.

– Nun! fragte er mich, Sie lesen nicht mehr?

– Nein, ich suche das Haus des Herrn Smith.

– Haben Sie es gefunden?

– Ich glaube. . . nur betrachte ich vergebens dieses reizende kleine Fenster, welches das jungfräuliche Zimmer der Tochter des guten Pastors erhellt, kein Distelfing in seinem Käfig, kein schönes junges Mädchen mit einem Strohhute, der die Hälfte ihres schönen Gesichts und einen Theil ihrer goldigen Haare beschattet. . . Ausgebreitete Betten, Wäsche, welche trocknet, und ein Hemd, das sich mit steifen Aermeln und aufgeblasenem Leibe in dem Winde bewegt, das ist Alles.

– Ah! mein lieber Gast, wie mir scheint, verlangen Sie sehr viel! Die schöne Jenny ist dem gemeinsamen Schicksale unterlegen: sie ist zu dem guten Herrn und der vortrefflichen Madame Smith auf den Kirchhof des Dorfes gegangen, von dem sie ihrem Gatten ein so rührendes Bild gemacht hatte.

– Bei Gott! ich wollte Ihnen gerade etwas sagen: warum haben Sie nicht die Poesie Gray’s wie die Prosa des Herrn Bemrode übersetzt, da Sie einmal mit dem Uebersetzen im Zuge waren?

– Weil Poesie Poesie ist.

– Verzeihung, mein lieber Wirth, ich verstehe zu gut, oder ich verstehe nicht genug.

– Ich will sagen, daß man Dichter sein muß, um einen Dichter zu übersetzen.

– Ich wette, daß Sie Dichter sind?

– Das heißt, daß ich Verse mache.

– Wirklich?

– Wer macht denn wohl keine?

– Und daß Sie den Dorfkirchhof von Gray, wie das Uebrige übersetzt haben?

– Nun ja.

– So? nun, so geben Sie mir den Dorfkirchhof, mein lieber Wirth.

– Sie wissen besser als irgend Jemand, daß gewisse Sachen an gewissen Orten und zu gewissen Augenblicken gelesen werden müssen.

– Ich bin Ihrer Meinung.

– Wohlan! Heute Abend mit einbrechender Nacht müssen Sie einen Spaziergang auf den Friedhof machen und dort bei dem sterbenden Schein des Tages, im Angesichte dieser armen Gräber, zu deren Dichter sich Gray gemacht hat, meine Uebersetzung lesen.

– O! wie Sie die Sache einzurichten wissen!

– Und jetzt schieben Sie die Röhren ihres Fernrohrs in einander, und kommen Sie zum Mittagessen!

– Mit Vergnügen, denn ich sterbe vor Hunger.

– Sagen Sie das nicht so laut, Sie würden die Herrin vom Hause erschrecken. . . Apropos, wo sind Sie stehen geblieben?

– Bei dem Augenblicke der Abreise der beiden Gatten.

– Nach dem Gefängnisse?

– Nein, nach der Pfarre von Waston in dem Fürstenthume Wallis.

– Wie finden Sie das?

– Bei Gott! allerliebst, denn ich bin damit einverstanden, es zu unterzeichnen.

– Aber nehmen Sie an, daß Sie es nicht unterzeichneten.

– Dann könnte ich zuvörderst sagen, daß ich ehedem einen Roman von August Lafontaine gelesen habe, der ganz auf dieselbe Weise ansingt.

– August Lafontaine ist gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts nach England gekommen; wer sagt Ihnen, daß er diesen guten Herrn Bemrode nicht gekannt hat?. . . Gehen wir daher zu einer andern Kritik über.

– Nun! es scheint mir, daß diese ewige Erzählung seines Lebens in dem Munde des Herrn Bemrode etwas langweilig ist.

– Ich hätte im Gegentheile geglaubt, daß etwas Neues in diesem Selbststudium eines gewissenhaften Mannes läge, der seinen Fehlern nachgiebt, aber sie kennt; der alle seine Gefühle eines nach dem andern zergliedert, der alle seine Empfindungen ergründet, bis er aus den Granit kommt, – und das besonders für Sie, dem es an Zergliederung fehlt. . .

 

– Gut!

– Der Sie die Begebenheiten des Zufalles und der Einbildungskraft an die Stelle des wahren Laufes des Lebens treten lassen. . .

– Bravo!

– Der Sie mehr Feuer, Witz und Geschwätz, als Philosophie haben.

– Ich danke, mein lieber Wirth!

– Ist es nicht die genaue Wahrheit, die ich Ihnen da sage?

– Wahrheit wie vom lieben Gott. . . Aber Sie kennen das Sprichwort: »Nicht alle Wahrheiten sind gut zusagen.«

– Gehen Sie doch! einem Anfänger. . . aber Ihnen!. . .

– Es ist darum nicht weniger wahr. . . Sehen Sie, zum Beispiel. . .

– Was?

– Daß, wenn der Doctor Petrus. . .

– Nun, wenn der Doctor Petrus?

– Von Zeit zu Zeit Herrn Bemrode antwortete.

– Die Sache wäre gegen die Uebereinkunft!

– Wie so denn?

– Weil es von der Wahrheit abginge.

– Wie? liegt denn etwas Falsches darin, auf die Briefe Jemandes zu antworten, der uns schreibt?

– Mein lieber Herr Dumas. Sie haben den Charakter des Doctor Petrus nicht recht studirt.

– Meinen Sie?

– Sie haben den Gelehrten nicht bedacht, der mit so wichtigen Problemen beschäftigt ist wie die, welche er zu lösen im Begriffe steht, sonst. . .

– Nun! sonst?

– Hätten Sie errathen, warum er nicht antwortete.

– Er antwortete nicht, warum?

– Mein lieber Herr Dumas, erfahren Sie Folgendes: nämlich, daß man im Jahre 1824, als der würdige Doctor Petrus Barlow in Cambridge im Alter von hundert Jahren weniger acht Tagen starb, auf seinem Schreibtische, den keine andere Hand als die seinige seit sechszig Jahren geordnet hatte, ein ungeheures Packet Briefe mit folgender Aufschrift fand: Zu lesen, wenn ich Zeit dazu haben werde. Man machte das Packet auf: es enthielt einige fünfzig Briefe, die alle noch versiegelt waren.

– Nun?

– Diese Briefe waren die des Pastors Bemrode.

– Wie! diese Briefe, in denen der würdige Mann sich so große Mühe gab, sich selbst in den kleinsten Regungen seines Stolzes, in den geheimsten Falten seines Herzens zu schildern!

– Der Doctor Petrus Barlow hatte sie mit der größten Sorgfalt nach ihrem Datum geordnet, um sie zu lesen, wenn er Zeit dazu haben würde!

– Und er ist hundert Jahre weniger acht Tage alt gestorben?

– Ohne Zeit gefunden zu haben, sie zu lesen, mein lieber Herr. . . Da sieht man, was Wahrheit ist. – Sie hätten ihn die Briefe seines Freundes lesen lassen; Sie hätten nicht gewollt, daß die mühselige Arbeit des sich selbst erforschenden Mannes für den, auf dessen Verlangen sie gemacht worden war, verloren wäre, und Sie wären im Irrthume gewesen!

– Also die Freuden, der Kummer, die Triumphe, die getäuschten Hoffnungen, die Träumereien dieses armen Herrn Bemrode. . .

– Ich bin der einzige, der sie jemals gekannt hat! Von Cambridge hat man das Packet nach Ashbourn zurückgesandt; dort ist es in die Hände meines Vaters gefallen, der sich eben so wenig damit beschäftigt hat, als der Doctor Petrus; endlich ist es aus den Händen meines Vaters in die meinigen übergegangen. . . Mit mir ist es etwas Anderes: ich habe das Packet aufgemacht, die Briefe gelesen, sie übersetzt, und die Vorsehung des Herrn bewundert, welcher dem guten Herrn Bemrode nicht erlaubte, irgend eines der Werke zu schreiben, die er vorhatte, aber ihn unwillkürlich ein anderes hat schreiben lassen, das besser ist. als irgend eines von denen, worüber er grübelte, und zwar, weil er bei der Abfassung desselben nicht ahnete, daß er es schriebe.

– Mein lieber Wirth, sagte ich, das bestimmt mich: ich finde wirklich die Geschichte des würdigen Pastors voll Interesse; ich nehme sie für meine Rechnung an, und unterzeichne sie. . . Lassen Sie uns zum Mittagessen gehen.

Wir gingen hinunter. Die beiden Kinder saßen bereits an einem kleinen Tische; drei Gedecke erwarteten uns an einem größeren. Wir nahmen Platz und machten dem Mittagessen der Madame Regnier Ehre.

Während der ganzen Mahlzeit war ich mit einem einzigen und alleinigen Gedanken beschäftigt, nämlich gleich nach dem Nachtische nach Wirksworth zu gehen, die Runde um das Haus des Herrn Smith zu machen, wenn ich nicht hindurch gehen könnte, und über die Wiesen nach Ashbourn zurückzukehren. Mit Ausnahme von ein wenig Unhöflichkeit war es mir leicht, mir diesen Wunsch zu gewähren: ich hatte nur um meine Freiheit zu bitten, sobald das Mittagessen beendigt war, und in vollem Laufe nach Wirksworth aufzubrechen. Aber ich nahm mir vor, allein hinzugehen: ebenso gern wäre ich gar nicht hingegangen, als den Weg mit irgend Jemand, wer auf der Welt es auch sein möchte, selbst mit dem Nachfolger des Herrn Bemrode, zu machen. Dieser sah. daß ich in Gedanken vertieft war, und fragte mich nach der Ursache davon.

– Meiner Treue! sagte ich zu ihm, Ihr verteufelter Pastor von Ashbourn geht mir im Kopfe herum, und ich sterbe vor Lust, einen Gang nach Wirksworth zu machen!

Mein Wirth blickte mich lächelnd an.

– Haben Sie durchaus nöthig, daß ich Sie dorthin begleite? fragte er mich.

Nein, im Gegentheile, ich gestehe Ihnen sogar, daß ich es vorziehe allein hinzugehen.

– Nun! das trifft sich ja auf das Beste!

– So?

– Ja, ich habe die Faulheit gehabt, die Uebersetzung des Manuscripts der grauen Dame nicht zu beendigen, und werde sie in Ihrer Abwesenheit fertig zu machen mich bemühen.

– Wer ist das, die graue Dame?

– Ah! das ist die Hauptperson des zweiten Theills der Geschichte, die Sie heute Abend lesen werden! Suchen Sie das um Mitternacht vorzunehmen, und dann werden Sie zuverlässig sagen, daß ich mich darauf verstehe, die Sache einzurichten.

– Ja wohl, ja wohl! ich sehe, daß Sie das Handwerk verstehen, und wenn Sie nach dem Beispiele Ihres Vorgängers mir einige fünfzig Briefe schreiben wollten, so würde mir das einen zweiten Pastor von Ashbourn liefern.

– Gut! damit Sie wie der Doctor Petrus darauf schrieben: zu lesen, wenn ich Zeit dazu haben werde.

– O! seien Sie unbesorgt, ich werde Ihnen nicht den Possen spielen, hundert Jahre weniger acht Tage zu leben!

– Hm! Sie haben freilich eher das Ansehen, an der Schwindsucht zu sterben!

– Wohlan! da Alles verabredet ist, so geben Sie mir Ihre Uebersetzung von Gray.

– Ja, aber unter der Bedingung, daß Sie dieselbe nur auf dem Kirchhofe und bei einbrechender Nacht lesen.

– Damit bin ich einverstanden.

Ich nahm die Uebersetzung. steckte sie in meine Tasche, stand auf, küßte Madame Regnier die Hand, umarmte die Kinder und brach auf.

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